L 6 SF 4/10 AB

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 SF 411/09
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 SF 4/10 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Kläger hat eine Anhörungsrüge gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Halle erhoben. Mit diesem hat der Kammervorsitzende die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen. Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 9. April 2009 hatte der Kläger am 22. April 2009 die Erinnerung eingelegt. Mit Schreiben vom 6. Mai 2009 hat das Sozialgericht den Kläger auf die Zuständigkeit des Vorsitzenden der 6. Kammer für die Erinnerung hingewiesen. Dessen Beschluss datiert vom 6. November 2009.

Im Verfahren über die am 3. Dezember 2009 erhobene Anhörungsrüge trägt der Kläger unter anderem vor, der Vorsitzende habe eine subjektive Entscheidung getroffen. Dies sei auch zu erwarten gewesen, da er gegen den Prozessbevollmächtigten des Klägers (in anderem Zusammenhang) Strafanzeige erstattet habe. Die subjektive Entscheidung spiegele sich in der Beschlussbegründung wieder, eine Verfahrensdauer von über sieben Jahren sei nicht überlang. Der Vorsitzende äußert dazu dienstlich, die mit dem Strafantrag im Zusammenhang stehenden Verfahren seien seines Wissens längst abgeschlossen. Er sehe keine Verbindung zu den hier betroffenen Verfahren.

II.

Das Ablehnungsgesuch ist nur zulässig, soweit der Antragsteller es auf die Begründung des Beschlusses vom 6. November 2009 stützt.

Der Inhalt des Schriftsatzes vom 3. Dezember 2009 ist gerade noch als Befangenheitsgesuch für das Verfahren über die Anhörungsrüge auszulegen. Dafür spricht aus dem Zusammenhang des Vortrags heraus insbesondere der Einwand, in dem Beschluss vom 6. November 2009 komme eine subjektive Entscheidung zum Ausdruck. Aus diesem Satz folgt, dass der Antragsteller dem Richter konkret einen unsachlichen Umgang mit dem Verfahren vorwirft, das er zum Gegenstand der Anhörungsrüge machen will. Es wäre widersinnig, wenn er diesen Vorwurf nicht im Hinblick auf die Tätigkeit des Richters an der anhängigen Anhörungsrüge erheben will, obwohl er in dem Verfahren über die Kostenfestsetzung wegen dessen Abschluss eine gesonderte Prüfung der Befangenheit nicht mehr erreichen kann (vgl. zur Unzulässigkeit nach Instanzabschluss Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 60 Rdnr. 11). Denn die Rechtsfolge eines begründeten Ablehnungsgesuches kann nur eintreten, solange das betroffene Verfahren noch anhängig ist. Sie besteht nämlich nach § 60 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 47 der Zivilprozessordnung (ZPO) in dem Ausschluss des Richters von weiterer Tätigkeit in dem Verfahren.

Unzulässig ist aber das Ablehnungsgesuch, soweit es auf die Vorgänge im Zusammenhang mit der Stellung eines Strafantrages durch den abgelehnten Richter gegen den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gestützt wird. Insofern führt die Unzulässigkeit einer Befangenheitsablehnung nach Instanzabschluss auch zu ihrer Unzulässigkeit im Verfahren über die Anhörungsrüge. Denn Einwände, die schon im vorangegangenen Verfahren bekannt waren und Gegenstand einer Befangenheitsablehnung sein konnten, können nicht mehr zulässige Grundlage einer Befangenheitsablehnung im Verfahren über die Anhörungsrüge sein. Dies ergibt sich aus Zweck und Rechtsfolge der Anhörungsrüge. Diese bezieht sich gem. § 178a Abs. 1 S. 1, 2 SGG auf grundsätzlich in Rechtskraft erwachsende Entscheidungen. Die Rechtskraft wird nur ausnahmsweise durch Fortsetzung des Verfahrens durchbrochen, soweit im Sinne von § 178a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. Die Entscheidung durch einen nach Meinung eines Beteiligten befangenen Richter als solche, um die es hier insoweit nur geht, betrifft nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Umstände im Zusammenhang mit dem Strafantrag sind Gesichtspunkte, die schon im vorangegangenen Kostenfestsetzungsverfahren bekannt waren. Dies ergibt sich aus den vom Antragsteller angegebenen Aktenzeichen der Verfahren über Selbstablehnungen.

Das mit der Rüge, der abgelehnte Richter habe eine Verfahrensdauer von 7 Jahren als nicht überlang bezeichnet, zulässige Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Dieser Satz liefert keinen Grund, im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dazu ist nicht zu prüfen, ob der Satz richtig oder falsch ist. Denn Fehler eines Richters bei der Rechtsanwendung begründen allein nicht den Verdacht der Parteilichkeit (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 60 Rdnr. 8g zu Verfahrensverstößen und Rdnr. 8j zur Äußerung unrichtiger Rechtsauffassungen). Dazu müssen besondere – nach ihrer zeitlichen Entstehung noch zu beanstandende – Gesichtspunkte hinzutreten. Solche Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich.

Der Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.

gez. Eyrich gez. Dr. Ulrich gez.Boldt
Rechtskraft
Aus
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