Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
67
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 905/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 248/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der 1949 geborene Kläger erlitt in Ausübung seiner Tätigkeit als Maler einen Arbeitsunfall, als er am 19. Juni 2000 um 7.45 Uhr beim Verspachteln einer Decke seitlich von der Leiter kippte und mit dem Rücken auf die Verstrebungen der Leiter fiel. Er wurde bereits um 8.10 Uhr in die P-Klinik W eingeliefert, wo eine LWK-1-Fraktur festgestellt wurde. Als Befund wurden Schmerzen im LWS-Bereich angegeben. Kopf, Thorax, Abdomen und Becken sind unauffällig und die Extremitäten frei gewesen, neurologische Ausfälle bestanden nicht (Durchgangsarztbericht von Dr. A, P-Klinik W, vom 20. Juni 2000). Der Kläger wurde dann in das Ukranken-haus B verlegt. Die bildgebenden Befunde ergaben einen Berstungsbruch mit Knochenfragmenten im Spinalkanal des LWK 1, der insgesamt als instabile Frak-tur gewertet wurde. Es fanden sich keine peripheren neurologischen Defizite oder Sensibilitätsausfälle und keine offenen Verletzungen am Rücken. Die Diagnose lautete: instabile LWK-1-Fraktur. (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. E, Ukran-kenhaus B, vom 20. Juni 2000). Aufgrund der Diagnose einer LWK-2-Kompressionsfraktur mit Hinterkantenbeteiligung und Dislokation eines 3 mm gro-ßen Fragments in den Spinalkanal wurde die Fraktur am 23. Juni 2000 operativ versorgt mittels eines Fixateurs interne von L 1 auf L 3. Am 28. Juni 2000 erfolgte eine ventrale Gegenstabilisierung mit Wirbelkörper- und Bandscheibenausräu-mung sowie Implantation eines spongiosagefüllten Titankörbchens und lateraler Implantation einer Stangenkonstruktion am. Am 11. Juli 2000 wurde der Kläger nach einem komplikationslosen postoperativen Verlauf und krankengymnastischer Mobilisierung bei subjektiver Beschwerdearmut, reizlosen Wundverhältnissen und ohne neurologische Ausfallerscheinungen entlassen (Zwischenbericht des Ukran-kenhauses B vom 10. Juli 2000). Es folgte zunächst eine stationäre Rehabilitation in der M-Klinik H (vom 11. Juli bis zum 15. August 2000) und anschließend eine ambulante Behandlung in Form einer intensiven Krankengymnastik bei dem Chi-rurgen T in dem Reha-Zentrum im Forum P. Ausweislich des weiteren Zwischen-berichts des Ukrankenhauses B vom 04. Oktober 2000 klagte der Kläger jedoch über ständige Schmerzen im Rücken. Die Auswertung der Röntgenbilder vom 30. August 2000 ergab eine gute Lage des Osteosynthesematerials und der Fraktur. An der Hinterkante bestand keine Stufenbildung, auch eine Gibbusbildung war nicht zu verzeichnen. Lediglich im Bereich der Vorderkante war der 2. LWK etwas ausladend. Daraufhin wurde im Ukrankenhaus eine neurophysiologische Therapie nach Vojta durchgeführt. In dem Zwischenbericht vom 10. Januar 2001 berichtete das Ukrankenhaus von einem schleppenden Heilverlauf. Die neurologische Konsi-liaruntersuchung habe eine Neuralgie des Nervus iliohypogastricus und ilioingui-nalis erbracht. Die erfolgte ambulante Behandlung sei bisher nicht in der Lage gewesen, die angegebene Schmerzproblematik zu lindern. Die Röntgenuntersu-chung am 12. Oktober 2000 habe eine beginnende ventrale Abstützreaktion bei L 1/L 