Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 6 KR 74/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KR 58/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 21. Juli 2005 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten Dr. K. H. C. die Zahlung von Krankengeld.
Der Versicherte war als Rechtsanwalt selbständig tätig und bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Ab 6. Juni 1997 war er wiederholt wegen einer Herzerkrankung arbeitsunfähig. Am 13. Juli 1998 berichtete Dipl.-Med. H. - Fachärztin für Innere Medizin -, unter Ruhebedingungen beständen zurzeit keine manifesten kardialen Dekompensationszeichen. Dem Patienten wurde empfohlen, Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen, da kardiale Dekompensationszeichen bereits bei geringen körperlichen Belastungen aufträten. Unter dem 22. August 1998 führte jene Ärztin aus, es läge eine Herzleistungsminderung im Grade NYHA Stadium III vor. In der Ergometrie erfolgte der Abbruch nach drei Minuten bei 50 Watt wegen Dyspnoe.
Unter dem 19. Mai 1999 berichtete das Städtische Klinikum D. von einer absoluten Arrhythmie infolge Vorhofflimmerns bei koronarer Herzerkrankung, chronischem Potatorium (Alkoholismus) mit Lebererkrankung und Zustand nach ACVB (Aorto-Coronarer-Venen-Bypass) Oktober 1997. Am 6. Juli 1999 diagnostizierte das Städti-sche Klinikum in D. unter anderem eine dekompensierte Niereninsuffizienz sowie eine akutisierte periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK; Bl. 26 Gerichtsakte).
Die Beklagte gewährte dem Versicherten für insgesamt 78 Wochen auf Grund dieser Erkrankung Krankengeld. Mit Bescheid vom 31. Mai 1999 teilte die Beklagte mit, der Krankengeldhöchstanspruch laufe am 31. Juli 1999 ab. An diesem Tage würde letztmalig Krankengeld gezahlt. Die behandelnde Ärztin entließ den Versicherten zum 1. Oktober 1999 auf seinen Wunsch aus der Arbeitsunfähigkeit; daraufhin nahm dieser nach eigenen Angaben ab diesem Tage seine Erwerbstätigkeit wieder auf. In einem Schreiben vom 9. November 1999 führte die Beklagte aus, die maßgebliche Dreijahresfrist nach § 48 Abs 1 SGB V laufe vom 6. Juni 1997 bis 5. Juni 2000. Daher bestehe erst ab dem 5. Juni 2000 erneut Anspruch auf Krankengeld für 78 Wochen für dieselbe Erkrankung.
Am 7. Juni 2000 wurde der Versicherte unter Diagnose N18.0 (terminale Niereninsuffi-zienz) von seiner behandelnden Ärztin Dr. R. arbeitsunfähig geschrieben. Die Beklagte hielt daraufhin Rücksprache mit der Hausärztin des Versicherten Dipl.-Med. H ... Diese führte aus, der Versicherte lasse sich wegen der Herzerkrankung nicht mehr krankschreiben. Dies geschehe gegen ihren Willen. Das Herz des Versicherten werde nie wieder richtig arbeiten; demzufolge sei er weiterhin arbeitsunfähig. Unter dem 6. Juli 2000 ergänzte sie, der Versicherte sei bereits seit Jahren erwerbsunfähig. Mit Schreiben vom 13. Juli 2000 lehnte die Beklagte die weitere Gewährung von Krankengeld ab.
Hiergegen hat der Versicherte am 17. Juli 2000 Klage erhoben und ausgeführt, er sei nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraumes erneut arbeitsunfähig geworden. In der Zeit davor habe er gearbeitet und Krankenversicherungsbeiträge abgeführt. Er habe seine Arbeitsunfähigkeit beendet.
Im Weiteren hat Dr. R. bestätigt, dass der Versicherte seit dem 7. Juni 2000 wegen einer chronischen Niereninsuffizienz arbeitsunfähig sei. Zuvor habe er noch gearbeitet. Diese Erkrankung sei keine Folgeerkrankung der Herzkrankheit. Am 17. November 2000 hat das Städtische Klinikum D. eine PAVK Stadium III festgestellt.
Auf Bitten der Beklagten hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) unter dem 4. Oktober 2000 eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage erstattet. Darin hat Dipl.-Med. K. dargelegt, dass unter Berücksichtigung des Gesamtkrankheitsverlaufes eine Arbeitsunfähigkeit auf Dauer seit mindes-tens 1998 angenommen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2000 hat die Beklagte den Widerspruch des Versicherten zurückgewiesen und ausgeführt, wegen der fortbestehenden Herzkrankheit sei die Arbeitsunfähigkeit nicht, wie in § 48 Abs 2 SGB V gefordert, für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten entfallen.
Im Weiteren hat Dr. R. unter dem 16. April 2001 dargelegt, seit 1999 bestehe ein terminales, dialysepflichtiges Nierenversagen mit chronischer Bauchfelldialyse (Bl. 31 Gerichtsakte S 2 KR 34/00). Die Herzerkrankung liege seit 1997 vor. Nach anfänglicher Besserung des Befindens durch Optimierung der Dialysebehandlung sei es zu einer Verschlechterung der PAVK gekommen. Nach der Einleitung der Dialysebehandlung im Juli 1999 sei es zunächst zu einer deutlichen Stabilisierung des Gesundheitszustandes gekommen. Der Versicherte sei kardial stabil gewesen und habe seine Anwaltskanzlei neben der Dialysebehandlung fortgeführt.
Am 10. April 2001 verstarb der Versicherte. Das Verfahren hat zunächst der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin als Nachlasspfleger für die Erben des Versicherten fortgeführt. Er hat ausgeführt, es sei unerheblich, ob der Versicherte tatsächlich arbeitsfähig gewesen sei. Es genüge für den Anspruch aus § 48 Abs 2 SGB V, wenn der Versicherte bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit im Rahmen seines Restleistungsvermögens erwerbstätig sei oder aber der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Dies treffe hier zu. Nach Ansicht der Beklagten war dagegen auf den objektiven Gesundheitszustand abzustellen. Zwar könne die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit den Schluss zulassen, dass der Versicherte zur Ausübung dieser Tätigkeit in der Lage sei. Dies gelte jedoch nicht bei Verrichtung der Arbeit auf Kosten der Gesundheit.
In einem Befundbericht vom 17. März 2003 hat Dipl.-Med. H. ausgeführt, bereits in dem Zeitraum vom 31. Juli 1999 bis 7. Juni 2000 habe eine dialysepflichtige Nierenin-suffizienz bestanden, die durch das Dialysezentrum D. behandelt worden sei. Die chronische ischämische Herzkrankheit habe selbstverständlich weiterhin vorgelegen, habe aber nicht die Hauptursache der Arbeitsunfähigkeit gebildet.
Mit Urteil vom 21. Juli 2005 hat das Sozialgericht Dessau antragsgemäß den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2000 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezem-ber 2000 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Nachlassverwalter für den Zeitraum vom 7. Juni 2000 bis zum 10. April 2001 für die bei dem Versicherten bestehende Arbeitsunfähigkeit Krankengeld in gesetzlicher Dauer und Höhe zu gewähren. Zur Begründung heißt es, der Versicherte habe in dem vorhergehenden Dreijahreszeitraum nicht für 78 Wochen Krankengeld wegen derselben Krankheit bezogen, weshalb er in dem anschließenden Dreijahreszeitraum seit dem 7. Juni 2000 arbeitsunfähig gewesen sei. Dies folge aus den vorliegenden medizinischen Unterla-gen.
