Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 3305/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1714/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger höhere und weiter zu gewährende Rente wegen einer anerkannten Berufskrankheit zusteht.
Der Kläger war seit 1983 an Fallhammer-Schmiedepressen tätig. Hierbei wurden die Schmiedeteile, vorwiegend chirurgische Instrumente wie Scheren, Klammern, Zangen usw., mit Metallzangen in der linken Hand gehalten und in das Gesenk eingelegt. Mit der rechten Hand wurde der Hub der Presse ausgelöst. Bis 1994 wurden die Gesenke an den Schmiedepressen mit einem beidhändig geführten Vorschlaghammer gewechselt, danach wurde hierfür eine pneumatische Schlagvorrichtung verwendet, welche ebenfalls mit beiden Händen gehalten und betätigt wurde.
Der Kläger war vom 28.08. bis 23.10.2001 unter der Diagnose Periarthritis im Bereich des linken Handgelenks arbeitsunfähig. Eine weitere Arbeitsunfähigkeit lag ab 16.11.2001 vor. Am 22.01.2002 war der Kläger in der Klinik Rosengasse, U. unter der Diagnose eines Ulnaris-Hammer-Syndroms links bei angiologisch nachgewiesenem Gefäßverschluss im Bereich des ulnaren Hohlhandbogens zur Rekonstruktion mittels Veneninterponats operiert (Arztbrief von Prof. Dr. W.-H. vom 11.03.2002) und stationär in der Donau Klinik N.-U. bis 31.01.2002 behandelt worden (Entlassungsbericht von Prof. Dr. W.-H. vom 06.02.2002). Am 11.06.2002 nahm der Kläger bei seinem bisherigen Arbeitgeber die Arbeit wieder auf, führte aber keine Tätigkeiten mehr aus, bei denen es zu Erschütterungen an den Händen kommen konnte (Bericht des Berufshelfers der Beklagten vom 02.09.2002).
Im März 2002 legte die Betriebsärztin des Arbeitgebers, Dr. J., die Anzeige über eine Berufskrankheit des Klägers unter Mitteilung der Diagnose eines Ulnaris-Hammer-Syndroms links vor. Die Beklagte nahm Ermittlungen auf. Sie zog Arztberichte der behandelnden Ärzte, darunter u.a. das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 28.02.2002 und das Gutachten der Untersuchungsstelle der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA) vom 17.05.2002, bei und veranlasste den Bericht ihrer Präventionsabteilung vom 28.01.2003. Darin führte Dipl.-Ing. Gericke aus, es sei von der haftungsbegründenden Kausalität auszugehen. Zwar werde die Mindestbelastung für eine Gefährdung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2103 aufgrund der vorgenommenen Dosisberechnung nicht erreicht. Zu berücksichtigen sei aber, dass das Ergebnis nur knapp unter dem Grenzwert liege und die Datenlage für Schmiedearbeitsplätze gering sei. Im Hinblick auf den geringen Kenntnisstand zur Frage der Vergleichbarkeit der Daten sei daher bei einer den Mindesteinwirkungszeitraum von zwei Jahren überschreitenden vibrationsbedingten Belastung trotzdem von der haftungsbegründenden Kausalität auszugehen.
In seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 14.05.2003 beschrieb Prof. Dr. D. eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks gegenüber rechts. An der Dorsalseite des distalen Unterarms finde sich ellenseitig eine 8 cm lange Operationsnarbe und eine weitere nicht druckempfindliche Operationsnarbe beugeseitig ellenseitig vom Handgelenk bis in die Hypothenarfalte. Es liege eine deutliche Hypotrophie des Hypothenars (Kleinfingerballen) vor. Die aktive und passive Beweglichkeit des Kleinfingers sei eingeschränkt, es bestehe ein Streckdefizit von 1 cm und ein aktives und passives Beugedefizit von 2 cm zur Hohlhand für den kleinen Finger, ebenso ein Streckdefizit von 1 cm für den vierten Finger links. Daumen und Kleinfinger könnten aktiv nicht zusammengeführt werden. Die Griffformen seien sonst weitgehend durchführbar. Insgesamt liege eine verminderte Kraft der linken Hand vor. Die rechte Hand sei regelhaft. Prof. Dr. D. bejahte eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zwischen der ausgeübten Tätigkeit des Klägers und dem von ihm erhobenen Befund, der durch "chronische Operationseinwirkung" zu einer Schädigung des oberflächlichen Hohlhandbogens mit Verschluss der distalen arteria ulnaris und zu Durchblutungsstörungen an dem vierten und fünften Finger der linken Hand geführt habe. Die tätigkeitsbedingte Belastung habe die Entstehung der Handgelenksbeschwerden links verursacht. Die bei der Kernspintomographie festgestellten cystischen Veränderungen im Bereich des Os triquetrum (Dreieckbein, einer von 8 Handwurzelknochen), als intraossäres Ganglion gedeutet, stehe nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers. Sonstige Erkrankungen im Bereich des Handgelenks rechts oder links seien nicht nachweisbar. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.12.2003 schätzte Prof. Dr. D. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 22.10.2001 - Tag des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit - bis 30.06.2002 mit 25 v.H. und ab 01.07.2002 bis zum Tag vor seiner Untersuchung am 07.05.2003 auf 15 v.H. und danach auf 15 v.H. auf Dauer ein.
Mit Bescheid vom 20.04.2004 stellte die Bekl. eine Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Berufskrankheiten-Liste (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartige wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) und den Eintritt des Versicherungsfalls am 27.08.2001 fest. Die Gewährung einer Rente werde noch geprüft, hierüber ergehe ein gesonderter Bescheid.
