L 8 AL 592/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 4432/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 592/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob es die Beklagte zu Recht abgelehnt hat, einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zurückzunehmen, mit dem sie die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) rückwirkend aufgehoben und von der Klägerin erbrachte Leistungen zurückgefordert hat.

Die 1950 geborene Klägerin war vom 23.10.1972 bis 31.12.1994 als Montiererin von Kleinteilen bei der Fa. N. in E. versicherungspflichtig beschäftigt. Anlässlich der durch Kündigung erfolgten Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erhielt die Klägerin von ihrer Arbeitgeberin eine Abfindung in Höhe von 50.000 DM. Vom 02.01.1995 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.10.1996 bezog die Klägerin von der Beklagten Arbeitslosengeld.

Am 02.10.1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Alhi und gab an, sie verfüge über kein Vermögen. Von der Beklagten nach der Verwendung der Abfindung befragt, erklärte die Klägerin im Oktober 1996 schriftlich, diese sei für einen Familienurlaub in der Türkei, für die Renovierung und Einrichtung der neuen Wohnungen ihrer Söhne Ö und K, für die Anschaffung von Möbel und einer Musikanlage sowie für Sonstiges verbraucht worden. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 29.10.1996 Alhi für die Zeit vom 30.10.1996 bis 30.11.1997. Die Alhi wurde nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 920,00 DM berechnet und in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 38,77 DM (ab 01.01.1997 37,87 DM) unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe A und des Kindermerkmals 1 gezahlt. Auf die jeweiligen Fortzahlungsanträge der Klägerin wurde ihr von der Beklagten ab 01.12.1997 für weitere Bewilligungsabschnitte bis einschließlich 29.09.2003 (Abmeldung aus dem Leistungsbezug) Alhi bewilligt und gezahlt.

Durch ein am 10.10.2005 bei ihr eingegangenes Schreiben des Hauptzollamts Stuttgart vom 28.09.2005 erfuhr die Beklagte, dass die Klägerin am 22.12.1994 einen Betrag von 50.000,00 DM für zwei Jahre bei der Türkischen Nationalbank (TCMB) in Ankara angelegt hatte. Der entsprechende Überweisungsbeleg der D. Bank AG war beigefügt. Mit Schreiben vom 07.12.2005 gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit, sich hierzu unter Vorlage von Nachweisen über die seit Dezember 1994 erfolgten Kontobewegungen bis 17.12.2005 zu äußern. Mit Fax vom 16.12.2005 bat die Klägerin um Verlängerung der Äußerungsfrist. Mit Schreiben vom 23.01.2006 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Rücknahme der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 30.10.1996 bis 08.07.1997 in Höhe von 4.207,18 EUR an und gab ihr Gelegenheit, bis 09.02.2006 dazu Stellung zu nehmen. Am 01.02.2006 sprach die Klägerin mit ihrem Ehemann und einem Dolmetscher bei der Beklagten vor und gab an, wegen der Abfindung, die ihr Ehemann im Dezember 1996 erhalten habe, sei Vermögen vorhanden gewesen. Diese Abfindung sei erst später verbraucht worden. Mit Bescheid vom 03.02.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 30.10.1996 bis 08.07.1997 ganz auf und verlangte die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Alhi in Höhe von 4.207,18 EUR einschließlich der in diesem Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von zusammen 1.559,55 EUR (1.374,46 EUR und 185,09 EUR). Die Klägerin habe ihre Pflicht zur Mitteilung der Änderungen in den für die Leistung erheblichen Verhältnissen zumindest grob fahrlässig verletzt, weshalb die Bewilligungsentscheidung aufzuheben gewesen sei.

Dagegen legte die Klägerin am 03.03.2006 Widerspruch ein und machte geltend, sie habe sich ihrer Auffassung nach nichts zu Schulden kommen lassen. Am 03.05.2006 teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart der Beklagten mit, dass im Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen Betrugs mit Verfügung vom 02.05.2006 gemäß § 154 Abs. 1 Strafprozessordnung von der Strafverfolgung abgesehen worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 03.02.2006 zurück. Die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi sei zurückzunehmen gewesen, da die Klägerin und ihr Ehemann seit 1994 bei der Türkischen Nationalbank 50.000,00 DM angelegt gehabt hätten und dieses auch zur Zeit der Antragstellung vorhanden gewesene Vermögen im Antrag auf Alhi verschwiegen worden sei. Bei Berücksichtigung dieses Vermögens hätte der Anspruch auf Alhi in der Zeit vom 30.10.1996 bis 08.07.1997 geruht. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie im Antrag auf Alhi Angaben gemacht habe, die nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen hätten. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X).

