Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VH 1329/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VH 2465/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.02.2006 wird auch hinsichtlich der begehrten Zugunstenentscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zurückgewiesen.
Kosten des Berufungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt mit seinem Berufungsverfahren im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) allein noch die Neubezeichnung sowie die erstmalige Feststellung von Schädigungsfolgen mit dem Ziel der Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der im Jahre 1946 in T. geborene Kläger war in der ehemaligen DDR vom 23.05.1967 bis 22.01.1969 wegen versuchter Republikflucht und vom 26.02.1974 bis 31.01.1975 wegen Vorbereitung eines ungesetzlichen Grenzübertritts inhaftiert. Am Tag seiner vorzeitigen Entlassung wurde er aus der DDR ausgebürgert und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Nach der Bescheinigung der Regierung von Schwaben vom 28.07.1975 liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 sowie des § 9 Abs. 9 HHG vor; Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG wurden verneint.
Am 06.10.1975 beantragte der Kläger beim damaligen Versorgungsamt A. die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem HHG wegen eines cardio-vaskulären und vegetativen Syndroms. Er beschrieb seinen Aufenthalt im Zuchthaus T. von September 1967 bis Januar 1969, bei dem menschenunwürdige Bedingungen geherrscht hätten, wie zum Beispiel äußerst schlechtes und wenig Essen, mangelhafte Bekleidung in der kalten Jahreszeit, ständige Bedrohung und Gewaltanwendung, Zusammenleben mit kriminellen Schwerverbrechern. Bei seinem zweiten Gewahrsam habe er sich sieben Monate in Untersuchungshaft befunden, zum Teil in total überfüllten, unbelüfteten Zellen, zum Teil in Einzelhaft in kleinen dunklen Zellen, wobei außerdem Gewalt angedroht und angewandt worden sei. Nach Durchführung medizinischer Ermittlungen und Einholung eines versorgungsärztlichen Gutachtens anerkannte das Versorgungsamt A. mit Bescheid vom 30.06.1976 als Folge einer Schädigung im Sinne des HHG "psychophysischer Erschöpfungszustand nach längerer Haft" und gewährte dem Kläger Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.).
Mitte 1978 veranlasste das zwischenzeitlich zuständig gewordene Versorgungsamt N. eine Nachuntersuchung des Klägers, wobei die mit einer Begutachtung beauftragte Medizinaloberrätin Dr. V. ausweislich ihres Gutachtens vom 27.07.1978 den Allgemeinzustand als sehr gut beurteilte und Zeichen einer körperlichen oder seelischen Erschöpfung nicht mehr feststellte. Hinsichtlich des sich noch zeigenden Bluthochdrucks könne ein Zusammenhang mit der früheren Haft nicht mehr wahrscheinlich gemacht werden. Insoweit handle es sich wohl um ein anlagebedingtes hyperkinetisches Herzsyndrom. Mit Bescheid vom 08.08.1978 entzog das Versorgungsamt N. daraufhin die Versorgungsrente mit Wirkung ab dem 01.10.1978.
Am 02.07.1984 beantragte der Kläger beim nunmehr zuständig gewordenen Versorgungsamt D. erneut die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem HHG und machte als Gesundheitsstörungen einen Schiefhals sowie eine Alkoholabhängigkeit geltend, die er auf die ständigen Vernehmungen während der Untersuchungshaft zurückführte. Das Versorgungsamt D. zog verschiedene medizinische Unterlagen bei und holte Befundberichte bei den behandelnden Ärzten ein. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.02.1985 verneinte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. das Vorliegen von Schädigungsfolgen im Sinne des HHG; die bestehende Alkoholkrankheit sei persönlichkeitsbedingt und stehe mit Schädigungsfolgen in keinem Zusammenhang. Auch hinsichtlich des psychogenen Schiefhalses, der 1979 in Erscheinung getreten sei, sei kein Zusammenhang mit der Haftzeit wahrscheinlich zu machen. Mit Bescheid vom 20.03.1985 lehnte das Versorgungsamt D. die Anerkennung der Alkoholkrankheit sowie des psychogenen Schiefhalses als Schädigungsfolgen sodann ab. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger ausführlich dar, er habe nach seiner Haftentlassung im Jahre 1969 seine ohnmächtige Wut fast fünf Jahre lang in Alkohol "ertränkt". Er machte ferner Ausführungen zur Entstehung seines Halswirbelsäulen- (HWS-) Syndroms mit seit 1975 bestehenden Rückenschmerzen bei schwerer körperlicher Arbeit, wobei ab Mitte 1979 die Verspannungen der Hals-Nacken-Muskulatur langsam stärker geworden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.1985 wurde der Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, der Schiefhals sei erst im Zusammenhang mit einem schon länger bestehenden allgemeinen Wirbelsäulenverschleißsyndrom aufgetreten und sein späteres berufliches Scheitern gehe hierauf sowie auf die inzwischen aufgetretene Alkoholkrankheit zurück, für die ebenfalls ein kausaler Zusammenhang mit der Haftzeit nicht bestehe. Die dagegen beim Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage (S 38 V 295/85) wurde nach Beiziehung verschiedener Arztberichte, Vernehmung von Zeugen über die erlittenen Haftbedingungen und Einholung des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. Sch. vom 05.08.1988 nebst orthopädischem Zusatzgutachten von Dr. V. vom 28.12.1987 mit Urteil vom 10.04.1989 abgewiesen. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 6 V 54/89), in das später anstelle des Landes Nordrhein-Westfalen das Land Baden-Württemberg als Beklagter eintrat, wurden weitere Ermittlungen zu den vom Kläger erlittenen Haftbedingungen sowie zu den Umständen der Auflösung seines letzten Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt, u.a. die Mutter des Klägers, seine Schwester sowie der ihn in der ehemaligen DDR behandelnde Arzt als Zeugen vernommen, zahlreiche medizinische Unterlagen beigezogen, das psychiatrische Gutachten von Dr. R. vom 02.04.1991 mit ergänzender Stellungnahme vom 27.05.1992 unter Berücksichtigung des psychologischen Zusatzgutachtens des Diplompsychologen Dr. G. vom 11.12.1990 sowie das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. V. vom 01.12.1992 unter Berücksichtigung des internistischen Zusatzgutachtens von Dr. F. vom 25.02.1993 eingeholt. Entsprechend dem sodann abgegebenen Teilanerkenntnis des Beklagten erging am 22.06.1993 ein Teilanerkenntnisurteil unter Abweisung der Klage im Übrigen, mit dem der Beklagte verurteilt wurde, eine "neurotische Persönlichkeitsentwicklung" als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anzuerkennen. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade werde nicht erreicht. Die Zurückweisung der Berufung betraf u.a. die Gesundheitsstörungen Schiefhals, Alkoholerkrankung und Bluthochdruck mit Folgeerkrankungen, die der Kläger gleichfalls zur Anerkennung als Schädigungsfolgen geltend gemacht hatte. Die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 04.01.1994 als unzulässig verworfen. Mit Bescheid vom 16.08.1994 führte das zwischenzeitlich zuständig gewordene Versorgungsamt R. das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen aus.
Bereits am 02.02.1994 hatte der Kläger beim Versorgungsamt R. die Anerkennung eines psychisch bedingten Torticollis spasmodicus (Schiefhals) und seines chronischen Bluthochdrucks als Schädigungsfolgen nach dem HHG beantragt. Diesen Antrag lehnte das VA mit Bescheid vom 24.08.1994 mit der Begründung ab, hinsichtlich der geltend gemachten Blut-druckerhöhung sei bereits mit Bescheid des Versorgungsamts N. vom 08.08.1978 bindend entschieden worden, dass dieser mit der erlittenen Haft in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe, vielmehr ein hyperkinetisches Herzsyndrom vorliege, welches anlagebedingt sei. Dass die Gesundheitsstörung Schiefhals keine Schädigungsfolge im Sinne des HHG sei, sei rechtskräftig entschieden, nachdem das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 22.06.1993 die Berufung insoweit zurückgewiesen habe. Da mit dem neuerlichen Antrag weder neue Gesichtspunkte noch neue rechtserhebliche Tatsachen vorgebracht worden seien, werde an der Bestandskraft festgehalten. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines günstigeren Bescheides gemäß § 44 SGB X seien nicht erfüllt. Den dagegen im Wesentlichen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die seinerzeit mit einer Begutachtung beauftragten Sachverständigen hätten keine objektive Beurteilung abgegeben, da es im Zusammenhang mit den durchlebten Zeiten unter sehr harten Haftbedingungen keine schicksalhaft auftretenden Krankheiten gebe, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.1995 zurückgewiesen. Die dagegen beim Sozialgericht Konstanz erhobene Klage (S 3 V 437/95) nahm der Kläger im September 1995 zunächst zurück.
