L 7 AS 340/10 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 473/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 340/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerden des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 27.01.2010 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller monatlich 50,- EUR als Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft für den Zeitraum von März 2010 bis Mai 2010 vorläufig zu gewähren. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von 2350,- EUR vorläufig zu gewähren. Die Antragsgegnerin wird des Weiteren verpflichtet, dem Antragsteller für die Umlagerung seines Hausrates ein Darlehen in Höhe von 118,- EUR vorläufig zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Dem Antragsteller wird für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg Prozesskostenhife gewährt und Rechtsanwältin B aus E beigeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen.

Gründe:

Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 27.01.2010 sind zulässig und überwiegend begründet.

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg, soweit das SG seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in vollem Umfang abgelehnt hat.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren dem Antragsteller im tenorierten Umfang Leistungen als Zuschuss bzw. als Darlehen einstweilen, d.h. vorläufig zu gewähren.

Der Antragsteller hat Anspruch auf Übernahme von Einlagerungskosten für seinen Hausrat und weitere persönliche Gegenstände über den 28.02.2010 hinaus für den Zeitraum von März 2010 bis einschließlich Mai 2010 in Höhe von 50,- EUR als Zuschuss. Dieser Anspruch, den die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 18.01.2010 (nachträglich) bis 28.02.2010 anerkannt hat, ist auch für den Zeitraum bis Mai 2010 ausgehend von der Anmietung einer Garage glaubhaft gemacht. Der Anspruch folgt aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.

Gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Ist es wegen der Größe der konkreten Unterkunft erforderlich, vorübergehend nicht benötigten, angemessenen Hausrat und persönliche Gegenstände anderweitig unterzubringen, können auch die angemessenen Kosten einer Einlagerung etc. Teil der Unterkunftskosten sein. Das BSG hat einen Anspruch auf zusätzlichen Lagerraum - z.B. im Falle von Obdachlosigkeit - zugebilligt, wenn der angemietete Wohnraum derart klein ist, dass er zur angemessenen Unterbringung von persönlichen Gegenständen des Hilfebedürftigen erforderlich ist. Denn dem Hilfebedürftigen soll nach § 22 SGB II ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden, indem die Kosten für eine Wohnung als Bestandteil des soziokulturellen Existenzminimums übernommen werden. Der Senat geht davon aus, dass dieser Bedarf nicht schon dann sichergestellt ist, wenn die Kosten für eine Unterkunft übernommen werden, die lediglich das Bedürfnis nach Schutz vor der Witterung und Schlaf befriedigt. Vielmehr muss die Unterkunft auch sicherstellen, dass der Hilfebedürftige seine persönlichen Gegenstände verwahren kann. Nach dem Vortrag des Antragstellers, der in einer Notunterkunft wohnt, und nach Vernehmung des Zeugen L ist das bewegliche Eigentum in zwei Seecontainern untergebracht. Darin befinden sich zum einen der Hausrat und die persönlichen Gegenstände des Antragstellers und zum anderen auch Gegenstände und Unterlagen, die der früheren Selbstständigkeit des Antragstellers zuzuordnen sind. Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist die Übernahme der Kosten für die Anmietung einer Garage in Höhe von 50,- EUR bis Mai 2010 sachgerecht.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus die Übernahme der Kosten für die Anmietung der Schlosserei ab Oktober 2009 und für die Einlagerung in den Seecontainern in voller Höhe als Zuschuss geltend macht, folgt dieser nicht aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Denn nach summarischer Prüfung übersteigen die eingelagerten Gegenstände den Umfang, der den persönlichen Grundbedürfnissen entspricht oder dem Wohnen dient. Der Anspruch ergibt sich, ebenso wie der auf Übernahme der Anlieferungskosten der Container aus § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II. Danach erbringt der Grundsicherungsträger, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt ein Darlehen. Bei den rückständigen und aktuellen Kosten für eine Einlagerung handelt es sich um einen Bedarf, der zum Lebensunterhalt gehört und der Regelleistung zuzuordnen ist. Dieser Bedarf ist nach summarischer Prüfung vorliegend auch unabdingbar. Denn der Zeuge L hat ausgesagt, dass er wegen der offenen Forderungen ein Vermieterpfandrecht geltend macht und die Verwertung des Inhalts der Container anstrebt.

Die Höhe des vorläufig zu gewährenden Darlehens beträgt 2350,- EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus der vom Zeugen L genannten Forderung von 2160,- EUR bis April 2010 zuzüglich 190,- EUR (2 x 120,- EUR - 50,- EUR) für die Anmietung der Container im Mai. Die zeitliche Begrenzung der Gewährung des Zuschusses und des Darlehens folgt daraus, dass der Senat davon ausgeht, dass es sich um eine ausreichende Zeitspanne handelt, um den persönlichen Hausrat in eine zu noch zu beziehende Wohnung zu verbringen und zugleich den darüber hinausgehenden Teil auszusondern und einer Verwertung zuzuführen.

Zudem hat der Antragsteller einen Anspruch nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II auf Gewährung eines Darlehens für den Abtransport und die Umlagerung des Hausrates. Dieser Bedarf ist der Regelleistung zuzurechnen. Es handelt sich auch um einen unabweisbaren Bedarf. Denn der Zeuge L hat in seiner Vernehmung deutlich gemacht, dass die eingelagerten Güter nicht auf dem Grundstück verbleiben können und der Antragsteller ist finanziell nicht in der Lage, die Kosten zu tragen. Dem Antragsteller war ein Darlehen in Höhe von 118,- EUR zu gewähren, da zu diesen Konditionen die GfB transportiert. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsteller in der Lage ist, für diesen Betrag den Abtransport des gesamten eingelagerten Gutes in Eigenregie, z.B. durch Anmietung eines LKW, zu organisieren.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen würden, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Denn der im Erörterungstermin vom 08.04.2010 gehörte Zeuge hat dargelegt, dass er von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch macht und die eingelagerten Gegenstände verwerten bzw. beseitigen lassen wird, wenn die Forderung nicht beglichen wird.

Da der Antragsteller im Rahmen des Eilverfahrens die Gewährung der Leistungen als Zuschuss und nicht vorrangig als Darlehen begehrte, war die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen. Es bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, abzuklären, in welchem Umfang ggf. die Kosten für die Einlagerung als Zuschuss von der Beklagten zu übernehmen sind.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des SG ist auch insoweit begründet, als das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Ausgangsverfahrens abgelehnt hat. Denn die Rechtsverfolgung des Antragstellers bot aus den genannten Gründen hinreichende Aussicht auf Erfolg nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO).

Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde die Ablehnung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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