Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 3663/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3862/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Juli 2008 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt - noch - seine Aufnahme als freiwillig versichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse ab dem 01. Januar 2005.
1. Der am 1973 geborene Kläger leidet an einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Nach einer Pflichtversicherung war er ab dem 11. Dezember 2003 freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Den Antrag auf freiwillige Versicherung vom 23. Dezember 2003 hatte seine damalige rechtliche Betreuerin, die Zeugin V., gestellt, die mit Urkunde des Amtsgerichts S. vom 19. November 2002 u.a. mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Vermögensverwaltung, Ansprüche auf Rente, Sozialhilfe, Unterhalt und Pflegeversicherung bestellt worden war. Die Beiträge für die freiwillige Versicherung zahlte die beigeladene Stadt, die Trägerin der Sozialhilfe (Übernahmeerklärung vom 15. Januar 2004). Ab dem 13. Oktober 2004 war der Kläger wegen einer abhängigen Beschäftigung in einem Baumarkt wieder versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Dieses Beschäftigungsverhältnis wurde zum 31. Dezember 2004 beendet.
a) Mit Bescheid vom 25. Februar 2005 bewilligte die Beigeladene dem Kläger für das Jahr 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von EUR 780,06 monatlich, darin enthalten EUR 110,82 bzw. EUR 14,50 für "Kranken- und Pflegeversicherung" nach § 42 Nr. 4 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII). Ebenso bewilligte die Beigeladene auch für die Monate Januar bis Juli 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, zuletzt mit Bescheid vom 07. Juni 2006. Sie nahm diese Bewilligung aber mit Wirkung ab 01. Juli 2006 zurück, weil der Kläger ab 30. Juli 2006 keinen Wohnsitz mehr in ihrem Bezirk hatte, sondern sich in stationärer Behandlung befand (Bescheide vom 04. Juli 2006). Ab 27. Juli 2006 bewilligte sie allerdings dem Kläger wieder Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Bescheid vom 31. Juli 2006). Während des Bezugs dieser Leistungen entstanden der Beigeladenen Aufwendungen für Krankenhilfe für den Kläger von insgesamt EUR 48.117,72. Seit dem 28. Juli 2007 bezieht der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) und ist deswegen bei der Beklagten pflichtversichert.
b) Mit Schreiben vom 13. Mai 2005, bei der Beklagten am 18. Mai 2005 eingegangen, beantragte die Zeugin V. für den Kläger erneut eine freiwillige Versicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2005 ab. Die Frist von drei Monaten nach Ausscheiden aus der Pflichtversicherung für einen Antrag auf freiwillige Versicherung sei verstrichen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werde nicht gewährt. Es habe kein Hindernis vorgelegen, das Verschulden der Betreuerin als Vertreterin werde dem Kläger zugerechnet, die Beitragszahlung durch die Sozialbehörde ersetze nicht die erforderliche und versäumte Antragstellung. Die Zeugin V. erhob Widerspruch, den die Widerspruchsstelle der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2005 zurückwies. Rechtsbehelfe hiergegen wurden nicht eingelegt.
c) Mit Urkunde vom 29. Juni 2006 des Amtsgerichts S. wurde der jetzige rechtliche Betreuer des Klägers bestellt. Dieser erkundigte sich bei der Beklagten nach dem versicherungsrechtlichen Status des Klägers. Die Beklagte teilte ihm unter dem 22. September 2006 mit, der Kläger sei seit dem 01. Januar 2005 "als Betreuter durch das Sozialamt" bei ihr "versichert".
Der rechtliche Betreuter beantragte sodann mit Schreiben vom 05. Februar 2007, im Wege "der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rückwirkend zum 01. Januar 2005 eine Krankenversicherungspflicht (für den Kläger) anzuerkennen und ihn (den Kläger) wieder als Mitglied zu bewerten". Dies ergebe sich zweifelsohne aus § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Er führte aus, die Zeugin V. sei auf Grund der Ausweisung der Beiträge in Höhe von (zusammen) EUR 125,32 in dem Bescheid der Beigeladenen vom 25. Februar 2005 davon ausgegangen, dass die Weiterversicherung Bestand haben werde. Mitte bis Ende März 2005 habe eine namentlich nicht bekannte Mitarbeiterin der Beklagten die Zeugin V. angerufen und sich erkundigt, wann eine "Alg-II-Meldung" übersandt werde. Die Zeugin habe entgegnet, dass der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalte und die Beigeladene die Beiträge ausweise und auch bezahle. Die Mitarbeiterin habe nicht darauf hingewiesen, dass noch ein Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt werden müsse. Dies habe erst eine andere Mitarbeiterin der Beklagten, Frau P., bei einem weiteren Anruf am 25. April 2005 mitgeteilt, die sich ebenfalls nach einer "Alg-II-Meldung" erkundigt habe. Am selben Tage habe eine Mitarbeiterin der Beigeladenen der Zeugin V. mitgeteilt, dass die Beiträge von dort bezahlt würden. Die Zeugin habe dann am 13. Mai 2005 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, weil die Frist für eine freiwillige Versicherung am 31. März 2005 abgelaufen gewesen sei. Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid habe die Zeugin bedauerlicherweise nicht geklagt.
Mit Schreiben vom 29. März 2007 teilte Rechtsanwalt L., der mit Urkunde des Amtsgerichts S. vom 09. März 2006 zum Ergänzungsbetreuer für den Kläger zur Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche gegen die frühere Betreuerin bestellt worden war, der Beklagten mit, sie treffe ein Mitverschulden daran, dass der Kläger ab dem 01. Januar 2005 nicht freiwillig krankenversichert worden sei. Der Ergänzungsbetreuer lud die Beklagte zu einer Besprechung mit dem rechtlichen Betreuer, ihm, der Haftpflichtversicherung des Betreuungsvereins, dem die Zeugin V. angehörte, und der Beigeladenen ein. Ausweislich des Gesprächsprotokolls vom 29. März 2007, das der Ergänzungsbetreuer der Beklagten übersandte, waren der Beigeladenen für ärztliche Behandlungen des Klägers bis zum 15. Dezember 2006 bereits Kosten von EUR 47.116,06 entstanden. An dieser Besprechung nahm die Beklagte nicht teil.
Unter dem 25. April 2007 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Beklagte dem rechtlichen Betreuer mit, sie werde einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nachkommen. Den Widerspruch habe sie erhalten. Unter dem 13. Juli 2007 verwies der rechtliche Betreuer nochmals darauf, dass die Beklagte ihrer Hinweispflicht nicht nachgekommen sei und die Beigeladene die Beiträge an die Beklagte bezahlt habe, sodass ganz offensichtlich gewesen sei, dass eine Weiterversicherung beabsichtigt gewesen sei. Der Bescheid vom 18. Mai 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2005 seien rechtswidrig und deshalb nach § 44 SGB X aufzuheben. Die Beklagte wies den Widerspruch "gegen den Bescheid vom 25. April 2007" zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. September 2007). Der damalige Antrag des Klägers auf freiwillige Versicherung vom 18. Mai 2005 sei abgelehnt worden, ebenso wie ein damaliger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da kein Hindernis vorgelegen habe. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Zeugin V. sei am 25. April 2005 darüber unterrichtet worden, dass ein Antrag nötig sei und fehle. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei das "Hindernis" weggefallen. Der Antrag vom 13. Mai 2005 sei definitiv zu spät gestellt gewesen. Die Überprüfung im Einzelfall habe ergeben, dass bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 das Recht richtig angewandt und von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Deshalb sei mit Bescheid vom 25. April 2007 auch nach § 44 SGB X die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt worden. Hieran sei festzuhalten. Man habe erwarten können, dass die Zeugin V. als Mitarbeiterin eines Betreuungsvereins die Regelungen und Fristen für eine freiwillige Weiterversicherung kenne und einhalte. Zudem sei ihr das notwendige Verfahren bekannt gewesen, denn sie habe den Kläger schon einmal, unter dem 23. Dezember 2003, zur freiwilligen Krankenversicherung angemeldet. Es sei daher nicht von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis auszugehen. Auf ihre (der Beklagten) Hinweispflicht komme es dann nicht mehr an. Außerdem sei für den Kläger kein Nachteil erkennbar. Er sei nach Ende der Pflichtversicherung durch die Beigeladene als Betreuter nach § 264 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) angemeldet worden und habe seither Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung.
d) Hiergegen erhob der Kläger am 15. September 2007 Klage zum Sozialgericht S. (S 11 KR 370/07), das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14. November 2007 an das Sozialgericht Mannheim (SG, S 4 KR 4120/07) verwies.
