Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 933/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 287/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2008 aufgehoben. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen eines Wegeunfalls vom 26. September 2004.
Der 1957 geborene Kläger war am Unfalltag mit dem Fahrrad unterwegs zu seiner Arbeitsstelle als Koch des Cafés S. Dabei geriet er mit dem Schnürsenkel in die Fahrradkette und stürzte auf die rechte Schulter. Er fuhr anschließend zu seiner Arbeitsstelle und arbeitete weiter. Erst am 28. September 2004 suchte er die H-Arzt-Praxis Dres. M, D und F auf. Im H-Arzt-Bericht vom gleichen Tage ist als Befund vermerkt: rechte Schulter, keine äußere Verletzung, Seit- und Vorheben 30°, AC-(Schultereck)-Gelenk frei, Druckschmerz, Oberarmkopf seitlich und Acromion. Die daraufhin veranlassten Röntgenaufnahmen der rechten Schulter ließen keine Fraktur erkennen. Arbeitsunfähigkeit bestand seit dem 28. September 2004.
Der Kläger gab im Unfallbericht (vom 12. Oktober 2004) an, er sei mit dem Fahrrad von seiner Wohnung auf dem üblichen Weg zum Café S gefahren, ohne diesen zu unterbrechen. Zur Vermeidung des Sturzes habe er versucht, vom Fahrrad wegzukommen, er habe jedoch mit dem Schnürsenkel in der Fahrradkette fest gehangen. Er habe außerdem eine Schürfwunde am rechten Knie erlitten. Trotz starker Schmerzen habe er dann noch bis 18.00 Uhr gearbeitet. Überkopfarbeiten habe er zuvor bereits in Form von Malerarbeiten (selbständiger Kunstmaler) ausgeführt.
Die am 06. Oktober 2004 durchgeführte Magnetresonanztomografie (MRT) zeigte einen Riss der Supraspinatussehne rechts mit Muskelretraktion, einen cranial dislozierten Humerkuskopf (Oberarmkopf), einen massiven Gelenkerguss, eine Tendovaginitis der Bizepssehne (Sehnenentzündung), eine Arthrose des Schultereckgelenks, eine Degeneration des Labrum glenoidale sowie osteochondrale degenerative Läsionen und Erosionen des lateralen Oberarmkopfes. Am 18. Oktober 2004 wurde die Rotatorenmanschettenruptur in den D-Kliniken B (stationär vom 18. bis zum 25. Oktober 2004) arthroskopisch behandelt. Eine histologische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Ausweislich des Operations (OP)-Berichtes vom 18. Oktober 2004 und des Berichtes vom 25. Oktober 2004 der D-Kliniken B wurde eine Rotatorenmanschettenruptur der Schulter rechts in Form einer typischen L-Ruptur festgestellt, die mit 3 Ankern fixiert wurde, außerdem wurde eine Akromioplastik der rechten Schulter vorgenommen. Die D-Kliniken B teilten in der Folge mit (Berichte vom 08. April und 08. Juni 2005), dass bei physiotherapeutischer Behandlung zunächst eine relativ gute schmerzfreie Beweglichkeit eingetreten sei. Nach einem plötzlichen Ereignis um die Weihnachtszeit seien wieder eine Verschlechterung der Beweglichkeit und vermehrte Beschwerden aufgetreten. Wegen der zunehmenden Beschwerden wurde am 27. Juni 2005 eine MRT des rechten Schultergelenks durchgeführt, die als Befunde eine Reruptur der Supraspinatussehne kapselansatznah, einen geringradigen Gelenkerguss glenohumeral, einen diskreten Kapselerguss, einen Humeruskopfhochstand, eine Omarthrose und eine Degeneration des Labrum glenoidale ergab. Daraufhin wurde am 28. Juli 2005 ein erneuter operativer Eingriff durchgeführt (stationär vom 28. Juli bis zum 02. August 2005). Ausweislich des Entlassungsbriefes der D-Kliniken B vom 02. August 2005 wurden als Diagnosen eine Reruptur der Rotatorenmanschette rechts sowie eine nichttraumatische Bizepssehnenruptur festgestellt.
Die Beklagte holte ein Vorerkrankungsverzeichnis von der T Betriebskrankenkasse (Beginn der Versicherung des Klägers mit Aufnahme des Arbeitsverhältnisses zum 01. September 2004) und ein fachchirurgisches Zusammenhangsgutachten von dem Chirurgen Dr. T vom 01. Juli 2005 ein. Im Rahmen der Begutachtung gab der Kläger ergänzend an, dass er wegen vieler Menschen, die am Unfalltag am Straßenrand die Läufer des B-Marathons angefeuert hätten, mit dem Fahrrad bremsen und einer Menschengruppe ausweichen musste. Er habe mit dem Fahrrad gestanden und habe gerade anfahren wollen, als sein Schnürsenkel in die Fahrradkette geraten sei, wodurch er die Balance verloren und mit angelegtem rechten Arm direkt auf die rechte Schulterkappe gefallen sei. Er habe keine Zeit gehabt, den Sturz mit den Händen abzufangen. Bis zu diesem Unfall habe er niemals Beschwerden an den Schultergelenken gehabt. Bei der Untersuchung wurde eine mäßiggradige Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks festgestellt. Der Schürzen- und Nackengriff war vorführbar. Der Röntgenbefund vom 20. Juni 2005 zeigte in der rechten Schulter einen Humeruskopfhochstand von 1 Film-cm, die Kontur des Glenoids war mäßiggradig degenera-tiv verändert, das AC-Gelenk zeigte deutliche Randkantenanbauten als Hinweis für degenerative Veränderungen. Das linke Schultergelenk zeigte ebenfalls mäßiggradige degenerative Veränderungen, jedoch waren am AC-Gelenk keine wesentlichen degenerativen Veränderungen erkennbar. Der Gutachter kam bei Abwägung der für und gegen eine traumatische Schädigung des rechten Schultergelenks sprechenden Umstände letztlich zu dem Ergebnis, dass das Unfallereignis nicht geeignet gewesen sei, eine traumatische Rotatorenmanschet-tenläsion am rechten Schultergelenk hervorzurufen. Unzweifelhaft sei es zu einem direkten Anpralltrauma des rechten Schultergelenkes gekommen. Jedoch sei ein ge-eigneter Hergang (Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Sehne des Supraspinatus) bei direkter Krafteinwirkung auf die Schulter (Sturz, Prellung, Schlag) nicht anzunehmen, da die Rotatorenmanschette durch Schulterhöhe (Acromion) und Deltamuskel gut geschützt sei (s. Schönberger/Mehrtens/Valentin, "Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 7. Auflage 2003, Seite 507). Zudem lägen degenerative Veränderungen am Schultergelenk vor (s. MRT vom 05. Oktober 2004).
Mit Bescheid vom 01. September 2005 erkannte die Beklagte das Ereignis sinngemäß als Arbeitsunfall an und stellte als dessen Folge eine Prellung der rechten Schulter und eine dadurch unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12. Oktober 2004 fest. Die weitere Behandlungsbedürftigkeit der Sehnenrisse gehe zu Lasten der Krankenkasse.
Den Widerspruch des Klägers, den dieser u. a. durch Bezugnahme auf einen Zwischenbericht vom 14. September 2005 des Operateurs Dr. D begründete, in dem dieser sein Unverständnis über die Nichtanerkennung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge äußerte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2005 unter Bezugnahme auf die Feststellungen von Dr. T als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht B (SG) Klage erhoben und vorgetragen, die Argumentation der Beklagten lasse jeglichen Vortrag über die behaupteten Vorschäden vermissen. Zudem wäre eine Einstandsverpflichtung der Beklagten auch dann gegeben, wenn sich durch das Unfallereignis lediglich eine Vorschädigung realisiert hätte. Der enge zeitliche Zusammenhang werde bescheinigt durch den Entlassungsbericht der D-Kliniken B vom 25. Oktober 2004. Abermals sei im Entlassungsbrief vom 02. August 2005 festgestellt worden, dass er sich die Rotatorenmanschettenruptur bei einem Fahrradsturz zugezogen habe. Auch für die Ärzte und Oberärzte des D-Klinikums sei es unverständlich, dass ein Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Rotatorenmanschettenruptur abgelehnt worden sei (Schreiben vom 14. September 2005).