Mit am 09.12.1996 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 06.12.1996 beantragte der Kläger die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens. Diese Klage (S 3 V 186/97) nahm er im Mai 1997 ebenfalls zurück und beantragte gleichzeitig, seine Klageschrift vom 06.12.1996 als Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheids gemäß § 44 SGB X anzusehen. Zu berücksichtigen seien neue Gesichtspunkte, insbesondere neue Beweismittel wie der Inhalt der Haft- und Stasi-Akten, aus denen hervorgehe, dass für ihn strengste Isolierung empfohlen und auch angewendet worden sei. Was dies bedeutet habe, sei noch keinem der bisherigen Gutachter deutlich geworden. Er legte zahlreiche Unterlagen vor. Das Versorgungsamt holte die versorgungsärztliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin K. vom 09.12.1997 ein, die darauf hinwies, dass die nunmehr vorliegenden Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte enthielten, da die Angaben des Klägers über seine Haftbedingungen bisher jeweils zugrunde gelegt und nie angezweifelt worden seien. Mit Bescheid vom 07.01.1998 lehnte das Versorgungsamt die Rücknahme der im Hinblick auf den psychogenen Schiefhals sowie die Blutdruckerhöhung ergangenen Bescheide ab. Es sei nicht feststellbar, dass der Bescheid vom 08.08.1978 (Blutdruckerhöhung) sowie der Bescheid vom 20.03.1985 (psychogener Schiefhals) rechtswidrig gewesen seien. Die bisher angegebenen belastenden Bedingungen der Haftzeit seien bereits Grundlage der zuvor getroffenen Entscheidungen gewesen und nicht angezweifelt worden. Zusätzliche Beurteilungskriterien für die Anerkennung des Bluthochdrucks und des Schiefhalses als Haftfolgen ergäben sich aus den jetzt vorgelegten Unterlagen nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.1998 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die dagegen beim Sozialgericht erhobene Klage (S 3 VH 461/98) wurde mit Urteil vom 24.03.1999 abgewiesen. Die hiergegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 8 VH 2164/99) nahm der Kläger im März 2000 zurück.
Am 02.06.1999 machte der Kläger die Verschlimmerung seiner neurotischen Persönlichkeitsentwicklung geltend und beantragte wiederum für den psychisch bedingten Schiefhals, eine Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, extremste Verspannungen, Schlafstörungen, Depressionen und hohen Blutdruck Versorgung nach dem HHG. Mit Bescheid vom 31.07.2000 lehnte das Versorgungsamt die Neufeststellung des Versorgungsanspruchs gemäß § 48 SGB X mit der Begründung ab, eine Befundverschlimmerung liege nicht vor. Die aufgeführten Gesundheitsstörungen seien bereits allesamt Gegenstand fortwährender Überprüfungen gewesen und hätten aufgrund mehrerer sozialgerichtlicher Verfahren nicht zur Anerkennung gelangen können. Neue Gesichtspunkte seien nicht vorgetragen worden.
Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der weitere Neufeststellungsantrag des Klägers vom 17.03.2003, mit dem er wiederum die Anerkennung des Schiefhalssyndroms, seines chronischen hohen Blutdrucks mit nachfolgender koronarer Herzkrankheit, der Suchtproblematik und psychischer Erkrankungen wie "PTS" und psychogene Depression als Schädigungsfolgen nach dem HHG sowie eine Verschlimmerung geltend machte. Seines Erachtens seien auch die daraus resultierenden Folgeschäden, wie sein Scheitern im Arbeitsleben seit 1983 hierauf zurückzuführen. Wäre sein Fall von einem objektiven Sachverständigen eingehend überprüft worden, wäre mit Sicherheit eine andere Schadensfeststellung getroffen worden. Dieses Versäumnis sei jetzt nachzuholen. Das Versorgungsamt zog bei den behandelnden Internisten Dr. A. verschiedene Arztbriefe und das im früheren Rentenverfahren vor dem Sozialgericht (S 8 RJ 2432/99) eingeholte nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. L., Chefarzt der Neurologischen Klinik des Rehabilitationskrankenhauses U., vom 13.12.2002 bei. Ferner holte es die versorgungsärztliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin K. vom 17.09.2003 ein, die die koronare Herzkrankheit des Klägers dem Bluthochdruck, dem jahrzehntelangen Nikotinabusus und der Fettstoffwechselstörung anlastete und keine Veränderungen im Vergleich zu den bisherigen Beurteilungen sah.
Mit Bescheid vom 22.09.2003 lehnte das Versorgungsamt die Neufeststellung des Versorgungsanspruchs gemäß § 48 SGB X wiederum ab und führte zur Begründung aus, das Bluthochdruckleiden sei auf eine koronare Herzkrankheit zurückzuführen, die wiederum dem bekannten Nikotinabusus und der Fettstoffwechselstörung zwanglos anzulasten sei. Eine wesentliche Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge sei dem beigezogenen nervenärztlichen Gutachten des Prof. Dr. L. nicht zu entnehmen. Auch bei dem geklagten Schiefhals bestehe weder eine zeitliche noch ursächliche Verbindung zu der erlittenen Haft.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger wiederum die Inkompetenz der bisher beteiligten Gutachter und Sachverständigen geltend und führte aus, die Hypertonie sei während der Verfolgungszeiten 1967 bis 1975 entstanden und anzuerkennen, ebenso die Spätfolge einer koronaren Herzkrankheit und Bypassoperation. Auch die 1979 aufgetretene Schiefhalssymptomatik sei ursächlich auf die Verfolgungszeit zurückzuführen. Die bereits anerkannte Gesundheitsstörung neurotische Persönlichkeitsentwicklung sei zutreffender als posttraumatische Belastungsstörung zu bezeichnen und dementsprechend zu würdigen. Auch für die Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit seien die durchlaufenen Haftzeiten eine wesentliche Risikogröße. Er legte auszugsweise Kopien aus Stasi-Unterlagen sowie eigene Beschreibungen der erfahrenen Belastungen vor. Das Versorgungsamt holte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. E. vom 11.05.2004 ein, der keine neuen Gesichtspunkte sah und vielmehr auf die bisherigen Beurteilungen verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 14.06.2004 erhob der Kläger beim Sozialgericht Klage und wiederholte im Wesentlichen sein Vorbringen, wonach der Schiefhals, der Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sowie der Bluthochdruck auf seine Inhaftierung zurückzuführen seien. Nach dem Trauma seiner Inhaftierung leide er bis heute an den Folgen, die sich in unruhigem Schlaf, Nervosität, Erschöpfung, großer Erregtheit, Wut, Niedergeschlagenheit und Ärger äußerten. Die anerkannte neurotische Persönlichkeitsentwicklung sei in eine "posttraumatische Belastungsstörung" umzudefinieren, nachdem die heutige psychische Gesamtsituation ihren Ursprung in der Inhaftierung finde. So habe Dr. R. in seinem für das Sozialgericht Düsseldorf erstatteten Gutachten die Hafterlebnisse im Sinne einer Verschlimmerung als wesentlich bestimmende Faktoren der abnormalen seelischen Entwicklung gesehen. Auch für den Schiefhals kämen nach den Ausführungen des Sachverständigen psychogene Faktoren als Ursache in Betracht. Diese Erkenntnisse beziehe Dr. R. auch auf die Alkoholproblematik, wobei diese Sichtweise auch durch den Sachverständigen Dr. V. bestätigt werde, nach dessen Einschätzung die während der Haftzeiten erlittenen Demütigungen, Entbehrungen und Misshandlungen eine zumindest annähernd gleichwertige und damit wesentliche Mitbedingung für die Verschlimmerung psychischer Gesundheitsstörungen darstellten. Damit werde durch diese Gutachten bestätigt, dass die Haftbedingungen ursächlich für seine gesundheitlichen Probleme gewesen seien. Selbst wenn man nur von einer Verschlimmerung ausgehe, sei die Ursächlichkeit gleichwohl gegeben und davon auszugehen, dass ohne die Haft die gesundheitlichen Probleme nicht aufgetreten wären.