Gegen die am 27. Juli 2005 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 24. August 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihren bisherigen Vortrag weiter vertieft. Dem Versicherten sei es nur darum gegangen, nach Ablehnung seines Rentenantrages eine neue Einkommensquelle zu haben. Der Rentenantrag des Versicherten auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente mache deutlich, dass er sich selbst auch nicht mehr für arbeitsfähig gehalten habe. Dieser Antrag sei aus-schließlich an dem Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gescheitert.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 21. Juli 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Im September 2009 ist die Klägerin als Ehefrau des Versicherten in das Verfahren eingetreten und hat die Verfahrensfortführung genehmigt. Sie sei Sonderrechtsnachfolgerin, da sie mit dem Versicherten zum Zeitpunkt seines Todes in einer gemeinsamen Wohnung im Sinne von § 56 Abs 1 SGB I zusammengelebt habe.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Weiterhin hat sie eine Liste von Verfahren vorgelegt, die der Versicherte in der Zeit vom 6. August 1999 bis 6. Juni 2000 als Rechtsanwalt angenommen habe (ca. 150 Verfahren). Ferner wurde eine Liste vorgelegt, welche Gerichtstermine in der Zeit vom 16. September 1999 bis 30. Mai 2000 von dem Versicherten wahrgenommen worden seien (18 Termine/2 Termine pro Monat).
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin F ... Dieser hat ausgeführt, bei der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes handele es sich um eine akademische Tätigkeit, die fast ausschließlich Funktionen des Gehirns in Anspruch nehme. Wenn eine Herzkranzgefäßerkrankung nicht zu einer höhergradigen Herzschwäche führe (mindestens NYHA 3, Beschwerden bei geringer körperlicher Belastung), könne sie kaum als Begründung einer Dauerarbeitsunfähigkeit im Beruf eines Rechtsanwalts herangezogen werden. Aus den vorliegenden Befundbe-richten sei eine besondere Schwere der Herzerkrankung nicht ersichtlich. Unüberseh-bar sei die den Wünschen des Versicherten entsprechende Ausrichtung nach den Fristen für den Bezug des Krankengeldes. Da die Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Dialyse schon seit 1999 bestanden habe, sei nicht nachzuvollziehen, warum sie akut ab dem 7. Juni 2000 Arbeitsunfähigkeit bewirkt haben solle bzw. warum nicht schon vorher. Die Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Dialyse-behandlung führe zunächst auch nur zu einer zeitlichen Einschränkung im Hinblick auf die Berufstätigkeit. Der Zeitbedarf sei mit dreimal 4 - 5 Stunden/Woche anzusetzen. Mit einer freiberuflichen Tätigkeit sei diese Behandlung zu vereinbaren. Es seien keine Indizien dafür erkennbar, dass der Versicherte auf Kosten seiner Gesundheit gearbei-tet habe. Der Gesundheitszustand sei immer relativ schlecht gewesen. Nach Eintritt der Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit der Dialysebehandlung 1999 sei insgesamt eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Diese sei als eine neu hinzugekommene, eigenständige Erkrankung zu werten. Es sei aber nicht erkennbar, dass sie geeignet gewesen wäre, Arbeitsunfähigkeit auf Dauer im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Rechtsanwaltes zu begründen. Dass der Versicherte in der Lage gewesen sei, als Rechtsanwalt zu arbeiten, sei allein aus den Schriftsätzen in der eigenen Sache ersichtlich. Erstaunlicherweise habe die Beklagte anscheinend keine Notwendigkeit gesehen, die lang andauernde Attestierung der Arbeitsunfähigkeit seitens des MDK durch ein eigenes Gutachten mit Untersuchung überprüfen zu lassen. Insgesamt sei festzustellen, dass die Herzkrankheit kein Hindernis für die Berufsaus-übung als Rechtsanwalt dargestellt habe. Das Zusammenwirken der dialysepflichtigen Niereninsuffizienz, der arteriellen Verschlusskrankheit, der Herzkranzgefäßerkrankung mit kompensierter Herzschwäche, der Schilddrüsenüberfunktion, der alkoholtoxischen Leberschädigung bei mutmaßlicher Alkoholkrankheit hätten im Zusammenwirken zu länger dauernder Arbeitsunfähigkeit und mutmaßlicher Erwerbsunfähigkeit geführt.
Nach Ansicht der Beklagten war das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht schlüssig bzw erhelle nicht den maßgeblichen medizinischen Sachverhalt. Auf dem Boden der Grunderkrankung "arteriosklerotische Gefäßerkrankung" sei die Herzkrankheit, die arterielle Verschlusskrankheit und die Niereninsuffizienz entstanden. Daher handele es sich jeweils um dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 SGB V. Dem Sachverständigen seien keine medizinischen Unterlagen aus dem Zeitraum vom 1. August 1999 bis 7. Juni 2000 vorgelegt worden. Insbesondere sei nicht nachge-forscht worden, auf welche Unterlagen sich die behandelnde Ärztin Dipl.-Med. H. gestützt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Versicherte zwar ab 1. Oktober 1999 arbeitsfähig gewesen sein solle, bei Beginn der neuen Blockfrist aber alle Krankheiten im Zusammenwirken ab dem 7. Juni 2000 Arbeitsunfähigkeit bedingt haben sollten. Sämtliche Krankheiten seien bereits in der Zeit ab 1. August 1999 vorhanden gewesen.
Der Senat hat die Gerichtsakte des Rentenverfahrens des Versicherten (S 6 RA 168/99) beigezogen und den maßgeblichen Inhalt der Klägerin mitgeteilt.
Die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte des Verfahrens S 6 RA 168/99 haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Unerheblich ist, dass das erstinstanzliche Urteil an einem schweren Verfahrensfehler litt, da das Verfahren ohne Antrag der Klägerin wieder aufgenommen und diese zunächst auch nicht am Verfahren beteiligt wurde. Zwar ist nur sie aktivlegitimiert. Bei dem streitigen Krankengeldanspruch handelt es sich um eine laufende Geldleistung, die gemäß § 58 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht der Erbfolge nach Bürgerlichem Recht unterlag, da mit der Ehefrau des Versicherten eine Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne des § 56 SGB I vorhanden ist. Sie war Ehefrau des Versicherten und hat mit dem Versicherten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Die für den Eintritt der Sonderrechtsnachfolge erforderliche Voraussetzung der Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten war hier erfüllt, da ein entsprechendes Verfahren bereits eingeleitet, aber noch nicht (bestandskräftig) beendet war. Ein Sonderrechtsnachfolger tritt aber nicht nur bezüglich des einzelnen in die Sonderrechtsnachfolge fallenden anhängigen Anspruchs in die materiell-rechtliche Stellung des Verstorbenen ein, sondern tritt auch verfahrensrechtlich die Rechtsnachfolge an (so BSG, 1.9.1999 - B 13 RJ 49/98 R - SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 7 mwN). Erben oder Nachlasspfleger sind erst nachrangig aktivlegitimiert. Da die Klägerin jedoch die Prozessführung genehmigt hat, ist die fehlende Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren rückwirkend geheilt.
Das erstinstanzliche Urteil war aber aufzuheben, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten rechtmäßig war, da der Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld im streitigen Zeitraum vom 7. Juni 2000 bis 10. April 2001 hatte.