2 gezeigt, die Materiallage sei reizlos ohne Zeichen einer Lockerung, das Wirbelkörperinterponat habe eine mittelständige Lage. Da die angegebene Be-schwerdesymptomatik bei guter operativer Versorgung und regelrechter Metallla-ge ohne Fehlstellung nicht hinreichend zu erklären sei, sei eine nochmalige neuro-logische und ggf. auch psychosomatische Vorstellung im Rahmen eines stationä-ren Aufenthaltes geplant. Der Kläger befand sich daraufhin vom 23. Januar bis zum 05. Februar 2001 in stationärer Behandlung des Ukrankenhauses B. Aus-weislich des Zwischenberichts vom 05. Februar 2001 war die LWK-2-Kompressionsfraktur mittlerweile knöchern konsolidiert, wie die nochmals gefertig-ten Röntgenaufnahmen gezeigt hätten. Die weitere Röntgendiagnostik habe unfal-lunabhängige deutliche degenerative Veränderungen im Bereich der übrigen LWS wie auch degenerative Veränderungen in beiden Iliosakralgelenken gezeigt. Nachdem sich unter intensiven krankengymnastischen Übungsbehandlungen so-wie begleitender physikalischer Therapie auch unter stationären Bedingungen keine wesentliche Beschwerdelinderung habe erzielen lassen, sei eine CT-gestützte Infiltration beider Iliosakralgelenke vorgenommen worden, in denen sich unfallunabhängige degenerative Veränderungen manifestierten. Danach sei es zu einer deutlichen Beschwerdelinderung gekommen, so dass der Kläger zum jetzi-gen Zeitpunkt praktisch beschwerdefrei sei. Es bestehe Arbeitsfähigkeit ab dem 19. Februar 2001. Die ab dem 19. Februar 2001 begonnene berufliche Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell brach der Kläger am 09. März 2001 ab. Nach dem Zwi-schenbericht des Ukrankenhauses B vom 09. März 2001 fand sich ein deutlicher Druckschmerz im Bereich beider Iliosakralgelenke, weniger im unteren Bereich der LWS. Eine wettbewerbsfähige Wiedereingliederung in seinen Beruf als Maler erscheine aussichtslos. Die Heilbehandlung wurde zum 30. April 2001 abge-schlossen (Zwischenbericht des Ukrankenhauses B vom 23. März 2001)
Mit Bescheid vom 27. April 2001 stellte die Beklagte die Verletztengeldgewährung mit Ablauf des 29. April 2001 ein. Den Antrag auf Überprüfung dieses Bescheids lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Mai 2005 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 09. September 2005 ab. Die dagegen bei dem Sozialge-richt Berlin erhobene Klage, die unter dem Aktenzeichen S 69 U 747/05 geführt wurde, nahm der Kläger am 30. Juni 2006 zurück. In einem Nachschaubericht vom 28. Mai 2001 berichtete der Chirurg Dr. H, C-Kliniken P, von starken Sensibilitätsstörungen im Bereich der Bauchdeckennerven von der Spongiosa-Entnahmestelle am linken Beckenkamm bis hin zur Symphy-se. Es würden Steh-Geh-Beschwerden, Belastungsbeschwerden, Sitzbeschwer-den sowie Durchschlafstörungen wegen der Beschwerden lumbal geklagt. Der Kläger bedürfe weiterer physiotherapeutischer Behandlung. In dem Arztbrief des Facharztes für Neurologie Dr. J vom 31. Mai 2001 berichtete der Arzt, neben Rückschmerzen und neuropathischen L-1-Schmerzen falle eine Störung der Tie-fensensibilität im linken Bein auf und eine subjektive Überempfindlichkeit der Fin-gerspitzen. Hier wäre als eine plausible Ursache eine Contusio spinalis anzuneh-men, die aber mittels SEP nicht habe verifiziert werden können.
