Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 1626/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 20/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 14/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine insolvenzrechtlich geschützte Aufrechnungslage besteht bereits dann, wenn der Vertragsarzt seine Leistungen erbracht und die Abrechnung bei der KVB vor Insolvenzeröffnung eingereicht hat.
2. Auch nach Insolvenzeröffnung ist eine Anrechnung von vorschussweise zuviel gezahltem Honorat möglich, wenn eine solche Möglichkeit in den Abrechnungsbestimmungen der KVB oder in einer Vereinbarung zwischen Insolvenzschuldner und KVB vorgesehen ist.
2. Auch nach Insolvenzeröffnung ist eine Anrechnung von vorschussweise zuviel gezahltem Honorat möglich, wenn eine solche Möglichkeit in den Abrechnungsbestimmungen der KVB oder in einer Vereinbarung zwischen Insolvenzschuldner und KVB vorgesehen ist.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 53.657,78 EUR zur Insolvenzmasse.
Mit Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 01.05.2005 wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners Dr. R., Facharzt für Orthopädie, das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzschuldner war als Orthopäde vertragsärztlich tätig. Er war Rückforderungsansprüchen der Beklagten in Höhe von 53.657,78 EUR gemäß dem bestandskräftigen Rückforderungsbescheid vom 25.06.2003 (1. Einbehalt in Höhe von 851,98 EUR im Quartal 3/04, 37 Einbehalte á 1400,00 EUR, Schlusseinbehalt in Höhe von 1.005,80 EUR gemäß Vereinbarung vom 23.02.2005, davon insgesamt 6.451,98 EUR vor der Insolvenzeröffnung) ausgesetzt. Die Honorarrückforderung in Höhe von 53.657,78 EUR wurde in die Quartalsabrechnung 3/04 als Saldoposten aufgenommen und wurde von da an als Saldovortrag in die folgenden Quartale übernommen. Mit Schreiben vom 23.02.2005 erklärte sich die Beklagte auf den Antrag des Dr. R. vom 26.08.2003 mit einer ratenweisen Tilgung der Rückforderung in Höhe von 53.657,78 EUR einverstanden. Ab März 2005 führte die Beklagte die Verrechnungen mit den Honoraransprüchen des Insolvenzschuldners entsprechend dem im Schreiben vom 23.02.2005 festgelegten Zeitplan fort. Mit Schreiben vom 30.06.2006 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Verrechnung ihres Rückforderungsanspruches mit den Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners für die Zukunft zu unterlassen und forderte mit weiteren Schreiben vom 11.07.2006, 22.08.2006 und 24.08.2006 die Beklagte auf, die bislang durch Verrechnungen einbehaltenen Beträge in Höhe von 30.100,00 EUR bis spätestens zum 04.09.2006 auf das Insolvenzanderkonto des Klägers auszukehren. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.
Mit Schriftsatz vom 06.11.2006 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30.100,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen und festzustellen, dass die Verrechnung der Rückforderungsansprüche der Beklagten mit Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners ab dem Quartal 2/2006 unzulässig sei. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers hinsichtlich der Verrechnungen mit den Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners aus dem Quartal 1/2005 ergebe sich aus § 130 Insolvenzordnung (InsO) i.V.m. § 143 InsO. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO (Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners oder dem Eröffnungsantrag) seien gegeben. Die Verrechnung mit den Zahlungsansprüchen aus dem Quartal 2/2005 seien teilweise gemäß den §§ 81, 91 InsO unwirksam bzw. gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 InsO unzulässig. Sämtliche Verrechnungen im Rahmen des Quartals 2/2005 seien nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. Teilweise beruhten die Zahlungsansprüche des Insolvenzschuldners auf Leistungen, die er vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, teilweise auf Leistungen, die er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht habe. Schließlich seien die Verrechnungen mit den Zahlungsansprüchen aus den Quartalen 3/2005, 4/2005 und 1/2006 gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig. Die einbehaltenen Beträge seien insgesamt zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Die Beklagte verweigere die Auskehrung der durch die Verrechnungen einbehaltenen Beträge unter Berufung auf § 114 InsO, insbesondere § 114 Abs. 2 InsO. Sie behaupte, dass ihr nach dieser Vorschrift die Möglichkeit der Aufrechnung bis zwei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustehe. Dabei übersehe die Beklagte jedoch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.05.2006, Az.: IX ZR 247/03. Danach sei § 114 Abs. 2 InsO nicht auf Vergütungsansprüche eines Kassenarztes gegen die zuständige Kassenärztliche Vereinigung anwendbar. Da die Beklagte die Aufrechnung ihrer Rückforderungsansprüche mit den Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners für zulässig erachte und deshalb davon auszugehen sei, dass sie die Verrechnungen auch in Zukunft vornehmen werde, habe der Kläger ein rechtliches Interesse daran, feststellen zu lassen, dass die Verrechnungen ab dem Quartal 2/2006 unzulässig seien. Der Zinsanspruch folge aus den §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB.
Hierzu hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.02.2007 geäußert. Die im zutreffenden Rechtsweg erhobene Klage sei unzulässig, da der Kläger mit dieser Klage Verwaltungsakte in der Form der Honorarbescheide angreife. Gemäß § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V seien Honorarbescheide durch Widerspruch und Klage anzugreifen. Es sei also durch gesetzliche Bestimmung ein Vorverfahren i.S. des § 77 SGG angeordnet worden. Selbst wenn die Klage zulässig wäre, sei sie insgesamt unbegründet. Für die Begründetheit des Zahlungsanspruches wäre erforderlich, dass die Honorarbescheide deshalb rechtswidrig wären, weil eine Verrechnung mit Forderungen der Beklagten gegen Dr. R. nicht zulässig wäre. Dr. R. sei Mitglied bei der Beklagten und als Vertragsarzt zugelassen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens tangiere weder seine Mitgliedsrechte noch seine Zulassung als Vertragsarzt. Damit habe Dr. R. alle Rechte und Pflichten eines Mitglieds der Beklagten, soweit diese untrennbar mit der Mitgliedschaft bei der Beklagten verbunden seien. Damit sei nach wie vor § 85 Abs. 4 SGB V, der EBM-Ä und der HVV der Beklagten für die Verteilung des Honorars für Dr. R. bindend und verpflichtend. Daraus folge, dass das Verhältnis des Dr. R. zur Beklagten ausschließlich auf öffentlich-rechtlichen Normen des Sozialrechts beruhe, also öffentlich-rechtlicher Natur sei. In den Abrechnungsbestimmungen der Beklagten sei ausgeführt, dass bis zum Erlass der quartalsmäßigen Honorarbescheide Abschlagszahlungen, nach Erlass der Honorarbescheide Restzahlungen unter Vorbehalt erfolgen würden. Der sich aus den Leistungen des Arztes errechnende Honorarbetrag könne sofort mit Ansprüchen der Beklagten gegen den jeweiligen Adressaten des Honorarbescheids verrechnet werden. Das bedeute, dass der Honorarbetrag um den zu verrechnenden Betrag im Honorarbescheid gemindert werde. Der Honoraranspruch entstehe also lediglich in der Höhe, die er nach der Verrechnung aufweise. Damit sei als Ergebnis festzuhalten, dass eine Aufrechnung i.S. der §§ 94 ff. InsO im vorliegenden Fall gerade nicht erfolgt sei. Auch bei einer Anwendung der Vorschriften der Insolvenzordnung sei von der Zulässigkeit der vorgenommenen Verrechnungen auszugehen. Unabhängig davon, dass der Kläger die Verrechnung als solche, nicht die dieser Verrechnung zugrunde liegende Aufrechnungslage anfechte, sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte den Insolvenzantrag erst seit dem Telefonat vom 14.04.2005 kenne. Für Handlungen, die vor diesem Zeitpunkt liegen würden, sei eine Anfechtung nach § 130 InsO nicht möglich. Die Anfechtung würde eine Gläubigerbenachteiligung voraussetzen. Eine Gläubigerbenachteiligung liege dann vor, wenn bei Wegfall der angefochtenen Handlung die zur Verteilung stehende Masse größer wäre. Auf die Berufsausübung einer insolventen natürlichen Person bestehe für die Gläubiger aber kein Anspruch, da die Arbeitskraft nicht zur Masse gehöre. Eine Anfechtung sei daher nicht möglich (vgl. Uhlenbruck, Insolvenzverordnung, 12. Aufl., § 129 Rdn. 96). § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO stehe einer Verrechnung ebenfalls nicht entgegen, da die Erwartung des Gläubigers mit einer Gegenforderung aufrechnen zu können, jedenfalls dann schutzfähig sei, wenn die Hauptforderung (hier also die Forderung des Arztes) bereits dem Grunde nach bei Eröffnung des Verfahrens angelegt gewesen sei. § 95 InsO gehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO deshalb vor.
