L 10 U 6006/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 2408/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 6006/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.10.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Wege des Zugunstenverfahrens, die Beklagte zur Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente wegen eines Unfalls vom 21.03.1996 zu verurteilen.

Der am 08.05.1951 geborene Kläger kam am 21.03.1996 im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Versicherungskaufmann auf der Heimfahrt von einem Kundenbesuch mit seinem Kraftfahrzeug von der Straße ab und fuhr gegen einen Baum. Als Unfallfolgen diagnostizierte der Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des St. J. in D. , Dr. K. , wo der Kläger stationär vom 21.03.1996 bis 01.04.1996 behandelt wurde, eine HWS-Distorsion und eine Thoraxprellung. Der radiologische Befund ergab - so Dr. K. - keinen Hinweis für eine frische knöcherne Verletzung im Bereich der HWS, der LWS, des Thorax und der BWS.

Bereits vor dem streitgegenständlichen Ereignis vom März 1996 hatte der Kläger anlässlich von Auffahrunfällen im Oktober 1985, November 1985 und Juni 1987 HWS-Distorsionen erlitten, ebenso im Dezember 1988, wo er mit dem Pkw gegen einen Baum fuhr. Im März 1989 wurde er in seinem Kraftfahrzeug von zwei mitgenommenen Anhaltern überfallen (von hinten gewürgt). Einen weiteren Auffahrunfall mit HWS-Distorsion erlitt der Kläger im September 1991. Im Rahmen der von der Beklagten diesbezüglich beigezogenen ärztlichen Befunde und bezüglich der Unfälle vom November 1985 und Juni 1987 erstatteten Gutachten berichtete u.a. der Orthopäde Dr. Sch. über Behandlungen des Klägers im Zeitraum von Oktober 1985 bis August 1994. Dabei gab er an, nach den im Oktober und November 1985 erlittenen Halswirbelsäulendistorsionen sei der Kläger nach Heilverfahren beschwerdefrei geworden. Anlässlich des Unfalls vom Juni 1987 hätten sich die Halswirbelsäulenbeschwerden wieder verstärkt. Nach dem erneuten Schleudertrauma vom September 1991 hätten stationäre Behandlungen in der Fachklinik E. stattgefunden, wo ein chronisch persistierendes Halswirbelsäulensyndrom nach mehrfachen Halswirbelsäulentraumen und ein Nucleusprolaps HWK 5/6 festgestellt worden sei. Im Juni 1994 habe er den Kläger wegen Schmerzen im gesamten Rücken mit Ausstrahlung in den Kopf behandelt, eine erneute Vorstellung habe am 05.07.1994 wegen einem Torticollis (Schiefhals) mit Schwindelerscheinungen stattgefunden. Bei seiner letzten Untersuchung am 17.08.1994 sei die Nackenmuskulatur verspannt gewesen und es habe eine erhebliche Funktionsminderung im Halswirbelsäulenbereich vorgelegen. Eine weitere Behandlung habe nicht stattgefunden, weil der Kläger nicht bereit gewesen sei, seine Rechnungen zu zahlen.

Aus den von der Beklagten beigezogenen Entlassungsberichten über die stationären Behandlungen in der Fachklinik E., H. am See vom Februar bis April 1992, November/Dezember 1992, September/Oktober 1993 und Dezember 1994 bis Januar 1995 gehen Behandlungen wegen einem chronischen HWS-Syndrom bei Zustand nach komplexen HWS-Distorsionen und einer reaktiven Depression mit neuropsychologischen Störungen hervor, wobei der Kläger bereits damals über belastungs- und haltungsinduzierte HWS-Beschwerden sowie ein teilweise auftretendes Taubheitsgefühl in beiden Armen unter Einschluss des 4. und 5. Fingers rechts mehr als links, ab und zu auftretende Schwindelgefühle mit Brechreiz, starke Konzentrationsschwierigkeiten und eine eingeschränkte Merkfähigkeit sowie zeitweilige Wortfindungsstörungen, eine schnelle Ermüdbarkeit und ein häufiges Auftreten von depressiven Phasen, kurzzeitige Absencen, ständige Kopf- und Nackenschmerzen, innere Unruhe, ein schlechtes Gedächtnis, eine erheblich beeinträchtigte Aufmerksamkeit, ein teilweises Verschwommensehen unter erhöhter Belastung und einen gelegentlich auftretenden Tinnitus klagte. In dem von der Beklagten außerdem beigezogenen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. N. vom Februar 1992, berichtete dieser über seit Juli 1987 auftretende "Blackouts", die die weiteren Unfälle vom Mai und Dezember 1988 zur Folge gehabt hätten. Parallel hierzu sei es zu häufigen Schwindelzuständen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie einer abnorm schnellen Ermüdbarkeit gekommen. Der Kläger sei in affektiven Stresssituationen viel geringer belastbar, als früher, neige zu Affektdurchbrüchen und depressiven Reaktionen, wobei sämtliche Symptome auch weiterhin fort bestünden.