Im Nachschaubericht der Gemeinschaftspraxis Dres. M., L., H. vom 20.04.2004 wurde unter der Diagnose einer Reizsymptomatik im Bereich des Handgelenks ulnar-seitig links die Versorgung des Klägers mit einer Kunststoffunterarmschiene und Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt. Auf Anforderung der Beklagten legte Prof. Dr. D. seine ergänzenden Stellungnahmen vom 24.05. und 25.08.2005 vor, in denen seine MdE-Einschätzung erläutert, die Arbeitsunfähigkeitszeiten im Juli 2003, 13.12.2002 und März/April 2003 als berufsunabhängig beurteilt und die Einholung eines neurologischen Gutachtens empfohlen wurde. Im eingeholten Befundbericht des Neurologen Privatdozent Dr. H. vom 09.09.2004 wurden die vom Kläger geklagten Hypästhesien und Paresen der Handfläche, Handkante und am Kleinfinger beschrieben. Der Verdacht auf ein Loge-de-Guyon-Syndrom sei aber durch die elektrophysiologischen Untersuchungen nicht bestätigt worden. Vom 01.09. bis 09.09.2004 wurde der Kläger stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Tübingen (BG-Klinik) wegen Belastungsschmerzen am linken Handgelenk behandelt. Im Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 14.10.2004 wurde angegeben, aus handchirurgischer Sicht werde eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaße nicht verbleiben. Wegen fortbestehender Schmerzen wurde am 30.03.2005 eine Kernspintomographie des linken Handgelenks durchgeführt (Arztbrief von Dr. K. - o. D. -, Befund: degenerative Veränderungen des Diskus triangularis und Hinweise auf Rhiz- und Trapez-Scaphoid-arthrose ( Daumensattelgelenk-, kleines Vieleckbein- und Kahnbeinarthrose)) und der Kläger erneut neurologisch untersucht (Arztbrief von Dr. V. vom 19.04.2005, Befund: leichtes Carpaltunnelsyndrom links, kein Loge-de-Guyon-Syndrom und sulcus-ulnaris-Syndrom nachweisbar, Schmerzen seien sicherlich auch durch eine Handgelenksarthrose erklärbar). Im Arztbrief von Privatdozent Dr. P. vom 20.04.2005 wurde ein unauffälliger Röntgenbefund und eine nicht pathologische Leitfähigkeit des Nervus ulnaris links bei typischer klinischer Symptomatik einer Ulnarisläsion beschrieben. Es bestehe die Möglichkeit, den Nervus ulnaris im Sulcus ulnaris zu neurolysieren. Die Operation sei "unfallunabhängig". Prof. Dr. W.-H. äußerte den Verdacht auf eine intraartikuläre Knorpel- bzw. Diskusläsion am linken ulnaren Handgelenk (Arztbrief vom 23.05.2005). Am 14.06.2005 erfolgte eine diagnostische Arthroskopie am linken Handgelenk mit der Diagnose eines Knorpelschadens 1.-2. Grades im Bereich des distalen Radius, geringe degenerative Veränderungen im Bereich des Diskus artikularis und einer 1.-2.-gradigen Bandläsion (Nachschaubericht der Gemeinschaftspraxis Dres. M., L., H. vom 16.06.2005).
Mit Bescheid vom 04.10.2005 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente nach einer MdE um 25 v.H. vom 24.10.2001 bis 30.06.2002 in Höhe von insgesamt 4923,21 EUR. Eine weitergehende Rente wurde abgelehnt. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Wegen fortbestehender Schmerzen am Handgelenk und der nachfolgenden Behandlung mit Arbeitsunfähigkeitszeiten holte die Beklagte eine Äußerung von Prof. Dr. W.-H. ein, die im Februar 2006 (Eingang am 21.02.2006 bei der Beklagten) mitteilte, die von ihr am 14.06.2005 durchgeführte Operation sei nicht aufgrund Folgen der Berufskrankheit erforderlich gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2006 wurde der nicht näher begründete Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 06.09.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG).
In dem von Amts wegen veranlassten unfallchirurgischen Gutachten vom 13.06.2007 mit ergänzender Äußerung vom 02.08.2007 kam der Sachverständige Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis, die vom Kläger geklagten Funktionseinschränkungen des gesamten linken Armes seien weder klinisch noch radiologisch zu objektivieren. Die geklagten Beschwerden in der linken Schulter und im linken Ellenbogen seien außerdem erst aufgetreten, nachdem die Tätigkeit als Schmied bereits seit mehreren Jahren aufgegeben gewesen sei, ebenso werde die Verschlechterung am Unterarm und an der Hand erst nach Aufgabe der Tätigkeit im Jahr 2001 demonstriert. Als Folge der anerkannten Berufskrankheit bestehe die Narbenbildung am Kleinfingerballen links und an der distalen Unterarmseite links. Die MdE wegen der Berufskrankheit 2103 schätzte er auf 10 v.H., da aufgrund der Operation eine gewisse Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk glaubhaft sei.
In dem auf Empfehlung des unfallchirurgischen Sachverständigen eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 09.10.2007 beschrieb der Sachverständige Dr. L. einen seit September 2001 sich nach Aktenlage ergebenden unauffälligen neurologischen Befund. Auch bei seiner Untersuchung habe keine objektivierbare Schädigung des Nervus ulnaris links oder eines Engpasssyndroms des Nervus ulnaris links vorgelegen. Die Messwerte der apparativen Diagnostik seien völlig unauffällig, was im Gegensatz zu den wechselnden Angaben des Klägers über sensible und motorische Störungen stünde. Die angegebene Beschwerdesymptomatik könne auch organneurologisch nicht erklärt werden, erhebliche Verdeutlichungstendenzen spielten eine Rolle. Ein berufsbedingtes Ulnaris-Hammersyndrom mit abgelaufener Weichteilschädigung und Thrombosierung der Arteria ulnaris links sei eingetreten, eine neurologisch relevante Schädigungsfolge liege aber nicht vor. Eine neurologisch bedingte MdE liege nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2008 wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen stützte sich das SG auf die Gutachten von Prof. Dr. D., Prof. Dr. S. und Dr. L ...