Hierzu hat sich der Kläger nochmals mit Schriftsatz vom 19.03.2007 geäußert. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Klage zulässig. Der Kläger greife mit vorliegender Klage keine Verwaltungsakte in Form der Honorarbescheide an. Streitgegenstand sei nicht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide, sondern die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der vorgenommenen Verrechnungen. Das Sozialgericht werde sich deshalb mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die vorgenommenen Verrechnungen nach insolvenzrechtlichen Vorschriften zulässig seien oder nicht. Der Kläger habe auch keine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erhoben. Er mache seine Ansprüche im Rahmen einer Leistungs- bzw. Zahlungsklage geltend. In diesem Falle sei ein Vorverfahren nicht erforderlich. Darauf komme es jedoch nicht an. Ein Vorverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, sodass auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach dem Sozialgerichtsgesetz erfüllt seien. Mit Schreiben vom 30.06.2006, 11.07.2006 und 24.08.2006 habe der Kläger zumindest konkludent Widerspruch gegen die Honorarbescheide eingelegt. Der Widerspruch des Klägers sei auch nicht verfristet. Denn die Fristen hätten gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter noch nicht zu laufen begonnen. Die Beklagte habe dem Widerspruch des Klägers nicht abgeholfen. Hierzu werde das Schreiben der Beklagten vom 01.09.2006 vorgelegt. Die Klage sei auch begründet. Die Honorarbescheide mögen nach sozialrechtlichen Vorschriften rechtmäßig sein. Jedoch seien die vorgenommenen Verrechnungen nach insolvenzrechtlichen Vorschriften unwirksam, sodass die Klage vollumfänglich begründet sei. Wie ausgeführt seien die Honorarbescheide bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht bestandskräftig. Die Ausführungen der Beklagten könnten die Unzulässigkeit der Verrechnungen nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften nicht entkräften. Die im Rahmen der Anfechtung erforderliche Gläubigerbenachteiligung sei gegeben. Ohne die vorgenommenen Verrechnungen hätte die Beklagte höhere Auszahlungen an den Insolvenzschuldner vornehmen müssen. Diese höheren Auszahlungen würden der Insolvenzmasse und somit den übrigen Gläubigern nicht zur Verfügung stehen. Dies sei ohne Zweifel Gläubiger benachteiligend. Die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners werde vor dem 14.04.2005 gemäß § 130 Abs. 2 InsO vermutet. Die Beklagte habe Kenntnis von Umständen gehabt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen würden. Im Übrigen sei vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass der Insolvenzschuldner die Beklagte vor den angefochtenen Verrechnungen über seine Zahlungsunfähigkeit informiert habe. Dementsprechend habe sich die Beklagte dann auch mit der Stundung ihrer Forderungen einverstanden erklärt. Auch auf § 95 InsO könne sich die Beklagte nicht berufen. § 95 InsO gehe dem § 96 InsO nicht vor, sondern sei neben diesem anwendbar. Dies sei auch sachgerecht. Denn eine nach Verfahrenseröffnung entstehende Aufrechnungslage sei nicht schutzwürdig, da der aufrechnende Insolvenzgläubiger bis zur Eröffnung des Verfahrens nur auf seine Quotenerwartung habe vertrauen dürfen und eine nachträgliche Aufwertung seiner Insolvenzforderung im Widerspruch zu dem insolvenzrechtlichen Prinzip der Gläubigergleichbehandlung stünde.
Hierzu hat sich die Beklagte nochmals mit Schriftsatz vom 24.09.2007 geäußert. Die Beklagte nehme zur Kenntnis, dass der Kläger mit der vorliegenden Klage keine Verwaltungsakte in Form der Honorarbescheide angreifen wolle. Da er rechtskundig sei, sei diese Erklärung ebenso wenig wie die zuvor von ihm abgegebenen Erklärungen auslegungsfähig. Damit könnten aber auch die Schreiben vom 30.06., 11.07. und 24.08.2006 nicht als Widersprüche i.S. des § 87 SGG gewertet werden. Die Beklagte bleibe bei ihrer Auffassung, dass die vorliegende Klage unzulässig sei. Inhaltlich stelle sich die Frage, ob in der Sonderrechtsbeziehung, die zwischen einem Kassenarzt und der Beklagten bestehe und die ausschließlich dem Kassenarztrecht, also öffentlich-rechtliche Normen, unterstellt sei, sozusagen vorgelagert die Insolvenzordnung anzuwenden sei. Diese Frage sei zu verneinen. Das Kassenarztrecht gehe insoweit als lex specialis vor. Es sei schon dargestellt worden, dass erst der Erlass der Honorarbescheide die Forderung des Kassenarztes aus Behandlungen von Kassenpatienten entstehen lasse. Damit entstehe die Forderung des Arztes gegen die KV nicht in dem Augenblick, in dem er die Behandlung vornehme in voller Höhe und reduziere sich erst später. Vielmehr sei die Behandlung lediglich eine der Voraussetzungen, um die Forderung des Arztes gegen die KV überhaupt erst zum Entstehen zu bringen. Daneben müsse diese Forderung durch Verwaltungsakt festgesetzt werden. Aus diesen Gründen könne auch der Verweis des Klägers auf insolvenzrechtliche Vorschriften der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 09.10.2007 die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Mit ihr werde nicht der Honorarbescheid bzw. ein Verwaltungsakt angegriffen, sondern die Unzulässigkeit vorgenommener Verrechnungen behauptet. Die Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 78 SGG sei danach nicht notwendig gewesen. Der Kläger hätte seine Rechte auch nicht durch eine Anfechtungs- oder Leistungsklage verfolgen können. Die Klage sei aber nicht begründet. Es sei rechtmäßig, dass die Beklagte mit dem Rückforderungsanspruch gegen den Vertragsarzt Dr. R., zu dessen Insolvenzverwalter der Kläger bestellt worden sei, bereits aufgerechnet habe und auch weiterhin aufrechne. Zu Recht führe die Beklagte in der Klageerwiderung aus, dass erst der Erlass der Honorarbescheide die Forderung des Vertragsarztes aus Behandlungen von gesetzlich Versicherten entstehen lasse. Eine Verrechnung einer bereits entstandenen Forderung habe gerade nicht stattgefunden. Der Kläger könne sich auf einen Verstoß gegen insolvenzrechtliche Vorschriften durch diese Verrechnung nicht berufen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 31.03.2008 zum Bayer. Landessozialgericht. Grundvoraussetzung für eine Aufrechnung sei, dass sowohl die Hauptforderung als auch die Gegenforderung entstanden sei. Wenn eine dieser beiden Forderungen nicht existiere bzw. entstanden sei, dürfe keine Verrechnung vorgenommen werden. Mit einer Forderung, die noch überhaupt nicht entstanden sei, könne nicht aufgerechnet werden. Die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Honoraranspruch des Vertragsarztes erst mit Erlass der Honorarbescheide in der Höhe entstehe, die sich nach der Verrechnung ergebe, sei somit aus rechtlicher Sicht nicht zutreffend. Der Kassenarzt erbringe ärztliche Leistungen aufgrund eines Behandlungsvertrages dienstvertraglichen Charakters mit dem jeweiligen Patienten. Der Honoraranspruch des Kassenarztes entstehe, sobald dieser die vergütungsfähigen Leistungen erbracht habe und nicht erst mit Erlass der Honorarbescheide. Fällig werden möge dieser Anspruch erst mit dem endgültigen Honorarbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung, der aufgrund der in den Gesamtverträgen ausgehandelten Gesamtvergütung und des von der Kassenärztlichen Vereinigung festgesetzten Verteilungsmaßstabes ergehe. Auf die Fälligkeit einer Forderung komme es jedoch im Rahmen des § 96 InsO bzw. der insolvenzrechtlichen Anfechtung nicht an. Auf die Entscheidung des BGH vom 11.05.2006, Az.: XI ZR 247/03 werde hingewiesen. Wenn man mit dem BGH entgegen der Auffassung des Sozialgerichts davon ausgehe, dass die Vergütungsansprüche des Insolvenzschuldners bereits dem Grunde nach entstanden seien, sobald dieser seine vergütungsfähigen Leistungen erbracht habe, so würden die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen gegen insolvenzrechtliche Vorschriften verstoßen. In all denjenigen Fällen, in denen der Insolvenzschuldner seine vergütungsfähigen Leistungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.05.2005 erbracht habe, seien die Verrechnungen nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig. Dies betreffe die Verrechnungen ab dem Quartal 3/2005. Denn sämtliche den Honorarbescheiden ab dem Quartal 3/2005 zugrunde liegende