Mit am 25.10.2006 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 23.10.2006 legte die Klägerin erneut Widerspruch ein und machte geltend, es treffe zu, dass sie die Abfindung in Höhe von 50.000,00 DM bei der Türkischen Nationalbank angelegt habe. Die Beklagte habe aber zum Zeitpunkt ihrer Arbeitslosmeldung von dieser Abfindung gewusst. Im Übrigen habe sie die Abfindungssumme ihren Söhnen Ö. und T. - jedem 25.000 DM - im Mai 1996 geschenkt, die dieses Geld für private Ausgaben verbraucht hätten. Beide Söhne bestätigten diese Angaben mit ihrer Unterschrift auf dem Schreiben der Klägerin vom 23.10.2006. Mit Schreiben vom 23.10.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass über ihren Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2006 verbindlich entschieden worden sei und sie hiergegen nicht erneut Widerspruch erheben könne. Gegebenenfalls müsse sie innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Widerspruchsbescheides Klage beim Sozialgericht Stuttgart erheben.

Am 29.11.2006 erhob die Klägerin Klage (S 17 AL 9147/06) zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Alhi sowie die Erstattung der entsprechenden Leistungen wandte. Nachdem das SG darauf hingewiesen hatte, dass die Klage mangels Versäumung der Klagefrist unzulässig sein dürfte, stimmten die Beteiligten dem Vergleichsvorschlag des SG vom 14.03.2007 zu, wonach die Klägerin die Klage zurücknimmt und sich die Beklagte bereiterklärt, auf das Schreiben der Klägerin vom 23.10.2006 eine Überprüfung nach § 44 SGB X durchzuführen.

Mit Bescheid vom 16.04.2007 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 03.02.2006 ab, da dieser nicht zu beanstanden sei. Die von ihrem Ehemann im Rahmen einer mit Dolmetscher erfolgten persönlichen Vorsprache gemachten Angaben bestätigten den festgestellten Sachverhalt.

Dagegen legte die Klägerin am 23.04.2007 unter Wiederholung ihres Vorbringens vom 23.10.2006 Widerspruch ein. Daraus folge, dass die gegen sie erhobene Rückzahlungsforderung unberechtigt sei. Ihr Ehemann habe ihrem dritten Sohn K. das Studium, Wohnung und Hochzeit finanziert, so dass ihr Ehemann und sie kein Geld mehr hätten. Die Klägerin legte hierzu eine Bestätigung ihres Sohnes K. vom 19.04.2007 vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Klägerin habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung vom 03.02.2006 sprechen könnte, so dass sie eine sachliche Prüfung dieses Bescheides habe ablehnen dürfen. Auch die Widerspruchsstelle müsse sich auf die Bindungswirkung des Bescheides berufen. Die Klägerin habe am 01.02.2006 mit ihrem Ehemann und einem Dolmetscher vorgesprochen und bestätigt, dass wegen der Abfindung ihres Ehemannes Vermögen vorhanden gewesen sei. Die Abfindung sei im Dezember 1996 - zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin bereits Alhi bezogen - ausgezahlt worden. Ferner sei bestätigt worden, dass das Vermögen erst zu einem späteren Zeitpunkt verbraucht worden sei. Die im Mai 1996 den Söhnen der Klägerin geschenkten Beträge seien bei der TCMB angelegt gewesen und stammten aus der Abfindung der Klägerin und seien bereits im Dezember 1994 eingezahlt worden.

