Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
17
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 1151/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 1062/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Zeugin Dr. S wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 06. August 2009 aufgehoben. Die Staatskasse hat der Zeugin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Zeugin Dr. S gegen die Auferlegung eines Ordnungsgel-des in Höhe von 200,- EUR bzw. ersatzweise die Verhängung von 4 Tagen Ordnungshaft.
In der Hauptsache, einem seit Dezember 2007 anhängigen Klageverfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung streitig. Nachdem die Beschwerdeführerin erstmals mit am 29. Oktober 2008 ausgeführter richterlicher Verfügung aufgefordert worden war, einen Befundbericht über den Kläger abzugeben, wurde sie hieran unter dem 4. Februar 2009 und erneut am 23. April 2009 unter Fristsetzung bis zum 14. Mai 2009 erinnert. Schließlich wurde die Beschwerdeführerin zur Vernehmung als Zeugin bzw. zur Abgabe des Befundberichts zu einem Erörterungstermin am 6. August 2009 geladen. Die Ladung, die den Hinweis enthielt, dass der Termin aufgeho-ben werde, sobald der angeforderte Befundbericht bei Gericht eingehe, wurde per Postzustel-lungsurkunde am 4. Juli 2009 durch Einlegung in den zur Praxis der Zeugin gehörenden Brief-kasten zugestellt. Zum Termin am 6. August 2009 erschien die Zeugin ohne Entschuldigung nicht.
Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Sozialgericht gegen die Zeugin wegen unentschuldig-ten Nichterscheinens und fehlender Übersendung des Befundberichts ein Ordnungsgeld in Hö-he von 200,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft von 4 Tagen festgesetzt. Zur Begründung heißt es, die Zeugin habe dem Gericht erhebliche – nunmehr nutzlose – organisatorische Arbeit und Kosten verursacht. Außerdem verzögere ihr Verhalten das gesamte Verfahren. Das Ordnungsgeld von 200,- EUR sei daher als angemessen anzusehen, um die Zeugin auf ihre Pflichten nachdrücklich aufmerksam zu machen.
Gegen den ihr am 12. August 2009 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 14. August 2009 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, ihr Fernbleiben sei keinesfalls Ausdruck der Missachtung der Würde des Gerichts, sondern als Folge einer Verkettung mehrerer un-glücklicher Umstände zu verstehen. Die Ladung sei unmittelbar vor dem Beginn ihres Urlaubs eingegangen und offenbar von einer ihrer Angestellten nicht an sie weitergeleitet worden. Sie selbst sei vom 10. Juli bis zum 10. August 2009 im Urlaub und folglich auch zum Termin nicht ortsanwesend gewesen. Bis zum Eintreffen des Ordnungsgeldbeschlusses sei ihr die Ladung nicht bekannt gewesen. Den angeforderten Befundbericht fügte die Beschwerdeführerin ihrem Schreiben bei.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Beschwerdegegner hält die nachträgliche Entschuldigung der Beschwerdeführerin für aus-reichend. Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mit den Einwen-dungen gegen den Ordnungsgeldbeschluss der ausstehende Befundbericht dem Gericht über-sandt worden sei, sodass eine weitere Ladung entbehrlich sei, beantragt er, den Einwendungen der Beschwerdeführerin stattzugeben.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Satz und § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; sie ist auch begründet, denn das erstinstanzliche Gericht hätte den Ordnungsgeldbe-schluss nachträglich aufheben müssen.
