Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 5220/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2650/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.04.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die behördliche Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen RF).
Der im Jahre 1960 geborene Kläger leidet infolge einer Multiplen Sklerose an Bewegungsstörungen und einer Blasenentleerungsstörung sowie zusätzlich an einer Sehbehinderung. Deshalb wurde bei ihm vom damaligen Versorgungsamt K. im Jahre 1996 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und mit Bescheid vom 17.09.1997 ein GdB von 80 sowie eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G) festgestellt. Den erneuten, zugleich auf Feststellung der Merkzeichen aG und RF gerichteten Erhöhungsantrag des Klägers vom 08.07.2002 lehnte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 18.10.2002 ab.
Mit seinen weiteren, am 06.04. und 28.07.2005 gestellten Neufeststellungsanträgen begehrte der Kläger wiederum die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Merkzeichen B (Notwendigkeit ständiger Begleitung), aG, H (Hilflosigkeit), RF und Bl (Blindheit). Mit Bescheid vom 03.08.2005 stellte das nunmehr zuständige Landratsamt C. wegen der Funktionsbeeinträchtigungen Organisches Nervenleiden, Entleerungsstörung der Harnblase und Störungen der Koordination (Teil-GdB 70) sowie Sehminderung beidseitig und teilweiser Gesichtsfeldausfall beidseits (Teil-GdB 40) beim Kläger einen GdB von 90 seit Antragstellung sowie das Merkzeichen B fest; das Merkzeichen G bleibe festgestellt. Die Feststellung der Merkzeichen aG, H, RF und Bl lehnte das Landratsamt ab. Den mit dem Ziel der Feststellung der Merkzeichen aG und RF erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2005 zurück.
Am 22.12.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Klage. Das Sozialgericht holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der Hausärztin Dr. V. vom 20.02.2006 (Behandlung seit 1995; Klagen des Patienten über zunehmende Blasenentleerungsstörung, Gangstörung und Zuckungen im linken Bein, keine Besserung im Verlaufe der Behandlung), des Urologen Dr. G. vom 23.02.2006 (Behandlung seit 1996; Klagen des Patienten über eine Blasenentleerungsstörung im Sinne eines deutlich verstärkten Harndranggefühls mit teilweise imperativem Charakter und über ungenügende Blasenentleerung mit Restharngefühl, zeitweiser ungewollter Harnverlust im Sinne einer Urge-Inkontinenz, keine wesentliche Änderung im Laufe der vergangenen 10 Jahre) sowie des Neurologen und Psychiaters Priv. Doz. Dr. Sch. vom 07.03.2006 (Behandlung seit 1996; im Jahre 2005 Vorstellung wegen einer Störung des rechten Auges, gleichzeitig deutliche Verschlechterung des Gehvermögens und Verkürzung der Gehstrecke auf im Dezember 2005 100 bis 200 m mit Gehstütze) ein und zog die Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung Bund bei. Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 30.05.2006 vor (bei einer Gehstrecke von 100 bis 200 m mit Hilfe einer Gehstütze bei mäßiger Gangataxie keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung; Besuch öffentlicher Veranstaltungen mit Hilfe von Begleitpersonen oder technischen Hilfsmitteln in nennenswertem Umfang zumutbar).
Mit Gerichtsbescheid vom 24.04.2007 wies das Sozialgericht Karlsruhe die Klage ab. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen aG seien nicht erfüllt, nachdem der Kläger bei mäßiger Gangataxie mit Hilfe einer Gehstütze noch 100 bis 200 m gehen könne. Hinsichtlich des Merkzeichens RF gelte unter Berücksichtigung der Blasenentleerungsstörung mit zeitweise ungewolltem Harnverlust im Ergebnis nichts anderes, da der Kläger Inkontinenzartikel verwenden könne und darüber hinaus auch bei vielen öffentlichen Veranstaltungen Toiletten relativ rasch erreichbar seien; auch sei es zumutbar, vor einer öffentlichen Veranstaltung gezielt weniger Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 27.04.2007 zugestellt.
