L 20 AS 191/10 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 36132/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 191/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialge-richts Berlin vom 03. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Staatskasse hat dem Antragsteller die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Auferlegung der Kosten des Verfahrens sowie eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250,00 EUR.

In dem beim Sozialgericht Berlin zum Az.: S 99 AS 36132/09 ER (L 10 AS 234/10 B ER) ge-führten Verfahren hat der Antragsteller höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozi-algesetzbuch Zweites Buch (SGB II) begehrt.

Mit Verfügung vom 10. November 2009 hat das Sozialgericht die Beteiligten zu einem Erörte-rungstermin für den 03. Dezember 2009 geladen und das persönliche Erscheinen des An-tragstellers nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 Sozialgerichtsgesetz - SGG - angeordnet. Mit Schriftsatz vom 15. November 2009, eingegangen beim Sozialgericht am 17. November 2009, hat der Antragsteller beantragt, "den Termin zur mündlichen Verhandlung am 03. Dezember 2009 aufzuheben ". Nach Ansicht des Antragstellers sei die Sache entscheidungsreif und bedürfe keiner mündlichen Verhandlung. Mit Verfügung vom 30. November 2009 hat das Sozialge-richt dem Antragsteller "zur Vorbereitung des Termins vom 3. 12. 2009 " aufgegeben, di-verse Unterlagen einzureichen.

Das Sozialgericht hat den Erörterungstermin sodann am 03. Dezember 2009 mit dem anwesen-den Vertreter des SGB II - Trägers durchgeführt. Der Antragsteller ist nicht erschienen. Durch Beschluss vom selben Tage hat das Sozialgericht dem Antragsteller wegen unentschuldigten Fernbleibens die durch das Ausbleiben verursachten Kosten des Verfahrens sowie ein Ord-nungsgeld in Höhe von 250,00 EUR auferlegt. Der Antragsteller habe sein Ausbleiben nicht ent-schuldigt.

Gegen diesen dem Antragsteller am 09. Dezember 2009 zugestellten Beschluss hat er am 08. Januar 2010 Beschwerde erhoben und zur Begründung auf sein Vorbringen im Beschwerdever-fahren zum Aktenzeichen L 10 AS 234/10 B ER verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakte zum Aktenzeichen L 10 AS 234/10 B ER ver-wiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 Satz 1 SGG zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte weder ein Ordnungsgeld festsetzen noch dem Antragsteller die durch das Ausbleiben verursachten Kosten des Verfahrens auferlegen dürfen.

Bleibt ein Beteiligter, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, ohne genügende Entschuldigung im Termin aus, so kann gegen ihn Ordnungsgeld wie gegen einen im Verneh-mungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden (§§ 141 Abs. 3 Satz 1, 380, 381 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -, i. V. m. § 202 SGG).

Dem Antragsteller können nicht die durch sein Ausbleiben zum Termin verursachten Kosten des Verfahrens gemäß § 202 SGG i. V. m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 Abs. 1 ZPO auferlegt wer-den. Denn nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann gegen die im Termin ausgebliebene Partei "Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienen Zeugen festgesetzt werden." Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist jedoch nur eine der beiden in § 380 Abs. 1 ZPO geregelten Folgen des Ausbleibens des Zeugen. § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO enthält insoweit eine ausschließende Bezugnahme. Somit ist über diese Norm die Auferlegung der durch das Ausbleiben eines Beteiligten zum Termin verursachten Kosten (§ 380 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht zulässig (Landessozialgericht - LSG - Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Dezember 2008 - L 19 B 1829/08 AS -, zitiert nach sozialgerichtsbarkeit.de, vgl. auch Reichold in Tho-mas/Putzo, ZPO, 30. Auflage, § 141 Rn. 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Auflage, § 141 Rn. 44).

Auch ein Ordnungsgeld hätte das Sozialgericht nach den genannten Kriterien nicht festsetzen dürfen.

Der Antragsteller ist zu dem Termin am 03. Dezember 2009 ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde sowie der Ladungsverfügung ordnungsgemäß geladen worden. Ob er auch - was für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes unabdingbar ist - über die Folgen nicht genügend entschuldigten Ausbleibens gemäß § 111 Abs. 1 Satz 2 SGG belehrt worden ist, ist den Akten nicht zu entnehmen. Dies kann allerdings dahinstehen, weil die Festsetzung des Ordnungsgeldes schon aus anderem Grunde aufzuheben ist. Denn das Sozialgericht hätte, nachdem der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. November 2009 einen Verlegungsantrag gestellt und diesen auch - aus hier nicht zu bewertenden Gründen - begründet hatte, zunächst nach § 227 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 202 SGG über die Verlegung des Termins zu entscheiden gehabt. Eine solche Entscheidung ist vor Durchführung des Erörterungstermins am 03. De-zember 2009 durch das Sozialgericht nicht ergangen. Insbesondere ist nicht bereits in der Er-mittlungsverfügung des Sozialgerichts vom 30. November 2009 eine den Anforderungen des § 227 Abs. 4 ZPO genügende Entscheidung über den Antrag auf Terminsaufhebung zu sehen. Zwar heißt es dort, dass dem Antragsteller das Einreichen der Unterlagen "zur Vorbereitung des Termins vom 3.12.2009" aufgegeben werde. Hierin ist das Sozialgericht jedoch mit keinem Wort auf den - konkret gestellten - Terminsverlegungsantrag eingegangen. Damit fehlte es je-doch zumindest im Hinblick auf den Verlegungsantrag an einem erneuten Hinweis gemäß § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO, um dem Antragsteller die Folgen seines Ausbleibens trotz Verle-gungsantrags bei fortbestehender Terminierung mit Anordnung des persönlichen Erscheinens zu verdeutlichen. Der Antragsteller wurde vielmehr in Ungewissheit darüber gelassen, ob sei-nem Antrag auf Terminaufhebung stattgegeben wird (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. November 2008 - L 20 B 1261/08 AS).

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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