Das SG hat ein fachorthopädisches Gutachten von Prof. Dr. N (erstellt unter Mitwirkung des Assistenzarztes R) vom 03. Januar 2007 eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger auf orthopädischem Gebiet eine operativ versorgte Rotatorenmanschettenruptur rechts und ein Hallux valgus beidseits bestünden. Die Rotatorenmanschettenruptur sei wahrscheinlich durch den Sturz und nicht durch die gering ausgeprägten degenerativen Vorschäden bedingt. Vor dem Unfall hätten keine Beschwerden oder Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten Schulter bestanden, so dass insoweit nicht von ausgeprägten degenerativen Veränderungen ausgegangen werden könne. In dem OP-Bericht von Herrn Dr. D vom 18. Oktober 2004 würden keine makroskopisch sichtbaren, degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette beschrieben. Auch seine Stellungnahme vom 14. September 2005 lasse vermuten, dass keine wesentlichen degenerativen Veränderungen vorgelegen hätten. Es könne daher von einer traumatischen Verletzung ausgegangen werden. Zwar sei der geschilderte Sturzmechanismus für eine Rotatorenmanschettenruptur eher untypisch (s. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., S. 503 ff.), allerdings seien diese Unfallhergänge für die Verursachung nicht beweisend, sondern lediglich geeignet. Die genauen Bewegungen der Schulter und des Armes könnten aufgrund der Plötzlichkeit des Ereignisses nicht mehr sicher nachvollzogen werden. Der Kläger habe bei genauer Befragung nicht sicher ausschließen können, ob es nicht doch im Sinne einer Reflexbewegung zu einem Abstützversuch gekom-men sei. Zwar nähmen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr die teilweisen Rupturen des Rotatorenmanschettengewebes zu, es bestünden unvollständige, meist gelenkseitige Teildefekte und Ausdünnungen des Sehnengewebes, jedoch bleibe ein symptomloser Defekt die Ausnahme. Die im MRT vom 06. Oktober 2004 und vom Gutachter Dr. T beschriebenen ausgeprägten degenerativen Veränderungen der rechten Schulter könnten auf den aktuellen Röntgenbildern nicht nachvollzogen werden. Eine Gewebeprobe zur histologischen Untersuchung sei intraoperativ nicht entnommen worden. Für eine traumatische Läsion sprächen folgende Aspekte: keine Vorerkrankungen oder Beschwerden im Bereich der rechten Schulter, im aktuellen Röntgenbild keine wesentlichen degenerativen Veränderungen, unmittelbar nach dem Sturz ausgeprägte Beschwerdesymptomatik mit unfallnahem Arztbesuch aufgrund der Beschwerden, intraoperativ leicht adaptierbare Sehne. Gegen die traumatische Läsion spreche lediglich der beschriebene Unfallhergang. Es werde jedoch nicht ausgeschlossen, dass reflektorisch eine Abstützbewegung durchgeführt worden sei.
Das SG hat in einem Erörterungstermin vom 29. Februar 2008 Herrn Dr. D als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat ausgeführt, dass im Alter von 46 Jahren degenerative Rotatorenmanschettenrupturen grundsätzlich nicht auftreten würden. Natürlich lägen in diesem Alter degenerative Veränderungen in geringem Ausmaß vor, so müsse es auch beim Kläger gewesen sein, da im OP-Bericht keine wesentlichen degenerativen Veränderungen vermerkt worden seien. Angesichts der fehlenden degenerativen Veränderungen wesentlichen Ausmaßes sei es für ihn als Operateur schon damals eindeutig gewesen, dass die Rotatorenmanschette aus traumatischer Ursache gerissen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. April 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01. September 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2005 verurteilt, die "operativ versorgte Rotatorenmanschettenruptur rechts" als Folge des Arbeitsunfalls vom 26. September 2004 anzuerkennen und dem Kläger über den 12. Oktober 2004 hinaus berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und Verletztengeld dem Grunde nach zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Rotatorenmanschettenruptur sei Folge des Wegeunfalls vom 26. September 2004. Dies ergebe sich zum einen aus den Ausführungen des Operateurs Dr. D in seinem Zwischenbericht vom 14. September 2005 und seiner Aussage im Erörterungstermin vom 29. Februar 2008, zum anderen aus dem Gutachten des Prof. Dr. N. Im vorliegenden Fall seien zwei mögliche Ursachen in ihrer Bedeutung gegeneinander abzuwägen gewesen, nämlich die von der Beklagten in den Vordergrund gerückten degenerativen Veränderungen und der Unfall, in dessen zeitlich naher Folge die Schulterbeschwerden aufgetreten seien. So habe Prof. Dr. N überzeugend ausgeführt, dass radiologisch gerade keine wesentlichen Veränderungen der Schulter vorgelegen hätten. Dasselbe habe Dr. D in seinem Zwischenbericht und in seiner Zeugenaussage begründet. Prof. Dr. N habe auch ausgeführt, dass ihm die im MRT vom 06. Oktober 2004 beschriebenen degenerativen Veränderungen so nicht nachvollziehbar seien. Darüber hinaus spreche für die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verursachung durch den Unfall auch der von Dr. N überzeugend beschriebene Umstand, dass auch bei Versicherten zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr symptomlose Defekte bei Partialrupturen, die in diesem Alter durchaus vorliegen könnten, die Ausnahme seien. Auch sei der Kläger vor dem Umfall völlig beschwerdefrei gewesen. Der Beklagten obliege der Nachweis, dass eine solche vorbestehende degenerative Ursache auch wirklich vorgelegen habe. Ließen sich zum Unfallereignis konkurrierende Ursachen nicht mit der nötigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachweisen, hätten sie bei der Ursachenbeurteilung außer Betracht zu bleiben. Die Ursächlichkeit eines nachgewiesenen Unfallereignisses könne die Beklagte nicht mit Vermutungen im Hinblick auf eine symptomlose vorbestehende und damit auch nicht nachweisbare Ruptur entkräften. Hiernach komme nur der Unfall als wesentliche Teilursache der Rotatorenmanschettenruptur in Frage, so dass diese als Unfallfolge anzuerkennen und zu entschädigen sei.
Zur Begründung ihrer gegen den Gerichtsbescheid erhobenen Berufung hat die Be-klagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Unfallchirurgen Prof. Dr. W vom 01. Juli 2008 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass die Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. N, es seien keine wesentlichen degenerativen Veränderungen erkennbar gewesen, nicht durch die Befunddokumentation gestützt sei. Am 06. Oktober 2004 sei die heute in der Medizin sensitivste Untersuchungsmöglichkeit für die Schulter durchgeführt worden. Diese habe einen Gelenkerguss, glenohumeral mit Ausbreitung in die Bursa subacromialis und Bursa subdeltoidea ergeben. Dies bedeute, dass eine breite Defektzone im Bereich der Rotatorenmanschette vorgelegen haben müsse. Folgerichtig werde auch eine komplette Durchtrennung der Supraspinatussehne beschrieben mit Retraktion des proximalen Muskelanteils. Eine Retraktion des Muskels sei zehn Tage nach dem Unfallereignis und nach einer traumatischen Läsion der Rotatorenmanschette nicht anzunehmen. Ein Zurückziehen des Muskels als Folge einer Läsion der Rotatorenmanschette finde sich häufig erst Wochen oder Monate nach einer traumatischen Einwirkung oder viel häufiger im Zusammenhang mit einem chronisch degenerativen Leiden. Passend zu diesen chronischen Veränderungen werde beschrieben, dass der Humeruskopf nach cranial verschoben erscheine. Dieses Höhertreten des Oberarmkopfes im Schulterhauptgelenk sei ebenfalls Folge eines chroni-schen Prozesses mit einer Imbalance der den Oberarmkopf führenden Muskulatur. Passend zur These der im Wesentlichen vorbestehenden degenerativen Veränderungen sei auch die Beschreibung im MRT-Befund, wo eine Arthrose im Schultereckgelenk mit Spangenbildung und eine signalintense Degeneration des ventralen und dorsalen Labrum glenoidale sowie osteochondrale degenerative Läsionen und Erosionen des lateralseitigen Humeruskopfes beschrieben werde. Dies sei im Urteil komplett negiert worden. Auch wenn im MRT-Befund von einer Ruptur gesprochen werde, bedeute dies nicht, dass es sich um ein traumatisch bedingtes Leiden handele. Mit Ruptur würden sowohl die degenerativ bedingte Kontinuitätsdurchtrennung (Durchscheuern) der Sehne wie auch der traumatisch bedingte Riss bezeichnet.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B vom 10. April 2008 aufzuhe-ben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Auf Anforderung des Senats hat Prof. Dr. N (Dr. B) unter dem 30. Januar 2009 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben und darin an seiner Kausalitätsbeurteilung festgehalten. Unter Berücksichtigung des OP-Befundes sei es ohne größere Mühe gelungen, die gesamte Sehnenkappe zu mobilisieren und ohne wesentlichen Zug die Defektdeckung durchzuführen. Bei einer lange Zeit bestehenden Retraktion des Muskels mit begleitender Atrophie sei eine Refixation des rupturierten Sehnenanteils oft nicht mehr möglich. Entgegen der Auffassung des Beratungsarztes Prof. Dr. W gebe es keinen Grund, warum ein rupturierter Muskel sich nicht sofort zurückziehe. Das Zurückziehen des Muskels sei seine eigentliche Aufgabe, um eine muskuläre Funktion auszuführen. Fehle die Insertion am Knochen, wie beim Riss der Rotatorenmanschette, komme es automatisch zur Retraktion. Des Weiteren spreche für das Vorliegen einer akuten Ruptur, dass der Muskel selbst im MRT keine fettige Atrophie aufgewiesen habe, die auf eine längere Zeit bestehende Funktionslosigkeit hinweisen würde. Die Kranialisierung des Humeruskopfes und die Arthrose des AC-Gelenkes stellten tatsächlich einen möglichen Vorschaden dar, seien jedoch nicht von so hoher Bedeutung, wie die nicht vorhandene fettige Atrophie und die intraoperative Befunddokumentation mit der leicht mobilisierbaren Sehne. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien könne der nicht geeignete Unfallmechanismus nicht allein zur Verneinung einer traumatischen Ruptur herangezogen werden.