Zur ersten Rentenfeststellung beauftragte die Beklagte den Chirurgen Dr. A mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Dieser kam in seinem Gutach-ten vom 02. August 2001 unter Mitarbeit des Stationsarztes Dr. A zu dem Ergeb-nis, als Unfallfolge bestehe objektiv eine deutlich eingeschränkte schmerzhafte Bewegungseinschränkung der gesamten Wirbelsäule, insbesondere jedoch des thorakolumbalen Übergangs. Zum jetzigen Zeitpunkt stünden neuralgieforme Schmerzen und Parästhesien im Bereich der linken Leiste im Vordergrund, die anscheinend durch eine Irritation von Nerven bei der Spongiosaentnahme aus dem linken Beckenkamm bei der zweiten Operation verursacht worden seien. Die MdE durch die Verletzungsfolgen betrage für die Zeit vom 30. April 2001 bis zum 16. August 2001, dem Tag vor der Untersuchung, 100 v. H. und vom 19. Juni 2001 bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Beschwerden in der linken Leiste erfolg-reich therapiert sein würden, betrage sie ebenfalls 100 v. H. Wenn das Ilioinguina-lis-Syndrom beseitigt werde, verbleibe nur die durch die Folgen der Lendenwirbel-körperfraktur bedingte MdE, die voraussichtlich 20 v. H. betrage.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme erkannte die Beklagte in dem Bescheid vom 28. August 2001 über eine Rente als vorläufige Entschädi-gung den Unfall vom 19. Juni 2000 als Arbeitsunfall an. Wegen der Folgen des Versicherungsfalls bestehe Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 30. April 2001 bis auf weiteres nach einer MdE von 20 v. H. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: Neuralgieforme Schmerzen und Pa-rästhesien im Bereich der linken Leiste nach Spongiosaentnahme, Bewegungs-einschränkung im Bereich der Wirbelsäule mit leichter linkskonvexer Schiefhal-tung nach Kompressionsbruch des 2. Lendenwirbelkörpers mit Hinterkantenbetei-ligung. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden nicht anerkannt: Diskrete Psori-asis an beiden Ellenbogen, geringe degenerative Randkantenappositionen an der Brustwirbelsäule in mehreren Höhen und Bandscheibendegeneration an der Len-denwirbelsäule. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, an-gesichts der im Bescheid anerkannten Unfallfolgen und der Tatsache, dass er insbesondere im Bereich der Wirbelsäule unter anhaltenden starken Schmerzen leide, erscheine die anerkannte MdE mit 20 v. H. als zu gering, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2001 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er die Zahlung einer Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H., mindestens aber von 60 v. H. begehrt hat. Er leide bis heute massiv unter den Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2000. Im Bereich des Oberkörpers sei er in seiner Bewegungsfrei-heit fast gänzlich eingeschränkt. Die eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit sei zurückzuführen auf die ergriffenen operativen Maßnahmen infolge des Unfalls. Vereinfacht ausgedrückt sei der zerstörte Lendenwirbel entfernt und überbrückt und die Wirbelsäule in diesem Bereich mit zwei Schienen stabilisiert worden. Durch die Stabilisierung der Wirbelsäule verliere diese in diesem Bereich jegliche Elastizität, was dazu führe, dass er sich weder drehen noch bücken noch beugen könne. Er klage bis heute darüber, weder sitzen, liegen, noch stehen zu können und alle fünf bis zehn Minuten die Position wechseln zu müssen, da er es ansons-ten vor Schmerzen nicht aushalte. Hinzu kämen ständige Schmerzen im Bereich des linken Beckenkamms, welche eine Folge der Operation zur ventralen Stabili-sation mit Spongiosaentnahme aus dem linken Beckenkamm seien. Es stehe fest, dass bei dieser unfallbedingt notwendig gewordenen Operation die Nervenstränge durchtrennt und dadurch die Schmerzen ausgelöst worden seien.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht ein Vorerkrankungsver-zeichnis der AOK Berlin mit Vorerkrankungen ab dem 19. Juli 1993 bis zum 18. Juli 1997, ein Arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 17. Oktober 2001 sowie Befundberichte der Ärztin Dr. N vom 15. Juni 2002, des Chirurgen T vom 16. Juni 2002, des Dr. H vom 24. Juni 2002 und des Facharztes für Neurologie und Psy-chiatrie Dr. S vom 01. Juli 2002 über eine einmalige Behandlung am 21. Septem-ber 2000 eingeholt. Außerdem hat das Sozialgericht den Bericht der Klinik für Neurochirurgie der C vom 29. November 2001 über die konsiliarische Betreuung des Klägers beigezogen.