Wegen der Folgen des streitgegenständlichen Unfalls vom 21.03.1996 begab sich der Kläger in ambulante Behandlung bei dem Orthopäden Dr. M ... Dieser beschrieb auf Grund einer Untersuchung vom 02.04.1996 einen massiven Hartspann der nuchalen Rückenstrecker beidseits, eine mittelgradig schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule in allen Ebenen, einen Druckschmerz über den Dornfortsätzen C6/7 und Schwindelerscheinungen sowie Doppelbilder. Der Neurologe und Psychiater Dr. H. beschrieb auf Grund einer Untersuchung vom 23.04.1996 eine HWS-Distorsion ohne neurologische Komplikationen und rezidivierende Synkopen unklarer Ursache sowie eine neurotisch-depressive Entwicklung. Bei rezidivierenden Synkopen dürfe der Kläger vorerst nicht Auto fahren. Nach Beiziehung eines Auszugs über ärztliche Behandlungen von der privaten K. des Klägers, der Vereinte K. AG, und der ärztlichen Unterlagen bezüglich der vorangegangenen Unfälle des Klägers beauftragte die Beklagte Dr. K. , Neurochirurg und Oberarzt an der Neurochirurgischen/Neurotraumatologischen Abteilung der B. Unfallklinik F. , mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser führte aus, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach mehrfachen distorsionellen Verletzungen / Beschleunigungstraumen der Halswirbelsäule ohne Nachweis einer makrostrukturellen Schädigung, ein chronifiziertes depressives Syndrom bei psychiatrischerseits diagnostizierter traumatischer Konversionsneurose mit ängstlich-neurasthenischen Zügen und geringe degenerative Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule und der unteren Lendenwirbelsäule. Die traumatische Konversionsneurose habe bereits vor dem streitgegenständlichen Ereignis vorgelegen und die Erwerbsfähigkeit herabgesetzt. Das jetzige Zustandsbild mit den vielschichtigen geklagten Beschwerdesymptomen und den sicherlich vorhandenen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit sei nicht oder zumindest nicht überwiegend Folge des Unfallereignisses vom 21.03.1996, sondern im Sinne einer Konversionsneurose und vielfältigen Somatisierungstendenzen bereits mehrere Jahre vor dem Unfall aktenkundig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre das streitgegenständliche Unfallereignis alleine und für sich genommen nicht ausreichend gewesen, eine längerfristige Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit oder eine MdE in rentenberechtigendem Grade zu hinterlassen. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits vor dem Unfallereignis bestehenden Leistungsbeeinträchtigung sei nicht erkennbar. Arbeitsunfähigkeit könne bis maximal 20.06.1996 zugebilligt werden. Eine MdE über den Zeitpunkt des Wegfalls der Arbeitsunfähigkeit bestehe nicht.

Mit Bescheid vom 04.06.1997 und Widerspruchsbescheid vom 21.08.1997 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente ab; unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis 20.06.1996 bestanden. Mit der hiergegen am 19.09.1997 zum Sozialgericht Konstanz erhobenen Klage (S 1 U 1631/97) machte der Kläger geltend, nach Auffassung von Dr. M. sei er über den 20.06.1996 hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen. Im Übrigen habe der Unfall zu einer richtunggebenden Verschlimmerung in seinem Gesundheitszustand geführt und eine rentenberechtigende MdE hinterlassen.

Das Sozialgericht holte daraufhin ein Gutachten von Prof. Dr. S. , Chirurgische Universitätsklinik T. , mit Zusatzgutachten von PD Dr. R. , Oberarzt der Neurologischen Poliklinik des Universitätsklinikums T. , ein. PD Dr. R. beschrieb einen Zustand nach rezidivierenden HWS-Distorsionen, Synkopen unklarer Ursache und ein depressives Syndrom. Die in Folge des streitgegenständlichen Unfallereignisses entstandene Distorsion könne als leichtes bis mittleres HWS-Schleudertrauma eingestuft werden. Im Vordergrund der Beschwerden stehe das langjährig dokumentierte depressive Syndrom, am ehesten auf dem Boden neurotischer Fehlverarbeitung. Dieses sei angesichts der leichten bis mittleren Ausprägung des Traumas von 1996 nicht unfallabhängig richtunggebend verschlimmert worden. Nach dem Distorsionstrauma vom 21.03.1996 seien keine bleibenden Folgen verblieben. Die MdE betrage nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bis zum Ende des ersten Halbjahres nach dem Unfall 20 v. H., anschließend 10 v. H. Prof. Dr. S. beschrieb eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung sowie geringe, im Wesentlichen altersentsprechende degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule. Folgen des Unfalls seien keine mehr zu objektivieren. Bei dem Unfallereignis sei es zu einer Zerrung der Halswirbelsäule bei funktionell wirksamem Vorschaden, jedoch ohne knöcherne oder ligamentäre Verletzungen im Halswirbelsäulenbereich gekommen. Von einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit könne für etwa drei Monate ausgegangen werden; unter Einbeziehung des Gutachtens des PD Dr. R. betrage die Gesamt-MdE 25 v. H. bis zum Ende des ersten Unfallhalbjahres, danach 10 v. H.

