L 8 U 6047/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2131/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 6047/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Versorgung mit Medikamenten bzw. Übernahme von Kosten für Medikamente im Rahmen der Prävention nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) geltend.

Die 1956 geborene Klägerin ist seit 1974 als mitarbeitende Ehefrau eines Landwirtes in der Schweinezucht und im Getreideanbau tätig. Auf eine Mitteilung der Klägerin leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren wegen des Verdachtes eine Berufskrankheit (BK) Nr. 4301 (obstruktive Atemwegserkrankung) nach der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ein. In dem von der Beklagten eingeholten BK-Beratungsarztbericht vom 23.12.2004 diagnostizierte Dr. N. bei der Klägerin eine ausgeprägte bronchiale Hyperreagibilität, ein minimal ausgeprägtes Belastungsasthma und den Verdacht auf eine Inhalationsallergose und empfahl als präventive Maßnahme das Tragen eines Airstream-Helmes mit PU-Filter sowie, als medizinische Behandlungsmaßnahme, die Fortführung der inhalativen Sterodtherapie und die Einnahme von z.B. Singulair. Weitere Ermittlungen zur Exposition wurden vorgeschlagen. Die Beklagte stellte der Klägerin am 03.02.2005 (leihweise) ein Atemschutzgerät mit Automask zur Verfügung. Außerdem ließ die Beklagte durch ihren Aufsichtsdienst am 14.04.2005 die Verhältnisse am Arbeitsplatz der Klägerin durch Messung lufttragender Partikel und Gase überprüfen, nahm Befundunterlagen (Berichte Dr. W. vom 22.07.1996, Dr. W. vom 08.11.2004 und 26.10.2004, Gemeinschaftspraxis Sch. und S. vom 21.04.2005, Allergiepass) sowie Unterlagen zu Vorerkrankungen zu den Akten und holte ein Gutachten des Internisten und Lungenarztes Dr. N., W-Z Kliniken, vom 17.06.2005 ein. Dr. N. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege eine durch Hafer hervorgerufene ausgeprägte allergische Rhinitis vor, die beruflich bedingt sei. Eine BK Nr. 4301 liege vor. Der Eintritt des Versicherungsfalles sei ab 01.01.2004 festzustellen. Eine wahrscheinliche obstruktive Schlaf-Apnoe und eine arterielle Hypertonie seien als berufsunabhängig zu betrachten. Die Klägerin solle nach Möglichkeit nicht mehr mit Hafer und Haferstroh arbeiten bzw. eine Atemmaske mit PU-3 Filtern tragen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht zu erkennen. Eine wesentliche Besserung der Symptomatik sei bei Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu erwarten. Eine medikamentöse Behandlung mit Applikation eines kortisonhaltigen Nasensprays sollte erfolgen. Rehabilitationsmaßnahmen könnten bei Fortführung der jetzigen Tätigkeit keine richtungsgebende Verbesserung oder Stabilisierung im Befinden erreichen. Einzig das Tragen der Maske mit entsprechendem Filter könne eine Reduzierung der Allergen-Exposition erzielen.

Nach Beteiligung des Regierungspräsidiums Stuttgart - Staatlicher Gewerbearzt - (Stellungnahme Dr. B. vom 04.10.2005, der die Anerkennung einer BK Nr. 4301 vorschlug) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2005 fest, die Atemwegserkrankung sei durch die berufliche Tätigkeit als Landwirtin im Betrieb des Ehemannes verursacht worden. Die Erkrankung habe zu Beeinträchtigungen durch eine allergische Rhinitis bei Sensibilisierung gegenüber Hafer und Vorratsmilben geführt. Unfallunabhängig lägen als Beeinträchtigungen eine arterielle Hypertonie und der Verdacht auf ein Schlaf-Apnoe-Syndrom vor. Die beruflich verursachte Atemwegserkrankung stelle jedoch noch keine BK nach Nr. 4301/4302 der Berufskrankheitenliste dar. Erst bei Unterlassen aller atemwegsgefährdenden Tätigkeiten liege eine BK Nr. 4301/4302 der Berufskrankheitenliste vor. Ansprüche auf Leistungen bestünden daher derzeit nicht.