Der Beklage trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Er verwies auf die bisherigen gerichtlichen Verfahren und erneuten Überprüfungen, wonach weder der Schiefhals, noch die Alkoholabhängigkeit oder die Hypertonie mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung auf die in der DDR erlittene Haft zurückgeführt werden könne.
Mit Urteil vom 21.02.2006 (S 1 VH 1329/04) wies das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Bescheide ab. Diese Entscheidung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.03.2006 zugestellt.
Am 12.04.2006 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Der Senat hat Prof. Dr. G., Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen im Zentrum für Neurologie der Neurologischen Klinik im Universitätsklinikum T., unter dem 04.08.2006 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Darüber hinaus hat das Gericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E. vom 16.12.2006 eingeholt. Diese hat beim Kläger eine durch die Haft verursachte posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und ausgeführt, es liege eine sekundär durch diese Störung bedingte Alkoholkrankheit im Sinne eines Alkoholabusus mit Körperstörungen vor, der im Rahmen eines Selbstmedikationsversuchs gewertet werden müsse; ferner bestehe eine vegetative Labilität aufgrund der ständig vorhandenen haftbedingten Stressreaktion, die sich anteilig negativ auf den labilen Bluthochdruck und die Magen- und Darmbeschwerden auswirke. Möglich sei auch eine anfangs bestehende psychische Beteiligung an der Behinderung der Halswirbelsäule, wobei zwischenzeitlich möglicherweise schädigungsunabhängige Störungen überwögen.
Mit Urteil vom 25.09.2007 (L 6 VH 1869/06) hat der erkennende Senat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat unter Zugrundelegung des § 48 Abs. 1 SGB X ausgeführt, eine wesentliche Änderung der bei Erlass des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.06.1993 bzw. des hierauf ergangenen Ausführungsbescheides des Beklagten vom 16.8.1994 vorliegenden Schädigungsfolgen sei nicht eingetreten. Hinsichtlich der Gesundheitsstörungen Schiefhals, Suchterkrankung und Bluthochdruck stehe durch das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen rechtskräftig fest, dass diese nicht Schädigungsfolgen seien und damit auch nicht Grundlage von Rentenleistungen sein könnten. Im Übrigen lägen auch weitere bestandskräftige Behördenentscheidungen vor, in denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der erlittenen Haft und den angeführten Gesundheitsstörungen verneint worden sei. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung liege ebenfalls keine wesentliche Änderung vor. Insbesondere bestünden angesichts der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit von mehr als 30 Jahren erhebliche Zweifel an der Diagnose der Sachverständigen E., zumal die von ihr angeführten Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung, wie Nervosität, Schlafstörungen, Kontaktstörungen und depressive Verstimmungen, unspezifischer Art seien und auch anderen psychischen Störungen zugeordnet werden könnten.
Auf die vom Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde hat das Bundessozialgericht durch Beschluss vom 24.04.2008 (B 9 VH 2/07 B) das Urteil des Senats vom 25.09.2007 aufgehoben, soweit der Rechtsstreit den Antrag des Klägers auf Rücknahme bindender Verwaltungsakte des Beklagten nach § 44 SGB X betrifft und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. In den Gründen heißt es, zwar habe der Beklagte den "Neufeststellungsantrag" des Klägers vom 17.03.2003, der auch als Antrag anzusehen sei, frühere bindend gewordene Ablehnungsbescheide als rechtswidrig zurückzunehmen, vollständig abgelehnt. Indes habe der Senat im Berufungsurteil nicht - jedenfalls nicht zweifelsfrei - über den vom Kläger auch im gerichtlichen Verfahren weiterverfolgten Antrag, weitere Schädigungsfolgen unter Rücknahme rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakte (§ 44 SGB X) anzuerkennen, entschieden.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, die von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen lägen vor und seien auf die Haft zurückzuführen. Sie bedingten eine MdE (nunmehr Grad der Schädigungsfolgen [GdS]) in rentenberechtigender Höhe. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E ...
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Konstanz vom 21.02.2006 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2004 zu verurteilen, den Bescheid vom 16.08.1994 abzuändern und die anerkannte Schädigungsfolge mit "posttraumatischer Belastungsstörung" neu zu bezeichnen sowie deren wesentliche Verschlimmerung festzustellen und den Bescheid vom 08.08.1978 sowie den Bescheid vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 aufzuheben und als weitere Schädigungsfolgen einen Schiefhals, das Suchtverhalten sowie einen Bluthochdruck mit Folgeerkrankungen festzustellen und ihm ab 01.03.2003 Beschädigtenrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die bereits vor Erlass des Urteils des Senats vom 25.09.2007 eingereichte versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 31.01.2007 vor, dem Gutachten der Ärztin E. sei nicht zu folgen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Konstanz sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Schwerbehindertenakten des Beklagten und die gleichfalls beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Düsseldorf, des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, des Sozialgerichts Konstanz und des erkennenden Gerichts aus den vorangegangenen HHG-Verfahren des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach lediglich insoweit erfolgter Aufhebung des Urteils des Senats vom 25.09.2007 und Zurückverweisung der Sache durch das Bundessozialgericht allein noch, ob der Bescheid vom 22.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2004 insoweit aufzuheben ist, als der Beklagte den Antrag des Klägers vom 17.03.2003 (auch) hinsichtlich der begehrten Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X abgelehnt hat und - bejahendenfalls - die im klägerischen Antrag genauer bezeichneten Bescheide behördlich ganz bzw. teilweise zurückzunehmen sind, die anerkannte Schädigungsfolge mit "posttraumatischer Belastungsstörung" neu zu bezeichnen sowie deren wesentliche Verschlimmerung festzustellen ist, als weitere Schädigungsfolgen ein Schiefhals, ein Suchtverhalten sowie ein Bluthochdruck mit Folgeerkrankungen festzustellen sind und dem Kläger deshalb Beschädigtenrente zu gewähren ist. Im Übrigen, also mit Blick auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Beschädigtenrente wegen Verschlimmerung bereits anerkannter Schädigungsfolgen ist das Urteil des Senats vom 25.09.2007 demgegenüber mangels insoweit eingelegter Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen.
Mit diesem Inhalt ist die Berufung zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf (teilweise) Rücknahme des Bescheides vom 16.08.1994, des Bescheides vom 08.08.1978 sowie des Bescheides vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 und demgemäß auch nicht auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenrente.
Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung der angeführten Bescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn es lässt sich nicht positiv feststellen, dass die zur Überprüfung gestellten Bescheide der Versorgungsverwaltung unter Zugrundelegung der maßgeblichen Rechtsvorschriften der §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren.
Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).
Unter Zugrundelegung der bei Erlass der zur Überprüfung gestellten Bescheide geltenden und daher im Überprüfungsverfahren anwendbaren Regelungen des BVG erhalten Beschädigte ab einer MdE - nunmehr Grad der Schädigungsfolgen (GdS) - um 30 v.H. eine in der Höhe nach Zehnergraden abgestufte monatliche Grundrente (§ 31 Abs. 1 BVG), wobei eine um 5 v.H. geringere MdE vom höheren Zehnergrad mit umfasst wird (§ 31 Abs. 2 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Diese Frist verlängert sich dann, wenn der Beschädigte ohne sein Verschulden an der Antragstellung verhindert war, für den Zeitraum der Verhinderung (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BVG). Die MdE ist nach der körperlichen und geistigen Beeiträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen; dabei sind seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BVG).
