Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 12 AL 48/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 268/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Januar 2007 sowie der Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 (W 6518/04) aufgehoben, soweit die Beklagte dem nicht durch das Teilanerkenntnis abgeholfen hat. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreites ist die Rückforderung überzahlten Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004.
Der 1951 geborene Kläger, der vom 14. März 1995 bis zum 14. Juni 2001 als Produktionsarbeiter bei der F L GmbH, vom 16. Juli 2001 bis zum 11. Oktober 2002 als Kurierfahrer bei der Firma H K GmbH B sowie vom 14. Oktober 2002 bis zum 30. November 2002 als Kurierfahrer bei der Firma A B G B beschäftigt war, meldete sich am 26. November 2002 mit Wirkung zum 1. Dezember 2002 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Er war kinderlos, auf seiner Steuerkarte war seit Anfang des Jahres 2002 die Lohnsteuerklasse IV eingetragen.
Die Beklagte wies den Kläger mit einer Zwischenmitteilung vom 21. Januar 2003 darauf hin, dass sie über den Antrag nur vorläufig entscheiden könne, weil ihr Arbeitsbescheinigungen für die Beschäftigungen von Juni 2001 bis Oktober 2002 und von April 1995 bis Juni 2001 noch fehlen würden. Auf der Grundlage von Lohnabrechnungen der Firma H K GmbH B (Zeitraum von Dezember 2001 bis Mai 2002 und Juli 2002 bis Oktober 2002) und des in der Arbeitsbe-scheinigung der Firma A B G B ausgewiesenen Bruttoarbeitsentgelts (Oktober und November 2002) errechnete die Beklagte ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 295,51 Euro (wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 28 bis 38, 41 bis 44 und Bl. 50 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen).
Anschließend gewährte sie durch Bewilligungsbescheid vom 23. Januar 2003 Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2002 (zunächst) für 180 Kalendertage mit einem Leistungsbetrag von wöchentlich 113,54 Euro allerdings auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 250 Euro; (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungsentgeltverord-nung 2002). Der Bescheid enthielt den Hinweis: "Der Beginn und die Höhe der Leistung wurden vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung wird mit Bescheid bekanntgegeben."
Durch Änderungsbescheid ebenfalls vom 23. Januar 2003 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2003 in Höhe von wöchentlich 112,91 Euro wiederum nach einem Bemessungsentgelt von 250 Euro (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungsentgeltverordnung 2003). Der Bescheid trug die Hinweise vor den Berechnungsgrundlagen: "Die vorläufige Festsetzung gilt weiterhin" und unter dem Satz: "Beachten Sie bitte folgende Hinweise besonders: Soweit die Leistung der Höhe nach vorläufig festgesetzt worden ist, handelt es sich um einen Vorschuss im Sinne des § 42 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I). Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen."
Durch weiteren Änderungsbescheid vom 11. März 2003 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2003 nunmehr für 598 Kalendertage weiter mit einem Leistungssatz von 112,91 Euro wöchentlich. Die Berechnungsgrundlagen waren unverändert gegenüber dem Änderungsbescheid vom 23. Januar 2003. Auch dieser Bescheid enthielt den Hinweis: "Der Beginn und die Höhe der Leistung werden vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung wird mit Bescheid bekannt gegeben."
Durch abermaligen Änderungsbescheid "im Januar 2004" bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2004 mit einem Leistungssatz von nunmehr wöchentlich 114,59 Euro unverändert nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 250 Euro (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungsentgeltverordnung 2004). Der Bescheid trug dieselben Hinweise wie der Änderungsbescheid vom 23. Januar 2003.
Der Kläger bezog Krankengeld vom 25. März 2004 bis zum 30. April 2004, weswegen die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 25. März 2004 durch Bescheid vom selben Tage aufgehoben wurde (Arbeitslosengeld-Restanspruch am 24. März 2004: 149 Tage).
Der Kläger meldete sich am 23. April 2004 arbeitslos mit Hinweis auf eine "Gesundschreibung ab 1. Mai 2004" und beantragte die (Wieder-) Bewilligung von Arbeitslosengeld (Steuerklasse IV/keine Kinder), was ihm die Beklagte in Höhe von wöchentlich 114,59 Euro weiterhin nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 250 Euro ab dem 1. Mai 2004 für den Restanspruch von 149 Tagen gewährte (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungs-entgeltverordnung 2004).
Durch Anhörungsschreiben vom 29. Juli 2004 wies die Beklagte darauf hin, dass das bewilligte Arbeitslosengeld der Höhe nach nicht korrekt gewesen sei. Es sei – gestützt auf eine Bescheinigung der Krankenkasse über das vom 1. Januar 2002 bis zum 11. Oktober 2002 erzielte Arbeitsentgelt – eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes erfolgt, aus der sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 221,26 Euro statt – wie bisher zugrunde gelegt – von 250 Euro ergeben habe. Deswegen sei die Rücknahme des bewilligenden Verwaltungsaktes zu prüfen.
Durch Bescheid vom 19. August 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 23. August 2004 teilweise in Höhe von wöchentlich 11,20 Euro auf.
Mit einem weiteren Anhörungsschreiben vom 19. August 2004 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme, weil er in der Zeit vom 1. Dezember 2002 bis zum 24. März 2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 729,02 Euro zu Unrecht bezogen habe. Nach Vorlage der für die endgültige Berechnung maßgebenden Unterlagen sei das wöchentliche Bemessungsentgelt von 250 Euro auf (gerundet) 220 Euro zu verringern. Da sämtliche Bescheide bis zum 24. März 2004 sowohl hinsichtlich der Höhe als auch hinsichtlich des Anspruchsbeginns vorläufig ergangen seien, habe der Kläger nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen dürfen. Für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 22. August 2004 werde dagegen von einer Rückforderung abgesehen. Der Kläger entgegnete, er habe auf die Richtigkeit der Berechnung vertraut.
Mit Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 setzte die Beklagte das Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2002 auf wöchentlich 103,39 Euro endgültig fest. Der Kläger habe in dem Zeitraum vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004 Arbeitslosengeld/Leistungen in Höhe von 7.765,35 Euro als Vorschuss erhalten aber nur Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 7.036,33 Euro gehabt (wegen der Einzelheiten der Berechnung der Erstattungsforderung wird auf Bl. 86 bis 87 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen). Der Vorschuss habe die zustehende Leistung um 729,02 Euro überstiegen, dieser Betrag sei – entsprechend § 42 Abs. 2 SGB I – zu erstatten.
Der Kläger erhob gegen den Aufhebungsbescheid vom 19. August 2004 und den Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 jeweils Widerspruch, der (auch) mit den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers und seiner Ehefrau begründet wurde. Durch zwei Widerspruchsbescheide vom 3. Februar 2005 wies die Beklagte die Widersprüche jeweils zurück; wegen der Einzelheiten der Widerspruchsentscheidungen wird auf Bl. 133 bis 136 bzw. Bl 138 bis 140 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen.
Gegen beide Widerspruchsbescheide hat der Kläger am 22. Februar 2005 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben. Das Sozialgericht hat die Verfahren durch Beschluss vom 6. September 2005 getrennt.