Am 04.06.2007 erhob die Klägerin Klage zum SG. Auf Veranlassung des SG legte sie die Kontoauskunft der TCMB in Ankara vom 01.10.2007 vor, wonach am 22.12.1994 auf das Konto der Klägerin bei dieser Bank 50.000,00 DM eingezahlt und am 27.12.1996 derselbe Betrag abgehoben worden sei. Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2008 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 03.02.2006 zurückzunehmen, da dieser nicht rechtswidrig gewesen sei. Der Klägerin habe für die Zeit vom 30.10.1996 bis 08.07.1997 keine Alhi zugestanden, da sie in diesem Zeitraum über ein Vermögen von 50.000,00 DM verfügt habe. Entgegen ihrer Behauptung, diesen Betrag im Mai 1996 ihren Söhnen geschenkt zu haben, sei der Betrag ausweislich des Kontoauszugs der TCMB erst am 27.12.1996 abgehoben worden. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von je 8.000,00 DM für die Klägerin und ihren Ehemann habe das verwertbare Vermögen im Oktober 1996 34.000,00 DM betragen. Bei einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 920,00 DM habe somit für 36 Wochen und damit bis zum 08.07.1997 keine Bedürftigkeit bestanden. Die Bewilligung von Alhi habe auch auf mindestens grob fahrlässig unrichtigen Angaben der Klägerin beruht, da sie in ihrem Antrag vom 02.10.1996 wahrheitswidrig die Frage nach vorhandenem Bankguthaben verneint habe. Die Leistungsbewilligung sei daher mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben gewesen. Die Klägerin sei zur Erstattung der bezogenen Leistungen sowie der von der Beklagten zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entrichteten Beiträge verpflichtet.

Dagegen hat die Klägerin am 06.02.2008 zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LSG Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf ihr bisheriges Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 16. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2006 zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die beigezogenen Akten S 17 AL 9147/06 sowie die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 03.02.2006.

Streitgegenstand ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 16.04.2007 (Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007), mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, ihren Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 03.02.2006 (Widerspruchsbescheid vom 04.10.2006) zurückzunehmen, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 30.10.1996 bis 08.07.1997 aufgehoben und die Erstattung der erbrachten Leistungen einschließlich der gezahlten Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 5.766,73 EUR verlangt hat. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass der betreffende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu Unrecht ergangen sei, weil sie im streitigen Zeitraum bedürftig gewesen sei und deshalb Anspruch auf Alhi gehabt habe.

Die Beklagte hat die Rücknahme des Bescheides vom 03.02.2006 zu Recht abgelehnt. Weder ist bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hat. Die Voraussetzungen der gesetzlichen Regelungen des § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB X, die hier Prüfungsmaßstab sind, liegen nicht vor.

Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Alhi, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des seinerzeit geltenden § 134 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), nämlich Arbeitslosigkeit, Verfügbarkeit, Arbeitslosmeldung, Antragstellung, Bedürftigkeit und Vorfrist, nicht allesamt erfüllt waren. Die Klägerin war damals nicht bedürftig. Die übrigen Voraussetzungen - dies ist nicht zweifelhaft und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig - waren hingegen gegeben.

Gemäß § 137 Abs. 1 AFG war der Arbeitslose bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Arbeitslosenhilfe nach § 136 AFG nicht erreicht. Nicht bedürftig in diesem Sinne war nach § 137 Abs. 2 AFG der Arbeitslose, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt war. Maßgeblich für die Bestimmung der Bedürftigkeit waren insoweit die auf der Grundlage des § 137 Abs. 3 AFG anzuwendenden §§ 6 bis 9 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO) vom 07.08.1974 (BGBl. I 1929). Ob und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisierte § 6 Abs. 1 AlhiVO, wonach der Vermögensfreibetrag für den Arbeitslosen und seinen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten jeweils 8.000,00 DM betrug. Der Klägerin und ihrem Ehemann standen somit ein Freibetrag nach § 6 Abs. 1 AlhiVO in Höhe von insgesamt 16.000,00 DM zu. Das zum maßgeblichen Stichtag (30.10.1996) zu berücksichtigende Vermögen der Klägerin, das in einem bei der TCMB in Ankara angelegten Sparguthaben in Höhe von 50.000,00 DM bestand, überschritt diesen Freibetrag um 34.000,00 DM.

