L 10 R 1263/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2275/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1263/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
ohne mündliche Verhandlung beschlossen: Tenor: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.01.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1956 geborene Klägerin erlernte von August 1971 bis Juli 1974 den Beruf einer Frisörin. Anschließend war sie - unterbrochen durch die Erziehung ihrer fünf Kinder - zunächst ein Jahr im erlernten Beruf und anschließend als Bedienung, Reinigungskraft, in einem Backshop und zuletzt bis Oktober 1998 bei einem Reinigungsdienst beschäftigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos, derzeit bezieht sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

Am 09.09.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. In dem im Auftrag der Beklagten erstatteten Gutachten beschrieb der Orthopäde Dr. R. ein wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Hörschwäche, einen medikamentös eingestellten Bluthochdruck und eine Schuppenflechte. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne besondere Beanspruchung des Hörvermögens und ohne Tätigkeiten mit Hautreizstoffen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit Bescheid vom 08.11.2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens der Ärztin für Nervenheilkunde B. (rezidivierende depressive Störung, derzeit allenfalls leichtgradig ausgeprägt, Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, Hörminderung beidseits, chronische Kopfschmerzen, Schmerzmittelabusus; die Klägerin könne mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne hohe Anforderungen an das Hörvermögen und ohne übermäßigen Lärm noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben) mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2005 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 08.06.2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben und geltend gemacht, sie leide unter Schwerhörigkeit, Taubheitsgefühlen in den Armen, Händen und Beinen, Arthrose in der rechten Schulter, unter psychischen Problemen und sei insgesamt nicht mehr belastungsfähig. Außerdem leide sie unter Ischias und einer psychisch bedingten Schuppenflechte und an Schmerzen am ganzen Körper im Zusammenhang mit einer Fibromyalgie. Hierzu hat die Klägerin einen Bericht des Prof. Dr. S. , Universitätsklinikum F. , Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik vom Juli 2007 (anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit funktionellen Anteilen und somatischen Kernbefunden, rezidivierende depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode, Angst/Panikstörung, Z. n. Benzodiazepinabhängigkeit, chronische Gastritis, Reinke-Ödem, Hypakusis beidseits, arterielle Hypertonie, COPD, Sigmadivertikulose, Psoriasis) vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und ein Gutachten von dem Neurologen und Psychiater Dr. D. eingeholt. Der behandelnde Allgemeinarzt Dr. H. hat über Behandlungen der Klägerin wegen Sinusitis, Bauchschmerzen und Psoriasis-Beschwerden, Beschwerden durch Sodbrennen und einen Zustand nach Distorsion des Handgelenks, Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, einer Depression und einer Angststörung berichtet. Im Juli 2005 habe die Klägerin einen Unfall als Beifahrerin im Pkw erlitten, seitdem stünden massive Schmerzen nach Rippenserienfraktur im Vordergrund. Nach seiner Auffassung habe bereits zum Zeitpunkt der Untersuchung durch die im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachterin B. eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen; eine mittelschwere Tätigkeit wäre damals maximal vier Stunden in Frage gekommen. Derzeit sei die Klägerin auch nicht in der Lage, nur leichte Tätigkeiten mehr als zwei Stunden auszuüben. Der Neurologe und Psychiater Dr. N. hat über eine depressive Symptomatik gemischt mit Angst sowie degenerative HWS/LWS-Schmerzen und eine Schwerhörigkeit berichtet. Er halte die Klägerin für unter sechs Stunden (geschätzt vier bis fünf Stunden) arbeitsfähig. Der gerichtliche Sachverständige Dr. D. hat eine rezidivierende depressive Störung, eine derzeit leichtgradige, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, leichtgradige Angststörungen bei Zustand nach zwei Unfallereignissen und einen Zustand nach Benzodiazepinabhängigkeit diagnostiziert. Die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen, ohne Akkord-, Fließband- oder Nachtarbeit und ohne besondere Beanspruchung des Gehörs oder besondere nervliche Beanspruchung noch in einem Umfang von drei bis weniger als sechs Stunden täglich ausüben. Durch ein Heilverfahren in einer psychosomatischen Klinik könne die Erwerbsfähigkeit der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Zeitraumes von ca. sechs Monaten wieder so hergestellt werden, dass sie in der Lage sei, in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich zu arbeiten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 18.01.2008 hat die Klägerin eine weitere Bescheinigung des Prof. Dr. S. vom Januar 2008 über die Teilnahme an einer Therapiestudie für Fibromyalgiepatienten vorgelegt.