Die Beklagte hat unter Einreichung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. W vom 23. April 2009 ausgeführt, der Einwand von Prof. Dr. N dass sich auch bei einer traumatischen Sehnenruptur ein Muskel zeitnah zurückziehen könne, sei zwar für eine ganze Reihe Muskeln richtig. Bei der Rotatorenmanschette mündeten die Muskeln jedoch in einen Sehnenspiegel, der auch hier nicht vollständig zerrissen gewesen sei. Eine Muskelretraktion im Bereich der Rotatorenmanschette stelle sich immer als chronischer Prozess dar. Die Beklagte hat sich zudem auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden Württemberg vom 10. März 2008 (L 1 U 2511/07) gestützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts über den 12. Oktober 2004 hinaus keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach §§ 26 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) werden Heilbehandlung und Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig bzw. behandlungsbedürftig ist oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).
Für die Anerkennung von Unfallfolgen und die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist erforderlich, dass sowohl zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis als auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit – ausreicht (BSG SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 m. w. N.). Anders als nach der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie, nach der jedes Ereignis, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele, als Ursa-che des Erfolges gilt, erfolgt im Sozialrecht die Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsscha-dens abgeleitet werden (vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 SGB VII Nr. 15 und vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, a. a. O.). Da es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben kann, ist für die Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Hierbei ist "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSG, SozR Nr. 27 und Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Anm. 1.5.2). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhan-denen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslö-sung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei Abwägung aller Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung des Gerichts gegründet werden kann (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 12. April 2005 a. a. O.).
Gesichtspunkte für die Beurteilung der Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte (vgl. BSG, SozR 2200 § 548 RVO Nr. 4; SozR 4-2200 § 589 RVO Nr. 1). Hierbei hat die Kausalitätsbeurteilung auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes unter Berücksichtigung der Fachbücher und Standardwerke zur Begutachtung zu erfolgen, d. h. es ist zu prüfen, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen sind (vgl. BSG, SozR 3850 § 51 BSeuchG Nr. 9; SozR 1500 § 128 SGG Nr. 31; SozR 3-3850 § 52 BSeuchG Nr. 1; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 3.3.4.3).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweisen sich die angefochtenen Bescheide der Beklagten, in denen eine Prellung der rechten Schulter als Folge des Arbeitsunfalls vom 26. September 2004 und eine dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12. Oktober 2004 anerkannt worden ist, als rechtmäßig.
Zur Überzeugung des Senats ist es jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass bei dem Kläger die weitergehende Gesundheitsstörung in Form einer Rotatorenmanschettenruptur (Supraspinatussehnenruptur) auf den Arbeitsunfall vom 26. September 2004 zurückzuführen ist. Vorliegend kommt die Prellung der Schulter nur als einer von mehreren Auslösern für eine Rotatorenmanschettenruptur in Betracht. So ergibt sich aus dem vom H-Arzt erhobenen Erstbefund keine typische Symptomatik einer Supraspinatussehnenruptur, weshalb er auch eine solche Diagnose in seinem Bericht vom 28. September 2004 nicht gestellt hatte. Ein sofortiges Schmerzmaximum im Bereich der rechten Schulter und ein typischer schmerzhafter Bogen wurden nicht be-schrieben, sondern lediglich ein Druckschmerz. Auch ist beim Kläger unmittelbar nach dem Unfall kein so genanntes droparm-Syndrom (Fallarm) festgestellt worden, das beim unfallbedingten plötzlichen Kontinuitätsverlust typisch ist. Ferner fehlt es an ausreichenden Nachweisen einer für einen Sehnenriss geeigneten frischen Gewalteinwirkung auf die rechte Schulter durch den Sturz. Im Rahmen der Erstuntersuchung waren zudem keine direkten Weichteilverletzungen, Verschwellungen, Hautabschürfungen, Prellmarken oder Hämatome als Verletzungszeichen im Bereich der rechten Schulter erkennbar. Eine Fraktur im Bereich der rechten Schulter konnte röntgenolo-gisch ausgeschlossen werden. Unfallbedingte Verletzungen der Rotatorenmanschette führen jedoch in der Regel zu Begleitverletzungen im Bereich des Tuberculum majus, des Schulterdaches, der Schulterpfanne oder der langen Bizepssehne (vgl. zu allem Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.3. und 8.2.5.6 sowie M. L. Han-sis und F. Mehrhoff, Rupturen der Rotatorenmanschette – traumatische und nicht-traumatische Zusammenhangstrennungen in "Die BG" 2000, 98, 99 f). Gegen einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss spricht schließlich, dass der Kläger zunächst weitergearbeitet und sich nicht sofort, sondern erst zwei Tage nach dem Unfall bei einem Arzt vorgestellt hatte. Vor allem aber war der Unfallhergang nicht geeignet, die Verletzung der Supraspinatussehne zu verursachen, wie der Gutachter im Verwaltungsverfahren Dr. T in seinem Gutachten vom 01. Juli 2005, aber auch der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. N(Assistenzarzt R) in seinem Gutachten vom 03. Januar 2007 in Überein-stimmung mit der unfallmedizinischen Literatur festgestellt haben. Der Kläger hat zum Unfallhergang gegenüber dem Gutachter Dr. T angegeben, er habe mit dem Fahrrad gestanden und gerade anfahren wollen, als sein Schnürsenkel in die Fahrradkette geraten sei, wodurch er die Balance verloren und mit angelegtem rechten Arm direkt auf die rechte Schulterkappe gefallen sei. Er habe keine Zeit gehabt, den Sturz mit den Händen abzufangen. Nach der unfallmedizinischen Literatur ist die direkte Kraft-einwirkung auf die Schulter durch einen Sturz, eine Prellung oder einen Schlag ein ungeeigneter Unfallhergang, da die Rotatorenmanschette durch die Schulterhöhe (Acromion) und den Deltamuskel gut geschützt ist. Ein isolierter, ausschließlich traumatischer Supraspinatussehnenriss ist nicht möglich. Selbst die fortgeleitete Krafteinwirkung bei seitlicher oder vorwärts geführter Armhaltung (Stauchung), wie sie Prof. Dr. N(Assistenzarzt R) in seinem Gutachten zu Gunsten des Klägers unterstellt hat, wür-de einen ungeeigneten Unfallhergang darstellen (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valen-tin, a. a. O., Anm. 8.2.5.2).