Nach den im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide geltenden, als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 1983, den insoweit unveränderten nachfolgenden AHP und den seit dem 01.01.2009 an die Stelle der zuletzt geltenden AHP 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP 1983 Nr. 16 Satz 1; jetzt VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP 1983 Nr. 36 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR gegeben sein können, zählen dazu (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 2 Satz 2; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 2). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; jetzt VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 1 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
In Anwendung dieser Grundsätze vermag sich der Senat zunächst nicht davon zu überzeugen, dass beim Kläger als Folge der DDR-Haft im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.08.1994 eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach den später geltenden AHP 1996-2008 die Entstehung einer posttraumatischen Belastungsstörung infolge rechtsstaatswidriger Haft in der DDR ausdrücklich in Betracht kam (vgl. Nr. 71 [Folgen psychischer Traumen] und Nr. 139 [Gefangenschafts-, Internierungs- und Haftschäden]). Denn damit ist weder das seinerzeitige Bestehen einer solchen Erkrankung beim Kläger noch die Ursächlichkeit der Haft erwiesen.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, berücksichtigt der Senat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher, beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
In Ansehung dessen teilt der Senat zwar die Einschätzung der Sachverständigen E. im auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 16.02.2006, dass auch aus heutiger Sicht noch Symptome einer beim Kläger zu früheren Zeitpunkten bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung festzustellen sind. Indes ergibt sich hieraus nicht der zwingende Schluss, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.08.1994 eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Zum einen handelt es sich - worauf Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.01.2007 zutreffend hingewiesen hat - bei den besagten Symptomen gerade auch um solche unspezifischer Art, wie Nervosität, Schlafstörungen, Kontaktstörungen und depressive Verstimmungen, die auch anderen psychischen Störungen zugeordnet werden können; soweit sich in der Anlage zum Neufeststellungsantrag des Klägers vom 17.03.2003 Angaben über mit der Haft in Verbindung stehende Nachhallerinnerungen bzw. Flashbacks oder Alpträume i. S. der ICD-10 F 43.1 bzw. der B-Kriterien nach DSM-IV-TR 309.81 finden, lässt dies mangels eindeutiger Hinweise aus der vorangegangenen Zeit nicht den Schluss auf das Vorliegen derartiger Symptome (schon) im Jahre 1994 zu. Zum anderen liegt zwischen dem Zeitpunkt der Haftentlassung im Januar 1975 und demjenigen des Erlasses des in Rede stehenden Bescheides vom August 1994 ein Zeitraum von nahezu 20 Jahren, was eine fortbestehende posttraumatische Belastungsstörung als allenfalls möglich erscheinen lässt, nachdem derartige Störungen - wie ausgeführt - nach ICD-10 F 43.1 nur wenigen Fällen über viele Jahre einen chronischen Verlauf nehmen und dann im Übrigen auch in andauernde Persönlichkeitsänderungen übergehen. Einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung widerspricht auch, dass der Kläger bei seiner Begutachtung durch die Internistin Medizinaloberrätin Dr. V. am 27.07.1978 nur noch über Einschlafschwierigkeiten, manchmal bestehende Nervosität sowie wahrscheinlich manchmal hohen Blutdruck klagte und bei sehr gutem Allgemeinzustand von der Sachverständigen Zeichen einer körperlichen oder seelischen Erschöpfung nicht mehr festgestellt wurden. Hinzu kommen die angesichts des verstrichenen Zeitraums von mehr als 30 Jahren nach dem in Frage kommenden Trauma und von rund 11 1/2 Jahren nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestehenden Unsicherheiten bei der Beurteilung insbesondere der angeführten unspezifischen Symptome und mithin auch der retrospektiven Diagnose. Dies gilt umso mehr, als die Sachverständige von der Beurteilung in den zeitnäheren Gutachten von Dr. R. vom 02.04.1991, nebst Befragung durch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in der öffentlichen Sitzung vom 13.10.1992, und von Dr. V. vom 01.12.1992 abweicht, die von einer neurotischen Persönlichkeitsentwicklung bzw. primär anlagebedingten Fehlentwicklung der Persönlichkeit ausgegangen sind, obschon die posttraumatische Belastungsstörung zu jener Zeit nicht mehr gänzlich unbekannt war.
Lässt sich danach das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.08.1994 nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, so ist auch der vom Kläger behauptete Kausalzusammenhang zwischen der DDR-Haft und den von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen Schiefhals, Suchterkrankung sowie Bluthochdruck nicht wahrscheinlich. Denn nachdem die Sachverständige E. den Alkoholmissbrauch des Klägers sowie die fortbestehende Stressreaktion auf die nicht erweisliche posttraumatische Belastungsstörung gestützt hat, vermag sich der Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass bei Erlass des Bescheides vom 08.08.1978 ein ursächlich wesentlich durch die Haft hervorgerufener Bluthochdruck sowie bei Ergehen des Bescheides vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 eine kausal durch die Haft bedingte Suchterkrankung vorlag. Anhaltspunkte für eine andere als idiopathische Ursache für den Schiefhals (vgl. hierzu die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Prof. Dr. G. vom 04.08.2006) bestehen - wiederum bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 - mangels nachweisbarer posttraumatischer Belastungsstörung ebenfalls nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten des Berufungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundessozialgericht sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt mit seinem Berufungsverfahren im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) allein noch die Neubezeichnung sowie die erstmalige Feststellung von Schädigungsfolgen mit dem Ziel der Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der im Jahre 1946 in T. geborene Kläger war in der ehemaligen DDR vom 23.05.1967 bis 22.01.1969 wegen versuchter Republikflucht und vom 26.02.1974 bis 31.01.1975 wegen Vorbereitung eines ungesetzlichen Grenzübertritts inhaftiert. Am Tag seiner vorzeitigen Entlassung wurde er aus der DDR ausgebürgert und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Nach der Bescheinigung der Regierung von Schwaben vom 28.07.1975 liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 sowie des § 9 Abs. 9 HHG vor; Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG wurden verneint.
Am 06.10.1975 beantragte der Kläger beim damaligen Versorgungsamt A. die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem HHG wegen eines cardio-vaskulären und vegetativen Syndroms. Er beschrieb seinen Aufenthalt im Zuchthaus T. von September 1967 bis Januar 1969, bei dem menschenunwürdige Bedingungen geherrscht hätten, wie zum Beispiel äußerst schlechtes und wenig Essen, mangelhafte Bekleidung in der kalten Jahreszeit, ständige Bedrohung und Gewaltanwendung, Zusammenleben mit kriminellen Schwerverbrechern. Bei seinem zweiten Gewahrsam habe er sich sieben Monate in Untersuchungshaft befunden, zum Teil in total überfüllten, unbelüfteten Zellen, zum Teil in Einzelhaft in kleinen dunklen Zellen, wobei außerdem Gewalt angedroht und angewandt worden sei. Nach Durchführung medizinischer Ermittlungen und Einholung eines versorgungsärztlichen Gutachtens anerkannte das Versorgungsamt A. mit Bescheid vom 30.06.1976 als Folge einer Schädigung im Sinne des HHG "psychophysischer Erschöpfungszustand nach längerer Haft" und gewährte dem Kläger Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.).
Mitte 1978 veranlasste das zwischenzeitlich zuständig gewordene Versorgungsamt N. eine Nachuntersuchung des Klägers, wobei die mit einer Begutachtung beauftragte Medizinaloberrätin Dr. V. ausweislich ihres Gutachtens vom 27.07.1978 den Allgemeinzustand als sehr gut beurteilte und Zeichen einer körperlichen oder seelischen Erschöpfung nicht mehr feststellte. Hinsichtlich des sich noch zeigenden Bluthochdrucks könne ein Zusammenhang mit der früheren Haft nicht mehr wahrscheinlich gemacht werden. Insoweit handle es sich wohl um ein anlagebedingtes hyperkinetisches Herzsyndrom. Mit Bescheid vom 08.08.1978 entzog das Versorgungsamt N. daraufhin die Versorgungsrente mit Wirkung ab dem 01.10.1978.