Die Klage gegen den Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 hat das Sozialgericht durch Urteil vom 26. Januar 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erstattungspflicht folge aus dem Ge-setz. Die Beklagte habe nach § 42 SGB I die Möglichkeit, Vorschüsse zu zahlen, wenn ein Anspruch dem Grunde nach bestehe und zur Feststellung der Höhe weitere Ermittlungen erforderlich seien. Zweifel in Hinblick auf die Höhe des Anspruchs hätten sich daraus ergeben, dass es schwierig gewesen sei, die genaue Höhe der von dem Kläger bei der Firma H KGmbH verdienten Entgelte festzustellen. Die Bescheide seien auch eindeutig in ihrer Bezeichnung gewesen, lediglich der erste Bescheid vom 23. Januar 2003 habe keinen Hinweis auf eine Erstattungspflicht enthalten. Die empfangenen Vorschüsse seien auf die zustehende Leistung anzurechnen und Überschüsse zu erstatten. Der Empfänger genieße keinen Vertrauensschutz. Die Einziehung der Forderung stelle keine unbillige Härte für den Kläger dar. Er könne sich auch nicht auf Verwirkung berufen, da er auf die Vorläufigkeit und die mögliche Erstattungspflicht hingewiesen worden sei.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 9. März 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. April 2007 (Dienstag nach Ostermontag) bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liege eine unbillige Härte vor. Denn er (Kläger) habe bereits bei Beantragung der Leistungen erklärt, dass er eine korrekte Berechnung wünsche. Auch sei die Erstbewilligung nicht unter dem Vorbehalt eines Vorschusses erfolgt. Er sei nicht in der Lage gewesen einzuschätzen, ob die gewährte Leistung zu hoch oder zu niedrig gewesen sei. Er habe auf die Richtigkeit vertraut, eine Rückzahlung sei ihm aufgrund seiner finanziellen Situation nicht möglich. Zudem berufe er sich auf den Verwirkungseinwand. Erst nach über eineinhalb Jahren sei die Korrektur durch die Beklagte erfolgt. Dass er mit einer Rückforderung nicht mehr habe rechnen müssen, ergebe sich aus einem Vergleich mit dem Recht des Kindesunterhaltes, in dessen Bereich Unterhaltsan-sprüche bereits nach 12 Monaten verwirkt seien. Er habe die Bewilligungsbescheide der Beklagten dem Gericht, so wie er sie erhalten habe, vollständig vorgelegt. Soweit die Beklagte behaupte, es habe jeweils ein zweites Blatt gegeben, werde dies ausdrücklich bestritten. Der Bewilligungsbescheid vom 23. Januar 2003 setze zwar die Leistung vorläufig fest, enthalte aber nicht den Hinweis, dass es sich um eine Vorschusszahlung handele und Überzahlungen gegebenenfalls zurückzuzahlen seien. Der Hinweis auf die Vorläufigkeit kennzeichne eine Bewilligung noch nicht als Vorschuss.
Der Kläger beantragt, nachdem er ein in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten abgegebenes Teilanerkenntnis mit Reduzierung der Erstattungsforderung von 729,02 Euro um 53,27 Euro angenommen hat,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Januar 2007 sowie den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 8. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 (W 6518/04) aufzuheben, soweit dem nicht schon durch das Teilaner-kenntnis entsprochen worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für überzeugend. Indessen sei auch bereits in dem ersten Bescheid vom 23. Januar 2003 ein Hinweis auf eine mögliche Erstattungspflicht erfolgt. Der Kläger habe die Bescheide nicht vollständig vorgelegt, es fehle jeweils das zweite Blatt. Dort finde sich, wie sich aus einem (beigefügten) Muster ergebe, ein Hinweis auf die Erstattungspflicht im Falle eines überzahlten Vorschusses. Der Einwand der Verwirkung könne nicht überzeugen. Sie - die Beklagte - habe sich selbst um eine Arbeitsbescheinigung bei dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers bemühen müssen. Erst über die Krankenkasse habe sie entsprechende Auskünfte erhalten, aufgrund derer die endgültige Berechnung dann habe erfolgen können. Falls die finanzielle Situation des Klägers trotz Arbeitsaufnahme ab 1. April 2007 die Rückzahlung nicht erlaube, könne er eine Stundung beantragen. Dass in den Bescheiden auf dem zweiten Blatt (Seite drei) ein ausdrücklicher Hinweis auf die Erstattungspflicht enthalten gewesen sei, ergebe sich aus den zur Zeit der Bescheiderteilung verwendeten (Bescheid-) Versionen. Es sei kein vernünftiger Grund erkennbar, warum gerade der Kläger nur das erste Blatt erhalten haben sollte. Jedenfalls habe er aber dem Merkblatt für Arbeitslose entnehmen können, dass Vorschüsse im Falle einer Überzahlung zu erstatten seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Leistungsakte (Kundenummer: ) der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt.
Die Berufung hat Erfolg. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte hat – nach dem in der mündlichen Verhandlung erklärten Teilanerkenntnis – auch keinen Anspruch auf die Erstattung von noch 675,75 Euro.
Die Rückforderung kann nicht auf § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I gestützt werden. Das setzte voraus, dass die Beklagte als Leistungsträger Vorschüsse (im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I) auf Sozialleistungen gezahlt hat, die die zustehende Leistung überstiegen haben. Zwar liegt eine Überzahlung vor. Die Beklagte hat dem Kläger durch Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004 auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgeltes von wöchentlich 250 Euro gewährt. Zutreffend wäre aber der Ansatz eines geringeren Bemessungsentgeltes gewesen, was zu entsprechend niedrigeren Leistungen geführt hätte.
Der Kläger hatte gemäß § 117 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch – SGB III – ab dem 1. Dezember 2002 Anspruch auf Arbeitslosengeld. Denn er war ab diesem Tag arbeitslos, hatte die Anwartschaftszeit erfüllt und sich bereits am 26. November 2001 arbeitslos gemeldet. Das zustehende Arbeitslosengeld bestimmte sich der Höhe nach gemäß § 129 SGB III als Prozentsatz des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergab, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielte (Bemessungsentgelt). Nach § 132 SGB III ist Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt, soweit es beitragspflichtig ist. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 SGB III die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des An-spruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren.
Der Bemessungszeitraum liegt demnach hier vom 1. Dezember 2001 bis zum 30. November 2002. Das auf den Monat Dezember 2001 entfallende abgerechnete beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist – ausgehend von der Bescheinigung der Krankenkasse, die für den Zeitraum vom 16. Juli 2001 bis zum 31. Dezember 2001 einen Betrag von 9.350,- DM bestätigt, auf 1.725,30 Deutsche Mark - entsprechend 882,13 Euro - zu berechnen (9.350 DM geteilt durch 168 Tage [Gesamtzeitraum] mal 31 Tage [Dezember 2001]). Zusammen mit dem ausweislich des in der Abrechnung für Brutto-Netto-Bezüge für den Monat Oktober 2002 zu entnehmenden aufgelau-fenen Jahreswert in Höhe von 8.122,00 Euro als bescheinigtes Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 11. Oktober 2002, dem für Oktober 2002 in Höhe von 920,00 Euro und dem für November 2002 in Höhe von 1.534,00 Euro ergibt sich eine Summe von 11.458,13 Euro. Geteilt durch 52 Wochen ergibt sich daraus ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 220,35 Euro, gerundet 220 Euro; § 132 Abs. 3 SGB III. Bei Berücksichtigung der für den Kläger maßgebenden Voraussetzungen (Steuerklasse IV und kinderlos) ergibt sich daraus für den Zeitraum vom 1. bis 31. Dezember 2002 nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 ein Leistungssatz von wöchentlich 102,90 Euro, für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2003 ein Leistungssatz von wö-chentlich 102,41 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 24. März 2004 nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2004 ein Leistungssatz von wöchentlich 103,39 Euro. Indessen hat die Beklagte – den Kläger begünstigend – in dem Bescheid vom 8. September 2004 den Leistungssatz ab 1. Dezember 2002 auf wöchentlich 103,39 Euro abschließend fest-gesetzt. Ausgehend von diesem Betrag ergibt sich eine Überzahlung in dem Zeitraum vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004 von noch 675,75 Euro. Dem entspricht das Teilanerkenntnis der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung ihre Forderung von ursprünglich 729,02 Euro um 53,27 Euro reduziert hat.