Allein der Umstand, dass der Kläger völlige Beschwerdefreiheit vor dem Umfall angegeben hat und bei ihm mangels histologischer Untersuchung und/oder entsprechender Erwähnung im OP-Bericht Vorschäden in Form von älteren Einrissen bzw. Schä-den an der Supraspinatssehne wie Auffaserungen, Teildefekte und Ausdünnungen nicht zweifelsfrei dokumentiert sind, lässt nicht den Schluss zu, dass die Rotatorenmanschettenruptur auf den Arbeits(Wege-)unfall zurückzuführen ist. Der Gutachter Dr. T hat in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.1 ff; M. L. Hansis und F. Mehrhoff, a. a. O.) dazu ausgeführt, dass die Rotatorenmanschette in hohem Maß der Degeneration unterliegt, d. h. an ihr ein die altersentsprechende Norm deutlich übersteigender Zustand festzustellen ist. Diese Degeneration verläuft häufig still und wird vom Betroffe-nen daher zunächst nicht bemerkt. Im hier zu beurteilenden Fall waren beim Kläger trotz der angegebenen völligen Beschwerdefreiheit erhebliche degenerative Verände-rungen des rechten Schultergelenks nachzuweisen. Die zeitnah zum Unfallgeschehen durchgeführte MRT vom 06. Oktober 2004 (Dr. T) ergab einen nach cranial dislozier-ten Humeruskopf, eine Arthrose im AC-Gelenk mit Spangenbildung, eine ventrale und dorsale Degeneration des Labrum glenoidale sowie osteochondrale degenerative Lä-sionen und Erosionen des lateralen Oberarmkopfes. Auch der nach der ersten arthroskopischen OP erhobene Röntgenbefund vom 20. Juni 2005 zeigte in der rech-ten Schulter noch einen Humeruskopfhochstand von 1 Film-cm, eine mäßiggradig de-generativ veränderte Kontur des Glenoids und deutliche Randkantenanbauten des AC-Gelenks. Der vergleichende Röntgenbefund des linken Arms und Schultergelenks wies einen degenerativen Befund in Form eines Hochstandes des Humeruskopfes und einer mäßiggradigen degenerativen Veränderung des Glenoids, wenn auch in wesentlich geringerem Ausmaß als rechts, auf. Aus dem MRT-Bericht vom 27. Juni 2005 (Dr. T) ergeben sich ebenfalls deutliche Degenerationszeichen in Form eines Humeruskopfhochstandes, einer Omarthrose und einer Degeneration des Labrum glenoidale. Die in den genannten Befunden, vor allem im MRT vom 06. Oktober 2004 beschriebenen massiven Veränderungen am rechten Schultereckgelenk (Enge des subacrominalen Raumes) führen nach medizinischer Erfahrung zu einer degenerativen substanziellen Verdünnung der in diesem Raum verlaufenden Supraspinatussehne. Insbesondere das eindeutig festzustellende Höhertreten des Humeruskopfes spricht für eine zum Zeitpunkt des Unfalls bereits vorhandene Insuffizienz der Supraspinatussehne (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.6). Letztlich verdeutlichen auch die operativen Maßnahmen bei der Arthroskopie am 18. Oktober 2004 den fortgeschrittenen Verschleißzustand. So musste laut dem OP-Bericht neben der Befestigung der Sehne zum einen subacrominales Gewebe (Teilresektion des vorderen acromialen Anteils auf ca. 6/7 mm Tiefe) entfernt und zum anderen eine Acromioplastik (Erweiterung des Schulterdaches) durchgeführt werden. Schließlich deutet die Verwendung des Begriffes Ruptur oder Riss nicht zwingend auf eine traumatische Verursachung des Defektes hin, diese Begriffe werden meist synonym sowohl für traumatisch wie auch für degenerativ verursache Schäden der Supraspinatussehne gebraucht.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände vermag der Senat der vom Sachverständigen Prof. Dr. N(Assistenzarzt R) im Gutachten vom 03. Januar 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 30. Januar 2009 und der vom Operateur Dr. D vertretenen Auffassung zur traumatischen Genese des Supraspinatussehnenrisses, auf die sich das SG bei seiner Entscheidung im Wesentlichen gestützt hat, nicht zu folgen. So ist Dr. D nicht mit einer umfassenden Zusammenhangsbeurteilung beauftragt gewesen. Er hat eine Beurteilung ausgehend von der Unfallschilderung des Klägers und der OP-Situation, jedoch ohne Kenntnis aller vorliegenden Befunde und ohne Abwägung möglicherweise konkurrierender Umstände vorgenommen. Soweit Prof. Dr. N in seinem Gutachten vom 03. Januar 2007 eine traumatische Genese des Supraspinatusseh-nenrisses vor allem darauf gestützt hat, dass im Hinblick auf den Röntgenbefund vom 06. Oktober 2006 (Dr. H) wesentliche vorbestehende degenerative Veränderungen nicht erwiesen seien, verkennt er, dass es sich hierbei nicht um einen überzeugenden Beleg für unauffällige Gelenksverhältnisse handeln kann. Denn der Röntgenbefund vom 06. Oktober 2006 stellt einen Zustand nach zweimaliger Rotatorenmanschetten-OP dar und erreicht mithin nicht die Aussagekraft des MRT-Erstbefundes vom 06. Oktober 2004 mit den beschriebenen degenerativen Veränderungen im Bereich des Schultereckgelenkes. Der Sachverständige hat sich im Gutachten mit den früheren bildgebenden Befunden überhaupt nicht auseinandergesetzt, weil ihm die Original-Aufnahmen vom Kläger anscheinend nicht vorgelegt worden waren. Ein intensive Auseinandersetzung mit den ausgeprägten Degenerationszeichen in den zeitnah zum Unfallgeschehen erhobenen bildgebenden Befunden ist auch der im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 30. Januar 2009 (Prof. Dr. N/Dr. B) nicht zu entnehmen, in der nunmehr Degenerationszeichen in Form einer Cranialisierung des Humerkuskopfes und einer Arthrose des AC-Gelenkes beschrieben werden.
Nicht in ihrer Allgemeinheit zutreffend sind zudem die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N (Dr. B) und des Operateurs Dr. D, dass im Alter von 46 Jahren degenerative Rotatorenmanschettenrupturen grundsätzlich nicht auftreten würden und symptomlose Defekte bei degenerativen Partialrupturen hier die Ausnahme seien. Vielmehr nehmen bereits zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr die teilweisen Rupturen des Rotatorenmanschettengewebes zu und es kommt dadurch zu Teildefekten und Ausdünnungen des Sehnengewebes (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.1).
Der Senat verkennt nicht, dass auch Umstände vorliegen, die für eine traumatische Verursachung sprechen. So hat insbesondere der MRT-Befund vom 06. Oktober 2004 eine Retraktion des Muskelanteils der Supraspinatussehne und einen ausgeprägten intraartikulären Erguss ergeben, auch konnte ausweislich des OP-Berichts vom 18. Oktober 2004 die Sehnenkappe leicht gefasst und mobilisiert werden, so dass der Defekt ohne wesentlichen Zug gedeckt werden konnte. Dies alles mag für eine frische Schädigung des rechten Schultergelenkes sprechen, wie auch der von der Beklagten beauftragte Gutachter Dr. T eingeräumt hat. Unabhängig von der Frage, dass die Gutachter die Retraktion des Muskelanteils der Supraspinatussehne und die leichte Fassbarkeit und Mobilisierbarkeit der Sehnenkappe unterschiedlich bewertet und gewichtet haben, führen sie unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze nicht dazu, von einer traumatisch bedingten Ruptur der Supraspinatussehne auszu-gehen. Vielmehr sind diese Umstände mit den dagegen sprechenden Umständen, insbesondere des sicher ungeeigneten Unfallhergangs und der bei dem Kläger beste-henden unfallunabhängigen erheblichen degenerativen Veränderungen am Schultergelenk abzuwägen. Wie der Gutachter Dr. T unter Hinweis auf die unfallmedizinische Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.1) zutreffend aus-geführt hat, sind bei der Begutachtung von Sehnenrupturen spontane, pathologische und traumatische Rupturen zu trennen. Bei der spontanen Ruptur handelt es sich um den - rein - degenerativen Manschettendefekt, der beim Kläger nicht vorliegt. Eine pathologische Rotatorenmanschettenruptur liegt demgegenüber vor, wenn die Reiß-festigkeit der Sehne durch Vorschäden bereits herabgesetzt war und eine zusätzliche Verletzung vorliegt. Die unfallbedingte Verletzung der Rotatorenmanschette schließlich führt in der Regel zu Begleitverletzungen. Unter Berücksichtigung der unfallunab-hängig bestehenden degenerativen Veränderungen am Schultergelenk und der durch den Fahrradsturz erlittenen Schulterprellung bei gleichzeitigem Fehlen der für eine unfallbedingte Verletzung sprechenden typischen Begleitverletzungen ist nach dieser Einteilung von einer pathologischen Rotatorenmanschettenruptur auszugehen. Der Fahrradsturz stellt sich demnach nur als ein möglicher Auslöser, nicht jedoch als Ursache der Rotatorenmanschettenruptur i. S. d. Theorie von der wesentlichen Bedin-gung dar.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2008 war daher aufzu-heben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen eines Wegeunfalls vom 26. September 2004.