Leistungen habe der Insolvenzschuldner nach dem 01.05.2005 erbracht. Als Zeuge wird hierzu Dr. R. angeboten. Damit lägen sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Die restlichen in den Honorarbescheiden für das Quartal 1/2005 und 2/2005 vorgenommenen Verrechnungen seien gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO und § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Denn die Beklagte als Insolvenzgläubigerin habe die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt bzw. sei nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden. Diejenigen vergütungsfähigen Leistungen, die zwischen dem 07.12.2004 und 30.04.2005 erbracht worden seien, führten zu einer Unzulässigkeit der Verrechnungen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO genüge es, dass irgendeine Voraussetzung für die Aufrechnung in anfechtbarer Weise geschaffen worden sei, wie z.B. die Begründung der Hauptforderung, der Gegenforderung oder der Gegenseitigkeit. Die Anfechtbarkeit sei inzident voll durchzuprüfen. Die Honoraranforderungen des Insolvenzschuldners (Hauptforderung) seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im anfechtungsrelevanten Zeitraum des § 130 InsO entstanden und hätten zur Herstellung der Aufrechnungslage bzw. Verrechnungslage geführt. Sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 InsO seien gegeben. Die Aufrechnungslage sei in anfechtbarer Weise hergestellt worden. Dies habe zur Folge, dass die entsprechenden Verrechnungen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig seien. Zusammenfassend bleibe festzuhalten, dass sämtliche von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen gemäß § 96 InsO unzulässig seien.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den erweiterten Antrag aus dem Schriftsatz vom 16.07.2009, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 53.657,78 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.10.2007 zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsätzen der Beklagten vom 09.09.2008 und 12.11.2009 wurde zunächst mitgeteilt, dass der Insolvenzschuldner Dr. R. nach Auskunft des Praxispartners Dr. K. am 05.07.2008 verstorben sei. Das Urteil sei sowohl in seiner Begründung wie in seinem Ergebnis zutreffend. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berühre weder die Mitgliedschaft des Hauptschuldners bei der Beklagten noch seine Zulassung als Vertragsarzt. Wenn der Hauptschuldner nach Insolvenzeröffnung ärztliche Leistungen erbringe, sei durch Verwaltungsakt die Höhe seines Vergütungsanspruchs zu bestimmen. Dabei seien auch die in der Form einer Satzung erlassenen Abrechnungsbestimmungen der Beklagten zu beachten, da diese als Norm setzenden Regelungen verbindlich seien. Nach den Abrechnungsbestimmungen der Beklagten sei im Ergebnis festzuhalten, dass eine Aufrechnung i.S. der §§ 94 ff. InsO im vorliegenden Falle gerade nicht erfolgt sei. Der EBM-Ä i.V.m. dem Honorarverteilungsvertrag und den Abrechnungsbestimmungen würden ausdrücklich die Höhe des im Honorarbescheid festzusetzenden Betrages regeln. Der Honoraranspruch entstehe nur und ausschließlich in der durch den Honorarbescheid in der Form eines Verwaltungsaktes festgesetzten Höhe. Dem stehe zunächst nicht das von Klägerseite genannte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.05.2006 (Az.: IX ZR 247/03) entgegen. Aus der Entscheidung des BGH könne der Kläger für seinen Rechtsstandpunkt keine Argumente ableiten. Bis zum Erlass des Honorarbescheides stelle die Bewertung der ärztlichen Leistung lediglich einen Rechnungsposten dar, der ebenso wie andere in die Berechnung einfließende Rechnungsposten zu berücksichtigen sei. Damit seien auch die insolvenzrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung nicht heranzuziehen, denn die Berücksichtigung der einzelnen, zunächst gebundenen Rechnungsposten würde keine Aufrechnung i.S. dieser Vorschrift darstellen. Den Vorrang spezieller Abrechnungssysteme in der Insolvenz erkenne auch der Bundesgerichtshof an, z.B. in der Entscheidung in WM 07, 409 ff. Danach sei es den Parteien unbenommen, im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages eine vertragliche Verrechnungsabrede zu treffen. Dies habe zur Folge, dass einzelne Forderungen, die in die Abrechnung einzustellen seien, zunächst gebunden seien, also nicht einzeln geltend gemacht werden könnten. Dies führe dann dazu, dass sie bloße Abrechnungsposten würden, die erst in einer Endabrechnung zu berücksichtigen seien. Diese Berücksichtigungen der einzelnen, gebundenen Rechnungsposten in der Endabrechnung stellten dann keine Aufrechnung i.S. der insolvenzrechtlichen Vorschriften dar. Der BGH leite die Wirksamkeit derartiger Abrechnungssysteme aus § 84 InsO i.V.m. § 95 InsO ab. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall zumindest entsprechend übertragbar. Sollte das Gericht dennoch zu einer Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften kommen, sei auf den in erster Instanz dargelegten Vortrag zu verweisen.
Dem Senat liegen die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 43 KA 1626/06 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 12 KA 20/08 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 09.10.2007 die Klage zu Recht abgewiesen.
Das Sozialgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGG gegeben ist. Gegenstand der Klage ist die Honoraranforderung des ehemaligen Insolvenzschuldners Dr. R. gegen die Beklagte, also eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, die der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des ehemaligen Insolvenzschuldners als Partei kraft Amtes (§ 80 Abs. 1 InsO) in gesetzlicher Prozessführungsbefugnis im eigenen Namen geltend macht.
Der erstinstanzlichen Entscheidung ist auch insoweit zu folgen, dass die - als allgemeine Leistungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.1988, SozR 1200, § 54 Nr.13 S. 35 und vom 24.07.2003, Az.: B 4 KA 60/02 R) - geltend gemachte Forderung des Klägers in Höhe von zuletzt 53.657,78 EUR durch die von der Beklagten durchgeführten Verrechnungen im Zeitraum von Quartal 3/04 bis Quartal 1/07 getilgt worden ist.
Der Übergang von der ursprünglich geltend gemachten Leistungs- und Feststellungsklage auf eine Leistungsklage wegen der zwischenzeitlich erfolgten Verrechnungen ist keine Klageänderung (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) und auch in der Berufungsinstanz möglich. Der von Beklagtenseite gestellte Antrag ist insgesamt als Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Klägers auszulegen.
Die Berechtigung zur Verrechnung ergibt sich für die Beklagte zunächst aus § 5 Abs. 9 der ab 01.04.2005 geltenden Abrechnungsbestimmungen der Beklagten bzw. wortgleich für den Zeitraum vor dem 01.04.2005 aus § 7 Abs. 8 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten. Die Beklagte kann danach bei Überzahlungen, Rückforderungen und Schadensersatzforderungen den festgestellten Betrag sofort mit Ansprüchen des Vertragsarztes verrechnen oder zum unverzüglichen Ausgleich zurückverlangen. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte bewusst von einer Verrechnung spricht und nicht von einer Aufrechnung. Die Aufrechnung gemäß den §§ 387 ff. BGB, die auch im öffentlichen Recht anwendbar sind, setzt die Aufrechnung zweier selbstständiger Forderungen voraus, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen und gleichartig sind. Die Verrechnung i.S. der vorgenannten Vorschriften meint dagegen die Einstellung der vorgenannten festgestellten Forderungen (aus Überzahlungen, Rückforderungen und Schadensersatzforderungen) in das Abrechnungskonto des Arztes als unselbstständiger Abrechnungsposten und deren Verrechnung mit (Abschlags- bzw. Rest-) Zahlungen an den Vertragsarzt. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften, die eine "sofortige" Verrechnung festgestellter Beträge mit Ansprüchen des Arztes ohne die weiteren Voraussetzungen i.S. der §§ 387 ff. BGB erlauben. Zum anderen entspricht dieses Vorgehen der jahrzehntelangen Praxis der Beklagten, bestandskräftige Forderungen gegen einen Vertragsarzt in dessen Abrechnungskonto einzustellen und mit Ansprüchen des Vertragsarztes in vollem Umfang - soweit möglich - sofort zu verrechnen bzw., wie vorliegend, gestreckt über einen längeren Zeitraum.