Am 25.05.2007 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf Äußerungen der behandelnden Ärzte, der Allgemeinmedizinerin J. vom 08.11.2007 (keine Angaben zur Gehstrecke möglich, nach eigener Beobachtung aber langsames, sehr bedächtiges und den linken Fuß nachziehendes Gehen des Klägers über den Parkplatz zur Praxis), von Dr. G. vom 13.11.2007 (Harndranggefühl mit oft sehr starkem [imperativem] Charakter und sehr kurzer Vorwarnzeit [10-20 Sekunden] und gelegentlich unwillkürlichem Harnverlust) und von Priv. Doz. Dr. Sch. vom 21.11.2007 (nach Angabe des Klägers übliche Gehstrecke von nicht viel mehr als 10 m mit Gehstütze; bei größeren Strecken von 30 bis 40 m oder auch 50 m meist nach jeweils 10 m Pause für etwa eine Minute erforderlich; erneute schubförmige Verschlechterung der Erkrankung im Juni 2007) berufen. Auf Anfrage des Gerichts hat der Kläger selbst mit Schreiben vom 19.12.2007 angegeben, er könne noch ca. 50 m mit einer Gehhilfe oder 500 m mit Hilfe seiner Frau zu Fuß zurücklegen. Darüber hinaus hat er Berichte des Klinikums N. vom 06.05.2008 (letzter MS-Schub vor ca. vier Jahren) und des Neurologischen Rehabilitationszentrums Q. vom 07.08.2008 (SPK-Anlage am 06.06.2008, Verbesserungen der maximalen Wegstrecke von 20 m mit Gehstock auf 300 m mit Rollator) sowie das Attest des Allgemeinmediziners Dr. B. vom 15.01.2009 (maximale Gehstrecke mit Gehstock nur wenig mehr als 20 m) vorgelegt.
Der Beklagte hat versorgungsärztliche Stellungnahmen von Dr. K. vom 20.03.2008 und von Dr. B. vom 02.12.2008 (organisches Nervenleiden, künstliche Harnableitung nach außen und Störung der Koordination [Teil-GdB 90] sowie Sehminderung beidseits und teilweiser Gesichtsfeldausfall beidseits [Teil-GdB 40]; Gesamt-GdB 100 ab Juni 2008) vorgelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. B. das Gutachten vom 17.02.2009 erstattet. Darin heißt es, erinnerlich sei eine Beobachtung, bei der der Kläger auf wenigen Metern zu ebener Erde auf dem Parkplatz ein sehr schwerfälliges Gangbild mit Nachziehen des Beines gezeigt habe, wobei er sich auf den Arm der Ehefrau und einen Gehstock gestützt habe. Diese Beobachtung lasse nicht die Annahme zu, dass größere Gehstrecken als die vom Neurologischen Rehabilitationszentrum Q. im Bericht vom 07.08.2008 beschriebene maximale Gehstrecke mit Gehstock von ca. 20 m zurückgelegt werden könnten. Die vom Kläger im Oktober 2007 beschriebene Erfahrung, gelegentlich das Gefühl zu haben "wie ins Leere zu treten", sei aufgrund der genannten Beobachtung erklärlich. Den Merkmalen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung komme der Kläger recht nahe. Für den Besuch öffentlicher Veranstaltungen sei ein Transfer bei rollstuhlgerechtem Zugang nicht sehr problematisch. Denkbar sei sicherlich eine psychische Hemmung wegen der auffälligen Körperbehinderung. Die Stuhl- und Urininkontinenz habe bei Besuchen in der Praxis keine sozial problematische Auffälligkeit ergeben. Bei längerer Verweildauer bei einer öffentlichen Veranstaltung sei dies aber denkbar. Ob der Kläger aufgrund seiner Funktionsbeeinträchtigungen praktisch an das Haus gebunden sei, könne nicht beurteilt werden.