Mit Urteil vom 18.01.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Dies ergebe sich für das orthopädische Fachgebiet aus dem Gutachten des Dr. R. , der zum Zeitpunkt seiner Untersuchung im Oktober 2004 einen weitgehend altersentsprechenden röntgenologischen Befund und keine wesentlichen Funktionseinbußen habe feststellen können. Auch nach dem Pkw-Unfall im Juli 2005, bei welchem die Klägerin eine Rippenserienfraktur der 3. bis 6. Rippe rechts erlitten habe, habe sich ein unauffälliger Heilungsverlauf ergeben. Die Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet rechtfertigten ebenfalls keine Erwerbsminderung. Dies ergebe sich schlüssig aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Ärztin für Nervenheilkunde B. , die im März 2005 eine allenfalls leichtgradig ausgeprägte rezidivierende depressive Störung mit somatischen Anteilen ohne Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen beschrieben habe. Auch für die Zeit nach dem Pkw-Unfall im Juli 2005 sei eine dauerhafte Erwerbsminderung nicht nachgewiesen. Dies ergebe sich aus dem von dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. im Juni 2007 erhobenen psychopathologischen Befund. So habe Dr. D. eine lediglich geringgradig reduzierte konzentrative Belastbarkeit bei leichter bis mäßiger gedanklicher Einengung auf die Beschwerdesymptomatik und etwas erschwerter Umstellungsfähigkeit, eine weitgehend erhaltene emotionale Schwingungsfähigkeit bei lediglich leichter affektiver Herabstimmung ohne vitale depressive Symptomatik und eine lediglich diskrete Antriebsstörung beschrieben. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Berichts der Universitätsklinik F. , Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik vom Januar 2008 handele es sich zwar um einen schwankenden gesundheitlichen Verlauf, eine dauerhafte Erwerbsminderung sei jedoch nicht nachgewiesen. Ausgehend von dem von Dr. D. beschriebenen wenig gravierenden psychopathologischen Befund und der durchaus aktiven Alltagsgestaltung (Haushaltsführung eines 4-Personen-Haushalts und zumindest teilweise Betreuung mehrerer Reitpferde) sei bereits zweifelhaft, ob die Einschätzung des Dr. D. eines lediglich unter sechsstündigen Leistungsvermögens zum Zeitpunkt seiner Untersuchung gerechtfertigt sei. Jedenfalls handele es sich aber um eine Gesundheitsstörung, die - wie Dr. D. dargelegt habe - unter suffizienter psychotherapeutischer Behandlung weitgehend behebbar sei. Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI bestehe nicht, da die Klägerin ausgehend von ihrer zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung als ungelernte Arbeiterin auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.

Gegen das am 16.06.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.07.2008 Berufung eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens ist die Klägerin vom 21.10.2008 bis 02.12.2008 in einem von der Beklagten geförderten stationären Heilverfahren in der Psychosomatischen Klinik S. W. , M. behandelt worden. Im Entlassungsbericht haben der Leitende Arzt Dr. G. und der Abteilungsarzt E. eine mittelgradige depressive Episode bei familiärer Belastungssituation, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgiesyndrom), einen Analgetika-Abusus und eine frühere Benzodiazepinabhängigkeit, eine chronische Gastritis und Duodenitis und eine Hypakusis beidseits beschrieben. Während zunächst das Leistungsvermögen mit drei bis vier Stunden täglich bei leichten Arbeiten im Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen ohne Arbeiten, die gute Hörfähigkeit erfordern, ohne regelmäßigen Stress und ohne regelmäßige Überstunden angegeben worden ist, hat Dr. G. in dem auch von dem Abteilungsarzt E. unterzeichneten "korrigierten" Entlassungsbericht ausgeführt, als Reha-Hauptdiagnose bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgiesyndrom) und eine leichte depressive Episode bei Schmerzbelastung und psychosozialer Belastungssituation. Nach der im Heilverfahren erreichten Besserung sei mittelfristig von einem knapp vollschichtigen Leistungsvermögen (sechs bis sieben Stunden täglich) für leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, mit zeitweiligen Gehen und Stehen auszugehen. Im (ursprünglichen) Reha-Entlassungsbericht sei die Leistungsfähigkeit vom behandelnden Arzt zu wenig unter dem Aspekt der während des Heilverfahrens eingetretenen objektiven Besserung dargestellt worden.