Die dargestellte Regelung der Beklagten hat in § 81 Abs. 1 Nr. 4 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage, wonach die Satzung Bestimmungen über Rechte und Pflichten der Organe und der Mitglieder enthalten muss.
Hinsichtlich der genannten Regelung bestehen keine einschlägigen Normen aus dem Recht der Krankenversicherung, insbesondere des Vertragsarztrechts. Auch darüber hinaus sind keine Normen des Sozialrechts ersichtlich, die den vorliegenden Sachverhalt regeln. Dies gilt namentlich für § 51 SGB I, der auf Honorarzahlungen an einem Vertragsarzt durch die Beklagte nicht anwendbar ist, weil es sich hierbei nicht um Sozialleistungen handelt, ebenso für die eine andere Fallgestaltung bestreffende Regelung des § 28 Nr. 1 SGB IV, wonach der für die Erstattung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit dem ihm obliegenden Erstattungsbetrag verrechnen kann. Vorliegend geht es nicht um das durch die §§ 52 SGB I, 28 Nr. 1 SGB IV geregelte Problem hinsichtlich der Gegenseitigkeit von Forderungen.
Deshalb ist ein Rückgriff auf die im Bürgerlichen Recht geltenden Regelungen, insbesondere die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) und verwandte Rechtsinstitute, wie die Verrechnung und Anrechnung, die auch im öffentlichen Recht analog Anwendung finden, nötig. Diesbezüglich ist zunächst grundsätzlich festzustellen, dass es sich bei den Regelungen der Aufrechnung nicht in vollem Umfang um zwingendes Recht handelt, sondern diese Regelungen in mehrfacher Hinsicht abweichenden Regelungen zugänglich sind. Vorliegend konnte die Beklagte im Rahmen ihrer Satzungsmacht jedenfalls eine Abrechnungsregelung treffen, die eine sofortige Verrechnung i.S. einer Einstellung der bestandskräftigen Forderungen in das Abrechnungskonto als Minussaldo und eine Verrechnung des Minussaldos über die Quartale 3/04 bis 1/07 i.S. einer Anrechnung auf das als Vorschuss zuviel gezahlte Honorar auf die Abschlags- und Restzahlungen erlauben.
Die Rechtmäßigkeit der Verrechnung des geltend gemachten Betrages in Höhe von 53.657,78 EUR ergibt sich aber jedenfalls aus dem Verfahrensablauf im konkreten Fall.
Zwischen den Beteiligten ist zunächst nicht streitig, dass der Beklagten gegen den Orthopäden Dr. R. auf der Grundlage des Bescheides vom 25.06.2003 eine bestandskräftige Forderung in Höhe von 53.657,78 EUR bereits lange vor Insolvenzeröffnung zustand. Die Beklagte hat aber zunächst davon Abstand genommen, den festgestellten Betrag sofort bzw. auf mehrere Quartale hinweg zu verrechnen. Dies obwohl vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Dr. R. am 01.05.2005 sogar die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gemäß den §§ 387 ff. BGB gegeben waren. Die Beklagte hat die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslage auch nicht durch eine anfechtbare Handlung nach der Insolvenzordnung (§ 130 der Insolvenzordnung) erlangt. Der Beklagten kommt nämlich jedenfalls bereits in dem Moment eine insolvenzrechtlich schützenswerte Aufrechnungslage zu, in dem der Vertragsarzt seine Leistungen erbracht und die Abrechnung bei der Beklagten eingereicht hat und nicht erst mit Wirksamwerden des entsprechenden Honorarbescheides.
Die Beklagte hat vielmehr anstelle der möglichen sofortigen Aufrechnung mit dem Kläger auf dessen Antrag hin auf der Grundlage des Schreibens vom 23.02.2005 vereinbart, dass der bereits im Quartal 3/04 in das Abrechnungskonto des Klägers eingestellte Schuldensaldo in Höhe von 53.657,78 EUR Quartal für Quartal mit den Abschlags- und Restzahlungen verrechnet wird. Dies ist erstmalig im Quartal 3/04 in Höhe von 851,98 EUR geschehen, im Quartal 4/04 wurden von der Restzahlung 1.400,00 EUR einbehalten, im Quartal 1/05 zweimal 1.200,00 EUR von den Abschlagszahlungen sowie einmal 1.800,00 EUR von der Restzahlung, insgesamt also 6.451,98 EUR vor der Insolvenzeröffnung am 01.05.2005. Dr. R. war sowohl mit der Einstellung des Betrages in Höhe von 53.657,78 EUR in das Abrechnungskonto bei der Beklagten als auch mit den ab Quartal 3/04 erfolgten Verrechnungen einverstanden und hat insbesondere die diesbezüglichen Honorarbescheide nicht beanstandet. Inhaltlich gesehen hat die Beklagte den Kläger spätestens ab Quartal 3/04 mehr ausgezahlt als ihm nach dem Stand seines Abrechnungskontos zugestanden hätte. Diese Honorarauszahlungen sind deswegen teilweise als Vorschusszahlungen anzusehen (vgl. zu vergleichbaren Fallgestaltungen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2000, NZA 2002, S. 390 ff. und Urteil vom 20.09.1986, NZA 1989, S. 843 ff.). Bei der anschließenden Verrechnung der zuviel gezahlten Honoraranteile mit den Abschlagszahlungen und den Restzahlungen kommen die Regelungen der Anrechnung (vgl. hierzu Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl. 2010, § 387 Rdn. 1 b) zur Anwendung. Bei dem Rechtsinstitut der Anrechnung sind die Regeln der Aufrechnung nicht anwendbar. Der vorliegend zwischen den Beteiligten gewählte Verrechnungsweg i.S. einer Anrechnung stellt auch keine unzulässige Umgehung der Regeln der Aufrechnung dar. Denn die gewählte Abrechnung entspricht dem im Vertragsarztrecht üblichen Zahlungsweg von monatlichen Abschlagszahlungen und einer abschließenden quartalsbezogenen Restzahlung, wie er auch in Bayern vorgesehen ist (vgl. § 5 Abs. 1, Abs. 3 der ab 01.04.2005 gültigen Abrechnungsbestimmungen der Beklagten bzw. vor dem 01.04.2005 § 7 Abs. 1 und 3 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten). Die Verrechnung der Abschlagszahlungen mit der Restzahlung unterliegt als Anrechnung nicht den Regeln der Aufrechnung gemäß den §§ 387 ff. BGB. Dies zeigt sich gerade im Rahmen einer Insolvenz. Vorliegend klagt der Kläger zu Recht nicht die Summe der während der Insolvenz (und in den Monaten vor Insolvenzeröffnung ab 01.05.2005) erfolgten Verrechnungen der Abschlagszahlungen auf die Restzahlung ein. Denn diese unterliegen als Anrechnung nicht den Regeln der Aufrechnung nach den §§ 387 ff. BGB, die Verrechnung von unselbständigen Rechnungsposten i.S. einer Anrechnung bleibt auch im Rahmen einer Insolvenz zulässig, die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote (§§ 94 ff., 96 InsO) sind nicht einschlägig (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14.12.2006, Az.: IX ZR 194/05).
Die vorliegend von den Beteiligten gewählte Vereinbarung (Einstellung der unstreitigen Forderung der Beklagten in das Abrechnungskonto des Dr. R., Leistung von Vorschüssen und Verrechnung dieser Vorschüsse i.S. einer Anrechnung mit den Abschlags- und Restzahlungen) ist mit dem sonstigen Honorarzahlungssystem weitestgehend vergleichbar, teilt deren rechtliche Behandlung, insbesondere auch im Rahmen einer Insolvenz, und ist daher auch keine unzulässige Umgehung der Regeln der Aufrechnung nach den §§ 387 ff. BGB und deren Behandlung in der Insolvenz.