Versicherte haben nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das Krankengeld wird zwar grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Aus dieser Regelung ergibt sich, dass der Grundsatz der unbeschränkten Krankengeldgewährung für die praktisch wichtigsten Fälle, dass nämlich die Arbeitsunfähigkeit auf derselben oder einer während der Arbeitsunfähigkeit hinzugetretenen weiteren Krankheit beruht, auf 78 Wochen beschränkt ist. Dabei wird zwischen der (ersten) Krankheit (hier: der Herzerkrankung) und der hinzugetretenen (weiteren) Krankheit (hier: die Niereninsuffizienz) rechtlich grundsätzlich kein Unterschied gemacht. Die schon bestehende, also "dieselbe" Krankheit und die hinzugetretene Krankheit bilden eine Einheit, ohne dass es darauf ankommt, ob die hinzugetretene allein oder nur zusammen mit der ersten Krankheit Arbeitsunfähigkeit herbeiführt. Die weitere Krankheit verlängert nicht die Leistungsdauer und setzt auch nicht - wie eine nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit eingetretene neue Krankheit mit erneuter Arbeitsunfähigkeit - einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang (so BSG, 8.12.1992 - 1 RK 8/92 - SozR 3-2500 § 48 Nr 3 = BSGE 71, 290-294). Allerdings kann eine hinzugetretene Krankheit für spätere Be-zugszeiten in einem neuen Dreijahreszeitraum bedeutsam sein, wenn sie dann für sich allein die Arbeitsunfähigkeit bedingt bzw nach Wegfall der ersten Krankheit die - alleinige - Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist (BSG, a.a.O. m.w.N.): Wäre zB eine weitere Krankheit während des Krankengeldbezugs oder der danach fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten und wäre die Arbeitsunfähigkeit in der neuen Blockfrist nur noch auf die hinzugetretene Krankheit zurückzuführen, wäre mit der hinzugetretenen als "derselben" Krankheit die Bezugszeit von 78 Wochen wegen dieser Krankheit in der vorhergehenden Blockfrist noch nicht verbraucht.
Hier bestand bei dem Versicherten in dem vorhergehenden Dreijahreszeitraum vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1999 unstreitig Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldzahlung für 78 Wochen wegen chronischer ischämischer Herzkrankheit. Hinzu kam seit dem 6. Juli 1999 eine dekompensierte Niereninsuffizienz.
Mit diesen Erkrankungen konnte der Versicherte seine Tätigkeit als Rechtsanwalt jedenfalls seit Juli 1999 nicht mehr vollwertig ausüben. Wie das BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, kommt als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit iS des Krankenversicherungsrechts grundsätzlich nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht (BSG, 7.8.1991 - 1/3 RK 28/89 - SozR 3-2200 § 182 Nr 9 mwN), dh hier die Tätigkeit als Rechtsanwalt ohne besondere Spezialisierung oder Schwerpunktsetzung. Bei der Verweisung im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses sind auch die besonderen Bedingungen des Arbeitsplatzes zu berücksichtigen. Das Krankengeld dient der wirtschaftlichen Sicherstellung bei Krankheit (§ 4 Abs 2 Nr 2 SGB I) und bietet Ersatz für das Entgelt, das dem Versicherten infolge Krankheit entgeht. Deshalb ist wirtschaftlicher Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit diejenige Tätigkeit, die der Arbeits-unfähige ohne Krankheit ausüben würde. Wäre er nach den tatsächlichen Verhältnis-sen ohne die Krankheit an seinem letzten Arbeitsplatz tätig, muss dieser als Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit gelten. Jedenfalls so lange dieser Arbeitsplatz besteht, ist Bezugspunkt einer "Verweisung" die letzte konkrete Arbeit mit ihren besonderen Bedingungen, nicht etwa die Art der Tätigkeit als solche (BSG, aaO). Entsprechendes gilt für eine selbständige Erwerbstätigkeit. Diese konnte der Versicherte, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bis zum bis 31. Juli 1999 nicht vollwertig ausüben. Dies hält der Senat angesichts der umfangreichen Darlegungen des Versicherten selbst zu der Frage der Erwerbsfähigkeit in dem Verfahren S 6 RA 168/99 und aufgrund der vielen schweren Erkrankungen für schlüssig und überzeugend.
Der Versicherte ist über diesen Zeitraum hinaus durchgängig wegen seiner Herzerkrankung arbeitsunfähig gewesen; sein Gesundheitszustand hat sich insgesamt seit dem 1. August 1999 auch nicht vorübergehend verbessert. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Versicherte seine selbständige Tätigkeit in irgendeinem Zeitabschnitt neu organisiert hätte, so dass ihm eine Tätigkeit als Rechtsanwalt - zB nur im beratenden Bereich - in vollem Umfang zumutbar gewesen wäre. Vielmehr hat er insbesondere seine im Kern unveränderte Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht reduziert und auf diesem niedrigen Niveau ab dem 1. August 1999 bzw 1. Oktober 1999 fortgeführt.
Bei der Frage der Arbeitsfähigkeit kommt es auf den objektiven Gesundheitszustand an; die tatsächliche Arbeitstätigkeit ist unerheblich (BSG, 17.8.1982 - 3 RK 28/81 - BSGE 54, 62 = SozR 2200 § 182 Nr 84). Insbesondere macht die gesundheitliche Möglichkeit, die bisherige Tätigkeit teilweise wieder auszuüben, den Versicherten nicht arbeitsfähig. Es gibt keine Teil-Arbeitsunfähigkeit oder eine prozentual zu bemessende Arbeitsunfähigkeit (BSG, 12.9.1978 - 5 RJ 6/77 - BSGE 47, 47 =- SozR 2200 § 1237 Nr 9; BSG 8.8.1990 - 1 RR 4/88 - BSGE 67, 163; Höfler in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB V Rdz. 19). Selbst wenn Versicherte ihre Beschäftigung teilweise wieder aufnehmen, sind sie weiter arbeitsunfähig.
Hier bestehen keine Zweifel, dass der Versicherte seine Berufstätigkeit nur in Teilbereichen wieder aufnehmen konnte und weder seine frühere selbständige Tätigkeit wie vor Beginn der Erkrankung noch überhaupt eine Tätigkeit ausüben konnte, die dem Vollbild eines Rechtsanwaltes entspricht. Dies zeigt schon der eigene Vortrag des Versicherten in dem Rentenverfahren S 6 RA 168/99. Darin hat er geltend gemacht, er sei seit 1993 erwerbs- bzw berufsunfähig (Bl. 9 d. Akte des Rentenverfahrens). Ausdrücklich wurde in dem Zusammenhang ausgeführt, dass er den Umfang der ihm möglichen Tätigkeiten vermindert habe. Unter dem 19. November 1999 - und damit in dem hier zu beurteilenden Zeitraum der streitigen Arbeitsfähigkeit - hat der Versicherte persönlich angegeben, er übe sein Gewerbe als Rechtsanwalt nur reduziert aus: "äußerst eingeschränkt, Überwachung des Büroablaufs in meiner Kanzlei". Dies steht in Übereinstimmung mit der medizinischen Einschätzung der Gutachten des MDK. Die andersartige Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch Herrn F. ist medizinisch schon deshalb problematisch, da dieser nicht weiter beachtet hat, dass bei dem Versicherten schon 1998 eine Herzerkrankung im Grade NYHA III festgestellt worden ist. Eine so schwere Erkrankung hat der Sachverständige selbst als geeignet angesehen, auf Dauer Arbeitsunfähigkeit für einen Rechtsanwalt zu begründen.
Deutlich sind die Angaben von Frau Dipl.-Med. H. vom 3. Januar 2000 in dem Verfahren S 6 RA 168/99 (Bl. 19 dieser Akte). Auf die Frage nach der Arbeitsunfähig-keit hat sie geantwortet: "Seit Dezember 1998 permanent au, wobei der Patient auf eigenen Wunsch trotz bescheinigter Arbeitsunfähigkeit stunden- oder tageweise nach eigener Entscheidung seiner Arbeit nachging". Eine solche stunden- oder tageweise Arbeitstätigkeit nach eigener Entscheidung ist kein Indiz für eine vollständige Arbeitsfähigkeit.