Bleibt ein Zeuge, der nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG zum Termin geladen worden, im Termin aus, so wird gegen ihn gemäß § 380 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, ein Ord-nungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festge-setzt. Die Festsetzung des Ordnungsgeldes setzt voraus, dass der Zeuge unter Hinweis auf die Folgen seines Ausbleibens (§ 111 Abs. 1 Satz 2 SGG) ordnungsgemäß geladen und ohne recht-zeitige genügende Entschuldigung (§ 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zum Termin nicht erschienen ist – beides ist hier nicht zweifelhaft – und dass er auch bei nachträglicher Entschuldigung nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft (§ 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Diese letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Senat teilt die Auffassung des Beschwerdegegners, dass die Beschwerdeführerin ihr Fernbleiben nachträglich genügend entschuldigt hat. Zwar ist es ihr anzulasten, wenn die in ihrer Praxis rechtzeitig zuge-stellte Ladung zum Termin ihr von ihren Mitarbeitern nicht rechtzeitig zur Kenntnis gegeben wird; die Beschwerdeführerin hat jedoch glaubhaft vorgetragen, unmittelbar nach der La-dungszustellung und auch zu dem angesetzten Erörterungstermin im Urlaub gewesen zu sein, so dass sie für die verspätete Meldung und auch für das Nichterscheinen zu diesem Termin jedenfalls nachträglich genügend entschuldigt ist. Im Übrigen sollen Maßnahmen nach § 380 ZPO unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen für die Beteiligten keine nachteilige Wir-kung hat (Reichold in Thomas/Putzo § 380 Rdnr. 9). Da die Beschwerdeführerin mit der nach-träglichen Entschuldigung den geforderten Befundbericht, zu dessen Abgabe der angesetzte Erörterungstermin dienen sollte, eingereicht hat, hat sich die geplante Zeugenvernehmung je-denfalls nachträglich erledigt, und eine weitere Prozessverzögerung tritt nicht ein. Auch unter diesem Aspekt ist daher die Aufrechterhaltung des Ordnungsgeldbeschlusses nicht geboten.
Eine Kostenentscheidung war zu treffen, wie der Senat bereits mit Beschluss vom 17. Juli 2009 (Az. L 5 AS 1110/09 B, zitiert nach juris) entschieden hat. Darin heißt es wörtlich: "Der Auffassung, dass es im Beschwerdeverfahren gegen einen Ordnungsgeldbeschluss keiner Kostenentscheidung bedürfe, weil die Kosten solche des Rechtsstreits seien (so BGH, Be-schluss vom 12. Juni 2007, VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364, mit zahlreichen Nachweisen; Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss vom 20. August 2007, 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252; Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Dezember 2008, L 19 B 1829/08 AS; alle zitiert nach juris), vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Der Beschluss über die Beschwerde stellt den Abschluss eines selbständigen, nicht kontradiktorischen Zwi-schenverfahrens dar, das vom Hauptsacheverfahren sachlich unabhängig ist und daher einer eigenen Kostenentscheidung bedarf (vgl. Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 7. März 2007, X B 76/06, BFHE 216, 500, m.w.N.; Oberlandesgericht [OLG] Oldenburg, Beschluss vom 3. September 2007, 1 Ws 478/07; ebenso Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 23. September 2004, 6St ObWs 003/04 (11), 6St ObWs 3/04 (11), 6St ObWs 3/04, alle zitiert nach juris). Dass dafür nicht nur dogmatische Gründe, sondern auch praktische Ergeb-nisse sprechen, wird daran deutlich, dass anderenfalls ein sich erfolgreich gegen die Verhän-gung eines Ordnungsgeldes wehrender, nicht nach § 183 SGG kostenprivilegierter Beteiligter im Falle seines Unterliegens in der Hauptsache auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen müsste Als Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten kommt indessen nicht § 193 SGG in entsprechender Anwendung in Betracht (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Januar 2009, L 13 AS 5633/08 B, zitiert nach juris; ebenso noch die Ent-scheidung des Senats vom 27. Oktober 2008, L 5 B 1180/08 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 21. November 2008, L 20 B 1261/08 AS, und vom 12. März 2008, L 13 B 293/07 SB; alle zitiert nach juris). Schon der Wortlaut lässt dies nicht zu. Nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kos-ten zu erstatten haben; soweit ein Mahnverfahren vorausgegangen ist, entscheidet es auch, wel-cher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat (Satz 2 der Vorschrift). Da das Verfahren be-züglich der Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss kein kontradiktorisches ist, fehlt es an zwei Beteiligten, die einander etwas erstatten könnten.