Die Klägerin macht geltend, der Beurteilung des während des Heilverfahrens behandelnden Arztes E. (Restleistungsvermögen drei bis vier Stunden täglich) müsse ein besonderer Beweiswert beigemessen werden, weshalb ihr der geltend gemachte Rentenanspruch zustehe.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.01.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In dem im Auftrag des Senats erstatteten Gutachten hat der Neurologe und Psychiater Dr. St. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, Bluthochdruck und eine beidseitige, mit Hörgeräten versorgte Schwerhörigkeit beschrieben. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Vermeidung von Akkordarbeiten sowie Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung, Tätigkeiten, die wenig auf direkte verbale Kommunikation angewiesen sind, keine Tätigkeiten, bei denen rein äußere Geräusche wie z. B. Warntöne ohne optisches Signal wahrgenommen werden müssen) noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dem Gutachten hat Dr. St. eine von der Klägerin vorgelegte E-mail des Abteilungsarztes E. beigefügt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Auch aus dem Entlassungsbericht über das während des Berufungsverfahrens durchgeführte stationäre Heilverfahren von Oktober bis Dezember 2008 und dem im Auftrag des Senats erstatteten Gutachten des Dr. St. sind keine Befunde ersichtlich, die die Annahme eines quantitativ geminderten Leistungsvermögens rechtfertigen. Insbesondere ist der zunächst vorgelegte Entlassungsbericht von Dr. G. /Abteilungsarzt E. nicht geeignet, ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen zu begründen. In diesem Entlassungsbericht haben Dr. G. /Abteilungsarzt E. eine mittelgradige depressive Episode bei familiärer Belastungssituation, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgiesyndrom), einen Analgetika-Abusus und eine frühere Benzodiazepinabhängigkeit, eine chronische Gastritis und Duodenitis und eine Hypakusis beidseits beschrieben. Wie Dr. G. nach - so seine Ausführungen - eingehender Rücksprache mit dem Abteilungsarzt E. und nochmaliger Durchsicht der Unterlagen dargelegt hat, sei die depressive Symptomatik während des Behandlungsverlaufs nicht leicht einzuschätzen gewesen, weshalb anfangs eine teilweise als Somatisierung (Schmerzen) erscheinende Komponente der Depression angenommen und deren Schweregrad dementsprechend als mittelgradig eingestuft worden sei. Diese Bewertung hat sich allerdings - so Dr. G. - im Rückblick nicht mehr bestätigen lassen. Vielmehr hätten die beteiligten Therapeuten die Klägerin sowohl während der Therapieverfahren als auch im Klinikalltag trotz der Schmerzen aktiv, zunehmend auch stimmungsaufgehellt erlebt. Die Klägerin habe mit gutem Antrieb und ohne erkennbare Belastungssymptome am Behandlungsprogramm teilgenommen, sei im Kontakt offen, sich gut auf andere beziehend gewesen und habe sich über positive Resonanz zunehmend besser freuen können. Daher sei auch von einer medikamentösen antidepressiven Therapie abgesehen worden. Damit hat Dr. G. zum Zeitpunkt der Entlassung nachvollziehbar eine lediglich leichtgradige depressive Symptomatik beschrieben. Unter Berücksichtigung der von Dr. G. beschriebenen Verbesserung des Gesundheitszustands der Klägerin und ihres Verhaltens in der Therapie und im Klinikalltag ist das im ursprünglich formulierten Entlassungsbericht beschriebene, quantitativ eingeschränkte Leistungsvermögen (drei bis vier Stunden täglich) nicht nachvollziehbar. Dies wird durch die Ausführungen des Dr. G. bestätigt, wonach auf Grund der im Heilverfahren erreichten Besserung unter Fortsetzung ambulanter Therapie mittelfristig von einem knapp vollschichtigen Leistungsvermögen (sechs bis sieben Stunden tägliche Arbeitszeit) für leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, mit zeitweiligem Gehen und Stehen, ohne Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Hörvermögen, ohne Arbeiten unter Zeitdruck, ohne Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht auszugehen ist. Bemerkenswert ist insoweit, dass auch der Abteilungsarzt E. den korrigierten und eine objektive Besserung der depressiven Symptomatik und schmerzbedingten Einschränkungen bestätigenden Entlassungsbericht unterschrieben hat. Damit ist seine im privaten E-mail Austausch mit der Klägerin geäußerte Auffassung, wenn im Bericht "unter drei Stunden" stehe, sei dies eindeutig, nicht nachvollziehbar und zeugt von mangelnder Objektivität, insbesondere vor dem Hintergrund der Äußerung, die Klägerin solle "die eigene Wahrheit durchfechten". Denn maßgeblich für die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung ist nicht das subjektive Empfinden der Klägerin, sondern - wie auch Dr. G. dargelegt hat - die objektiven Funktionseinbußen.