Auf Anregung des Beklagten, von Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.05.2009 sowie des Klägers hat der Senat von Amts wegen das neurologische Gutachten von Dr. Dipl.-Psych. H. vom 24.09.2009 eingeholt. Darin ist ausgeführt, der Kläger leide an einer sekundär chronisch progredient verlaufenden Multiplen Sklerose mit im Vordergrund stehender links- und beinbetonter spastischer Tetrasymptomatik, Stand- und Gangataxie, Blasenentleerungsstörung sowie einer MS-bedingten Fatigue. Dies führe zu einer Beeinträchtigung der Gehfähigkeit. Der Kläger könne mit dem Gehstock eine Strecke von ca. 5 bis 10 m, mit dem Rollator mindestens 100 m zurücklegen, die letztgenannte Strecke allerdings mit erheblicher Anstrengung. Mit Querschnittsgelähmten, Doppeloberschenkelamputierten, Doppelunterschenkelamputierten, Hüftexartikulierten, einseitig Oberschenkelamputierten, die dauernd außerstande seien, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen könnten oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert seien, herzgeschädigten Schwerbehinderten mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz oder Schwerbehinderten mit Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkungen der Lungenfunktion schweren Grades sei er nicht vergleichbar. Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen sei zwar erschwert, da der Kläger den Weg zu solchen Veranstaltungen in der Regel nicht allein zurücklegen könne, die Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen mit einer Dauer von 1 1/2 bis 2 Stunden sei ihm allerdings möglich. Die früher bestehende Blasenentleerungsstörung sei nach Anlage des suprapubischen Blasenkatheters kein Hinderungsgrund mehr. Praktisch an das Haus gebunden sei der Kläger aufgrund seiner Funktionsbeeinträchtigungen nicht.
Der Kläger beantragt (sachdienliche Fassung),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.04.2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) und der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen RF) jeweils ab dem 06.04.2005 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Feststellung der begehrten Merkzeichen aG und RF.
Zwar ist das mit der gegen den Bescheid vom 03.08.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 gerichteten Anfechtungsklage verbundene Leistungsbegehren des Klägers zutreffend unmittelbar auf Feststellung der genannten Merkzeichen gerichtet. Insbesondere bedarf es nämlich für eine solche Feststellung nicht der vorherigen Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2002 oder des Bescheides vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn nachdem mit diesen Verwaltungsentscheidungen die Gewährung der auch nunmehr wieder erstrebten Merkzeichen abgelehnt worden ist, eine solche Ablehnung aber keine Wirkung für die Zukunft entfaltet, liegt kein der hier erstrebten späteren Feststellung entgegenstehender Dauerverwaltungsakt vor.
Die danach erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung der genannten Merkzeichen hat das Sozialgericht im Gerichtsbescheid vom 24.04.2007 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
An diesen Anforderungen hat sich im Hinblick auf das Merkzeichen aG durch die Auflage 2008 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) - AHP - und auch unter Zugrundelegung der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" - VG (Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG [Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 BGBl. I, S. 2412]) - nichts geändert.
Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger erstrebten Feststellung des Merkzeichens RF mit Blick auf den zum 01.04.2005 in Kraft getretenen Achten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag [vgl. für Baden-Württemberg Gesetz vom 17.03.2005, GBl. 2005, S. 189]). Allerdings sieht der Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) vom 31.08.1991 (GBI. 1991, S. 745; zuletzt geändert durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 18.12.2008 [GBI. 2009, S. 130]) seither in § 6 Abs. 4 verfahrensrechtlich vor, dass die zuständige Landesrundfunkanstalt über den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht entscheidet (wobei die Verwaltungsgeschäfte des Rundfunkgebühreneinzugs nach § 2 Satz 1 der Satzung des Südwestrundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 17.06.1998 [GBl. 1998, S. 551] von der Gebühreneinzugszentrale [GEZ] in Köln durchgeführt werden) und trifft § 6 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 eine eigenständige materiell-rechtliche Befreiungsregelung. Damit ist zwar die Rundfunkbefreiungsverordnung des Landes außer Kraft getreten und obliegt die Feststellung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht mehr den Sozialbehörden. Indes hat sich hierdurch an der auf § 69 Abs. 4 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zurückgehenden Zuständigkeit der Versorgungsämter zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht" nichts geändert und ist - angesichts der mit Nr. 33 Abs. 2 der AHP 2004 im Wesentlichen übereinstimmenden Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 RGebStV - auch materiell-rechtlich keine Änderung der Beurteilungsgrundlagen für die Feststellung des Merkzeichens RF eingetreten (vgl. hierzu auch das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 12.03.2008 [IV c 6 - 48065 - 3]).
