L 7 AS 90/10 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 2 AS 1644/09 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 90/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2010 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

II. Die Beteiligten haben einander für beide Rechtszüge keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem 2. Sozialgesetzbuch (SGB II). Dabei ist zwischen den Beteiligten streitig, ob und ggf. ab wann die Antragsteller aufgrund von einmaligen Ausgleichszahlungen des getrennt lebenden Ehemannes der Antragstellerin hilfebedürftig sind.

Die 1973 geborene Antragstellerin zu 1. (künftig: Antragstellerin) ist die Mutter des 2004 geborenen Antragstellers zu 2. Die Antragsteller erhielten seit September 2005 (ergänzende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom Rechtsvorgänger des Antragsgegners; zuletzt bewilligt mit Bescheid vom 2. April 2009 für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2009 in Höhe von monatlich 864,69 EUR. Die Antragstellerin lebt seit Leistungsbeginn von ihrem Ehemann und Vater des Antragstellers zu 2., Herrn D., getrennt. Bereits am 6. Mai 2008 ist die Ehe vor dem Amtsgericht A-Stadt geschieden worden. Nachdem sich der Ehemann in der Vergangenheit weigerte, im Eigentum der Antragstellerin stehende Hausratsgegenstände herauszugeben, erhielt diese vom Rechtsvorgänger des Antragsgegners eine komplette Kücheneinrichtung und eine Waschmaschine.

Am 11. Mai 2009 schloss die Antragstellerin mit ihrem geschiedenen Ehemann einen von dem Amtsgericht – Familiengericht – A-Stadt protokollierten Vergleich, wonach sich Herr D. verpflichtete, zur Abgeltung sämtlicher vermögensrechtlicher Ansprüche und Kindes- und Ehegattenunterhaltsrückstände bis einschließlich 28. Februar 2009 einen Betrag in Höhe von 30.186,00 EUR nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz ab 1. Januar 2009 an die Antragstellerin zu zahlen. Sofern Herr D. bis zum 15. Mai 2009 an die Antragstellerin einen Betrag in Höhe von 18.000,00 EUR – wobei die Parteien sich einig sind, dass 5.000,00 EUR auf die Kindes- und Ehegattenunterhaltsrückstände bis einschließlich 30. September 2008 und 13.000,00 EUR auf Zugewinn, Hausrat sowie sonstige vermögensrechtliche Ansprüche entfallen – zahle, werde ihm der Restbetrag erlassen.

Die vereinbarte Zahlung in Höhe von 18.000,00 EUR erfolgte fristgerecht zum 15. Mai 2009. Von diesem Betrag verwendete die Antragstellerin 5.000,00 EUR zur Rückzahlung von Unterhaltsvorschussleistungen und Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2009 hob der Rechtsvorgänger des Antragsgegners die Leistungsbewilligung ab 1. Mai 2009 auf und forderte die bis Juli 2009 gezahlten Beträge in Höhe von 2.609,07 EUR zurück. In den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragsteller sei nach der erfolgten Bewilligung eine Änderung eingetreten. Die im Laufe des Monats Mai erhaltene Nachzahlung in Höhe von 13.000,00 EUR sei als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II und somit bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. In Anlehnung an die aktuelle Rechtsprechung könne der einmalig gezahlte Betrag zu gleichen Teilen auf die monatlich durchzuführende Leistungsberechnung verteilt werden. So könnten 1.000,00 EUR monatlich ab Mai 2009 berücksichtigt werden, so dass sich ein den Bedarf übersteigendes Einkommen in Höhe von monatlich 135,31 EUR ergebe. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen seien daher mit Wirkung ab dem 1. Mai 2009 für die Dauer von 13 Monaten entfallen.

Gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 30. Juni 2009 legten die Antragsteller mit Schreiben vom 28. Juli 2009 Widerspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden ist.

Am 30. September 2009 haben sie bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) einen Eilantrag gestellt, mit der Begründung, dass der aus dem gerichtlichen Vergleich zugeflossene Teilbetrag in Höhe von 13.000,00 EUR kein Einkommen sei, sondern eine Ausgleichszahlung für das von der Antragstellerin bereits während der Ehe erworbene Vermögen, einschließlich des Hausrates. Die Zahlung sei als Surrogat für das von der Antragstellerin bereits vor der Stellung ihres Antrages auf Hilfegewährung erworbene Vermögen, welches ihr von ihrem (Ex-) Ehemann rechtswidrig entzogen war, anzusehen.

