L 18 AS 413/10 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 128 AS 33432/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 413/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2010 aufgehoben. Den Klägern wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Gründe:

Die Beschwerde der Kläger ist begründet. Den – bedürftigen – Klägern ist für das bei verständiger Würdigung (vgl. § 103 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) auf Gewährung weiterer Leistungen für Kosten und Unterkunft für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. August 2009 iHv monatlich 260,91 EUR gerichtete Klageverfahren bei dem Sozialgericht (SG) Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Die Klage hat zumindest teilweise Aussicht auf Erfolg. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn zur abschließenden Prüfung des erhobenen Klageanspruchs weitere Sachermittlungen des Gerichts angezeigt sind. So liegt der Fall hier. Ob die Kläger einen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) – haben, hängt davon ab, ob diese angemessen waren. Letzteres könnte dahinstehen und die Kläger einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten haben, wenn es den Klägern nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Zwar hatte der Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 28. November 2008 zur Senkung der Unterkunftskosten aufgefordert und darauf hingewiesen, dass der Gesamtmietzins 444,- EUR monatlich nicht übersteigen "sollte". Den Klägern war daher bekannt, dass sie die Obliegenheit trifft, Kostensenkungsmaßnahmen zu ergreifen (subjektive Möglichkeit der Kostensenkung; vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R – juris). Allerdings hat das SG nicht hinreichend geprüft, ob die von dem Beklagten genannte Referenzmiete von 444,- EUR nach der insoweit anzuwendenden Produkttheorie (vgl. etwa BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R - juris) angemessen ist. Dies setzte ein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers voraus, das im Rahmen der prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG anhand der erhobenen Daten und deren Auswertung dem Gericht zur Verfügung zu stellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R -). Ein geeignetes Konzept stellt grundsätzlich auch ein Mietspiegel dar. Keinesfalls kann sich aber das Tatsachengericht – wie es hier das SG getan hat - ohne eigene Ermittlungen auf die von dem Beklagten zugrunde gelegten Ausführungsvorschriften der zuständigen Senatsverwaltung des Landes Berlin (AV-Wohnen) stützen und die darin aufgeführten Mietobergrenzen ohne weitere Sachprüfung als "angemessen" iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ansehen.

Da bereits im Kostensenkungsverfahren getrennt nach den Kostenarten (Unterkunftskosten/Heizungskosten; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R – juris) die jeweils angemessenen Kosten aufzuführen sind (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R -; Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R - juris), wird das SG unter Beachtung der aufgeführten Grundsätze entsprechende Sachermittlungen anzustellen haben. Auch wenn die Gesamthöhe der von den Klägern zu zahlenden Aufwendungen im streitigen Zeitraum gemessen an der durch die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz vermittelten "Angemessenheitsgrenze" nach "oben" (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R -) unangemessen sein dürfte, kann der Klage zumindest derzeit eine teilweise Erfolgsaussicht nicht von vornherein abgesprochen werden. Gleiches gilt für das Vorbringen der Kläger, sich im streitigen Zeitraum mehrfach bei zahlreichen Wohnungsbaugesellschaften erfolglos um billigeren Wohnraum bemüht zu haben.

Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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