Gleichwohl liegen die Voraussetzungen für eine Rückforderung der überzahlten Leistungen nicht vor. Die Leistungen sind nicht als Vorschüsse im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I gewährt worden. Die Beklagte hat nämlich nicht hinreichend deutlich werden lassen, dass sie nur vorläufig und unter dem Vorbehalt einer Rückforderung überzahlter Beträge mit Wirkung für die Vergangenheit Leistungen gewähren wollte.
Rechtgrundlage für die Gewährung von Vorschüssen auf das Arbeitslosengeld wäre § 42 Abs. 1 SGB I gewesen. Die Möglichkeit einer vorläufigen Entscheidung nach § 328 SGB III bestand dagegen nicht. Denn § 328 SGB II ist nur anwendbar, wenn (schon) dem Grunde nach fraglich ist, ob die Voraussetzungen für eine Gewährung von Arbeitslosengeld vorliegen (vgl. Niesel, SGB III, § 328 Rdnr. 3). Hier ging die Beklagte dagegen (mit Recht) von Anfang an davon aus, dass der Kläger ab dem 1. Dezember 2002 dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Sie sah lediglich die Höhe des Arbeitslosengeldes als offen an, weil sie die Höhe des im Bemessungszeitraum verdienten Arbeitsentgelts nicht (abschließend) feststellen konnte. Für solche Fälle sieht das Gesetz in § 42 Abs. 1 SGB I die Gewährung eines Vorschusses vor.
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Beklagte mit Recht das Arbeitslosengeld nur vorschussweise und in der bewilligten Höhe gewährte. Dagegen spricht immerhin, dass schon bei der ersten Bewilligung des Arbeitslosengeldes Lohnabrechnungen der Firma H K GmbH für den Kläger vorgelegen haben, in denen dem Kläger gezahlte Zuschläge als steuerfreie Leistungen ausgewiesen waren, die gleichwohl von der Beklagten bei der Berechnung der vorläufi-gen Leistungen als beitragspflichtige Lohnbestandteile angesehen wurden und aus der Lohnbescheinigung für Oktober 2002 das sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelt für das laufende Jahr zu entnehmen gewesen wäre.
Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Rückforderung überzahlter Leistungen nach § 42 Abs. 2 SGB I ist nicht die Rechtmäßigkeit der Vorschussgewährung, sondern ob die Leistungen wirksam im Wege eines Vorschusses gewährt worden sind (BSG, Urteile vom 26. Juni 2007 – B 2 U 5/06 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 20; vom 29. April 1997 – 4 RS 46/96 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 55; vgl. auch BSG, Urteil vom 15. August 2002 – B 7 AL 24/01 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 19). Das ist nicht der Fall gewesen.
Die von der Beklagten erlassenen Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 sind zwar mit dem ihnen beigegebenen Inhalt nach § 39 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch – SGB X – durch Bekanntgabe wirksam geworden; der Kläger hat sie überdies nicht angefochten, so dass sie nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – in Bestandskraft erwachsen sind. Gleichwohl sind sie aber nicht als wirksame Vorschussbescheide anzusehen, weil ihnen nicht hinreichend deutlich zu entnehmen war, dass die Beklagte Arbeitslosengeld nur vorläufig und unter dem Vorbehalt einer Rückforderung gewähren wollte. Nach der Recht-sprechung des BSG sind Leistungen gerade in der Form eines Vorschusses nur bewilligt worden, wenn der Bewilligungsbescheid – ausgehend von dem Empfängerhorizont – hinreichend deutlich bestimmt, dass lediglich eine einstweilige Regelung in der Form eines Vorschusses getroffen wird (Urteil vom 29. April 1997 – 4 RA 46/96 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 59). Der Leistungsträger muss verdeutlichen, dass er wegen eines seiner Ansicht nach dem Grunde be-stehenden Anspruches auf Geldleistungen, deren genaue Höhe er noch nicht zeitnah feststellen kann, Zahlungen ohne dauerhaften Rechtsgrund für das Behaltendürfen bewilligt, so dass die Verfügung über das Erlangte wirtschaftlich risikobehaftet ist (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 2 U 5/06 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 17, ebenso Seewald in Kasseler Kommentar, § 42 SGB I Rdnr. 18,19).
Wegen der einschneidenden Folgen einer nur vorschussweisen Bewilligung von Sozialleistungen müssen an die Erkennbarkeit strenge Anforderungen gestellt werden. Während der Empfänger von aufgrund eines Verwaltungsaktes gewährten Sozialleistungen nach den §§ 45-48 SGB X grundsätzlich Vertrauensschutz genießt, ist das bei der vorschussweisen Bewilligung gerade nicht der Fall. Nach § 42 Abs. 2 SGB I sind überzahlte Vorschüsse stets zurückzuzahlen, ohne dass es auf ein Vertrauen des Leistungsempfängers ankommt. Maßgeblich für das Behaltendürfen ist nicht die erteilte bewilligende Verwaltungsentscheidung, sondern die sich – erst später herausstellende – objektive Rechtslage. Die vorschussweise Gewährung von Sozial-leistungen beinhaltet also eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Empfänger auf Richtigkeit und Bestand einer das Gesetz umsetzenden Verwaltungsentscheidung vertrauen darf. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Absicherung des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vertrauensschutzes muss das dem Betroffenen aber hinreichend erkennbar gewesen sein (BSG, Urteil vom 31. Mai 1989 – 4 RA 19/88 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 25 - ). Nur bei deutlichem Hinweis auf die Wirkungen einer nur vorschussweisen Bewilligung kann dem Leistungsempfänger entgegen gehalten werden, dass sich bei ihm ein (berechtigtes) Vertrauen auf das Behaltendürfen der vorläufig bewilligten Leistungen in der bewilligten und gewährten Höhe gar nicht erst bilden konnte, was wiederum erst den inneren Grund für die Weite der in § 42 Abs. 2 SGB I eröffneten Möglichkeiten zur Korrektur der Bewilligungsentscheidung abgibt.
Diesen Anforderungen genügen die Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 jedenfalls nicht in vollem Umfang. Zwar enthalten alle Bescheide den – im Bescheidtext im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch der Bewilligung von Ar-beitslosengeld platzierten – Hinweis, dass eine vorläufige Festsetzung erfolge. Es fehlt aber bereits eine Erklärung dazu, aus welchen Gründen die Bewilligung nur vorläufig erfolgte. Zwar hatte die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21. Januar 2003 darauf hingewiesen, dass sie wegen des Fehlens von Arbeitsbescheinigungen der Arbeitgeber H K GmbH und F L GmbH nur vorläufig über den Antrag auf Arbeitslosengeld entscheiden könne. Dieses Schreiben ist aber nicht Bestandteil der Bewilligungsbescheide geworden.