Soweit die Klägerin zum Beleg der Arbeitstätigkeit des Versicherten eine Liste von Mandaten vorlegt, die dieser im Laufe des Jahres 1999/2000 bearbeitet hat, steht dies nach dem oben Ausgeführten der Annahme der Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen. Dies gilt umso mehr als 33 der rund 150 Mandate schon angenommen wurden, bevor der Versicherte nach eigenen Angaben seine Tätigkeit wieder aufnahm und nach eigenem Vortrag noch arbeitsunfähig war. Bemerkenswerterweise wurden mehrere Mandate sogar angenommen, als sich der Versicherte nachweislich in stationärer Behandlung befand: 1. Aufenthalt im Städtischen Klinikum D. (mit zweimaligem Herz-Kreislaufstillstand) vom 5. Juli bis 10. August 1999; Mandatierung zweimal am 3.8.1999 sowie einmal am 6.8.1999); 2. Aufenthalt im Städtischen Klinikum D. vom 22. bis 23. November 1999, (vgl. Bl. 20 GA S 6 RA 168/99, Bl. 20; drei Mandate (Bl. 176 GA).
Beachtenswert ist insoweit auch, dass der Versicherte nach den Angaben der Beklagten in dem Verfahren S 6 RA 168/99 vom 2. September bis 22. September 1999 wegen einer Arteriosklerose der Extremitäten-Arterien arbeitsunfähig war. Gleichwohl nahm er in diesem Zeitraum zehn Mandate an (vgl. Bl. 59 GA S 6 RA 168/99 und S. 176 GA dieses Verfahrens). Dies passt auch zu der Tatsache, dass in dem Briefkopf der Anwaltskanzlei des Versicherten manchmal ein anderer Anwalt aufgeführt wird (M. K. ; vgl. Bl. 8 der Akte S 6 RA 168/99), was für eine feste Zusammenarbeit spricht. Nachweislich hat sogar ein dritter Anwalt (B. ) das Rentenverfahren des Versicherten bearbeitet, obgleich dies ebenfalls auf der vorgelegten Liste als Verfahren genannt wird, in dem der Versicherte mandatiert worden sei.
Auffällig ist auch, dass der Versicherte in dem vorliegenden Verfahren nicht in erster Linie behauptet hat, sein Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich gebessert, sondern auf seine tatsächliche Arbeitstätigkeit hingewiesen und ausgeführt hat, er habe seine Arbeitsunfähigkeit beendet. Da es insoweit wie dargelegt auf den objekti-ven Gesundheitszustand ankommt, ist eine solche Beendigung durch einen Willensentschluss nicht vorstellbar. Auch Selbständige können nicht durch einfachen Willensentschluss die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den Krankengeldbezug dadurch herstellen, dass sie ihre Arbeitstätigkeit innerhalb des gesundheitlich Mögli-chen verändern. Dies gilt zumindest, solange sich der Gesundheitszustand oder die versicherte Tätigkeit nicht verändert haben.
Daher kann sich der Senat der Ansicht des Sachverständigen F. , die Herzkrankheit sei kein Hindernis für die Berufsausübung als Rechtsanwalt gewesen, aus Rechts-gründen nicht anschließen, da insoweit nicht ausreichend zwischen dem Vollbild der vormals ausgeübten Tätigkeit und ihrem nachfolgend tatsächlich geringeren Umfang differenziert wird. Aus dem Umstand, dass der Versicherte vereinzelt Schriftsätze gefertigt hat und rund zwei Gerichtstermine pro Monat wahrgenommen hat, kann nicht der Schluss auf eine Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V gezogen werden. Denn auch in dem Zeitraum des vorherigen Krankengeldbezuges bestand keine völlige Arbeitsunfähigkeit des Versicherten. Dies folgt aus den medizinischen Feststellungen im Rentenverfahren. In diesem hat Dr. H. - Internist - im Rahmen einer Begutachtung nach einer Untersuchung am 5. März 1999 eingeschätzt, der Versicherte könne angesichts der Herzkrankheit als Rechtsanwalt zweistündig bis unterhalbschichtig arbeiten. Es ist nicht erkennbar, dass der Versicherte im streitigen Zeitraum über diesen Rahmen hinaus berufstätig gewesen ist. Angesicht dieser Erkrankungen ist es auch ausgeschlossen, dass der Versicherte jemals nach dem 31. Juli 1999 (Ende des Krankengeldbezuges) gesundheitlich dem Vollbild eines Rechtsanwaltes entsprechen konnte (Zeitdruck, feste Termine, Verantwortung, Stress, Reisetätigkeit). Immerhin lag nach den glaubhaften Angaben des Versicherten ein Grad der Behinderung von 100 vor.
Der Senat kann sich auch nicht der Einschätzung von Dr. R. anschließen, wonach nach Optimierung der Dialysebehandlung im Juli 1999 zunächst eine deutliche Stabilisierung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Zum einen lässt eine Besserungs-angabe keine Rückschlüsse darauf zu, in welchem Umfang dem Versicherten Arbeiten zumutbar waren. Die Angabe, der Gesundheitszustand des Versicherten habe sich nach Durchführung der Dialyse verbessert, ist nur relativ zu dem vorhergehenden Zustand. Dieser war lebensbedrohlich. Dies lässt sich unproblematisch aus dem Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums D. vom 12. August 1999 nach dem stationären Aufenthalt vom 5. Juli bis 10. August 1999 entnehmen (vgl. Bl. 40 GA S 6 RA 168/99). Danach war es im Laufe der stationären Behandlung zweimalig zu einem Herz-Kreislaufstillstand gekommen; weiterhin sei es zu einer "völligen Entgleisung" des Versicherten gekommen, der sich fortwährend betrunken habe. Selbst durch tägliche Dialysen sei dieser Zustand nicht beherrschbar gewesen. Allein der Umstand, dass keine lebensbedrohliche Situation mehr vorlag und sich der Zustand auf niedrigem Niveau stabilisiert hat, lässt nicht den Schluss zu, der Versicherte sei wieder voll arbeitsfähig gewesen. Unklar ist auch, ob Dr. R. den Gesundheitszustand des Versicherten überhaupt ausreichend beurteilen konnte. Der Versicherte selbst hat sie am 19. November 1999 in dem Verfahren S 6 RA 168/99 noch nicht als behandelnde Ärztin benannt (Bl. 15 jener Gerichtsakte).
Zum anderen ist medizinisch keine Besserung erkennbar. Für eine gleichbleibend bestehende Arbeitsunfähigkeit sprechen insbesondere die Angaben von Dipl.-Med. H. , die betont hat, sie habe den Versicherten nur auf dessen eigenen Wunsch aus der Arbeitsunfähigkeit entlassen. Sie hat ausgeführt, die Arbeitstätigkeit geschehe gegen ihren Willen; der Versicherte sei weiterhin arbeitsunfähig. Ausdrücklich hat sie am 3. Januar 2000 in dem Verfahren S 6 RA 168/99 (Bl. 19 dieser Akte) mitgeteilt, seit 1997 sei eine zunehmende Befundverschlechterung eingetreten.
Auch der vom Gericht bestellte Sachverständige F. hat ausgeführt, der Gesundheits-zustand des Versicherten sei immer relativ schlecht gewesen; nach Hinzutreten der Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit der Dialysebehandlung im Jahre 1999 sei insgesamt eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bezüglich einer Erkrankung (zB der Herzkrankheit oder der Niereninsuffizienz) seit 1999 konnte er ebenfalls nicht feststellen.
Auch der Versicherte hat in jenem Rentenverfahren unter dem 19. November 1999 geltend gemacht, sein Gesundheitszustand habe sich seit dem 21. Oktober 1998 wesentlich verschlechtert, da eine totale Niereninsuffizienz und ein zeitweiliger Stimmbandausfall hinzugekommen wäre und die Herzbeschwerden sich verstärkt hätten. Dazu passt nicht, nun von einer Verbesserung auszugehen. Da sich der objektive Gesundheitszustand des Versicherten seit Juni 1999 nicht geändert - insbesondere nicht verbessert - hat, konnte die durch seine Herzerkrankung begründete Arbeitsunfähigkeit nicht geendet haben und deshalb auch nachfolgend kein neuer Anspruch auf Krankengeld entstanden sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf durch die genannte Rechtsprechung geklärter Grundlage.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten Dr. K. H. C. die Zahlung von Krankengeld.
