L 2 SF 58/08 P KO

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 SF 58/08 P KO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 5/10 S
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Erinnerung gegen Gerichtskostenansatz wegen falscher Sachbehandlung
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Kostenansatzes für Gerichtskosten des vor dem Bayer. Landessozialgericht geführten Berufungsverfahren (Az.: L 2 P 1/05).
Die Kläger zu 1) bis 3) sind Erben nach ihrem Bruder, der vom 29.08.1996 bis zu seinem Tode am 29.07.1999 in einem Heim untergebracht war, das keine Einrichtung nach § 43 des Elften Sozialgesetzbuchs (SGB XI) war, sondern eine Einrichtung nach § 43a SGB XI. Die Pflegekasse lehnte Zahlungen wegen vollstationärer Pflege ab und erklärte sich auf die Klage der Miterben vom 29.07.2003 im Rechtsstreit vor dem Sozialgericht zum
Az.: S 2 P 152/03 in einem Vergleich vom 22.04.2004 bereit, für die Zeit vom 29.08.1996 bis 20.05.1999 Pflegegeld für die häusliche Pflege von monatlich 400,00 DM zu gewähren. Die Beteiligten erklärten sich darüber einig, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich in vollem Umfang erledigt sei.
Mit Schreiben vom 14.05.2004 erklärte der Kläger, die Erben wollten den Vergleich anfechten und begehrten die Fortsetzung des Verfahrens. Sie sähen eine faire Lösung, wenn die Beklagte 25 % der tatsächlichen Heimkosten übernähme, das seien ca.
1.000,00 DM pro Monat.
Mit Urteil vom 11.11.2004 stellte das Sozialgericht fest, dass der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 22.04.2004 erledigt worden ist.
Im Berufungsverfahren gegen dieses Urteil wies das Bayer. Landessozialgericht mit Urteil vom 21.11.2007 die Berufung als unbegründet zurück und änderte das erstinstanzielle Urteil im Kostenpunkt. Es hielt für beide Instanzen § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) für maßgebend, mit der Folge dass das Verfahren kostenpflichtig sei. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 29.07.2003, mit der Fortsetzung des durch den Vergleich beendeten Verfahrens begehrt wurde, hätten die Erben nicht zum privilegierten Personen nach § 183 SGG gehört. Sie seien ersichtlich auch nicht Sonderrechtsnachfolger geworden, weil sie nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit dem verstorbenen Versicherten zum Zeitpunkt dessen Todes gelebt hatten.
Am 08.04.2008 legte der Kläger zu 1) gegen die Gerichtskostenfestsetzung des Urkundsbeamten vom 06.03.2008 Erinnerung ein nach § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Er führte an, es handle sich um eine falsche Sachbehandlung durch das Bayer. Landessozialgericht, weshalb Gerichtskosten nach § 21 GKG nicht zu erheben seien. Er habe einen rechtsmissbräuchlichen, gegen die guten Sitten verstoßenden Vergleich vor dem Sozialgericht angefochten. Das Sozialgericht habe sich nicht mit seinen Einwendungen befasst. Nur deshalb habe er Berufung einlegen müssen. Jetzt solle er auch noch die Kosten des Berufungsverfahrens bezahlen. Wenn er gewusst hätte, dass Gerichtskosten in solcher Höhe anfallen würden, hätte er dankend abgelehnt.
Der stellvertretende Bezirksrevisor fasste die Erklärung als Antrag auf Nichterhebung von Gerichtskosten wegen falscher Sachbehandlung nach § 21 GKG auf. Er half der Erinnerung nicht ab. Der Kostenansatz sei nicht zu ändern.
Der Erinnerungsführer beantragt, den Kostenansatz vom 06.03.2008 aufzuheben.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Berufungs- und Erinnerungsakte Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 06.03.2008 ist gemäß § 66 GKG in der Fassung vom 01.07.2004 i.V.m. § 197a SGG zulässig. Der Kostenansatz ist jedoch nicht zu beanstanden. Mit der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst richten, also gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert. Mit dem Einwand, die Gerichtskosten seien nicht zu erheben wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht, kann der Kläger somit gehört werden. Nach dieser Vorschrift (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG) werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dies setzt jedoch ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße gegen eine für die Kostenfestsetzung maßgebende Vorschrift voraus. Eine abweichende Beurteilung von Rechtsfragen reicht dafür nicht aus (BGH, Beschluss vom 10.03.2003 - VI ZR 306/00; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl.,
§ 21 GKG Rn. 10). Ein solcher Verstoß ist nicht erkennbar. Der Erinnerungsführer verkennt, dass sich solche Einwendungen nur auf das Verfahren beziehen können, das mit Schreiben vom 14.05.2004 und damit nach Abschluss des Vergleichs vom 22.04.2004 eingeleitet worden war. Streitgegenstand war somit lediglich die Frage, ob der auf die am 29.07.2003 erhobene Klage durch den Vergleich vom 22.04.2004 rechtswirksam beendet worden war. Dass dies der Fall war, stellte das Sozialgericht im Urteil vom 11.11.2004 fest. Gründe, warum der Vergleich unwirksam gewesen sein solle, konnte von der Klägerseite nicht unter Beweis gestellt werden. Aus welchen Gründen der Vergleich rechtsmissbräuchlich sei bzw. gegen die guten Sitten verstoße, konnte der Kläger nicht substantiieren. Einen offensichtlichen Verstoß gegen eindeutige Vorschriften sind nicht zu erkennen. Dass der Kläger trotz Vergleichsabschluss den Rechtsstreit fortführen wollte, führt dazu, dass ihm das Prozessrisiko verbleibt. Seine Einwendungen reichen für eine Anwendung des § 21 GKG nicht aus.
Im Übrigen sind die nach § 197a SGG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG zu erhebenden Gerichtskosten bereits mit der Einreichung der Berufungsschrift bzw. mit der Klageschrift fällig, so dass der Einwand des Klägers, er hätte unbedingt Berufung einlegen müssen, um sich gegen die unrichtige Entscheidung des Sozialgerichts zu wehren, hätte es sich aber anders überlegt, wenn er gewusst hätte, dass das Verfahren kostenpflichtig ist, nicht geeignet ist zu einer anderen Entscheidung zu führen.
Die Erinnerung konnte daher keinen Erfolg haben. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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