Eine Rechtsgrundlage, die unmittelbar angewandt werden könnte, findet sich weder im SGG noch an anderer Stelle, insbesondere nicht im GKG. Auch die Prozessordnungen anderer Ge-richtsbarkeiten sind insoweit unvollständig. Der Senat ist entgegen dem BGH (Beschluss vom 12. Juni 2007, VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364, hier zitiert nach juris) und dem BAG (Be-schluss vom 20. August 2007, 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252, hier zitiert nach juris) mit dem BFH (Beschluss vom 7. März 2007, X B 76/06, BFHE 216, 500) und verschiedenen Oberge-richten (so etwa Hessisches LAG, Beschluss vom 15. Februar 2008, 4 Ta 39/08, zitiert nach juris, m.w.N.) der Auffassung, dass die festgestellte planwidrige Lücke wegen der letztlich auch heute noch bestehenden Wesensnähe des mit einem Ordnungsmittel belegten Fehlverhal-tens zur Ordnungswidrigkeit regelmäßig durch die Anwendung des in § 46 Abs. 1 des Geset-zes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. § 467 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu schließen ist, dass dann, wenn es nicht zu einer Verurteilung kommt, die Kosten des Betroffenen der Staatskasse zur Last fallen (st. Rspr. des BFH seit 1986: vgl. neben der bereits zitierten Entscheidung die Beschlüsse vom 10. Januar 1986, IX B 5/85, BFHE 145, 314, vom 4. August 1993, II B 25/93, und vom 14. Oktober 2004, IV B 163/03, alle zitiert nach juris). Letztlich scheint dieser Weg der auch im Hinblick auf das Ergebnis einzig befriedigende. Weder kann sich die oben dargestellte Situation ergeben, dass ein im Beschwerdeverfahren Erfolgreicher, der im Hauptsacheverfahren unterliegt, schließlich doch die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten tragen muss, noch hat der am Be-schwerdeverfahren in keiner Weise beteiligte Gegner im Hauptsacheverfahren zu befürchten, die Kosten tragen zu müssen. Dass dann, wenn das Gericht zu Unrecht ein Ordnungsmittel verhängt und der Betroffene sich erfolgreich zur Wehr gesetzt hat, die Staatskasse die dadurch verursachten Kosten übernehmen muss, ist kein dem Rechtsempfinden zuwiderlaufendes Er-gebnis. So werden auch in auf "§ 193 SGG in entsprechender Anwendung" und auf "§ 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]" gestützten Entscheidungen die Kosten der Staatskasse, nicht dem anderen Beteiligten auferlegt (so zum Beispiel LSG Ba-den-Württemberg, Beschluss vom 14. Januar 2009, L 13 AS 5633/08 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. November 2008, L 20 B 1261/08 AS; LSG Thüringen, Be-schluss vom 18. April 2008, L 6 B 34/07 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Ap-ril 1997, L 11 S 2/97; alle zitiert nach juris; vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, Rdnr. 6c zu § 111)". Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Zeugin Dr. S gegen die Auferlegung eines Ordnungsgel-des in Höhe von 200,- EUR bzw. ersatzweise die Verhängung von 4 Tagen Ordnungshaft.
In der Hauptsache, einem seit Dezember 2007 anhängigen Klageverfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung streitig. Nachdem die Beschwerdeführerin erstmals mit am 29. Oktober 2008 ausgeführter richterlicher Verfügung aufgefordert worden war, einen Befundbericht über den Kläger abzugeben, wurde sie hieran unter dem 4. Februar 2009 und erneut am 23. April 2009 unter Fristsetzung bis zum 14. Mai 2009 erinnert. Schließlich wurde die Beschwerdeführerin zur Vernehmung als Zeugin bzw. zur Abgabe des Befundberichts zu einem Erörterungstermin am 6. August 2009 geladen. Die Ladung, die den Hinweis enthielt, dass der Termin aufgeho-ben werde, sobald der angeforderte Befundbericht bei Gericht eingehe, wurde per Postzustel-lungsurkunde am 4. Juli 2009 durch Einlegung in den zur Praxis der Zeugin gehörenden Brief-kasten zugestellt. Zum Termin am 6. August 2009 erschien die Zeugin ohne Entschuldigung nicht.
Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Sozialgericht gegen die Zeugin wegen unentschuldig-ten Nichterscheinens und fehlender Übersendung des Befundberichts ein Ordnungsgeld in Hö-he von 200,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft von 4 Tagen festgesetzt. Zur Begründung heißt es, die Zeugin habe dem Gericht erhebliche – nunmehr nutzlose – organisatorische Arbeit und Kosten verursacht. Außerdem verzögere ihr Verhalten das gesamte Verfahren. Das Ordnungsgeld von 200,- EUR sei daher als angemessen anzusehen, um die Zeugin auf ihre Pflichten nachdrücklich aufmerksam zu machen.