Anschließend hat das Sozialgericht den Orthopäden Dr. Wr mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 13. März 2003, ergänzt durch die Stellungnahme vom 22. April 2003, zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach opera-tiv stabilisierter LWK-1-Fraktur durch Spondylodese mit Hilfe eines Fixateur inter-ne, eine hochgradige Recessusenge LWK 5/S 1 und LWK 4/5 bds. mit Claudicatio spinalis, ein schweres, degeneratives LWS-Syndrom durch Osteochondrose und Spondylarthrose LWK 4 – S 1 und neuropatische Beschwerden linke Leiste (Ver-dacht auf L-1-Syndrom, differenzialdiagnostisch Irritation Nervus iliohypogastri-cus/ilioinguinalis). Im Sinne der erstmaligen Entstehung sei die LWK-1-Fraktur mit nachfolgender operativer Versorgung auf den Unfall vom 19. Juni 2000 zurückzu-führen. Die daraus resultierenden morphologischen Veränderungen mit leichter Steilstellung des Segments und dezenter konvexer Verkippung seien ebenfalls Folge des Unfalls. Ebenfalls könnten hieraus regionale Beschwerden mit reaktiven Myogelosen und Schmerzhaftigkeiten bei schweren körperlichen Belastungen o-der Körperzwangshaltungen abgeleitet werden. Die darüber hinaus beschriebe-nen Veränderungen an der LWS seien jedoch unfallunabhängig. Auch für das kli-nisch im Vordergrund stehende Beschwerdebild einer Claudicatio spinalis und der tiefen lumbalen Beschwerden sei die Erkrankung aus innerer Ursache heraus verantwortlich. Strittig und nicht eindeutig zu klären seien die Beschwerden im Be-reich der linken Leiste. Aus seiner Sicht liege eine Verdeutlichungstendenz vor. Eine neurologische Zusatzuntersuchung erscheine erforderlich. Die Degeneration der unteren LWS sei nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung durch den Unfall vom 19. Juni 2000 zu erklären. Eine entsprechende Brückensympto-matik sei nicht zu konstruieren, eine entsprechende auf die untere LWS einwir-kende statische Fehlposition nicht erkennbar. Er halte eine MdE von 30 v. H. für den Zeitraum von April 2001 bis April 2002 für gerechtfertigt. Auf Dauer werde die MdE auf 20 v. H. unter Würdigung auch der regionalen Schmerzsyndrome der lin-ken Leiste geschätzt.