Mit von dem Kläger angenommenem Teil-Anerkenntnis vom 29.06.1998 erklärte sich die Beklagte bereit, dem Kläger eine Verletztenrente in Höhe von 25 v. H. der Vollrente für die Zeit vom 21.06.1996 bis 20.09.1996 zu gewähren. Mit Urteil vom 29.06.1998 wies das Sozialgericht die Klage im Übrigen ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 30.07.1998 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 10 U 2623/98) und machte ergänzend geltend, seit dem Unfall vom 21.03.1996 hätten sich die Symptome dahin verstärkt, dass er unter Verschwommensehen, Blackouts, Kopf- und Nackenschmerzen, Ohrgeräuschen, psychischen Problemen wie Angstgefühl und Depression, Antriebsminderung, vermehrter Erschöpfbarkeit und einer Schwäche sowie Gefühlsstörung im Bereich der rechten Hand leide. Der Senat holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten von Dr. M. ein. Dieser beschrieb eine segmentale Funktionsstörung auf Höhe C5/6, C6/7 links, einen massiven Hartspann der nuchalen Rückenstrecker beidseits, rechts mehr als links, eine Hypästhesie im Dermatom C6/7, C7/8 rechts mehr als links und einen Zustand nach wiederholten Distorsionstraumen der Halswirbelsäule. Bei dem Unfallereignis vom März 1996 sei es zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung einer zuvor schon bestehenden Schwächung der Halswirbelsäulenergometrie gekommen, wobei insbesondere nach dem Unfallereignis ein deutlicher Leistungsknick mit psycho-sozialen Auswirkungen festgehalten werden müsse. Die MdE schätze er auf orthopädischem Fachgebiet ab 20.09.1996 mit 20 v. H. ein.

Im Berufungsverfahren legte der Kläger außerdem ein in einem von ihm vor dem Landgericht S. geführten Rechtsstreit (14 O 107/98) gegen die C. Versicherungs-AG wegen der Entschädigung der Folgen des streitgegenständlichen Unfalls erstattetes Gutachten des Prof. Dr. St. , Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik des S. , sowie ein ebenfalls in diesem Verfahren erstattetes Gutachten des PD Dr. H. , Universitäts-Nervenklinik und Poliklinik H. (S.), vor. Prof. Dr. St. führte aus, der Kläger habe bei dem Unfall vom März 1996 ein HWS-Distorsionstrauma und eine Thoraxkontusion erlitten. In Folge des Unfalls sei es zu einem "late whiplash-Syndrom" mit anhaltenden Beschwerden gekommen, das zwar nach dem Schweregrad einem Grad II nach Erdmann entsprechen dürfte, andererseits seien, wenn auch diskrete, objektivierbare Radikulopathien (Sensibilitätsstörungen im rechten Arm) nachweisbar. Eine über die schon bekannten segmentalen Bewegungsstörungen hinausgehende Einschränkung der HWS-Beweglichkeit als Dauerfolge speziell des Unfallereignisses vom März 1996 habe sich nicht erkennen lassen. Die körperlichen Beeinträchtigungen würden einer MdE von 25 % entsprechen. PD Dr. H. führte aus, eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor, hingegen sei die Annahme einer Anpassungsstörung gerechtfertigt. Das aktuelle Ausmaß der depressiven Symptomatik sei bezüglich der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit nicht als gravierend einzuschätzen. Die von dem Kläger geklagten Beeinträchtigungen im Bereich der Konzentrationsfähigkeit, der Merkfähigkeit, der Auffassungsgabe und der gesamten psychischen Leistungsfähigkeit hätten durch die neuropsychologische Untersuchung nicht in relevantem Ausmaß bestätigt werden können. Das von dem Kläger geklagte Taubheitsgefühl im Bereich der rechten Hand (4. Und 5. Finger) sowie des rechten ulnaren Unterarms könne elektrophysiologisch als Sulcus-Ulnaris-Syndrom rechts eingeordnet werden. Ein Nachweis einer morphologisch fassbaren zerebralen Läsion habe sich im durchgeführten zerebralen Kernspintomogramm nicht gefunden, insbesondere auch nicht im Hirnstammbereich. Zusammenfassend sei festzustellen, dass bei dem Kläger nach den stattgehabten HWS-Distorsionen zunächst eine Anpassungsstörung mit depressiven, ängstlichen und somatoformen Symptomen vorliege. Insoweit hätten psychische Komponenten zur Chronifizierung des Beschwerdebildes sicher beigetragen, wobei der Anteil der jeweiligen Traumen mit der daraus resultierenden psychischen Reaktionsbildung von der unfallunabhängigen psychischen Persönlichkeitsstruktur mit empirisch-wissenschaftlichen Mitteln nicht exakt zu trennen sei. Der derzeit vorliegenden Leistungseinschränkung des Klägers sei keine Minderung der Erwerbsfähigkeit zuzumessen, die über 25 % hinausgehe. Mit ergänzender Stellungnahme bewertete Prof. Dr. St. unter Einbeziehung einer Teil-MdE von 25 % von psychiatrisch-testpsychologischer Seite die Gesamt-MdE mit 40 %.