Der Versicherte war als Rechtsanwalt selbständig tätig und bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Ab 6. Juni 1997 war er wiederholt wegen einer Herzerkrankung arbeitsunfähig. Am 13. Juli 1998 berichtete Dipl.-Med. H. - Fachärztin für Innere Medizin -, unter Ruhebedingungen beständen zurzeit keine manifesten kardialen Dekompensationszeichen. Dem Patienten wurde empfohlen, Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen, da kardiale Dekompensationszeichen bereits bei geringen körperlichen Belastungen aufträten. Unter dem 22. August 1998 führte jene Ärztin aus, es läge eine Herzleistungsminderung im Grade NYHA Stadium III vor. In der Ergometrie erfolgte der Abbruch nach drei Minuten bei 50 Watt wegen Dyspnoe.
Unter dem 19. Mai 1999 berichtete das Städtische Klinikum D. von einer absoluten Arrhythmie infolge Vorhofflimmerns bei koronarer Herzerkrankung, chronischem Potatorium (Alkoholismus) mit Lebererkrankung und Zustand nach ACVB (Aorto-Coronarer-Venen-Bypass) Oktober 1997. Am 6. Juli 1999 diagnostizierte das Städti-sche Klinikum in D. unter anderem eine dekompensierte Niereninsuffizienz sowie eine akutisierte periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK; Bl. 26 Gerichtsakte).
Die Beklagte gewährte dem Versicherten für insgesamt 78 Wochen auf Grund dieser Erkrankung Krankengeld. Mit Bescheid vom 31. Mai 1999 teilte die Beklagte mit, der Krankengeldhöchstanspruch laufe am 31. Juli 1999 ab. An diesem Tage würde letztmalig Krankengeld gezahlt. Die behandelnde Ärztin entließ den Versicherten zum 1. Oktober 1999 auf seinen Wunsch aus der Arbeitsunfähigkeit; daraufhin nahm dieser nach eigenen Angaben ab diesem Tage seine Erwerbstätigkeit wieder auf. In einem Schreiben vom 9. November 1999 führte die Beklagte aus, die maßgebliche Dreijahresfrist nach § 48 Abs 1 SGB V laufe vom 6. Juni 1997 bis 5. Juni 2000. Daher bestehe erst ab dem 5. Juni 2000 erneut Anspruch auf Krankengeld für 78 Wochen für dieselbe Erkrankung.
Am 7. Juni 2000 wurde der Versicherte unter Diagnose N18.0 (terminale Niereninsuffi-zienz) von seiner behandelnden Ärztin Dr. R. arbeitsunfähig geschrieben. Die Beklagte hielt daraufhin Rücksprache mit der Hausärztin des Versicherten Dipl.-Med. H ... Diese führte aus, der Versicherte lasse sich wegen der Herzerkrankung nicht mehr krankschreiben. Dies geschehe gegen ihren Willen. Das Herz des Versicherten werde nie wieder richtig arbeiten; demzufolge sei er weiterhin arbeitsunfähig. Unter dem 6. Juli 2000 ergänzte sie, der Versicherte sei bereits seit Jahren erwerbsunfähig. Mit Schreiben vom 13. Juli 2000 lehnte die Beklagte die weitere Gewährung von Krankengeld ab.
Hiergegen hat der Versicherte am 17. Juli 2000 Klage erhoben und ausgeführt, er sei nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraumes erneut arbeitsunfähig geworden. In der Zeit davor habe er gearbeitet und Krankenversicherungsbeiträge abgeführt. Er habe seine Arbeitsunfähigkeit beendet.
Im Weiteren hat Dr. R. bestätigt, dass der Versicherte seit dem 7. Juni 2000 wegen einer chronischen Niereninsuffizienz arbeitsunfähig sei. Zuvor habe er noch gearbeitet. Diese Erkrankung sei keine Folgeerkrankung der Herzkrankheit. Am 17. November 2000 hat das Städtische Klinikum D. eine PAVK Stadium III festgestellt.
Auf Bitten der Beklagten hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) unter dem 4. Oktober 2000 eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage erstattet. Darin hat Dipl.-Med. K. dargelegt, dass unter Berücksichtigung des Gesamtkrankheitsverlaufes eine Arbeitsunfähigkeit auf Dauer seit mindes-tens 1998 angenommen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2000 hat die Beklagte den Widerspruch des Versicherten zurückgewiesen und ausgeführt, wegen der fortbestehenden Herzkrankheit sei die Arbeitsunfähigkeit nicht, wie in § 48 Abs 2 SGB V gefordert, für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten entfallen.
Im Weiteren hat Dr. R. unter dem 16. April 2001 dargelegt, seit 1999 bestehe ein terminales, dialysepflichtiges Nierenversagen mit chronischer Bauchfelldialyse (Bl. 31 Gerichtsakte S 2 KR 34/00). Die Herzerkrankung liege seit 1997 vor. Nach anfänglicher Besserung des Befindens durch Optimierung der Dialysebehandlung sei es zu einer Verschlechterung der PAVK gekommen. Nach der Einleitung der Dialysebehandlung im Juli 1999 sei es zunächst zu einer deutlichen Stabilisierung des Gesundheitszustandes gekommen. Der Versicherte sei kardial stabil gewesen und habe seine Anwaltskanzlei neben der Dialysebehandlung fortgeführt.
Am 10. April 2001 verstarb der Versicherte. Das Verfahren hat zunächst der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin als Nachlasspfleger für die Erben des Versicherten fortgeführt. Er hat ausgeführt, es sei unerheblich, ob der Versicherte tatsächlich arbeitsfähig gewesen sei. Es genüge für den Anspruch aus § 48 Abs 2 SGB V, wenn der Versicherte bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit im Rahmen seines Restleistungsvermögens erwerbstätig sei oder aber der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Dies treffe hier zu. Nach Ansicht der Beklagten war dagegen auf den objektiven Gesundheitszustand abzustellen. Zwar könne die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit den Schluss zulassen, dass der Versicherte zur Ausübung dieser Tätigkeit in der Lage sei. Dies gelte jedoch nicht bei Verrichtung der Arbeit auf Kosten der Gesundheit.
In einem Befundbericht vom 17. März 2003 hat Dipl.-Med. H. ausgeführt, bereits in dem Zeitraum vom 31. Juli 1999 bis 7. Juni 2000 habe eine dialysepflichtige Nierenin-suffizienz bestanden, die durch das Dialysezentrum D. behandelt worden sei. Die chronische ischämische Herzkrankheit habe selbstverständlich weiterhin vorgelegen, habe aber nicht die Hauptursache der Arbeitsunfähigkeit gebildet.
Mit Urteil vom 21. Juli 2005 hat das Sozialgericht Dessau antragsgemäß den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2000 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezem-ber 2000 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Nachlassverwalter für den Zeitraum vom 7. Juni 2000 bis zum 10. April 2001 für die bei dem Versicherten bestehende Arbeitsunfähigkeit Krankengeld in gesetzlicher Dauer und Höhe zu gewähren. Zur Begründung heißt es, der Versicherte habe in dem vorhergehenden Dreijahreszeitraum nicht für 78 Wochen Krankengeld wegen derselben Krankheit bezogen, weshalb er in dem anschließenden Dreijahreszeitraum seit dem 7. Juni 2000 arbeitsunfähig gewesen sei. Dies folge aus den vorliegenden medizinischen Unterla-gen.