Im Übrigen deutet der Hinweis auf eine vorläufige Festsetzung nur darauf hin, dass noch Änderungen erfolgen können. Der Hinweis lässt weder erkennen, in welche Richtung Änderungen zu erwarten sind, noch welchen Umfang diese Änderungen haben können oder bis wann eine endgültige Entscheidung ergehen werde. Ihm lässt sich insbesondere nicht zweifelsfrei entnehmen, dass auch eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit und entsprechend die Rückforderung bereits gewährter Leistungen möglich sein soll. Dem Wortsinn nach liegt eine Änderung nämlich bereits vor, wenn sie mit Wirkung für die Zukunft erfolgt, also bereits bewilligte Leistungen nicht weiter in der bisherigen Höhe ausgezahlt werden. Bei der Auslegung eines Bewilligungsbescheides als Vorschussbescheid gilt – wegen der weit reichenden Folgen für den Leistungsempfänger – indessen der Grundsatz, dass Unklarheiten und Mehrdeutigkei-ten zu Lasten des Leistungserbringers gehen (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Februar 2003 – L 3 AL 120/06 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 40 mit weiteren Nachweisen). Die Möglichkeit, dass sich die Erklärung der Vorläufigkeit in den Bescheiden vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 auch auf die Vergangenheit und bereits gewährte Leis-tungen erstrecken sollte, reicht demnach nicht aus.
Wirksam ist ein Vorschuss im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I nur dann bewilligt, wenn deutlich darauf hingewiesen wurde, dass im Falle einer sich im Nachhinein als überhöht erweisenden Berechnung eine rückwirkende Änderung der bereits bewilligten Leistungen mit entsprechen-den Erstattungspflichten erfolgen wird (BSG, Urt. v. 29. April 1997 – 4 RA 46/96, zitiert nach Juris, Rdnr. 59). Den Bescheiden vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 fehlt aber ein entsprechender hinreichend deutlicher Hinweis, so dass sie keine Grundlage für eine auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützte Rückforderung von Überzahlungen abgeben können.
Der Senat geht zwar davon aus, dass die Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 dem Kläger sämtlich mit dem folgenden Hinweis zugegangen sind: "Soweit das Arbeitslosengeld der Höhe nach vorläufig festgesetzt worden ist, handelt es sich um einen Vor-schuss im Sinne des § 42 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen." Das ergibt sich für den zweiten Bescheid vom 23. Januar 2003 und dem vom Januar 2004 bereits aus den vom Kläger vorgelegten Bescheidkopien. Hinsichtlich des ersten Bescheides vom 23. Januar 2003 und des Bescheides vom 11. März 2003 ist der Senat davon überzeugt, dass der entsprechende Hinweis auf Blatt 2 der Bescheide enthalten gewesen ist. Den vom Kläger in Kopie vorgelegten Bescheiden entspricht jeweils Blatt 1 des von der Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten aus zwei Blättern bestehenden Bescheidmusters. Auf Blatt 2 des Bescheidmusters findet sich der Hinweis zur vorläufigen Festsetzung, Vorschussgewährung und Verpflichtung zur Rückzahlung. Es ist kein Grund dafür denkbar, warum die Bescheidmuster, wenn sie denn verwandt wurden, nur unvollständig zum Versand hätten kommen sollen. Wenn der Kläger Blatt 1 erhalten hat, muss er demnach auch Blatt 2 erhalten haben. Dass er – wie er vorträgt – jedenfalls mittlerweile das Blatt 2 der Bewilligungsbescheide nicht mehr auffindet, ist daraus zu erklären, dass er dieses Blatt als bedeutungslos wegge-worfen hat, da es – wie sich aus dem Mustervordruck ergibt – kaum individuelle Festlegungen über das bewilligte Arbeitslosengeld enthielt.
Die in den Bescheiden erteilten Hinweise auf die Gewährung nur eines Vorschusses, der bei Überzahlung zurückzuzahlen war, sind nicht deutlich genug formuliert und hervorgehoben gewesen. In den Bescheidtexten steht der von der Beklagten verwendete Passus nicht im räumlichen Zusammenhang mit der Bewilligung von Arbeitslosengeld, sondern findet sich als "Kleingedrucktes" jeweils am Ende der Bescheide neben anderen ergänzenden Hinweisen, etwa zur Meldepflicht oder zur Problematik eines Wechsels der Lohnsteuerklasse. So konnte er die gebotene Warnfunktion nicht erfüllen. Vielmehr wird der Anschein erweckt, es sei Arbeits-losengeld mit einigen ergänzenden Bestimmungen bewilligt worden, die aber den Bestand der Bewilligung als solche unberührt lassen würden. Verschleiert wird dadurch, dass dem Grunde nach etwas anderes als Arbeitslosengeld gewährt wurde. Rechtsfolgen und Inhalt einer Bewil-ligung von Sozialleistungen als endgültige Leistung unterscheiden sich nämlich so wesentlich von einem Vorschuss, dass ein Vorschuss nicht als die Bewilligung der endgültigen Leistung unter Vorbehalt, sondern als andere Leistung anzusehen ist (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 2 U 5/06 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 19; Urteil vom 19. April 1997 – 4 RA 46/96 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 59; Seewald in Kasseler Kommentar, § 42 SGB I, Rdnr. 7). Dementsprechend müssen die Gewährung eines Vorschusses oder jedenfalls die charakteristischen Merkmale einer Vorschussgewährung bereits im Verfügungssatz deutlich werden. Daran fehlt es indessen vorliegend. Die Beklagte hat ausweislich der Verfügungssätze ihrer Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 nicht einen Vorschuss bewilligt, sondern Arbeitslosengeld. Weder findet sich im Verfügungssatz das Wort Vorschuss, noch wird auf die uneingeschränkte Möglichkeit einer Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit hingewiesen. Der dem Verfügungssatz statt dessen beigegebene – wenig aussagekräftige – Hinweis, es handele sich um eine vorläufige Festsetzung, reicht nicht aus. Somit sind Vorschüsse im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I nicht wirksam bewilligt worden, eine auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützte Rückforderung der Überzahlung scheidet demnach aus.
Das Rückforderungsbegehren der Beklagten lässt sich auch nicht auf andere Rechtsgrundlagen stützen. Insbesondere § 50 SGB X iVm § 45 SGB X ist nicht anwendbar. Eine Umdeutung der von der Beklagten auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützten Rückforderung in eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide wegen deren anfänglicher Rechtswidrigkeit scheidet schon deswegen aus, weil eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 SGB X die Ausübung von Ermessen voraussetzt. Für das Vorliegen eines Falls nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, in dem nach § 330 Abs. 2 SGB III kein Ermessen auszuüben wäre, ist nichts ersichtlich.
Nach alledem waren auf die Berufung des Klägers hin das Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der aufgeworfenen Rechtsfrage, welche Anforderungen an die wirksame Bewilligung eines Vorschusses auf Arbeitslosengeld zu stellen sind, angesichts der von der Beklagten offenbar regelmäßig verwendeten Formulierungen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zumisst.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreites ist die Rückforderung überzahlten Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004.