Gegen den ihr am 12. August 2009 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 14. August 2009 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, ihr Fernbleiben sei keinesfalls Ausdruck der Missachtung der Würde des Gerichts, sondern als Folge einer Verkettung mehrerer un-glücklicher Umstände zu verstehen. Die Ladung sei unmittelbar vor dem Beginn ihres Urlaubs eingegangen und offenbar von einer ihrer Angestellten nicht an sie weitergeleitet worden. Sie selbst sei vom 10. Juli bis zum 10. August 2009 im Urlaub und folglich auch zum Termin nicht ortsanwesend gewesen. Bis zum Eintreffen des Ordnungsgeldbeschlusses sei ihr die Ladung nicht bekannt gewesen. Den angeforderten Befundbericht fügte die Beschwerdeführerin ihrem Schreiben bei.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Beschwerdegegner hält die nachträgliche Entschuldigung der Beschwerdeführerin für aus-reichend. Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mit den Einwen-dungen gegen den Ordnungsgeldbeschluss der ausstehende Befundbericht dem Gericht über-sandt worden sei, sodass eine weitere Ladung entbehrlich sei, beantragt er, den Einwendungen der Beschwerdeführerin stattzugeben.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Satz und § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; sie ist auch begründet, denn das erstinstanzliche Gericht hätte den Ordnungsgeldbe-schluss nachträglich aufheben müssen.
Bleibt ein Zeuge, der nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG zum Termin geladen worden, im Termin aus, so wird gegen ihn gemäß § 380 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, ein Ord-nungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festge-setzt. Die Festsetzung des Ordnungsgeldes setzt voraus, dass der Zeuge unter Hinweis auf die Folgen seines Ausbleibens (§ 111 Abs. 1 Satz 2 SGG) ordnungsgemäß geladen und ohne recht-zeitige genügende Entschuldigung (§ 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zum Termin nicht erschienen ist – beides ist hier nicht zweifelhaft – und dass er auch bei nachträglicher Entschuldigung nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft (§ 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Diese letztgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Senat teilt die Auffassung des Beschwerdegegners, dass die Beschwerdeführerin ihr Fernbleiben nachträglich genügend entschuldigt hat. Zwar ist es ihr anzulasten, wenn die in ihrer Praxis rechtzeitig zuge-stellte Ladung zum Termin ihr von ihren Mitarbeitern nicht rechtzeitig zur Kenntnis gegeben wird; die Beschwerdeführerin hat jedoch glaubhaft vorgetragen, unmittelbar nach der La-dungszustellung und auch zu dem angesetzten Erörterungstermin im Urlaub gewesen zu sein, so dass sie für die verspätete Meldung und auch für das Nichterscheinen zu diesem Termin jedenfalls nachträglich genügend entschuldigt ist. Im Übrigen sollen Maßnahmen nach § 380 ZPO unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen für die Beteiligten keine nachteilige Wir-kung hat (Reichold in Thomas/Putzo § 380 Rdnr. 9). Da die Beschwerdeführerin mit der nach-träglichen Entschuldigung den geforderten Befundbericht, zu dessen Abgabe der angesetzte Erörterungstermin dienen sollte, eingereicht hat, hat sich die geplante Zeugenvernehmung je-denfalls nachträglich erledigt, und eine weitere Prozessverzögerung tritt nicht ein. Auch unter diesem Aspekt ist daher die Aufrechterhaltung des Ordnungsgeldbeschlusses nicht geboten.