Diese Spareinlage der Klägerin, die aus der Abfindung stammte, die sie anlässlich der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1994 erhalten hatte, bestand vom 22.12.1994 bis zur Abhebung von 50.000,00 DM von dem entsprechenden Sparkonto am 27.12.1996. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Kontobescheinigung der TCMB vom 01.10.2007 fest. Dass sie die bei der TCMB angelegten 50.000,00 DM im Mai 1996 je zur Hälfte ihren Söhnen Ö. und T. geschenkt habe - wie von ihr im Schreiben vom 23.10.2006 an die Beklagte behauptet -, ist dadurch widerlegt. Die Klägerin war auch nach der am 27.12.1996 erfolgten Auszahlung der bei der TCMB angelegten Summe Inhaberin dieses Vermögens. Eine nach dem 27.12.1996 erfolgte Übertragung des Vermögens hat sie zu keiner Zeit geltend gemacht und ist auch nicht sonstwie ersichtlich. Im Übrigen hätte eine zu diesem Zeitpunkt erfolgte Schenkung gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Rückgabeanspruch ausgelöst, der ebenfalls als Vermögen zu berücksichtigen gewesen wäre.

Das Recht und auch die Pflicht der Beklagten zur Aufhebung der Bewilligung von Alhi für den hier streitigen Zeitraum folgt aus § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X iVm § 330 Abs. 2 SGB III. Danach war die Bewilligung von Alhi - ohne dass eine Ermessensentscheidung getroffen werden musste - für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil die Klägerin in dem von ihr am 02.10.1996 gestellten Antrag auf Alhi die Frage nach Bankguthaben wahrheitswidrig nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich verneint hat. Dass die Klägerin vorsätzlich unrichtige Angaben gemacht hat, wird besonders deutlich durch den Umstand, dass sie auf die schriftliche Anfrage der Beklagten vom 19.10.1996 nach der Verwendung der Abfindung, die sie von ihrer früheren Arbeitgeberin erhalten hat, angegeben hat, die Abfindung sei für einen Familienurlaub in der Türkei und für Renovierungs- und Einrichtungskosten der Söhne Ö. und K. etc. verbraucht worden, obwohl sie in Wirklichkeit den Abfindungsbetrag am 22.12.1994 für zwei Jahre bei der TCMB angelegt hatte. Ihr Vorbringen im Schreiben an die Beklagte vom 23.10.2006, die Beklagte habe aufgrund ihrer Arbeitslosmeldung von ihrer Abfindung gewusst, trifft zwar zu, ist aber unerheblich, da die Klägerin die gerade deshalb von der Beklagten gestellte Frage nach der Verwendung der Abfindung unrichtig beantwortet und die am 22.12.1994 erfolgte Anlage des Abfindungsbetrages dabei bewußt verschwiegen hat. Die Klägerin war gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I verpflichtet, alle Tatsachen (wahrheitsgemäß) anzugeben, die für den Anspruch auf Alhi erheblich sind. Hierzu gehören - wie der Klägerin bekannt war - alle vorhandenen Vermögenswerte.

Der Erstattungsanspruch der Beklagten erstreckt sich gemäß § 335 Abs.1 Satz 1 und § 335 Abs. 5 SGB III auch auf die von ihr entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Dass in § 335 Abs.1 Satz 1 SGB III seit 01.01.2005 nur noch von Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und nicht mehr - wie noch bis 31.12.2004 - auch von Bezieher von Arbeitslosenhilfe die Rede ist, ändert hieran nichts. Zwar ist der entsprechende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erst am 03.02.2006, mithin unter der Geltung des § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III in seiner ab 01.01.2005 geltenden Fassung ergangen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu aber am 07.10.2009 in den Revisionsverfahren B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R entschieden, dass für Bezieher von Arbeitslosenhilfe auch nach dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge besteht. Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung des BSG an.

Die Dauer der fehlenden Bedürftigkeit der Klägerin, gegen die die Klägerin im Übrigen auch keine Einwände erhoben hat, ist von der Beklagten zutreffend berechnet worden ... Bedürftigkeit bestand nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtete (34.000,00 DM: 920,00 DM = 36,96). Die Klägerin war somit 36 Wochen nicht bedürftig, sodass ihr vom 30.10.1996 bis 08.07.1997 zu Unrecht Alhi bewilligt und gezahlt worden ist. Auch die Höhe der Erstattungsforderung ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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