Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 539/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 407/05
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine eheliche Gemeinschaft ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts nur dann, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Juli 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2002 insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 01. Januar 1999 bis 27. Januar 1999 und vom 28. November 1999 bis 31. Dezember 1999 aufgehoben und die Arbeitslosenhilfe in diesen Zeiträumen sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 4. Juli 1999 und 28. November 1999 bis 31. Dezember 1999 zurückgefordert hat.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1952 geborene Klägerin durchlief eine Ausbildung als Industriekauffrau. Vom 01.11.1993 bis 30.09.1994 war sie Assistentin der Geschäftsleitung der Firma M. GmbH (P.), an der sie zu 18,67% und ihr Ehemann, mit dem sie von 1986 bis 2000 verheiratet war, zu 21,33% beteiligt waren. Im November 1994 traten die Klägerin und der damalige Ehemann ihre Geschäftsanteile an der GmbH an eine Firma in Panama ab. Sie hat eine im Mai 1990 geborene Tochter.
Der damalige Ehemann der Klägerin arbeitete ab Oktober 1995 selbstständig in seinem eigenen Ingenieurbüro. Sie meldete ihr Gewerbe (M.) zum 21.06.1995 ab.
Am 04.08.1995 beantragte sie Arbeitslosenhilfe (nach dem Bezug von Arbeitslosengeld vom 05.10.1994 bis 03.08.1995). Die Beklagte setzte die Arbeitslosenhilfe mit Bescheid vom 25.03.1996 vorläufig fest und gewährte die Leistung ab 04.08.1995.
Die Klägerin beantragte am 23.09.1996 die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte gewährte die Leistung mit der Bewilligungsverfügung vom 17.01.1997 ab 01.10.1996. Sie stellte am 12.08.1997 wieder einen Antrag auf Leistungsfortzahlung und die Beklagte bewilligte die Leistung weiterhin ab 01.10.1997. Im Schreiben vom 29.04.1998 an das Arbeitsamt B-Stadt gab sie an, sie sei aus der gemeinsamen Wohnung mit ihrem Mann im Sommer des vergangenen Jahres ausgezogen, sie lebe in Scheidung und sie und ihr Mann hätten gemeinsame Schulden von ungefähr 1,5 Millionen DM.
Im folgenden Antrag auf Arbeitslosenhilfe teilte sie mit, sie lebe mit G. K. seit Juli 1998 in einer Haushaltsgemeinschaft, in der weitere Personen nicht versorgt würden. G. K. habe einen 1993 geborenen Sohn, der von ihm unterhalten werde. (Im Klageverfahren legte sie jedoch einen auf den 15.11.1997 datierten Mietvertrag mit G. K. vor).
Die Beklagte bewilligte mit der Verfügung vom 06.10.1998 Arbeitslosenhilfe ab 01.10.1998. Mit zwei Bescheiden vom 28.01.1999 stellte sie fest, dass die Arbeitslosenhilfe nur in vorläufiger Höhe wegen eventuell anzurechnenden Einkommens gezahlt werde; die Leistung werde als Vorschuss unter dem Vorbehalt bewilligt, dass das zu berücksichtigende Einkommen des unterhaltspflichtigen Partners bzw. Angehörigen höher ausfällt als im Voraus geschätzt. Sei das Einkommen zu niedrig eingeschätzt und deshalb Arbeitslosenhilfe zu Unrecht gewährt worden, sei diese insoweit zurückzuzahlen.
Vom 05.07.1999 bis 29.08.1999 erhielt die Klägerin Unterhaltsgeld und vom 30.08.1999 bis 27.11.1999 Anschlussunterhaltsgeld. Sie meldete sich zum 30.08.1999 wieder arbeitslos, beantragte Anschlussunterhaltsgeld und am 28.10.1999 Arbeitslosenhilfe. Sie gab auch hier an, mit G. K. in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. Im weiteren Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 09.10.2000 teilte sie mit, dass sie im gemeinsamen Haushalt mit G. K. auch ihre Tochter C. betreue.
Nachdem die Beklagte vom Finanzamt F. am 19.10.2000 erfahren hatte, dass G. K. im Jahr 1998 Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit in Höhe von 40.845,00 DM und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von minus 11.383,00 DM erzielt hatte, erließ die Beklagte am 03.11.2000 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem sie die Entscheidung über die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 01.07.1998 teilweise in Höhe von 102,64 DM wöchentlich aufhob. Die Klägerin habe ab 01.07.1998 2.697,44 DM zu Unrecht erhalten und müsse diesen Betrag erstatten. Von dem Leistungsanspruch würden 14,29 DM täglich aufgerechnet bis zur Begleichung der Forderung. Der Bescheid wurde bindend.
Auch im Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 17.09.2001 gab die Klägerin die "Haushaltsgemeinschaft" mit G. K. an. Am 29.10.2001 ging bei der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid an G. K. für das Jahr 1999 ein. Danach hatte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 64.890,00 DM und aus Kapitalvermögen in Höhe von 7.000,00 DM erzielt, aus Vermietung und Verpachtung jedoch negative Einkünfte von minus 3.673,00 DM.
Mit Schreiben vom 05.11.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie vom 01.01.1999 bis 04.07.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 die Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen und die Beklagte in diesen Zeiträumen die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung zu Unrecht entrichtet habe. Die Klägerin habe diese Leistungen zurückzuerstatten.
Mit Bescheid vom 26.11.2001 hob die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.01.1999 bis 04.07.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 ganz auf. Das Einkommen ihres Partners, nachgewiesen durch den Einkommenssteuerbescheid 1999, übersteige den Leistungssatz der Arbeitslosenhilfe. Der Klägerin stehe für den oben genannten Zeitraum insgesamt Arbeitslosenhilfe nicht zu. Sie habe den Betrag der zu Unrecht bezogenen Leistung sowie einschließlich der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 19.266,84 DM zu erstatten.
Die Klägerin machte mit dem Widerspruch vom 11.12.2001 geltend, sie sei Mitte 1998 wegen erheblicher finanzieller Probleme und der Versorgung von zwei Kindern zu ihrem Bekannten, G. K., gezogen. Eine eheliche Lebensgemeinschaft habe jedoch nicht vorgelegen. Zwischen ihr und G. K. habe lediglich eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Sie habe auch die genauen Einkommens- und Vermögensverhältnisse von G. K. nicht gekannt. Der Bewilligungsbescheid für das Jahr 1999 enthalte auch keinen Vorläufigkeitsvermerk.
Die Beklagte führte am 11.03.2002 in der Wohnung der Klägerin eine Prüfung durch. Hierbei gab die Klägerin an, sie schlafe im Büro des G. K., habe aber ihre Kleidung und andere persönliche Dinge nicht in diesem Zimmer, sondern im Schlafzimmer von G. K ... Sie benütze im Haus das Wohnzimmer, die Küche, das Bad und dürfe auch den Pkw des G. K. fahren. Lebensmittel würden gemeinsam eingekauft. Finanzielle oder enge persönliche Beziehungen zu G. K. bestünden nicht.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2002 den Widerspruch zurück. Die Angaben der Klägerin in ihren Anträgen auf Arbeitslosenhilfe, dass sie mit G. K. in einer Haushaltsgemeinschaft lebe, seien ein Indiz für das tatsächliche Vorliegen einer partnerschaftlichen Haushaltsgemeinschaft. Der nunmehrige Vortrag der Klägerin sei eine Schutzbehauptung.
Die Klägerin hat hiergegen am 19.07.2002 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Sie macht unter anderem wie im Widerspruchsverfahren geltend, dass ihre Bindungen zu Herrn K. nicht so eng waren bzw. sind, dass von beiden ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden konnte. Sie habe nicht die Befugnis, über das Einkommen und Vermögen des G. K. zu verfügen; dieser kümmere sich auch nicht finanziell oder in wirtschaftlicher Hinsicht um die Tochter der Klägerin. Er sei nicht bereit gewesen, die Klägerin finanziell zu unterstützen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie seit 2004 nicht mehr mit G. K. zusammenlebe.
Das SG hat mit Urteil vom 12.07.2005 die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei berechtigt, die unrichtigen Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand der Bewilligungen liege nicht vor. Das Einkommen des G. K. als Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sei während des Bezugs der Arbeitslosenhilfe anzurechnen, soweit es den Freibetrag übersteigt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei von einer derartigen eheähnlichen Lebensgemeinschaft auszugehen. Die Angaben der Klägerin zu dem Fehlen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft stünden im Widerspruch zu den von der Beklagten ermittelten Tatsachen. Es sei nicht glaubwürdig, dass die Klägerin in einem kleinen Durchgangsbüro auf einer Couch schlafe, während sie ihre persönlichen Sachen und Kleidung im Schlafzimmer des G. K. aufbewahrt. Sie habe auch den Pkw des G. K. benutzen dürfen. Unglaubwürdig sei, dass sie monatlich 900,00 DM Miete zahlt. Auf Vertrauensschutz könne sie sich nicht berufen. Sie habe zumindest infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit der Arbeitslosenhilfebewilligung nicht gekannt und habe darüber hinaus in den Anträgen nicht ausreichende bzw. falsche Angaben gemacht. Selbst wenn ihr Einzelheiten über das Vermögen und das Einkommen des G. K. nicht bekannt waren, habe sie von seinen verschiedenen Einkünften Kenntnis gehabt. Allein aus den Einkünften lasse sich auf eine komfortable Lebensführung schließen. Sie sei bereits am Anfang ihres Bezugs von Arbeitslosenhilfe auf die Bedeutung des Anrechnens von Ehegatten- bzw. Partnereinkommen bzw. Berücksichtigung von deren Vermögen hingewiesen worden.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26.10.2005, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Sie sei insbesondere nicht von G. K. finanziell unterstützt worden, vielmehr habe sie an G. K. für die Wohnung gezahlt. Beide hätten in keiner Weise füreinander gesorgt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zum Teil begründet.
Streitgegenstand ist hier die Rückforderung der Arbeitslosenhilfe vom 01.01.1999 bis 04.07.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 sowie der in diesen Zeiträumen gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 19.266,84 DM in Euro.
Die angefochtenen Bescheide und das angefochtene Urteil sind insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Arbeitslosenhilfe vom 01.01.1999 bis 27.01.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 sowie die Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung insgesamt zurückfordert. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Arbeitslosenhilfe vom 28.01. bis 04.07.1999 ist § 328 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch III (SGB III) in der Fassung des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 26.12.1997 (BGBl I S. 2970), die ab 01.01.1998 in Kraft getreten ist. Danach sind aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Die Beklagte hat mit den Bescheiden vom 28.01.1999, die als eine einheitliche Regelung anzusehen sind, an die Klägerin die Arbeitslosenhilfe in vorläufiger Höhe erbracht unter dem Vorbehalt der Anrechnung vom Einkommen, das sich aus den noch vorzulegenden Einkommenssteuerbescheiden eventuell ergibt. Es handelt sich bei diesen Bescheiden vom 28.01.1999 um eine vorläufige Entscheidung im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, bei denen die Beklagte ihr Ermessen bezüglich der Vorläufigkeit der Entscheidung zutreffend ausgeübt hat. Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Diesen Anforderungen genügen die Bescheide vom 28.01.1999, weil die Höhe der Arbeitslosenhilfe auch vom anzurechnenden Einkommen abhängt (§§ 193, 194 SGB III), das durch Steuerbescheide nachzuweisen ist, die zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht vorgelegen haben.
Diese Regelung des § 328 Abs. 1 SGB III ermöglicht es dem Arbeitsamt (jetzt: Arbeitsagentur) vor einer abschließende Entscheidung über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig zu entscheiden. Das Arbeitsamt wird bis zur endgültigen Feststellung der Sozialleistung zum Erlass einer Zwischenregelung ermächtigt, ohne es bezüglich der späteren endgültigen Entscheidung inhaltlich zu binden. Es handelt sich hier um eine Ausnahmeregelung zu dem Grundsatz, dass ein Bescheid an sich nur ergehen darf, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist; ferner dient die Vorschrift der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, weil die Arbeitsämter nicht gezwungen sind, unrichtige Bescheide nachträglich nach § 45 Sozialgesetzbuch X (SGB X) zu korrigieren. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III greift ein bei einer Ungewissheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs auf Geldleistung. Das Merkmal der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Anspruchvoraussetzungen verlangt dabei in der Regel, dass nach dem derzeitigen Stand der Sachverhaltserkenntnis ein deutliches Übergewicht für das Bestehen
des Anspruchs spricht (Schmidt-De Caluwe in Mutschler und andere, SGB III, 3. Aufl., § 328, Nr. 5, 20, 31 ff.).
So liegt der Fall hier, weil bei der Klägerin Arbeitslosigkeit und Bedürftigkeit bisher vorlagen und das Bestehen bzw. die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe ab ihrer Mitteilung einer Haushaltsgemeinschaft mit G. K. im Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 23.09.1998 davon abhängen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe das Einkommen des mit ihr zusammenlebenden G. K. anzurechnen ist (§ 194 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, 3 Abs. 2 Nr. 4 SGB III). Die Klärung dieser Frage war dadurch bedingt, dass für das Jahr 1999 der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid des G. K. vorgelegen hat. Dieser Bescheid ist bei der Beklagten erst Ende Oktober 2001, ohne dass die Klägerin hierfür ein Verschulden trifft, eingegangen, so dass die Beklagte eine Zwischenentscheidung treffen musste.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.11.2001 hat die Beklagte dann eine abweichende, endgültige Entscheidung getroffen und die Bescheide vom 28.01.1999 haben sich auf andere Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Sie sind nicht eigens aufzuheben und entfalten auch keine Bindungswirkung für die ablösende Endentscheidung (Schmidt-De Caluwe, a.a.O., Rdnr. 5).
Die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung gilt aber, auch wenn die Klägerin mit der Bewilligungsverfügung vom 06.10.1998 Arbeitslosenhilfe ab 01.10.1998 erhalten hat, erst mit dem Bescheid vom 28.01.1999. Denn die Beklagte hat hier zum einen auf den derzeitigen Leistungsanspruch abgestellt und zum anderen ist zu berücksichtigen, dass wegen der in § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III erleichterten Rückabwicklung einer zu Unrecht geleisteten Zahlung sowie der Einschränkung der Bindungswirkung der Zwischenentscheidung der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in § 45 Abs. 2 SGB X nicht außer Betracht gelassen werden darf. Damit richtet sich die Rückabwicklung der nicht unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit stehenden Zahlung der Arbeitslosenhilfe vom 01.01. bis 27.01.1999 nicht nach § 328 Abs.3 S. 2 SGB III.
Für die Rückabwicklung der zu Unrecht erhaltenen Leistung aufgrund der anders lautenden abschließenden Entscheidung hat die Beklagte Ermessen nicht auszuüben und auch der Leistungsempfänger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen (BSG vom 15.08.2002 SozR 3-4100 § 147 Nr. 1). Die Rechtsfolge der vollständigen Erstattung der zu Unrecht erbrachten Geldleistung ist zwingend. Hierbei steht der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht entgegen, auch nicht aufgrund des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz) oder Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch). Es folgt aus dem Wesen einer vorläufigen Bewilligung, dass der Leistungsempfänger insofern kein Vertrauen in das endgültige Behaltendürfen der Leistung entwickeln kann, zumal die Beklagte auf die Möglichkeit der Rückforderung (abhängig von dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen) in den Bescheiden vom 28.01.1999 ausdrücklich hingewiesen hat. Die bindende Rückabwicklung ist geradezu die logisch zwingende Rechtsfolge der ursprünglich - im Interesse des Antragstellers - erfolgten vorläufigen Bewilligung.
Der Erstattungsanspruch der Beklagten im Zeitraum vom 28.01. bis 04.07.1999 besteht zu Recht, weil die Klägerin nicht bedürftig gewesen ist. Gemäß § 190 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, die besonderen Anspruchsvoraussetzungen (Bezug von Arbeitslosengeld in der Vorfrist) erfüllt haben und bedürftig sind, Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Bedürftig ist ein Arbeitsloser gemäß § 193 Abs. 1 SGB III, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2 SGB III).
Die Klägerin war seit ihrem Zusammenleben mit G. K. (nach ihren Angaben) seit Juli 1998 im hier zu prüfenden streitigen Zeitraum nicht bedürftig, weil sie mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt hat und dessen Einkommen nach Maßgabe des § 194 SGB III mit zu berücksichtigen ist.
Im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht (Entscheidung vom 17.07.2002, BVerfGE 105, 313 = NJW 2002, 2543) hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 17.10.2002 (BSGE 90, 90 ff.) unter anderem festgestellt, dass eheähnlich eine Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts dann ist, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Eine Entscheidung hierüber ist nur anhand bestimmter "Hilfstatsachen" möglich, die nicht losgelöst von ihrem Zweck gewertet und mithin nicht "verabsolutiert" werden dürfen. Derartige Indizien sind die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenständen des anderen Partners zu verfügen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine eheähnliche Gemeinschaft jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren aufgelöst werden kann. Auch ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann der mit dem Arbeitslosen nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwenden. In der Regel wird dies allerdings mit der Auflösung der Wohngemeinschaft verbunden sein (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17.11.1992, SozR 3-4100 § 137 Nr. 3 = NJW 1993, 643, Kärcher in Niesel, SGB III, 1998, 193, Rdnr. 19 ff). Eine eheähnliche Gemeinschaft geht aufgrund ihrer gegenseitigen inneren Bindungen der Partner über eine reine Zweck-, Haus-, Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft hinaus.
Die Feststellung der Indizien hat eine höhere Beweiskraft als entgegenstehende Erklärungen der Partner, wenn diese - wie hier - wissen, welche rechtlichen Folgerungen mit der eheähnlichen Gemeinschaft verbunden sind (LSG Nordrhein-Westfalen vom 04.10.2001, L 9 AL 116/00). Da die Beklagte die entsprechenden Ermittlungen erst nach dem angefochtenen Bescheid vom 26.11.2001 aufgenommen hat, wusste die Klägerin, wie ihrem Widerspruch hiergegen zu entnehmen ist, welche Indizien maßgebend sein können. Dennoch lassen die Feststellungen der Beklagten aufgrund der Ermittlungen ihres Außendienstes die Annahme der eheähnlichen Gemeinschaft zu. Die Klägerin hat mehrere Jahre mit G. K. zusammengelebt, nach ihren Angaben von Mitte 1998 (der nachgereichte Mietvertrag vom 15.11.1997 lässt sogar auf einen früheren Beginn schließen) bis zu ihrem Auszug im Jahr 2004. Sie hat mit G. K. zusammengelebt, auch wenn sie behauptet hat, dass sie mit ihm kein Verhältnis hatte. Auf das Vorliegen intimer Beziehungen kommt es jedoch nicht an. Sie konnte das Haus in allen Räumen bewohnen, beide Partner kauften die Lebensmittel gemeinsam ein und die Klägerin konnte auch den Pkw des Klägers benützen (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.05.2003, L 7 AL 371/02). Sie ist nach ihren Angaben im Jahr 2004 ausgezogen, als G. K. eine andere Partnerin hatte. Diese Umstände und deren Bewertung reichen nach der Überzeugung des Senats für die Annahme aus, dass zwischen der Klägerin und G. K. eine über eine Haushaltsgemeinschaft hinausgehende Verantwortungs- und Einstehgemeinschaft bestanden hat.
Die Einkommenszurechnung gemäß § 194 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGB III ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 194 Abs. 1 S. 1, 2 SGB III ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist und auch das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, soweit es den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder der Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrags, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden Einkommenssteuer nicht festzusetzen wäre (§ 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz). Der Freibetrag erhöht sich um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte oder die Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Dritten aufgrund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat. Ferner ist gemäß § 194 Abs. 2 Nr. 4 SGB III vom Einkommen ein Betrag in angemessener Höhe von den Erwerbsbezügen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder der Person abzusetzen, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt.
Bei der Berechnung hat die Beklagte aufgrund des Steuerbescheids für G. K. für das Jahr 1999 der Berechnung den Gesamtbetrag der Einkünfte (65.217 DM) zugrunde gelegt und hiervon die Steuerberatungskosten, die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen abgesetzt, so dass sie von einem Nettobetrag von 54.290 DM, monatlich 4.524,16 DM und wöchentlich von 1.044,04 DM ausgegangen ist. Hierbei wird das gesamte berücksichtigungsfähige Einkommen (§ 194 Abs. 2, 3 SGB III i.V.m. §§ 11 bis 12 Arbeitslosenhilfe-Verordnung) addiert und auf ein Wocheneinkommen umgerechnet (Monatseinkommen mal drei geteilt durch 13). Für die Berechnung des Freibetrags ist nach § 194 Abs. 2 SGB III die hypothetische Arbeitslosenhilfe des damaligen Lebenspartners der Klägerin anzusetzen als Indikator für dessen Existenzminimum. Hierbei ist es unerheblich, ob dem Partner tatsächlich ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zugestanden hätte (Kärcher, a.a.O., § 194, Rdnr. 20 ff.). Nach der Tabelle Arbeitslosenhilfe für das Jahr 1999 hätte diesem nach dem zugrunde zu legenden wöchentlichen Bruttoentgelt von 1.044,99 DM unter Annahme eines erhöhten Leistungssatzes in der Steuerklasse I/IV ein wöchentlicher Betrag an Arbeitslosenhilfe von 341,11 DM zur Verfügung gestanden. Dieser Betrag liegt über dem Mindestbetrag von 232,60 DM gemäß § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz. Ferner ist zugunsten der Klägerin noch zu berücksichtigen der Pauschbetrag gemäß § 194 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB III ("ein Betrage in angemessener Höhe"), der nach § 11 a Arbeitslosenhilfe-Verordnung 25% des Betrags nach § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommenssteuergesetzes ausmacht (Kärcher, a.a.O., § 194 Rdnr. 43, 44; § 206, Rdnr. 43 m.w.N.). Der Grundfreibetrag nach § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz in der Fassung vom 24.03.1999 betrug 13.067,00 DM, 25 % hiervon 3.266,75 DM jährlich, wöchentlich 62,82 DM. Schließlich hat die Beklagte zugunsten der Klägerin bei der Berechnung noch die Unterhaltsleistungen des Lebenspartners an dessen damals sechs Jahre alten Sohn berücksichtigt. Nach der Düsseldorfer Tabelle betrug bei dem hier anzusetzenden Nettoeinkommen zwischen 4.301,00 und 4.700,00 DM der monatliche Kindesunterhalt 613,00 DM.
Die Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 01.01.1999 bis 27.01.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 sowie der Rückforderung der Leistung und der in beiden Zeiträumen gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind §§ 45, 50 Abs. 1 SGB X i.V.m. §§ 330 Abs. 2, 335 Abs. 1, 5 SGB III. Die Klägerin ist jedoch insoweit zur Rückzahlung nicht verpflichtet, weil ihr gemäß § 45 Abs. 2 SGB X Vertrauensschutz zusteht. Auch für die Zeit vom 28.11. bis 31.12.1999 besteht nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Leistung gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III, weil die Beklagte insoweit eine vorläufige Entscheidung nicht getroffen hat. Denn auf den neuen Antrag der Klägerin vom 28.10.1999 hat die Beklagte mit der Bewilligungsverfügung vom 09.11.1999 Arbeitslosenhilfe ab 28.11.1999 gezahlt. Im Übrigen gilt § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III nur für Geldleistungen und nicht auch für die Rückabwicklung zu Unrecht gezahlter Beiträge.
§ 45 Abs. 1 SGB X gibt der Beklagten unter Einschränkungen die Möglichkeit einen von Anfang an rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt zurückzunehmen, wobei gemäß § 330 Abs. 2 SGB III eine Ermessensausübung für die Rücknahme für die Vergangenheit nicht erforderlich ist. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für in Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 SGB X sieht vor, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Wie oben bereits ausgeführt wurde, hatte die Klägerin im Jahr 1999 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil es an der Bedürftigkeit aufgrund der Einkommenszurechnung des Partners der eheähnlichen Gemeinschaft gefehlt hat. Damit hatte sie zu Unrecht die Leistung auch in den hier zu prüfenden Zeiträumen erhalten. Es ist ferner davon auszugehen, dass sie die Leistungen verbraucht hat. Nach der gesetzlichen, typisierenden Regelung des § 45 Abs. 2 S. 1, 2 SGB X ist ihr in der Regel schutzwürdiges Vertrauen zuzubilligen. § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X begründet eine Vermutungswirkung zum Vorteil des rechtswidrig Begünstigten. Es spricht auch hier nichts dafür, dass der Leistungsverbrauch grob unangemessen oder vernunftswidrig gewesen ist oder dass der Klägerin bekannt war, dass der Bestand der zugebilligten Leistungen ungewiss war (Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 45, Rdnr. 42 ff.).
Dieser Vertrauensschutz ist durch § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X nicht ausgeschlossen. Anhaltspunkte, dass die Klägerin die Leistung durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erlangt hat, sind nicht gegeben (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X). Ebenso wenig haben unrichtige oder unvollständige Angaben der Klägerin zur Leistungsbewilligung geführt (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Die Leistungsbewilligungen vom 01.01.1999 bis 27.01.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 beruhen nicht auf schuldhaft gemachten fehlerhaften oder unvollständigen Angaben der Klägerin. Die Beklagte hatte in den Leistungsanträgen nach dem Einkommen und Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft gefragt und weitere Zusatzfragen zur Prüfung gestellt, ob darüber hinaus eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt. Diese Fragen hat die Klägerin beantwortet. Dass die Beklagte aufgrund der Angaben in beiden Anträgen damals nicht eine eheähnliche Gemeinschaft annehmen konnte, lag nicht an den Angaben der Klägerin, sondern erst an den später aufgenommenen Ermittlungen durch einen Hausbesuch. Damit fehlt es an der Ursächlichkeit der Angaben für die fehlerhafte Leistungsbewilligung. Nicht ursächlich sind Auswirkungen von offensichtlichen Unvollständigkeiten und Widersprüchlichkeiten in den Angaben des Betroffenen, die von der Behörde weiter aufzuklären gewesen wären (Schütze, a.a.O. Rdnr. 50). Die Beklagte hatte es in der Hand, entweder vor der Leistungsbewilligung den Sachverhalt weiter aufzuklären oder die gesamten Leistungsbewilligungen unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gemäß § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III zu stellen. In diesem Fall hätte die Klägerin, wie ausgeführt worden ist, sich nicht auf Vertrauensschutz berufen können.
Der Vertrauensschutz ist auch nicht nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen, weil die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung nicht kannte und sie auch insoweit nicht grob fahrlässig gewesen ist. Bezugspunkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens ist die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Sie liegt vor, wenn der Begünstigte weiß oder wissen muss, dass die ihn begünstigende Regelung vom geltenden Recht nicht gedeckt ist. Entscheidend ist hier die Abschätzung nicht der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Tatsachen, sondern seiner Rechtsfolgen. Auch wenn hierfür eine Parallelwertung der Laiensphäre genügt, muss hier berücksichtigt werden, dass vom Vorliegen einer Haushalts- oder Zweckgemeinschaft nur aufgrund der Bewertung zusätzlicher Umstände anhand von Hilfstatsachen auf eine eheähnliche Gemeinschaft geschlossen werden kann. Aufgrund welcher Tatsachen im Einzelnen und insgesamt eine Bewertung der Gemeinschaft als eheähnlich möglich ist, lässt sich nicht ohne weiteres in der Laiensphäre nachvollziehen, zumal es hier jeweils auf die Umstände des Einzelfalles, ihre Wertung und Gewichtung im Zusammenhang mit den anderen Umständen ankommt. Damit ist in der Regel nicht ohne weiteres eine klare Wertung möglich, die eine eindeutige Differenzierung zulässt. Es lässt sich auch nicht selbst bei Kenntnis der Kriterien der eheähnlichen Gemeinschaft anhand einfachster Überlegungen beurteilen, wann aus der Haushaltsgemeinschaft eine eheähnliche Gemeinschaft entsteht. Der Klägerin kann somit weder ein vorsätzliches noch ein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden.
Da die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe insoweit der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entgegensteht, ist die Klägerin auch nicht gemäß § 335 Abs. 1 SGB III zur Rückzahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1952 geborene Klägerin durchlief eine Ausbildung als Industriekauffrau. Vom 01.11.1993 bis 30.09.1994 war sie Assistentin der Geschäftsleitung der Firma M. GmbH (P.), an der sie zu 18,67% und ihr Ehemann, mit dem sie von 1986 bis 2000 verheiratet war, zu 21,33% beteiligt waren. Im November 1994 traten die Klägerin und der damalige Ehemann ihre Geschäftsanteile an der GmbH an eine Firma in Panama ab. Sie hat eine im Mai 1990 geborene Tochter.
Der damalige Ehemann der Klägerin arbeitete ab Oktober 1995 selbstständig in seinem eigenen Ingenieurbüro. Sie meldete ihr Gewerbe (M.) zum 21.06.1995 ab.
Am 04.08.1995 beantragte sie Arbeitslosenhilfe (nach dem Bezug von Arbeitslosengeld vom 05.10.1994 bis 03.08.1995). Die Beklagte setzte die Arbeitslosenhilfe mit Bescheid vom 25.03.1996 vorläufig fest und gewährte die Leistung ab 04.08.1995.
Die Klägerin beantragte am 23.09.1996 die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte gewährte die Leistung mit der Bewilligungsverfügung vom 17.01.1997 ab 01.10.1996. Sie stellte am 12.08.1997 wieder einen Antrag auf Leistungsfortzahlung und die Beklagte bewilligte die Leistung weiterhin ab 01.10.1997. Im Schreiben vom 29.04.1998 an das Arbeitsamt B-Stadt gab sie an, sie sei aus der gemeinsamen Wohnung mit ihrem Mann im Sommer des vergangenen Jahres ausgezogen, sie lebe in Scheidung und sie und ihr Mann hätten gemeinsame Schulden von ungefähr 1,5 Millionen DM.
Im folgenden Antrag auf Arbeitslosenhilfe teilte sie mit, sie lebe mit G. K. seit Juli 1998 in einer Haushaltsgemeinschaft, in der weitere Personen nicht versorgt würden. G. K. habe einen 1993 geborenen Sohn, der von ihm unterhalten werde. (Im Klageverfahren legte sie jedoch einen auf den 15.11.1997 datierten Mietvertrag mit G. K. vor).
Die Beklagte bewilligte mit der Verfügung vom 06.10.1998 Arbeitslosenhilfe ab 01.10.1998. Mit zwei Bescheiden vom 28.01.1999 stellte sie fest, dass die Arbeitslosenhilfe nur in vorläufiger Höhe wegen eventuell anzurechnenden Einkommens gezahlt werde; die Leistung werde als Vorschuss unter dem Vorbehalt bewilligt, dass das zu berücksichtigende Einkommen des unterhaltspflichtigen Partners bzw. Angehörigen höher ausfällt als im Voraus geschätzt. Sei das Einkommen zu niedrig eingeschätzt und deshalb Arbeitslosenhilfe zu Unrecht gewährt worden, sei diese insoweit zurückzuzahlen.
Vom 05.07.1999 bis 29.08.1999 erhielt die Klägerin Unterhaltsgeld und vom 30.08.1999 bis 27.11.1999 Anschlussunterhaltsgeld. Sie meldete sich zum 30.08.1999 wieder arbeitslos, beantragte Anschlussunterhaltsgeld und am 28.10.1999 Arbeitslosenhilfe. Sie gab auch hier an, mit G. K. in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. Im weiteren Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 09.10.2000 teilte sie mit, dass sie im gemeinsamen Haushalt mit G. K. auch ihre Tochter C. betreue.
Nachdem die Beklagte vom Finanzamt F. am 19.10.2000 erfahren hatte, dass G. K. im Jahr 1998 Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit in Höhe von 40.845,00 DM und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von minus 11.383,00 DM erzielt hatte, erließ die Beklagte am 03.11.2000 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem sie die Entscheidung über die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 01.07.1998 teilweise in Höhe von 102,64 DM wöchentlich aufhob. Die Klägerin habe ab 01.07.1998 2.697,44 DM zu Unrecht erhalten und müsse diesen Betrag erstatten. Von dem Leistungsanspruch würden 14,29 DM täglich aufgerechnet bis zur Begleichung der Forderung. Der Bescheid wurde bindend.
Auch im Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 17.09.2001 gab die Klägerin die "Haushaltsgemeinschaft" mit G. K. an. Am 29.10.2001 ging bei der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid an G. K. für das Jahr 1999 ein. Danach hatte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 64.890,00 DM und aus Kapitalvermögen in Höhe von 7.000,00 DM erzielt, aus Vermietung und Verpachtung jedoch negative Einkünfte von minus 3.673,00 DM.
Mit Schreiben vom 05.11.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie vom 01.01.1999 bis 04.07.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 die Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen und die Beklagte in diesen Zeiträumen die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung zu Unrecht entrichtet habe. Die Klägerin habe diese Leistungen zurückzuerstatten.
Mit Bescheid vom 26.11.2001 hob die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.01.1999 bis 04.07.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 ganz auf. Das Einkommen ihres Partners, nachgewiesen durch den Einkommenssteuerbescheid 1999, übersteige den Leistungssatz der Arbeitslosenhilfe. Der Klägerin stehe für den oben genannten Zeitraum insgesamt Arbeitslosenhilfe nicht zu. Sie habe den Betrag der zu Unrecht bezogenen Leistung sowie einschließlich der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 19.266,84 DM zu erstatten.
Die Klägerin machte mit dem Widerspruch vom 11.12.2001 geltend, sie sei Mitte 1998 wegen erheblicher finanzieller Probleme und der Versorgung von zwei Kindern zu ihrem Bekannten, G. K., gezogen. Eine eheliche Lebensgemeinschaft habe jedoch nicht vorgelegen. Zwischen ihr und G. K. habe lediglich eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden. Sie habe auch die genauen Einkommens- und Vermögensverhältnisse von G. K. nicht gekannt. Der Bewilligungsbescheid für das Jahr 1999 enthalte auch keinen Vorläufigkeitsvermerk.
Die Beklagte führte am 11.03.2002 in der Wohnung der Klägerin eine Prüfung durch. Hierbei gab die Klägerin an, sie schlafe im Büro des G. K., habe aber ihre Kleidung und andere persönliche Dinge nicht in diesem Zimmer, sondern im Schlafzimmer von G. K ... Sie benütze im Haus das Wohnzimmer, die Küche, das Bad und dürfe auch den Pkw des G. K. fahren. Lebensmittel würden gemeinsam eingekauft. Finanzielle oder enge persönliche Beziehungen zu G. K. bestünden nicht.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2002 den Widerspruch zurück. Die Angaben der Klägerin in ihren Anträgen auf Arbeitslosenhilfe, dass sie mit G. K. in einer Haushaltsgemeinschaft lebe, seien ein Indiz für das tatsächliche Vorliegen einer partnerschaftlichen Haushaltsgemeinschaft. Der nunmehrige Vortrag der Klägerin sei eine Schutzbehauptung.
Die Klägerin hat hiergegen am 19.07.2002 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Sie macht unter anderem wie im Widerspruchsverfahren geltend, dass ihre Bindungen zu Herrn K. nicht so eng waren bzw. sind, dass von beiden ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden konnte. Sie habe nicht die Befugnis, über das Einkommen und Vermögen des G. K. zu verfügen; dieser kümmere sich auch nicht finanziell oder in wirtschaftlicher Hinsicht um die Tochter der Klägerin. Er sei nicht bereit gewesen, die Klägerin finanziell zu unterstützen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie seit 2004 nicht mehr mit G. K. zusammenlebe.
Das SG hat mit Urteil vom 12.07.2005 die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei berechtigt, die unrichtigen Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand der Bewilligungen liege nicht vor. Das Einkommen des G. K. als Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sei während des Bezugs der Arbeitslosenhilfe anzurechnen, soweit es den Freibetrag übersteigt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei von einer derartigen eheähnlichen Lebensgemeinschaft auszugehen. Die Angaben der Klägerin zu dem Fehlen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft stünden im Widerspruch zu den von der Beklagten ermittelten Tatsachen. Es sei nicht glaubwürdig, dass die Klägerin in einem kleinen Durchgangsbüro auf einer Couch schlafe, während sie ihre persönlichen Sachen und Kleidung im Schlafzimmer des G. K. aufbewahrt. Sie habe auch den Pkw des G. K. benutzen dürfen. Unglaubwürdig sei, dass sie monatlich 900,00 DM Miete zahlt. Auf Vertrauensschutz könne sie sich nicht berufen. Sie habe zumindest infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit der Arbeitslosenhilfebewilligung nicht gekannt und habe darüber hinaus in den Anträgen nicht ausreichende bzw. falsche Angaben gemacht. Selbst wenn ihr Einzelheiten über das Vermögen und das Einkommen des G. K. nicht bekannt waren, habe sie von seinen verschiedenen Einkünften Kenntnis gehabt. Allein aus den Einkünften lasse sich auf eine komfortable Lebensführung schließen. Sie sei bereits am Anfang ihres Bezugs von Arbeitslosenhilfe auf die Bedeutung des Anrechnens von Ehegatten- bzw. Partnereinkommen bzw. Berücksichtigung von deren Vermögen hingewiesen worden.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26.10.2005, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Sie sei insbesondere nicht von G. K. finanziell unterstützt worden, vielmehr habe sie an G. K. für die Wohnung gezahlt. Beide hätten in keiner Weise füreinander gesorgt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zum Teil begründet.
Streitgegenstand ist hier die Rückforderung der Arbeitslosenhilfe vom 01.01.1999 bis 04.07.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 sowie der in diesen Zeiträumen gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 19.266,84 DM in Euro.
Die angefochtenen Bescheide und das angefochtene Urteil sind insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Arbeitslosenhilfe vom 01.01.1999 bis 27.01.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 sowie die Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung insgesamt zurückfordert. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Arbeitslosenhilfe vom 28.01. bis 04.07.1999 ist § 328 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch III (SGB III) in der Fassung des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 26.12.1997 (BGBl I S. 2970), die ab 01.01.1998 in Kraft getreten ist. Danach sind aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Die Beklagte hat mit den Bescheiden vom 28.01.1999, die als eine einheitliche Regelung anzusehen sind, an die Klägerin die Arbeitslosenhilfe in vorläufiger Höhe erbracht unter dem Vorbehalt der Anrechnung vom Einkommen, das sich aus den noch vorzulegenden Einkommenssteuerbescheiden eventuell ergibt. Es handelt sich bei diesen Bescheiden vom 28.01.1999 um eine vorläufige Entscheidung im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, bei denen die Beklagte ihr Ermessen bezüglich der Vorläufigkeit der Entscheidung zutreffend ausgeübt hat. Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Diesen Anforderungen genügen die Bescheide vom 28.01.1999, weil die Höhe der Arbeitslosenhilfe auch vom anzurechnenden Einkommen abhängt (§§ 193, 194 SGB III), das durch Steuerbescheide nachzuweisen ist, die zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht vorgelegen haben.
Diese Regelung des § 328 Abs. 1 SGB III ermöglicht es dem Arbeitsamt (jetzt: Arbeitsagentur) vor einer abschließende Entscheidung über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig zu entscheiden. Das Arbeitsamt wird bis zur endgültigen Feststellung der Sozialleistung zum Erlass einer Zwischenregelung ermächtigt, ohne es bezüglich der späteren endgültigen Entscheidung inhaltlich zu binden. Es handelt sich hier um eine Ausnahmeregelung zu dem Grundsatz, dass ein Bescheid an sich nur ergehen darf, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist; ferner dient die Vorschrift der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, weil die Arbeitsämter nicht gezwungen sind, unrichtige Bescheide nachträglich nach § 45 Sozialgesetzbuch X (SGB X) zu korrigieren. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III greift ein bei einer Ungewissheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs auf Geldleistung. Das Merkmal der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Anspruchvoraussetzungen verlangt dabei in der Regel, dass nach dem derzeitigen Stand der Sachverhaltserkenntnis ein deutliches Übergewicht für das Bestehen
des Anspruchs spricht (Schmidt-De Caluwe in Mutschler und andere, SGB III, 3. Aufl., § 328, Nr. 5, 20, 31 ff.).
So liegt der Fall hier, weil bei der Klägerin Arbeitslosigkeit und Bedürftigkeit bisher vorlagen und das Bestehen bzw. die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe ab ihrer Mitteilung einer Haushaltsgemeinschaft mit G. K. im Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 23.09.1998 davon abhängen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe das Einkommen des mit ihr zusammenlebenden G. K. anzurechnen ist (§ 194 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, 3 Abs. 2 Nr. 4 SGB III). Die Klärung dieser Frage war dadurch bedingt, dass für das Jahr 1999 der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid des G. K. vorgelegen hat. Dieser Bescheid ist bei der Beklagten erst Ende Oktober 2001, ohne dass die Klägerin hierfür ein Verschulden trifft, eingegangen, so dass die Beklagte eine Zwischenentscheidung treffen musste.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.11.2001 hat die Beklagte dann eine abweichende, endgültige Entscheidung getroffen und die Bescheide vom 28.01.1999 haben sich auf andere Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Sie sind nicht eigens aufzuheben und entfalten auch keine Bindungswirkung für die ablösende Endentscheidung (Schmidt-De Caluwe, a.a.O., Rdnr. 5).
Die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung gilt aber, auch wenn die Klägerin mit der Bewilligungsverfügung vom 06.10.1998 Arbeitslosenhilfe ab 01.10.1998 erhalten hat, erst mit dem Bescheid vom 28.01.1999. Denn die Beklagte hat hier zum einen auf den derzeitigen Leistungsanspruch abgestellt und zum anderen ist zu berücksichtigen, dass wegen der in § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III erleichterten Rückabwicklung einer zu Unrecht geleisteten Zahlung sowie der Einschränkung der Bindungswirkung der Zwischenentscheidung der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in § 45 Abs. 2 SGB X nicht außer Betracht gelassen werden darf. Damit richtet sich die Rückabwicklung der nicht unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit stehenden Zahlung der Arbeitslosenhilfe vom 01.01. bis 27.01.1999 nicht nach § 328 Abs.3 S. 2 SGB III.
Für die Rückabwicklung der zu Unrecht erhaltenen Leistung aufgrund der anders lautenden abschließenden Entscheidung hat die Beklagte Ermessen nicht auszuüben und auch der Leistungsempfänger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen (BSG vom 15.08.2002 SozR 3-4100 § 147 Nr. 1). Die Rechtsfolge der vollständigen Erstattung der zu Unrecht erbrachten Geldleistung ist zwingend. Hierbei steht der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht entgegen, auch nicht aufgrund des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz) oder Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch). Es folgt aus dem Wesen einer vorläufigen Bewilligung, dass der Leistungsempfänger insofern kein Vertrauen in das endgültige Behaltendürfen der Leistung entwickeln kann, zumal die Beklagte auf die Möglichkeit der Rückforderung (abhängig von dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen) in den Bescheiden vom 28.01.1999 ausdrücklich hingewiesen hat. Die bindende Rückabwicklung ist geradezu die logisch zwingende Rechtsfolge der ursprünglich - im Interesse des Antragstellers - erfolgten vorläufigen Bewilligung.
Der Erstattungsanspruch der Beklagten im Zeitraum vom 28.01. bis 04.07.1999 besteht zu Recht, weil die Klägerin nicht bedürftig gewesen ist. Gemäß § 190 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, die besonderen Anspruchsvoraussetzungen (Bezug von Arbeitslosengeld in der Vorfrist) erfüllt haben und bedürftig sind, Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Bedürftig ist ein Arbeitsloser gemäß § 193 Abs. 1 SGB III, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2 SGB III).
Die Klägerin war seit ihrem Zusammenleben mit G. K. (nach ihren Angaben) seit Juli 1998 im hier zu prüfenden streitigen Zeitraum nicht bedürftig, weil sie mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt hat und dessen Einkommen nach Maßgabe des § 194 SGB III mit zu berücksichtigen ist.
Im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht (Entscheidung vom 17.07.2002, BVerfGE 105, 313 = NJW 2002, 2543) hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 17.10.2002 (BSGE 90, 90 ff.) unter anderem festgestellt, dass eheähnlich eine Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts dann ist, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Eine Entscheidung hierüber ist nur anhand bestimmter "Hilfstatsachen" möglich, die nicht losgelöst von ihrem Zweck gewertet und mithin nicht "verabsolutiert" werden dürfen. Derartige Indizien sind die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenständen des anderen Partners zu verfügen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine eheähnliche Gemeinschaft jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren aufgelöst werden kann. Auch ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann der mit dem Arbeitslosen nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwenden. In der Regel wird dies allerdings mit der Auflösung der Wohngemeinschaft verbunden sein (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17.11.1992, SozR 3-4100 § 137 Nr. 3 = NJW 1993, 643, Kärcher in Niesel, SGB III, 1998, 193, Rdnr. 19 ff). Eine eheähnliche Gemeinschaft geht aufgrund ihrer gegenseitigen inneren Bindungen der Partner über eine reine Zweck-, Haus-, Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft hinaus.
Die Feststellung der Indizien hat eine höhere Beweiskraft als entgegenstehende Erklärungen der Partner, wenn diese - wie hier - wissen, welche rechtlichen Folgerungen mit der eheähnlichen Gemeinschaft verbunden sind (LSG Nordrhein-Westfalen vom 04.10.2001, L 9 AL 116/00). Da die Beklagte die entsprechenden Ermittlungen erst nach dem angefochtenen Bescheid vom 26.11.2001 aufgenommen hat, wusste die Klägerin, wie ihrem Widerspruch hiergegen zu entnehmen ist, welche Indizien maßgebend sein können. Dennoch lassen die Feststellungen der Beklagten aufgrund der Ermittlungen ihres Außendienstes die Annahme der eheähnlichen Gemeinschaft zu. Die Klägerin hat mehrere Jahre mit G. K. zusammengelebt, nach ihren Angaben von Mitte 1998 (der nachgereichte Mietvertrag vom 15.11.1997 lässt sogar auf einen früheren Beginn schließen) bis zu ihrem Auszug im Jahr 2004. Sie hat mit G. K. zusammengelebt, auch wenn sie behauptet hat, dass sie mit ihm kein Verhältnis hatte. Auf das Vorliegen intimer Beziehungen kommt es jedoch nicht an. Sie konnte das Haus in allen Räumen bewohnen, beide Partner kauften die Lebensmittel gemeinsam ein und die Klägerin konnte auch den Pkw des Klägers benützen (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.05.2003, L 7 AL 371/02). Sie ist nach ihren Angaben im Jahr 2004 ausgezogen, als G. K. eine andere Partnerin hatte. Diese Umstände und deren Bewertung reichen nach der Überzeugung des Senats für die Annahme aus, dass zwischen der Klägerin und G. K. eine über eine Haushaltsgemeinschaft hinausgehende Verantwortungs- und Einstehgemeinschaft bestanden hat.
Die Einkommenszurechnung gemäß § 194 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGB III ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 194 Abs. 1 S. 1, 2 SGB III ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es nicht als Nebeneinkommen anzurechnen ist und auch das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, soweit es den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder der Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrags, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden Einkommenssteuer nicht festzusetzen wäre (§ 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz). Der Freibetrag erhöht sich um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte oder die Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Dritten aufgrund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat. Ferner ist gemäß § 194 Abs. 2 Nr. 4 SGB III vom Einkommen ein Betrag in angemessener Höhe von den Erwerbsbezügen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder der Person abzusetzen, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt.
Bei der Berechnung hat die Beklagte aufgrund des Steuerbescheids für G. K. für das Jahr 1999 der Berechnung den Gesamtbetrag der Einkünfte (65.217 DM) zugrunde gelegt und hiervon die Steuerberatungskosten, die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen abgesetzt, so dass sie von einem Nettobetrag von 54.290 DM, monatlich 4.524,16 DM und wöchentlich von 1.044,04 DM ausgegangen ist. Hierbei wird das gesamte berücksichtigungsfähige Einkommen (§ 194 Abs. 2, 3 SGB III i.V.m. §§ 11 bis 12 Arbeitslosenhilfe-Verordnung) addiert und auf ein Wocheneinkommen umgerechnet (Monatseinkommen mal drei geteilt durch 13). Für die Berechnung des Freibetrags ist nach § 194 Abs. 2 SGB III die hypothetische Arbeitslosenhilfe des damaligen Lebenspartners der Klägerin anzusetzen als Indikator für dessen Existenzminimum. Hierbei ist es unerheblich, ob dem Partner tatsächlich ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zugestanden hätte (Kärcher, a.a.O., § 194, Rdnr. 20 ff.). Nach der Tabelle Arbeitslosenhilfe für das Jahr 1999 hätte diesem nach dem zugrunde zu legenden wöchentlichen Bruttoentgelt von 1.044,99 DM unter Annahme eines erhöhten Leistungssatzes in der Steuerklasse I/IV ein wöchentlicher Betrag an Arbeitslosenhilfe von 341,11 DM zur Verfügung gestanden. Dieser Betrag liegt über dem Mindestbetrag von 232,60 DM gemäß § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz. Ferner ist zugunsten der Klägerin noch zu berücksichtigen der Pauschbetrag gemäß § 194 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB III ("ein Betrage in angemessener Höhe"), der nach § 11 a Arbeitslosenhilfe-Verordnung 25% des Betrags nach § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommenssteuergesetzes ausmacht (Kärcher, a.a.O., § 194 Rdnr. 43, 44; § 206, Rdnr. 43 m.w.N.). Der Grundfreibetrag nach § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz in der Fassung vom 24.03.1999 betrug 13.067,00 DM, 25 % hiervon 3.266,75 DM jährlich, wöchentlich 62,82 DM. Schließlich hat die Beklagte zugunsten der Klägerin bei der Berechnung noch die Unterhaltsleistungen des Lebenspartners an dessen damals sechs Jahre alten Sohn berücksichtigt. Nach der Düsseldorfer Tabelle betrug bei dem hier anzusetzenden Nettoeinkommen zwischen 4.301,00 und 4.700,00 DM der monatliche Kindesunterhalt 613,00 DM.