2. Der rechtliche Betreuer hatte des Weiteren am 30. März 2007 bei der Beklagten zusätzlich beantragt, den Kläger ab 01. April 2007als Pflichtmitglied in die Krankenversicherung aufzunehmen. Dies lehnte die Beklagte ab mit Bescheid vom 10. April 2007 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) ab. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seien nicht erfüllt, da der Kläger Leistungen nach dem SGB XII beziehe und diese Leistungen einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall darstellten. Der Betreuer erhob Widerspruch unter Verweis auf gegenteilige Entscheidungen des Sozialgerichts S. in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Er legte eine Bescheinigung des Amts für Jugend, Familie, Senioren und Soziales S. (ohne Datum) vor, wonach der Kläger ab 22. Mai 2007 nahtlos die Weitergewährung von Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII beantragt habe. Für die Dauer seines Aufenthalts in einem Therapiezentrum habe er einen Barbetrag (Taschengeld) nach § 35 Abs. 2 SGB XII sowie Krankenhilfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII beantragt. Der Barbetrag von EUR 93,00 bzw. ab 01. Juli 2007 EUR 94,00 im Monat werde ihm voraussichtlich auch gewährt. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007). Der Kläger erhalte Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, so dass eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen sei.
Hiergegen erhob der rechtliche Betreuer am 11. September 2007 Klage zum Sozialgericht S. (S 11 KR 364/07) , das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Oktober 2007 an das SG (S 4 KR 3663/07) verwies.
3. Das SG verband die beiden Verfahren mit Beschluss vom 11. Dezember 2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und lud mit Beschluss vom 15. Juli 2008 die Beigeladene auf ihren Antrag hin zum Verfahren bei.
Zu der freiwilligen Versicherung wiederholte der Kläger sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren zum unterbliebenen Hinweis der Beklagten auf die erforderliche Antragstellung und berief sich auf das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2004 (L 2 KR 27/02, veröffentlicht in Juris).
Die Beklagte wies, zu dem Antrag nach § 44 SGB X darauf hin, dass der Wiedereinsetzungsantrag schon 2005 aus formellen Gründen abgelehnt worden sei. Eine "Spontan-Beratungspflicht" habe nicht bestanden, da der Kläger ein Kunde sei, dessen Rechtsgeschäfte vollständig von der fachkundigen Betreuerin des Betreuungsvereins (der Zeugin V.) getätigt worden seien, die offensichtlich die Antragstellung verpasst habe. Ein Rückforderungsanspruch der Beigeladenen könne sich nicht gegen den Kläger sondern nur die frühere Betreuerin richten.
Die durch Beschluss des SG vom 05. Juli 2008 Beigeladene teilte mit, sie habe dem Kläger vom 01. Januar 2005 bis 28. Juli 2007 Krankenhilfe leisten müssen. Hierzu legte sie eine Aufstellung vor, aus der sich entsprechende Aufwendungen von EUR 4.871,80 im Jahre 2005, EUR 42.651,00 im Jahre 2006 und EUR 594,86 im Jahre 2007, zusammen EUR 48.117,72, ergaben. Sie schloss sich den Anträgen des Klägers an.
Mit Urteil vom 18. Juli 2008 wies das SG die Klagen ab. Zu dem im Berufungsverfahren noch streitigen Komplex der freiwilligen Versicherung ab dem 01. Januar 2005 führte es aus, die Beklagte sei nicht verpflichtet, ihren bindenden Bescheid vom 18. Mai 2005 zurückzunehmen. Der Beitritt zur freiwilligen Versicherung sei damals nicht in der Frist von drei Monaten nach Beendigung der vorherigen Mitgliedschaft angezeigt worden. Der Kläger könne weder über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch den Beitritt erreichen. Zur Wiedereinsetzung führte das SG aus, der Kläger bzw. die Zeugin V., deren Verschulden sich der Kläger zurechnen lassen müsse, sei nicht schuldlos verhindert gewesen, die dreimonatige Beitrittsfrist einzuhalten. Der Zeugin habe die Vermögensverwaltung des Klägers oblegen und damit auch die Aufgabe, sich um die Krankenversicherung zu kümmern. Sie sei hinsichtlich einer Weiterversicherung auch nicht ohne Kenntnisse gewesen, denn sie habe bereits im Dezember 2003 in gleicher Situation rechtzeitig einen Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt. In jedem Falle habe es ihr oblegen, bei der Beklagten nachzufragen. Allein durch die Bewilligungsbescheide der Beigeladenen sei sie von dieser Verpflichtung nicht entlastet worden. Zum Herstellungsanspruch führte das SG aus, die Beklagte habe keine Beratungs- und Informationspflichten verletzt. Ein Hinweis auf Beitrittsrechte müsse nicht generell erfolgen, sondern nur wenn das Ende der bisherigen Versicherung von komplizierten Beurteilungen abhänge, die für den Versicherten im Regelfall nicht einfach erfassbar seien. Es müsse ein konkreter Anlass für eine Beratung über die naheliegende Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung bestehen. Dies könne z.B. bei einer psychischen Erkrankung des Versicherten vorliegen. Dies gelte jedoch nur, wenn noch kein Betreuer bestellt sei. Habe der Versicherte eine Betreuerin, sei die Beklagte nicht generell verpflichtet gewesen, auf die Weiterversicherungsmöglichkeit hinzuweisen. Dieser Hinweis hätte nur erfolgen müssen, wenn sich die Zeugin V. entsprechend ihrer Aufgabe an die Beklagte gewandt hätte.
4. Gegen dieses Urteil haben am 12. August 2008 der Kläger durch seinen rechtlichen Betreuer und am 14. August 2008 die Beigeladene Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Beide wenden sich lediglich gegen die Abweisung ihrer Klaganträge hinsichtlich der freiwilligen Versicherung ab dem 01. Januar 2005. Hierzu tragen sie weitgehend wortgleich vor, es bestehe eine generelle Hinweispflicht der Krankenkassen unabhängig von den individuellen Fähigkeiten, dem Bildungsstand oder dem Beruf des Versicherten. Das SG habe zu Unrecht unterstellt, dass die Zeugin V. die zur freiwilligen Weiterversicherung erforderlichen Maßnahmen gekannt habe. Betreuer verfügten nicht über eine spezielle Ausbildung, entscheidend für sie - auch für Berufsbetreuer - seien vielmehr pädagogische Fähigkeiten und nicht Rechtskenntnisse. Dies gelte auch für die Zeugin V., die den Beruf der Sozialarbeiterin erlernt habe und einem Betreuungsverein angehört habe. Auch hätten bei ihm (dem Kläger) besondere Umstände vorgelegen, die es nachvollziehbar erscheinen ließen, dass die Zeugin V. von seiner Weiterversicherung ausgegangen sei. Ausweislich des Grundsicherungsbescheids (vom 25. Februar 2005) seien Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt und an die Beklagte abgeführt worden. Die (Kranken- und Pflegeversicherungs-)Beiträge (EUR 125,32) seien geringfügig höher gewesen als die Zeugin in ihrem Antrag vom 29. Juli 2004 angegeben habe (EUR 123,62). Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass entweder die Zeugin oder die Beigeladene bei der Beklagten nachgefragt und die konkreten Beiträge in Erfahrung gebracht hätten. Die Beklagte habe die Beiträge auch vereinnahmt, ohne auf den fehlenden Krankenversicherungsschutz hinzuweisen. Diese Zahlung sei bei der Beklagten auch nicht unbemerkt geblieben, dies ergebe sich aus dem Anruf einer Mitarbeiterin der Beklagten Ende März 2005 bei der Zeugin V ... Spätestens als die Zeugin bei diesem Telefonat darauf hingewiesen habe, dass der Kläger nicht Arbeitslosengeld II, sondern Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehe, hätte sich für die Beklagte ein Hinweis aufdrängen müssen. Es habe Anlass für eine Spontanberatung bestanden. Dies gelte unabhängig davon, dass die Zeugin V. im Jahre 2003 schon einmal eine freiwillige Weiterversicherung für den Kläger beantragt habe. Die Situationen Ende 2003 und Anfang 2005 seien schon deshalb nicht vergleichbar, weil zum 01. Januar 2005 das SGB XII das frühere Bundessozialhilfegesetz abgelöst habe und der Antrag im Jahre 2003 eine von vielen zu erledigenden Formalitäten gewesen sei. Der Kläger und die Beigeladene haben auch auf das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 13. Februar 2006 (S 18 KR 935/05 R, veröffentlicht in Juris) verwiesen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Juli 2008 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 25. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2007 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 18. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 zurückzunehmen und den Kläger vom 01. Januar 2005 bis 27. Juli 2007 als freiwilliges Mitglied zu führen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des SG und ihre Bescheide. Die Frist für den Beitritt in einer freiwillige Versicherung von drei Monaten sei eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Ihre Versäumung führe zum Erlöschen des Beitrittsrechts. Solche Fristen seien verbindlich und stünden nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer solchen Beitrittsfrist seien in § 27 SGB X abschließend geregelt. Hiernach müsse die Wiedereinsetzung spätestens ein Jahr seit dem Ende der versäumten Frist beantragt werden, es sei denn, dies sei wegen höherer Gewalt unmöglich. Diese Jahresfrist sei am 31. März 2006 endgültig abgelaufen. Eine Wiedereinsetzung sei daher (jetzt) unzulässig. Und auch wenn der (erneute) Antrag zulässig wäre, wäre Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, da der Kläger die Beitrittsfrist nicht schuldlos versäumt habe. Hinsichtlich der dreimonatigen Beitrittsfrist, die die Zeugin V. gekannt habe, habe sich die Rechtslage zwischen Ende 2003 und Anfang 2005 nicht geändert. Weiterhin sei sie zu einer (spontanen) Beratung des Klägers über die Voraussetzungen einer freiwilligen Versicherung nicht verpflichtet gewesen. Das Ende eines Versicherungspflichtverhältnisses könne viele Gründe habe, etwa den Wechsel der Krankenkasse oder den Eintritt einer Familienversicherung. Die Einzugsstellen wären überfordert, bei jedem Ende einer Pflichtversicherung den Versicherten anzuschreiben, um ihn auf weitere Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Es habe eine konkreter Anlass für eine Beratung gefehlt. In dem Erörterungstermin vom 27. Januar 2010 hat die Beklagte hierzu ergänzend behauptet, sie habe in der fraglichen Zeit Pflichtmitglieder, die vom Arbeitgeber abgemeldet worden seien, angeschrieben und um Rückgabe der Krankenversichertenkarte gebeten und im Hinblick auf eine weitere Mitgliedschaft eine Kontaktaufnahme angeboten. Wenn ein rechtlicher Betreuer gespeichert gewesen sei, sei das Schreiben an diesen allein geschickt worden.
In dem genannten Erörterungstermin hat der Berichterstatter des Senats die Zeuginnen V. und Meyer, die damalige Leiterin des Betreuungsvereins, uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 27. Januar 2010 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Bescheid vom 25. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2007, mit dem die Beklagte im Überprüfungsverfahren abgelehnt hat, ihren Bescheid vom 18. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 nach § 44 SGB X zurückzunehmen und den Kläger ab dem 01. Januar 2005 als freiwilliges Mitglied zu führen. Hinsichtlich des weiteren Klagantrags, festzustellen, dass der Kläger ab dem 01. April 2007 Pflichtmitglied der Beklagten sei, haben Kläger und Beigeladene keine Berufung eingelegt, so dass das Urteil des SG insoweit rechtskräftig ist und damit zwischen den Beteiligten feststeht, dass der Kläger vom 01. April bis 27. Juli 2007 (Tag vor Beginn der Pflichtmitgliedschaft wegen Bezugs von Arbeitslosengeld II) nicht versicherungspflichtiges Mitglied bei der Beklagten war. Wegen der ab 28. Juli 2007 bestehenden Versicherungspflicht ist der mit der Berufung weiterverfolgte Antrag sachgerecht (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) dahin auszulegen, dass die Feststellung einer freiwilligen Mitgliedschaft vom 01. Januar 2005 bis zum 27. Juli 2007 begehrt wird.
2. Mit diesem Inhalt sind die Berufungen, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, zulässig. Auch die Beigeladene konnte Berufung einlegen. Sie ist durch das angegriffene Urteil nicht nur formell im Hinblick auf die Bindungswirkung, sondern auch materiell beschwert (zu dieser Voraussetzung einer Berufung eines Beigeladenen vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 75 Rn. 19). Entsprechend war ihre Beiladung notwendig im Sinne von § 75 Abs. 2 SGG. Hat der Kläger nämlich mit seiner Klage Erfolg und stellt das Gericht fest, dass er seit dem 01. Januar 2005 freiwilliges Mitglied der Beklagten war, dann steht fest, dass die Beigeladene zu Unrecht Leistungen der Krankenhilfe an ihn bewilligt hat. Es wäre mit einer solchen Gerichtsentscheidung eine wesentliche Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs der Bei¬ge¬la¬denen gegenüber der Beklagten (§ 105 Abs. 1 SGB X) bindend festgestellt.
3. Die Berufungen sind aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG insoweit die Klage abgewiesen.
a) Das SG ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger unter dem 05. Februar 2007 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gegen den bindenden Bescheid vom 18. Mai 2005 gestellt hat. Denkbar war noch, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt erneut seinen Beitritt als freiwilliges Mitglied erklärt hätte, verbunden mit einem erneuten Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Beitrittsfrist, die am 31. März 2005 abgelaufen war. Mit einem solchen erneuten Beitritt hätte er sein Ziel jedoch nicht erreichen können. Zum einen war im Februar 2007 die in § 27 Abs. 3 SGB X geregelte Jahresfrist für einen Wiedereinsetzungsantrag ersichtlich abgelaufen, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Zum anderen wusste auch der jetzige rechtliche Betreuer durch das Schreiben der Beklagten vom 22. September 2006, dass der Kläger kein freiwilliges Mitglied der Beklagten war, ein erneuter Wiedereinsetzungsantrag im Februar 2007 konnte daher auch die Zwei-Wochen-Frist des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht wahren.
b) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 18. Mai 2005 und die begehrte Feststellung, weil er seit dem 01. Januar 2005 kein freiwilliges Mitglied der Beklagten war. Er war der Beklagten nicht wirksam als freiwilliges Mitglied beigetreten.
aa) Die verfahrensrechtliche Anspruchsgrundlage für die Aufhebung bindender Bescheide ist § 44 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ferner bestimmt § 44 Abs. 2 SGB X: Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. In dem vorliegenden Verfahren ist Abs. 2 der Vorschrift einschlägig. Die Sonderregelungen des § 44 Abs. 1 und 4 SGB X, die zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte auch für die Vergangenheit verpflichten, beschränken sich auf Verwaltungsakte, die ausschließlich über die Gewährung von Sozialleistungen entscheiden. Andere Verwaltungsakte, die lediglich eine - ggfs. mittelbare - Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen sind, z. B. feststellende Verwaltungsakte, sind dagegen nach § 44 Abs. 2 SGB X auch zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zurückzunehmen; die Rückwirkung liegt im Ermessen der Verwaltung (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3). Dies gilt insbesondere für feststellende Verwaltungsakte über den Mitgliedschaftsstatus eines Krankenversicherten. In solchen Fällen ist allenfalls ein geringes Interesse des Antragstellers an einer rückwirkenden Rücknahme eines verneinenden Verwaltungsakts und damit an einer rückwirkenden Feststellung des Versichertenstatus vorhanden, da die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die grundsätzlich Sachleistungen sind, anlassbezogen gewährt werden und daher in der Regel ohnehin nicht für die Vergangenheit erbracht werden können. Dies rechtfertigt, dass insoweit nur die Ermessensnorm des § 44 Abs. 2 SGB X angewandt wird. Bei der dort zu treffenden Ermessensentscheidung kann dann der Krankenversicherungsträger ggfs. berücksichtigen, ob der Antragsteller noch Kostenerstattungsansprüche für die Vergangenheit geltend machen könnte oder sonst ausnahmsweise ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Feststellung hat.
bb) Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Der Bescheid vom 18. Mai 2005 war nicht rechtswidrig. Die Beklagte hatte damals zu Recht die Feststellung abgelehnt, dass der Kläger ab dem 01. Januar 2005 freiwillige bei ihr versichert sei.