Am 02.07.1984 beantragte der Kläger beim nunmehr zuständig gewordenen Versorgungsamt D. erneut die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem HHG und machte als Gesundheitsstörungen einen Schiefhals sowie eine Alkoholabhängigkeit geltend, die er auf die ständigen Vernehmungen während der Untersuchungshaft zurückführte. Das Versorgungsamt D. zog verschiedene medizinische Unterlagen bei und holte Befundberichte bei den behandelnden Ärzten ein. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.02.1985 verneinte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. das Vorliegen von Schädigungsfolgen im Sinne des HHG; die bestehende Alkoholkrankheit sei persönlichkeitsbedingt und stehe mit Schädigungsfolgen in keinem Zusammenhang. Auch hinsichtlich des psychogenen Schiefhalses, der 1979 in Erscheinung getreten sei, sei kein Zusammenhang mit der Haftzeit wahrscheinlich zu machen. Mit Bescheid vom 20.03.1985 lehnte das Versorgungsamt D. die Anerkennung der Alkoholkrankheit sowie des psychogenen Schiefhalses als Schädigungsfolgen sodann ab. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger ausführlich dar, er habe nach seiner Haftentlassung im Jahre 1969 seine ohnmächtige Wut fast fünf Jahre lang in Alkohol "ertränkt". Er machte ferner Ausführungen zur Entstehung seines Halswirbelsäulen- (HWS-) Syndroms mit seit 1975 bestehenden Rückenschmerzen bei schwerer körperlicher Arbeit, wobei ab Mitte 1979 die Verspannungen der Hals-Nacken-Muskulatur langsam stärker geworden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.1985 wurde der Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, der Schiefhals sei erst im Zusammenhang mit einem schon länger bestehenden allgemeinen Wirbelsäulenverschleißsyndrom aufgetreten und sein späteres berufliches Scheitern gehe hierauf sowie auf die inzwischen aufgetretene Alkoholkrankheit zurück, für die ebenfalls ein kausaler Zusammenhang mit der Haftzeit nicht bestehe. Die dagegen beim Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage (S 38 V 295/85) wurde nach Beiziehung verschiedener Arztberichte, Vernehmung von Zeugen über die erlittenen Haftbedingungen und Einholung des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. Sch. vom 05.08.1988 nebst orthopädischem Zusatzgutachten von Dr. V. vom 28.12.1987 mit Urteil vom 10.04.1989 abgewiesen. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 6 V 54/89), in das später anstelle des Landes Nordrhein-Westfalen das Land Baden-Württemberg als Beklagter eintrat, wurden weitere Ermittlungen zu den vom Kläger erlittenen Haftbedingungen sowie zu den Umständen der Auflösung seines letzten Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt, u.a. die Mutter des Klägers, seine Schwester sowie der ihn in der ehemaligen DDR behandelnde Arzt als Zeugen vernommen, zahlreiche medizinische Unterlagen beigezogen, das psychiatrische Gutachten von Dr. R. vom 02.04.1991 mit ergänzender Stellungnahme vom 27.05.1992 unter Berücksichtigung des psychologischen Zusatzgutachtens des Diplompsychologen Dr. G. vom 11.12.1990 sowie das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. V. vom 01.12.1992 unter Berücksichtigung des internistischen Zusatzgutachtens von Dr. F. vom 25.02.1993 eingeholt. Entsprechend dem sodann abgegebenen Teilanerkenntnis des Beklagten erging am 22.06.1993 ein Teilanerkenntnisurteil unter Abweisung der Klage im Übrigen, mit dem der Beklagte verurteilt wurde, eine "neurotische Persönlichkeitsentwicklung" als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anzuerkennen. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade werde nicht erreicht. Die Zurückweisung der Berufung betraf u.a. die Gesundheitsstörungen Schiefhals, Alkoholerkrankung und Bluthochdruck mit Folgeerkrankungen, die der Kläger gleichfalls zur Anerkennung als Schädigungsfolgen geltend gemacht hatte. Die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 04.01.1994 als unzulässig verworfen. Mit Bescheid vom 16.08.1994 führte das zwischenzeitlich zuständig gewordene Versorgungsamt R. das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen aus.
Bereits am 02.02.1994 hatte der Kläger beim Versorgungsamt R. die Anerkennung eines psychisch bedingten Torticollis spasmodicus (Schiefhals) und seines chronischen Bluthochdrucks als Schädigungsfolgen nach dem HHG beantragt. Diesen Antrag lehnte das VA mit Bescheid vom 24.08.1994 mit der Begründung ab, hinsichtlich der geltend gemachten Blut-druckerhöhung sei bereits mit Bescheid des Versorgungsamts N. vom 08.08.1978 bindend entschieden worden, dass dieser mit der erlittenen Haft in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe, vielmehr ein hyperkinetisches Herzsyndrom vorliege, welches anlagebedingt sei. Dass die Gesundheitsstörung Schiefhals keine Schädigungsfolge im Sinne des HHG sei, sei rechtskräftig entschieden, nachdem das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 22.06.1993 die Berufung insoweit zurückgewiesen habe. Da mit dem neuerlichen Antrag weder neue Gesichtspunkte noch neue rechtserhebliche Tatsachen vorgebracht worden seien, werde an der Bestandskraft festgehalten. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines günstigeren Bescheides gemäß § 44 SGB X seien nicht erfüllt. Den dagegen im Wesentlichen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die seinerzeit mit einer Begutachtung beauftragten Sachverständigen hätten keine objektive Beurteilung abgegeben, da es im Zusammenhang mit den durchlebten Zeiten unter sehr harten Haftbedingungen keine schicksalhaft auftretenden Krankheiten gebe, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.1995 zurückgewiesen. Die dagegen beim Sozialgericht Konstanz erhobene Klage (S 3 V 437/95) nahm der Kläger im September 1995 zunächst zurück.
Mit am 09.12.1996 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 06.12.1996 beantragte der Kläger die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens. Diese Klage (S 3 V 186/97) nahm er im Mai 1997 ebenfalls zurück und beantragte gleichzeitig, seine Klageschrift vom 06.12.1996 als Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheids gemäß § 44 SGB X anzusehen. Zu berücksichtigen seien neue Gesichtspunkte, insbesondere neue Beweismittel wie der Inhalt der Haft- und Stasi-Akten, aus denen hervorgehe, dass für ihn strengste Isolierung empfohlen und auch angewendet worden sei. Was dies bedeutet habe, sei noch keinem der bisherigen Gutachter deutlich geworden. Er legte zahlreiche Unterlagen vor. Das Versorgungsamt holte die versorgungsärztliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin K. vom 09.12.1997 ein, die darauf hinwies, dass die nunmehr vorliegenden Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte enthielten, da die Angaben des Klägers über seine Haftbedingungen bisher jeweils zugrunde gelegt und nie angezweifelt worden seien. Mit Bescheid vom 07.01.1998 lehnte das Versorgungsamt die Rücknahme der im Hinblick auf den psychogenen Schiefhals sowie die Blutdruckerhöhung ergangenen Bescheide ab. Es sei nicht feststellbar, dass der Bescheid vom 08.08.1978 (Blutdruckerhöhung) sowie der Bescheid vom 20.03.1985 (psychogener Schiefhals) rechtswidrig gewesen seien. Die bisher angegebenen belastenden Bedingungen der Haftzeit seien bereits Grundlage der zuvor getroffenen Entscheidungen gewesen und nicht angezweifelt worden. Zusätzliche Beurteilungskriterien für die Anerkennung des Bluthochdrucks und des Schiefhalses als Haftfolgen ergäben sich aus den jetzt vorgelegten Unterlagen nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.1998 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die dagegen beim Sozialgericht erhobene Klage (S 3 VH 461/98) wurde mit Urteil vom 24.03.1999 abgewiesen. Die hiergegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 8 VH 2164/99) nahm der Kläger im März 2000 zurück.