Derartige erhebliche objektive Funktionsbeeinträchtigungen, die die Annahme eines quantitativ herabgesunkenen Leistungsvermögens rechtfertigen würden, hat auch der im Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Dr. St. gerade nicht erhoben. Vielmehr ist, wie Dr. St. nachvollziehbar dargelegt hat, die früher beschriebene rezidivierende depressive Störung zum Untersuchungszeitpunkt remittiert gewesen. Eine Depression, die dadurch gekennzeichnet ist, dass durchgängig und unbeeinflusst von Gesprächsthemen oder äußeren Faktoren eine Stimmungsabsenkung besteht, hat Dr. St. nicht festgestellt. Der Klägerin sind - so Dr. St. - themenabhängig bei Besprechung belastender Lebensereignisse, wie beispielsweise der Verurteilung ihres Sohnes zu einer Gefängnisstrafe, zwar einige Tränen gekommen, bei einem Themenwechsel hat sich die Klägerin aber wieder freuen, lächeln und sogar scherzen können und es hat sich eine anhaltende und bleibende Auflockerung der Stimmung durch Wechsel der Gesprächsthemen erreichen lassen. Eine Antriebsminderung hat Dr. St. nicht einmal ansatzweise feststellen können, das affektive Schwingungsvermögen ist nicht aufgehoben gewesen, auch das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit sind voll erhalten gewesen. Des Weiteren haben sich - so Dr. St. - keine sozialen Störungen herausarbeiten lassen, auch die Fähigkeit zur strukturierten Alltagsgestaltung ist voll erhalten gewesen. Insoweit hat die Klägerin bei Dr. St. ähnlich wie gegenüber Dr. D. angegeben, der Tochter im Haushalt zu helfen und zum Pferd ihrer Tochter zu gehen. Außerdem hat die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. St. eine geringfügige Beschäftigung an einem Postschalter ausgeübt. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ist damit nicht ersichtlich.

Die Klägerin leidet weiterhin - so Dr. St. - an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, die jedoch nicht in ausgeprägter Form vorliegt. Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung, die ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen rechtfertigen würde, lässt sich hieraus, wie Dr. St. nachvollziehbar dargelegt hat, nicht ableiten. Dr. St. hat insoweit dargelegt, dass die Klägerin bei der Begutachtung zu keinem Zeitpunkt körperlich leidend oder schmerzgeplagt gewirkt hat. Dies wird durch die Angaben des Dr. G. , wonach die Klägerin ohne erkennbare Belastungssymptome am Behandlungsprogramm teilgenommen hat, bestätigt. Auch hat Dr. St. darauf hingewiesen, dass keine relevante Schmerzbehandlung, abgesehen von der gelegentlichen Einnahme von Schmerzmitteln erfolgt. Unter Berücksichtigung des außerdem bei der Klägerin bestehenden Bluthochdrucks und der beidseitigen, mit Hörgeräten versorgten Schwerhörigkeit ist die Klägerin daher, wie Dr. St. dargelegt hat, weiterhin in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (Vermeidung von Akkordarbeiten sowie Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung oder mit besonderer Verantwortung, wegen der Schwerhörigkeit keine Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Hörvermögen) mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Soweit die Klägerin zum Gutachten des Dr. St. geltend macht, es dürfe nicht von ihrem Erscheinungsbild auf das Weiterbestehen des Leistungsvermögens geschlossen werden, hat Dr. St. einen solchen Schluss tatsächlich nicht gezogen. Denn Dr. St. hat das weiterhin erhaltene Leistungsvermögen - wie oben dargelegt - mit dem von ihm erhobenen psychischen Befund sowie den in der Aktenlage dokumentierten Befunden und den weiterhin erhaltenen Alltagsaktivitäten der Klägerin begründet. Soweit die Klägerin geltend macht, es treffe nicht zu, wenn Dr. St. angebe, sie hätte keine Berichte dabei gehabt, so lässt sich eine solche Aussage im Gutachten des Dr. St. nicht finden. Unabhängig davon hat Dr. St. die von der Klägerin mitgebrachte E-mail des Stationsarztes E. seinem Gutachten beigefügt. Dass die Klägerin über anderweitige medizinische Befundberichte verfügen würde, die für die Beurteilung von Interesse gewesen wären, ist nicht ersichtlich. Denn Dr. St. hat im Zusammenhang mit der Erstattung seines Gutachtens die ihm vom Gericht übersandten Akten ausgewertet. In diesen Akten sind die relevanten medizinischen Befunde enthalten. Anderes behauptet auch die Klägerin nicht.