Die Klage ist daher sowohl bezüglich der vor Insolvenzeröffnung erfolgten Verrechnungen in Höhe von 6.451,98 EUR als auch der nach Insolvenzeröffnung erfolgten Verrechnungen in Höhe von 47.205,80 EUR unbegründet.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 53.657,78 EUR zur Insolvenzmasse.
Mit Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 01.05.2005 wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners Dr. R., Facharzt für Orthopädie, das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzschuldner war als Orthopäde vertragsärztlich tätig. Er war Rückforderungsansprüchen der Beklagten in Höhe von 53.657,78 EUR gemäß dem bestandskräftigen Rückforderungsbescheid vom 25.06.2003 (1. Einbehalt in Höhe von 851,98 EUR im Quartal 3/04, 37 Einbehalte á 1400,00 EUR, Schlusseinbehalt in Höhe von 1.005,80 EUR gemäß Vereinbarung vom 23.02.2005, davon insgesamt 6.451,98 EUR vor der Insolvenzeröffnung) ausgesetzt. Die Honorarrückforderung in Höhe von 53.657,78 EUR wurde in die Quartalsabrechnung 3/04 als Saldoposten aufgenommen und wurde von da an als Saldovortrag in die folgenden Quartale übernommen. Mit Schreiben vom 23.02.2005 erklärte sich die Beklagte auf den Antrag des Dr. R. vom 26.08.2003 mit einer ratenweisen Tilgung der Rückforderung in Höhe von 53.657,78 EUR einverstanden. Ab März 2005 führte die Beklagte die Verrechnungen mit den Honoraransprüchen des Insolvenzschuldners entsprechend dem im Schreiben vom 23.02.2005 festgelegten Zeitplan fort. Mit Schreiben vom 30.06.2006 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Verrechnung ihres Rückforderungsanspruches mit den Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners für die Zukunft zu unterlassen und forderte mit weiteren Schreiben vom 11.07.2006, 22.08.2006 und 24.08.2006 die Beklagte auf, die bislang durch Verrechnungen einbehaltenen Beträge in Höhe von 30.100,00 EUR bis spätestens zum 04.09.2006 auf das Insolvenzanderkonto des Klägers auszukehren. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.
Mit Schriftsatz vom 06.11.2006 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30.100,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen und festzustellen, dass die Verrechnung der Rückforderungsansprüche der Beklagten mit Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners ab dem Quartal 2/2006 unzulässig sei. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers hinsichtlich der Verrechnungen mit den Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners aus dem Quartal 1/2005 ergebe sich aus § 130 Insolvenzordnung (InsO) i.V.m. § 143 InsO. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO (Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners oder dem Eröffnungsantrag) seien gegeben. Die Verrechnung mit den Zahlungsansprüchen aus dem Quartal 2/2005 seien teilweise gemäß den §§ 81, 91 InsO unwirksam bzw. gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 InsO unzulässig. Sämtliche Verrechnungen im Rahmen des Quartals 2/2005 seien nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. Teilweise beruhten die Zahlungsansprüche des Insolvenzschuldners auf Leistungen, die er vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, teilweise auf Leistungen, die er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht habe. Schließlich seien die Verrechnungen mit den Zahlungsansprüchen aus den Quartalen 3/2005, 4/2005 und 1/2006 gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig. Die einbehaltenen Beträge seien insgesamt zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Die Beklagte verweigere die Auskehrung der durch die Verrechnungen einbehaltenen Beträge unter Berufung auf § 114 InsO, insbesondere § 114 Abs. 2 InsO. Sie behaupte, dass ihr nach dieser Vorschrift die Möglichkeit der Aufrechnung bis zwei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustehe. Dabei übersehe die Beklagte jedoch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.05.2006, Az.: IX ZR 247/03. Danach sei § 114 Abs. 2 InsO nicht auf Vergütungsansprüche eines Kassenarztes gegen die zuständige Kassenärztliche Vereinigung anwendbar. Da die Beklagte die Aufrechnung ihrer Rückforderungsansprüche mit den Zahlungsansprüchen des Insolvenzschuldners für zulässig erachte und deshalb davon auszugehen sei, dass sie die Verrechnungen auch in Zukunft vornehmen werde, habe der Kläger ein rechtliches Interesse daran, feststellen zu lassen, dass die Verrechnungen ab dem Quartal 2/2006 unzulässig seien. Der Zinsanspruch folge aus den §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB.
Hierzu hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.02.2007 geäußert. Die im zutreffenden Rechtsweg erhobene Klage sei unzulässig, da der Kläger mit dieser Klage Verwaltungsakte in der Form der Honorarbescheide angreife. Gemäß § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V seien Honorarbescheide durch Widerspruch und Klage anzugreifen. Es sei also durch gesetzliche Bestimmung ein Vorverfahren i.S. des § 77 SGG angeordnet worden. Selbst wenn die Klage zulässig wäre, sei sie insgesamt unbegründet. Für die Begründetheit des Zahlungsanspruches wäre erforderlich, dass die Honorarbescheide deshalb rechtswidrig wären, weil eine Verrechnung mit Forderungen der Beklagten gegen Dr. R. nicht zulässig wäre. Dr. R. sei Mitglied bei der Beklagten und als Vertragsarzt zugelassen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens tangiere weder seine Mitgliedsrechte noch seine Zulassung als Vertragsarzt. Damit habe Dr. R. alle Rechte und Pflichten eines Mitglieds der Beklagten, soweit diese untrennbar mit der Mitgliedschaft bei der Beklagten verbunden seien. Damit sei nach wie vor § 85 Abs. 4 SGB V, der EBM-Ä und der HVV der Beklagten für die Verteilung des Honorars für Dr. R. bindend und verpflichtend. Daraus folge, dass das Verhältnis des Dr. R. zur Beklagten ausschließlich auf öffentlich-rechtlichen Normen des Sozialrechts beruhe, also öffentlich-rechtlicher Natur sei. In den Abrechnungsbestimmungen der Beklagten sei ausgeführt, dass bis zum Erlass der quartalsmäßigen Honorarbescheide Abschlagszahlungen, nach Erlass der Honorarbescheide Restzahlungen unter Vorbehalt erfolgen würden. Der sich aus den Leistungen des Arztes errechnende Honorarbetrag könne sofort mit Ansprüchen der Beklagten gegen den jeweiligen Adressaten des Honorarbescheids verrechnet werden. Das bedeute, dass der Honorarbetrag um den zu verrechnenden Betrag im Honorarbescheid gemindert werde. Der Honoraranspruch entstehe also lediglich in der Höhe, die er nach der Verrechnung aufweise. Damit sei als Ergebnis festzuhalten, dass eine Aufrechnung i.S. der §§ 94 ff. InsO im vorliegenden Fall gerade nicht erfolgt sei. Auch bei einer Anwendung der Vorschriften der Insolvenzordnung sei von der Zulässigkeit der vorgenommenen Verrechnungen auszugehen. Unabhängig davon, dass der Kläger die Verrechnung als solche, nicht die dieser Verrechnung zugrunde liegende Aufrechnungslage anfechte, sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte den Insolvenzantrag erst seit dem Telefonat vom 14.04.2005 kenne. Für Handlungen, die vor diesem Zeitpunkt liegen würden, sei eine Anfechtung nach § 130 InsO nicht möglich. Die Anfechtung würde eine Gläubigerbenachteiligung voraussetzen. Eine Gläubigerbenachteiligung liege dann vor, wenn bei Wegfall der angefochtenen Handlung die zur Verteilung stehende Masse größer wäre. Auf die Berufsausübung einer insolventen natürlichen Person bestehe für die Gläubiger aber kein Anspruch, da die Arbeitskraft nicht zur Masse gehöre. Eine Anfechtung sei daher nicht möglich (vgl. Uhlenbruck, Insolvenzverordnung, 12. Aufl., § 129 Rdn. 96). § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO stehe einer Verrechnung ebenfalls nicht entgegen, da die Erwartung des Gläubigers mit einer Gegenforderung aufrechnen zu können, jedenfalls dann schutzfähig sei, wenn die Hauptforderung (hier also die Forderung des Arztes) bereits dem Grunde nach bei Eröffnung des Verfahrens angelegt gewesen sei. § 95 InsO gehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO deshalb vor.