Der 1957 geborene Kläger war am Unfalltag mit dem Fahrrad unterwegs zu seiner Arbeitsstelle als Koch des Cafés S. Dabei geriet er mit dem Schnürsenkel in die Fahrradkette und stürzte auf die rechte Schulter. Er fuhr anschließend zu seiner Arbeitsstelle und arbeitete weiter. Erst am 28. September 2004 suchte er die H-Arzt-Praxis Dres. M, D und F auf. Im H-Arzt-Bericht vom gleichen Tage ist als Befund vermerkt: rechte Schulter, keine äußere Verletzung, Seit- und Vorheben 30°, AC-(Schultereck)-Gelenk frei, Druckschmerz, Oberarmkopf seitlich und Acromion. Die daraufhin veranlassten Röntgenaufnahmen der rechten Schulter ließen keine Fraktur erkennen. Arbeitsunfähigkeit bestand seit dem 28. September 2004.
Der Kläger gab im Unfallbericht (vom 12. Oktober 2004) an, er sei mit dem Fahrrad von seiner Wohnung auf dem üblichen Weg zum Café S gefahren, ohne diesen zu unterbrechen. Zur Vermeidung des Sturzes habe er versucht, vom Fahrrad wegzukommen, er habe jedoch mit dem Schnürsenkel in der Fahrradkette fest gehangen. Er habe außerdem eine Schürfwunde am rechten Knie erlitten. Trotz starker Schmerzen habe er dann noch bis 18.00 Uhr gearbeitet. Überkopfarbeiten habe er zuvor bereits in Form von Malerarbeiten (selbständiger Kunstmaler) ausgeführt.
Die am 06. Oktober 2004 durchgeführte Magnetresonanztomografie (MRT) zeigte einen Riss der Supraspinatussehne rechts mit Muskelretraktion, einen cranial dislozierten Humerkuskopf (Oberarmkopf), einen massiven Gelenkerguss, eine Tendovaginitis der Bizepssehne (Sehnenentzündung), eine Arthrose des Schultereckgelenks, eine Degeneration des Labrum glenoidale sowie osteochondrale degenerative Läsionen und Erosionen des lateralen Oberarmkopfes. Am 18. Oktober 2004 wurde die Rotatorenmanschettenruptur in den D-Kliniken B (stationär vom 18. bis zum 25. Oktober 2004) arthroskopisch behandelt. Eine histologische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Ausweislich des Operations (OP)-Berichtes vom 18. Oktober 2004 und des Berichtes vom 25. Oktober 2004 der D-Kliniken B wurde eine Rotatorenmanschettenruptur der Schulter rechts in Form einer typischen L-Ruptur festgestellt, die mit 3 Ankern fixiert wurde, außerdem wurde eine Akromioplastik der rechten Schulter vorgenommen. Die D-Kliniken B teilten in der Folge mit (Berichte vom 08. April und 08. Juni 2005), dass bei physiotherapeutischer Behandlung zunächst eine relativ gute schmerzfreie Beweglichkeit eingetreten sei. Nach einem plötzlichen Ereignis um die Weihnachtszeit seien wieder eine Verschlechterung der Beweglichkeit und vermehrte Beschwerden aufgetreten. Wegen der zunehmenden Beschwerden wurde am 27. Juni 2005 eine MRT des rechten Schultergelenks durchgeführt, die als Befunde eine Reruptur der Supraspinatussehne kapselansatznah, einen geringradigen Gelenkerguss glenohumeral, einen diskreten Kapselerguss, einen Humeruskopfhochstand, eine Omarthrose und eine Degeneration des Labrum glenoidale ergab. Daraufhin wurde am 28. Juli 2005 ein erneuter operativer Eingriff durchgeführt (stationär vom 28. Juli bis zum 02. August 2005). Ausweislich des Entlassungsbriefes der D-Kliniken B vom 02. August 2005 wurden als Diagnosen eine Reruptur der Rotatorenmanschette rechts sowie eine nichttraumatische Bizepssehnenruptur festgestellt.
Die Beklagte holte ein Vorerkrankungsverzeichnis von der T Betriebskrankenkasse (Beginn der Versicherung des Klägers mit Aufnahme des Arbeitsverhältnisses zum 01. September 2004) und ein fachchirurgisches Zusammenhangsgutachten von dem Chirurgen Dr. T vom 01. Juli 2005 ein. Im Rahmen der Begutachtung gab der Kläger ergänzend an, dass er wegen vieler Menschen, die am Unfalltag am Straßenrand die Läufer des B-Marathons angefeuert hätten, mit dem Fahrrad bremsen und einer Menschengruppe ausweichen musste. Er habe mit dem Fahrrad gestanden und habe gerade anfahren wollen, als sein Schnürsenkel in die Fahrradkette geraten sei, wodurch er die Balance verloren und mit angelegtem rechten Arm direkt auf die rechte Schulterkappe gefallen sei. Er habe keine Zeit gehabt, den Sturz mit den Händen abzufangen. Bis zu diesem Unfall habe er niemals Beschwerden an den Schultergelenken gehabt. Bei der Untersuchung wurde eine mäßiggradige Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks festgestellt. Der Schürzen- und Nackengriff war vorführbar. Der Röntgenbefund vom 20. Juni 2005 zeigte in der rechten Schulter einen Humeruskopfhochstand von 1 Film-cm, die Kontur des Glenoids war mäßiggradig degenera-tiv verändert, das AC-Gelenk zeigte deutliche Randkantenanbauten als Hinweis für degenerative Veränderungen. Das linke Schultergelenk zeigte ebenfalls mäßiggradige degenerative Veränderungen, jedoch waren am AC-Gelenk keine wesentlichen degenerativen Veränderungen erkennbar. Der Gutachter kam bei Abwägung der für und gegen eine traumatische Schädigung des rechten Schultergelenks sprechenden Umstände letztlich zu dem Ergebnis, dass das Unfallereignis nicht geeignet gewesen sei, eine traumatische Rotatorenmanschet-tenläsion am rechten Schultergelenk hervorzurufen. Unzweifelhaft sei es zu einem direkten Anpralltrauma des rechten Schultergelenkes gekommen. Jedoch sei ein ge-eigneter Hergang (Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Sehne des Supraspinatus) bei direkter Krafteinwirkung auf die Schulter (Sturz, Prellung, Schlag) nicht anzunehmen, da die Rotatorenmanschette durch Schulterhöhe (Acromion) und Deltamuskel gut geschützt sei (s. Schönberger/Mehrtens/Valentin, "Arbeitsunfall und Berufskrankheit", 7. Auflage 2003, Seite 507). Zudem lägen degenerative Veränderungen am Schultergelenk vor (s. MRT vom 05. Oktober 2004).
Mit Bescheid vom 01. September 2005 erkannte die Beklagte das Ereignis sinngemäß als Arbeitsunfall an und stellte als dessen Folge eine Prellung der rechten Schulter und eine dadurch unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12. Oktober 2004 fest. Die weitere Behandlungsbedürftigkeit der Sehnenrisse gehe zu Lasten der Krankenkasse.
Den Widerspruch des Klägers, den dieser u. a. durch Bezugnahme auf einen Zwischenbericht vom 14. September 2005 des Operateurs Dr. D begründete, in dem dieser sein Unverständnis über die Nichtanerkennung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge äußerte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2005 unter Bezugnahme auf die Feststellungen von Dr. T als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht B (SG) Klage erhoben und vorgetragen, die Argumentation der Beklagten lasse jeglichen Vortrag über die behaupteten Vorschäden vermissen. Zudem wäre eine Einstandsverpflichtung der Beklagten auch dann gegeben, wenn sich durch das Unfallereignis lediglich eine Vorschädigung realisiert hätte. Der enge zeitliche Zusammenhang werde bescheinigt durch den Entlassungsbericht der D-Kliniken B vom 25. Oktober 2004. Abermals sei im Entlassungsbrief vom 02. August 2005 festgestellt worden, dass er sich die Rotatorenmanschettenruptur bei einem Fahrradsturz zugezogen habe. Auch für die Ärzte und Oberärzte des D-Klinikums sei es unverständlich, dass ein Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Rotatorenmanschettenruptur abgelehnt worden sei (Schreiben vom 14. September 2005).