Der 1951 geborene Kläger, der vom 14. März 1995 bis zum 14. Juni 2001 als Produktionsarbeiter bei der F L GmbH, vom 16. Juli 2001 bis zum 11. Oktober 2002 als Kurierfahrer bei der Firma H K GmbH B sowie vom 14. Oktober 2002 bis zum 30. November 2002 als Kurierfahrer bei der Firma A B G B beschäftigt war, meldete sich am 26. November 2002 mit Wirkung zum 1. Dezember 2002 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Er war kinderlos, auf seiner Steuerkarte war seit Anfang des Jahres 2002 die Lohnsteuerklasse IV eingetragen.
Die Beklagte wies den Kläger mit einer Zwischenmitteilung vom 21. Januar 2003 darauf hin, dass sie über den Antrag nur vorläufig entscheiden könne, weil ihr Arbeitsbescheinigungen für die Beschäftigungen von Juni 2001 bis Oktober 2002 und von April 1995 bis Juni 2001 noch fehlen würden. Auf der Grundlage von Lohnabrechnungen der Firma H K GmbH B (Zeitraum von Dezember 2001 bis Mai 2002 und Juli 2002 bis Oktober 2002) und des in der Arbeitsbe-scheinigung der Firma A B G B ausgewiesenen Bruttoarbeitsentgelts (Oktober und November 2002) errechnete die Beklagte ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 295,51 Euro (wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 28 bis 38, 41 bis 44 und Bl. 50 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen).
Anschließend gewährte sie durch Bewilligungsbescheid vom 23. Januar 2003 Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2002 (zunächst) für 180 Kalendertage mit einem Leistungsbetrag von wöchentlich 113,54 Euro allerdings auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 250 Euro; (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungsentgeltverord-nung 2002). Der Bescheid enthielt den Hinweis: "Der Beginn und die Höhe der Leistung wurden vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung wird mit Bescheid bekanntgegeben."
Durch Änderungsbescheid ebenfalls vom 23. Januar 2003 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2003 in Höhe von wöchentlich 112,91 Euro wiederum nach einem Bemessungsentgelt von 250 Euro (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungsentgeltverordnung 2003). Der Bescheid trug die Hinweise vor den Berechnungsgrundlagen: "Die vorläufige Festsetzung gilt weiterhin" und unter dem Satz: "Beachten Sie bitte folgende Hinweise besonders: Soweit die Leistung der Höhe nach vorläufig festgesetzt worden ist, handelt es sich um einen Vorschuss im Sinne des § 42 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I). Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen."
Durch weiteren Änderungsbescheid vom 11. März 2003 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2003 nunmehr für 598 Kalendertage weiter mit einem Leistungssatz von 112,91 Euro wöchentlich. Die Berechnungsgrundlagen waren unverändert gegenüber dem Änderungsbescheid vom 23. Januar 2003. Auch dieser Bescheid enthielt den Hinweis: "Der Beginn und die Höhe der Leistung werden vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung wird mit Bescheid bekannt gegeben."
Durch abermaligen Änderungsbescheid "im Januar 2004" bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2004 mit einem Leistungssatz von nunmehr wöchentlich 114,59 Euro unverändert nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 250 Euro (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungsentgeltverordnung 2004). Der Bescheid trug dieselben Hinweise wie der Änderungsbescheid vom 23. Januar 2003.
Der Kläger bezog Krankengeld vom 25. März 2004 bis zum 30. April 2004, weswegen die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 25. März 2004 durch Bescheid vom selben Tage aufgehoben wurde (Arbeitslosengeld-Restanspruch am 24. März 2004: 149 Tage).
Der Kläger meldete sich am 23. April 2004 arbeitslos mit Hinweis auf eine "Gesundschreibung ab 1. Mai 2004" und beantragte die (Wieder-) Bewilligung von Arbeitslosengeld (Steuerklasse IV/keine Kinder), was ihm die Beklagte in Höhe von wöchentlich 114,59 Euro weiterhin nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 250 Euro ab dem 1. Mai 2004 für den Restanspruch von 149 Tagen gewährte (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz, Leistungs-entgeltverordnung 2004).
Durch Anhörungsschreiben vom 29. Juli 2004 wies die Beklagte darauf hin, dass das bewilligte Arbeitslosengeld der Höhe nach nicht korrekt gewesen sei. Es sei – gestützt auf eine Bescheinigung der Krankenkasse über das vom 1. Januar 2002 bis zum 11. Oktober 2002 erzielte Arbeitsentgelt – eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes erfolgt, aus der sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 221,26 Euro statt – wie bisher zugrunde gelegt – von 250 Euro ergeben habe. Deswegen sei die Rücknahme des bewilligenden Verwaltungsaktes zu prüfen.
Durch Bescheid vom 19. August 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 23. August 2004 teilweise in Höhe von wöchentlich 11,20 Euro auf.
Mit einem weiteren Anhörungsschreiben vom 19. August 2004 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme, weil er in der Zeit vom 1. Dezember 2002 bis zum 24. März 2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 729,02 Euro zu Unrecht bezogen habe. Nach Vorlage der für die endgültige Berechnung maßgebenden Unterlagen sei das wöchentliche Bemessungsentgelt von 250 Euro auf (gerundet) 220 Euro zu verringern. Da sämtliche Bescheide bis zum 24. März 2004 sowohl hinsichtlich der Höhe als auch hinsichtlich des Anspruchsbeginns vorläufig ergangen seien, habe der Kläger nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen dürfen. Für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 22. August 2004 werde dagegen von einer Rückforderung abgesehen. Der Kläger entgegnete, er habe auf die Richtigkeit der Berechnung vertraut.
Mit Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 setzte die Beklagte das Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2002 auf wöchentlich 103,39 Euro endgültig fest. Der Kläger habe in dem Zeitraum vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004 Arbeitslosengeld/Leistungen in Höhe von 7.765,35 Euro als Vorschuss erhalten aber nur Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 7.036,33 Euro gehabt (wegen der Einzelheiten der Berechnung der Erstattungsforderung wird auf Bl. 86 bis 87 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen). Der Vorschuss habe die zustehende Leistung um 729,02 Euro überstiegen, dieser Betrag sei – entsprechend § 42 Abs. 2 SGB I – zu erstatten.
Der Kläger erhob gegen den Aufhebungsbescheid vom 19. August 2004 und den Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 jeweils Widerspruch, der (auch) mit den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers und seiner Ehefrau begründet wurde. Durch zwei Widerspruchsbescheide vom 3. Februar 2005 wies die Beklagte die Widersprüche jeweils zurück; wegen der Einzelheiten der Widerspruchsentscheidungen wird auf Bl. 133 bis 136 bzw. Bl 138 bis 140 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen.
Gegen beide Widerspruchsbescheide hat der Kläger am 22. Februar 2005 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben. Das Sozialgericht hat die Verfahren durch Beschluss vom 6. September 2005 getrennt.