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten ersatzweise am 16.03.2009 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.04.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, er leide an extrem starken Schmerzen im gesamten linken Arm. Der Arm könne unter Belastung nicht mehr bewegt werden. Der Kläger beruft sich auf die vorgelegten Arztbriefe der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres K. und Kollegen vom 11.12.2008 und vom 08.01.2009 (Computertomographie des linken Handgelenks am 08.01.2009, Befund: korrekte Artikulation im Bereich des Handgelenks, keine sicheren Traumafolgen, mäßige Radiocarpalgelenksarthrose, Radioulnargelenksarthrose mit kleiner Geröllzystenbildung am medialen Radiusrand, inzipiente Mediocarpalgelenksarthrose, kleines Ganglion auf Höhe des Os hamatum (Hakenbein, Handwurzelknochen), keine osteodestruktiven Veränderungen, keine Arrosionen, kein carpaler Kollaps). Außerdem hat der Kläger die betriebsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 29.04.2009 vorgelegt, wonach aufgrund der physisch belastenden Tätigkeit und der vielen Einflussfaktoren nicht auszuschließen sei, dass die gesundheitliche Beschwerden des Klägers, insbesondere des Bewegungsapparates, im Zusammenhang mit seiner Schmiedtätigkeit stehe. Der Kläger beantragt zum Beweis einer MdE von über 25 v.H. die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. April 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2002 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer höheren MdE als 25 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung ausgeführt, die Beschwerdeschilderung des Klägers sei nach den Gutachten von Prof. Dr. S. und Dr. L. nicht zu objektivieren. Die vorgelegten radiologischen Befunde seien nicht geeignet, die behaupteten Beschwerden und die Beeinträchtigungen der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu belegen. Zudem sei diesen radiologischen Befunden nicht zu entnehmen, dass es sich bei den beschriebenen Veränderungen um Folgen der Berufskrankheit handele. Nach Prof. Dr. W.-H. habe eine Druckschädigung der Arteria ulnaris vorgelegen, die durch die Operation am 22.01.2002 behoben worden sei. Hinweise auf eine Schädigung neuronaler Strukturen gebe es nicht. Zudem sei aufgrund der im Oktober 2001 und Mai 2003 gefertigten Röntgenaufnahmen nachgewiesen, dass selbst im Mai 2003 das altersphysiologische Maß überschreitende knöcherne Verschleißschäden nicht vorgelegen hätten. Etwaige jetzt manifestierten Verschleißschäden seien der bereits seit Jahren beendeten beruflichen Belastung i.S. der Berufskrankheit Nr. 2103 nicht zuzurechnen.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer über den 30.06.2002 hinausreichenden Verletztenrente. Die Folgen der anerkannten Berufskrankheit bedingen ab 01.07.2002 keine rentenberechtigende MdE. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII wird eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Versicherter in Folge eines Versicherungsfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 vom Hundert [v.H.] gemindert ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Gestützt auf diese Rechtsgrundlagen hat die Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 20.04.2004 eine Berufskrankheit nach Nummer 2103 der Anlage zur BKV festgestellt und als deren Folgen anerkannt: endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenks und der Supinationsbewegung, Bewegungseinschränkung aktiv und passiv des linken 4. und 5. Fingers, Atrophie der Hypothenarmuskulatur links, Narben im Bereich der linken Handinnenflächen, des linken körperfernen Unterarms nach Gefäßoperation. Als berufskrankheitsunabhängige Gesundheitsbeeinträchtigung wurde die kernspintomographisch erhobenen cystischen Veränderungen im Bereich des Os triquetrum, als intraossäres Ganglion gedeutet, festgestellt.
Diese bestandskräftig festgestellten Folgen der anerkannten Berufskrankheit rechtfertigen nach dem 30.06.2002 keine rentenrelevante MdE mehr, da funktionelle Einschränkungen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorlagen. Der streitgegenständliche Rentenbescheid der Beklagten vom 04.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2006 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die dem Rentenbescheid zu Grunde liegende MdE-Bewertung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 1).
Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 mwN). Dies verlangt § 56 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.
Nach diesen Grundsätzen sind die als Folgen der Berufskrankheit im bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 20.04.2004 festgestellten funktionellen Beeinträchtigungen zutreffend mit einer MdE von 15 v.H. bewertet worden. Diese Funktionseinschränkungen waren von Prof. Dr. D. bei seiner Untersuchung des Klägers am 08.05.2003 erhoben worden. Seine Einschätzung der MdE mit 15 v.H. ist für den Senat überzeugend, denn sie steht im Einklang mit den bewertungsrechtlichen Grundsätzen nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur, wonach die Amputation bis einschließlich zum Mittelglied der Finger vier und fünf eine MdE um 15 v.H. begründet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 643). Beim Kläger liegt dagegen nur ein Streck- und Beugedefizit der genannten Finger vor, die im Übrigen noch beweglichen 4. und 5. Finger der linken Hand können anders als bei einer Amputation noch in den verschiedenen Grifffunktionen genutzt werden. Unter Berücksichtigung der zudem nur endgradigen Bewegungseinschränkung des Handgelenks, die keine Erhöhung der MdE bedingt – bei Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 40° ist eine MdE um 10 v.H. gegeben (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., S. 622) -, ist das Ausmaß der Funktionseinschränkungen der linken Hand dem funktionellen Beschwerdebild der fehlenden Fingermittel- und -endgelenkglieder des Ring- und Kleinfingers gleichzusetzen. Keinesfalls übersteigt die vom Sachverständigen Prof. Dr. D. beschriebene Beeinträchtigung des Klägers die zum Vergleich herangezogenen Funktionseinschränkungen der Literatur.
Dieses Beschwerdebild lag nach Prof. Dr. D. (ergänzende Äußerung vom 24.05.2004) im Wesentlichen mit Krankheitsbeginn vor. Dr. J. berichtete, der Kläger habe über Schmerzen in der linken Hohlhand mit Gefühlsstörungen und Kraftlosigkeit geklagt (Bericht vom 14.05.2002), was mit den Angaben von Dr. Laqué übereinstimmt (Bericht vom 27.05.2002); danach hatte der Kläger seit Behandlungsbeginn am 27.08.2001 in seiner Praxis über Schmerzen im Bereich der linken Handwurzel sowie über Hypästhesien an dem 4. und 5. Finger geklagt. Nervenkompressionen waren nicht erhoben worden. Gleichgelagerte Befunde ergeben sich auch aus den Untersuchungen des MDK am 26.02.2002 (Gutachten vom 28.02.2002, Klägerangabe: Beschwerdebesserung nach der Operation) und der LVA am 17.05.2002 (Gutachten vom 17.05.2002, Befund: "Freie Beweglichkeit aller Gelenke der oberen Extremitäten ..., Faust- und Spitzgriff o.B., Handbinnenmuskulatur im Bereich der linken Hohlhand etwas verschmächtigt, Händedruck ...links eine Spur geringer unter Kraftentfaltung, Handflächen sonst unauffällig"). Die Einschätzung der MdE von 25 v.H. nach Ende der ersten, durch die Berufskrankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) bis zum 30.06.2002, was der Kläger zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr weiter angefochten hat, erlaubt keine Schlußfolgerung auf eine gleiche oder höhere MdE ab 01.07.2002. Mangels differenzierteren funktionellen Befunden ist Prof. Dr. D. von den unfallmedizinischen Erfahrungssätzen ausgegangen, dass die erstmals auftretenden Beschwerden in dem vom Gesetzgeber unterstellten Zeitraum der noch häufig instabilen Befundlage der Anpassung und Gewöhnung (vgl. § 62 SGB VII) wegen der erhöhten Schmerzhaftigkeit vor der Operation am 22.01.2002 und der postoperativen Regenerationszeit von 6 Monaten abweichend von den MdE-Erfahrungswerten der medizinischen Literatur, die unter Dauerrentengesichtspunkten gelten, eine rentenberechtigende MdE im Umfang von 25 v.H. rechtfertigten. Nach diesem Zeitraum beträgt die MdE in Anwendung der unfallmedizinischen Bewertungsgrundsätze, wie oben dargelegt, jedoch nur 15 v.H.