Gegen den Bescheid vom 21.11.2005 legte die Klägerin am 20.12.2005 Widerspruch ein. Sie machte geltend, durch die beruflich verursachte Atemwegserkrankung gezwungen zu sein, ständig Medikamente zur Linderung ihrer Beschwerden einzunehmen, die auch nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten erforderlich seien. Sie beantrage die Übernahme der bereits angefallenen und der zukünftigen Kosten dieser Medikamente sowie die Kostenübernahme zukünftiger Untersuchungen durch die Beklagte. Mit Schreiben vom 28.12.2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, eine Kostenübernahme für Behandlungen und Medikamente durch sie sei grundsätzlich nur möglich, wenn die Erkrankung als BK anerkannt worden sei. Die Klägerin trug hierzu ergänzend vor, aus finanzieller Sicht könne sie ihre Tätigkeit nicht unterlassen. Die Anerkennung der Atemwegserkrankung sei nicht Streitthema. Sie habe jedoch im Rahmen der (Sekundär-) Prävention z. B. gemäß §§ 1 Satz 1 Nr. 1, 14ff. SGB VII, § 3 BKV einen Anspruch auf Kostenübernahme für die Medikamente sowie Medikamentenzuzahlungen ab 11.08.2004 für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Einnahme der Medikamente sei lebensnotwendig. Ohne Einnahme der Medikamente werde sich das Krankheitsbild deutlich verschlechtern. Bei Aufgabe der schädigenden Tätigkeit entstünden deutlich höhere Kosten. Die Klägerin fügte eine Aufstellung der Medikamente und deren Kosten in Höhe von insgesamt 449,05 EUR für die Zeit vom 11.08.2004 bis 27.03.2006 mit Belegen bei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2006 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 21.11.2005 über die Ablehnung einer BK und die damit verbundene Ablehnung der Übernahme der Behandlungs- und Medikamentenkosten zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Entgegenwirken einer BK nach § 3 BKV setze voraus, dass noch kein Krankheitsbild im Sinne der BKV vorliege. Dieser Tatbestand sei bei der Klägerin nicht gegeben. Der Tatbestand einer Verhinderung einer Verschlimmerung oder dem Wiederaufleben einer BK setzte grundsätzlich die Anerkennung der Erkrankung als BK voraus. Kostenpflichtiger Leistungsträger sei die Krankenkasse der Klägerin. In Einzelfällen könne der Unfallversicherungsträger ausnahmsweise auch Kosten für Medikamente und Behandlungen unter präventiven Gesichtspunkten übernehmen, wenn die konkreten Leistungen der Krankenkasse nicht ausreichend seien. Diese treffe bei der Klägerin nicht zu. Dass Zuzahlungen zu leisten seien, ändere nichts an der Sach- und Rechtslage. Eine Kostenübernahme durch die Berufsgenossenschaft sei somit nicht möglich.