Hierzu hat sich der Kläger nochmals mit Schriftsatz vom 19.03.2007 geäußert. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Klage zulässig. Der Kläger greife mit vorliegender Klage keine Verwaltungsakte in Form der Honorarbescheide an. Streitgegenstand sei nicht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide, sondern die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der vorgenommenen Verrechnungen. Das Sozialgericht werde sich deshalb mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die vorgenommenen Verrechnungen nach insolvenzrechtlichen Vorschriften zulässig seien oder nicht. Der Kläger habe auch keine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erhoben. Er mache seine Ansprüche im Rahmen einer Leistungs- bzw. Zahlungsklage geltend. In diesem Falle sei ein Vorverfahren nicht erforderlich. Darauf komme es jedoch nicht an. Ein Vorverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, sodass auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach dem Sozialgerichtsgesetz erfüllt seien. Mit Schreiben vom 30.06.2006, 11.07.2006 und 24.08.2006 habe der Kläger zumindest konkludent Widerspruch gegen die Honorarbescheide eingelegt. Der Widerspruch des Klägers sei auch nicht verfristet. Denn die Fristen hätten gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter noch nicht zu laufen begonnen. Die Beklagte habe dem Widerspruch des Klägers nicht abgeholfen. Hierzu werde das Schreiben der Beklagten vom 01.09.2006 vorgelegt. Die Klage sei auch begründet. Die Honorarbescheide mögen nach sozialrechtlichen Vorschriften rechtmäßig sein. Jedoch seien die vorgenommenen Verrechnungen nach insolvenzrechtlichen Vorschriften unwirksam, sodass die Klage vollumfänglich begründet sei. Wie ausgeführt seien die Honorarbescheide bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht bestandskräftig. Die Ausführungen der Beklagten könnten die Unzulässigkeit der Verrechnungen nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften nicht entkräften. Die im Rahmen der Anfechtung erforderliche Gläubigerbenachteiligung sei gegeben. Ohne die vorgenommenen Verrechnungen hätte die Beklagte höhere Auszahlungen an den Insolvenzschuldner vornehmen müssen. Diese höheren Auszahlungen würden der Insolvenzmasse und somit den übrigen Gläubigern nicht zur Verfügung stehen. Dies sei ohne Zweifel Gläubiger benachteiligend. Die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners werde vor dem 14.04.2005 gemäß § 130 Abs. 2 InsO vermutet. Die Beklagte habe Kenntnis von Umständen gehabt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen würden. Im Übrigen sei vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass der Insolvenzschuldner die Beklagte vor den angefochtenen Verrechnungen über seine Zahlungsunfähigkeit informiert habe. Dementsprechend habe sich die Beklagte dann auch mit der Stundung ihrer Forderungen einverstanden erklärt. Auch auf § 95 InsO könne sich die Beklagte nicht berufen. § 95 InsO gehe dem § 96 InsO nicht vor, sondern sei neben diesem anwendbar. Dies sei auch sachgerecht. Denn eine nach Verfahrenseröffnung entstehende Aufrechnungslage sei nicht schutzwürdig, da der aufrechnende Insolvenzgläubiger bis zur Eröffnung des Verfahrens nur auf seine Quotenerwartung habe vertrauen dürfen und eine nachträgliche Aufwertung seiner Insolvenzforderung im Widerspruch zu dem insolvenzrechtlichen Prinzip der Gläubigergleichbehandlung stünde.
Hierzu hat sich die Beklagte nochmals mit Schriftsatz vom 24.09.2007 geäußert. Die Beklagte nehme zur Kenntnis, dass der Kläger mit der vorliegenden Klage keine Verwaltungsakte in Form der Honorarbescheide angreifen wolle. Da er rechtskundig sei, sei diese Erklärung ebenso wenig wie die zuvor von ihm abgegebenen Erklärungen auslegungsfähig. Damit könnten aber auch die Schreiben vom 30.06., 11.07. und 24.08.2006 nicht als Widersprüche i.S. des § 87 SGG gewertet werden. Die Beklagte bleibe bei ihrer Auffassung, dass die vorliegende Klage unzulässig sei. Inhaltlich stelle sich die Frage, ob in der Sonderrechtsbeziehung, die zwischen einem Kassenarzt und der Beklagten bestehe und die ausschließlich dem Kassenarztrecht, also öffentlich-rechtliche Normen, unterstellt sei, sozusagen vorgelagert die Insolvenzordnung anzuwenden sei. Diese Frage sei zu verneinen. Das Kassenarztrecht gehe insoweit als lex specialis vor. Es sei schon dargestellt worden, dass erst der Erlass der Honorarbescheide die Forderung des Kassenarztes aus Behandlungen von Kassenpatienten entstehen lasse. Damit entstehe die Forderung des Arztes gegen die KV nicht in dem Augenblick, in dem er die Behandlung vornehme in voller Höhe und reduziere sich erst später. Vielmehr sei die Behandlung lediglich eine der Voraussetzungen, um die Forderung des Arztes gegen die KV überhaupt erst zum Entstehen zu bringen. Daneben müsse diese Forderung durch Verwaltungsakt festgesetzt werden. Aus diesen Gründen könne auch der Verweis des Klägers auf insolvenzrechtliche Vorschriften der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 09.10.2007 die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Mit ihr werde nicht der Honorarbescheid bzw. ein Verwaltungsakt angegriffen, sondern die Unzulässigkeit vorgenommener Verrechnungen behauptet. Die Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 78 SGG sei danach nicht notwendig gewesen. Der Kläger hätte seine Rechte auch nicht durch eine Anfechtungs- oder Leistungsklage verfolgen können. Die Klage sei aber nicht begründet. Es sei rechtmäßig, dass die Beklagte mit dem Rückforderungsanspruch gegen den Vertragsarzt Dr. R., zu dessen Insolvenzverwalter der Kläger bestellt worden sei, bereits aufgerechnet habe und auch weiterhin aufrechne. Zu Recht führe die Beklagte in der Klageerwiderung aus, dass erst der Erlass der Honorarbescheide die Forderung des Vertragsarztes aus Behandlungen von gesetzlich Versicherten entstehen lasse. Eine Verrechnung einer bereits entstandenen Forderung habe gerade nicht stattgefunden. Der Kläger könne sich auf einen Verstoß gegen insolvenzrechtliche Vorschriften durch diese Verrechnung nicht berufen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 31.03.2008 zum Bayer. Landessozialgericht. Grundvoraussetzung für eine Aufrechnung sei, dass sowohl die Hauptforderung als auch die Gegenforderung entstanden sei. Wenn eine dieser beiden Forderungen nicht existiere bzw. entstanden sei, dürfe keine Verrechnung vorgenommen werden. Mit einer Forderung, die noch überhaupt nicht entstanden sei, könne nicht aufgerechnet werden. Die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Honoraranspruch des Vertragsarztes erst mit Erlass der Honorarbescheide in der Höhe entstehe, die sich nach der Verrechnung ergebe, sei somit aus rechtlicher Sicht nicht zutreffend. Der Kassenarzt erbringe ärztliche Leistungen aufgrund eines Behandlungsvertrages dienstvertraglichen Charakters mit dem jeweiligen Patienten. Der Honoraranspruch des Kassenarztes entstehe, sobald dieser die vergütungsfähigen Leistungen erbracht habe und nicht erst mit Erlass der Honorarbescheide. Fällig werden möge dieser Anspruch erst mit dem endgültigen Honorarbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung, der aufgrund der in den Gesamtverträgen ausgehandelten Gesamtvergütung und des von der Kassenärztlichen Vereinigung festgesetzten Verteilungsmaßstabes ergehe. Auf die Fälligkeit einer Forderung komme es jedoch im Rahmen des § 96 InsO bzw. der insolvenzrechtlichen Anfechtung nicht an. Auf die Entscheidung des BGH vom 11.05.2006, Az.: XI ZR 247/03 werde hingewiesen. Wenn man mit dem BGH entgegen der Auffassung des Sozialgerichts davon ausgehe, dass die Vergütungsansprüche des Insolvenzschuldners bereits dem Grunde nach entstanden seien, sobald dieser seine vergütungsfähigen Leistungen erbracht habe, so würden die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen gegen insolvenzrechtliche Vorschriften verstoßen. In all denjenigen Fällen, in denen der Insolvenzschuldner seine vergütungsfähigen Leistungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.05.2005 erbracht habe, seien die Verrechnungen nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig. Dies betreffe die Verrechnungen ab dem Quartal 3/2005. Denn sämtliche den Honorarbescheiden ab dem Quartal 3/2005 zugrunde liegende