Eine höhere MdE ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht begründet. Insoweit hat der Kläger auf extreme Schmerzen im gesamten linken Arm und Bewegungsunfähigkeit unter Belastung verwiesen. Eine solche Funktionseinschränkung ist aber nicht zur vollen Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Die Schulterbeschwerden sind keine Folge der Berufskrankheit. Schulterbeschwerden wurden mit Behandlungsbeginn bei den Ärzten Dr. J. (Bericht vom 14.05.2002) und Dr. L. (Bericht vom 27.05.2002) nicht dokumentiert. Prof. Dr. W.-H. hatte der Beklagten sogar mitgeteilt, dass bei der Erstvorstellung des Klägers in ihrer Praxis am 10.01.2002 Ellenbogen und Schultergelenk von den Beschwerdeangaben des Klägers nicht betroffen waren (Bericht vom 07.06.2002). Prof. Dr. D. hat überzeugend den Zusammenhang beidseitiger Bewegungseinschränkungen der Schultergelenke mit der anerkannten Berufskrankheit verneint.
Für die angegebenen verstärkten Schmerzen ist nach den gutachtlichen Äußerungen von Prof. Dr. D., Prof. Dr. S. und Dr. L. bereits kein organisches Korrelat zu erheben. Eine nervale Schädigung ist durch den Sachverständigen Dr. L. in Übereinstimmung mit den neurologischen Befunden der Voruntersucher und für den Senat daher überzeugend ausgeschlossen worden. Zwar kann nach Prof. Dr. S., der sich auf das amtliche Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2103 bezieht, als Krankheitsbild dieser Berufskrankheit auch eine Arthrose in den Handgelenken oder eine Mondbeinnekrose u.a. auftreten, was nach Prof. Dr. S. beim Kläger jedoch nicht der Fall ist. Jedenfalls krankheitswertige arthrotische Veränderungen sind nach überzeugender Beurteilung des Sachverständigen radiologisch nicht gesichert. Auch Prof. Dr. D. beurteilte die cystische Veränderung im Os triquetum als berufsunabhängig und überdies als Nebenbefund ohne wesentlichen Krankheitswert. Das Kernspintomogramm vom 07.09.2001 ergab außer degenerativer Veränderungen am ulnaren Kapselbandapparat der linken Handwurzelknochen keinen auffälligen Befund , ebenso die Computertomographie vom 11.10.2001, mit der knöcherne Verletzungen der linken Handwurzel ausgeschlossen wurden. Die von Prof. Dr. D. und Prof. Dr. S. erhobenen Röntgenbefunde ergaben keine altersvorauseilenden degenerativen Verhältnisse im linken Handgelenk, was auch dem von Prof. Dr. W.-H. mitgeteilten Röntgenbefund (Bericht vom 07.06.2002) als nicht pathologischem Befund der Handwurzelknochen entspricht. Die erst nach Ende der für die Berufskrankheit Nr. 2103 relevanten Exposition diagnostizierten arthrotischen Veränderungen an der linken Hand sind bereits deshalb nicht auf die – im Übrigen grenzwertige - einschlägige Exposition zu beziehen. Außerdem sind diese radiologischen Befunde nicht sicher, da eine eindeutige und konstante Befundlage nicht zu erkennen ist. Am 30.03.2005 ergab eine Kernspintomographie des linken Handgelenks (Arztbrief von Dr. K. - o. D. -) degenerative Veränderungen des Diskus triangularis und Hinweise auf Rhiz- und Trapez-Scaphoid-arthrose, was den radiologischen Befunden zuvor, wie dargelegt, nicht zu entnehmen war. Die deshalb für indiziert gehaltene Arthroskopie am 14.06.2005 wurde von der Operateurin, Prof. Dr. W.-H., auf Anfrage der Beklagten ausdrücklich nicht durch Folgen der Berufskrankheit veranlasst gesehen (Mitteilung von Prof. Dr. W.-H. im Februar 2006, Bl. 426 der Beklagtenakte). Im Operationsbericht vom 14.06.2005 ist diesbezüglich auch nur von leichten degenerativen Veränderungen die Rede. Arthrotische Veränderungen an diesen Handwurzelknochen – und dem Daumensattelgelenk – fanden sich hingegen in der später erfolgten Computertomographie des linken Handgelenks am 08.01.2009 nicht mehr (Arztbrief der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres K. und Kollegen vom 08.01.2009). Vielmehr lässt der dort beschriebene, im Tatbestand dargestellte Befund eine altersüberschreitende degenerative Veränderung des Handgelenkes nicht erkennen, wenn ausdrücklich eine korrekte Artikulation im Bereich des Handgelenks, keine sicheren Traumafolgen, keine osteodestruktiven Veränderungen, keine Arrosionen, kein carpaler Kollaps bei mäßiger Radiocarpalgelenksarthrose erwähnt werden. Eine Cystenbildung mit Ganglion, wie hier jetzt für das Radioulnargelenk und den Handwurzelknochen des Hakenbeins beschrieben, hat Prof. Dr. D. für den vorhergehenden Befund am Handwurzelknochen des Dreieckbeins als nicht krankeitswertigen Nebenbefund beurteilt. Überdies gilt hier ebenso, dass ein Jahre nach der gesundheitsgefährdenden Exposition erhobener Befund keinen wahrscheinlichen Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit zu begründen vermag, wenn ein medizinischer Anknüpfungspunkt nicht gegeben ist. Vorliegend sind zeitnah zur schädigenden Berufstätigkeit des Klägers keine knöchernen Verletzungen oder degenerative arthrotische Veränderungen in den Gelenkstrukturen radiologisch gesichert worden, aus denen auch nach Expositionsende ein fortschreitender Verlauf einer Arthrose hätten resultieren können. Inwieweit die Angaben des Klägers über Schmerzen und Bewegungseinschränkungen auf eine von Prof. Dr. S. im Gutachten näher dargelegte Aggravation zurückzuführen sind, lässt der Senat dahinstehen. Beruhen sie auf den zuletzt vorgelegten radiologischen Befunden der Gemeinschaftspraxis Dres K. und Kollegen vom 11.12.2008 und 08.01.2009 wäre dies aus den oben angeführten Gründen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die anerkannte Berufskrankheit zurückzuführen.
Weitere Ermittlungen drängten sich dem Senat aufgrund der überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. D., Prof. Dr. S. und Dr. L. nicht auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger höhere und weiter zu gewährende Rente wegen einer anerkannten Berufskrankheit zusteht.