Am 02.06.1999 machte der Kläger die Verschlimmerung seiner neurotischen Persönlichkeitsentwicklung geltend und beantragte wiederum für den psychisch bedingten Schiefhals, eine Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, extremste Verspannungen, Schlafstörungen, Depressionen und hohen Blutdruck Versorgung nach dem HHG. Mit Bescheid vom 31.07.2000 lehnte das Versorgungsamt die Neufeststellung des Versorgungsanspruchs gemäß § 48 SGB X mit der Begründung ab, eine Befundverschlimmerung liege nicht vor. Die aufgeführten Gesundheitsstörungen seien bereits allesamt Gegenstand fortwährender Überprüfungen gewesen und hätten aufgrund mehrerer sozialgerichtlicher Verfahren nicht zur Anerkennung gelangen können. Neue Gesichtspunkte seien nicht vorgetragen worden.
Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der weitere Neufeststellungsantrag des Klägers vom 17.03.2003, mit dem er wiederum die Anerkennung des Schiefhalssyndroms, seines chronischen hohen Blutdrucks mit nachfolgender koronarer Herzkrankheit, der Suchtproblematik und psychischer Erkrankungen wie "PTS" und psychogene Depression als Schädigungsfolgen nach dem HHG sowie eine Verschlimmerung geltend machte. Seines Erachtens seien auch die daraus resultierenden Folgeschäden, wie sein Scheitern im Arbeitsleben seit 1983 hierauf zurückzuführen. Wäre sein Fall von einem objektiven Sachverständigen eingehend überprüft worden, wäre mit Sicherheit eine andere Schadensfeststellung getroffen worden. Dieses Versäumnis sei jetzt nachzuholen. Das Versorgungsamt zog bei den behandelnden Internisten Dr. A. verschiedene Arztbriefe und das im früheren Rentenverfahren vor dem Sozialgericht (S 8 RJ 2432/99) eingeholte nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. L., Chefarzt der Neurologischen Klinik des Rehabilitationskrankenhauses U., vom 13.12.2002 bei. Ferner holte es die versorgungsärztliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin K. vom 17.09.2003 ein, die die koronare Herzkrankheit des Klägers dem Bluthochdruck, dem jahrzehntelangen Nikotinabusus und der Fettstoffwechselstörung anlastete und keine Veränderungen im Vergleich zu den bisherigen Beurteilungen sah.
Mit Bescheid vom 22.09.2003 lehnte das Versorgungsamt die Neufeststellung des Versorgungsanspruchs gemäß § 48 SGB X wiederum ab und führte zur Begründung aus, das Bluthochdruckleiden sei auf eine koronare Herzkrankheit zurückzuführen, die wiederum dem bekannten Nikotinabusus und der Fettstoffwechselstörung zwanglos anzulasten sei. Eine wesentliche Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge sei dem beigezogenen nervenärztlichen Gutachten des Prof. Dr. L. nicht zu entnehmen. Auch bei dem geklagten Schiefhals bestehe weder eine zeitliche noch ursächliche Verbindung zu der erlittenen Haft.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger wiederum die Inkompetenz der bisher beteiligten Gutachter und Sachverständigen geltend und führte aus, die Hypertonie sei während der Verfolgungszeiten 1967 bis 1975 entstanden und anzuerkennen, ebenso die Spätfolge einer koronaren Herzkrankheit und Bypassoperation. Auch die 1979 aufgetretene Schiefhalssymptomatik sei ursächlich auf die Verfolgungszeit zurückzuführen. Die bereits anerkannte Gesundheitsstörung neurotische Persönlichkeitsentwicklung sei zutreffender als posttraumatische Belastungsstörung zu bezeichnen und dementsprechend zu würdigen. Auch für die Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit seien die durchlaufenen Haftzeiten eine wesentliche Risikogröße. Er legte auszugsweise Kopien aus Stasi-Unterlagen sowie eigene Beschreibungen der erfahrenen Belastungen vor. Das Versorgungsamt holte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. E. vom 11.05.2004 ein, der keine neuen Gesichtspunkte sah und vielmehr auf die bisherigen Beurteilungen verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 14.06.2004 erhob der Kläger beim Sozialgericht Klage und wiederholte im Wesentlichen sein Vorbringen, wonach der Schiefhals, der Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sowie der Bluthochdruck auf seine Inhaftierung zurückzuführen seien. Nach dem Trauma seiner Inhaftierung leide er bis heute an den Folgen, die sich in unruhigem Schlaf, Nervosität, Erschöpfung, großer Erregtheit, Wut, Niedergeschlagenheit und Ärger äußerten. Die anerkannte neurotische Persönlichkeitsentwicklung sei in eine "posttraumatische Belastungsstörung" umzudefinieren, nachdem die heutige psychische Gesamtsituation ihren Ursprung in der Inhaftierung finde. So habe Dr. R. in seinem für das Sozialgericht Düsseldorf erstatteten Gutachten die Hafterlebnisse im Sinne einer Verschlimmerung als wesentlich bestimmende Faktoren der abnormalen seelischen Entwicklung gesehen. Auch für den Schiefhals kämen nach den Ausführungen des Sachverständigen psychogene Faktoren als Ursache in Betracht. Diese Erkenntnisse beziehe Dr. R. auch auf die Alkoholproblematik, wobei diese Sichtweise auch durch den Sachverständigen Dr. V. bestätigt werde, nach dessen Einschätzung die während der Haftzeiten erlittenen Demütigungen, Entbehrungen und Misshandlungen eine zumindest annähernd gleichwertige und damit wesentliche Mitbedingung für die Verschlimmerung psychischer Gesundheitsstörungen darstellten. Damit werde durch diese Gutachten bestätigt, dass die Haftbedingungen ursächlich für seine gesundheitlichen Probleme gewesen seien. Selbst wenn man nur von einer Verschlimmerung ausgehe, sei die Ursächlichkeit gleichwohl gegeben und davon auszugehen, dass ohne die Haft die gesundheitlichen Probleme nicht aufgetreten wären.
Der Beklage trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Er verwies auf die bisherigen gerichtlichen Verfahren und erneuten Überprüfungen, wonach weder der Schiefhals, noch die Alkoholabhängigkeit oder die Hypertonie mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung auf die in der DDR erlittene Haft zurückgeführt werden könne.
Mit Urteil vom 21.02.2006 (S 1 VH 1329/04) wies das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Bescheide ab. Diese Entscheidung wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.03.2006 zugestellt.
Am 12.04.2006 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Der Senat hat Prof. Dr. G., Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen im Zentrum für Neurologie der Neurologischen Klinik im Universitätsklinikum T., unter dem 04.08.2006 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Darüber hinaus hat das Gericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E. vom 16.12.2006 eingeholt. Diese hat beim Kläger eine durch die Haft verursachte posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und ausgeführt, es liege eine sekundär durch diese Störung bedingte Alkoholkrankheit im Sinne eines Alkoholabusus mit Körperstörungen vor, der im Rahmen eines Selbstmedikationsversuchs gewertet werden müsse; ferner bestehe eine vegetative Labilität aufgrund der ständig vorhandenen haftbedingten Stressreaktion, die sich anteilig negativ auf den labilen Bluthochdruck und die Magen- und Darmbeschwerden auswirke. Möglich sei auch eine anfangs bestehende psychische Beteiligung an der Behinderung der Halswirbelsäule, wobei zwischenzeitlich möglicherweise schädigungsunabhängige Störungen überwögen.