Leistungen habe der Insolvenzschuldner nach dem 01.05.2005 erbracht. Als Zeuge wird hierzu Dr. R. angeboten. Damit lägen sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Die restlichen in den Honorarbescheiden für das Quartal 1/2005 und 2/2005 vorgenommenen Verrechnungen seien gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO und § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Denn die Beklagte als Insolvenzgläubigerin habe die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt bzw. sei nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden. Diejenigen vergütungsfähigen Leistungen, die zwischen dem 07.12.2004 und 30.04.2005 erbracht worden seien, führten zu einer Unzulässigkeit der Verrechnungen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO genüge es, dass irgendeine Voraussetzung für die Aufrechnung in anfechtbarer Weise geschaffen worden sei, wie z.B. die Begründung der Hauptforderung, der Gegenforderung oder der Gegenseitigkeit. Die Anfechtbarkeit sei inzident voll durchzuprüfen. Die Honoraranforderungen des Insolvenzschuldners (Hauptforderung) seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im anfechtungsrelevanten Zeitraum des § 130 InsO entstanden und hätten zur Herstellung der Aufrechnungslage bzw. Verrechnungslage geführt. Sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 InsO seien gegeben. Die Aufrechnungslage sei in anfechtbarer Weise hergestellt worden. Dies habe zur Folge, dass die entsprechenden Verrechnungen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig seien. Zusammenfassend bleibe festzuhalten, dass sämtliche von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen gemäß § 96 InsO unzulässig seien.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den erweiterten Antrag aus dem Schriftsatz vom 16.07.2009, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 53.657,78 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.10.2007 zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsätzen der Beklagten vom 09.09.2008 und 12.11.2009 wurde zunächst mitgeteilt, dass der Insolvenzschuldner Dr. R. nach Auskunft des Praxispartners Dr. K. am 05.07.2008 verstorben sei. Das Urteil sei sowohl in seiner Begründung wie in seinem Ergebnis zutreffend. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berühre weder die Mitgliedschaft des Hauptschuldners bei der Beklagten noch seine Zulassung als Vertragsarzt. Wenn der Hauptschuldner nach Insolvenzeröffnung ärztliche Leistungen erbringe, sei durch Verwaltungsakt die Höhe seines Vergütungsanspruchs zu bestimmen. Dabei seien auch die in der Form einer Satzung erlassenen Abrechnungsbestimmungen der Beklagten zu beachten, da diese als Norm setzenden Regelungen verbindlich seien. Nach den Abrechnungsbestimmungen der Beklagten sei im Ergebnis festzuhalten, dass eine Aufrechnung i.S. der §§ 94 ff. InsO im vorliegenden Falle gerade nicht erfolgt sei. Der EBM-Ä i.V.m. dem Honorarverteilungsvertrag und den Abrechnungsbestimmungen würden ausdrücklich die Höhe des im Honorarbescheid festzusetzenden Betrages regeln. Der Honoraranspruch entstehe nur und ausschließlich in der durch den Honorarbescheid in der Form eines Verwaltungsaktes festgesetzten Höhe. Dem stehe zunächst nicht das von Klägerseite genannte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.05.2006 (Az.: IX ZR 247/03) entgegen. Aus der Entscheidung des BGH könne der Kläger für seinen Rechtsstandpunkt keine Argumente ableiten. Bis zum Erlass des Honorarbescheides stelle die Bewertung der ärztlichen Leistung lediglich einen Rechnungsposten dar, der ebenso wie andere in die Berechnung einfließende Rechnungsposten zu berücksichtigen sei. Damit seien auch die insolvenzrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung nicht heranzuziehen, denn die Berücksichtigung der einzelnen, zunächst gebundenen Rechnungsposten würde keine Aufrechnung i.S. dieser Vorschrift darstellen. Den Vorrang spezieller Abrechnungssysteme in der Insolvenz erkenne auch der Bundesgerichtshof an, z.B. in der Entscheidung in WM 07, 409 ff. Danach sei es den Parteien unbenommen, im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages eine vertragliche Verrechnungsabrede zu treffen. Dies habe zur Folge, dass einzelne Forderungen, die in die Abrechnung einzustellen seien, zunächst gebunden seien, also nicht einzeln geltend gemacht werden könnten. Dies führe dann dazu, dass sie bloße Abrechnungsposten würden, die erst in einer Endabrechnung zu berücksichtigen seien. Diese Berücksichtigungen der einzelnen, gebundenen Rechnungsposten in der Endabrechnung stellten dann keine Aufrechnung i.S. der insolvenzrechtlichen Vorschriften dar. Der BGH leite die Wirksamkeit derartiger Abrechnungssysteme aus § 84 InsO i.V.m. § 95 InsO ab. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall zumindest entsprechend übertragbar. Sollte das Gericht dennoch zu einer Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften kommen, sei auf den in erster Instanz dargelegten Vortrag zu verweisen.
Dem Senat liegen die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 43 KA 1626/06 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 12 KA 20/08 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 09.10.2007 die Klage zu Recht abgewiesen.
Das Sozialgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGG gegeben ist. Gegenstand der Klage ist die Honoraranforderung des ehemaligen Insolvenzschuldners Dr. R. gegen die Beklagte, also eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, die der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des ehemaligen Insolvenzschuldners als Partei kraft Amtes (§ 80 Abs. 1 InsO) in gesetzlicher Prozessführungsbefugnis im eigenen Namen geltend macht.
Der erstinstanzlichen Entscheidung ist auch insoweit zu folgen, dass die - als allgemeine Leistungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.1988, SozR 1200, § 54 Nr.13 S. 35 und vom 24.07.2003, Az.: B 4 KA 60/02 R) - geltend gemachte Forderung des Klägers in Höhe von zuletzt 53.657,78 EUR durch die von der Beklagten durchgeführten Verrechnungen im Zeitraum von Quartal 3/04 bis Quartal 1/07 getilgt worden ist.
Der Übergang von der ursprünglich geltend gemachten Leistungs- und Feststellungsklage auf eine Leistungsklage wegen der zwischenzeitlich erfolgten Verrechnungen ist keine Klageänderung (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) und auch in der Berufungsinstanz möglich. Der von Beklagtenseite gestellte Antrag ist insgesamt als Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Klägers auszulegen.
Die Berechtigung zur Verrechnung ergibt sich für die Beklagte zunächst aus § 5 Abs. 9 der ab 01.04.2005 geltenden Abrechnungsbestimmungen der Beklagten bzw. wortgleich für den Zeitraum vor dem 01.04.2005 aus § 7 Abs. 8 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten. Die Beklagte kann danach bei Überzahlungen, Rückforderungen und Schadensersatzforderungen den festgestellten Betrag sofort mit Ansprüchen des Vertragsarztes verrechnen oder zum unverzüglichen Ausgleich zurückverlangen. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte bewusst von einer Verrechnung spricht und nicht von einer Aufrechnung. Die Aufrechnung gemäß den §§ 387 ff. BGB, die auch im öffentlichen Recht anwendbar sind, setzt die Aufrechnung zweier selbstständiger Forderungen voraus, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen und gleichartig sind. Die Verrechnung i.S. der vorgenannten Vorschriften meint dagegen die Einstellung der vorgenannten festgestellten Forderungen (aus Überzahlungen, Rückforderungen und Schadensersatzforderungen) in das Abrechnungskonto des Arztes als unselbstständiger Abrechnungsposten und deren Verrechnung mit (Abschlags- bzw. Rest-) Zahlungen an den Vertragsarzt. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften, die eine "sofortige" Verrechnung festgestellter Beträge mit Ansprüchen des Arztes ohne die weiteren Voraussetzungen i.S. der §§ 387 ff. BGB erlauben. Zum anderen entspricht dieses Vorgehen der jahrzehntelangen Praxis der Beklagten, bestandskräftige Forderungen gegen einen Vertragsarzt in dessen Abrechnungskonto einzustellen und mit Ansprüchen des Vertragsarztes in vollem Umfang - soweit möglich - sofort zu verrechnen bzw., wie vorliegend, gestreckt über einen längeren Zeitraum.