Der Kläger war seit 1983 an Fallhammer-Schmiedepressen tätig. Hierbei wurden die Schmiedeteile, vorwiegend chirurgische Instrumente wie Scheren, Klammern, Zangen usw., mit Metallzangen in der linken Hand gehalten und in das Gesenk eingelegt. Mit der rechten Hand wurde der Hub der Presse ausgelöst. Bis 1994 wurden die Gesenke an den Schmiedepressen mit einem beidhändig geführten Vorschlaghammer gewechselt, danach wurde hierfür eine pneumatische Schlagvorrichtung verwendet, welche ebenfalls mit beiden Händen gehalten und betätigt wurde.
Der Kläger war vom 28.08. bis 23.10.2001 unter der Diagnose Periarthritis im Bereich des linken Handgelenks arbeitsunfähig. Eine weitere Arbeitsunfähigkeit lag ab 16.11.2001 vor. Am 22.01.2002 war der Kläger in der Klinik Rosengasse, U. unter der Diagnose eines Ulnaris-Hammer-Syndroms links bei angiologisch nachgewiesenem Gefäßverschluss im Bereich des ulnaren Hohlhandbogens zur Rekonstruktion mittels Veneninterponats operiert (Arztbrief von Prof. Dr. W.-H. vom 11.03.2002) und stationär in der Donau Klinik N.-U. bis 31.01.2002 behandelt worden (Entlassungsbericht von Prof. Dr. W.-H. vom 06.02.2002). Am 11.06.2002 nahm der Kläger bei seinem bisherigen Arbeitgeber die Arbeit wieder auf, führte aber keine Tätigkeiten mehr aus, bei denen es zu Erschütterungen an den Händen kommen konnte (Bericht des Berufshelfers der Beklagten vom 02.09.2002).
Im März 2002 legte die Betriebsärztin des Arbeitgebers, Dr. J., die Anzeige über eine Berufskrankheit des Klägers unter Mitteilung der Diagnose eines Ulnaris-Hammer-Syndroms links vor. Die Beklagte nahm Ermittlungen auf. Sie zog Arztberichte der behandelnden Ärzte, darunter u.a. das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 28.02.2002 und das Gutachten der Untersuchungsstelle der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA) vom 17.05.2002, bei und veranlasste den Bericht ihrer Präventionsabteilung vom 28.01.2003. Darin führte Dipl.-Ing. Gericke aus, es sei von der haftungsbegründenden Kausalität auszugehen. Zwar werde die Mindestbelastung für eine Gefährdung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2103 aufgrund der vorgenommenen Dosisberechnung nicht erreicht. Zu berücksichtigen sei aber, dass das Ergebnis nur knapp unter dem Grenzwert liege und die Datenlage für Schmiedearbeitsplätze gering sei. Im Hinblick auf den geringen Kenntnisstand zur Frage der Vergleichbarkeit der Daten sei daher bei einer den Mindesteinwirkungszeitraum von zwei Jahren überschreitenden vibrationsbedingten Belastung trotzdem von der haftungsbegründenden Kausalität auszugehen.
In seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 14.05.2003 beschrieb Prof. Dr. D. eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks gegenüber rechts. An der Dorsalseite des distalen Unterarms finde sich ellenseitig eine 8 cm lange Operationsnarbe und eine weitere nicht druckempfindliche Operationsnarbe beugeseitig ellenseitig vom Handgelenk bis in die Hypothenarfalte. Es liege eine deutliche Hypotrophie des Hypothenars (Kleinfingerballen) vor. Die aktive und passive Beweglichkeit des Kleinfingers sei eingeschränkt, es bestehe ein Streckdefizit von 1 cm und ein aktives und passives Beugedefizit von 2 cm zur Hohlhand für den kleinen Finger, ebenso ein Streckdefizit von 1 cm für den vierten Finger links. Daumen und Kleinfinger könnten aktiv nicht zusammengeführt werden. Die Griffformen seien sonst weitgehend durchführbar. Insgesamt liege eine verminderte Kraft der linken Hand vor. Die rechte Hand sei regelhaft. Prof. Dr. D. bejahte eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zwischen der ausgeübten Tätigkeit des Klägers und dem von ihm erhobenen Befund, der durch "chronische Operationseinwirkung" zu einer Schädigung des oberflächlichen Hohlhandbogens mit Verschluss der distalen arteria ulnaris und zu Durchblutungsstörungen an dem vierten und fünften Finger der linken Hand geführt habe. Die tätigkeitsbedingte Belastung habe die Entstehung der Handgelenksbeschwerden links verursacht. Die bei der Kernspintomographie festgestellten cystischen Veränderungen im Bereich des Os triquetrum (Dreieckbein, einer von 8 Handwurzelknochen), als intraossäres Ganglion gedeutet, stehe nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers. Sonstige Erkrankungen im Bereich des Handgelenks rechts oder links seien nicht nachweisbar. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.12.2003 schätzte Prof. Dr. D. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 22.10.2001 - Tag des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit - bis 30.06.2002 mit 25 v.H. und ab 01.07.2002 bis zum Tag vor seiner Untersuchung am 07.05.2003 auf 15 v.H. und danach auf 15 v.H. auf Dauer ein.
Mit Bescheid vom 20.04.2004 stellte die Bekl. eine Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Berufskrankheiten-Liste (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartige wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) und den Eintritt des Versicherungsfalls am 27.08.2001 fest. Die Gewährung einer Rente werde noch geprüft, hierüber ergehe ein gesonderter Bescheid.