Die Klage gegen den Erstattungsbescheid vom 8. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 hat das Sozialgericht durch Urteil vom 26. Januar 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erstattungspflicht folge aus dem Ge-setz. Die Beklagte habe nach § 42 SGB I die Möglichkeit, Vorschüsse zu zahlen, wenn ein Anspruch dem Grunde nach bestehe und zur Feststellung der Höhe weitere Ermittlungen erforderlich seien. Zweifel in Hinblick auf die Höhe des Anspruchs hätten sich daraus ergeben, dass es schwierig gewesen sei, die genaue Höhe der von dem Kläger bei der Firma H KGmbH verdienten Entgelte festzustellen. Die Bescheide seien auch eindeutig in ihrer Bezeichnung gewesen, lediglich der erste Bescheid vom 23. Januar 2003 habe keinen Hinweis auf eine Erstattungspflicht enthalten. Die empfangenen Vorschüsse seien auf die zustehende Leistung anzurechnen und Überschüsse zu erstatten. Der Empfänger genieße keinen Vertrauensschutz. Die Einziehung der Forderung stelle keine unbillige Härte für den Kläger dar. Er könne sich auch nicht auf Verwirkung berufen, da er auf die Vorläufigkeit und die mögliche Erstattungspflicht hingewiesen worden sei.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 9. März 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. April 2007 (Dienstag nach Ostermontag) bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liege eine unbillige Härte vor. Denn er (Kläger) habe bereits bei Beantragung der Leistungen erklärt, dass er eine korrekte Berechnung wünsche. Auch sei die Erstbewilligung nicht unter dem Vorbehalt eines Vorschusses erfolgt. Er sei nicht in der Lage gewesen einzuschätzen, ob die gewährte Leistung zu hoch oder zu niedrig gewesen sei. Er habe auf die Richtigkeit vertraut, eine Rückzahlung sei ihm aufgrund seiner finanziellen Situation nicht möglich. Zudem berufe er sich auf den Verwirkungseinwand. Erst nach über eineinhalb Jahren sei die Korrektur durch die Beklagte erfolgt. Dass er mit einer Rückforderung nicht mehr habe rechnen müssen, ergebe sich aus einem Vergleich mit dem Recht des Kindesunterhaltes, in dessen Bereich Unterhaltsan-sprüche bereits nach 12 Monaten verwirkt seien. Er habe die Bewilligungsbescheide der Beklagten dem Gericht, so wie er sie erhalten habe, vollständig vorgelegt. Soweit die Beklagte behaupte, es habe jeweils ein zweites Blatt gegeben, werde dies ausdrücklich bestritten. Der Bewilligungsbescheid vom 23. Januar 2003 setze zwar die Leistung vorläufig fest, enthalte aber nicht den Hinweis, dass es sich um eine Vorschusszahlung handele und Überzahlungen gegebenenfalls zurückzuzahlen seien. Der Hinweis auf die Vorläufigkeit kennzeichne eine Bewilligung noch nicht als Vorschuss.
Der Kläger beantragt, nachdem er ein in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten abgegebenes Teilanerkenntnis mit Reduzierung der Erstattungsforderung von 729,02 Euro um 53,27 Euro angenommen hat,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Januar 2007 sowie den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 8. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2005 (W 6518/04) aufzuheben, soweit dem nicht schon durch das Teilaner-kenntnis entsprochen worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für überzeugend. Indessen sei auch bereits in dem ersten Bescheid vom 23. Januar 2003 ein Hinweis auf eine mögliche Erstattungspflicht erfolgt. Der Kläger habe die Bescheide nicht vollständig vorgelegt, es fehle jeweils das zweite Blatt. Dort finde sich, wie sich aus einem (beigefügten) Muster ergebe, ein Hinweis auf die Erstattungspflicht im Falle eines überzahlten Vorschusses. Der Einwand der Verwirkung könne nicht überzeugen. Sie - die Beklagte - habe sich selbst um eine Arbeitsbescheinigung bei dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers bemühen müssen. Erst über die Krankenkasse habe sie entsprechende Auskünfte erhalten, aufgrund derer die endgültige Berechnung dann habe erfolgen können. Falls die finanzielle Situation des Klägers trotz Arbeitsaufnahme ab 1. April 2007 die Rückzahlung nicht erlaube, könne er eine Stundung beantragen. Dass in den Bescheiden auf dem zweiten Blatt (Seite drei) ein ausdrücklicher Hinweis auf die Erstattungspflicht enthalten gewesen sei, ergebe sich aus den zur Zeit der Bescheiderteilung verwendeten (Bescheid-) Versionen. Es sei kein vernünftiger Grund erkennbar, warum gerade der Kläger nur das erste Blatt erhalten haben sollte. Jedenfalls habe er aber dem Merkblatt für Arbeitslose entnehmen können, dass Vorschüsse im Falle einer Überzahlung zu erstatten seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Leistungsakte (Kundenummer: ) der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt.
Die Berufung hat Erfolg. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte hat – nach dem in der mündlichen Verhandlung erklärten Teilanerkenntnis – auch keinen Anspruch auf die Erstattung von noch 675,75 Euro.
Die Rückforderung kann nicht auf § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I gestützt werden. Das setzte voraus, dass die Beklagte als Leistungsträger Vorschüsse (im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I) auf Sozialleistungen gezahlt hat, die die zustehende Leistung überstiegen haben. Zwar liegt eine Überzahlung vor. Die Beklagte hat dem Kläger durch Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004 auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgeltes von wöchentlich 250 Euro gewährt. Zutreffend wäre aber der Ansatz eines geringeren Bemessungsentgeltes gewesen, was zu entsprechend niedrigeren Leistungen geführt hätte.
Der Kläger hatte gemäß § 117 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch – SGB III – ab dem 1. Dezember 2002 Anspruch auf Arbeitslosengeld. Denn er war ab diesem Tag arbeitslos, hatte die Anwartschaftszeit erfüllt und sich bereits am 26. November 2001 arbeitslos gemeldet. Das zustehende Arbeitslosengeld bestimmte sich der Höhe nach gemäß § 129 SGB III als Prozentsatz des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergab, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielte (Bemessungsentgelt). Nach § 132 SGB III ist Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt, soweit es beitragspflichtig ist. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 SGB III die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des An-spruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren.
Der Bemessungszeitraum liegt demnach hier vom 1. Dezember 2001 bis zum 30. November 2002. Das auf den Monat Dezember 2001 entfallende abgerechnete beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist – ausgehend von der Bescheinigung der Krankenkasse, die für den Zeitraum vom 16. Juli 2001 bis zum 31. Dezember 2001 einen Betrag von 9.350,- DM bestätigt, auf 1.725,30 Deutsche Mark - entsprechend 882,13 Euro - zu berechnen (9.350 DM geteilt durch 168 Tage [Gesamtzeitraum] mal 31 Tage [Dezember 2001]). Zusammen mit dem ausweislich des in der Abrechnung für Brutto-Netto-Bezüge für den Monat Oktober 2002 zu entnehmenden aufgelau-fenen Jahreswert in Höhe von 8.122,00 Euro als bescheinigtes Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 11. Oktober 2002, dem für Oktober 2002 in Höhe von 920,00 Euro und dem für November 2002 in Höhe von 1.534,00 Euro ergibt sich eine Summe von 11.458,13 Euro. Geteilt durch 52 Wochen ergibt sich daraus ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 220,35 Euro, gerundet 220 Euro; § 132 Abs. 3 SGB III. Bei Berücksichtigung der für den Kläger maßgebenden Voraussetzungen (Steuerklasse IV und kinderlos) ergibt sich daraus für den Zeitraum vom 1. bis 31. Dezember 2002 nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 ein Leistungssatz von wöchentlich 102,90 Euro, für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2003 ein Leistungssatz von wö-chentlich 102,41 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 24. März 2004 nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2004 ein Leistungssatz von wöchentlich 103,39 Euro. Indessen hat die Beklagte – den Kläger begünstigend – in dem Bescheid vom 8. September 2004 den Leistungssatz ab 1. Dezember 2002 auf wöchentlich 103,39 Euro abschließend fest-gesetzt. Ausgehend von diesem Betrag ergibt sich eine Überzahlung in dem Zeitraum vom 1. Dezember 2002 bis 24. März 2004 von noch 675,75 Euro. Dem entspricht das Teilanerkenntnis der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung ihre Forderung von ursprünglich 729,02 Euro um 53,27 Euro reduziert hat.