Hiergegen erhob die Klägerin am 04.08.2006 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Sie führte unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen aus, die Beklagte sei gemäß § 3 BKV im Rahmen der Sekundärprävention verpflichtet, die Kosten der verordneten Medikamente zu übernehmen. Im Rahmen der für den Berufskrankheitenbereich ausgestalteten Sekundärprävention sollen bereits in einem frühen Stadium der Entstehung von Krankheiten die für die Entstehung ursächlichen Faktoren ausgeschaltet und die entstehenden Krankheiten selbst geheilt oder zumindest am weiteren Fortschreiten gehindert werden. Die Einnahme der Medikamente diene im Rahmen der Prävention dazu, den Gesundheitszustand zu erhalten und eine Verschlimmerung zu verhindern. Die Beklagte verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei der BK "Farmerlunge" reiche in der Regel das Tragen eines Helmes zur Anerkennung des Versicherungsfalles mit Anspruch auf Befreiung von Medikamentenzuzahlungen, Reha-Maßnahmen, Rentenleistung und Hinterbliebenenleistung aus. Sie erhalte Leistungen erst bei Betriebsaufgabe. Der Gesetzgeber könne niemand zur Aufgabe seines Berufes zwingen. Es könne nicht sein, dass sie für die Medikamente zuzahlen müsse, weil die Berufskrankheit noch nicht festgestellt sei, weil sie ihre Tätigkeit (aus finanzieller Sicht) nicht beenden könne, während andere ihre Tätigkeit ganz normal weiterführen könnten. Die Ansicht der Beklagten entspreche nicht der Praxis der Ärzte bei der Abrechnung von Arztleistungen. Die Intention des Gesetzgebers, zwischen der Anerkennung einer BK bei Aufgabe bzw. Nichtaufgabe zu differenzieren bestehe aus ihrer Sicht nur darin, bei Nichtaufgabe eine mögliche Rente nicht gewähren zu dürfen, dass sonst aber Leistungen aufgrund des Präventionsgedankens gleich sein müssten. Die Klägerin legte eine Medikamenten- und Kostenaufstellung in Höhe von 166,85 EUR für die Zeit vom 28.03.2006 bis 25.08.2006 und in Höhe von 68,71 EUR jeweils mit Belegen sowie medizinische Unterlagen (Befundberichte von Dr. W. vom 21.07.2006 und 05.12.2006, Bescheinigung des Hausarztes Dr. Sch. vom 03.01.2007 und Medikamentenbeipackzettel) vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte zur Begründung aus, der allein in Betracht kommende § 3 BKV habe eine präventive Zielrichtung, Gesundheitsschäden vor Eintritt des Versicherungsfalles zu vermeiden. Keinesfalls solle mit dieser Vorschrift unter Umgehung des Versicherungsfalles der Zugang zum Leistungskatalog des SGB VII eröffnet werden. Zur Abgrenzung der Leistungen zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und der Unfallversicherung für Heilbehandlungsmaßnahmen im Rahmen des § 3 BKV sei § 11 Abs. 4 SGB V zu beachten, wonach Ansprüche auf Leistungen aus der Krankenversicherung nur wenn sie Folge eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit sei, entfielen. Erst wenn die Krankenbehandlungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unter vorbeugenden Gesichtspunkten nicht ausreichend seien, könnten spezielle ambulante oder stationäre Heilbehandlungen zulasten der Unfallversicherungsträger erforderlich sein. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Der Hinweis auf die BK Nr. 4201 (Farmerlunge) überzeuge nicht.

Mit Beschluss des SG vom 07.11.2006 wurde die Landwirtschaftliche Krankenkasse Baden-Württemberg zu Verfahren beigeladen. Die Beigeladene äußerte sich mit Schriftsatz vom 24.11.2006.

Das SG hörte Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. W. äußerte sich mit Stellungnahme vom 13.02.2007 zur therapeutischen Zielrichtung der von der Klägerin genannten eingesetzten Präparate und teilte mit, dass durch den Einsatz von nasal topischen und inhalativen Kortison eine Verschlimmerung der Atemwegserkrankung der Klägerin bei gleichzeitigem Einsatz einer Atemschutzmaske sehr wahrscheinlich verhütet werden könne.