Diese Anforderungen sind vorliegend weder mit Blick auf das Merkzeichen aG noch das Merkzeichen RF erfüllt. Auch dies hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist mit Blick auf die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen und das Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen Folgendes auszuführen:
Der Bericht des Neurologischen Rehabilitationszentrums Q. vom 07.08.2008 sowie das Gutachten des Neurologen Dr. H. vom 24.09.2009 lassen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung des Klägers nicht zu. Denn der Kläger kann sich mittels eines Rollators außerhalb eines Kraftfahrzeuges fortbewegen, ohne dass es hierzu ab den ersten Schritten einer großen Anstrengung bedarf. Darauf, dass er für das Zurücklegen einer Wegstrecke von 100 Metern eine erhebliche Anstrengung aufbringen muss (vgl. hierzu das Gutachten von Dr. H.) kommt es nicht an. Aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. B. vom 17.02.2009 ergibt sich nichts anderes. Dementsprechend hat Dr. H. auch eine Vergleichbarkeit der Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers mit den in Teil B Nr. 31 Abs. 3 und 4 der AHP 2004 und 2008 sowie Teil D Nr. 3 Buchst. b und c der VG aufgeführten Personengruppen, bei denen eine außergewöhnliche Gehbehinderung anzunehmen ist, verneint. Auch Dr. B. ist im Ergebnis nicht von einer Vergleichbarkeit des Klägers mit dieser Personengruppe ausgegangen. Denn er hat auf die entsprechende Frage des Senats lediglich ausgeführt, der Kläger komme dieser Gruppe "recht nahe".
Hinsichtlich des Merkzeichens RF ergibt sich nichts anderes. Hierzu hat der Sachverständige Dr. H. schlüssig ausgeführt, dass der Kläger unter Berücksichtigung seiner Funktionsbeeinträchtigungen nicht gleichsam an das Haus gebunden ist. Vielmehr ist ihm unter Zuhilfenahme eines Rollstuhls sowie einer Begleitperson der Besuch öffentlicher Veranstaltungen möglich und ist er darüber hinaus auch in der Lage, wie im Rahmen der ärztlichen Untersuchung eineinhalb bis 2 Stunden im Rollstuhl zu sitzen. Die in der Vergangenheit bestehenden Blasenentleerungsstörungen - die nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts seinerzeit eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht zu begründen vermochten - bestehen zudem nach Anlage des suprapubischen Blasenkatheters nicht mehr. Eine abweichende Einschätzung ergibt sich schließlich auch insoweit aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten von Dr. B. nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die behördliche Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen RF).
Der im Jahre 1960 geborene Kläger leidet infolge einer Multiplen Sklerose an Bewegungsstörungen und einer Blasenentleerungsstörung sowie zusätzlich an einer Sehbehinderung. Deshalb wurde bei ihm vom damaligen Versorgungsamt K. im Jahre 1996 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und mit Bescheid vom 17.09.1997 ein GdB von 80 sowie eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G) festgestellt. Den erneuten, zugleich auf Feststellung der Merkzeichen aG und RF gerichteten Erhöhungsantrag des Klägers vom 08.07.2002 lehnte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 18.10.2002 ab.
Mit seinen weiteren, am 06.04. und 28.07.2005 gestellten Neufeststellungsanträgen begehrte der Kläger wiederum die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Merkzeichen B (Notwendigkeit ständiger Begleitung), aG, H (Hilflosigkeit), RF und Bl (Blindheit). Mit Bescheid vom 03.08.2005 stellte das nunmehr zuständige Landratsamt C. wegen der Funktionsbeeinträchtigungen Organisches Nervenleiden, Entleerungsstörung der Harnblase und Störungen der Koordination (Teil-GdB 70) sowie Sehminderung beidseitig und teilweiser Gesichtsfeldausfall beidseits (Teil-GdB 40) beim Kläger einen GdB von 90 seit Antragstellung sowie das Merkzeichen B fest; das Merkzeichen G bleibe festgestellt. Die Feststellung der Merkzeichen aG, H, RF und Bl lehnte das Landratsamt ab. Den mit dem Ziel der Feststellung der Merkzeichen aG und RF erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2005 zurück.