Gleichwohl liegen die Voraussetzungen für eine Rückforderung der überzahlten Leistungen nicht vor. Die Leistungen sind nicht als Vorschüsse im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I gewährt worden. Die Beklagte hat nämlich nicht hinreichend deutlich werden lassen, dass sie nur vorläufig und unter dem Vorbehalt einer Rückforderung überzahlter Beträge mit Wirkung für die Vergangenheit Leistungen gewähren wollte.
Rechtgrundlage für die Gewährung von Vorschüssen auf das Arbeitslosengeld wäre § 42 Abs. 1 SGB I gewesen. Die Möglichkeit einer vorläufigen Entscheidung nach § 328 SGB III bestand dagegen nicht. Denn § 328 SGB II ist nur anwendbar, wenn (schon) dem Grunde nach fraglich ist, ob die Voraussetzungen für eine Gewährung von Arbeitslosengeld vorliegen (vgl. Niesel, SGB III, § 328 Rdnr. 3). Hier ging die Beklagte dagegen (mit Recht) von Anfang an davon aus, dass der Kläger ab dem 1. Dezember 2002 dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Sie sah lediglich die Höhe des Arbeitslosengeldes als offen an, weil sie die Höhe des im Bemessungszeitraum verdienten Arbeitsentgelts nicht (abschließend) feststellen konnte. Für solche Fälle sieht das Gesetz in § 42 Abs. 1 SGB I die Gewährung eines Vorschusses vor.
Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Beklagte mit Recht das Arbeitslosengeld nur vorschussweise und in der bewilligten Höhe gewährte. Dagegen spricht immerhin, dass schon bei der ersten Bewilligung des Arbeitslosengeldes Lohnabrechnungen der Firma H K GmbH für den Kläger vorgelegen haben, in denen dem Kläger gezahlte Zuschläge als steuerfreie Leistungen ausgewiesen waren, die gleichwohl von der Beklagten bei der Berechnung der vorläufi-gen Leistungen als beitragspflichtige Lohnbestandteile angesehen wurden und aus der Lohnbescheinigung für Oktober 2002 das sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelt für das laufende Jahr zu entnehmen gewesen wäre.
Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Rückforderung überzahlter Leistungen nach § 42 Abs. 2 SGB I ist nicht die Rechtmäßigkeit der Vorschussgewährung, sondern ob die Leistungen wirksam im Wege eines Vorschusses gewährt worden sind (BSG, Urteile vom 26. Juni 2007 – B 2 U 5/06 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 20; vom 29. April 1997 – 4 RS 46/96 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 55; vgl. auch BSG, Urteil vom 15. August 2002 – B 7 AL 24/01 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 19). Das ist nicht der Fall gewesen.
Die von der Beklagten erlassenen Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 sind zwar mit dem ihnen beigegebenen Inhalt nach § 39 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch – SGB X – durch Bekanntgabe wirksam geworden; der Kläger hat sie überdies nicht angefochten, so dass sie nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – in Bestandskraft erwachsen sind. Gleichwohl sind sie aber nicht als wirksame Vorschussbescheide anzusehen, weil ihnen nicht hinreichend deutlich zu entnehmen war, dass die Beklagte Arbeitslosengeld nur vorläufig und unter dem Vorbehalt einer Rückforderung gewähren wollte. Nach der Recht-sprechung des BSG sind Leistungen gerade in der Form eines Vorschusses nur bewilligt worden, wenn der Bewilligungsbescheid – ausgehend von dem Empfängerhorizont – hinreichend deutlich bestimmt, dass lediglich eine einstweilige Regelung in der Form eines Vorschusses getroffen wird (Urteil vom 29. April 1997 – 4 RA 46/96 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 59). Der Leistungsträger muss verdeutlichen, dass er wegen eines seiner Ansicht nach dem Grunde be-stehenden Anspruches auf Geldleistungen, deren genaue Höhe er noch nicht zeitnah feststellen kann, Zahlungen ohne dauerhaften Rechtsgrund für das Behaltendürfen bewilligt, so dass die Verfügung über das Erlangte wirtschaftlich risikobehaftet ist (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 2 U 5/06 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 17, ebenso Seewald in Kasseler Kommentar, § 42 SGB I Rdnr. 18,19).
Wegen der einschneidenden Folgen einer nur vorschussweisen Bewilligung von Sozialleistungen müssen an die Erkennbarkeit strenge Anforderungen gestellt werden. Während der Empfänger von aufgrund eines Verwaltungsaktes gewährten Sozialleistungen nach den §§ 45-48 SGB X grundsätzlich Vertrauensschutz genießt, ist das bei der vorschussweisen Bewilligung gerade nicht der Fall. Nach § 42 Abs. 2 SGB I sind überzahlte Vorschüsse stets zurückzuzahlen, ohne dass es auf ein Vertrauen des Leistungsempfängers ankommt. Maßgeblich für das Behaltendürfen ist nicht die erteilte bewilligende Verwaltungsentscheidung, sondern die sich – erst später herausstellende – objektive Rechtslage. Die vorschussweise Gewährung von Sozial-leistungen beinhaltet also eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Empfänger auf Richtigkeit und Bestand einer das Gesetz umsetzenden Verwaltungsentscheidung vertrauen darf. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Absicherung des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vertrauensschutzes muss das dem Betroffenen aber hinreichend erkennbar gewesen sein (BSG, Urteil vom 31. Mai 1989 – 4 RA 19/88 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 25 - ). Nur bei deutlichem Hinweis auf die Wirkungen einer nur vorschussweisen Bewilligung kann dem Leistungsempfänger entgegen gehalten werden, dass sich bei ihm ein (berechtigtes) Vertrauen auf das Behaltendürfen der vorläufig bewilligten Leistungen in der bewilligten und gewährten Höhe gar nicht erst bilden konnte, was wiederum erst den inneren Grund für die Weite der in § 42 Abs. 2 SGB I eröffneten Möglichkeiten zur Korrektur der Bewilligungsentscheidung abgibt.
Diesen Anforderungen genügen die Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 jedenfalls nicht in vollem Umfang. Zwar enthalten alle Bescheide den – im Bescheidtext im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch der Bewilligung von Ar-beitslosengeld platzierten – Hinweis, dass eine vorläufige Festsetzung erfolge. Es fehlt aber bereits eine Erklärung dazu, aus welchen Gründen die Bewilligung nur vorläufig erfolgte. Zwar hatte die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21. Januar 2003 darauf hingewiesen, dass sie wegen des Fehlens von Arbeitsbescheinigungen der Arbeitgeber H K GmbH und F L GmbH nur vorläufig über den Antrag auf Arbeitslosengeld entscheiden könne. Dieses Schreiben ist aber nicht Bestandteil der Bewilligungsbescheide geworden.