Mit Urteil vom 27.08.2008 wurde die Klage vom SG abgewiesen. Es führte zur Begründung aus, die hier allein im Streit stehenden medizinischen Maßnahmen gehörten nicht zu den Aufgaben, die von der Beklagten im Rahmen ihrer Verpflichtung zum Einsatz "aller geeigneter Maßnahmen" zu erfüllen seien. Anders als beim Einsatz der Atemschutzmaske handele es sich hierbei nicht um Prävention mit dem Ziel, den Eintritt des für das "Vollbild" einer BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV geforderten Zwangs zum Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit entgegenzuwirken, sondern um Heilbehandlung einer obstruktiven Atemwegserkrankung, die noch nicht Berufskrankheit sei. Für das Erbringen einer solchen Heilbehandlung sei nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene zuständig. Zu dieser Verpflichtung habe sich die Beigeladene bekannt. Nur wenn die Leistungen der Beigeladenen nicht ausreichend wären, käme daneben auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenübernahme in Betracht. Anhaltspunkte dafür fehlten.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 01.12.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.12.2008 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen ausgeführt, es liege eine Verletzung von §§ 9, 14 SGB VII sowie § 3 BKV vor. Die Klägerin hat sich auf die Rechtsprechung des BSG und die Kommentarliteratur berufen. Danach setzten Maßnahmen nach § 3 BKV nicht den Versicherungsfall einer Berufskrankheit voraus, sondern stelle einen eigenständigen sogenannten "kleinen Versicherungsfall" dar, aus dem sich dann alle folgenden Maßnahmen als Leistungsfälle ableiteten. Ziel des § 3 BKV sei es, zeitnah präventive Maßnahmen auszulösen und damit den Eintritt einer Berufskrankheit zur verhindern oder zumindest weiter Leistungsfälle einer Berufskrankheit zu vermeiden. Erforderlich sei die Prognose, dass die Gefahr einer BK bzw. deren Verschlimmerung oder Wiederaufleben drohe. Maßnahmen nach § 3 BKV hätten nicht Entschädigung, sondern Prävention zur Bekämpfung bereits der Anfangssymptome als Ziel. Bei ihr liege bereits nach § 9 Abs. 4 SGB VII unstreitig eine BK vor, die Schlüssel zur Anwendung von § 3 BKV sei. Allein entscheidend sei dabei, ob durch die zukünftig versicherte Tätigkeit eine Gefahr für den Versicherten drohe. § 3 BKV strebe einen lückenlosen Schutz des Versicherten an. Die Vorschrift solle nicht nur den Eintritt des Versicherungsfalles verhindern, sondern auch Folgeschäden durch eine weitere Exposition. Ihr drohe unstreitig eine Verschlimmerung bei Nichtgewährung der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente durch die Beklagte oder Beigeladene. Seien trotz sofort einsetzender Behandlung schwerwiegende, bleibende Schäden zu erwarten, müsse möglichst früh durch präventive Maßnahmen versucht werden, den Eintritt einer Erkrankung zu verhindern. Medizinische Maßnahmen seien im Rahmen des § 3 BKV durchaus möglich und seien verlangt, wenn diese Maßnahmen darauf abzielen sollen, den Gesundheitszustand des Versicherten zu stabilisieren. Ein Konkurrenzverhältnis zur Krankenkasse bestehe nur, solange kein Versicherungsfall der Unfallversicherung vorliege, der Versicherte also nicht an einer BK leide. Bei ihr sei nach § 9 Abs. 4 SGB VII festgestellt, dass sie unter einer BK leide. Die Übernahme der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente sowie die Medikamentenzuzahlungen seien Aufgabe der Beklagten. Die Medikamente erfüllten auch den Zweck, die Verschlimmerung der Krankheit zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Auch nach § 14 SGB VII habe der Unfallversicherungsträger mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erste Hilfe zu sorgen. Bei Absetzen der Medikamente werde sich ihr Gesundheitszustand drastisch verschlimmern. Die Beklagte habe für Prävention zu sorgen, die sie mit allen geeigneten Mitteln erwarten dürfe. Die Medikamente seien geeignete Mittel. Die Leistungsverweigerung widerspreche dem Gesetzestext und der gesetzlichen Logik. Die Urteilsbegründung des SG sei inhaltsleer und verfälsche den Sachverhalt. Die Klägerin hat zahlreiche Unterlagen vorgelegt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27. August 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2006 zu verurteilen, ihr Kosten für Medikamente in Höhe von insgesamt 449,05 EUR zu erstatten, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie ist der Ansicht, dass ein Leistungsanspruch der Klägerin nach dem SGB VII nicht bestehe, da der Versicherungsfall nicht eingetreten sei.

Die im Berufungsverfahren beteiligte Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in nicht öffentlicher Sitzung am 02.10.2009 erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 02.10.2009 wird Bezug genommen.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2005 und 28.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2006 nur, soweit die Beklagte die von der Klägerin beantragte Übernahme von Kosten für Behandlungen und Medikamente abgelehnt hat. Nur hiergegen richtete sich die Klage der Klägerin. Dem entspricht auch der im Berufungsverfahren zuletzt gestellte Antrag der Klägerin.

