L 8 SB 2439/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 SB 7037/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2439/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.

Der Kläger beantragte beim Landratsamt B. - Versorgungsamt in Stuttgart - (VA) am 19.04.2007 erstmals die Feststellung des GdB. Das VA holte den ärztlichen Befundschein von Dr. B.-R. vom 21.06.2007 ein und nahm Befundberichte von Dr. K. vom 04.06.2007, Dr. Breitenbacher vom 04.09.2006, Dr. A. vom 24.08.2006, Dr. H. vom 22.03.2006 und Dr. B.-Sch. vom 03.02.2006 zu den Akten. Nach versorgungsärztlicher Auswertung der medizinischen Unterlagen (gutachtliche Stellungnahme Dr. K. vom 05.07.2007) stellte das VA beim Kläger mit Bescheid vom 05.07.2007 den GdB mit 30 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 19.04.2007 fest.

Gegen den Bescheid vom 05.07.2007 legte der Kläger am 16.07.2007 Widerspruch ein. Das VA holte daraufhin den Befundschein von Dr. H. vom 19.07.2007 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme von Dr. M. vom 06.08.2007) stellte das VA mit Teilabhilfebescheid vom 13.08.2007 wegen degenerativer Veränderungen und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Spinalkanalstenose, Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes und chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 30), einer seelischen Störung (Teil-GdB 20) und einem Diabetes mellitus (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB mit 40 fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die ärztlichen Unterlagen hätten ergeben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen in vollem Umfang erfasst und angemessen bewertet worden seien. Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen könnten keinen höheren GdB als 40 begründen.

Hiergegen erhob der Kläger am 20.09.2007 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug zur Begründung vor, die im Teilabhilfebescheid festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen seien zwar zutreffend zugrunde gelegt, allerdings nicht angemessen bewertet worden. Seine Rückenschmerzen, auftretende Taubheitsgefühle in der linken Hand und in den Oberschenkeln und deren Auswirkungen sowie heftige Schweißausbrüche seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Gesamt-GdB betrage mindestens 60.

Das SG hörte Dr. B.-R., Dr. H., Dr. M., Dr. B.-Sch. und Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Orthopäde Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.10.2007 unter Vorlage von Befundberichten die Befunde und Diagnosen mit. Für das Lendenwirbelsäulenleiden schätzte er den GdB auf 30 ein. Er stimmte der Beurteilung des VA bezüglich der Erkrankungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet zu. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. teilte in seiner Stellungnahme vom 07.11.2007 unter Vorlage eines Befundberichtes die Befunde und Diagnosen mit. Er teilte auf seinem Fachgebiet die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten. Weiter gab er an, über eine psychische Störung sei nicht gesprochen worden. Die Einschätzung des GdB liege primär auf orthopädischem Gebiet und sei neurologisch hinreichend gewürdigt worden. Der Neurologe Dr. B.-Sch. teilte in seiner Stellungnahme vom 12.11.2007 mit, er teile die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes auf neurologischem Gebiet und schätzte - wegen Veränderungen der Lendenwirbelsäule des Klägers - den GdB auf 30. Der Schweregrad rezidivierender Synkopen in geschlossenen Räumen sei als leicht zuzuordnen. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung nannte Dr. B.-Sch. eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und verwies auf die Mitbehandlung durch Dr. H ... Die Internistin Dr. B.-R. teilte in ihrer Stellungnahme vom 19.11.2007 unter Vorlage von Befundberichten die Befunde und Diagnosen mit. Die Behinderungen vonseiten des Rückens und einer reaktiven Depression stufte sie jeweils als mittelgradig und den Diabetes mellitus (Typ IIb unter Therapie mit Metformin und Diät gut eingestellt) als leichtgradig ein. Die Wirbelsäulenerkrankung im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule sie als schwer einzuordnen. Wegen der Probleme des Skelettsystems schätzte sie den Gesamt-GdB auf 50 ein. Ein Rotatorenmanschettensyndrom der rechten Schulter, das zu einer Bewegungseinschränkung führe, sei neu festgestellt worden. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. teilte in ihrer Stellungnahme vom 17.11.2008 mit, der Kläger habe sich am 15.03.2006 letztmalig in ihrer Behandlung befunden.