Im Übrigen deutet der Hinweis auf eine vorläufige Festsetzung nur darauf hin, dass noch Änderungen erfolgen können. Der Hinweis lässt weder erkennen, in welche Richtung Änderungen zu erwarten sind, noch welchen Umfang diese Änderungen haben können oder bis wann eine endgültige Entscheidung ergehen werde. Ihm lässt sich insbesondere nicht zweifelsfrei entnehmen, dass auch eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit und entsprechend die Rückforderung bereits gewährter Leistungen möglich sein soll. Dem Wortsinn nach liegt eine Änderung nämlich bereits vor, wenn sie mit Wirkung für die Zukunft erfolgt, also bereits bewilligte Leistungen nicht weiter in der bisherigen Höhe ausgezahlt werden. Bei der Auslegung eines Bewilligungsbescheides als Vorschussbescheid gilt – wegen der weit reichenden Folgen für den Leistungsempfänger – indessen der Grundsatz, dass Unklarheiten und Mehrdeutigkei-ten zu Lasten des Leistungserbringers gehen (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Februar 2003 – L 3 AL 120/06 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 40 mit weiteren Nachweisen). Die Möglichkeit, dass sich die Erklärung der Vorläufigkeit in den Bescheiden vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 auch auf die Vergangenheit und bereits gewährte Leis-tungen erstrecken sollte, reicht demnach nicht aus.
Wirksam ist ein Vorschuss im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I nur dann bewilligt, wenn deutlich darauf hingewiesen wurde, dass im Falle einer sich im Nachhinein als überhöht erweisenden Berechnung eine rückwirkende Änderung der bereits bewilligten Leistungen mit entsprechen-den Erstattungspflichten erfolgen wird (BSG, Urt. v. 29. April 1997 – 4 RA 46/96, zitiert nach Juris, Rdnr. 59). Den Bescheiden vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 fehlt aber ein entsprechender hinreichend deutlicher Hinweis, so dass sie keine Grundlage für eine auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützte Rückforderung von Überzahlungen abgeben können.
Der Senat geht zwar davon aus, dass die Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 dem Kläger sämtlich mit dem folgenden Hinweis zugegangen sind: "Soweit das Arbeitslosengeld der Höhe nach vorläufig festgesetzt worden ist, handelt es sich um einen Vor-schuss im Sinne des § 42 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen." Das ergibt sich für den zweiten Bescheid vom 23. Januar 2003 und dem vom Januar 2004 bereits aus den vom Kläger vorgelegten Bescheidkopien. Hinsichtlich des ersten Bescheides vom 23. Januar 2003 und des Bescheides vom 11. März 2003 ist der Senat davon überzeugt, dass der entsprechende Hinweis auf Blatt 2 der Bescheide enthalten gewesen ist. Den vom Kläger in Kopie vorgelegten Bescheiden entspricht jeweils Blatt 1 des von der Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten aus zwei Blättern bestehenden Bescheidmusters. Auf Blatt 2 des Bescheidmusters findet sich der Hinweis zur vorläufigen Festsetzung, Vorschussgewährung und Verpflichtung zur Rückzahlung. Es ist kein Grund dafür denkbar, warum die Bescheidmuster, wenn sie denn verwandt wurden, nur unvollständig zum Versand hätten kommen sollen. Wenn der Kläger Blatt 1 erhalten hat, muss er demnach auch Blatt 2 erhalten haben. Dass er – wie er vorträgt – jedenfalls mittlerweile das Blatt 2 der Bewilligungsbescheide nicht mehr auffindet, ist daraus zu erklären, dass er dieses Blatt als bedeutungslos wegge-worfen hat, da es – wie sich aus dem Mustervordruck ergibt – kaum individuelle Festlegungen über das bewilligte Arbeitslosengeld enthielt.
Die in den Bescheiden erteilten Hinweise auf die Gewährung nur eines Vorschusses, der bei Überzahlung zurückzuzahlen war, sind nicht deutlich genug formuliert und hervorgehoben gewesen. In den Bescheidtexten steht der von der Beklagten verwendete Passus nicht im räumlichen Zusammenhang mit der Bewilligung von Arbeitslosengeld, sondern findet sich als "Kleingedrucktes" jeweils am Ende der Bescheide neben anderen ergänzenden Hinweisen, etwa zur Meldepflicht oder zur Problematik eines Wechsels der Lohnsteuerklasse. So konnte er die gebotene Warnfunktion nicht erfüllen. Vielmehr wird der Anschein erweckt, es sei Arbeits-losengeld mit einigen ergänzenden Bestimmungen bewilligt worden, die aber den Bestand der Bewilligung als solche unberührt lassen würden. Verschleiert wird dadurch, dass dem Grunde nach etwas anderes als Arbeitslosengeld gewährt wurde. Rechtsfolgen und Inhalt einer Bewil-ligung von Sozialleistungen als endgültige Leistung unterscheiden sich nämlich so wesentlich von einem Vorschuss, dass ein Vorschuss nicht als die Bewilligung der endgültigen Leistung unter Vorbehalt, sondern als andere Leistung anzusehen ist (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 2 U 5/06 R –, zitiert nach Juris, Rdnr. 19; Urteil vom 19. April 1997 – 4 RA 46/96 –, zitiert nach Juris, Rdnr. 59; Seewald in Kasseler Kommentar, § 42 SGB I, Rdnr. 7). Dementsprechend müssen die Gewährung eines Vorschusses oder jedenfalls die charakteristischen Merkmale einer Vorschussgewährung bereits im Verfügungssatz deutlich werden. Daran fehlt es indessen vorliegend. Die Beklagte hat ausweislich der Verfügungssätze ihrer Bescheide vom 23. Januar 2003, 11. März 2003 und Januar 2004 nicht einen Vorschuss bewilligt, sondern Arbeitslosengeld. Weder findet sich im Verfügungssatz das Wort Vorschuss, noch wird auf die uneingeschränkte Möglichkeit einer Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit hingewiesen. Der dem Verfügungssatz statt dessen beigegebene – wenig aussagekräftige – Hinweis, es handele sich um eine vorläufige Festsetzung, reicht nicht aus. Somit sind Vorschüsse im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I nicht wirksam bewilligt worden, eine auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützte Rückforderung der Überzahlung scheidet demnach aus.
Das Rückforderungsbegehren der Beklagten lässt sich auch nicht auf andere Rechtsgrundlagen stützen. Insbesondere § 50 SGB X iVm § 45 SGB X ist nicht anwendbar. Eine Umdeutung der von der Beklagten auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützten Rückforderung in eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide wegen deren anfänglicher Rechtswidrigkeit scheidet schon deswegen aus, weil eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 SGB X die Ausübung von Ermessen voraussetzt. Für das Vorliegen eines Falls nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, in dem nach § 330 Abs. 2 SGB III kein Ermessen auszuüben wäre, ist nichts ersichtlich.
Nach alledem waren auf die Berufung des Klägers hin das Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der aufgeworfenen Rechtsfrage, welche Anforderungen an die wirksame Bewilligung eines Vorschusses auf Arbeitslosengeld zu stellen sind, angesichts der von der Beklagten offenbar regelmäßig verwendeten Formulierungen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zumisst.
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