Mit Urteil vom 25.09.2007 (L 6 VH 1869/06) hat der erkennende Senat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat unter Zugrundelegung des § 48 Abs. 1 SGB X ausgeführt, eine wesentliche Änderung der bei Erlass des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.06.1993 bzw. des hierauf ergangenen Ausführungsbescheides des Beklagten vom 16.8.1994 vorliegenden Schädigungsfolgen sei nicht eingetreten. Hinsichtlich der Gesundheitsstörungen Schiefhals, Suchterkrankung und Bluthochdruck stehe durch das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen rechtskräftig fest, dass diese nicht Schädigungsfolgen seien und damit auch nicht Grundlage von Rentenleistungen sein könnten. Im Übrigen lägen auch weitere bestandskräftige Behördenentscheidungen vor, in denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der erlittenen Haft und den angeführten Gesundheitsstörungen verneint worden sei. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung liege ebenfalls keine wesentliche Änderung vor. Insbesondere bestünden angesichts der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit von mehr als 30 Jahren erhebliche Zweifel an der Diagnose der Sachverständigen E., zumal die von ihr angeführten Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung, wie Nervosität, Schlafstörungen, Kontaktstörungen und depressive Verstimmungen, unspezifischer Art seien und auch anderen psychischen Störungen zugeordnet werden könnten.
Auf die vom Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde hat das Bundessozialgericht durch Beschluss vom 24.04.2008 (B 9 VH 2/07 B) das Urteil des Senats vom 25.09.2007 aufgehoben, soweit der Rechtsstreit den Antrag des Klägers auf Rücknahme bindender Verwaltungsakte des Beklagten nach § 44 SGB X betrifft und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. In den Gründen heißt es, zwar habe der Beklagte den "Neufeststellungsantrag" des Klägers vom 17.03.2003, der auch als Antrag anzusehen sei, frühere bindend gewordene Ablehnungsbescheide als rechtswidrig zurückzunehmen, vollständig abgelehnt. Indes habe der Senat im Berufungsurteil nicht - jedenfalls nicht zweifelsfrei - über den vom Kläger auch im gerichtlichen Verfahren weiterverfolgten Antrag, weitere Schädigungsfolgen unter Rücknahme rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakte (§ 44 SGB X) anzuerkennen, entschieden.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, die von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen lägen vor und seien auf die Haft zurückzuführen. Sie bedingten eine MdE (nunmehr Grad der Schädigungsfolgen [GdS]) in rentenberechtigender Höhe. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E ...
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Konstanz vom 21.02.2006 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2004 zu verurteilen, den Bescheid vom 16.08.1994 abzuändern und die anerkannte Schädigungsfolge mit "posttraumatischer Belastungsstörung" neu zu bezeichnen sowie deren wesentliche Verschlimmerung festzustellen und den Bescheid vom 08.08.1978 sowie den Bescheid vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 aufzuheben und als weitere Schädigungsfolgen einen Schiefhals, das Suchtverhalten sowie einen Bluthochdruck mit Folgeerkrankungen festzustellen und ihm ab 01.03.2003 Beschädigtenrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die bereits vor Erlass des Urteils des Senats vom 25.09.2007 eingereichte versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 31.01.2007 vor, dem Gutachten der Ärztin E. sei nicht zu folgen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Konstanz sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Schwerbehindertenakten des Beklagten und die gleichfalls beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Düsseldorf, des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, des Sozialgerichts Konstanz und des erkennenden Gerichts aus den vorangegangenen HHG-Verfahren des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach lediglich insoweit erfolgter Aufhebung des Urteils des Senats vom 25.09.2007 und Zurückverweisung der Sache durch das Bundessozialgericht allein noch, ob der Bescheid vom 22.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2004 insoweit aufzuheben ist, als der Beklagte den Antrag des Klägers vom 17.03.2003 (auch) hinsichtlich der begehrten Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X abgelehnt hat und - bejahendenfalls - die im klägerischen Antrag genauer bezeichneten Bescheide behördlich ganz bzw. teilweise zurückzunehmen sind, die anerkannte Schädigungsfolge mit "posttraumatischer Belastungsstörung" neu zu bezeichnen sowie deren wesentliche Verschlimmerung festzustellen ist, als weitere Schädigungsfolgen ein Schiefhals, ein Suchtverhalten sowie ein Bluthochdruck mit Folgeerkrankungen festzustellen sind und dem Kläger deshalb Beschädigtenrente zu gewähren ist. Im Übrigen, also mit Blick auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Beschädigtenrente wegen Verschlimmerung bereits anerkannter Schädigungsfolgen ist das Urteil des Senats vom 25.09.2007 demgegenüber mangels insoweit eingelegter Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen.
Mit diesem Inhalt ist die Berufung zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf (teilweise) Rücknahme des Bescheides vom 16.08.1994, des Bescheides vom 08.08.1978 sowie des Bescheides vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 und demgemäß auch nicht auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenrente.
Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung der angeführten Bescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn es lässt sich nicht positiv feststellen, dass die zur Überprüfung gestellten Bescheide der Versorgungsverwaltung unter Zugrundelegung der maßgeblichen Rechtsvorschriften der §§ 1 und 4 HHG in Verbindung mit §§ 30, 31 und 60 BVG im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig waren.
Ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit ihm nicht wegen desselben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar auf Grund des BVG zusteht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 HHG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Wenn die Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 4 Abs. 5 Satz 2 HHG).
Unter Zugrundelegung der bei Erlass der zur Überprüfung gestellten Bescheide geltenden und daher im Überprüfungsverfahren anwendbaren Regelungen des BVG erhalten Beschädigte ab einer MdE - nunmehr Grad der Schädigungsfolgen (GdS) - um 30 v.H. eine in der Höhe nach Zehnergraden abgestufte monatliche Grundrente (§ 31 Abs. 1 BVG), wobei eine um 5 v.H. geringere MdE vom höheren Zehnergrad mit umfasst wird (§ 31 Abs. 2 BVG). Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 Satz 1 BVG). Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BVG). Diese Frist verlängert sich dann, wenn der Beschädigte ohne sein Verschulden an der Antragstellung verhindert war, für den Zeitraum der Verhinderung (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BVG). Die MdE ist nach der körperlichen und geistigen Beeiträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen; dabei sind seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BVG).
Nach den im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide geltenden, als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 1983, den insoweit unveränderten nachfolgenden AHP und den seit dem 01.01.2009 an die Stelle der zuletzt geltenden AHP 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP 1983 Nr. 16 Satz 1; jetzt VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP 1983 Nr. 36 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Auch besondere Belastungen, wie sie zum Beispiel in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR gegeben sein können, zählen dazu (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 2 Satz 2; jetzt VG Teil C Nr. 2 b Satz 2). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1; jetzt VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP 1983 Nr. 37 Abs. 4 Sätze 1 bis 3; jetzt VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 1 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 2 Satz 1; jetzt VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP 1983 Nr. 38 Abs. 4 Sätze 1 und 2; jetzt VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
In Anwendung dieser Grundsätze vermag sich der Senat zunächst nicht davon zu überzeugen, dass beim Kläger als Folge der DDR-Haft im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.08.1994 eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach den später geltenden AHP 1996-2008 die Entstehung einer posttraumatischen Belastungsstörung infolge rechtsstaatswidriger Haft in der DDR ausdrücklich in Betracht kam (vgl. Nr. 71 [Folgen psychischer Traumen] und Nr. 139 [Gefangenschafts-, Internierungs- und Haftschäden]). Denn damit ist weder das seinerzeitige Bestehen einer solchen Erkrankung beim Kläger noch die Ursächlichkeit der Haft erwiesen.
Zur Beurteilung der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, berücksichtigt der Senat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR).
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine Gesundheitsstörung nach ICD-10 F 43.1 beziehungsweise DSM-IV-TR 309.81.
Nach ICD-10 F 43.1 gelten folgende Grundsätze: Die posttraumatische Belastungsstörung entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, zum Beispiel zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über.