Gegen die am 27. Juli 2005 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 24. August 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihren bisherigen Vortrag weiter vertieft. Dem Versicherten sei es nur darum gegangen, nach Ablehnung seines Rentenantrages eine neue Einkommensquelle zu haben. Der Rentenantrag des Versicherten auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente mache deutlich, dass er sich selbst auch nicht mehr für arbeitsfähig gehalten habe. Dieser Antrag sei aus-schließlich an dem Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gescheitert.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 21. Juli 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Im September 2009 ist die Klägerin als Ehefrau des Versicherten in das Verfahren eingetreten und hat die Verfahrensfortführung genehmigt. Sie sei Sonderrechtsnachfolgerin, da sie mit dem Versicherten zum Zeitpunkt seines Todes in einer gemeinsamen Wohnung im Sinne von § 56 Abs 1 SGB I zusammengelebt habe.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Weiterhin hat sie eine Liste von Verfahren vorgelegt, die der Versicherte in der Zeit vom 6. August 1999 bis 6. Juni 2000 als Rechtsanwalt angenommen habe (ca. 150 Verfahren). Ferner wurde eine Liste vorgelegt, welche Gerichtstermine in der Zeit vom 16. September 1999 bis 30. Mai 2000 von dem Versicherten wahrgenommen worden seien (18 Termine/2 Termine pro Monat).
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin F ... Dieser hat ausgeführt, bei der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes handele es sich um eine akademische Tätigkeit, die fast ausschließlich Funktionen des Gehirns in Anspruch nehme. Wenn eine Herzkranzgefäßerkrankung nicht zu einer höhergradigen Herzschwäche führe (mindestens NYHA 3, Beschwerden bei geringer körperlicher Belastung), könne sie kaum als Begründung einer Dauerarbeitsunfähigkeit im Beruf eines Rechtsanwalts herangezogen werden. Aus den vorliegenden Befundbe-richten sei eine besondere Schwere der Herzerkrankung nicht ersichtlich. Unüberseh-bar sei die den Wünschen des Versicherten entsprechende Ausrichtung nach den Fristen für den Bezug des Krankengeldes. Da die Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Dialyse schon seit 1999 bestanden habe, sei nicht nachzuvollziehen, warum sie akut ab dem 7. Juni 2000 Arbeitsunfähigkeit bewirkt haben solle bzw. warum nicht schon vorher. Die Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Dialyse-behandlung führe zunächst auch nur zu einer zeitlichen Einschränkung im Hinblick auf die Berufstätigkeit. Der Zeitbedarf sei mit dreimal 4 - 5 Stunden/Woche anzusetzen. Mit einer freiberuflichen Tätigkeit sei diese Behandlung zu vereinbaren. Es seien keine Indizien dafür erkennbar, dass der Versicherte auf Kosten seiner Gesundheit gearbei-tet habe. Der Gesundheitszustand sei immer relativ schlecht gewesen. Nach Eintritt der Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit der Dialysebehandlung 1999 sei insgesamt eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Diese sei als eine neu hinzugekommene, eigenständige Erkrankung zu werten. Es sei aber nicht erkennbar, dass sie geeignet gewesen wäre, Arbeitsunfähigkeit auf Dauer im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Rechtsanwaltes zu begründen. Dass der Versicherte in der Lage gewesen sei, als Rechtsanwalt zu arbeiten, sei allein aus den Schriftsätzen in der eigenen Sache ersichtlich. Erstaunlicherweise habe die Beklagte anscheinend keine Notwendigkeit gesehen, die lang andauernde Attestierung der Arbeitsunfähigkeit seitens des MDK durch ein eigenes Gutachten mit Untersuchung überprüfen zu lassen. Insgesamt sei festzustellen, dass die Herzkrankheit kein Hindernis für die Berufsaus-übung als Rechtsanwalt dargestellt habe. Das Zusammenwirken der dialysepflichtigen Niereninsuffizienz, der arteriellen Verschlusskrankheit, der Herzkranzgefäßerkrankung mit kompensierter Herzschwäche, der Schilddrüsenüberfunktion, der alkoholtoxischen Leberschädigung bei mutmaßlicher Alkoholkrankheit hätten im Zusammenwirken zu länger dauernder Arbeitsunfähigkeit und mutmaßlicher Erwerbsunfähigkeit geführt.
Nach Ansicht der Beklagten war das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten nicht schlüssig bzw erhelle nicht den maßgeblichen medizinischen Sachverhalt. Auf dem Boden der Grunderkrankung "arteriosklerotische Gefäßerkrankung" sei die Herzkrankheit, die arterielle Verschlusskrankheit und die Niereninsuffizienz entstanden. Daher handele es sich jeweils um dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 SGB V. Dem Sachverständigen seien keine medizinischen Unterlagen aus dem Zeitraum vom 1. August 1999 bis 7. Juni 2000 vorgelegt worden. Insbesondere sei nicht nachge-forscht worden, auf welche Unterlagen sich die behandelnde Ärztin Dipl.-Med. H. gestützt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Versicherte zwar ab 1. Oktober 1999 arbeitsfähig gewesen sein solle, bei Beginn der neuen Blockfrist aber alle Krankheiten im Zusammenwirken ab dem 7. Juni 2000 Arbeitsunfähigkeit bedingt haben sollten. Sämtliche Krankheiten seien bereits in der Zeit ab 1. August 1999 vorhanden gewesen.
Der Senat hat die Gerichtsakte des Rentenverfahrens des Versicherten (S 6 RA 168/99) beigezogen und den maßgeblichen Inhalt der Klägerin mitgeteilt.
Die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte des Verfahrens S 6 RA 168/99 haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Unerheblich ist, dass das erstinstanzliche Urteil an einem schweren Verfahrensfehler litt, da das Verfahren ohne Antrag der Klägerin wieder aufgenommen und diese zunächst auch nicht am Verfahren beteiligt wurde. Zwar ist nur sie aktivlegitimiert. Bei dem streitigen Krankengeldanspruch handelt es sich um eine laufende Geldleistung, die gemäß § 58 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht der Erbfolge nach Bürgerlichem Recht unterlag, da mit der Ehefrau des Versicherten eine Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne des § 56 SGB I vorhanden ist. Sie war Ehefrau des Versicherten und hat mit dem Versicherten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Die für den Eintritt der Sonderrechtsnachfolge erforderliche Voraussetzung der Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten war hier erfüllt, da ein entsprechendes Verfahren bereits eingeleitet, aber noch nicht (bestandskräftig) beendet war. Ein Sonderrechtsnachfolger tritt aber nicht nur bezüglich des einzelnen in die Sonderrechtsnachfolge fallenden anhängigen Anspruchs in die materiell-rechtliche Stellung des Verstorbenen ein, sondern tritt auch verfahrensrechtlich die Rechtsnachfolge an (so BSG, 1.9.1999 - B 13 RJ 49/98 R - SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 7 mwN). Erben oder Nachlasspfleger sind erst nachrangig aktivlegitimiert. Da die Klägerin jedoch die Prozessführung genehmigt hat, ist die fehlende Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren rückwirkend geheilt.
Das erstinstanzliche Urteil war aber aufzuheben, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten rechtmäßig war, da der Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld im streitigen Zeitraum vom 7. Juni 2000 bis 10. April 2001 hatte.