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß den §§143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Zwar ist der Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von mehr als 750 EUR nicht erreicht. Die Klägerin macht von der Beklagten die Übernahme von Kosten der Zuzahlung für Medikamente in Höhe von insgesamt 449,05 EUR geltend. Die Berufung ist jedoch gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft. Die geltend gemachte Kostenübernahme bezieht sich auf im Zeitraum vom 11.08.2004 bis 27.03.2006 wiederkehrend angefallene Zuzahlungen der Klägerin für Medikamente, die die Klägerin wegen ihrer Atemwegserkrankung, die Gegenstand des Bescheides der Beklagten vom 21.11.2005 ist, benötigt. Die Klägerin macht damit wiederkehrende Leistungen aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis geltend (vgl. hierzu Leitherer, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 RdNr. 22), die einen Zeitraum von mehr als ein Jahr betreffen. Die auch sonst gemäß § 151 SGG zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der geltend gemachten Kosten nicht zu.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Übernahme der geltend gemachten Kosten nach dem Dritten Kapitel des SGB VII, insbesondere nach § 27 Abs. 1 SGB VII im Rahmen der Heilbehandlung, besteht nicht. Voraussetzung hierfür wäre, dass bei der Klägerin der Versicherungsfall eingetreten ist. Nach § 7 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Ein solcher Versicherungsfall liegt bei der Klägerin nicht vor. Zwar leidet die Klägerin an einer Atemwegserkrankung (allergische Rhinitis bei Sensibilisierung gegenüber Hafer und Vorratsmilben), die durch ihre berufliche Tätigkeit als Landwirtin im Betrieb ihres Ehegatten verursacht ist, was die Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2005 festgestellt hat und was auch sonst zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Gleichwohl ist der Versicherungsfall des Vorliegens einer Berufskrankheit bei der Klägerin (noch) nicht eingetreten. Die beruflich verursachte Atemwegserkrankung stellt noch keine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit Nr. 4301/4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) dar, da die Klägerin ihre atemwegsgefährdende Tätigkeit als Landwirtin im Betrieb ihres Ehemannes nicht unterlassen hat, sondern diese fortsetzt. Die Unterlassung der atemwegsgefährdenden Tätigkeit ist aber notwendige Voraussetzung der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4301/4302 der Anlage 1 zur BKV. Dies wird von der Klägerin nicht angezweifelt. Demgemäß hat die Klägerin keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen, worunter die Heilbehandlung nach § 27 SGB VII gehört, aufgrund des Versicherungsfalls Berufskrankheit, was die Beklagte im Bescheid vom 21.11.2005 unter Nr. 2 der Verfügungssätze entschieden hat.

Die Klägerin hat auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Prävention Anspruch auf Übernahme der von ihr geltend gemachten Kosten gem. §§ 9, 14 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 3 BKV.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, bei ihr liege bereits nach § 9 Abs. 4 SGB VII eine Berufskrankheit vor, die "Schlüssel" zur Anwendung des § 3 BKV sei. Nach § 9 Abs. 4 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger, sofern die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit die Unterlassung aller Tätigkeiten voraussetzt, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, wie dies hinsichtlich der BK Nr. 4301 und 4302 der Anlage 1 zur BKV der Fall ist, vor Unterlassung einer noch verrichteten gefährdenden Tätigkeit darüber zu entscheiden, ob die übrigen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit erfüllt sind. Diese Entscheidung betrifft die Anerkennung des Ursachenzusammenhangs vor Eintritt des Versicherungsfalles und dient einzig dem Zweck, dem Versicherten Gewissheit vor einer Tätigkeitsaufgabe zu verschaffen. Mit dem Bescheid vom 21.11.2005 wurde einerseits über das Vorliegen einer Berufskrankheit entschieden, die alleine deswegen abgelehnt wurde, weil die Klägerin ihre gefährdende Tätigkeit nicht aufgegeben hat, mit dem Hinweis, (erst) bei Unterlassung aller atemwegsgefährdenden Tätigkeiten liege eine Berufskrankheit nach Nr. 4301/4302 der Berufskrankheitenliste vor, andererseits wurden (Entschädigungs)Leistungen abgelehnt. Eine Entscheidung nach § 9 Abs. 4 SGB VII eröffnet aber die Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV nur, wenn geeignete Mittel vorhanden sind, die der Gefahr, dass eine Berufskrankheit entsteht, wieder auflebt oder sich verschlimmert, entgegenwirken.

Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der geltend gemachten streitgegenständlichen Kosten ergibt sich jedoch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV nicht. Nach dieser Vorschrift haben die Unfallversicherungsträger, wenn für Versicherte die Gefahr besteht, dass eine Berufskrankheit entsteht, wieder auflebt oder sich verschlimmert, dieser Gefahr mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken. § 3 BKV setzt die Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 6 Nr. 1 SGB VII um und konkretisiert für den Einzelfall den aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 SGB I sowie § 1 Nr. 1 und § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB VII allgemein abzuleitenden Anspruch auf Maßnahmen zur Verhütung von Berufskrankheiten. § 3 BKV ist an die Berufskrankheitenliste gebunden. Die Vorschrift greift nur, wenn das Entstehen bzw. die Verschlimmerung oder Wiederaufleben einer Berufskrankheit droht. Durch die Anbindung an die Berufskrankheitenliste sind deren Vorgaben zu übernehmen.

Danach steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Übernahme der streitgegenständlichen Kosten nicht zu.

Die Gefahr des Wiederauflebens einer Berufskrankheit scheidet bei der Klägerin aus, denn dies setzt die Wiedererkrankung an einer abgeheilten Berufskrankheit voraus (Mehrtens/Brandenburg, Berufskrankheiten-Verordnung, Kommentar, G § 3 RdNr. 2.3).

Ein Anspruch wegen der Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit besteht bei der Klägerin ebenfalls nicht. Ein solcher Anspruch ist anzunehmen, wenn durch Medikamente (oder andere Maßnahmen) eine Krankheit nicht entsteht bzw. geheilt werden kann, was bei der Klägerin nicht der Fall ist. Erweiternd ist ein Anspruch wegen der Gefahr bei Berufskrankheiten mit "Unterlassungszwang" auch dann anzunehmen, wenn zwar das Entstehen einer Krankheit nicht verhindert oder geheilt jedoch soweit gemildert werden kann, dass ein Unterlassungszwang nicht (mehr) besteht oder die Gefahr des Entstehens eines Unterlassungszwang wegen Verschlimmerung der Erkrankung verhindert werden kann (vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 4301 RdNr. 9). Dies trifft bei der Klägerin ebenfalls nicht zu.

Nach dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten lungenärztlichen Gutachten von Dr. N., W-Z Kliniken, vom 17.06.2005 besteht bei der Klägerin eine eindeutige Sensibilisierung auf Hafer, mit dem die Klägerin bei ihrer beruflichen Tätigkeit als Landwirtin im Betrieb des Ehemannes bei der Schweinezucht durch Zusätze in allen Futtermitteln mit selbst angebautem Hafer in Berührung kommt. Die durch Hafer bedingte allergische Reaktion macht sich in einer starken rhinitischen Symptomatik (Behinderung der Nasenatmung, Nasenbluten sowie Kopfschmerzen) bemerkbar, die beruflich verursacht ist. Nach Möglichkeit sollte die Klägerin nicht mehr mit Hafer und Haferstroh arbeiten, bzw. unvermeidbare Arbeiten mit einer geeigneten Atemmaske ausführen. Eine wesentliche Besserung der Symptomatik ist nach der Auffassung von Dr. N. bei Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeiten, insbesondere der Aufgabe des Umgangs mit Hafer und Haferstroh zu erwarten. Die Aufgabe der jetzigen beruflichen Tätigkeit wurde von Dr. N. grundsätzlich empfohlen. Rehabilitationsmaßnahmen können nach Ansicht des Sachverständigen bei Fortführung der jetzigen Tätigkeit keine richtungsgebende Verbesserung oder Stabilisierung im Befinden der Klägerin erreichen. Nach dem Gutachten von Dr. N. vom 17.06.2005, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet und dem er sich anschließt, besteht zur Überzeugung des Senates bei der Klägerin aufgrund ihrer berufsbedingt erworbenen allergischen Atemwegserkrankung (rhinitische Symptomatik) ein Zwang zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten.

Dieser Unterlassungszwang wird durch den Einsatz der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Atemschutzmaske in Verbindung mit der Einnahme von Medikamenten, für die die Klägerin die Übernahme der Kosten von der Beklagten verlangt, nicht beeinflusst. Nach der vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. W. vom 13.02.2007 wird durch die Einnahme von Medikamenten eine Verschlimmerung der Atemwegserkrankung der Klägerin verhindert. Im Übrigen verwies Dr. W. auf die Ausführungen (Seiten 24-27) im Gutachten von Dr. N., wo eine wesentliche Besserung der Symptomatik nur bei Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit angegeben wird. Diese Einschätzung der Ärzte wird durch die Angaben der Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. N. bestätigt. Danach habe sich zwar seit Verwendung der Atemschutzmaske mit Medikation eine Beschwerdebesserung eingestellt, es komme aber nach wie vor zu Nasenbluten, wenn auch seltener, und jeden zweiten Tag zu Kopfschmerzen und wiederholt zu Augenschwellungen am Abend. Die Gefahr der Ausweitung der Atemwegserkrankung bei starker bronchialer Hyperreagibilität (Bericht von Dr. N. vom 20.12.2004), die nur aufgrund Medikamenteneinnahme bei der Begutachtung am 02. und 03.06.2005 durch Dr. N. nicht mehr gesichert werden konnte, besteht daher fort. Damit steht für den Senat fest, dass eine Besserung der Atemwegserkrankung der Klägerin dahin, dass ein Zwang zum Unterlassen der gefährdenden Tätigkeiten durch den Einsatz der Atemschutzmaske in Verbindung mit Medikamenten nicht (mehr) besteht, nicht erreichbar ist, sondern dass lediglich eine weitere Verschlimmerung der bestehenden Atemwegserkrankung, die jedoch weiter zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten zwingt, vermieden wird. Auch in dem von der Klägerin vorgelegten Befundbericht von Dr. W. vom 12.12.2008 wird davon ausgegangen, dass die Atemwegserkrankung der Klägerin durch Medikamente im Verein mit dem Tragen eines Helmes kontrolliert werden könne, wobei Dr. W. (aus seiner Sicht) es der Klägerin lediglich für nicht zumutbar hält, sie zum Unterlassen der gefährdenden Tätigkeiten zu zwingen. Auch den sonst vorliegenden Befundberichten lässt sich nicht entnehmen, dass bei der Klägerin durch die Einnahme der geltend gemachten Medikamente ein Zwang zum Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit, wie sie Dr. N. in seinem Gutachten vom 17.06.2005 angenommen hat, verhindert werden kann. Vielmehr hat Dr. Sch. in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 03.01.2007 mitgeteilt, dass die Medikamente für die Klägerin aufgrund ihrer Atemwegserkrankung lebensnotwendig seien. Im Übrigen hat sich die Klägerin selbst auch nicht darauf berufen, dass durch den Einsatz der Atemschutzmaske und die medikamentöse Therapie eine Besserung ihrer Atemwegserkrankung dahin eingetreten ist, dass ein Zwang zum Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit nicht (mehr) besteht. Kann daher der Gefahr des Eintritts einer - entschädigungspflichtigen - Berufskrankheit mit dem Mittel, für das die Klägerin Kostenersatz begehrt und auch mit sonstigen Mitteln nicht erreicht werden, hat der Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass der Versicherte die gefährdende Tätigkeit unterlässt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BKV).

Die Klägerin kann sich zur Begründung ihres Begehrens auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV verpflichtet sei, wegen der Gefahr der Verschlimmerung einer Berufskrankheit für die Kosten der Medikamente aufzukommen. Die Anwendbarkeit des § 3 Absatz 1 Satz 1 BKV wegen einer Verschlimmerung einer Berufskrankheit scheidet bei der Klägerin bereits deshalb aus, weil eine Berufskrankheit nach Nr. 4301/4302 der Anlage 1 zur BKV wegen der Fortführung der gefährdenden Tätigkeit nicht vorliegt, was von der Beklagten durch den Bescheid vom 21.11.2005, der insoweit nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, festgestellt wurde. Die Ansicht der Klägerin, bereits bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 4301/4302 (ohne Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit) sei die Beklagte verpflichtet, einer Verschlimmerung ihrer Atemwegserkrankung mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken, wird den oben genannten rechtlichen Vorgaben des § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV nicht gerecht.