Im Nachschaubericht der Gemeinschaftspraxis Dres. M., L., H. vom 20.04.2004 wurde unter der Diagnose einer Reizsymptomatik im Bereich des Handgelenks ulnar-seitig links die Versorgung des Klägers mit einer Kunststoffunterarmschiene und Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt. Auf Anforderung der Beklagten legte Prof. Dr. D. seine ergänzenden Stellungnahmen vom 24.05. und 25.08.2005 vor, in denen seine MdE-Einschätzung erläutert, die Arbeitsunfähigkeitszeiten im Juli 2003, 13.12.2002 und März/April 2003 als berufsunabhängig beurteilt und die Einholung eines neurologischen Gutachtens empfohlen wurde. Im eingeholten Befundbericht des Neurologen Privatdozent Dr. H. vom 09.09.2004 wurden die vom Kläger geklagten Hypästhesien und Paresen der Handfläche, Handkante und am Kleinfinger beschrieben. Der Verdacht auf ein Loge-de-Guyon-Syndrom sei aber durch die elektrophysiologischen Untersuchungen nicht bestätigt worden. Vom 01.09. bis 09.09.2004 wurde der Kläger stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Tübingen (BG-Klinik) wegen Belastungsschmerzen am linken Handgelenk behandelt. Im Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 14.10.2004 wurde angegeben, aus handchirurgischer Sicht werde eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaße nicht verbleiben. Wegen fortbestehender Schmerzen wurde am 30.03.2005 eine Kernspintomographie des linken Handgelenks durchgeführt (Arztbrief von Dr. K. - o. D. -, Befund: degenerative Veränderungen des Diskus triangularis und Hinweise auf Rhiz- und Trapez-Scaphoid-arthrose ( Daumensattelgelenk-, kleines Vieleckbein- und Kahnbeinarthrose)) und der Kläger erneut neurologisch untersucht (Arztbrief von Dr. V. vom 19.04.2005, Befund: leichtes Carpaltunnelsyndrom links, kein Loge-de-Guyon-Syndrom und sulcus-ulnaris-Syndrom nachweisbar, Schmerzen seien sicherlich auch durch eine Handgelenksarthrose erklärbar). Im Arztbrief von Privatdozent Dr. P. vom 20.04.2005 wurde ein unauffälliger Röntgenbefund und eine nicht pathologische Leitfähigkeit des Nervus ulnaris links bei typischer klinischer Symptomatik einer Ulnarisläsion beschrieben. Es bestehe die Möglichkeit, den Nervus ulnaris im Sulcus ulnaris zu neurolysieren. Die Operation sei "unfallunabhängig". Prof. Dr. W.-H. äußerte den Verdacht auf eine intraartikuläre Knorpel- bzw. Diskusläsion am linken ulnaren Handgelenk (Arztbrief vom 23.05.2005). Am 14.06.2005 erfolgte eine diagnostische Arthroskopie am linken Handgelenk mit der Diagnose eines Knorpelschadens 1.-2. Grades im Bereich des distalen Radius, geringe degenerative Veränderungen im Bereich des Diskus artikularis und einer 1.-2.-gradigen Bandläsion (Nachschaubericht der Gemeinschaftspraxis Dres. M., L., H. vom 16.06.2005).
Mit Bescheid vom 04.10.2005 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente nach einer MdE um 25 v.H. vom 24.10.2001 bis 30.06.2002 in Höhe von insgesamt 4923,21 EUR. Eine weitergehende Rente wurde abgelehnt. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Wegen fortbestehender Schmerzen am Handgelenk und der nachfolgenden Behandlung mit Arbeitsunfähigkeitszeiten holte die Beklagte eine Äußerung von Prof. Dr. W.-H. ein, die im Februar 2006 (Eingang am 21.02.2006 bei der Beklagten) mitteilte, die von ihr am 14.06.2005 durchgeführte Operation sei nicht aufgrund Folgen der Berufskrankheit erforderlich gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2006 wurde der nicht näher begründete Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 06.09.2006 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG).
In dem von Amts wegen veranlassten unfallchirurgischen Gutachten vom 13.06.2007 mit ergänzender Äußerung vom 02.08.2007 kam der Sachverständige Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis, die vom Kläger geklagten Funktionseinschränkungen des gesamten linken Armes seien weder klinisch noch radiologisch zu objektivieren. Die geklagten Beschwerden in der linken Schulter und im linken Ellenbogen seien außerdem erst aufgetreten, nachdem die Tätigkeit als Schmied bereits seit mehreren Jahren aufgegeben gewesen sei, ebenso werde die Verschlechterung am Unterarm und an der Hand erst nach Aufgabe der Tätigkeit im Jahr 2001 demonstriert. Als Folge der anerkannten Berufskrankheit bestehe die Narbenbildung am Kleinfingerballen links und an der distalen Unterarmseite links. Die MdE wegen der Berufskrankheit 2103 schätzte er auf 10 v.H., da aufgrund der Operation eine gewisse Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk glaubhaft sei.
In dem auf Empfehlung des unfallchirurgischen Sachverständigen eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 09.10.2007 beschrieb der Sachverständige Dr. L. einen seit September 2001 sich nach Aktenlage ergebenden unauffälligen neurologischen Befund. Auch bei seiner Untersuchung habe keine objektivierbare Schädigung des Nervus ulnaris links oder eines Engpasssyndroms des Nervus ulnaris links vorgelegen. Die Messwerte der apparativen Diagnostik seien völlig unauffällig, was im Gegensatz zu den wechselnden Angaben des Klägers über sensible und motorische Störungen stünde. Die angegebene Beschwerdesymptomatik könne auch organneurologisch nicht erklärt werden, erhebliche Verdeutlichungstendenzen spielten eine Rolle. Ein berufsbedingtes Ulnaris-Hammersyndrom mit abgelaufener Weichteilschädigung und Thrombosierung der Arteria ulnaris links sei eingetreten, eine neurologisch relevante Schädigungsfolge liege aber nicht vor. Eine neurologisch bedingte MdE liege nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2008 wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen stützte sich das SG auf die Gutachten von Prof. Dr. D., Prof. Dr. S. und Dr. L ...