Die dargestellte Regelung der Beklagten hat in § 81 Abs. 1 Nr. 4 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage, wonach die Satzung Bestimmungen über Rechte und Pflichten der Organe und der Mitglieder enthalten muss.
Hinsichtlich der genannten Regelung bestehen keine einschlägigen Normen aus dem Recht der Krankenversicherung, insbesondere des Vertragsarztrechts. Auch darüber hinaus sind keine Normen des Sozialrechts ersichtlich, die den vorliegenden Sachverhalt regeln. Dies gilt namentlich für § 51 SGB I, der auf Honorarzahlungen an einem Vertragsarzt durch die Beklagte nicht anwendbar ist, weil es sich hierbei nicht um Sozialleistungen handelt, ebenso für die eine andere Fallgestaltung bestreffende Regelung des § 28 Nr. 1 SGB IV, wonach der für die Erstattung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit dem ihm obliegenden Erstattungsbetrag verrechnen kann. Vorliegend geht es nicht um das durch die §§ 52 SGB I, 28 Nr. 1 SGB IV geregelte Problem hinsichtlich der Gegenseitigkeit von Forderungen.
Deshalb ist ein Rückgriff auf die im Bürgerlichen Recht geltenden Regelungen, insbesondere die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) und verwandte Rechtsinstitute, wie die Verrechnung und Anrechnung, die auch im öffentlichen Recht analog Anwendung finden, nötig. Diesbezüglich ist zunächst grundsätzlich festzustellen, dass es sich bei den Regelungen der Aufrechnung nicht in vollem Umfang um zwingendes Recht handelt, sondern diese Regelungen in mehrfacher Hinsicht abweichenden Regelungen zugänglich sind. Vorliegend konnte die Beklagte im Rahmen ihrer Satzungsmacht jedenfalls eine Abrechnungsregelung treffen, die eine sofortige Verrechnung i.S. einer Einstellung der bestandskräftigen Forderungen in das Abrechnungskonto als Minussaldo und eine Verrechnung des Minussaldos über die Quartale 3/04 bis 1/07 i.S. einer Anrechnung auf das als Vorschuss zuviel gezahlte Honorar auf die Abschlags- und Restzahlungen erlauben.
Die Rechtmäßigkeit der Verrechnung des geltend gemachten Betrages in Höhe von 53.657,78 EUR ergibt sich aber jedenfalls aus dem Verfahrensablauf im konkreten Fall.
Zwischen den Beteiligten ist zunächst nicht streitig, dass der Beklagten gegen den Orthopäden Dr. R. auf der Grundlage des Bescheides vom 25.06.2003 eine bestandskräftige Forderung in Höhe von 53.657,78 EUR bereits lange vor Insolvenzeröffnung zustand. Die Beklagte hat aber zunächst davon Abstand genommen, den festgestellten Betrag sofort bzw. auf mehrere Quartale hinweg zu verrechnen. Dies obwohl vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Dr. R. am 01.05.2005 sogar die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gemäß den §§ 387 ff. BGB gegeben waren. Die Beklagte hat die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslage auch nicht durch eine anfechtbare Handlung nach der Insolvenzordnung (§ 130 der Insolvenzordnung) erlangt. Der Beklagten kommt nämlich jedenfalls bereits in dem Moment eine insolvenzrechtlich schützenswerte Aufrechnungslage zu, in dem der Vertragsarzt seine Leistungen erbracht und die Abrechnung bei der Beklagten eingereicht hat und nicht erst mit Wirksamwerden des entsprechenden Honorarbescheides.
Die Beklagte hat vielmehr anstelle der möglichen sofortigen Aufrechnung mit dem Kläger auf dessen Antrag hin auf der Grundlage des Schreibens vom 23.02.2005 vereinbart, dass der bereits im Quartal 3/04 in das Abrechnungskonto des Klägers eingestellte Schuldensaldo in Höhe von 53.657,78 EUR Quartal für Quartal mit den Abschlags- und Restzahlungen verrechnet wird. Dies ist erstmalig im Quartal 3/04 in Höhe von 851,98 EUR geschehen, im Quartal 4/04 wurden von der Restzahlung 1.400,00 EUR einbehalten, im Quartal 1/05 zweimal 1.200,00 EUR von den Abschlagszahlungen sowie einmal 1.800,00 EUR von der Restzahlung, insgesamt also 6.451,98 EUR vor der Insolvenzeröffnung am 01.05.2005. Dr. R. war sowohl mit der Einstellung des Betrages in Höhe von 53.657,78 EUR in das Abrechnungskonto bei der Beklagten als auch mit den ab Quartal 3/04 erfolgten Verrechnungen einverstanden und hat insbesondere die diesbezüglichen Honorarbescheide nicht beanstandet. Inhaltlich gesehen hat die Beklagte den Kläger spätestens ab Quartal 3/04 mehr ausgezahlt als ihm nach dem Stand seines Abrechnungskontos zugestanden hätte. Diese Honorarauszahlungen sind deswegen teilweise als Vorschusszahlungen anzusehen (vgl. zu vergleichbaren Fallgestaltungen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2000, NZA 2002, S. 390 ff. und Urteil vom 20.09.1986, NZA 1989, S. 843 ff.). Bei der anschließenden Verrechnung der zuviel gezahlten Honoraranteile mit den Abschlagszahlungen und den Restzahlungen kommen die Regelungen der Anrechnung (vgl. hierzu Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl. 2010, § 387 Rdn. 1 b) zur Anwendung. Bei dem Rechtsinstitut der Anrechnung sind die Regeln der Aufrechnung nicht anwendbar. Der vorliegend zwischen den Beteiligten gewählte Verrechnungsweg i.S. einer Anrechnung stellt auch keine unzulässige Umgehung der Regeln der Aufrechnung dar. Denn die gewählte Abrechnung entspricht dem im Vertragsarztrecht üblichen Zahlungsweg von monatlichen Abschlagszahlungen und einer abschließenden quartalsbezogenen Restzahlung, wie er auch in Bayern vorgesehen ist (vgl. § 5 Abs. 1, Abs. 3 der ab 01.04.2005 gültigen Abrechnungsbestimmungen der Beklagten bzw. vor dem 01.04.2005 § 7 Abs. 1 und 3 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten). Die Verrechnung der Abschlagszahlungen mit der Restzahlung unterliegt als Anrechnung nicht den Regeln der Aufrechnung gemäß den §§ 387 ff. BGB. Dies zeigt sich gerade im Rahmen einer Insolvenz. Vorliegend klagt der Kläger zu Recht nicht die Summe der während der Insolvenz (und in den Monaten vor Insolvenzeröffnung ab 01.05.2005) erfolgten Verrechnungen der Abschlagszahlungen auf die Restzahlung ein. Denn diese unterliegen als Anrechnung nicht den Regeln der Aufrechnung nach den §§ 387 ff. BGB, die Verrechnung von unselbständigen Rechnungsposten i.S. einer Anrechnung bleibt auch im Rahmen einer Insolvenz zulässig, die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote (§§ 94 ff., 96 InsO) sind nicht einschlägig (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14.12.2006, Az.: IX ZR 194/05).
Die vorliegend von den Beteiligten gewählte Vereinbarung (Einstellung der unstreitigen Forderung der Beklagten in das Abrechnungskonto des Dr. R., Leistung von Vorschüssen und Verrechnung dieser Vorschüsse i.S. einer Anrechnung mit den Abschlags- und Restzahlungen) ist mit dem sonstigen Honorarzahlungssystem weitestgehend vergleichbar, teilt deren rechtliche Behandlung, insbesondere auch im Rahmen einer Insolvenz, und ist daher auch keine unzulässige Umgehung der Regeln der Aufrechnung nach den §§ 387 ff. BGB und deren Behandlung in der Insolvenz.
Die Klage ist daher sowohl bezüglich der vor Insolvenzeröffnung erfolgten Verrechnungen in Höhe von 6.451,98 EUR als auch der nach Insolvenzeröffnung erfolgten Verrechnungen in Höhe von 47.205,80 EUR unbegründet.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
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