Auch der Einwand der Klägerin, Dr. St. sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass sie sich in den letzten 15 Jahren nicht in Schmerzbehandlung befunden habe, wohingegen sie sich in den Jahren 2006 und 2007 im Schmerzzentrum in F. in Behandlung befunden und an einer Studie bezüglich Fibromyalgie teilgenommen habe, ist nicht geeignet, die Schlüssigkeit der Beurteilung des Dr. St. in Zweifel zu ziehen. Dass die Klägerin sich ambulant in der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. befand, hat Dr. St. , wie sich aus dem von ihm erstellten Aktenauszug der Akte des Sozialgerichts Freiburg ergibt, durchaus berücksichtigt (2007 fünf Untersuchungstermine). Auch die Teilnahme an der Studie über Fibromyalgie ist von Dr. St. berücksichtigt worden, insoweit hat er Bezug genommen auf die Bescheinigung der Ambulanz für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom Januar 2008, welche die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vorgelegt hat. Aus den ambulanten Untersuchungen im Universitätsklinikum F. und der Teilnahme an der Studie zum Thema Fibromyalgie kann jedoch noch nicht auf eine, von Dr. St. angesprochene, relevante Schmerztherapie geschlossen werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die im Befundbericht des Prof. Dr. S. , Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik des Universitätsklinikums F. , vom Juli 2007 für dringend indiziert erachtete psychotherapeutische Behandlung tatsächlich stattgefunden hätte.

Soweit die Klägerin weiterhin anführt, sie habe hinsichtlich eines sexuellen Missbrauchs (in der Kindheit) bei Dr. St. angegeben, daran nichts ändern zu können und damit klarkommen zu müssen, ist die Relevanz dieses Vorbringens nicht ersichtlich. So hat Dr. St. in seinem Gutachten den von der Klägerin angegebenen sexuellen Missbrauch aufgeführt und angegeben, die Klägerin habe selbst ausgeführt, dass sie damit gut umgehen könne. Dass dem nicht so wäre, behauptet die Klägerin selbst nicht, sodass insofern zwar möglicherweise, wie im Entlassungsbericht über das Heilverfahren der Psychosomatischen Klinik S. W. ausgeführt, noch eine therapeutische Behandlungsmöglichkeit besteht; wesentliche funktionelle Einschränkungen für das Erwerbsleben sind hieraus jedoch nicht ersichtlich. Gleiches gilt für den Einwand der Klägerin, Dr. St. habe zwar eine Tätowierung am Oberarm, nicht jedoch eine Schuppenflechte über dem Ellenbogen erwähnt.

Soweit die Klägerin außerdem vorgetragen hat, wegen ihrer Schwerhörigkeit kein geschlossenes Hörgerät benutzen zu können und eine Überweisung an die HNO-Klinik F. zur Frage der Implantation zweier Cochlear Implantate vorgelegt hat, ist auch dies nicht geeignet, ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen zu begründen. Auch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ist insoweit nicht ersichtlich, denn der Klägerin war es bislang trotz der nach ihren im Entlassungsbericht über das stationäre Heilverfahren in der Klinik W. wiedergegebenen Angaben bereits seit ca. 1993 bestehenden Schwerhörigkeit möglich, eine Berufstätigkeit auszuüben und beispielsweise auch die gruppentherapeutischen Angebote im Verlauf des Heilverfahrens wahrzunehmen. Eine Beeinträchtigung des Sprachvermögens liegt - wie Dr. St. dargelegt hat - nicht vor. Damit kann der Hörminderung hinreichend durch Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (keine Tätigkeiten mit besonderer Anforderung an das Hörvermögen) Rechnung getragen werden. Dass die Klägerin wegen des Publikumsverkehrs bei ihrer geringfügigen Tätigkeit in der Postagentur dieser Tätigkeit nach ihren eigenen Angaben wohl nicht gewachsen war, ist insoweit nachvollziehbar. Dass sie deswegen allerdings daran gehindert wäre, beispielsweise leichte Montagearbeiten durchzuführen, ist hingegen nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved