L 1 R 443/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 RA 188/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 443/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, Diplomphysiker, Konstrukteur
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. August 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.

Der am 1945 geborene Kläger beendete 1968 ein Studium an der ...J. mit dem Abschluss als Diplom-Physiker. Vom 6. November 1968 bis zum 30. Juni 1990 war er im VEB Meßgerätewerk "Erich Weinert" beschäftigt. Dort übte er ausweislich der Eintragungen im Sozialversicherungsausweis folgende Tätigkeiten aus: • vom 6. November 1968 bis zum 31. Dezember 1973 Diplom-Physiker, • von 1974 bis 1975 Gruppenleiter, • von 1976 bis 1980 Abteilungsleiter, • von 1981 bis 1983 Direktor für Wissenschaft und Technik, • von 1984 bis 1985 Themenleiter und • von 1986 bis zum 30. Juni 1990 Hauptabteilungsleiter. Der VEB wurde am 29. Juni 1990 in zwei eigenständige Gesellschaften mit beschränkter Haftung umgewandelt, nämlich in die , welche am 27. Juli 1990 in das Handelsregister eingetragen wurde, und in die. , welche am 7. August 1990 in das Handelsregister eingetragen wurde. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR) entrichtete der Kläger vom 1. Mai 1978 bis zum 30. Juni 1990. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt er nicht.

Den Antrag des Klägers vom 5. Februar 2002 auf Feststellungen von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 6. November 1968 bis zum 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2002 mit der Begründung ab, dass die Beschäftigung als Diplom-Physiker nicht unter den Anwendungsbereich der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz falle. Dagegen erhob der Kläger am 25. März 2002 Widerspruch. Aufgrund seiner Tätigkeiten habe er zu der Gruppe der anspruchsberechtigten Beschäftigten (Ingenieure, Konstrukteure) gehört. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung, dass der Kläger als Diplom-Physiker nicht berechtigt gewesen sei, den Titel eines Ingenieurs zu führen, zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 2. April 2003 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg: Er sei in seinem gesamten Berufsleben nicht entsprechend der Qualifikation als Diplom-Physiker, sondern als Konstrukteur tätig gewesen. Zwar sei er in dem VEB mit seiner Qualifikation als Diplom-Physiker eingestellt worden, da damals die Absicht bestanden habe, in dem Werk eine Forschungseinrichtung aufzubauen. Allerdings habe er sich zunächst mit einer Beschäftigung als Konstrukteur, der damals dringend gebraucht worden sei, zufrieden gegeben. Der Plan zum Aufbau der Forschungseinrichtung habe sich jedoch verzögert und sei schließlich vollständig aufgegeben worden. Aufgrund dessen sei er gewissermaßen in eine Konstrukteurlaufbahn hineingeraten und seine Qualifikation als Diplom-Physiker sei für seinen weiteren Berufsweg völlig bedeutungslos geworden. Dies zeige sich auch in seinem Veränderungsantrag, in dem per 1. September 1971 festgehalten sei, "bisher: Diplom-Physiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsabteilung, neu: Konstrukteur". Auch in der Folgezeit sei er weiterhin mit Konstruktionsaufgaben betraut gewesen. Zwischen 1968 und 1970 sei er vom Mitarbeiter zum Projektleiter (Kfz-Messtechnik und magnetische Registriertechnik) aufgestiegen. Von 1970 bis 1976 sei er Abteilungsleiter für Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von betrieblichen Mess- und Prüfmitteln, von 1976 bis 1977 Abteilungsleiter Kfz-Messtechnik, Konstruktion, von 1977 bis 1980 Hauptabteilungsleiter Technologie, von 1980 bis 1983 Direktor für Wissenschaft und Technik, von 1983 bis 1985 Konstruktions-Projektleiter Konsumgüter-Entwicklung, von 1985 bis 1987 Chef-Konstrukteur als Hauptabteilungsleiter Forschung und Entwicklung und schließlich von 1987 bis 1990 Chef-Konstrukteur als Hauptabteilungsleiter Sondergeräteentwicklung gewesen. Mithin komme es nicht darauf an, dass er berechtigt gewesen sei, den Titel eines Diplom-Physikers zu führen. Entscheidend sei vielmehr die von ihm ausgeübte Beschäftigung als Konstrukteur. Es habe in der DDR keinen universitären Studiengang oder sonstigen Ausbildungsgang gegeben, mit welchem man den Titel "Konstrukteur" habe erwerben können, auch nicht als Ingenieur, da der Begriff des Konstrukteurs eine reine Funktionsbezeichnung gewesen sei. Nur im Bereich des Maschinenbaus seien im Rahmen der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen in Betriebsschulen Konstrukteure aus Facharbeiterkadern fortgebildet worden. Ganz generell aber hätten sich die Konstrukteure in den übrigen Produktionszweigen ihre Qualifikation in den verschiedensten Ausbildungsgängen, aus denen sie hervorgegangen seien, nämlich sowohl aus Ingenieuren als auch aus Diplom-Physikern, Technikern, Statikern u. a. m., erworben. In seinem Beschäftigungsbetrieb seien Konstrukteure nur aus den Berufsbildern hervorgegangen, die die entsprechende Qualifikation für die Konstruktion derartiger Instrumente aus anderen Ausbildungsgängen mitgebracht hätten, was bei ihm als Physiker der Fall gewesen sei. Auch aus den von ihm überreichten 17 Patentschriften-Deckblättern sei ersichtlich, dass er als Konstrukteur tätig gewesen sei. Er habe in den leitenden Tätigkeiten seine Konstrukteurstätigkeit beibehalten, allerdings auf gehobener Ebene und mit erweitertem Verantwortungskreis, der sich auch auf andere Berufsgruppen, die nicht als Konstrukteure tätig gewesen seien, erstreckt habe. Soweit er am 30. Juni 1990 als Hauptabteilungsleiter tätig gewesen sei, habe dies zwar eine leitende Stellung bezeichnet. Zu deren Aufgaben habe es aber immer gehört, auch die Arbeit der unterstellten Konstrukteure zu kontrollieren, zu bewerten und ggf. zu korrigieren. Somit hätten die genannten Tätigkeiten immer auch die Qualifikation eines Konstrukteurs erfordert. Aufgrund dessen habe er bei den genannten leitenden Tätigkeitsbezeichnungen seine Konstrukteurstätigkeit beibehalten. Als Konstrukteur seien nur die Mitarbeiter bezeichnet worden, die keinerlei Leitungsbefugnis gehabt hätten. Es müsse mithin als Perversion der Logik angesehen werden, wolle man dem einfachen Konstrukteur ohne Eigenverantwortung die Zugehörigkeit zu der Gruppe der technischen Intelligenz zugestehen, jedoch die Personen, die in den Führungsebenen darüber mehr Verantwortung für Konstruktion und Konstrukteure getragen hätten, aus dieser Gruppe ausschließen. Ergänzend hat der Kläger Arbeitsverträge zu den Akten gereicht, wegen deren Einzelheiten auf Blatt 135 ff. der Gerichtsakten verwiesen wird.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger die Klage, auch den Zeitraum vom 6. November 1968 bis zum 31. August 1971 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit den entsprechenden Entgelten festzustellen, zurückgenommen. Zu seiner am 30. Juni 1990 ausgeübten Tätigkeit hat der Kläger erklärt, dass er eher anleitende Funktion ausgeübt habe. Er habe nur noch in besonderen Fällen selbst konstruiert. Hauptsächlich habe er koordinierende und anleitende Aufgaben gehabt.

Mit Urteil vom 16. August 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz erfülle. Der Titel als Diplom-Physiker stelle keine Qualifikation nach der 2. DB dar. Der Kläger sei zum 30. Juni 1990 auch nicht berechtigt gewesen, sich als Konstrukteur zu bezeichnen. Der Titel "Konstrukteur", wie er in der 2. DB benannt worden sei, sei tatsächlich in der DDR nicht zu erwerben gewesen. Aufgrund dessen laufe die Aufzählung "Konstrukteur" in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB ins Leere. Eine Ausnahme könne sich dann ergeben, wenn der Betroffene arbeitsrechtliche Unterlagen vorlege, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass er als Konstrukteur eingestellt worden sei und diese arbeitsvertragliche Abrede auch am 30. Juni 1990 noch bestanden habe. Am 30. Juni 1990 habe der Kläger keine Tätigkeit als Konstrukteur im eigentlichen Sinne verrichtet. Vielmehr habe er administrative Aufgaben gehabt und die ihm unterstehenden Mitarbeiter sowie deren Arbeit überwacht.

Gegen das ihm am 14. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Oktober 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Beschäftigungsgrundlage, aufgrund derer er als Konstrukteur gearbeitet habe, sei durch seine Beförderungen nicht geändert worden. Ohne seine Kenntnisse und Fähigkeiten im Konstruktionswesen habe er die einzelnen Beförderungsstufen gar nicht erlangen können. Auch habe er seine erlangten Führungsaufgaben ohne diese Kenntnisse nicht erfüllen können. Da es keinen Titel "Konstrukteur" gegeben habe, könne auch nicht verlangt werden, dass er die Berechtigung zum Führen eines solchen Titels gehabt haben müsse. Er habe die Aufgaben eines Konstrukteurs ausgeübt, indem er von 1971 bis zum 30. Juni 1990 Tätigkeiten verrichtet habe, welche die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Konstrukteurs erforderten; er sei also konkret im Rahmen dieses Berufsbildes beschäftigt gewesen und nicht etwa berufsfremd eingesetzt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. August 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. März 2003 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 1. September 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeitraum der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit den in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat zu dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft in das Verfahren eingeführt und die Privatisierungsunterlagen des Betriebes beigezogen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 7. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2003 den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den begehrten Zeitraum als Zugehörigkeitszeit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG – i.d.F.v. Art. 13 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007, BGBl. I, S. 3024) feststellen zu lassen, denn das AAÜG ist im Fall des Klägers nicht anwendbar.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).

Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.

Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).

I.

Der Senat ist zum einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom Bundessozialgericht behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des Bundessozialgerichts tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle durch Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom Bundessozialgericht vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R –, Rn. 19, Juris). Auch für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie fehlt es – wie noch auszuführen sein wird – an der erforderlichen Regelungslücke.

In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr. bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den Einigungsvertrag Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des Einigungsvertrages zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem Einigungsvertrag vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).

Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom Bundessozialgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des Bundessozialgerichts konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".

Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des Einigungsvertrages umfasst ist.

Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. –, Juris, Rdnr. 36).

Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das Bundessozialgericht der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 –, Juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.

Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.

Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):

"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."

Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das Bundesverfassungsgericht genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.

Aus diesen Gründen liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die möglicherweise im Wege einer Analogie zu schließen gewesen wäre.

II.

Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für

1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

In Anwendung dieser Maßstäbe hatte der Kläger am 1. August 1991 (an dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da keine der dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Soweit sich der Kläger zunächst auf seinen Abschluss als Diplom-Physiker berufen hat, erfüllt er bereits nicht die persönliche Voraussetzung. Während die VO-AVItech vor allem den allgemeinen Rahmen vorgibt, erfolgt die konkrete Ausgestaltung, welche nur teilweise zu justitiablem Bundesrecht geworden ist, in der 2. DB. Insoweit macht § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB deutlich, dass die "technische Intelligenz" – wie auch immer dieser Ausdruck in der DDR verstanden worden sein mag – nicht insgesamt erfasst wird, sondern innerhalb dieser sozialen Gruppe nur ganz bestimmte Professionen. Diese Norm benennt die Berufsgruppe der Diplom-Physiker nicht, also nicht die Gruppe, in die der Kläger auf Grund des ihm verliehenen akademischen Grades einzuordnen ist. Zu der ausdrücklich aufgeführten Gruppe der Ingenieure gehört der Kläger nicht. Insoweit verdeutlicht § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB, dass als "Ingenieure" nur solche Personen einbezogen wurden, die den "Titel eines Ingenieurs" hatten. Es musste also das Recht zur Führung des Titels "Ingenieur" bestanden haben (vgl hierzu grundsätzlich: BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R –, Juris). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger in Anwendung der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12. April 1962 (GBl. II, S. 278) dazu nicht berechtigt war.

Aber auch soweit der Kläger angibt, ab 1971 als Konstrukteur tätig gewesen zu sein, vermag er daraus keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz herzuleiten. Er war weder berechtigt, die Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen, noch war er am 30. Juni 1990 als solcher tätig. Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur führen zu dürfen, wurde nicht wie bei den Berufen Ingenieur und Techniker staatlich verliehen, sondern war durch die Wahrnehmung einer konkreten Arbeitsaufgabe in dem Arbeitsbereich Konstruktion bestimmt. Mangels eines spezifischen Berufsabschlusses und infolge der Anknüpfung der Berufsbezeichnung Konstrukteur an die tatsächlich wahrgenommene Arbeitsaufgabe überschneiden sich bei diesem Berufsbild die persönliche und die sachliche Voraussetzung für den fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage (so nam. BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 1/06 R –; Sächsisches LSG, Urteil vom 15. März 2005 – L 4 RA 500/04 –, Juris). Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen, knüpft danach maßgeblich an die Ausübung einer konstruktiven Tätigkeit an (Tätigkeitsbezeichnung). Von einer solchen Tätigkeit kann dann ausgegangen werden, wenn der Betreffende arbeitsrechtliche Unterlagen vorlegen kann, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass er als Konstrukteur eingestellt worden ist und diese arbeitsvertragliche Abrede auch noch am 30. Juni 1990 bestanden hat (vgl. BSG, a. a. O; Sächsisches LSG, a. a. O.).

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Der Kläger ist bereits nicht als Konstrukteur eingestellt worden. Vielmehr ist er ausweislich des Arbeitsvertrages vom 5. November 1968 als Diplom-Physiker/TK eingestellt worden. Dementsprechend ist auch in sämtlichen von dem Kläger zu den Gerichtsakten gereichten Veränderungen zum Arbeitsvertrag als Beruf des Klägers Diplom-Physiker aufgeführt. Aber auch soweit der Kläger darauf hinweist, dass er in der Folge als Konstrukteur beschäftigt worden sei, hat diese arbeitsvertragliche Abrede lediglich in der Zeit vom 1. September 1971 bis 31. Dezember 1973 bestanden. Danach war der Kläger nicht mehr als Konstrukteur, sondern als Gruppen- und Abteilungsleiter und Direktor für Wissenschaft und Technik und zuletzt am 30. Juni 1990 wiederum als Hauptabteilungsleiter tätig. Dies folgt aus den von dem Kläger zu den Akten gereichten Veränderungs-Anträgen und den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis. Den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis kommt insofern indizielle Wirkung zu. Zudem hat der Kläger selbst vorgetragen, dass er einen erweiterten Verantwortungskreis erhalten habe, der sich auch auf andere Berufsgruppen erstreckt habe, die keine Konstrukteure gewesen seien. Schließlich hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegeben, dass er als Abteilungsleiter oder Hauptabteilungsleiter hauptsächlich koordinierende und anleitende Aufgaben gehabt habe.

Soweit der Kläger dagegen meint, dass er allein aufgrund seiner Fähigkeiten als Konstrukteur in eine höherrangige Tätigkeit habe wechseln können, und deshalb jedenfalls nicht berufsfremd eingesetzt gewesen sei, führt auch dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Der Kläger verkennt, dass es keine Ausbildung als Konstrukteur gegeben hat, mithin kann er auch nicht aufgrund der erlernten Fähigkeiten eines Konstrukteurs in eine höherrangige Tätigkeit gewechselt sein. Wenn es den Titel Konstrukteur nicht gab, kann nur derjenige die sachliche Voraussetzung erfüllen, der am 30. Juni 1990 tatsächlich als Konstrukteur gearbeitet hat. Insofern knüpft die fiktive Einbeziehung der Konstrukteure in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz allein an die funktionelle Voraussetzung an. Soweit der Kläger demgegenüber darauf hinweist, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch Ingenieure, die nicht unmittelbar den Produktionsprozess gefördert hätten, auch in den Fällen einbezogen gewesen sein, in denen sie jedenfalls nicht berufsfremd eingesetzt worden seien, ist dies nicht auf Konstrukteure übertragbar. Die Frage, ob ein Ingenieur berufsfremd eingesetzt wurde, konnte sich nur stellen, weil im Rahmen der sachlichen Voraussetzung zu klären war, ob der Ingenieur entsprechend seines Titels eingesetzt war. Wenn aber die Einbeziehung des Konstrukteurs nicht an einen etwaigen Titel, sondern nur an die ausgeübte Tätigkeit anknüpft, ist im Rahmen der bei einer fiktiven Einbeziehung jedenfalls gebotenen engen formalen Auslegung allein an die konkret ausgeübte Tätigkeit anzuknüpfen. Denn die bundesrechtliche Auslegung des Begriffs der Konstrukteurstätigkeit erfordert, sich auf den engsten Begriff zu stützen, der Gegenstand der gesetzlichen Regelung gewesen sein kann, weil nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht wird. Um eine rechtsstaatlich zwingende Korrektur geht es nämlich nur bei der Prüfung, ob bundesrechtlich eine Versorgungszusage zu unterstellen ist, nicht hingegen um die Prüfung, ob bei der Unterlassung einer Versorgungszusage gerade von dem verbreitetsten Wortgebrauch im Wirtschaftsleben ausgegangen worden ist. Diese enge Betrachtungsweise findet zudem aber auch in § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB ihre Bestätigung, wonach auch Produktionsleiter, Abteilungsleiter und Leiter von produktionstechnischen Abteilungen, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers hatten, in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz einbezogen werden konnten. Dies zeigt, dass die Versorgungsordnung durchaus zwischen der Tätigkeit eines Konstrukteurs und der seines Vorgesetzten (Abteilungsleiters) differenziert hat.

Unabhängig davon liegt auch die betriebliche Voraussetzung – auch wenn die Beteiligten insofern davon ausgegangen sein mögen – nicht vor. Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5, S. 30). Dabei muss es sich um einen VEB gehandelt haben, der organisatorisch der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war (siehe BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 47).

Dabei muss der Senat nicht entscheiden, ob es sich bei dem. Ende Juni 1990 möglicherweise um eine "leere Hülle" gehandelt hat und welche Folgerungen daraus für die Frage zu ziehen sind, ob der Betrieb ein Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts war. Jedenfalls lassen die Umwandlungsunterlagen den Schluss zu, dass der Betrieb Ende Juni 1990 nicht mehr der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war.

Es ist schon zweifelhaft, ob es im Juni 1990 eine Planwirtschaft im Sinne des Art. 9 Abs. 3 der Verfassung der DDR (VerfDDR), auf die das Bundessozialgericht abstellt (siehe BSG, a. a. O., S. 42), überhaupt noch gab. Nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 VerfDDR war die Wirtschaft der DDR sozialistische Planwirtschaft. Darunter verstand man eine auf der Grundlage eines einheitlichen Planes durch den sozialistischen Staat gelenkte Wirtschaft (siehe Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus, Dietz-Verlag, Berlin 1989). Auch nach bundesdeutschem Verständnis sind Elemente einer Plan- oder Zentralverwaltungswirtschaft die Zentralisierung der (wesentlichen) Entscheidungen und das Vorhandenseins eines Gesamtplans (siehe Papier in Benda u. a., Handbuch des Verfassungsrechts, S. 611).