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten ersatzweise am 16.03.2009 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.04.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, er leide an extrem starken Schmerzen im gesamten linken Arm. Der Arm könne unter Belastung nicht mehr bewegt werden. Der Kläger beruft sich auf die vorgelegten Arztbriefe der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres K. und Kollegen vom 11.12.2008 und vom 08.01.2009 (Computertomographie des linken Handgelenks am 08.01.2009, Befund: korrekte Artikulation im Bereich des Handgelenks, keine sicheren Traumafolgen, mäßige Radiocarpalgelenksarthrose, Radioulnargelenksarthrose mit kleiner Geröllzystenbildung am medialen Radiusrand, inzipiente Mediocarpalgelenksarthrose, kleines Ganglion auf Höhe des Os hamatum (Hakenbein, Handwurzelknochen), keine osteodestruktiven Veränderungen, keine Arrosionen, kein carpaler Kollaps). Außerdem hat der Kläger die betriebsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vom 29.04.2009 vorgelegt, wonach aufgrund der physisch belastenden Tätigkeit und der vielen Einflussfaktoren nicht auszuschließen sei, dass die gesundheitliche Beschwerden des Klägers, insbesondere des Bewegungsapparates, im Zusammenhang mit seiner Schmiedtätigkeit stehe. Der Kläger beantragt zum Beweis einer MdE von über 25 v.H. die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. April 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2002 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer höheren MdE als 25 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung ausgeführt, die Beschwerdeschilderung des Klägers sei nach den Gutachten von Prof. Dr. S. und Dr. L. nicht zu objektivieren. Die vorgelegten radiologischen Befunde seien nicht geeignet, die behaupteten Beschwerden und die Beeinträchtigungen der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu belegen. Zudem sei diesen radiologischen Befunden nicht zu entnehmen, dass es sich bei den beschriebenen Veränderungen um Folgen der Berufskrankheit handele. Nach Prof. Dr. W.-H. habe eine Druckschädigung der Arteria ulnaris vorgelegen, die durch die Operation am 22.01.2002 behoben worden sei. Hinweise auf eine Schädigung neuronaler Strukturen gebe es nicht. Zudem sei aufgrund der im Oktober 2001 und Mai 2003 gefertigten Röntgenaufnahmen nachgewiesen, dass selbst im Mai 2003 das altersphysiologische Maß überschreitende knöcherne Verschleißschäden nicht vorgelegen hätten. Etwaige jetzt manifestierten Verschleißschäden seien der bereits seit Jahren beendeten beruflichen Belastung i.S. der Berufskrankheit Nr. 2103 nicht zuzurechnen.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer über den 30.06.2002 hinausreichenden Verletztenrente. Die Folgen der anerkannten Berufskrankheit bedingen ab 01.07.2002 keine rentenberechtigende MdE. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII wird eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Versicherter in Folge eines Versicherungsfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 vom Hundert [v.H.] gemindert ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Gestützt auf diese Rechtsgrundlagen hat die Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 20.04.2004 eine Berufskrankheit nach Nummer 2103 der Anlage zur BKV festgestellt und als deren Folgen anerkannt: endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenks und der Supinationsbewegung, Bewegungseinschränkung aktiv und passiv des linken 4. und 5. Fingers, Atrophie der Hypothenarmuskulatur links, Narben im Bereich der linken Handinnenflächen, des linken körperfernen Unterarms nach Gefäßoperation. Als berufskrankheitsunabhängige Gesundheitsbeeinträchtigung wurde die kernspintomographisch erhobenen cystischen Veränderungen im Bereich des Os triquetrum, als intraossäres Ganglion gedeutet, festgestellt.
Diese bestandskräftig festgestellten Folgen der anerkannten Berufskrankheit rechtfertigen nach dem 30.06.2002 keine rentenrelevante MdE mehr, da funktionelle Einschränkungen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorlagen. Der streitgegenständliche Rentenbescheid der Beklagten vom 04.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2006 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die dem Rentenbescheid zu Grunde liegende MdE-Bewertung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 1).
Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 mwN). Dies verlangt § 56 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.
Nach diesen Grundsätzen sind die als Folgen der Berufskrankheit im bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 20.04.2004 festgestellten funktionellen Beeinträchtigungen zutreffend mit einer MdE von 15 v.H. bewertet worden. Diese Funktionseinschränkungen waren von Prof. Dr. D. bei seiner Untersuchung des Klägers am 08.05.2003 erhoben worden. Seine Einschätzung der MdE mit 15 v.H. ist für den Senat überzeugend, denn sie steht im Einklang mit den bewertungsrechtlichen Grundsätzen nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur, wonach die Amputation bis einschließlich zum Mittelglied der Finger vier und fünf eine MdE um 15 v.H. begründet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 643). Beim Kläger liegt dagegen nur ein Streck- und Beugedefizit der genannten Finger vor, die im Übrigen noch beweglichen 4. und 5. Finger der linken Hand können anders als bei einer Amputation noch in den verschiedenen Grifffunktionen genutzt werden. Unter Berücksichtigung der zudem nur endgradigen Bewegungseinschränkung des Handgelenks, die keine Erhöhung der MdE bedingt – bei Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 40° ist eine MdE um 10 v.H. gegeben (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., S. 622) -, ist das Ausmaß der Funktionseinschränkungen der linken Hand dem funktionellen Beschwerdebild der fehlenden Fingermittel- und -endgelenkglieder des Ring- und Kleinfingers gleichzusetzen. Keinesfalls übersteigt die vom Sachverständigen Prof. Dr. D. beschriebene Beeinträchtigung des Klägers die zum Vergleich herangezogenen Funktionseinschränkungen der Literatur.
Dieses Beschwerdebild lag nach Prof. Dr. D. (ergänzende Äußerung vom 24.05.2004) im Wesentlichen mit Krankheitsbeginn vor. Dr. J. berichtete, der Kläger habe über Schmerzen in der linken Hohlhand mit Gefühlsstörungen und Kraftlosigkeit geklagt (Bericht vom 14.05.2002), was mit den Angaben von Dr. Laqué übereinstimmt (Bericht vom 27.05.2002); danach hatte der Kläger seit Behandlungsbeginn am 27.08.2001 in seiner Praxis über Schmerzen im Bereich der linken Handwurzel sowie über Hypästhesien an dem 4. und 5. Finger geklagt. Nervenkompressionen waren nicht erhoben worden. Gleichgelagerte Befunde ergeben sich auch aus den Untersuchungen des MDK am 26.02.2002 (Gutachten vom 28.02.2002, Klägerangabe: Beschwerdebesserung nach der Operation) und der LVA am 17.05.2002 (Gutachten vom 17.05.2002, Befund: "Freie Beweglichkeit aller Gelenke der oberen Extremitäten ..., Faust- und Spitzgriff o.B., Handbinnenmuskulatur im Bereich der linken Hohlhand etwas verschmächtigt, Händedruck ...links eine Spur geringer unter Kraftentfaltung, Handflächen sonst unauffällig"). Die Einschätzung der MdE von 25 v.H. nach Ende der ersten, durch die Berufskrankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) bis zum 30.06.2002, was der Kläger zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr weiter angefochten hat, erlaubt keine Schlußfolgerung auf eine gleiche oder höhere MdE ab 01.07.2002. Mangels differenzierteren funktionellen Befunden ist Prof. Dr. D. von den unfallmedizinischen Erfahrungssätzen ausgegangen, dass die erstmals auftretenden Beschwerden in dem vom Gesetzgeber unterstellten Zeitraum der noch häufig instabilen Befundlage der Anpassung und Gewöhnung (vgl. § 62 SGB VII) wegen der erhöhten Schmerzhaftigkeit vor der Operation am 22.01.2002 und der postoperativen Regenerationszeit von 6 Monaten abweichend von den MdE-Erfahrungswerten der medizinischen Literatur, die unter Dauerrentengesichtspunkten gelten, eine rentenberechtigende MdE im Umfang von 25 v.H. rechtfertigten. Nach diesem Zeitraum beträgt die MdE in Anwendung der unfallmedizinischen Bewertungsgrundsätze, wie oben dargelegt, jedoch nur 15 v.H.