Mit Urteil vom 31.05.2001 wies der Senat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz zurück. Zur Begründung führte der Senat aus, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld über den 20.06.1996 hinaus, noch einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente über den 20.09.1996 hinaus. Dies ergebe sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Gutachten von PD Dr. R. und Prof. Dr. S. sowie den Ausführungen von Dr. K ... Durch das Unfallereignis vom März 1996 sei es insbesondere nicht zu einer richtunggebenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens, sondern nur zu einer vorübergehenden Verschlimmerung eines bereits vor dem Unfallereignis vom März 1996 bestehenden chronifizierten zervikalen Beschwerdebildes im Rahmen einer traumatischen Konversionsneurose gekommen. Dem Vorbringen des Klägers, die bereits vor dem Unfall vom März 1996 vorhandenen Symptome hätten sich nach dem Unfall verstärkt, sei nicht zu folgen. Der Kläger habe über die im Berufungsverfahren geklagten Beschwerden bereits bei ärztlichen Untersuchungen vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis geklagt. Traumatische Folgen des Unfallereignisses seien nicht festzustellen. Den Ausführungen von Dr. M. sei nicht zu folgen. Dr. M. stelle darauf ab, dass der Kläger am 17.08.1995 beschwerdefrei nach Behandlung eines therapieresistenten Schiefhalses aus seiner Mitbehandlung entlassen worden sei. Der Schiefhals sei jedoch nur ein kleiner Teil der bei dem Kläger damals vorhandenen Gesundheitsstörungen. So habe Dr. M. auch eingeräumt, dass er den Vorgutachtern bezüglich der organischen Leiden vollumfänglich folge, um dann jedoch auf die psychosozialen Veränderungen hinzuweisen, die die Leistungsfähigkeit des Klägers verändert hätten. Gerade letzteres sei aber auch schon mehrere Jahre vor dem Unfallereignis im März 1996 der Fall gewesen. Auch aus den vom Kläger vorgelegten und vom Landgericht S. eingeholten Gutachten ergebe sich nichts anderes. Auch diese Gutachter würden nicht genügend zwischen den bereits vor dem Arbeitsunfall vom März 1996 vorliegenden Gesundheitsstörungen und den danach vorliegenden Leiden trennen. Im Übrigen würden im Zivilprozess andere Maßstäbe und Beurteilungskriterien gelten.

Bereits vor Zustellung des Urteils des Senats am 26.06.2001 stellte der Kläger bei der Beklagten am 05.06.2001 einen "Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X und Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X" unter Hinweis darauf, dass das Landessozialgericht von unzutreffenden Kausalitätsanforderungen ausgegangen sei und es unterlassen habe, Prof. Dr. St. und Prof. Dr. W. (gemeint ist mit Letzterem PD Dr. H. ) ergänzend zu hören. Diese Anträge lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 08.08.2001 und Widerspruchsbescheiden vom 21.03.2002 ab. Mit Bescheid vom 25.03.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger in Ausführung des Teilanerkenntnisses eine Verletztenrente nach einer MdE um 25 v.H. vom 21.06.1996 bis 20.09.1996 und lehnte gleichzeitig einen Anspruch auf Rente über den genannten Zeitraum hinaus ab. Die gegen die Bescheide vom 08.08.2001 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.03.2002 erhobene Klage wies das Sozialgericht Konstanz (S 4 U 714/02) mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 11.12.2002 ab.

Am 22.04.2005 beantragte der Kläger unter Hinweis auf einen vor dem Landgericht S. geschlossenen Vergleich mit der C. Versicherungs-AG bei der Beklagten "die Anerkennung der MdE und Überprüfung des Verletztengeldes". Mit Bescheid vom 19.05.2005 lehnte die Beklagte die Rücknahme der Bescheide vom 04.06.1997 und 25.03.2002 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab und führte zur Begründung aus, der Vergleich des Landgerichts S. gebe keine neuen Anhaltspunkte. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit welchem der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente für die Zeit ab 21.09.1996 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 zurück.