Am 9. Oktober 2009 haben die Antragsteller die Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. November 2009 beantragt. Der Rechtsvorgänger des Antragsgegners lehnte dies mit Bescheid vom 16. Oktober 2009 ab. Es sei bereits mit Bescheid vom 30. Juni 2009 festgestellt worden, dass die Antragsteller aufgrund eines Einkommenszuflusses im Mai 2009 in Höhe von 13.000,00 EUR, welcher auf mehrere Monate aufzuteilen sei, bis voraussichtlich Mai 2010 den Bedarf an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes selber decken könnten. Gegen diesen Ablehnungsbescheid legten die Antragsteller mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 Widerspruch ein, über den ebenfalls noch nicht entschieden wurde.

Auf den zuletzt gestellten Antrag der Antragsteller, hat das SG den Rechtsvorgänger des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilt, den Antragstellern ab 1. November 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe vorübergehend für 6 Monate – längstens jedoch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zum Ablehnungsbescheid vom 16. Oktober 2009 – zu gewähren. Dabei hat das SG die Auffassung vertreten, dass der im Mai 2009 den Antragstellern zugeflossene Geldbetrag in Höhe von 13.000,00 EUR Vermögen darstelle, dessen Anrechenbarkeit sich nach § 12 SGB II beurteile. Dem gerichtlichen Vergleich vom 11. Mai 2009 entsprechend, stelle der Geldbetrag einen Ausgleich dar für den Zugewinn, Hausrat und die sonstigen vermögensrechtlichen Ansprüche der Antragstellerin. Werde im Zuge einer Trennung von Ehegatten das eheliche Güterrecht, hier in Form der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), beendet, so sei der Zugewinn nach den Vorschriften der §§ 1372 ff. BGB auszugleichen. Dieser Ausgleich könne zwangsläufig nur in Geld gefordert und geleistet werden. Insofern stelle der Geldbetrag einen Wertersatz (Surrogat) dar für in der Vergangenheit angesparte Vermögenspositionen. Maßgeblich bei dieser Betrachtung sei, dass es sich um bereits vorhandene Vermögenswerte handele, welche in geldwerter Form übertragen und ausgeglichen werden könnten bzw. müssten. Tatsächlich habe daher eine bloße Umschichtung von bestehendem Vermögen stattgefunden. Nachdem das so zu berücksichtigende Vermögen durch zwischenzeitlichen Verbrauch jedenfalls ab 1. November 2009 unter dem errechneten Freibetrag von 6.900,00 EUR liege, seien ab diesem Zeitpunkt Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Gegen den ihm am 19. Januar 2010 zugestellten Beschluss des SG hat der Antragsgegner am 19. Februar 2010 bei dem SG Beschwerde eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG handele es sich bei dem aufgrund des familiengerichtlichen Vergleichs zugeflossenen Betrag um berücksichtigungsfähiges Einkommen i.S. des § 11 SGB II und nicht um Vermögen i.S. des § 12 SGB II. Diese Mittel hätten die Antragsteller zunächst zu verbrauchen, bevor sie staatliche Transferleistungen beanspruchen könnten. Das SG habe sich in seiner Entscheidung in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende gesetzt.

Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2010 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Entscheidung des SG sei zuzustimmen. Allein die formale Tatsache, dass der Betrag von dem Ex-Mann der Antragstellerin an diese gezahlt worden ist, stelle noch keinen "wertmäßigen Dazuerhalt" zu ihren Gunsten dar, sondern die Zuwendung bzw. Zurückzahlung der von ihr bereits während der Ehe erworbenen Vermögenswerte, die ihr im Rahmen der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zunächst entzogen worden wären. Es habe sich folglich nur um eine scheinbare Vermehrung der geldwerten Mittel der Antragstellerin gehandelt, während tatsächlich eine bloße Umschichtung in das bereits bestehende Vermögen stattgefunden habe. Den durch die Teilzahlung von 13.000,00 EUR ausgeglichenen Zugewinnausgleichsanspruch habe die Antragstellerin bereits während der Ehe erworben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakte des Antragsgegners (Band 1 und 2), die bei der Entscheidung jeweils vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Ist einstweiliger Rechtsschutz weder durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes (§ 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zu gewährleisten, kann nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung - vorläufige Sicherung eines bestehenden Zustandes -). Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung - vorläufige Regelung zur Nachteilsabwehr -). Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren. Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache - möglicherweise - zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (Conradis in LPK–SGB II, 2. Aufl., Anhang Verfahren Rn. 117).

Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Senat, 29. Juni 2005 - L 7 AS 1/05 ER - info also 2005, 169; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 27 und 29, 29a m.w.N.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60 (80)). Denn im Rahmen der gebotenen Folgeabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (Senat, 27. Juli 2005 - L 7 AS 18/05 ER).

Ein Anordnungsanspruch steht den Antragstellern – entgegen der Auffassung des SG – zur Überzeugung des Senats nicht zu.

Gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Zu den zu gewährenden Leistungen gehören als Arbeitslosengeld II insbesondere die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus den zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Diese Voraussetzungen liegen weitestgehend unstreitig vor. Streitig ist allein die Frage, ob der den Antragstellern am 15. Mai 2009 – somit während des laufenden Leistungsbezuges – zugeflossene Teilbetrag in Höhe von 13.000,00 EUR als Einkommen oder Vermögen zu berücksichtigen ist.

Soweit das SG die Zahlung an die Antragstellerin als Vermögen und nicht als Einkommen ansieht, setzt es sich mit seiner Entscheidung in Widerspruch zu den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 30. September 2008 (B 4 AS 29/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 15) dargelegt hat, ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (ebenso schon BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17). Dabei hat das Bundessozialgericht seine Definition dahingehend präzisiert, dass Einnahmen in aller Regel aus bereits zuvor bestehenden Rechtspositionen erzielt werden. Im Falle der Erfüllung einer Forderung sei bei wertender Betrachtung allein auf die letztlich in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung. Dahinstehen könne, ob der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 108, 296, 300 f.) auch im Hinblick auf die Ausnahmen von diesem Grundsatz zu folgen sei. Auch das Bundesverwaltungsgericht sehe solche Einnahmen nämlich nur dann nicht als Einkommen an, wenn eine fällige und liquide Forderung bewusst nicht geltend gemacht, sondern angespart worden sei (vgl. zum Vorstehendem BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 4/08 R - ZFSH/SGB 2009, 740).

Für den Fall der durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erzwungenen Teilzahlungen auf einen titulierten Abfindungsanspruch hat das Bundessozialgericht dementsprechend ausgeführt (Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R - NJW 2009, 3323):

"Der Umstand, dass es sich dabei um einen Anspruch handelt, der in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbart wurde und bereits vor Stellung des Antrags auf Leistungen nach dem SGB II mit Wirksamwerden des gerichtlichen Vergleichs am 5.4.2005 fällig geworden war (vgl zur Fälligkeit des Abfindungsanspruchs nach §§ 9, 10 KSchG Biebl in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Aufl 2007, § 10 KSchG RdNr 41), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die auf Grund des Abfindungsanspruchs vorgenommenen Teilzahlungen gehören nämlich nicht zu den bereits erlangten Einkünften, mit denen Vermögen angespart wurde (vgl Urteil des Senats vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R RdNr 17)."

Dieser Maßstab gilt nach Auffassung des Senats auch für den Zugewinnausgleichsanspruch nach § 1378 des BGB, jedenfalls dann, wenn dieser Anspruch nach der Stellung des Antrags auf Arbeitslosengeld II entstanden ist.

In Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Fall ist die am 15. Mai 2009 zugeflossene Zahlung infolge des Vergleichs vom 11. Mai 2009 – wie vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt und beschieden – als Einkommen und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Zwar handelt es sich bei den im Rahmen des Vergleichs vom 11. Mai 2009 zum Ausgleich gebrachten Positionen durchaus um vermögenswerte Positionen, die bereits vorher im Vermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten vorhanden waren. Dies führt indes nicht zu einer Einordnung der Ausgleichsforderung als Vermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Denn der Ausgleichsanspruch ist vorliegend – jedenfalls was den Zugewinn betrifft – kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft (§ 1378 Abs. 3 BGB), bei Beendigung durch Ehescheidung mithin mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils am 6. Mai 2008, im Übrigen mit Abschluss des Vergleichs vom 11. Mai 2009 – mithin in jedem Fall erst während des laufenden Leistungsbezuges und keinesfalls vor der ersten Antragstellung – entstanden.

Entsprechend der Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld– Verordnung (Alg II-V) durfte der Antragsgegner den zugeflossenen Betrag in Höhe von 13.000,00 EUR auch auf einen angemessenen Zeitraum aufteilen und monatlich ab Mai 2009 mit einem entsprechenden Teilbetrag berücksichtigen. Da aufgrund der Höhe des Anrechnungsbetrages der Gesamtbedarf auch für weit mehr als sechs Monate gedeckt werden kann, ist auch die Tragung der Kosten des weggefallenen Krankenversicherungsschutzes den Antragstellern aus dieser Einnahme zumutbar.

Die Anrechnung der einmaligen Einnahme soll jedoch auch bei erheblichen Beträgen einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten (vgl. hierzu: Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 11 SGB II, RdNr. 11, 12a). Der dann nicht verbrauchte Anteil der einmaligen Einnahme ist danach im Rahmen der Vermögensprüfung zu berücksichtigen. Demnach wird der Antragsgegner vorliegend eine erneute Leistungsgewährung an die Antragsteller ab dem Monat Mai 2010 zu prüfen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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