Versicherte haben nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das Krankengeld wird zwar grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Aus dieser Regelung ergibt sich, dass der Grundsatz der unbeschränkten Krankengeldgewährung für die praktisch wichtigsten Fälle, dass nämlich die Arbeitsunfähigkeit auf derselben oder einer während der Arbeitsunfähigkeit hinzugetretenen weiteren Krankheit beruht, auf 78 Wochen beschränkt ist. Dabei wird zwischen der (ersten) Krankheit (hier: der Herzerkrankung) und der hinzugetretenen (weiteren) Krankheit (hier: die Niereninsuffizienz) rechtlich grundsätzlich kein Unterschied gemacht. Die schon bestehende, also "dieselbe" Krankheit und die hinzugetretene Krankheit bilden eine Einheit, ohne dass es darauf ankommt, ob die hinzugetretene allein oder nur zusammen mit der ersten Krankheit Arbeitsunfähigkeit herbeiführt. Die weitere Krankheit verlängert nicht die Leistungsdauer und setzt auch nicht - wie eine nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit eingetretene neue Krankheit mit erneuter Arbeitsunfähigkeit - einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang (so BSG, 8.12.1992 - 1 RK 8/92 - SozR 3-2500 § 48 Nr 3 = BSGE 71, 290-294). Allerdings kann eine hinzugetretene Krankheit für spätere Be-zugszeiten in einem neuen Dreijahreszeitraum bedeutsam sein, wenn sie dann für sich allein die Arbeitsunfähigkeit bedingt bzw nach Wegfall der ersten Krankheit die - alleinige - Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist (BSG, a.a.O. m.w.N.): Wäre zB eine weitere Krankheit während des Krankengeldbezugs oder der danach fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten und wäre die Arbeitsunfähigkeit in der neuen Blockfrist nur noch auf die hinzugetretene Krankheit zurückzuführen, wäre mit der hinzugetretenen als "derselben" Krankheit die Bezugszeit von 78 Wochen wegen dieser Krankheit in der vorhergehenden Blockfrist noch nicht verbraucht.
Hier bestand bei dem Versicherten in dem vorhergehenden Dreijahreszeitraum vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1999 unstreitig Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldzahlung für 78 Wochen wegen chronischer ischämischer Herzkrankheit. Hinzu kam seit dem 6. Juli 1999 eine dekompensierte Niereninsuffizienz.
Mit diesen Erkrankungen konnte der Versicherte seine Tätigkeit als Rechtsanwalt jedenfalls seit Juli 1999 nicht mehr vollwertig ausüben. Wie das BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, kommt als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit iS des Krankenversicherungsrechts grundsätzlich nur die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht (BSG, 7.8.1991 - 1/3 RK 28/89 - SozR 3-2200 § 182 Nr 9 mwN), dh hier die Tätigkeit als Rechtsanwalt ohne besondere Spezialisierung oder Schwerpunktsetzung. Bei der Verweisung im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses sind auch die besonderen Bedingungen des Arbeitsplatzes zu berücksichtigen. Das Krankengeld dient der wirtschaftlichen Sicherstellung bei Krankheit (§ 4 Abs 2 Nr 2 SGB I) und bietet Ersatz für das Entgelt, das dem Versicherten infolge Krankheit entgeht. Deshalb ist wirtschaftlicher Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit diejenige Tätigkeit, die der Arbeits-unfähige ohne Krankheit ausüben würde. Wäre er nach den tatsächlichen Verhältnis-sen ohne die Krankheit an seinem letzten Arbeitsplatz tätig, muss dieser als Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit gelten. Jedenfalls so lange dieser Arbeitsplatz besteht, ist Bezugspunkt einer "Verweisung" die letzte konkrete Arbeit mit ihren besonderen Bedingungen, nicht etwa die Art der Tätigkeit als solche (BSG, aaO). Entsprechendes gilt für eine selbständige Erwerbstätigkeit. Diese konnte der Versicherte, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bis zum bis 31. Juli 1999 nicht vollwertig ausüben. Dies hält der Senat angesichts der umfangreichen Darlegungen des Versicherten selbst zu der Frage der Erwerbsfähigkeit in dem Verfahren S 6 RA 168/99 und aufgrund der vielen schweren Erkrankungen für schlüssig und überzeugend.
Der Versicherte ist über diesen Zeitraum hinaus durchgängig wegen seiner Herzerkrankung arbeitsunfähig gewesen; sein Gesundheitszustand hat sich insgesamt seit dem 1. August 1999 auch nicht vorübergehend verbessert. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Versicherte seine selbständige Tätigkeit in irgendeinem Zeitabschnitt neu organisiert hätte, so dass ihm eine Tätigkeit als Rechtsanwalt - zB nur im beratenden Bereich - in vollem Umfang zumutbar gewesen wäre. Vielmehr hat er insbesondere seine im Kern unveränderte Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht reduziert und auf diesem niedrigen Niveau ab dem 1. August 1999 bzw 1. Oktober 1999 fortgeführt.
Bei der Frage der Arbeitsfähigkeit kommt es auf den objektiven Gesundheitszustand an; die tatsächliche Arbeitstätigkeit ist unerheblich (BSG, 17.8.1982 - 3 RK 28/81 - BSGE 54, 62 = SozR 2200 § 182 Nr 84). Insbesondere macht die gesundheitliche Möglichkeit, die bisherige Tätigkeit teilweise wieder auszuüben, den Versicherten nicht arbeitsfähig. Es gibt keine Teil-Arbeitsunfähigkeit oder eine prozentual zu bemessende Arbeitsunfähigkeit (BSG, 12.9.1978 - 5 RJ 6/77 - BSGE 47, 47 =- SozR 2200 § 1237 Nr 9; BSG 8.8.1990 - 1 RR 4/88 - BSGE 67, 163; Höfler in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB V Rdz. 19). Selbst wenn Versicherte ihre Beschäftigung teilweise wieder aufnehmen, sind sie weiter arbeitsunfähig.
Hier bestehen keine Zweifel, dass der Versicherte seine Berufstätigkeit nur in Teilbereichen wieder aufnehmen konnte und weder seine frühere selbständige Tätigkeit wie vor Beginn der Erkrankung noch überhaupt eine Tätigkeit ausüben konnte, die dem Vollbild eines Rechtsanwaltes entspricht. Dies zeigt schon der eigene Vortrag des Versicherten in dem Rentenverfahren S 6 RA 168/99. Darin hat er geltend gemacht, er sei seit 1993 erwerbs- bzw berufsunfähig (Bl. 9 d. Akte des Rentenverfahrens). Ausdrücklich wurde in dem Zusammenhang ausgeführt, dass er den Umfang der ihm möglichen Tätigkeiten vermindert habe. Unter dem 19. November 1999 - und damit in dem hier zu beurteilenden Zeitraum der streitigen Arbeitsfähigkeit - hat der Versicherte persönlich angegeben, er übe sein Gewerbe als Rechtsanwalt nur reduziert aus: "äußerst eingeschränkt, Überwachung des Büroablaufs in meiner Kanzlei". Dies steht in Übereinstimmung mit der medizinischen Einschätzung der Gutachten des MDK. Die andersartige Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch Herrn F. ist medizinisch schon deshalb problematisch, da dieser nicht weiter beachtet hat, dass bei dem Versicherten schon 1998 eine Herzerkrankung im Grade NYHA III festgestellt worden ist. Eine so schwere Erkrankung hat der Sachverständige selbst als geeignet angesehen, auf Dauer Arbeitsunfähigkeit für einen Rechtsanwalt zu begründen.
Deutlich sind die Angaben von Frau Dipl.-Med. H. vom 3. Januar 2000 in dem Verfahren S 6 RA 168/99 (Bl. 19 dieser Akte). Auf die Frage nach der Arbeitsunfähig-keit hat sie geantwortet: "Seit Dezember 1998 permanent au, wobei der Patient auf eigenen Wunsch trotz bescheinigter Arbeitsunfähigkeit stunden- oder tageweise nach eigener Entscheidung seiner Arbeit nachging". Eine solche stunden- oder tageweise Arbeitstätigkeit nach eigener Entscheidung ist kein Indiz für eine vollständige Arbeitsfähigkeit.