Das SG holte außerdem von Amts wegen das orthopädische Gutachten des PD Dr. K., Klinikum S.-B., vom 24.04.2008 ein. Der Sachverständige diagnostizierte beim Kläger nach einer ambulanten Untersuchung auf orthopädischem Gebiet eine rez. Zervikobrachialgie links (Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung in den linken Arm), mit mittelgradiger Funktionseinschränkung und rez. Wurzelreizsymptomatik bei deg. Veränderungen (Verschleißerscheinungen) der Halswirbelsäule (Teil-GdB 20), rez. Schmerzen im rechten Schultergelenk bei deg. Veränderungen der Rotatorenmanschette (Verschleißerscheinungen der Sehnenmanschette um das rechte Schultergelenk) mit partieller Supraspinatussehnenruptur und mäßiger Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes (Teil-GdB 10) sowie rez. Lumboischialgie links (Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung in das linke Bein) mit schweren funktionellen Einschränkungen im Lendenwirbelsäulenbereich bei deg. Veränderungen und sekundärer Spinalkanalstenose (Verschleißerscheinungen im Lendenwirbelsäulenbereich mit Einengung des Rückenmarkkanals und Nervenaustrittskanälen) mit rez. Wurzelreizsymptomatik (Teil-GdB 30). Unter Berücksichtigung des Diabetes mellitus (Teil-GdB 10) und der seelischen Störung (Teil-GdB 20) schätzte er dem Gesamt-GdB auf 50 ein.

Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. vom 28.03.2007 und Dr. G. vom 08.10.2008 entgegen.

Das SG hörte den Kläger in der öffentlichen Sitzung am 30.04.2009 an. Hierzu wird auf die Niederschrift des SG vom 30.04.2009 verwiesen.

Mit Urteil vom 30.04.2009 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, beim Kläger seien keine Gesundheitsstörungen festzustellen, die nach der Anlage zu § 2 VersMed-VO eine höhere Bewertung als mit dem Gesamt-GdB von 40 geschehen, rechtfertigten. Hinsichtlich der Wirbelsäule sei von einem GdB von 30, des rechten Schultergelenkes von einem GdB von 10, der psychischen Störungen von einem GdB von 20, einer labilen Hypertonie von keinem GdB und der Diabetes mellitus Erkrankung von einem GdB von 10 auszugehen. Für zu berücksichtigende weitere Gesundheitsstörungen ergäben sich keine Anhaltspunkte. Hieraus sei ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.

Gegen das am 15.05.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.05.2009 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung unter Bezug auf sein bisheriges Vorbringen vorgetragen, mit dem zugebilligten GdB von 40 sei er nicht einverstanden. Er hat sich auf die Angaben von Dr. B.-R. vom 19.11.2007 und das Gutachten des PD Dr. K. berufen. Ein Gesamt-GdB von 50 sei vor allem deshalb gerechtfertigt, da seine Erkrankungen im Beckenwirbelbereich und der Halswirbelsäule sowie im Schultergelenk zu einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik führten. Es komme nicht allein darauf an, welche Bewegungen er aufgrund des Skelettzustandes noch zustande bringe, worauf das SG ausführlich abgehoben habe. Entscheidend sei vielmehr, in welchem Umfange die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen seien. Diese Feststellungen könnten nicht zutreffend durch Tabellen ermittelt werden, sondern seien in einer Gesamtschau durch fachlich kompetente Ärzte zu erheben. Nach dem Gutachten des Dr. K. lägen bei ihm im Halswirbelsäulenbereich und im Bereich der Schulter Schäden am Skelett vor, die erhebliche und ausstrahlende Schmerzen verursachten, denen er nur durch andauernde Schmerzmitteleinnahme begegnen könne. Hierdurch werde er nachhaltig in seinen Lebensumständen beeinträchtigt. Die von ihm in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2009 dem SG geschilderten Aktivitäten belegten, dass er, soweit möglich, versuche, durch schonende Bewegungen seine erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu lindern bzw. deren Fortschreiten zu verlangsamen. Sportliche Aktivitäten und Urlaub am Meer oder ähnliches sei ihm nicht möglich. Nicht akzeptiert werde die Ansicht des SG, er sei in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit nicht eingeschränkt. Er sei deutlich "vorgealtert". Die schweren Beeinträchtigungen hätten sich auf seine psychische Gesundheit nachhaltig ausgewirkt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. April 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 5. Juli 2007 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 13. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2007 zu verurteilen, bei ihm den Grad der Behinderung mit 50 seit dem 19. April 2007 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat ausgeführt, das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden. Dem Vorschlag des PD Dr. K. könne nicht gefolgt werden. Aufgrund der erhobenen Befunde könne beim Kläger allenfalls von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule ausgegangen werden. Die mit einer Behinderung üblicherweise verbundenen Schmerzen seien dabei bereits mit umfasst. Anhaltspunkte für ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom lägen nicht vor. Im Übrigen hätten die als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte Dr. B.-S., Dr. M. und der Orthopäde Dr. H. die Bewertung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30 bestätigt. Die Bewertung der seelischen Störung mit 20 sei in Anbetracht des vom Kläger geschilderten Tagesablaufs, des von PD Dr. K. beschriebenen unauffälligen psychischen Befundes sowie der Tatsache, dass sich der Kläger seit März 2006 nicht mehr in Behandlung befindet, ebenfalls nicht zu beanstanden.

Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten vom 05.07.2007 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 13.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2007 sind rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung des GdB von über 40 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 30.04.2009 die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze zutreffend und umfassend dargestellt sowie ausführlich begründet, dass beim Kläger hinsichtlich der Wirbelsäule von einem GdB von 30, des rechten Schultergelenkes von einem GdB von 10, der psychischen Störungen von einem GdB von 20, einer labilen Hypertonie von keinem GdB und der Diabetes mellitus Erkrankung von einem GdB von 10 auszugehen ist, sich für zu berücksichtigende weitere Gesundheitsstörungen keine Anhaltspunkte ergeben, weshalb beim Kläger ein höherer GdB als 40 nicht festzustellen ist. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vollumfänglich an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten bleibt auszuführen.

Die vom Kläger zur Begründung seiner Berufung geltend gemachten Schmerzen und daraus resultierende Beeinträchtigungen rechtfertigen die Feststellung eines höheren GdB als 40 nicht. Nach den - zahlreich - vorliegenden medizinischen Befundunterlagen besteht beim Kläger zwar ein Schmerzsyndrom, das jedoch vom Beklagten bei der Bildung des Gesamt-GdB mit 40 angemessen berücksichtigt worden ist. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die mit einer Behinderung üblicherweise verbundenen Schmerzen von der GdB-Bewertung mit umfasst sind. Ein beim Kläger nach der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMed-VO -) Teil B Nr. 18.9 zusätzlich zu berücksichtigendes außergewöhnliches Schmerzsyndrom liegt nicht vor. Nach den Angaben des Klägers bei seiner Begutachtung durch PD Dr. K. nimmt der Kläger lediglich gelegentlich ein Schmerzmittel ein. Auch die von PD Dr. K. bei der Untersuchung des Klägers erhobenen Befunde lassen ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom nicht erkennen.

Selbst wenn entgegen der Ansicht des Beklagten das Wirbelsäulenleiden des Klägers - wegen des Schmerzsyndroms - mit einem GdB von 40 bewertet wird, rechtfertigt dies die Zuerkennung eines GdB von 50 nicht. Denn beim Kläger liegen sonst keine weiteren Gesundheitsstörungen vor, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind. Dies gilt insbesondere für die vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigte seelische Störung. Die von Dr. B.-R. (Aussage vom 19.11.2007) beschriebene depressive Stimmungslage als reaktive Depression auf organische Beschwerden weist insoweit eine weite Überschneidung mit dem für die Wirbelsäulenerkrankung angenommenen Teil-GdB 40 auf, was bereits deshalb eine Erhöhung des GdB nicht rechtfertigt. Darüber hinaus ist nach dem von PD Dr. K. bei seiner Begutachtung erhobenen psychischen Befund der Kläger bewusstseinsklar, zu Ort, Zeit und Person voll orientiert gewesen, ohne Störungen des formalen und inhaltlichen Gedankengangs, bei gut möglicher Kontaktaufnahme. Danach kann beim Kläger allenfalls von einer leichteren psychovegetativen oder psychischen Störung ausgegangen werden, die nach Teil B Nr. 3.7 der VG einen GdB von 0 bis 20 rechtfertigt. Dafür sprechen auch die vom Kläger bei seiner Anhörung am 30.04.2009 beim SG gemachten Angaben zum Tagesablauf und zur Freizeitgestaltung, die das Vorliegen einer stärker behinderten seelischen Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht erkennen lassen, wie auch der Umstand, dass der Kläger letztmalig am 15.03.2006 bei Dr. H. in Behandlung war, wie sich aus der Stellungnahme von Dr. H. vom 17.11.2008 ergibt, und dass der Kläger überdies im Verlauf seiner Behandlung bei Dr. M. über eine psychische Erkrankung nicht gesprochen hat, wie Dr. M. in seiner Stellungnahme an das SG vom 07.11.2007 mitgeteilt hat. Bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Nach der Rechtsprechung des Senats ist es daher regelmäßig nicht gerechtfertigt, allein aufgrund zusätzlicher bestehender leichter Störungen / Funktionsbeeinträchtigungen die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen (vgl. Urt. v. 27.10.2006 - L 8 SB 2813/05 -). Dies umso mehr, da vorliegend auch nach dem Berufungsvorbringen des Klägers die seelische Störung im Zusammenhang mit den schmerzhaften "Schäden am Skelett" zu sehen ist und sich somit gegenseitig überschneiden. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.

Der beim Kläger diagnostizierte Diabetes mellitus Typ II bedingt nach den VG Teil B Nr. 15.1 keinen höheren GdB als 10. Der Diabetes mellitus des Klägers wird nach der Stellungnahme von Dr. B.-R. vom 19.11.2007 mit Diät und Metformin (Biguaniden) behandelt und ist gut eingestellt; diabetische Folgeerkrankungen liegen beim Kläger nicht vor. Dies rechtfertigt nach den VG einen GdB von 10 und ist bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen.

Dies gilt auf für Funktionsstörung des rechten Schultergelenks des Klägers, die nach der überzeugenden Bewertung von PD Dr. K. in seinem Gutachten vom 24.04.2008 ebenfalls einen GdB von 10 bedingt. Dieser Bewertung, die in Übereinstimmung mit den VG steht, schließt sich der Senat an.

Die von Dr. B.-Sch. in seiner Stellungnahme vom 12.11.2007 genannten rezidivierenden Synkopen rechtfertigen ebenfalls keine dem Kläger günstigere Bewertung des GdB. Dr. B.-Sch. bewertet den Schweregrad dieser Behinderung mit leicht, weshalb es nach dem oben Ausgeführten ebenfalls nicht gerechtfertigt ist, aufgrund dieser leichten Störung / Funktionsbeeinträchtigung die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen.

Der Bewertung des Gesamt-GdB mit 50 durch PD Dr. K. und Dr. B.-R., auf die sich der Kläger beruft, kann nicht gefolgt werden. PD Dr. K. berücksichtigt bei seiner Bewertung die Zervikobrachialgie mit einem Teil-GdB von 20 und die Lumboischialgie bei Spinalkanalstenose und degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30. Diese Bewertungsansätze widersprechen den VG, die eine isolierte GdB-Bewertung einzelner Wirbelsäulenabschnitte nicht vorsehen. Dr. B.-R. zeigt in ihrer Stellungnahme vom 19.11.2007 keine zusätzlichen Gesichtspunkte auf, die einen GdB von 50 begründen können.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, entscheidend sei, in welchem Umfange die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen seien. Diese Feststellungen könnten nicht durch Tabellen zutreffend ermittelt werden, sondern seien in einer Gesamtschau durch fachlich kompetente Ärzte zu erheben. Diese Rechtsauffassung verkennt, dass bei geklärtem medizinischen Sachverhalt die GdB-Bewertung der rechtlichen Beurteilung durch den Senat nach Maßgabe der VersMed-VO unterliegt. Bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft ist der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es - wie bereits ausgeführt - vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - AHP -). Danach ist die Feststellung des GdB mit 40 - wie ausgeführt - angemessen und nicht zu beanstanden.

Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungsrelevanten Sachverhalt für aufgeklärt. Dass eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist, die Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt, ist nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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