Die hiergegen am 16.09.2005 erhobene Klage hat das Sozialgericht Konstanz mit Urteil vom 26.10.2006 abgewiesen.

Gegen das am 06.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.12.2006 Berufung eingelegt. Er beruft sich weiter auf eine geänderte Sach- und Rechtslage und begründet dies damit, dass Prof. Dr. St. in dem im Dezember 1999 erstatteten Gutachten ein "late whiplash-Syndrom" mit anhaltenden Beschwerden diagnostiziert habe, von objektivierbaren Sensibilitätsstörungen im rechten Arm spreche und von einer dauerhaften MdE von 25 % ausgehe. Das Gutachten von Dr. St. weiche bereits qualitativ erheblich von den Gutachten von Dr. R. ab. Daher würden gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass nach dem Unfall vom März 1996 weiterhin erhebliche Folgen über den 20.09.1996 hinaus verblieben seien, die zu einer Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. führten. Der von dem Kläger eingenommene Standpunkt werde auch durch das Gutachten von Dr. M. gestützt. Außerdem habe er wegen der Folgen des Unfalls vom März 1996 im Jahr 2001 einen weiteren Unfall mit dem Fahrrad erlitten, bei dem er in Folge eines Schwindelanfalls gestürzt sei und sich die rechte Schulter schwer verletzt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.10.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 04.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.1997 und den Bescheid vom 25.03.2002 zurückzunehmen und ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.03.1996 über den 20.06.1996 hinaus Verletztengeld und über den 20.09.1996 hinaus Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des die Gewährung von Verletztenrente über den 20.09.1996 hinaus ablehnenden Bescheides vom 04.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.1997 und des Bescheides vom 25.03.2002. Soweit der Kläger außerdem die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld über den 20.06.1996 hinaus begehrt, ist die Berufung bereits deshalb zurückzuweisen, weil die hierauf gerichtete Klage unzulässig war.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2005. Damit lehnte es die Beklagte ab, den Verletztenrente und - sinngemäß, so der Senat im früheren Urteil - Verletztengeld über den 20.06.1996 hinaus ablehnenden Bescheid vom 04.06.1997 und den nochmals - hinsichtlich des Zeitraums ab 21.09.1996 - Verletztenrente ablehnenden Bescheid vom 25.03.2002 nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Allerdings beschränkte der Kläger seinen Widerspruch ausweislich des im Rahmen der Begründung des Widerspruchs gestellten "Antrags" (Schriftsatz vom 05.07.2005) auf die Gewährung von Verletztenrente für die Zeit ab 21.09.1996. Damit dürfte die Ablehnung einer Rücknahme des Bescheides vom 04.06.1997 im Hinblick auf das Verletztengeld bestandskräftig geworden und eine auch auf Gewährung von Verletztengeld gerichtete Klage insoweit bereits unzulässig sein. Schlussendlich kann dies dahingestellt bleiben. Denn die Klage wäre ohnehin jedenfalls unbegründet, da über den Zeitpunkt des Wegfalls des Verletztengeldes hinaus keine Folgen des Unfalls vom März 1996 mehr nachgewiesen sind, die eine Arbeitsunfähigkeit begründen würden. Gleiches gilt für den behaupteten Anspruch auf Verletztenrente und die dafür erforderliche Minderung der Erwerbsfähigkeit. Dies hat der Senat bereits in seinem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 31.05.2001 (L 10 U 2623/98) dargelegt. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug.

Rechtsgrundlage für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 44 SGB X. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Hingegen liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme der Verletztengeld und Verletztenrente ablehnenden Bescheide vom 04.06.1997 und 25.03.2002 nicht vor. Bei Erlass dieser Bescheide ist weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 31.05.2001 (a.a.O.) dargelegt, dass der Bescheid vom 04.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.1997 rechtmäßig ist und der Kläger über den 20.06.1996 hinaus keinen Anspruch auf Verletztengeld und über den 20.09.1996 hinaus keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 21.03.1996 hat. Auf die Gründe des Urteils vom 31.05.2001, mit dem der Senat unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 560, 580f der Reichsversicherungsordnung -RVO-) ausführlich dargelegt hat, dass nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. R. , Prof. Dr. S. und Dr. K. über den 20.09.1996 hinaus keine wesentlichen Unfallfolgen verblieben sind, weil die von dem Kläger dem Unfall angelasteten Beschwerden in Form von Blackouts, Ohrgeräuschen, Kopf- und Nackenschmerzen, Verschwommensehen, Angstgefühlen, Depressionen, vermehrte Erschöpfbarkeit und Gefühlsstörungen im Bereich der rechten Hand bereits vor dem Unfall vorlagen und eine richtunggebende Verschlimmerung des vorbestehenden Leidens nicht eintrat, wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen.