Die von der Klägerin gegen eine solche Handhabung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Die bei bestimmten Berufskrankheiten der Berufskrankheitenliste zur Anerkennung einer Berufskrankheit zusätzlich zu den medizinischen Voraussetzungen erforderliche Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (vgl. Römer in Hauck, SGB VII, Kommentierung K § 9 RdNr 34 unter Bezug auf das BSG). Der Unterlassungszwang dient zwei Zielen, wodurch er sachlich gerechtfertigt ist, nämlich Bagatell-Erkrankungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auszunehmen und aus Gründen der Prävention zu verhindern, dass der Versicherte seine Gesundheit durch ein Verbleiben am Arbeitsplatz weiter schädigt (vgl. hierzu Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., E § 9 SGB VII, RdNr. 28.1).

Unabhängig davon würde selbst dann, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen würde, § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV fände bereits dann Anwendung, wenn die medizinischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit vorliegen, ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der geltend gemachten Kosten wegen der Gefahr einer Verschlimmerung nicht bestehen. Die Vorschrift des § 3 BKV hat eine präventive Zielrichtung, nämlich die Vermeidung von Gesundheitsschäden vor Eintritt des Versicherungsfalles und eröffnet einen zusätzlichen präventiven Handlungsspielraum bei bereits anerkannten Berufskrankheiten. Alle nach § 3 BKV, ggf. allgemeinen Leistungsvorschriften des SGB VII, zu gewährenden Maßnahmen oder Leistungen dienen diesem präventiven Ziel. Dem präventiven Charakter der Vorschrift ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale, bei der Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen, aber auch bei der Gestaltung der Verfahrensabläufe Rechnung zu tragen (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., G § 3, RdNr. 1 m.w.N.). Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch fehlt es an einem präventiven Charakter. Die von der Klägerin wegen ihrer Atemwegserkrankung benötigten Medikamente sollen einer Verschlimmerung entgegen wirken, wobei die Notwendigkeit der Behandlung wegen der Fortsetzung ihrer gefährdenden Tätigkeit besteht. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. W. vom 13.02.2007, der seine Angaben auf der Grundlage der fortgesetzten gefährdenden Tätigkeit der Klägerin gemacht hat, sowie dem Gutachten von Dr. N. vom 17.06.2005, der eine wesentliche Besserung der Symptomatik bei der Klägerin (erst) bei einer Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit angenommen hat. Die von der Klägerin benötigten Medikamente, deren Kostenübernahme sie von der Beklagten beansprucht, dienen damit nicht der Prävention, sondern sollen der Klägerin letztlich nur ermöglichen, ihre gefährdende Tätigkeit trotz des Unterlassungszwanges fortzuführen. Das Begehren der Klägerin steht damit im Widerspruch zum präventiven Charakter des § 3 BKV, weshalb die Beklagte nicht verpflichtet ist, der Klägerin in der bestehenden Situation unter dem Gesichtspunkt der Prävention die beanspruchten Leistungen zu erbringen. Die Beklagte wäre vielmehr im Rahmen der Prävention gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BKV gehalten, auch wenn keine Unterlassungszwang bestünde, auf eine Beendigung der gefährdenden Tätigkeit durch die Klägerin hinzuwirken.

Sowohl in Abs.1 als auch in Abs. 2 von § 3 BKV steht der Anreiz, die gefährdende Tätigkeit zu unterlassen, im Vordergrund des Regelungsgehalts. Diese Anreizfunktion ist in erster Linie auf das subjektive Reagieren des betreffenden Versicherten ausgerichtet (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 20.02.2001 - B 2 U 10/00 R -, veröffentlicht in Juris), weshalb es der Zweckbestimmung des § 3 BKV zuwiderlaufen würde, wenn durch die der Prävention zugedachten Maßnahmen des Unfallversicherungsträgers die Gefährdungslage, der mit anderen Mittel nicht beizukommen ist, gerade perpetuiert wird.

Dass die Klägerin aus existenziellen Gründen die gefährdende Tätigkeit nicht aufgibt, wie sie geltend macht, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Die Klägerin erhält durch die Beigeladene ausreichende Heilbehandlung. Dass dies nicht der Fall ist, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Dass die Klägerin - wie alle Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung - Zuzahlungen zu Medikamenten leisten muss, trifft die Klägerin in nicht ihrer Existenzgrundlage, wie der Wert des Beschwerdegegenstandes zeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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