Das SG hat ein fachorthopädisches Gutachten von Prof. Dr. N (erstellt unter Mitwirkung des Assistenzarztes R) vom 03. Januar 2007 eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger auf orthopädischem Gebiet eine operativ versorgte Rotatorenmanschettenruptur rechts und ein Hallux valgus beidseits bestünden. Die Rotatorenmanschettenruptur sei wahrscheinlich durch den Sturz und nicht durch die gering ausgeprägten degenerativen Vorschäden bedingt. Vor dem Unfall hätten keine Beschwerden oder Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten Schulter bestanden, so dass insoweit nicht von ausgeprägten degenerativen Veränderungen ausgegangen werden könne. In dem OP-Bericht von Herrn Dr. D vom 18. Oktober 2004 würden keine makroskopisch sichtbaren, degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette beschrieben. Auch seine Stellungnahme vom 14. September 2005 lasse vermuten, dass keine wesentlichen degenerativen Veränderungen vorgelegen hätten. Es könne daher von einer traumatischen Verletzung ausgegangen werden. Zwar sei der geschilderte Sturzmechanismus für eine Rotatorenmanschettenruptur eher untypisch (s. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., S. 503 ff.), allerdings seien diese Unfallhergänge für die Verursachung nicht beweisend, sondern lediglich geeignet. Die genauen Bewegungen der Schulter und des Armes könnten aufgrund der Plötzlichkeit des Ereignisses nicht mehr sicher nachvollzogen werden. Der Kläger habe bei genauer Befragung nicht sicher ausschließen können, ob es nicht doch im Sinne einer Reflexbewegung zu einem Abstützversuch gekom-men sei. Zwar nähmen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr die teilweisen Rupturen des Rotatorenmanschettengewebes zu, es bestünden unvollständige, meist gelenkseitige Teildefekte und Ausdünnungen des Sehnengewebes, jedoch bleibe ein symptomloser Defekt die Ausnahme. Die im MRT vom 06. Oktober 2004 und vom Gutachter Dr. T beschriebenen ausgeprägten degenerativen Veränderungen der rechten Schulter könnten auf den aktuellen Röntgenbildern nicht nachvollzogen werden. Eine Gewebeprobe zur histologischen Untersuchung sei intraoperativ nicht entnommen worden. Für eine traumatische Läsion sprächen folgende Aspekte: keine Vorerkrankungen oder Beschwerden im Bereich der rechten Schulter, im aktuellen Röntgenbild keine wesentlichen degenerativen Veränderungen, unmittelbar nach dem Sturz ausgeprägte Beschwerdesymptomatik mit unfallnahem Arztbesuch aufgrund der Beschwerden, intraoperativ leicht adaptierbare Sehne. Gegen die traumatische Läsion spreche lediglich der beschriebene Unfallhergang. Es werde jedoch nicht ausgeschlossen, dass reflektorisch eine Abstützbewegung durchgeführt worden sei.
Das SG hat in einem Erörterungstermin vom 29. Februar 2008 Herrn Dr. D als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat ausgeführt, dass im Alter von 46 Jahren degenerative Rotatorenmanschettenrupturen grundsätzlich nicht auftreten würden. Natürlich lägen in diesem Alter degenerative Veränderungen in geringem Ausmaß vor, so müsse es auch beim Kläger gewesen sein, da im OP-Bericht keine wesentlichen degenerativen Veränderungen vermerkt worden seien. Angesichts der fehlenden degenerativen Veränderungen wesentlichen Ausmaßes sei es für ihn als Operateur schon damals eindeutig gewesen, dass die Rotatorenmanschette aus traumatischer Ursache gerissen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. April 2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01. September 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2005 verurteilt, die "operativ versorgte Rotatorenmanschettenruptur rechts" als Folge des Arbeitsunfalls vom 26. September 2004 anzuerkennen und dem Kläger über den 12. Oktober 2004 hinaus berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und Verletztengeld dem Grunde nach zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Rotatorenmanschettenruptur sei Folge des Wegeunfalls vom 26. September 2004. Dies ergebe sich zum einen aus den Ausführungen des Operateurs Dr. D in seinem Zwischenbericht vom 14. September 2005 und seiner Aussage im Erörterungstermin vom 29. Februar 2008, zum anderen aus dem Gutachten des Prof. Dr. N. Im vorliegenden Fall seien zwei mögliche Ursachen in ihrer Bedeutung gegeneinander abzuwägen gewesen, nämlich die von der Beklagten in den Vordergrund gerückten degenerativen Veränderungen und der Unfall, in dessen zeitlich naher Folge die Schulterbeschwerden aufgetreten seien. So habe Prof. Dr. N überzeugend ausgeführt, dass radiologisch gerade keine wesentlichen Veränderungen der Schulter vorgelegen hätten. Dasselbe habe Dr. D in seinem Zwischenbericht und in seiner Zeugenaussage begründet. Prof. Dr. N habe auch ausgeführt, dass ihm die im MRT vom 06. Oktober 2004 beschriebenen degenerativen Veränderungen so nicht nachvollziehbar seien. Darüber hinaus spreche für die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verursachung durch den Unfall auch der von Dr. N überzeugend beschriebene Umstand, dass auch bei Versicherten zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr symptomlose Defekte bei Partialrupturen, die in diesem Alter durchaus vorliegen könnten, die Ausnahme seien. Auch sei der Kläger vor dem Umfall völlig beschwerdefrei gewesen. Der Beklagten obliege der Nachweis, dass eine solche vorbestehende degenerative Ursache auch wirklich vorgelegen habe. Ließen sich zum Unfallereignis konkurrierende Ursachen nicht mit der nötigen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachweisen, hätten sie bei der Ursachenbeurteilung außer Betracht zu bleiben. Die Ursächlichkeit eines nachgewiesenen Unfallereignisses könne die Beklagte nicht mit Vermutungen im Hinblick auf eine symptomlose vorbestehende und damit auch nicht nachweisbare Ruptur entkräften. Hiernach komme nur der Unfall als wesentliche Teilursache der Rotatorenmanschettenruptur in Frage, so dass diese als Unfallfolge anzuerkennen und zu entschädigen sei.
Zur Begründung ihrer gegen den Gerichtsbescheid erhobenen Berufung hat die Be-klagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Unfallchirurgen Prof. Dr. W vom 01. Juli 2008 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass die Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. N, es seien keine wesentlichen degenerativen Veränderungen erkennbar gewesen, nicht durch die Befunddokumentation gestützt sei. Am 06. Oktober 2004 sei die heute in der Medizin sensitivste Untersuchungsmöglichkeit für die Schulter durchgeführt worden. Diese habe einen Gelenkerguss, glenohumeral mit Ausbreitung in die Bursa subacromialis und Bursa subdeltoidea ergeben. Dies bedeute, dass eine breite Defektzone im Bereich der Rotatorenmanschette vorgelegen haben müsse. Folgerichtig werde auch eine komplette Durchtrennung der Supraspinatussehne beschrieben mit Retraktion des proximalen Muskelanteils. Eine Retraktion des Muskels sei zehn Tage nach dem Unfallereignis und nach einer traumatischen Läsion der Rotatorenmanschette nicht anzunehmen. Ein Zurückziehen des Muskels als Folge einer Läsion der Rotatorenmanschette finde sich häufig erst Wochen oder Monate nach einer traumatischen Einwirkung oder viel häufiger im Zusammenhang mit einem chronisch degenerativen Leiden. Passend zu diesen chronischen Veränderungen werde beschrieben, dass der Humeruskopf nach cranial verschoben erscheine. Dieses Höhertreten des Oberarmkopfes im Schulterhauptgelenk sei ebenfalls Folge eines chroni-schen Prozesses mit einer Imbalance der den Oberarmkopf führenden Muskulatur. Passend zur These der im Wesentlichen vorbestehenden degenerativen Veränderungen sei auch die Beschreibung im MRT-Befund, wo eine Arthrose im Schultereckgelenk mit Spangenbildung und eine signalintense Degeneration des ventralen und dorsalen Labrum glenoidale sowie osteochondrale degenerative Läsionen und Erosionen des lateralseitigen Humeruskopfes beschrieben werde. Dies sei im Urteil komplett negiert worden. Auch wenn im MRT-Befund von einer Ruptur gesprochen werde, bedeute dies nicht, dass es sich um ein traumatisch bedingtes Leiden handele. Mit Ruptur würden sowohl die degenerativ bedingte Kontinuitätsdurchtrennung (Durchscheuern) der Sehne wie auch der traumatisch bedingte Riss bezeichnet.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B vom 10. April 2008 aufzuhe-ben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Auf Anforderung des Senats hat Prof. Dr. N (Dr. B) unter dem 30. Januar 2009 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben und darin an seiner Kausalitätsbeurteilung festgehalten. Unter Berücksichtigung des OP-Befundes sei es ohne größere Mühe gelungen, die gesamte Sehnenkappe zu mobilisieren und ohne wesentlichen Zug die Defektdeckung durchzuführen. Bei einer lange Zeit bestehenden Retraktion des Muskels mit begleitender Atrophie sei eine Refixation des rupturierten Sehnenanteils oft nicht mehr möglich. Entgegen der Auffassung des Beratungsarztes Prof. Dr. W gebe es keinen Grund, warum ein rupturierter Muskel sich nicht sofort zurückziehe. Das Zurückziehen des Muskels sei seine eigentliche Aufgabe, um eine muskuläre Funktion auszuführen. Fehle die Insertion am Knochen, wie beim Riss der Rotatorenmanschette, komme es automatisch zur Retraktion. Des Weiteren spreche für das Vorliegen einer akuten Ruptur, dass der Muskel selbst im MRT keine fettige Atrophie aufgewiesen habe, die auf eine längere Zeit bestehende Funktionslosigkeit hinweisen würde. Die Kranialisierung des Humeruskopfes und die Arthrose des AC-Gelenkes stellten tatsächlich einen möglichen Vorschaden dar, seien jedoch nicht von so hoher Bedeutung, wie die nicht vorhandene fettige Atrophie und die intraoperative Befunddokumentation mit der leicht mobilisierbaren Sehne. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien könne der nicht geeignete Unfallmechanismus nicht allein zur Verneinung einer traumatischen Ruptur herangezogen werden.