Soweit sich der Kläger nunmehr für sein Begehren auf den vor dem Landgericht S. zwischen ihm und der C. Versicherungs-AG geschlossenen Vergleich vom 08.07.2003 bezieht, ergibt sich daraus kein Sachverhalt, auf Grund dessen sich die eine Verletztenrente ablehnenden Bescheide als rechtwidrig erweisen würden. Der Vergleich basierte, wie sich aus dem Protokoll des Landgerichts S. ergibt, auf dem Gutachten des Prof. Dr. St. , das bereits bei der Entscheidung des Senats vom 31.05.2001 vorlag und welches - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 31.05.2001 ausgeführt hat - nicht geeignet ist, einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente zu begründen. Prof. Dr. St. beschrieb zwar überwiegend muskulär bedingte Einschränkungen der HWS-Beweglichkeit; eine strukturelle Schädigung der Halswirbelsäule auf Grund der bei dem Unfall vom März 1996 erlittenen Halswirbelsäulendistorsion konnte aber auch er nicht feststellen. So legte Prof. Dr. St. dar, dass die Kippbewegung des Atlas bei den Funktionsaufnahmen normal war. Auch in dem von Prof. Dr. St. veranlassten CT waren nach seinen Angaben Hinweise für eine Ligamentzerreißung anlässlich des Unfalls vom 21.03.1996 nicht erkennbar. Auch indirekte Gelenkveränderungen in den Kopfgelenken waren nicht nachweisbar, ebenso wenig waren spondylarthrotische Gelenkveränderungen oder knöcherne Ausziehungen erkennbar. Die kernspintomographische Aufnahme der Halswirbelsäule zeigte - so Prof. Dr. St. - eine Diskopathie insbesondere in Höhe HWK 5/6 und weniger ausgeprägt in Höhe HWK 3/4 und HWK 4/5. Auch hier war nach den Ausführungen von Prof. Dr. St. kein Anhalt für eine Ruptur der ligamentären Strukturen im Bereich der Kopfgelenke erkennbar. Ebenso wenig ergaben sich Hinweise für eine Hirnstammläsion oder eine Myelomalazie im Bereich des Halsmarkes. Weiterhin bestanden auf den Funktionsaufnahmen weder Hinweise für eine über das normale Maß hinausgehende segmentale Lockerung, noch Hinweise für eine Kompression des Myelons. Insgesamt bestätigte Prof. Dr. St. damit hinsichtlich des Fehlens einer strukturellen Schädigung die Ergebnisse der Untersuchungen durch Dr. K. und Prof. Dr. S ... Soweit er ausführte, die von dem Kläger angegebenen Symptome wie Ohrgeräusche, Schwindel, Verschwommensehen, Brechreiz, Konzentrations- und Kurzzeitgedächtnisstörungen seien nach der Literatur gut mit Läsionen im Bereich der Kopfgelenke vereinbar, räumte Prof. Dr. St. selbst ein, dass sich objektivierbare Strukturveränderungen als Nachweis einer Läsion nicht fanden. Der Nachweis, dass die von dem Kläger angegebenen Beschwerden somit auf einer strukturellen Schädigung beruhen, kann auch durch das Gutachten von Prof. Dr. St. nicht geführt werden. Soweit er zur Begründung länger andauernder Unfallfolgen auf Grund der HWS-Distorsion auf ein "late whiplash-Syndrom" verwies, und sich insoweit auf die von dem Kläger subjektiv geschilderte Beschwerdesymptomatik und erst nach dem Unfall aufgetretene, objektivierbare Radikulopathien in Form von Sensibilitätsstörungen im rechten Arm bezog, vermag dies nicht zu überzeugen. Wie bereits im Senatsurteil vom 31.05.2001 ausgeführt, berücksichtigte Prof. Dr. St. nicht hinreichend, dass der Kläger bereits vor dem streitgegenständlichen Ereignis über genau dieselben Beschwerden klagte, wie auch nach dem streitgegenständlichen Ereignis, nämlich Blackouts, Ohrgeräusche, Kopf- und Nackenschmerzen, Verschwommensehen, Angstgefühle, Depression und vermehrte Erschöpfbarkeit. Diese Beschwerden sind, wie im Senatsurteil ausgeführt, in zahlreichen Vorbefunden dokumentiert und machten zahlreiche und langanhaltende ärztliche Behandlungen und Gutachten erforderlich. Auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 31.05.2001 wird insoweit Bezug genommen.