Eine Kostenentscheidung war zu treffen, wie der Senat bereits mit Beschluss vom 17. Juli 2009 (Az. L 5 AS 1110/09 B, zitiert nach juris) entschieden hat. Darin heißt es wörtlich: "Der Auffassung, dass es im Beschwerdeverfahren gegen einen Ordnungsgeldbeschluss keiner Kostenentscheidung bedürfe, weil die Kosten solche des Rechtsstreits seien (so BGH, Be-schluss vom 12. Juni 2007, VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364, mit zahlreichen Nachweisen; Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss vom 20. August 2007, 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252; Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Dezember 2008, L 19 B 1829/08 AS; alle zitiert nach juris), vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Der Beschluss über die Beschwerde stellt den Abschluss eines selbständigen, nicht kontradiktorischen Zwi-schenverfahrens dar, das vom Hauptsacheverfahren sachlich unabhängig ist und daher einer eigenen Kostenentscheidung bedarf (vgl. Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 7. März 2007, X B 76/06, BFHE 216, 500, m.w.N.; Oberlandesgericht [OLG] Oldenburg, Beschluss vom 3. September 2007, 1 Ws 478/07; ebenso Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 23. September 2004, 6St ObWs 003/04 (11), 6St ObWs 3/04 (11), 6St ObWs 3/04, alle zitiert nach juris). Dass dafür nicht nur dogmatische Gründe, sondern auch praktische Ergeb-nisse sprechen, wird daran deutlich, dass anderenfalls ein sich erfolgreich gegen die Verhän-gung eines Ordnungsgeldes wehrender, nicht nach § 183 SGG kostenprivilegierter Beteiligter im Falle seines Unterliegens in der Hauptsache auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen müsste Als Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten kommt indessen nicht § 193 SGG in entsprechender Anwendung in Betracht (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Januar 2009, L 13 AS 5633/08 B, zitiert nach juris; ebenso noch die Ent-scheidung des Senats vom 27. Oktober 2008, L 5 B 1180/08 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 21. November 2008, L 20 B 1261/08 AS, und vom 12. März 2008, L 13 B 293/07 SB; alle zitiert nach juris). Schon der Wortlaut lässt dies nicht zu. Nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kos-ten zu erstatten haben; soweit ein Mahnverfahren vorausgegangen ist, entscheidet es auch, wel-cher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat (Satz 2 der Vorschrift). Da das Verfahren be-züglich der Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss kein kontradiktorisches ist, fehlt es an zwei Beteiligten, die einander etwas erstatten könnten.
Eine Rechtsgrundlage, die unmittelbar angewandt werden könnte, findet sich weder im SGG noch an anderer Stelle, insbesondere nicht im GKG. Auch die Prozessordnungen anderer Ge-richtsbarkeiten sind insoweit unvollständig. Der Senat ist entgegen dem BGH (Beschluss vom 12. Juni 2007, VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364, hier zitiert nach juris) und dem BAG (Be-schluss vom 20. August 2007, 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252, hier zitiert nach juris) mit dem BFH (Beschluss vom 7. März 2007, X B 76/06, BFHE 216, 500) und verschiedenen Oberge-richten (so etwa Hessisches LAG, Beschluss vom 15. Februar 2008, 4 Ta 39/08, zitiert nach juris, m.w.N.) der Auffassung, dass die festgestellte planwidrige Lücke wegen der letztlich auch heute noch bestehenden Wesensnähe des mit einem Ordnungsmittel belegten Fehlverhal-tens zur Ordnungswidrigkeit regelmäßig durch die Anwendung des in § 46 Abs. 1 des Geset-zes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. § 467 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu schließen ist, dass dann, wenn es nicht zu einer Verurteilung kommt, die Kosten des Betroffenen der Staatskasse zur Last fallen (st. Rspr. des BFH seit 1986: vgl. neben der bereits zitierten Entscheidung die Beschlüsse vom 10. Januar 1986, IX B 5/85, BFHE 145, 314, vom 4. August 1993, II B 25/93, und vom 14. Oktober 2004, IV B 163/03, alle zitiert nach juris). Letztlich scheint dieser Weg der auch im Hinblick auf das Ergebnis einzig befriedigende. Weder kann sich die oben dargestellte Situation ergeben, dass ein im Beschwerdeverfahren Erfolgreicher, der im Hauptsacheverfahren unterliegt, schließlich doch die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten tragen muss, noch hat der am Be-schwerdeverfahren in keiner Weise beteiligte Gegner im Hauptsacheverfahren zu befürchten, die Kosten tragen zu müssen. Dass dann, wenn das Gericht zu Unrecht ein Ordnungsmittel verhängt und der Betroffene sich erfolgreich zur Wehr gesetzt hat, die Staatskasse die dadurch verursachten Kosten übernehmen muss, ist kein dem Rechtsempfinden zuwiderlaufendes Er-gebnis. So werden auch in auf "§ 193 SGG in entsprechender Anwendung" und auf "§ 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]" gestützten Entscheidungen die Kosten der Staatskasse, nicht dem anderen Beteiligten auferlegt (so zum Beispiel LSG Ba-den-Württemberg, Beschluss vom 14. Januar 2009, L 13 AS 5633/08 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. November 2008, L 20 B 1261/08 AS; LSG Thüringen, Be-schluss vom 18. April 2008, L 6 B 34/07 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Ap-ril 1997, L 11 S 2/97; alle zitiert nach juris; vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, Rdnr. 6c zu § 111)". Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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