Soweit die Klägerin zum Beleg der Arbeitstätigkeit des Versicherten eine Liste von Mandaten vorlegt, die dieser im Laufe des Jahres 1999/2000 bearbeitet hat, steht dies nach dem oben Ausgeführten der Annahme der Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen. Dies gilt umso mehr als 33 der rund 150 Mandate schon angenommen wurden, bevor der Versicherte nach eigenen Angaben seine Tätigkeit wieder aufnahm und nach eigenem Vortrag noch arbeitsunfähig war. Bemerkenswerterweise wurden mehrere Mandate sogar angenommen, als sich der Versicherte nachweislich in stationärer Behandlung befand: 1. Aufenthalt im Städtischen Klinikum D. (mit zweimaligem Herz-Kreislaufstillstand) vom 5. Juli bis 10. August 1999; Mandatierung zweimal am 3.8.1999 sowie einmal am 6.8.1999); 2. Aufenthalt im Städtischen Klinikum D. vom 22. bis 23. November 1999, (vgl. Bl. 20 GA S 6 RA 168/99, Bl. 20; drei Mandate (Bl. 176 GA).
Beachtenswert ist insoweit auch, dass der Versicherte nach den Angaben der Beklagten in dem Verfahren S 6 RA 168/99 vom 2. September bis 22. September 1999 wegen einer Arteriosklerose der Extremitäten-Arterien arbeitsunfähig war. Gleichwohl nahm er in diesem Zeitraum zehn Mandate an (vgl. Bl. 59 GA S 6 RA 168/99 und S. 176 GA dieses Verfahrens). Dies passt auch zu der Tatsache, dass in dem Briefkopf der Anwaltskanzlei des Versicherten manchmal ein anderer Anwalt aufgeführt wird (M. K. ; vgl. Bl. 8 der Akte S 6 RA 168/99), was für eine feste Zusammenarbeit spricht. Nachweislich hat sogar ein dritter Anwalt (B. ) das Rentenverfahren des Versicherten bearbeitet, obgleich dies ebenfalls auf der vorgelegten Liste als Verfahren genannt wird, in dem der Versicherte mandatiert worden sei.
Auffällig ist auch, dass der Versicherte in dem vorliegenden Verfahren nicht in erster Linie behauptet hat, sein Gesundheitszustand habe sich zwischenzeitlich gebessert, sondern auf seine tatsächliche Arbeitstätigkeit hingewiesen und ausgeführt hat, er habe seine Arbeitsunfähigkeit beendet. Da es insoweit wie dargelegt auf den objekti-ven Gesundheitszustand ankommt, ist eine solche Beendigung durch einen Willensentschluss nicht vorstellbar. Auch Selbständige können nicht durch einfachen Willensentschluss die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den Krankengeldbezug dadurch herstellen, dass sie ihre Arbeitstätigkeit innerhalb des gesundheitlich Mögli-chen verändern. Dies gilt zumindest, solange sich der Gesundheitszustand oder die versicherte Tätigkeit nicht verändert haben.
Daher kann sich der Senat der Ansicht des Sachverständigen F. , die Herzkrankheit sei kein Hindernis für die Berufsausübung als Rechtsanwalt gewesen, aus Rechts-gründen nicht anschließen, da insoweit nicht ausreichend zwischen dem Vollbild der vormals ausgeübten Tätigkeit und ihrem nachfolgend tatsächlich geringeren Umfang differenziert wird. Aus dem Umstand, dass der Versicherte vereinzelt Schriftsätze gefertigt hat und rund zwei Gerichtstermine pro Monat wahrgenommen hat, kann nicht der Schluss auf eine Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V gezogen werden. Denn auch in dem Zeitraum des vorherigen Krankengeldbezuges bestand keine völlige Arbeitsunfähigkeit des Versicherten. Dies folgt aus den medizinischen Feststellungen im Rentenverfahren. In diesem hat Dr. H. - Internist - im Rahmen einer Begutachtung nach einer Untersuchung am 5. März 1999 eingeschätzt, der Versicherte könne angesichts der Herzkrankheit als Rechtsanwalt zweistündig bis unterhalbschichtig arbeiten. Es ist nicht erkennbar, dass der Versicherte im streitigen Zeitraum über diesen Rahmen hinaus berufstätig gewesen ist. Angesicht dieser Erkrankungen ist es auch ausgeschlossen, dass der Versicherte jemals nach dem 31. Juli 1999 (Ende des Krankengeldbezuges) gesundheitlich dem Vollbild eines Rechtsanwaltes entsprechen konnte (Zeitdruck, feste Termine, Verantwortung, Stress, Reisetätigkeit). Immerhin lag nach den glaubhaften Angaben des Versicherten ein Grad der Behinderung von 100 vor.
Der Senat kann sich auch nicht der Einschätzung von Dr. R. anschließen, wonach nach Optimierung der Dialysebehandlung im Juli 1999 zunächst eine deutliche Stabilisierung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Zum einen lässt eine Besserungs-angabe keine Rückschlüsse darauf zu, in welchem Umfang dem Versicherten Arbeiten zumutbar waren. Die Angabe, der Gesundheitszustand des Versicherten habe sich nach Durchführung der Dialyse verbessert, ist nur relativ zu dem vorhergehenden Zustand. Dieser war lebensbedrohlich. Dies lässt sich unproblematisch aus dem Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums D. vom 12. August 1999 nach dem stationären Aufenthalt vom 5. Juli bis 10. August 1999 entnehmen (vgl. Bl. 40 GA S 6 RA 168/99). Danach war es im Laufe der stationären Behandlung zweimalig zu einem Herz-Kreislaufstillstand gekommen; weiterhin sei es zu einer "völligen Entgleisung" des Versicherten gekommen, der sich fortwährend betrunken habe. Selbst durch tägliche Dialysen sei dieser Zustand nicht beherrschbar gewesen. Allein der Umstand, dass keine lebensbedrohliche Situation mehr vorlag und sich der Zustand auf niedrigem Niveau stabilisiert hat, lässt nicht den Schluss zu, der Versicherte sei wieder voll arbeitsfähig gewesen. Unklar ist auch, ob Dr. R. den Gesundheitszustand des Versicherten überhaupt ausreichend beurteilen konnte. Der Versicherte selbst hat sie am 19. November 1999 in dem Verfahren S 6 RA 168/99 noch nicht als behandelnde Ärztin benannt (Bl. 15 jener Gerichtsakte).
Zum anderen ist medizinisch keine Besserung erkennbar. Für eine gleichbleibend bestehende Arbeitsunfähigkeit sprechen insbesondere die Angaben von Dipl.-Med. H. , die betont hat, sie habe den Versicherten nur auf dessen eigenen Wunsch aus der Arbeitsunfähigkeit entlassen. Sie hat ausgeführt, die Arbeitstätigkeit geschehe gegen ihren Willen; der Versicherte sei weiterhin arbeitsunfähig. Ausdrücklich hat sie am 3. Januar 2000 in dem Verfahren S 6 RA 168/99 (Bl. 19 dieser Akte) mitgeteilt, seit 1997 sei eine zunehmende Befundverschlechterung eingetreten.
Auch der vom Gericht bestellte Sachverständige F. hat ausgeführt, der Gesundheits-zustand des Versicherten sei immer relativ schlecht gewesen; nach Hinzutreten der Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit der Dialysebehandlung im Jahre 1999 sei insgesamt eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bezüglich einer Erkrankung (zB der Herzkrankheit oder der Niereninsuffizienz) seit 1999 konnte er ebenfalls nicht feststellen.
Auch der Versicherte hat in jenem Rentenverfahren unter dem 19. November 1999 geltend gemacht, sein Gesundheitszustand habe sich seit dem 21. Oktober 1998 wesentlich verschlechtert, da eine totale Niereninsuffizienz und ein zeitweiliger Stimmbandausfall hinzugekommen wäre und die Herzbeschwerden sich verstärkt hätten. Dazu passt nicht, nun von einer Verbesserung auszugehen. Da sich der objektive Gesundheitszustand des Versicherten seit Juni 1999 nicht geändert - insbesondere nicht verbessert - hat, konnte die durch seine Herzerkrankung begründete Arbeitsunfähigkeit nicht geendet haben und deshalb auch nachfolgend kein neuer Anspruch auf Krankengeld entstanden sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf durch die genannte Rechtsprechung geklärter Grundlage.
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