Die Beklagte hat unter Einreichung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. W vom 23. April 2009 ausgeführt, der Einwand von Prof. Dr. N dass sich auch bei einer traumatischen Sehnenruptur ein Muskel zeitnah zurückziehen könne, sei zwar für eine ganze Reihe Muskeln richtig. Bei der Rotatorenmanschette mündeten die Muskeln jedoch in einen Sehnenspiegel, der auch hier nicht vollständig zerrissen gewesen sei. Eine Muskelretraktion im Bereich der Rotatorenmanschette stelle sich immer als chronischer Prozess dar. Die Beklagte hat sich zudem auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden Württemberg vom 10. März 2008 (L 1 U 2511/07) gestützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts über den 12. Oktober 2004 hinaus keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach §§ 26 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) werden Heilbehandlung und Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig bzw. behandlungsbedürftig ist oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).
Für die Anerkennung von Unfallfolgen und die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist erforderlich, dass sowohl zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis als auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit – ausreicht (BSG SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 m. w. N.). Anders als nach der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie, nach der jedes Ereignis, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele, als Ursa-che des Erfolges gilt, erfolgt im Sozialrecht die Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsscha-dens abgeleitet werden (vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 SGB VII Nr. 15 und vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, a. a. O.). Da es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben kann, ist für die Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Hierbei ist "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSG, SozR Nr. 27 und Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Anm. 1.5.2). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhan-denen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslö-sung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei Abwägung aller Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung des Gerichts gegründet werden kann (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 12. April 2005 a. a. O.).
Gesichtspunkte für die Beurteilung der Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte (vgl. BSG, SozR 2200 § 548 RVO Nr. 4; SozR 4-2200 § 589 RVO Nr. 1). Hierbei hat die Kausalitätsbeurteilung auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes unter Berücksichtigung der Fachbücher und Standardwerke zur Begutachtung zu erfolgen, d. h. es ist zu prüfen, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen sind (vgl. BSG, SozR 3850 § 51 BSeuchG Nr. 9; SozR 1500 § 128 SGG Nr. 31; SozR 3-3850 § 52 BSeuchG Nr. 1; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 3.3.4.3).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweisen sich die angefochtenen Bescheide der Beklagten, in denen eine Prellung der rechten Schulter als Folge des Arbeitsunfalls vom 26. September 2004 und eine dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12. Oktober 2004 anerkannt worden ist, als rechtmäßig.
Zur Überzeugung des Senats ist es jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass bei dem Kläger die weitergehende Gesundheitsstörung in Form einer Rotatorenmanschettenruptur (Supraspinatussehnenruptur) auf den Arbeitsunfall vom 26. September 2004 zurückzuführen ist. Vorliegend kommt die Prellung der Schulter nur als einer von mehreren Auslösern für eine Rotatorenmanschettenruptur in Betracht. So ergibt sich aus dem vom H-Arzt erhobenen Erstbefund keine typische Symptomatik einer Supraspinatussehnenruptur, weshalb er auch eine solche Diagnose in seinem Bericht vom 28. September 2004 nicht gestellt hatte. Ein sofortiges Schmerzmaximum im Bereich der rechten Schulter und ein typischer schmerzhafter Bogen wurden nicht be-schrieben, sondern lediglich ein Druckschmerz. Auch ist beim Kläger unmittelbar nach dem Unfall kein so genanntes droparm-Syndrom (Fallarm) festgestellt worden, das beim unfallbedingten plötzlichen Kontinuitätsverlust typisch ist. Ferner fehlt es an ausreichenden Nachweisen einer für einen Sehnenriss geeigneten frischen Gewalteinwirkung auf die rechte Schulter durch den Sturz. Im Rahmen der Erstuntersuchung waren zudem keine direkten Weichteilverletzungen, Verschwellungen, Hautabschürfungen, Prellmarken oder Hämatome als Verletzungszeichen im Bereich der rechten Schulter erkennbar. Eine Fraktur im Bereich der rechten Schulter konnte röntgenolo-gisch ausgeschlossen werden. Unfallbedingte Verletzungen der Rotatorenmanschette führen jedoch in der Regel zu Begleitverletzungen im Bereich des Tuberculum majus, des Schulterdaches, der Schulterpfanne oder der langen Bizepssehne (vgl. zu allem Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.3. und 8.2.5.6 sowie M. L. Han-sis und F. Mehrhoff, Rupturen der Rotatorenmanschette – traumatische und nicht-traumatische Zusammenhangstrennungen in "Die BG" 2000, 98, 99 f). Gegen einen traumatischen Rotatorenmanschettenriss spricht schließlich, dass der Kläger zunächst weitergearbeitet und sich nicht sofort, sondern erst zwei Tage nach dem Unfall bei einem Arzt vorgestellt hatte. Vor allem aber war der Unfallhergang nicht geeignet, die Verletzung der Supraspinatussehne zu verursachen, wie der Gutachter im Verwaltungsverfahren Dr. T in seinem Gutachten vom 01. Juli 2005, aber auch der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. N(Assistenzarzt R) in seinem Gutachten vom 03. Januar 2007 in Überein-stimmung mit der unfallmedizinischen Literatur festgestellt haben. Der Kläger hat zum Unfallhergang gegenüber dem Gutachter Dr. T angegeben, er habe mit dem Fahrrad gestanden und gerade anfahren wollen, als sein Schnürsenkel in die Fahrradkette geraten sei, wodurch er die Balance verloren und mit angelegtem rechten Arm direkt auf die rechte Schulterkappe gefallen sei. Er habe keine Zeit gehabt, den Sturz mit den Händen abzufangen. Nach der unfallmedizinischen Literatur ist die direkte Kraft-einwirkung auf die Schulter durch einen Sturz, eine Prellung oder einen Schlag ein ungeeigneter Unfallhergang, da die Rotatorenmanschette durch die Schulterhöhe (Acromion) und den Deltamuskel gut geschützt ist. Ein isolierter, ausschließlich traumatischer Supraspinatussehnenriss ist nicht möglich. Selbst die fortgeleitete Krafteinwirkung bei seitlicher oder vorwärts geführter Armhaltung (Stauchung), wie sie Prof. Dr. N(Assistenzarzt R) in seinem Gutachten zu Gunsten des Klägers unterstellt hat, wür-de einen ungeeigneten Unfallhergang darstellen (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valen-tin, a. a. O., Anm. 8.2.5.2).