Nach DSM-IV-TR 309.81 gelten folgende Grundsätze: Das Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung ist die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (Kriterium A1). Die Reaktion der Person auf das Ereignis muss intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (Kriterium A2). Charakteristische Symptome, die aus der Konfrontation mit der extrem traumatischen Situation resultieren, sind das anhaltende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von wiederholten und aufdringlichen Erinnerungen an das Ereignis (Kriterium B1), von wiederkehrenden, quälenden Träumen, in denen das Erlebnis nachgespielt wird oder in anderer Form auftritt (Kriterium B2), von Erleben von oft als "Flashbacks" bezeichneten dissoziativen Zuständen, während derer einzelne Bestandteile des Ereignisses wieder erlebt werden (Kriterium B3) oder, wenn die Person mit Ereignissen konfrontiert wird, die sie an Aspekte des traumatischen Ereignisses erinnern oder die diese symbolisieren, in Form von intensiver psychischer Belastung (Kriterium B4) oder physiologischer Reaktionen (Kriterium B5). Charakteristische Symptome sind auch die andauernde Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma assoziiert sind, und eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität in der Form, dass die Person im Allgemeinen versucht, Gedanken, Gefühle oder Gespräche über das traumatische Ereignis (Kriterium C1) und Aktivitäten, Situationen oder Personen, die die Erinnerung an das Ereignis wachrufen (Kriterium C2) absichtlich zu vermeiden, wobei die Vermeidung des Erinnerns die Unfähigkeit mit einschließen kann, sich an einen wichtigen Aspekt des traumatischen Ereignisses zu erinnern (Kriterium C3), oder in Form von verminderter Reaktionsbereitschaft auf die Umwelt, welche üblicherweise sehr bald nach dem traumatischen Erlebnis eintritt (Kriterium C4), eines Gefühls der Isolierung und Entfremdung von Anderen (Kriterium C5) oder einer deutlich reduzierten Fähigkeit, Gefühle zu empfinden (Kriterium C6) oder in der Form, dass betroffene Personen das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft haben (Kriterium C7). Charakteristische Symptome sind auch anhaltende Symptome erhöhten Arousals in Form von Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten, die durch wiederholte Albträume, in denen das traumatische Erlebnis wieder erlebt wird, hervorgerufen werden können (Kriterium D1), Hypervigilanz (Kriterium D4) und übertriebener Schreckreaktion (Kriterium D5), wobei manche Personen über Reizbarkeit oder Wutausbrüche (Kriterium D2) oder Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu vollenden (Kriterium D3), berichten. Das vollständige Symptombild muss länger als einen Monat anhalten (Kriterium E) und die Störung muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursachen (Kriterium F). Traumatische Erfahrungen, die direkt erlebt wurden, umfassen insbesondere kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, schwere Autounfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Hinsichtlich Beginn und Dauer der Symptome wird unterschieden zwischen der akuten posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Dauer der Symptome weniger als drei Monate beträgt), der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (wenn die Symptome drei Monate oder länger andauern) und der posttraumatischen Belastungsstörung mit verzögertem Beginn (wenn mindestens sechs Monate zwischen dem traumatischen Ereignis und dem Beginn der Symptome vergangen sind). Die Symptome, wie beispielsweise verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz in Form von Hoffnungslosigkeit, sozialer Rückzug, ständiges Gefühl des Bedrohtseins oder beeinträchtigte Beziehung zu anderen oder Veränderung der Persönlichkeit im Vergleich zu früher, beginnen normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma, obwohl sich die Ausbildung der Symptome aber auch um Monate oder sogar Jahre verzögern kann. Die Schwere, Dauer und Nähe der Person bei Konfrontation mit dem traumatischen Ereignis sind die wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der die Störung sich entwickelt. Es gibt Hinweise, dass soziale Unterstützung, Familienanamnese, Kindheitserfahrungen, Persönlichkeitsvariablen und vorbestehende psychische Störungen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung beeinflussen können. Die Störung kann sich auch bei Personen entwickeln, bei denen zuvor keine besondere Auffälligkeit vorhanden war, besonders dann, wenn es sich um eine besonders extreme Belastung handelt.
In Ansehung dessen teilt der Senat zwar die Einschätzung der Sachverständigen E. im auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 16.02.2006, dass auch aus heutiger Sicht noch Symptome einer beim Kläger zu früheren Zeitpunkten bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung festzustellen sind. Indes ergibt sich hieraus nicht der zwingende Schluss, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.08.1994 eine posttraumatische Belastungsstörung vorlag. Zum einen handelt es sich - worauf Dr. G. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.01.2007 zutreffend hingewiesen hat - bei den besagten Symptomen gerade auch um solche unspezifischer Art, wie Nervosität, Schlafstörungen, Kontaktstörungen und depressive Verstimmungen, die auch anderen psychischen Störungen zugeordnet werden können; soweit sich in der Anlage zum Neufeststellungsantrag des Klägers vom 17.03.2003 Angaben über mit der Haft in Verbindung stehende Nachhallerinnerungen bzw. Flashbacks oder Alpträume i. S. der ICD-10 F 43.1 bzw. der B-Kriterien nach DSM-IV-TR 309.81 finden, lässt dies mangels eindeutiger Hinweise aus der vorangegangenen Zeit nicht den Schluss auf das Vorliegen derartiger Symptome (schon) im Jahre 1994 zu. Zum anderen liegt zwischen dem Zeitpunkt der Haftentlassung im Januar 1975 und demjenigen des Erlasses des in Rede stehenden Bescheides vom August 1994 ein Zeitraum von nahezu 20 Jahren, was eine fortbestehende posttraumatische Belastungsstörung als allenfalls möglich erscheinen lässt, nachdem derartige Störungen - wie ausgeführt - nach ICD-10 F 43.1 nur wenigen Fällen über viele Jahre einen chronischen Verlauf nehmen und dann im Übrigen auch in andauernde Persönlichkeitsänderungen übergehen. Einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung widerspricht auch, dass der Kläger bei seiner Begutachtung durch die Internistin Medizinaloberrätin Dr. V. am 27.07.1978 nur noch über Einschlafschwierigkeiten, manchmal bestehende Nervosität sowie wahrscheinlich manchmal hohen Blutdruck klagte und bei sehr gutem Allgemeinzustand von der Sachverständigen Zeichen einer körperlichen oder seelischen Erschöpfung nicht mehr festgestellt wurden. Hinzu kommen die angesichts des verstrichenen Zeitraums von mehr als 30 Jahren nach dem in Frage kommenden Trauma und von rund 11 1/2 Jahren nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestehenden Unsicherheiten bei der Beurteilung insbesondere der angeführten unspezifischen Symptome und mithin auch der retrospektiven Diagnose. Dies gilt umso mehr, als die Sachverständige von der Beurteilung in den zeitnäheren Gutachten von Dr. R. vom 02.04.1991, nebst Befragung durch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in der öffentlichen Sitzung vom 13.10.1992, und von Dr. V. vom 01.12.1992 abweicht, die von einer neurotischen Persönlichkeitsentwicklung bzw. primär anlagebedingten Fehlentwicklung der Persönlichkeit ausgegangen sind, obschon die posttraumatische Belastungsstörung zu jener Zeit nicht mehr gänzlich unbekannt war.
Lässt sich danach das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.08.1994 nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, so ist auch der vom Kläger behauptete Kausalzusammenhang zwischen der DDR-Haft und den von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen Schiefhals, Suchterkrankung sowie Bluthochdruck nicht wahrscheinlich. Denn nachdem die Sachverständige E. den Alkoholmissbrauch des Klägers sowie die fortbestehende Stressreaktion auf die nicht erweisliche posttraumatische Belastungsstörung gestützt hat, vermag sich der Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass bei Erlass des Bescheides vom 08.08.1978 ein ursächlich wesentlich durch die Haft hervorgerufener Bluthochdruck sowie bei Ergehen des Bescheides vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 eine kausal durch die Haft bedingte Suchterkrankung vorlag. Anhaltspunkte für eine andere als idiopathische Ursache für den Schiefhals (vgl. hierzu die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Prof. Dr. G. vom 04.08.2006) bestehen - wiederum bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 20.03.1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1985 - mangels nachweisbarer posttraumatischer Belastungsstörung ebenfalls nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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