Lediglich ergänzend seien insoweit nochmals die Angaben im Bericht des Orthopäden Dr. Sch. , den Entlassungsberichten der Fachklinik E. und des Befundberichts des Neurologen und Psychiaters Dr. N. erwähnt. So war der Kläger nach den Ausführungen des behandelnden Orthopäden Dr. Sch. zwar nach den im Oktober und November 1985 erlittenen Halswirbelsäulendistorsionen nach der Durchführung von Heilverfahren beschwerdefrei, anlässlich des Unfalls vom Juni 1987 verstärkten sich - so Dr. Sch. - die Halswirbelsäulenbeschwerden aber wieder. Dr. Sch. wies außerdem auf die nach dem erneuten Schleudertrauma vom September 1991 durchgeführten stationären Behandlungen in der Fachklinik E. hin und berichtete über im Juni 1994 bestehende Schmerzen im gesamten Rücken mit Ausstrahlung in den Kopf und eine Vorstellung im Juli 1994 wegen einem Schiefhals mit Schwindelerscheinungen, wobei die Nackenmuskulatur bei einer Untersuchung im August 1994 verspannt war und eine erhebliche Funktionsminderung im Halswirbelsäulenbereich vorlag.

Aus den Entlassungsberichten über die stationären Behandlungen in der Fachklinik E. vom Februar bis April 1992, November/Dezember 1992, September/Oktober 1993 und Dezember 1994 bis Januar 1995 gehen Behandlungen wegen einem chronischen HWS-Syndrom bei Zustand nach komplexen HWS-Distorsionen und einer reaktiven Depression mit neuropsychologischen Störungen hervor, wobei der Kläger bereits damals über belastungs- und haltungsinduzierte HWS-Beschwerden sowie ein teilweise auftretendes Taubheitsgefühl in beiden Armen unter Einschluss des 4. und 5. Fingers rechts mehr als links, ab und zu auftretende Schwindelgefühle mit Brechreiz, starke Konzentrationsschwierigkeiten und eine eingeschränkte Merkfähigkeit sowie zeitweilige Wortfindungsstörungen, eine schnelle Ermüdbarkeit und ein häufiges Auftreten von depressiven Phasen, kurzzeitige Absencen, ständige Kopf- und Nackenschmerzen, innere Unruhe, ein schlechtes Gedächtnis, eine erheblich beeinträchtigte Aufmerksamkeit, ein teilweises Verschwommensehen unter erhöhter Belastung und einen gelegentlich auftretenden Tinnitus klagte.

Dr. N. berichtete bereits im Februar 1992 über seit Juli 1987 auftretende "Blackouts", die bereits die Unfälle vom Mai und Dezember 1988 zur Folge gehabt hätten, außerdem gab er häufige Schwindelzustände, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie eine abnorm schnelle Ermüdbarkeit des Klägers an.

Auch soweit Prof. Dr. St. davon ausging, die Sensibilitätsstörungen im Bereich der rechten Hand seien erst nach dem Unfallereignis vom März 1996 aufgetreten, irrte er. Denn derartige Beschwerden gab der Kläger beispielsweise bereits anlässlich der stationären Behandlungen in der Fachklinik E. im Jahr 1992 (teilweise Auftreten des Taubheitsgefühl in beiden Armen unter Einschluss des 4. und 5. Fingers) und im Jahr 1993 (Verspannungen in beiden Schultergelenken mit Ausstrahlung in den rechten Arm bis in die Finger 4 und 5) an. Die von Prof. Dr. St. dem Unfallereignis vom März 1996 angeschuldigten Beschwerden des rechten Armes bestanden damit bereits vor dem Unfallereignis und können somit nicht auf dieses zurückgeführt werden. Ergänzend ist insoweit anzumerken, dass der außerdem vom Landgericht S. gehörte Sachverständige PD Dr. H. das geklagte Taubheitsgefühl im Bereich der rechten Hand (4. und 5. Finger) sowie des rechten ulnaren Unterarms elektrophysiologisch als Sulcus-Ulnaris-Syndrom rechts einordnete, wodurch die von Prof. Dr. St. angenommene radikuläre Symptomatik der Sensibilitätsstörungen im rechten Arm widerlegt wird. Dies hat Prof. Dr. St. auch in seiner ergänzenden Stellungnahme zur Beurteilung der Gesamt-MdE nicht berücksichtigt. Ergänzend ist anzumerken, dass Prof. Dr. St. im Rahmen der Beurteilung des Schweregrades der Halswirbelsäulen-Distorsion (Grad II nach Erdmann) von einem Kopfanpralltrauma mit Abknickung ausging, obwohl ein solches nicht objektiviert ist, denn im Durchgangsarztbericht des Dr. K. sind Prellmarken im Bereich des Kopfes nicht beschrieben. Des Weiteren stellte Prof. Dr. St. für seine Beurteilung maßgeblich auf die von dem Kläger geschilderten subjektiven Beschwerden ab. Diese sind allerdings auch nach dem Gutachten des PD Dr. H. deutlich zu relativieren, denn dieser führte aus, dass die von dem Kläger geklagten Beeinträchtigungen im Bereich der Konzentrationsfähigkeit, der Merkfähigkeit, der Auffassungsgabe und der gesamten psychischen Leistungsfähigkeit durch die neuropsychologische Untersuchung nicht in relevantem Ausmaß bestätigt werden konnten. PD Dr. H. schätzte das aktuelle Ausmaß der depressiven Symptomatik im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit als nicht gravierend ein. Darüber hinaus legte PD Dr. H. dar, dass die psychischen Komponenten zur Chronifizierung des Beschwerdebildes sicher beigetragen haben, wobei der Anteil der jeweiligen Traumen mit der daraus resultierenden psychischen Reaktionsbildung von der unfallunabhängigen psychischen Persönlichkeitsstruktur mit empirisch-wissenschaft-lichen Mitteln nicht exakt zu trennen sei. Damit räumte PD Dr. H. aber gerade ein, dass er nicht bestimmen konnte, inwieweit die von dem Kläger geschilderten Beschwerden überhaupt auf irgendeines der stattgefundenen Unfallereignisse, geschweige denn das Ereignis vom März 1996 oder aber auf die unfallunabhängige psychische Persönlichkeitsstruktur des Klägers zurückzuführen waren. Insgesamt sind damit auch die im zivilgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten nicht geeignet, über den 20.09.1996 hinaus bestehende Folgen des Unfallereignisses vom März 1996 nachzuweisen.