Am 22.12.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Klage. Das Sozialgericht holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der Hausärztin Dr. V. vom 20.02.2006 (Behandlung seit 1995; Klagen des Patienten über zunehmende Blasenentleerungsstörung, Gangstörung und Zuckungen im linken Bein, keine Besserung im Verlaufe der Behandlung), des Urologen Dr. G. vom 23.02.2006 (Behandlung seit 1996; Klagen des Patienten über eine Blasenentleerungsstörung im Sinne eines deutlich verstärkten Harndranggefühls mit teilweise imperativem Charakter und über ungenügende Blasenentleerung mit Restharngefühl, zeitweiser ungewollter Harnverlust im Sinne einer Urge-Inkontinenz, keine wesentliche Änderung im Laufe der vergangenen 10 Jahre) sowie des Neurologen und Psychiaters Priv. Doz. Dr. Sch. vom 07.03.2006 (Behandlung seit 1996; im Jahre 2005 Vorstellung wegen einer Störung des rechten Auges, gleichzeitig deutliche Verschlechterung des Gehvermögens und Verkürzung der Gehstrecke auf im Dezember 2005 100 bis 200 m mit Gehstütze) ein und zog die Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung Bund bei. Hierzu legte der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 30.05.2006 vor (bei einer Gehstrecke von 100 bis 200 m mit Hilfe einer Gehstütze bei mäßiger Gangataxie keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung; Besuch öffentlicher Veranstaltungen mit Hilfe von Begleitpersonen oder technischen Hilfsmitteln in nennenswertem Umfang zumutbar).
Mit Gerichtsbescheid vom 24.04.2007 wies das Sozialgericht Karlsruhe die Klage ab. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen aG seien nicht erfüllt, nachdem der Kläger bei mäßiger Gangataxie mit Hilfe einer Gehstütze noch 100 bis 200 m gehen könne. Hinsichtlich des Merkzeichens RF gelte unter Berücksichtigung der Blasenentleerungsstörung mit zeitweise ungewolltem Harnverlust im Ergebnis nichts anderes, da der Kläger Inkontinenzartikel verwenden könne und darüber hinaus auch bei vielen öffentlichen Veranstaltungen Toiletten relativ rasch erreichbar seien; auch sei es zumutbar, vor einer öffentlichen Veranstaltung gezielt weniger Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 27.04.2007 zugestellt.
Am 25.05.2007 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf Äußerungen der behandelnden Ärzte, der Allgemeinmedizinerin J. vom 08.11.2007 (keine Angaben zur Gehstrecke möglich, nach eigener Beobachtung aber langsames, sehr bedächtiges und den linken Fuß nachziehendes Gehen des Klägers über den Parkplatz zur Praxis), von Dr. G. vom 13.11.2007 (Harndranggefühl mit oft sehr starkem [imperativem] Charakter und sehr kurzer Vorwarnzeit [10-20 Sekunden] und gelegentlich unwillkürlichem Harnverlust) und von Priv. Doz. Dr. Sch. vom 21.11.2007 (nach Angabe des Klägers übliche Gehstrecke von nicht viel mehr als 10 m mit Gehstütze; bei größeren Strecken von 30 bis 40 m oder auch 50 m meist nach jeweils 10 m Pause für etwa eine Minute erforderlich; erneute schubförmige Verschlechterung der Erkrankung im Juni 2007) berufen. Auf Anfrage des Gerichts hat der Kläger selbst mit Schreiben vom 19.12.2007 angegeben, er könne noch ca. 50 m mit einer Gehhilfe oder 500 m mit Hilfe seiner Frau zu Fuß zurücklegen. Darüber hinaus hat er Berichte des Klinikums N. vom 06.05.2008 (letzter MS-Schub vor ca. vier Jahren) und des Neurologischen Rehabilitationszentrums Q. vom 07.08.2008 (SPK-Anlage am 06.06.2008, Verbesserungen der maximalen Wegstrecke von 20 m mit Gehstock auf 300 m mit Rollator) sowie das Attest des Allgemeinmediziners Dr. B. vom 15.01.2009 (maximale Gehstrecke mit Gehstock nur wenig mehr als 20 m) vorgelegt.