Zunächst hat die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2003 dem Kläger ab dem 01. Juni 2003 statt der Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbe-stimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H. gewährt. Als Folge des Versicherungs-falls hat sie anerkannt: Geringe segmentale Steilstellung bzw. dezente rechtkon-vexe Verkippung der Wirbelsäule im Bereich des 12. Brustwirbelkörpers bis zum 2. Lendenwirbelkörper mit daraus resultierenden belastungs- und haltungsbeding-ten Schmerzsyndromen und Neuropathien nach Spongiosaentnahme im Bereich der linken Leiste nach stabil in achsengerechter Position ausgeheiltem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers. Als Folgen des Versicherungsfalls sind nicht aner-kannt worden: schwere degenerative Veränderungen der Wirbelsäule im Bereich LWK 4 bis S 1 durch Osteochondrose und Spondylarthrose, hochgradige Reces-susenge in den Segmenten L 4/5 und L 5/S 1 mit Claudicatio spinalis. Der Kläger hat sich daraufhin auf ein für das Sozialgericht Berlin in dem Verfahren wegen der Gewährung einer Rente wegen voller statt teilweiser Erwerbsminde-rung (Az.: S 20 RJ 2119/02) erstattetes Gutachten des Orthopäden Dr. H vom 21. Mai 2003 berufen, in dem dieser u. a. ein chronisches Schmerzsyndrom post-traumatisch, Stadium III nach Gerbershagen, sowie eine Läsion des Nervus ilio-hypogastricus postoperativ diagnostiziert hat. Der Empfehlung des Sachverständigen Dr. W-R folgend hat das Sozialgericht dann ein neurologisches Gutachten eingeholt, das am 09. Juni 2004 von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B erstattet worden ist. Dr. B hat bei dem Kläger ein nichtobjektivierbares Schmerzsyndrom diagnostiziert, das dem Nervus iliohy-pogastricus links zugeordnet werden könne. Darüber hinaus hätten sich aus der Divergenz der objektivierbaren Befunde und der subjektiven Beschwerde- und Symptomschilderung des Klägers Hinweise auf eine dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung (F44.6) ergeben. Eine Schädigung des Nervus iliohypo-gastricus (Th 12 und L 1) und ilioinguinalis (L 1) linksseitig habe durch die elekt-roneurographischen und –myographischen Untersuchungen nicht nachgewiesen werden können. Auch eine Stimulation mittels Nadelelektroden habe keinen Nachweis einer Schädigung der somato-sensiblen Leitungsbahnen des Nervus tibialis und Nervus iliohypogastricus linksseitig erbracht. Die Reizung des Nervus iliohypogastricus links sei ursächlich auf das Unfallgeschehen bzw. auf die unfall-spezifische Behandlung (Knochenspanentnahme) zurückzuführen. Die Beschwer-den seien als so genanntes Postfusionssyndrom durch Reaktivierung der Nozi-zeptoren und traumatisierter Nervenstümpfe aufzufassen, mit der Symptomatik tiefer Rückenschmerzen und Hypersensibilität der Haut. Die dissoziative Sensibili-täts- und Empfindungsstörung im Bereich des gesamten linken Beins sei als unfal-lunabhängige Beschwerdeausweitung aufzufassen. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet werde das Schmerzsyndrom der linken Leiste als un-ter 10 v. H. eingeschätzt. Da motorische Ausfälle überhaupt nicht vorlägen und die Allodynie sich eher vage und überlagert darstelle, werde der Nervenschaden auf unter 10 v. H. beschränkt. Unter Einbeziehung der chirurgischen Traumafolge nach instabiler LWK-1-Fraktur, die mit einer MdE von 20 v. H. bemessen worden sei, ergebe sich unter Berücksichtigung des eigenen Fachgebiets eine MdE von 20 v. H. auf Dauer.