Soweit sich der Kläger außerdem auf das von Dr. M. im vorangegangenen Berufungsverfahren erstattete Gutachten nach § 109 SGG bezieht, legte der Senat bereits in seinem Urteil vom 31.05.2001 dar, dass und aus welchen Gründen dieses nicht zu überzeugen vermag. Auch insoweit wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen. Ergänzend ist insoweit anzumerken, dass Dr. M. sich hinsichtlich der organischen Leiden vollumfänglich den Vorgutachtern, also Dr. K. , Dr. R. und Prof. Dr. S. angeschlossen hat. Soweit er wegen eines von ihm angenommenen deutlichen Leistungsknicks mit psychosozialen Auswirkungen in Folge des Unfallereignisses vom März 1996 eine MdE um 20 v. H. ab 20.09.1996 annahm, berücksichtigte er nicht hinreichend, dass ein derartiger Leistungsknick bereits vor dem Unfallereignis vorlag. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Kläger nach den Entlassungsberichten der Fachklinik E. bereits im Oktober 1993 nicht mehr für in der Lage gehalten wurde, seine bisherige Tätigkeit als selbständiger Wirtschaftsberater weiterhin auszuüben und auch im Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom Dezember 1994/Januar 1995 festgehalten ist, dass der Kläger sich bereits damals durch die bestehenden Defizite im kognitiven Leistungsbereich beruflich überfordert fühlte und bereits zum damaligen Zeitpunkt selbst bemüht war, sein Tätigkeitsfeld bzw. die Arbeitssituation zu verändern. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger - so Dr. H. im neurologischen Befundbericht vom April 1996 - wegen der rezidivierenden Synkopen jedenfalls vorerst kein Kraftfahrzeug mehr steuern durfte. Eine dieser Synkopen war nach den Darstellungen des Klägers Anlass für den streitgegenständlichen Unfall, sodass die Synkopen Ursache, nicht Folge des Unfalls sind. Damit war der Kläger, der im Rahmen seiner Tätigkeit als selbständiger Wirtschaftsberater Außendiensttätigkeiten auszuüben hatte, bereits wegen der vorbestehenden, unfallunabhängigen Beschwerden (Defizite im kognitiven Leistungsbereich und Synkopen) zu einer Fortführung der bisherigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr in der Lage, sodass der von Dr. M. angenommene Leistungsknick mit psychosozialen Auswirkungen nicht dem Unfallereignis angeschuldigt werden kann.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eine Verschlimmerung der Unfallfolgen durch einen weiteren Unfall (Fahrradsturz im Jahr 2001) geltend macht, bedarf es keiner Erwägungen, inwieweit es sich insoweit um ein zulässigerweise in das Verfahren einbezogenes Begehren handelt. Denn der Kläger begründet den Zusammenhang zwischen dem Fahrradunfall und dem streitigen Autounfall vom März 1996 mit einem unfallbedingten "Blackout". Wie oben ausgeführt können jedoch solche Synkopen/"Blackouts" nicht auf das Unfallgeschehen vom März 1996 zurückgeführt werden, weil solche Synkopen bereits vorher aufgetreten waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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