Der Beklagte hat versorgungsärztliche Stellungnahmen von Dr. K. vom 20.03.2008 und von Dr. B. vom 02.12.2008 (organisches Nervenleiden, künstliche Harnableitung nach außen und Störung der Koordination [Teil-GdB 90] sowie Sehminderung beidseits und teilweiser Gesichtsfeldausfall beidseits [Teil-GdB 40]; Gesamt-GdB 100 ab Juni 2008) vorgelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. B. das Gutachten vom 17.02.2009 erstattet. Darin heißt es, erinnerlich sei eine Beobachtung, bei der der Kläger auf wenigen Metern zu ebener Erde auf dem Parkplatz ein sehr schwerfälliges Gangbild mit Nachziehen des Beines gezeigt habe, wobei er sich auf den Arm der Ehefrau und einen Gehstock gestützt habe. Diese Beobachtung lasse nicht die Annahme zu, dass größere Gehstrecken als die vom Neurologischen Rehabilitationszentrum Q. im Bericht vom 07.08.2008 beschriebene maximale Gehstrecke mit Gehstock von ca. 20 m zurückgelegt werden könnten. Die vom Kläger im Oktober 2007 beschriebene Erfahrung, gelegentlich das Gefühl zu haben "wie ins Leere zu treten", sei aufgrund der genannten Beobachtung erklärlich. Den Merkmalen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung komme der Kläger recht nahe. Für den Besuch öffentlicher Veranstaltungen sei ein Transfer bei rollstuhlgerechtem Zugang nicht sehr problematisch. Denkbar sei sicherlich eine psychische Hemmung wegen der auffälligen Körperbehinderung. Die Stuhl- und Urininkontinenz habe bei Besuchen in der Praxis keine sozial problematische Auffälligkeit ergeben. Bei längerer Verweildauer bei einer öffentlichen Veranstaltung sei dies aber denkbar. Ob der Kläger aufgrund seiner Funktionsbeeinträchtigungen praktisch an das Haus gebunden sei, könne nicht beurteilt werden.
Auf Anregung des Beklagten, von Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.05.2009 sowie des Klägers hat der Senat von Amts wegen das neurologische Gutachten von Dr. Dipl.-Psych. H. vom 24.09.2009 eingeholt. Darin ist ausgeführt, der Kläger leide an einer sekundär chronisch progredient verlaufenden Multiplen Sklerose mit im Vordergrund stehender links- und beinbetonter spastischer Tetrasymptomatik, Stand- und Gangataxie, Blasenentleerungsstörung sowie einer MS-bedingten Fatigue. Dies führe zu einer Beeinträchtigung der Gehfähigkeit. Der Kläger könne mit dem Gehstock eine Strecke von ca. 5 bis 10 m, mit dem Rollator mindestens 100 m zurücklegen, die letztgenannte Strecke allerdings mit erheblicher Anstrengung. Mit Querschnittsgelähmten, Doppeloberschenkelamputierten, Doppelunterschenkelamputierten, Hüftexartikulierten, einseitig Oberschenkelamputierten, die dauernd außerstande seien, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen könnten oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert seien, herzgeschädigten Schwerbehinderten mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz oder Schwerbehinderten mit Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkungen der Lungenfunktion schweren Grades sei er nicht vergleichbar. Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen sei zwar erschwert, da der Kläger den Weg zu solchen Veranstaltungen in der Regel nicht allein zurücklegen könne, die Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen mit einer Dauer von 1 1/2 bis 2 Stunden sei ihm allerdings möglich. Die früher bestehende Blasenentleerungsstörung sei nach Anlage des suprapubischen Blasenkatheters kein Hinderungsgrund mehr. Praktisch an das Haus gebunden sei der Kläger aufgrund seiner Funktionsbeeinträchtigungen nicht.
Der Kläger beantragt (sachdienliche Fassung),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.04.2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) und der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Merkzeichen RF) jeweils ab dem 06.04.2005 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Feststellung der begehrten Merkzeichen aG und RF.
Zwar ist das mit der gegen den Bescheid vom 03.08.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 gerichteten Anfechtungsklage verbundene Leistungsbegehren des Klägers zutreffend unmittelbar auf Feststellung der genannten Merkzeichen gerichtet. Insbesondere bedarf es nämlich für eine solche Feststellung nicht der vorherigen Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2002 oder des Bescheides vom 03.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn nachdem mit diesen Verwaltungsentscheidungen die Gewährung der auch nunmehr wieder erstrebten Merkzeichen abgelehnt worden ist, eine solche Ablehnung aber keine Wirkung für die Zukunft entfaltet, liegt kein der hier erstrebten späteren Feststellung entgegenstehender Dauerverwaltungsakt vor.
Die danach erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung der genannten Merkzeichen hat das Sozialgericht im Gerichtsbescheid vom 24.04.2007 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
An diesen Anforderungen hat sich im Hinblick auf das Merkzeichen aG durch die Auflage 2008 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) - AHP - und auch unter Zugrundelegung der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" - VG (Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG [Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 BGBl. I, S. 2412]) - nichts geändert.
Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger erstrebten Feststellung des Merkzeichens RF mit Blick auf den zum 01.04.2005 in Kraft getretenen Achten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag [vgl. für Baden-Württemberg Gesetz vom 17.03.2005, GBl. 2005, S. 189]). Allerdings sieht der Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) vom 31.08.1991 (GBI. 1991, S. 745; zuletzt geändert durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 18.12.2008 [GBI. 2009, S. 130]) seither in § 6 Abs. 4 verfahrensrechtlich vor, dass die zuständige Landesrundfunkanstalt über den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht entscheidet (wobei die Verwaltungsgeschäfte des Rundfunkgebühreneinzugs nach § 2 Satz 1 der Satzung des Südwestrundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 17.06.1998 [GBl. 1998, S. 551] von der Gebühreneinzugszentrale [GEZ] in Köln durchgeführt werden) und trifft § 6 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 eine eigenständige materiell-rechtliche Befreiungsregelung. Damit ist zwar die Rundfunkbefreiungsverordnung des Landes außer Kraft getreten und obliegt die Feststellung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht mehr den Sozialbehörden. Indes hat sich hierdurch an der auf § 69 Abs. 4 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zurückgehenden Zuständigkeit der Versorgungsämter zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht" nichts geändert und ist - angesichts der mit Nr. 33 Abs. 2 der AHP 2004 im Wesentlichen übereinstimmenden Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 RGebStV - auch materiell-rechtlich keine Änderung der Beurteilungsgrundlagen für die Feststellung des Merkzeichens RF eingetreten (vgl. hierzu auch das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 12.03.2008 [IV c 6 - 48065 - 3]).
Diese Anforderungen sind vorliegend weder mit Blick auf das Merkzeichen aG noch das Merkzeichen RF erfüllt. Auch dies hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist mit Blick auf die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen und das Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen Folgendes auszuführen:
Der Bericht des Neurologischen Rehabilitationszentrums Q. vom 07.08.2008 sowie das Gutachten des Neurologen Dr. H. vom 24.09.2009 lassen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung des Klägers nicht zu. Denn der Kläger kann sich mittels eines Rollators außerhalb eines Kraftfahrzeuges fortbewegen, ohne dass es hierzu ab den ersten Schritten einer großen Anstrengung bedarf. Darauf, dass er für das Zurücklegen einer Wegstrecke von 100 Metern eine erhebliche Anstrengung aufbringen muss (vgl. hierzu das Gutachten von Dr. H.) kommt es nicht an. Aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. B. vom 17.02.2009 ergibt sich nichts anderes. Dementsprechend hat Dr. H. auch eine Vergleichbarkeit der Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers mit den in Teil B Nr. 31 Abs. 3 und 4 der AHP 2004 und 2008 sowie Teil D Nr. 3 Buchst. b und c der VG aufgeführten Personengruppen, bei denen eine außergewöhnliche Gehbehinderung anzunehmen ist, verneint. Auch Dr. B. ist im Ergebnis nicht von einer Vergleichbarkeit des Klägers mit dieser Personengruppe ausgegangen. Denn er hat auf die entsprechende Frage des Senats lediglich ausgeführt, der Kläger komme dieser Gruppe "recht nahe".
Hinsichtlich des Merkzeichens RF ergibt sich nichts anderes. Hierzu hat der Sachverständige Dr. H. schlüssig ausgeführt, dass der Kläger unter Berücksichtigung seiner Funktionsbeeinträchtigungen nicht gleichsam an das Haus gebunden ist. Vielmehr ist ihm unter Zuhilfenahme eines Rollstuhls sowie einer Begleitperson der Besuch öffentlicher Veranstaltungen möglich und ist er darüber hinaus auch in der Lage, wie im Rahmen der ärztlichen Untersuchung eineinhalb bis 2 Stunden im Rollstuhl zu sitzen. Die in der Vergangenheit bestehenden Blasenentleerungsstörungen - die nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts seinerzeit eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht zu begründen vermochten - bestehen zudem nach Anlage des suprapubischen Blasenkatheters nicht mehr. Eine abweichende Einschätzung ergibt sich schließlich auch insoweit aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten von Dr. B. nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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