Im Juni 1990 existierte in der DDR aber einerseits das Leitungsorgan der sozialistischen Planwirtschaft nicht mehr und andererseits war auch der Gesamtplan außer Kraft gesetzt worden. Die Staatliche Plankommission (SPK), dessen Aufgabe die gesamtstaatliche Planung der Entwicklung der Volkswirtschaft und die Kontrolle der Durchführung der Pläne (siehe § 1 Abs. 1 des Statuts der staatlichen Plankommission vom 9. August 1973, GBl. DDR I, S. 417) gewesen war, wurde bereits im Januar 1990 aufgelöst (siehe Pkt. 5. des Beschlusses über die Gründung eines Wirtschaftskomitees des Ministerrates vom 18. Januar 1990, GBl. DDR I, S. 24). Mit Anordnung vom 14. März 1990 wurden zahlreiche Plananordnungen, darunter die Anordnung über den Fünfjahrplan 1986 - 1990, aufgehoben (Anordnung über die Aufhebung von Rechtsvorschriften auf den Gebieten der Planung und der Materialwirtschaft, GBl. DDR I, S. 187). Die auch die sozialistische Planwirtschaft kennzeichnenden Elemente einer Zentralverwaltungswirtschaft – zentrale Leitung und Gesamtplan – waren damit nicht mehr vorhanden. Außerdem hatte sich die DDR bereits mit dem Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 zur sozialen Marktwirtschaft bekannt (siehe dort Art. 1 Abs. 3) und sich verpflichtet, entgegenstehende Vorschriften der VerfDDR nicht mehr anzuwenden (Art. 2 Abs. 2; siehe Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Buchstabe A. Ziff. II. Nr. 3 des Gemeinsamen Protokolls über Leitsätze, wonach unternehmerische Entscheidungen frei von Planvorgaben zu sein hatten). Damit hatte sich die DDR von der zentral gelenkten Planwirtschaft verabschiedet (siehe Dornberger/Dornberger, DB 1990, S. 3007, 3008). Der Vertrag wurde mit Gesetz vom 21. Juni 1990 ratifiziert (Inkrafttreten mit Verkündung am 25. Juni 1990, GBl. DDR I, S. 331). Vor diesem Hintergrund kann bezweifelt werden, ob es am 30. Juni 1990, auf den das Bundessozialgericht ausdrücklich abstellt (BSG, a. a. O., S. 47), tatsächlich noch einen industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft gegeben hat.

Jedenfalls war der.ab dem Zeitpunkt, als er nach handelsrechtlichen Grundsätzen und damit nicht mehr nach den Bestimmungen der Rechnungsführung und Statistik (RuSt) bilanzierte, nicht mehr in das Planwirtschaftssystem der DDR eingebunden. Die durch die RuSt ermittelten Zahlen dienten nämlich der Leitung und Planung der Volkswirtschaft der DDR (§ 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Rechnungsführung und Statistik vom 11. Juli 1985, GBl. DDR I, S. 261) und damit einem anderen Zweck als eine handelsrechtliche Bilanzierung. Das System der RuSt entsprach den Erfordernissen einer zentralgeleiteten Wirtschaft, ein einheitliches Rechnungswesen in der gesamten Volkswirtschaft zu schaffen, das nicht nur die einzelnen Betriebe und Kombinate erfasste, sondern zugleich eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung darstellte (von Wysocki/Glaubig/Rammert/Wenzler, DB 1990, S. 945). Eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen der RuSt war somit erforderlich, um ablesen zu können, ob ein Betrieb seine Planvorgaben erreicht hatte. Bilanzierte er nicht mehr nach diesen Erfordernissen, waren gestellte Planvorgaben überflüssig, da die nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelten Ergebnisse für die Erfordernisse der sozialistischen Planwirtschaft nicht mehr verwertbar waren. Die Leitung des Betriebes entzog sich damit auch nicht eigenmächtig den Vorgaben der Planwirtschaft (zu den Aufgaben von Kombinatsbetrieben siehe § 6 Abs. 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (KombinatsVO 1979, GBl. DDR I, S. 355)), da die Betriebe nach § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (UmwVO, GBl. DDR I, S. 107) (zwingend) in Kapitalgesellschaften umzuwandeln und dazu bilanzrechtliche Vorgaben zu erfüllen waren (siehe § 4 Abs. 2 UmwVO).

Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass für den. zum 30. April 1990 eine Abschlussbilanz nach RuSt-Grundsätzen erstellt worden ist und zum 1. Mai 1990 eine Eröffnungsbilanz nach handelsrechtlichen Regelungen. Letztendlich dokumentierte die Betriebsleitung damit auch, nicht mehr in das planwirtschaftliche System der DDR (sofern dies überhaupt noch bestand) eingebunden zu sein, wobei der Betrieb die daraus folgenden Anforderungen wegen der Abkehr von der RuSt ohnehin nicht mehr erfüllen konnte, sondern der Verpflichtung des § 2 Abs. 1 UmwVO nachkommen wollte. Damit war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 nicht mehr organisatorisch der DDR-Planwirtschaft zugeordnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab.
Rechtskraft
Aus
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