Eine höhere MdE ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht begründet. Insoweit hat der Kläger auf extreme Schmerzen im gesamten linken Arm und Bewegungsunfähigkeit unter Belastung verwiesen. Eine solche Funktionseinschränkung ist aber nicht zur vollen Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Die Schulterbeschwerden sind keine Folge der Berufskrankheit. Schulterbeschwerden wurden mit Behandlungsbeginn bei den Ärzten Dr. J. (Bericht vom 14.05.2002) und Dr. L. (Bericht vom 27.05.2002) nicht dokumentiert. Prof. Dr. W.-H. hatte der Beklagten sogar mitgeteilt, dass bei der Erstvorstellung des Klägers in ihrer Praxis am 10.01.2002 Ellenbogen und Schultergelenk von den Beschwerdeangaben des Klägers nicht betroffen waren (Bericht vom 07.06.2002). Prof. Dr. D. hat überzeugend den Zusammenhang beidseitiger Bewegungseinschränkungen der Schultergelenke mit der anerkannten Berufskrankheit verneint.
Für die angegebenen verstärkten Schmerzen ist nach den gutachtlichen Äußerungen von Prof. Dr. D., Prof. Dr. S. und Dr. L. bereits kein organisches Korrelat zu erheben. Eine nervale Schädigung ist durch den Sachverständigen Dr. L. in Übereinstimmung mit den neurologischen Befunden der Voruntersucher und für den Senat daher überzeugend ausgeschlossen worden. Zwar kann nach Prof. Dr. S., der sich auf das amtliche Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2103 bezieht, als Krankheitsbild dieser Berufskrankheit auch eine Arthrose in den Handgelenken oder eine Mondbeinnekrose u.a. auftreten, was nach Prof. Dr. S. beim Kläger jedoch nicht der Fall ist. Jedenfalls krankheitswertige arthrotische Veränderungen sind nach überzeugender Beurteilung des Sachverständigen radiologisch nicht gesichert. Auch Prof. Dr. D. beurteilte die cystische Veränderung im Os triquetum als berufsunabhängig und überdies als Nebenbefund ohne wesentlichen Krankheitswert. Das Kernspintomogramm vom 07.09.2001 ergab außer degenerativer Veränderungen am ulnaren Kapselbandapparat der linken Handwurzelknochen keinen auffälligen Befund , ebenso die Computertomographie vom 11.10.2001, mit der knöcherne Verletzungen der linken Handwurzel ausgeschlossen wurden. Die von Prof. Dr. D. und Prof. Dr. S. erhobenen Röntgenbefunde ergaben keine altersvorauseilenden degenerativen Verhältnisse im linken Handgelenk, was auch dem von Prof. Dr. W.-H. mitgeteilten Röntgenbefund (Bericht vom 07.06.2002) als nicht pathologischem Befund der Handwurzelknochen entspricht. Die erst nach Ende der für die Berufskrankheit Nr. 2103 relevanten Exposition diagnostizierten arthrotischen Veränderungen an der linken Hand sind bereits deshalb nicht auf die – im Übrigen grenzwertige - einschlägige Exposition zu beziehen. Außerdem sind diese radiologischen Befunde nicht sicher, da eine eindeutige und konstante Befundlage nicht zu erkennen ist. Am 30.03.2005 ergab eine Kernspintomographie des linken Handgelenks (Arztbrief von Dr. K. - o. D. -) degenerative Veränderungen des Diskus triangularis und Hinweise auf Rhiz- und Trapez-Scaphoid-arthrose, was den radiologischen Befunden zuvor, wie dargelegt, nicht zu entnehmen war. Die deshalb für indiziert gehaltene Arthroskopie am 14.06.2005 wurde von der Operateurin, Prof. Dr. W.-H., auf Anfrage der Beklagten ausdrücklich nicht durch Folgen der Berufskrankheit veranlasst gesehen (Mitteilung von Prof. Dr. W.-H. im Februar 2006, Bl. 426 der Beklagtenakte). Im Operationsbericht vom 14.06.2005 ist diesbezüglich auch nur von leichten degenerativen Veränderungen die Rede. Arthrotische Veränderungen an diesen Handwurzelknochen – und dem Daumensattelgelenk – fanden sich hingegen in der später erfolgten Computertomographie des linken Handgelenks am 08.01.2009 nicht mehr (Arztbrief der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres K. und Kollegen vom 08.01.2009). Vielmehr lässt der dort beschriebene, im Tatbestand dargestellte Befund eine altersüberschreitende degenerative Veränderung des Handgelenkes nicht erkennen, wenn ausdrücklich eine korrekte Artikulation im Bereich des Handgelenks, keine sicheren Traumafolgen, keine osteodestruktiven Veränderungen, keine Arrosionen, kein carpaler Kollaps bei mäßiger Radiocarpalgelenksarthrose erwähnt werden. Eine Cystenbildung mit Ganglion, wie hier jetzt für das Radioulnargelenk und den Handwurzelknochen des Hakenbeins beschrieben, hat Prof. Dr. D. für den vorhergehenden Befund am Handwurzelknochen des Dreieckbeins als nicht krankeitswertigen Nebenbefund beurteilt. Überdies gilt hier ebenso, dass ein Jahre nach der gesundheitsgefährdenden Exposition erhobener Befund keinen wahrscheinlichen Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit zu begründen vermag, wenn ein medizinischer Anknüpfungspunkt nicht gegeben ist. Vorliegend sind zeitnah zur schädigenden Berufstätigkeit des Klägers keine knöchernen Verletzungen oder degenerative arthrotische Veränderungen in den Gelenkstrukturen radiologisch gesichert worden, aus denen auch nach Expositionsende ein fortschreitender Verlauf einer Arthrose hätten resultieren können. Inwieweit die Angaben des Klägers über Schmerzen und Bewegungseinschränkungen auf eine von Prof. Dr. S. im Gutachten näher dargelegte Aggravation zurückzuführen sind, lässt der Senat dahinstehen. Beruhen sie auf den zuletzt vorgelegten radiologischen Befunden der Gemeinschaftspraxis Dres K. und Kollegen vom 11.12.2008 und 08.01.2009 wäre dies aus den oben angeführten Gründen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die anerkannte Berufskrankheit zurückzuführen.
Weitere Ermittlungen drängten sich dem Senat aufgrund der überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. D., Prof. Dr. S. und Dr. L. nicht auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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