Die Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vom 01.01.1999 bis 27.01.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 sowie der Rückforderung der Leistung und der in beiden Zeiträumen gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind §§ 45, 50 Abs. 1 SGB X i.V.m. §§ 330 Abs. 2, 335 Abs. 1, 5 SGB III. Die Klägerin ist jedoch insoweit zur Rückzahlung nicht verpflichtet, weil ihr gemäß § 45 Abs. 2 SGB X Vertrauensschutz zusteht. Auch für die Zeit vom 28.11. bis 31.12.1999 besteht nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Leistung gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III, weil die Beklagte insoweit eine vorläufige Entscheidung nicht getroffen hat. Denn auf den neuen Antrag der Klägerin vom 28.10.1999 hat die Beklagte mit der Bewilligungsverfügung vom 09.11.1999 Arbeitslosenhilfe ab 28.11.1999 gezahlt. Im Übrigen gilt § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III nur für Geldleistungen und nicht auch für die Rückabwicklung zu Unrecht gezahlter Beiträge.
§ 45 Abs. 1 SGB X gibt der Beklagten unter Einschränkungen die Möglichkeit einen von Anfang an rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt zurückzunehmen, wobei gemäß § 330 Abs. 2 SGB III eine Ermessensausübung für die Rücknahme für die Vergangenheit nicht erforderlich ist. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für in Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 SGB X sieht vor, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Wie oben bereits ausgeführt wurde, hatte die Klägerin im Jahr 1999 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil es an der Bedürftigkeit aufgrund der Einkommenszurechnung des Partners der eheähnlichen Gemeinschaft gefehlt hat. Damit hatte sie zu Unrecht die Leistung auch in den hier zu prüfenden Zeiträumen erhalten. Es ist ferner davon auszugehen, dass sie die Leistungen verbraucht hat. Nach der gesetzlichen, typisierenden Regelung des § 45 Abs. 2 S. 1, 2 SGB X ist ihr in der Regel schutzwürdiges Vertrauen zuzubilligen. § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X begründet eine Vermutungswirkung zum Vorteil des rechtswidrig Begünstigten. Es spricht auch hier nichts dafür, dass der Leistungsverbrauch grob unangemessen oder vernunftswidrig gewesen ist oder dass der Klägerin bekannt war, dass der Bestand der zugebilligten Leistungen ungewiss war (Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 45, Rdnr. 42 ff.).
Dieser Vertrauensschutz ist durch § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X nicht ausgeschlossen. Anhaltspunkte, dass die Klägerin die Leistung durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erlangt hat, sind nicht gegeben (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB X). Ebenso wenig haben unrichtige oder unvollständige Angaben der Klägerin zur Leistungsbewilligung geführt (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Die Leistungsbewilligungen vom 01.01.1999 bis 27.01.1999 und vom 28.11.1999 bis 31.12.1999 beruhen nicht auf schuldhaft gemachten fehlerhaften oder unvollständigen Angaben der Klägerin. Die Beklagte hatte in den Leistungsanträgen nach dem Einkommen und Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft gefragt und weitere Zusatzfragen zur Prüfung gestellt, ob darüber hinaus eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt. Diese Fragen hat die Klägerin beantwortet. Dass die Beklagte aufgrund der Angaben in beiden Anträgen damals nicht eine eheähnliche Gemeinschaft annehmen konnte, lag nicht an den Angaben der Klägerin, sondern erst an den später aufgenommenen Ermittlungen durch einen Hausbesuch. Damit fehlt es an der Ursächlichkeit der Angaben für die fehlerhafte Leistungsbewilligung. Nicht ursächlich sind Auswirkungen von offensichtlichen Unvollständigkeiten und Widersprüchlichkeiten in den Angaben des Betroffenen, die von der Behörde weiter aufzuklären gewesen wären (Schütze, a.a.O. Rdnr. 50). Die Beklagte hatte es in der Hand, entweder vor der Leistungsbewilligung den Sachverhalt weiter aufzuklären oder die gesamten Leistungsbewilligungen unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gemäß § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III zu stellen. In diesem Fall hätte die Klägerin, wie ausgeführt worden ist, sich nicht auf Vertrauensschutz berufen können.
Der Vertrauensschutz ist auch nicht nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen, weil die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung nicht kannte und sie auch insoweit nicht grob fahrlässig gewesen ist. Bezugspunkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens ist die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Sie liegt vor, wenn der Begünstigte weiß oder wissen muss, dass die ihn begünstigende Regelung vom geltenden Recht nicht gedeckt ist. Entscheidend ist hier die Abschätzung nicht der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Tatsachen, sondern seiner Rechtsfolgen. Auch wenn hierfür eine Parallelwertung der Laiensphäre genügt, muss hier berücksichtigt werden, dass vom Vorliegen einer Haushalts- oder Zweckgemeinschaft nur aufgrund der Bewertung zusätzlicher Umstände anhand von Hilfstatsachen auf eine eheähnliche Gemeinschaft geschlossen werden kann. Aufgrund welcher Tatsachen im Einzelnen und insgesamt eine Bewertung der Gemeinschaft als eheähnlich möglich ist, lässt sich nicht ohne weiteres in der Laiensphäre nachvollziehen, zumal es hier jeweils auf die Umstände des Einzelfalles, ihre Wertung und Gewichtung im Zusammenhang mit den anderen Umständen ankommt. Damit ist in der Regel nicht ohne weiteres eine klare Wertung möglich, die eine eindeutige Differenzierung zulässt. Es lässt sich auch nicht selbst bei Kenntnis der Kriterien der eheähnlichen Gemeinschaft anhand einfachster Überlegungen beurteilen, wann aus der Haushaltsgemeinschaft eine eheähnliche Gemeinschaft entsteht. Der Klägerin kann somit weder ein vorsätzliches noch ein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden.
Da die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe insoweit der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entgegensteht, ist die Klägerin auch nicht gemäß § 335 Abs. 1 SGB III zur Rückzahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
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