Allein der Umstand, dass der Kläger völlige Beschwerdefreiheit vor dem Umfall angegeben hat und bei ihm mangels histologischer Untersuchung und/oder entsprechender Erwähnung im OP-Bericht Vorschäden in Form von älteren Einrissen bzw. Schä-den an der Supraspinatssehne wie Auffaserungen, Teildefekte und Ausdünnungen nicht zweifelsfrei dokumentiert sind, lässt nicht den Schluss zu, dass die Rotatorenmanschettenruptur auf den Arbeits(Wege-)unfall zurückzuführen ist. Der Gutachter Dr. T hat in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.1 ff; M. L. Hansis und F. Mehrhoff, a. a. O.) dazu ausgeführt, dass die Rotatorenmanschette in hohem Maß der Degeneration unterliegt, d. h. an ihr ein die altersentsprechende Norm deutlich übersteigender Zustand festzustellen ist. Diese Degeneration verläuft häufig still und wird vom Betroffe-nen daher zunächst nicht bemerkt. Im hier zu beurteilenden Fall waren beim Kläger trotz der angegebenen völligen Beschwerdefreiheit erhebliche degenerative Verände-rungen des rechten Schultergelenks nachzuweisen. Die zeitnah zum Unfallgeschehen durchgeführte MRT vom 06. Oktober 2004 (Dr. T) ergab einen nach cranial dislozier-ten Humeruskopf, eine Arthrose im AC-Gelenk mit Spangenbildung, eine ventrale und dorsale Degeneration des Labrum glenoidale sowie osteochondrale degenerative Lä-sionen und Erosionen des lateralen Oberarmkopfes. Auch der nach der ersten arthroskopischen OP erhobene Röntgenbefund vom 20. Juni 2005 zeigte in der rech-ten Schulter noch einen Humeruskopfhochstand von 1 Film-cm, eine mäßiggradig de-generativ veränderte Kontur des Glenoids und deutliche Randkantenanbauten des AC-Gelenks. Der vergleichende Röntgenbefund des linken Arms und Schultergelenks wies einen degenerativen Befund in Form eines Hochstandes des Humeruskopfes und einer mäßiggradigen degenerativen Veränderung des Glenoids, wenn auch in wesentlich geringerem Ausmaß als rechts, auf. Aus dem MRT-Bericht vom 27. Juni 2005 (Dr. T) ergeben sich ebenfalls deutliche Degenerationszeichen in Form eines Humeruskopfhochstandes, einer Omarthrose und einer Degeneration des Labrum glenoidale. Die in den genannten Befunden, vor allem im MRT vom 06. Oktober 2004 beschriebenen massiven Veränderungen am rechten Schultereckgelenk (Enge des subacrominalen Raumes) führen nach medizinischer Erfahrung zu einer degenerativen substanziellen Verdünnung der in diesem Raum verlaufenden Supraspinatussehne. Insbesondere das eindeutig festzustellende Höhertreten des Humeruskopfes spricht für eine zum Zeitpunkt des Unfalls bereits vorhandene Insuffizienz der Supraspinatussehne (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.6). Letztlich verdeutlichen auch die operativen Maßnahmen bei der Arthroskopie am 18. Oktober 2004 den fortgeschrittenen Verschleißzustand. So musste laut dem OP-Bericht neben der Befestigung der Sehne zum einen subacrominales Gewebe (Teilresektion des vorderen acromialen Anteils auf ca. 6/7 mm Tiefe) entfernt und zum anderen eine Acromioplastik (Erweiterung des Schulterdaches) durchgeführt werden. Schließlich deutet die Verwendung des Begriffes Ruptur oder Riss nicht zwingend auf eine traumatische Verursachung des Defektes hin, diese Begriffe werden meist synonym sowohl für traumatisch wie auch für degenerativ verursache Schäden der Supraspinatussehne gebraucht.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände vermag der Senat der vom Sachverständigen Prof. Dr. N(Assistenzarzt R) im Gutachten vom 03. Januar 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 30. Januar 2009 und der vom Operateur Dr. D vertretenen Auffassung zur traumatischen Genese des Supraspinatussehnenrisses, auf die sich das SG bei seiner Entscheidung im Wesentlichen gestützt hat, nicht zu folgen. So ist Dr. D nicht mit einer umfassenden Zusammenhangsbeurteilung beauftragt gewesen. Er hat eine Beurteilung ausgehend von der Unfallschilderung des Klägers und der OP-Situation, jedoch ohne Kenntnis aller vorliegenden Befunde und ohne Abwägung möglicherweise konkurrierender Umstände vorgenommen. Soweit Prof. Dr. N in seinem Gutachten vom 03. Januar 2007 eine traumatische Genese des Supraspinatusseh-nenrisses vor allem darauf gestützt hat, dass im Hinblick auf den Röntgenbefund vom 06. Oktober 2006 (Dr. H) wesentliche vorbestehende degenerative Veränderungen nicht erwiesen seien, verkennt er, dass es sich hierbei nicht um einen überzeugenden Beleg für unauffällige Gelenksverhältnisse handeln kann. Denn der Röntgenbefund vom 06. Oktober 2006 stellt einen Zustand nach zweimaliger Rotatorenmanschetten-OP dar und erreicht mithin nicht die Aussagekraft des MRT-Erstbefundes vom 06. Oktober 2004 mit den beschriebenen degenerativen Veränderungen im Bereich des Schultereckgelenkes. Der Sachverständige hat sich im Gutachten mit den früheren bildgebenden Befunden überhaupt nicht auseinandergesetzt, weil ihm die Original-Aufnahmen vom Kläger anscheinend nicht vorgelegt worden waren. Ein intensive Auseinandersetzung mit den ausgeprägten Degenerationszeichen in den zeitnah zum Unfallgeschehen erhobenen bildgebenden Befunden ist auch der im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 30. Januar 2009 (Prof. Dr. N/Dr. B) nicht zu entnehmen, in der nunmehr Degenerationszeichen in Form einer Cranialisierung des Humerkuskopfes und einer Arthrose des AC-Gelenkes beschrieben werden.
Nicht in ihrer Allgemeinheit zutreffend sind zudem die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N (Dr. B) und des Operateurs Dr. D, dass im Alter von 46 Jahren degenerative Rotatorenmanschettenrupturen grundsätzlich nicht auftreten würden und symptomlose Defekte bei degenerativen Partialrupturen hier die Ausnahme seien. Vielmehr nehmen bereits zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr die teilweisen Rupturen des Rotatorenmanschettengewebes zu und es kommt dadurch zu Teildefekten und Ausdünnungen des Sehnengewebes (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.1).
Der Senat verkennt nicht, dass auch Umstände vorliegen, die für eine traumatische Verursachung sprechen. So hat insbesondere der MRT-Befund vom 06. Oktober 2004 eine Retraktion des Muskelanteils der Supraspinatussehne und einen ausgeprägten intraartikulären Erguss ergeben, auch konnte ausweislich des OP-Berichts vom 18. Oktober 2004 die Sehnenkappe leicht gefasst und mobilisiert werden, so dass der Defekt ohne wesentlichen Zug gedeckt werden konnte. Dies alles mag für eine frische Schädigung des rechten Schultergelenkes sprechen, wie auch der von der Beklagten beauftragte Gutachter Dr. T eingeräumt hat. Unabhängig von der Frage, dass die Gutachter die Retraktion des Muskelanteils der Supraspinatussehne und die leichte Fassbarkeit und Mobilisierbarkeit der Sehnenkappe unterschiedlich bewertet und gewichtet haben, führen sie unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze nicht dazu, von einer traumatisch bedingten Ruptur der Supraspinatussehne auszu-gehen. Vielmehr sind diese Umstände mit den dagegen sprechenden Umständen, insbesondere des sicher ungeeigneten Unfallhergangs und der bei dem Kläger beste-henden unfallunabhängigen erheblichen degenerativen Veränderungen am Schultergelenk abzuwägen. Wie der Gutachter Dr. T unter Hinweis auf die unfallmedizinische Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a. a. O., Anm. 8.2.5.1) zutreffend aus-geführt hat, sind bei der Begutachtung von Sehnenrupturen spontane, pathologische und traumatische Rupturen zu trennen. Bei der spontanen Ruptur handelt es sich um den - rein - degenerativen Manschettendefekt, der beim Kläger nicht vorliegt. Eine pathologische Rotatorenmanschettenruptur liegt demgegenüber vor, wenn die Reiß-festigkeit der Sehne durch Vorschäden bereits herabgesetzt war und eine zusätzliche Verletzung vorliegt. Die unfallbedingte Verletzung der Rotatorenmanschette schließlich führt in der Regel zu Begleitverletzungen. Unter Berücksichtigung der unfallunab-hängig bestehenden degenerativen Veränderungen am Schultergelenk und der durch den Fahrradsturz erlittenen Schulterprellung bei gleichzeitigem Fehlen der für eine unfallbedingte Verletzung sprechenden typischen Begleitverletzungen ist nach dieser Einteilung von einer pathologischen Rotatorenmanschettenruptur auszugehen. Der Fahrradsturz stellt sich demnach nur als ein möglicher Auslöser, nicht jedoch als Ursache der Rotatorenmanschettenruptur i. S. d. Theorie von der wesentlichen Bedin-gung dar.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2008 war daher aufzu-heben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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