L 18 AS 196/10 B RG

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AS 11363/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 196/10 B RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers, den Berichterstatter Richter M wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, sowie die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 7. Januar 2010 werden als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechts- anwalt S E wird abgelehnt.

Gründe:

Da der Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter Richter M bereits unzulässig ist, konnte der Senat unter Beteiligung des abgelehnten Richters über die Anhörungsrüge entscheiden.

Nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grund voraus, der objektiv geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Das Ablehnungsgesuch ist hingegen kein zulässiges Mittel, um sich - wie vorliegend - (nur) gegen für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren. Aus der im Rahmen einer früheren richterlichen Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung allein kann nämlich grundsätzlich kein Ablehnungsgrund hergeleitet werden, es sei denn, es läge eine willkürliche Entscheidung vor (vgl. BFH, Beschluss vom 16. Januar 2007 – VII S 23/06 (PKH) – juris; BFH, Beschluss vom 4. Mai 2006 – VI S 5/06 – juris). Der Kläger hat sein Ablehnungsgesuch lediglich damit begründet, es sei zu besorgen, dass der Berichterstatter seine Rechtsauffassung im Anhörungsrügeverfahren nicht ändern werde. Ein Befangenheitsantrag ist aber rechtsmissbräuchlich, wenn er – wie hier – alleine dazu dienen soll, den Beteiligten vor einer ihm nicht genehmen Rechtsauffassung eines Gerichts zu schützen, zumal diese vorliegend als Entscheidung des gesamten Spruchkörpers verlautbart worden ist (vgl. BFH aaO).

Die Anhörungsrüge des Antragstellers, die sich gegen den Beschluss des Senats vom 7. Januar 2010 richtet, ist als unzulässig zu verwerfen. Zwar ist die Rüge statthaft und in der gesetzlichen Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG erhoben worden. Der Kläger hat jedoch das Vorliegen der in § 178a Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGG genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht hinreichend dargetan.

Nach § 178a Abs. 1 Satz 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr. 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr. 2). Mithin ist es Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anhörungsrüge, dass der Antragsteller das Vorliegen der Voraussetzungen (auch) des § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG schlüssig darlegt (vgl. BSG, Beschluss vom 7. April 2005 – B 7a AL 38/05 B = SozR 4-1500 § 178a Nr 2; BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 6). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Der Antragsteller hat nämlich jedenfalls nicht substanziiert dargetan, dass der erkennende Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe. Im Kern wendet er sich gegen die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses vom 7. Januar 2010 und hält in der Sache eine von der Begründung des Beschlusses abweichende rechtliche Würdigung für richtig. Das Anhörungsrügeverfahren ist aber nicht dazu vorgesehen, die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 15. Dezember 2009 zur erneuten Überprüfung durch das Beschwerdegericht zu stellen, wenn – wie hier – neue und bislang unberücksichtigt gebliebene entscheidungserhebliche Tatsachen, die das Gericht möglicherweise zu einer anderen Entscheidung hätten kommen lassen, nicht ersichtlich sind (vgl. bei einer Nichtzulassungsbeschwerde: BSG, Beschluss vom 29. November 2005 – B 1 KR 94/05 – juris). Es ist auch nicht dargetan, dass der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt hätte, dass er den Antragsteller nicht vorab zu der von ihm getroffenen Kostenentscheidung gehört hat. Denn dem Kläger war bereits aus dem inhaltlich gleich gelagerten Verfahren - L 18 AL 100/09 B ER - (Beschluss vom 27. April 2009) bekannt, dass er nicht in seiner Eigenschaft als Versicherter, Leistungsempfänger, behinderter Mensch oder deren Rechtsnachfolger iSv § 183 Satz 1 SGG am Verfahren beteiligt ist. Dass es sich vorliegend, worauf der Kläger zutreffend hinweist, um ein Klageverfahren und nicht um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn in der Sache wäre eine andere Entscheidung des Senats über die mit der Beschwerde angefochtene Vorabentscheidung des SG zur Zulässigkeit des Rechtswegs auch dann nicht in Betracht gekommen, wenn der Senat bei seiner Entscheidung richtigerweise von der Erhebung einer Klage ausgegangen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Anhörungsrügeverfahren war wegen fehlender Erfolgaussichten abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG). Die Entscheidung über die Anhörungsrüge ist unanfechtbar (§ 178a Abs. 4 Satz 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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