(1) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V können der Versicherung beitreten Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren. Dieser Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nach dem Ausscheiden aus einer Pflichtversicherung muss nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Pflichtmitgliedschaft der betroffenen Krankenkasse angezeigt werden. Diese Frist hat der Kläger nach dem Ende seiner Pflichtmitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter zum 31. Dezember 2004 nicht eingehalten. Eine Anzeige eines Beitritts in der Zeit bis zum 31. März 2005 ist nicht erfolgt. Der Kläger selbst und auch seine damalige rechtliche Betreuerin, die Zeugin V., hatten in diesem Zeitraum nur einmal Kontakt mit der Beklagten, nämlich bei dem Anruf einer Mitarbeiterin der Beklagten Mitte oder Ende März, den die Zeugin angegeben hat. Wie sie selbst bekundet hat, hat die Zeugin hierbei aber nicht den Beitritt erklärt, der außerdem nach § 188 Abs. 3 SGB V schriftlich zu erklären gewesen wäre. Sie ging zu diesem Zeitpunkt vielmehr davon aus, der Kläger sei bereits bzw. weiterhin Mitglied der Beklagten.
(2) Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 18. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 auch zu Recht die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist abgelehnt.
Zwar wirkt die Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V materiell-rechtlich, ihre Versäumung vernichtet das Beitrittsrecht. Allerdings kann gegen ihre Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X gewährt werden. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist hierfür Voraussetzung, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, wobei ihm nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X ein Verschulden seines Vertreters zuzurechnen ist (vgl. § 166 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -). Der Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung ist nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Außerdem schließt § 27 Abs. 3 SGB X einen Antrag nach (mehr als) einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist aus, außer wenn dies infolge höherer Gewalt unmöglich war. Gegen die Versäumung einer Beitrittsfrist nach § 9 Abs. 2 SGB V ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn fehlende Rechtskenntnis beim Berechtigten bestand, weil die Krankenkasse ihrer gesetzlichen Informationspflicht nicht nachgekommen ist und der Berechtigte auch anderweitig keine Kenntnis über die Beitrittsmöglichkeit hatte (BSG SozR 3-2200 § 176b Nr. 1). Nicht ausreichend ist aber ein etwaiger Verstoß der Krankenkassen allein gegen die nach § 14 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) bestehende allgemeine Beratungspflicht (vgl. Wille, in: juris Praxiskommentar [jurisPK], SGB V, § 9 Rn. 70).
Im vorliegenden Falle kam eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beitrittsfrist schon nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht in Betracht. Der Wiedereinsetzungsantrag war nicht innerhalb der dort vorgeschriebenen Zwei-Wochen-Frist gestellt worden. Die Zeugin V., die als rechtliche Betreuerin die gesetzliche Vertreterin des Klägers war (§ 1902 BGB) und auf deren Kenntnisse es daher nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X, § 166 Abs. 1 BGB ankam, wusste allerspätestens nach dem von ihr selbst angegebenen Telefonat mit der Mitarbeiterin Rauch der Beklagten am 25. April 2005, dass eine Beitrittserklärung notwendig war und fehlte. Die Zwei-Wochen-Frist wäre demnach am 09. Mai 2005 (einem Montag) abgelaufen. Ihr Wiedereinsetzungsantrag vom 13. Mai 2005, bei der Beklagten am 18. Mai 2005 eingegangen, war daher in jedem Falle verspätet. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist - so eine solche im Bereich des § 27 SGB X überhaupt möglich ist - kam nicht in Betracht, denn die Zeugin V. kannte nach ihren Angaben bei ihrer Vernehmung vor dem Berichterstatter des Senats das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung und damit seine Voraussetzungen.
Unabhängig davon war die Versäumung der Beitrittsfrist nicht unverschuldet. Ebenso wie das SG ist der Senat der Ansicht, dass ein rechtlicher Betreuer, zu dessen Aufgabenkreis die Gesundheitsfürsorge, die Vermögensverwaltung und die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente, Sozialhilfe, Unterhalt und Pflegeversicherungsleistungen gehört, um die Voraussetzungen eines Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung wissen muss. Gerade bei Betreuten, deren Betreuer derartige Aufgabenkreise übernehmen, dürfte ein Wechsel zwischen versicherungspflichtigen Zeiten (Bezug von Lohnersatzleistungen oder Arbeitslosengeld II) und Zeiten, die keinen Krankenversicherungsschutz bedingen (Bezug von Leistungen nach dem SGB XII) und bei denen daher zum Erhalt eines Krankenversicherungsschutzes ein Beitritt nach § 9 SGB V notwendig ist (bzw. aufgrund der Einfügung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bis Ende März 2007 notwendig war) häufiger vorkommen. Der rechtliche Betreuer muss mit diesen Situationen umgehen können (vgl. zu den Pflichten eines Betreuers § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt insbesondere für Berufs- und Vereinsbetreuer wie die Zeugin V., deren Bestellung nach § 1900 Abs. 1 BGB ohnehin nur dann in Betracht kommt, wenn der Betreuungsbedürftige durch - andere - natürliche Personen nicht ausreichend betreut werden kann.
Mit dieser Ansicht weicht der Senat nicht von den Entscheidungen des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. Februar 2004 (L 2 KR 27/02) und des Sozialgerichts Frankfurt vom 13. Februar 2006 (S 18 KR 935/05 R, beide veröffentlicht in Juris) ab, auf die sich der Kläger und die Beigeladene in diesem Verfahren berufen haben. Beide Entscheidungen betrafen Versicherte, die keinen rechtlichen Betreuer als gesetzlichen Vertreter hatten, bei denen es also auf die eigene Rechtskenntnis ankam. Die Zeugin V. wusste auch positiv um die Voraussetzungen eines Beitritts zu einer freiwilligen Krankenversicherung, hatte sie doch in einer identischen Situation am 23. Dezember 2003 einen solchen Beitritt für den Kläger erklärt. Die rechtlichen Voraussetzungen eines Beitritts und die Frist hatten sich zwischen Ende 2003 und Anfang 2005 auch überhaupt nicht verändert. Zumindest hätte sich die Zeugin V. bei der Beklagten erkundigen müssen, ob die damaligen Voraussetzungen noch galten. Sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass etwa die Beigeladene den Beitritt für den Kläger anzeigt, denn dazu wäre die Beigeladene mangels Vertretungsmacht für den Kläger (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) gar nicht befugt gewesen.
(3) Weiterhin hat das SG zu Recht entschieden, dass die Beklagte den verspäteten Beitritt des Klägers zur freiwilligen Versicherung auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als rechtzeitig und wirksam behandeln musste. Es bestehen bereits Zweifel, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hier überhaupt anwendbar ist. Soweit es um die Versäumung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist und im Anschluss um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geht, dürften die detaillierten Regelungen des § 27 SGB X, die auch etwaige Verletzungen von Beratungs- und Mitteilungspflichten des Leistungsträgers erfassen, abschließend sein und den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verdrängen. Aber auch wenn dies nicht der Fall wäre (so z.B. v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 27 Rn. 5), lägen die Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs nicht vor. Grundsätzlich sind die Sozialleistungsträger nur zu konkreten Anlassberatungen verpflichtet, wenn sich ein Berechtigter oder Antragsteller mit einem Begehren an sie wendet. Unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren sind die Leistungsträger gehalten, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt (so genannte Spontanberatung; vgl. z. B. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 15). Voraussetzung ist aber immer ein Informationsbedarf des Versicherten. Weiß dieser bereits um die fragliche Gestaltungsmöglichkeit, bedarf er keiner konkreten Beratung mehr, bzw. es fehlt an den notwendigen Kausalzusammenhang zwischen einem etwaigen Beratungsfehler des Leistungsträgers und dem bei dem Versicherten eintretenden Nachteil. Da wie ausgeführt im vorliegenden Fall der Zeugin V. die Möglichkeit und auch die Voraussetzungen des Beitritts zur (freiwilligen) Versicherung bei der Beklagten bekannt waren, war die Beklagte nicht zu einer Spontanberatung des Klägers oder der Zeugin V. verpflichtet.
cc) Da demnach bereits die Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X fehlten, musste die Beklagte hinsichtlich der Rücknahme des Bescheids vom 18. Mai 2005 für die Vergangenheit keine Ermessensentscheidung treffen. Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte Ermessen ausgeübt hat.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich, nachdem der Senat die Frage offen lässt, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch neben einem Wiedereinsetzungsanspruch nach § 27 Abs. 1 SGB X besteht und die Entscheidung ansonsten auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt - noch - seine Aufnahme als freiwillig versichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse ab dem 01. Januar 2005.
1. Der am 1973 geborene Kläger leidet an einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Nach einer Pflichtversicherung war er ab dem 11. Dezember 2003 freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Den Antrag auf freiwillige Versicherung vom 23. Dezember 2003 hatte seine damalige rechtliche Betreuerin, die Zeugin V., gestellt, die mit Urkunde des Amtsgerichts S. vom 19. November 2002 u.a. mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Vermögensverwaltung, Ansprüche auf Rente, Sozialhilfe, Unterhalt und Pflegeversicherung bestellt worden war. Die Beiträge für die freiwillige Versicherung zahlte die beigeladene Stadt, die Trägerin der Sozialhilfe (Übernahmeerklärung vom 15. Januar 2004). Ab dem 13. Oktober 2004 war der Kläger wegen einer abhängigen Beschäftigung in einem Baumarkt wieder versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Dieses Beschäftigungsverhältnis wurde zum 31. Dezember 2004 beendet.
a) Mit Bescheid vom 25. Februar 2005 bewilligte die Beigeladene dem Kläger für das Jahr 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von EUR 780,06 monatlich, darin enthalten EUR 110,82 bzw. EUR 14,50 für "Kranken- und Pflegeversicherung" nach § 42 Nr. 4 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII). Ebenso bewilligte die Beigeladene auch für die Monate Januar bis Juli 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, zuletzt mit Bescheid vom 07. Juni 2006. Sie nahm diese Bewilligung aber mit Wirkung ab 01. Juli 2006 zurück, weil der Kläger ab 30. Juli 2006 keinen Wohnsitz mehr in ihrem Bezirk hatte, sondern sich in stationärer Behandlung befand (Bescheide vom 04. Juli 2006). Ab 27. Juli 2006 bewilligte sie allerdings dem Kläger wieder Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Bescheid vom 31. Juli 2006). Während des Bezugs dieser Leistungen entstanden der Beigeladenen Aufwendungen für Krankenhilfe für den Kläger von insgesamt EUR 48.117,72. Seit dem 28. Juli 2007 bezieht der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) und ist deswegen bei der Beklagten pflichtversichert.
b) Mit Schreiben vom 13. Mai 2005, bei der Beklagten am 18. Mai 2005 eingegangen, beantragte die Zeugin V. für den Kläger erneut eine freiwillige Versicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2005 ab. Die Frist von drei Monaten nach Ausscheiden aus der Pflichtversicherung für einen Antrag auf freiwillige Versicherung sei verstrichen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werde nicht gewährt. Es habe kein Hindernis vorgelegen, das Verschulden der Betreuerin als Vertreterin werde dem Kläger zugerechnet, die Beitragszahlung durch die Sozialbehörde ersetze nicht die erforderliche und versäumte Antragstellung. Die Zeugin V. erhob Widerspruch, den die Widerspruchsstelle der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2005 zurückwies. Rechtsbehelfe hiergegen wurden nicht eingelegt.
c) Mit Urkunde vom 29. Juni 2006 des Amtsgerichts S. wurde der jetzige rechtliche Betreuer des Klägers bestellt. Dieser erkundigte sich bei der Beklagten nach dem versicherungsrechtlichen Status des Klägers. Die Beklagte teilte ihm unter dem 22. September 2006 mit, der Kläger sei seit dem 01. Januar 2005 "als Betreuter durch das Sozialamt" bei ihr "versichert".
Der rechtliche Betreuter beantragte sodann mit Schreiben vom 05. Februar 2007, im Wege "der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rückwirkend zum 01. Januar 2005 eine Krankenversicherungspflicht (für den Kläger) anzuerkennen und ihn (den Kläger) wieder als Mitglied zu bewerten". Dies ergebe sich zweifelsohne aus § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Er führte aus, die Zeugin V. sei auf Grund der Ausweisung der Beiträge in Höhe von (zusammen) EUR 125,32 in dem Bescheid der Beigeladenen vom 25. Februar 2005 davon ausgegangen, dass die Weiterversicherung Bestand haben werde. Mitte bis Ende März 2005 habe eine namentlich nicht bekannte Mitarbeiterin der Beklagten die Zeugin V. angerufen und sich erkundigt, wann eine "Alg-II-Meldung" übersandt werde. Die Zeugin habe entgegnet, dass der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalte und die Beigeladene die Beiträge ausweise und auch bezahle. Die Mitarbeiterin habe nicht darauf hingewiesen, dass noch ein Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt werden müsse. Dies habe erst eine andere Mitarbeiterin der Beklagten, Frau P., bei einem weiteren Anruf am 25. April 2005 mitgeteilt, die sich ebenfalls nach einer "Alg-II-Meldung" erkundigt habe. Am selben Tage habe eine Mitarbeiterin der Beigeladenen der Zeugin V. mitgeteilt, dass die Beiträge von dort bezahlt würden. Die Zeugin habe dann am 13. Mai 2005 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, weil die Frist für eine freiwillige Versicherung am 31. März 2005 abgelaufen gewesen sei. Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid habe die Zeugin bedauerlicherweise nicht geklagt.
Mit Schreiben vom 29. März 2007 teilte Rechtsanwalt L., der mit Urkunde des Amtsgerichts S. vom 09. März 2006 zum Ergänzungsbetreuer für den Kläger zur Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche gegen die frühere Betreuerin bestellt worden war, der Beklagten mit, sie treffe ein Mitverschulden daran, dass der Kläger ab dem 01. Januar 2005 nicht freiwillig krankenversichert worden sei. Der Ergänzungsbetreuer lud die Beklagte zu einer Besprechung mit dem rechtlichen Betreuer, ihm, der Haftpflichtversicherung des Betreuungsvereins, dem die Zeugin V. angehörte, und der Beigeladenen ein. Ausweislich des Gesprächsprotokolls vom 29. März 2007, das der Ergänzungsbetreuer der Beklagten übersandte, waren der Beigeladenen für ärztliche Behandlungen des Klägers bis zum 15. Dezember 2006 bereits Kosten von EUR 47.116,06 entstanden. An dieser Besprechung nahm die Beklagte nicht teil.
Unter dem 25. April 2007 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Beklagte dem rechtlichen Betreuer mit, sie werde einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nachkommen. Den Widerspruch habe sie erhalten. Unter dem 13. Juli 2007 verwies der rechtliche Betreuer nochmals darauf, dass die Beklagte ihrer Hinweispflicht nicht nachgekommen sei und die Beigeladene die Beiträge an die Beklagte bezahlt habe, sodass ganz offensichtlich gewesen sei, dass eine Weiterversicherung beabsichtigt gewesen sei. Der Bescheid vom 18. Mai 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2005 seien rechtswidrig und deshalb nach § 44 SGB X aufzuheben. Die Beklagte wies den Widerspruch "gegen den Bescheid vom 25. April 2007" zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. September 2007). Der damalige Antrag des Klägers auf freiwillige Versicherung vom 18. Mai 2005 sei abgelehnt worden, ebenso wie ein damaliger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da kein Hindernis vorgelegen habe. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Zeugin V. sei am 25. April 2005 darüber unterrichtet worden, dass ein Antrag nötig sei und fehle. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei das "Hindernis" weggefallen. Der Antrag vom 13. Mai 2005 sei definitiv zu spät gestellt gewesen. Die Überprüfung im Einzelfall habe ergeben, dass bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 das Recht richtig angewandt und von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Deshalb sei mit Bescheid vom 25. April 2007 auch nach § 44 SGB X die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt worden. Hieran sei festzuhalten. Man habe erwarten können, dass die Zeugin V. als Mitarbeiterin eines Betreuungsvereins die Regelungen und Fristen für eine freiwillige Weiterversicherung kenne und einhalte. Zudem sei ihr das notwendige Verfahren bekannt gewesen, denn sie habe den Kläger schon einmal, unter dem 23. Dezember 2003, zur freiwilligen Krankenversicherung angemeldet. Es sei daher nicht von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis auszugehen. Auf ihre (der Beklagten) Hinweispflicht komme es dann nicht mehr an. Außerdem sei für den Kläger kein Nachteil erkennbar. Er sei nach Ende der Pflichtversicherung durch die Beigeladene als Betreuter nach § 264 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) angemeldet worden und habe seither Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung.
d) Hiergegen erhob der Kläger am 15. September 2007 Klage zum Sozialgericht S. (S 11 KR 370/07), das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14. November 2007 an das Sozialgericht Mannheim (SG, S 4 KR 4120/07) verwies.
2. Der rechtliche Betreuer hatte des Weiteren am 30. März 2007 bei der Beklagten zusätzlich beantragt, den Kläger ab 01. April 2007als Pflichtmitglied in die Krankenversicherung aufzunehmen. Dies lehnte die Beklagte ab mit Bescheid vom 10. April 2007 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) ab. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seien nicht erfüllt, da der Kläger Leistungen nach dem SGB XII beziehe und diese Leistungen einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall darstellten. Der Betreuer erhob Widerspruch unter Verweis auf gegenteilige Entscheidungen des Sozialgerichts S. in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Er legte eine Bescheinigung des Amts für Jugend, Familie, Senioren und Soziales S. (ohne Datum) vor, wonach der Kläger ab 22. Mai 2007 nahtlos die Weitergewährung von Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII beantragt habe. Für die Dauer seines Aufenthalts in einem Therapiezentrum habe er einen Barbetrag (Taschengeld) nach § 35 Abs. 2 SGB XII sowie Krankenhilfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII beantragt. Der Barbetrag von EUR 93,00 bzw. ab 01. Juli 2007 EUR 94,00 im Monat werde ihm voraussichtlich auch gewährt. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007). Der Kläger erhalte Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, so dass eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen sei.
Hiergegen erhob der rechtliche Betreuer am 11. September 2007 Klage zum Sozialgericht S. (S 11 KR 364/07) , das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Oktober 2007 an das SG (S 4 KR 3663/07) verwies.
3. Das SG verband die beiden Verfahren mit Beschluss vom 11. Dezember 2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und lud mit Beschluss vom 15. Juli 2008 die Beigeladene auf ihren Antrag hin zum Verfahren bei.
Zu der freiwilligen Versicherung wiederholte der Kläger sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren zum unterbliebenen Hinweis der Beklagten auf die erforderliche Antragstellung und berief sich auf das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2004 (L 2 KR 27/02, veröffentlicht in Juris).
Die Beklagte wies, zu dem Antrag nach § 44 SGB X darauf hin, dass der Wiedereinsetzungsantrag schon 2005 aus formellen Gründen abgelehnt worden sei. Eine "Spontan-Beratungspflicht" habe nicht bestanden, da der Kläger ein Kunde sei, dessen Rechtsgeschäfte vollständig von der fachkundigen Betreuerin des Betreuungsvereins (der Zeugin V.) getätigt worden seien, die offensichtlich die Antragstellung verpasst habe. Ein Rückforderungsanspruch der Beigeladenen könne sich nicht gegen den Kläger sondern nur die frühere Betreuerin richten.
Die durch Beschluss des SG vom 05. Juli 2008 Beigeladene teilte mit, sie habe dem Kläger vom 01. Januar 2005 bis 28. Juli 2007 Krankenhilfe leisten müssen. Hierzu legte sie eine Aufstellung vor, aus der sich entsprechende Aufwendungen von EUR 4.871,80 im Jahre 2005, EUR 42.651,00 im Jahre 2006 und EUR 594,86 im Jahre 2007, zusammen EUR 48.117,72, ergaben. Sie schloss sich den Anträgen des Klägers an.
Mit Urteil vom 18. Juli 2008 wies das SG die Klagen ab. Zu dem im Berufungsverfahren noch streitigen Komplex der freiwilligen Versicherung ab dem 01. Januar 2005 führte es aus, die Beklagte sei nicht verpflichtet, ihren bindenden Bescheid vom 18. Mai 2005 zurückzunehmen. Der Beitritt zur freiwilligen Versicherung sei damals nicht in der Frist von drei Monaten nach Beendigung der vorherigen Mitgliedschaft angezeigt worden. Der Kläger könne weder über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch den Beitritt erreichen. Zur Wiedereinsetzung führte das SG aus, der Kläger bzw. die Zeugin V., deren Verschulden sich der Kläger zurechnen lassen müsse, sei nicht schuldlos verhindert gewesen, die dreimonatige Beitrittsfrist einzuhalten. Der Zeugin habe die Vermögensverwaltung des Klägers oblegen und damit auch die Aufgabe, sich um die Krankenversicherung zu kümmern. Sie sei hinsichtlich einer Weiterversicherung auch nicht ohne Kenntnisse gewesen, denn sie habe bereits im Dezember 2003 in gleicher Situation rechtzeitig einen Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt. In jedem Falle habe es ihr oblegen, bei der Beklagten nachzufragen. Allein durch die Bewilligungsbescheide der Beigeladenen sei sie von dieser Verpflichtung nicht entlastet worden. Zum Herstellungsanspruch führte das SG aus, die Beklagte habe keine Beratungs- und Informationspflichten verletzt. Ein Hinweis auf Beitrittsrechte müsse nicht generell erfolgen, sondern nur wenn das Ende der bisherigen Versicherung von komplizierten Beurteilungen abhänge, die für den Versicherten im Regelfall nicht einfach erfassbar seien. Es müsse ein konkreter Anlass für eine Beratung über die naheliegende Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung bestehen. Dies könne z.B. bei einer psychischen Erkrankung des Versicherten vorliegen. Dies gelte jedoch nur, wenn noch kein Betreuer bestellt sei. Habe der Versicherte eine Betreuerin, sei die Beklagte nicht generell verpflichtet gewesen, auf die Weiterversicherungsmöglichkeit hinzuweisen. Dieser Hinweis hätte nur erfolgen müssen, wenn sich die Zeugin V. entsprechend ihrer Aufgabe an die Beklagte gewandt hätte.
4. Gegen dieses Urteil haben am 12. August 2008 der Kläger durch seinen rechtlichen Betreuer und am 14. August 2008 die Beigeladene Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Beide wenden sich lediglich gegen die Abweisung ihrer Klaganträge hinsichtlich der freiwilligen Versicherung ab dem 01. Januar 2005. Hierzu tragen sie weitgehend wortgleich vor, es bestehe eine generelle Hinweispflicht der Krankenkassen unabhängig von den individuellen Fähigkeiten, dem Bildungsstand oder dem Beruf des Versicherten. Das SG habe zu Unrecht unterstellt, dass die Zeugin V. die zur freiwilligen Weiterversicherung erforderlichen Maßnahmen gekannt habe. Betreuer verfügten nicht über eine spezielle Ausbildung, entscheidend für sie - auch für Berufsbetreuer - seien vielmehr pädagogische Fähigkeiten und nicht Rechtskenntnisse. Dies gelte auch für die Zeugin V., die den Beruf der Sozialarbeiterin erlernt habe und einem Betreuungsverein angehört habe. Auch hätten bei ihm (dem Kläger) besondere Umstände vorgelegen, die es nachvollziehbar erscheinen ließen, dass die Zeugin V. von seiner Weiterversicherung ausgegangen sei. Ausweislich des Grundsicherungsbescheids (vom 25. Februar 2005) seien Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt und an die Beklagte abgeführt worden. Die (Kranken- und Pflegeversicherungs-)Beiträge (EUR 125,32) seien geringfügig höher gewesen als die Zeugin in ihrem Antrag vom 29. Juli 2004 angegeben habe (EUR 123,62). Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass entweder die Zeugin oder die Beigeladene bei der Beklagten nachgefragt und die konkreten Beiträge in Erfahrung gebracht hätten. Die Beklagte habe die Beiträge auch vereinnahmt, ohne auf den fehlenden Krankenversicherungsschutz hinzuweisen. Diese Zahlung sei bei der Beklagten auch nicht unbemerkt geblieben, dies ergebe sich aus dem Anruf einer Mitarbeiterin der Beklagten Ende März 2005 bei der Zeugin V ... Spätestens als die Zeugin bei diesem Telefonat darauf hingewiesen habe, dass der Kläger nicht Arbeitslosengeld II, sondern Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehe, hätte sich für die Beklagte ein Hinweis aufdrängen müssen. Es habe Anlass für eine Spontanberatung bestanden. Dies gelte unabhängig davon, dass die Zeugin V. im Jahre 2003 schon einmal eine freiwillige Weiterversicherung für den Kläger beantragt habe. Die Situationen Ende 2003 und Anfang 2005 seien schon deshalb nicht vergleichbar, weil zum 01. Januar 2005 das SGB XII das frühere Bundessozialhilfegesetz abgelöst habe und der Antrag im Jahre 2003 eine von vielen zu erledigenden Formalitäten gewesen sei. Der Kläger und die Beigeladene haben auch auf das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 13. Februar 2006 (S 18 KR 935/05 R, veröffentlicht in Juris) verwiesen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Juli 2008 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 25. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2007 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 18. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 zurückzunehmen und den Kläger vom 01. Januar 2005 bis 27. Juli 2007 als freiwilliges Mitglied zu führen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des SG und ihre Bescheide. Die Frist für den Beitritt in einer freiwillige Versicherung von drei Monaten sei eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Ihre Versäumung führe zum Erlöschen des Beitrittsrechts. Solche Fristen seien verbindlich und stünden nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer solchen Beitrittsfrist seien in § 27 SGB X abschließend geregelt. Hiernach müsse die Wiedereinsetzung spätestens ein Jahr seit dem Ende der versäumten Frist beantragt werden, es sei denn, dies sei wegen höherer Gewalt unmöglich. Diese Jahresfrist sei am 31. März 2006 endgültig abgelaufen. Eine Wiedereinsetzung sei daher (jetzt) unzulässig. Und auch wenn der (erneute) Antrag zulässig wäre, wäre Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, da der Kläger die Beitrittsfrist nicht schuldlos versäumt habe. Hinsichtlich der dreimonatigen Beitrittsfrist, die die Zeugin V. gekannt habe, habe sich die Rechtslage zwischen Ende 2003 und Anfang 2005 nicht geändert. Weiterhin sei sie zu einer (spontanen) Beratung des Klägers über die Voraussetzungen einer freiwilligen Versicherung nicht verpflichtet gewesen. Das Ende eines Versicherungspflichtverhältnisses könne viele Gründe habe, etwa den Wechsel der Krankenkasse oder den Eintritt einer Familienversicherung. Die Einzugsstellen wären überfordert, bei jedem Ende einer Pflichtversicherung den Versicherten anzuschreiben, um ihn auf weitere Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Es habe eine konkreter Anlass für eine Beratung gefehlt. In dem Erörterungstermin vom 27. Januar 2010 hat die Beklagte hierzu ergänzend behauptet, sie habe in der fraglichen Zeit Pflichtmitglieder, die vom Arbeitgeber abgemeldet worden seien, angeschrieben und um Rückgabe der Krankenversichertenkarte gebeten und im Hinblick auf eine weitere Mitgliedschaft eine Kontaktaufnahme angeboten. Wenn ein rechtlicher Betreuer gespeichert gewesen sei, sei das Schreiben an diesen allein geschickt worden.
In dem genannten Erörterungstermin hat der Berichterstatter des Senats die Zeuginnen V. und Meyer, die damalige Leiterin des Betreuungsvereins, uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 27. Januar 2010 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Bescheid vom 25. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2007, mit dem die Beklagte im Überprüfungsverfahren abgelehnt hat, ihren Bescheid vom 18. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 nach § 44 SGB X zurückzunehmen und den Kläger ab dem 01. Januar 2005 als freiwilliges Mitglied zu führen. Hinsichtlich des weiteren Klagantrags, festzustellen, dass der Kläger ab dem 01. April 2007 Pflichtmitglied der Beklagten sei, haben Kläger und Beigeladene keine Berufung eingelegt, so dass das Urteil des SG insoweit rechtskräftig ist und damit zwischen den Beteiligten feststeht, dass der Kläger vom 01. April bis 27. Juli 2007 (Tag vor Beginn der Pflichtmitgliedschaft wegen Bezugs von Arbeitslosengeld II) nicht versicherungspflichtiges Mitglied bei der Beklagten war. Wegen der ab 28. Juli 2007 bestehenden Versicherungspflicht ist der mit der Berufung weiterverfolgte Antrag sachgerecht (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) dahin auszulegen, dass die Feststellung einer freiwilligen Mitgliedschaft vom 01. Januar 2005 bis zum 27. Juli 2007 begehrt wird.
2. Mit diesem Inhalt sind die Berufungen, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, zulässig. Auch die Beigeladene konnte Berufung einlegen. Sie ist durch das angegriffene Urteil nicht nur formell im Hinblick auf die Bindungswirkung, sondern auch materiell beschwert (zu dieser Voraussetzung einer Berufung eines Beigeladenen vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 75 Rn. 19). Entsprechend war ihre Beiladung notwendig im Sinne von § 75 Abs. 2 SGG. Hat der Kläger nämlich mit seiner Klage Erfolg und stellt das Gericht fest, dass er seit dem 01. Januar 2005 freiwilliges Mitglied der Beklagten war, dann steht fest, dass die Beigeladene zu Unrecht Leistungen der Krankenhilfe an ihn bewilligt hat. Es wäre mit einer solchen Gerichtsentscheidung eine wesentliche Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs der Bei¬ge¬la¬denen gegenüber der Beklagten (§ 105 Abs. 1 SGB X) bindend festgestellt.
3. Die Berufungen sind aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG insoweit die Klage abgewiesen.
a) Das SG ist - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger unter dem 05. Februar 2007 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gegen den bindenden Bescheid vom 18. Mai 2005 gestellt hat. Denkbar war noch, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt erneut seinen Beitritt als freiwilliges Mitglied erklärt hätte, verbunden mit einem erneuten Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Beitrittsfrist, die am 31. März 2005 abgelaufen war. Mit einem solchen erneuten Beitritt hätte er sein Ziel jedoch nicht erreichen können. Zum einen war im Februar 2007 die in § 27 Abs. 3 SGB X geregelte Jahresfrist für einen Wiedereinsetzungsantrag ersichtlich abgelaufen, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Zum anderen wusste auch der jetzige rechtliche Betreuer durch das Schreiben der Beklagten vom 22. September 2006, dass der Kläger kein freiwilliges Mitglied der Beklagten war, ein erneuter Wiedereinsetzungsantrag im Februar 2007 konnte daher auch die Zwei-Wochen-Frist des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht wahren.
b) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 18. Mai 2005 und die begehrte Feststellung, weil er seit dem 01. Januar 2005 kein freiwilliges Mitglied der Beklagten war. Er war der Beklagten nicht wirksam als freiwilliges Mitglied beigetreten.
aa) Die verfahrensrechtliche Anspruchsgrundlage für die Aufhebung bindender Bescheide ist § 44 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ferner bestimmt § 44 Abs. 2 SGB X: Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. In dem vorliegenden Verfahren ist Abs. 2 der Vorschrift einschlägig. Die Sonderregelungen des § 44 Abs. 1 und 4 SGB X, die zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte auch für die Vergangenheit verpflichten, beschränken sich auf Verwaltungsakte, die ausschließlich über die Gewährung von Sozialleistungen entscheiden. Andere Verwaltungsakte, die lediglich eine - ggfs. mittelbare - Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen sind, z. B. feststellende Verwaltungsakte, sind dagegen nach § 44 Abs. 2 SGB X auch zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zurückzunehmen; die Rückwirkung liegt im Ermessen der Verwaltung (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3). Dies gilt insbesondere für feststellende Verwaltungsakte über den Mitgliedschaftsstatus eines Krankenversicherten. In solchen Fällen ist allenfalls ein geringes Interesse des Antragstellers an einer rückwirkenden Rücknahme eines verneinenden Verwaltungsakts und damit an einer rückwirkenden Feststellung des Versichertenstatus vorhanden, da die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die grundsätzlich Sachleistungen sind, anlassbezogen gewährt werden und daher in der Regel ohnehin nicht für die Vergangenheit erbracht werden können. Dies rechtfertigt, dass insoweit nur die Ermessensnorm des § 44 Abs. 2 SGB X angewandt wird. Bei der dort zu treffenden Ermessensentscheidung kann dann der Krankenversicherungsträger ggfs. berücksichtigen, ob der Antragsteller noch Kostenerstattungsansprüche für die Vergangenheit geltend machen könnte oder sonst ausnahmsweise ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Feststellung hat.
bb) Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Der Bescheid vom 18. Mai 2005 war nicht rechtswidrig. Die Beklagte hatte damals zu Recht die Feststellung abgelehnt, dass der Kläger ab dem 01. Januar 2005 freiwillige bei ihr versichert sei.
(1) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V können der Versicherung beitreten Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren. Dieser Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nach dem Ausscheiden aus einer Pflichtversicherung muss nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Pflichtmitgliedschaft der betroffenen Krankenkasse angezeigt werden. Diese Frist hat der Kläger nach dem Ende seiner Pflichtmitgliedschaft als versicherungspflichtig Beschäftigter zum 31. Dezember 2004 nicht eingehalten. Eine Anzeige eines Beitritts in der Zeit bis zum 31. März 2005 ist nicht erfolgt. Der Kläger selbst und auch seine damalige rechtliche Betreuerin, die Zeugin V., hatten in diesem Zeitraum nur einmal Kontakt mit der Beklagten, nämlich bei dem Anruf einer Mitarbeiterin der Beklagten Mitte oder Ende März, den die Zeugin angegeben hat. Wie sie selbst bekundet hat, hat die Zeugin hierbei aber nicht den Beitritt erklärt, der außerdem nach § 188 Abs. 3 SGB V schriftlich zu erklären gewesen wäre. Sie ging zu diesem Zeitpunkt vielmehr davon aus, der Kläger sei bereits bzw. weiterhin Mitglied der Beklagten.
(2) Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 18. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2005 auch zu Recht die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist abgelehnt.
Zwar wirkt die Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V materiell-rechtlich, ihre Versäumung vernichtet das Beitrittsrecht. Allerdings kann gegen ihre Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X gewährt werden. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist hierfür Voraussetzung, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, wobei ihm nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X ein Verschulden seines Vertreters zuzurechnen ist (vgl. § 166 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -). Der Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung ist nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Außerdem schließt § 27 Abs. 3 SGB X einen Antrag nach (mehr als) einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist aus, außer wenn dies infolge höherer Gewalt unmöglich war. Gegen die Versäumung einer Beitrittsfrist nach § 9 Abs. 2 SGB V ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn fehlende Rechtskenntnis beim Berechtigten bestand, weil die Krankenkasse ihrer gesetzlichen Informationspflicht nicht nachgekommen ist und der Berechtigte auch anderweitig keine Kenntnis über die Beitrittsmöglichkeit hatte (BSG SozR 3-2200 § 176b Nr. 1). Nicht ausreichend ist aber ein etwaiger Verstoß der Krankenkassen allein gegen die nach § 14 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) bestehende allgemeine Beratungspflicht (vgl. Wille, in: juris Praxiskommentar [jurisPK], SGB V, § 9 Rn. 70).
Im vorliegenden Falle kam eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beitrittsfrist schon nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht in Betracht. Der Wiedereinsetzungsantrag war nicht innerhalb der dort vorgeschriebenen Zwei-Wochen-Frist gestellt worden. Die Zeugin V., die als rechtliche Betreuerin die gesetzliche Vertreterin des Klägers war (§ 1902 BGB) und auf deren Kenntnisse es daher nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X, § 166 Abs. 1 BGB ankam, wusste allerspätestens nach dem von ihr selbst angegebenen Telefonat mit der Mitarbeiterin Rauch der Beklagten am 25. April 2005, dass eine Beitrittserklärung notwendig war und fehlte. Die Zwei-Wochen-Frist wäre demnach am 09. Mai 2005 (einem Montag) abgelaufen. Ihr Wiedereinsetzungsantrag vom 13. Mai 2005, bei der Beklagten am 18. Mai 2005 eingegangen, war daher in jedem Falle verspätet. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist - so eine solche im Bereich des § 27 SGB X überhaupt möglich ist - kam nicht in Betracht, denn die Zeugin V. kannte nach ihren Angaben bei ihrer Vernehmung vor dem Berichterstatter des Senats das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung und damit seine Voraussetzungen.
Unabhängig davon war die Versäumung der Beitrittsfrist nicht unverschuldet. Ebenso wie das SG ist der Senat der Ansicht, dass ein rechtlicher Betreuer, zu dessen Aufgabenkreis die Gesundheitsfürsorge, die Vermögensverwaltung und die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente, Sozialhilfe, Unterhalt und Pflegeversicherungsleistungen gehört, um die Voraussetzungen eines Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung wissen muss. Gerade bei Betreuten, deren Betreuer derartige Aufgabenkreise übernehmen, dürfte ein Wechsel zwischen versicherungspflichtigen Zeiten (Bezug von Lohnersatzleistungen oder Arbeitslosengeld II) und Zeiten, die keinen Krankenversicherungsschutz bedingen (Bezug von Leistungen nach dem SGB XII) und bei denen daher zum Erhalt eines Krankenversicherungsschutzes ein Beitritt nach § 9 SGB V notwendig ist (bzw. aufgrund der Einfügung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bis Ende März 2007 notwendig war) häufiger vorkommen. Der rechtliche Betreuer muss mit diesen Situationen umgehen können (vgl. zu den Pflichten eines Betreuers § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt insbesondere für Berufs- und Vereinsbetreuer wie die Zeugin V., deren Bestellung nach § 1900 Abs. 1 BGB ohnehin nur dann in Betracht kommt, wenn der Betreuungsbedürftige durch - andere - natürliche Personen nicht ausreichend betreut werden kann.
Mit dieser Ansicht weicht der Senat nicht von den Entscheidungen des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. Februar 2004 (L 2 KR 27/02) und des Sozialgerichts Frankfurt vom 13. Februar 2006 (S 18 KR 935/05 R, beide veröffentlicht in Juris) ab, auf die sich der Kläger und die Beigeladene in diesem Verfahren berufen haben. Beide Entscheidungen betrafen Versicherte, die keinen rechtlichen Betreuer als gesetzlichen Vertreter hatten, bei denen es also auf die eigene Rechtskenntnis ankam. Die Zeugin V. wusste auch positiv um die Voraussetzungen eines Beitritts zu einer freiwilligen Krankenversicherung, hatte sie doch in einer identischen Situation am 23. Dezember 2003 einen solchen Beitritt für den Kläger erklärt. Die rechtlichen Voraussetzungen eines Beitritts und die Frist hatten sich zwischen Ende 2003 und Anfang 2005 auch überhaupt nicht verändert. Zumindest hätte sich die Zeugin V. bei der Beklagten erkundigen müssen, ob die damaligen Voraussetzungen noch galten. Sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass etwa die Beigeladene den Beitritt für den Kläger anzeigt, denn dazu wäre die Beigeladene mangels Vertretungsmacht für den Kläger (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) gar nicht befugt gewesen.
(3) Weiterhin hat das SG zu Recht entschieden, dass die Beklagte den verspäteten Beitritt des Klägers zur freiwilligen Versicherung auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als rechtzeitig und wirksam behandeln musste. Es bestehen bereits Zweifel, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hier überhaupt anwendbar ist. Soweit es um die Versäumung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist und im Anschluss um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geht, dürften die detaillierten Regelungen des § 27 SGB X, die auch etwaige Verletzungen von Beratungs- und Mitteilungspflichten des Leistungsträgers erfassen, abschließend sein und den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verdrängen. Aber auch wenn dies nicht der Fall wäre (so z.B. v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 27 Rn. 5), lägen die Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs nicht vor. Grundsätzlich sind die Sozialleistungsträger nur zu konkreten Anlassberatungen verpflichtet, wenn sich ein Berechtigter oder Antragsteller mit einem Begehren an sie wendet. Unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren sind die Leistungsträger gehalten, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt (so genannte Spontanberatung; vgl. z. B. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 15). Voraussetzung ist aber immer ein Informationsbedarf des Versicherten. Weiß dieser bereits um die fragliche Gestaltungsmöglichkeit, bedarf er keiner konkreten Beratung mehr, bzw. es fehlt an den notwendigen Kausalzusammenhang zwischen einem etwaigen Beratungsfehler des Leistungsträgers und dem bei dem Versicherten eintretenden Nachteil. Da wie ausgeführt im vorliegenden Fall der Zeugin V. die Möglichkeit und auch die Voraussetzungen des Beitritts zur (freiwilligen) Versicherung bei der Beklagten bekannt waren, war die Beklagte nicht zu einer Spontanberatung des Klägers oder der Zeugin V. verpflichtet.
cc) Da demnach bereits die Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X fehlten, musste die Beklagte hinsichtlich der Rücknahme des Bescheids vom 18. Mai 2005 für die Vergangenheit keine Ermessensentscheidung treffen. Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte Ermessen ausgeübt hat.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich, nachdem der Senat die Frage offen lässt, ob der sozialrechtliche Herstellungsanspruch neben einem Wiedereinsetzungsanspruch nach § 27 Abs. 1 SGB X besteht und die Entscheidung ansonsten auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
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