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2006 hat das Sozialgericht den Sachverständigen Dr. B zur Erläuterung seines Gutachtens gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Juni 2006 verwiesen. Anschließend hat es die Klage durch Urteil vom 30. Juni 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe wegen der Folgen des Arbeitsun-falls vom 19. Juni 2000 eine höhere Rente als nach einer MdE von 20 v. H. nicht zu. Die Folgen der Fraktur des 1. LWK, die er bei dem Unfall am 19. Juni 2000 erlitten habe, nämlich die Ausräumung des frakturierten LWK 1 und der angren-zenden Bandscheiben sowie die Versteifungs-Operation mit nachfolgender Steil-stellung des thorakolumbalen Übergangs von Th 12 bis LWK 2 sei mit einer MdE von 20 v. H. ausreichend bewertet. Dies folge sowohl aus dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. A vom 27. Juni 2001, der eine höhere MdE lediglich mit der Annahme weiterer erheblicher Unfallfolgen auf neurologi-schem Fachgebiet begründe, als auch aus dem Sachverständigengutachten von Dr. W-R. Dieser habe ausführlich dargelegt, dass es trotz der Schwere der nach der LWK-Fraktur erforderlichen operativen Intervention zu keinen wesentlichen Folgeschäden gekommen sei, die eine höhere MdE als 20 v. H. begründen könn-ten. Insbesondere sei es zu keinen nennenswerten Achsabweichungen/-verkippungen und zu keinen degenerativen Schäden und Sekundärinstabilitäten der den Frakturbereich umgebenden LWS-Segmente gekommen. Soweit Dr. H in seinem zeitnah zu der Begutachtung durch Dr. W-R erstellten Gutachten vom 21. Mai 2003 ausführe, röntgenologisch zeige sich eine Progredienz der Schäden im Sinne einer Segmentinstabilität bei L 1/2, sei dies für die Kammer weder aus sich heraus noch unter Beachtung der sonstigen aktenkundigen medizinischen Unter-lagen und der insoweit stets unauffälligen klinisch-funktionellen Befunde nachvoll-ziehbar. Allerdings habe Dr. H in seinem Gutachten auch ein chronisches Schmerzsyndrom schwersten Grades diagnostiziert, ohne dass es hierfür aus-weislich der Darlegungen des neurologischen Sachverständigen Dr. B auch nur ansatzweise eine tragfähige Grundlage geben würde. Seine Ausführungen seien auch nicht geeignet, die gegenteiligen Feststellungen und Bewertungen des sich um eine objektive Darstellung und Bewertung der Unfallfolgen und auch eine kriti-sche Bewertung der Beschwerdeangaben des Klägers bemühenden Sachver-ständigen Dr. W-R zu erschüttern. Nicht gefolgt werden könne der MdE-Bewertung von Dr. W-R allerdings insoweit, als er für das erste Jahr nach Wie-dererlangung der Arbeitsfähigkeit ab dem 30. April 2001 eine höhere unfallbeding-te MdE von 30 v. H. annehme. Dass es sich um einen schweren operativen Ein-griff im Bereich des fakturierten LWK handele, stehe außer Zweifel, begründe für sich genommen jedoch keine klinisch funktionellen relevanten Unfallfolgen, die eine vorübergehende Höherbewertung der MdE über die unstreitig bestehenden 20 v. H. hinaus hinreichend begründen könnten. Soweit sich Dr. W-R auf eine zumindest einzuräumende vorübergehende Irritation des Nervus iliohypogastricus und/oder ilioinguinalis beziehe, könne diese nach dem Ergebnis der Ermittlungen allenfalls als möglich, jedoch nicht als nachgewiesen bewertet werden. Die bloße Möglichkeit des Bestehens weiterer Unfallfolgen genüge aber nicht, um sie zur Grundlage der MdE-Bewertung zu machen, die sich nur auf im Vollbeweis nach-gewiesene gesundheitliche Störungen, die hinreichend wahrscheinlich durch den fraglichen Versicherungsfall verursacht würden, stützen könne. Unabhängig da-von, dass die von Dr. W-R unterstellte Nervenirritation infolge der Spongiosaent-nahme bei den unfallbedingt erforderlich gewordenen Operationen nach den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. B ledig-lich eine MdE von unter 10 v. H. begründen und an der Gesamtbewertung der Un-fallfolgen mit 20 v. H. nichts ändern würde, sei sie nicht nachgewiesen. Elektro-physiologische Untersuchungen hätten keinen Nachweis einer Nervenschädigung erbracht. Dies schließe zwar eine Nervenirritation auch schmerzhafter Art nicht aus, eine hinreichend sichere Schlussfolgerung aus der vom Kläger angegebenen klinischen Beschwerdesymptomatik verbiete sich jedoch in Anbetracht dessen, dass seine Beschwerdeschilderungen sowohl von Dr. W-R als auch von Dr. B mit guten Gründen und überzeugend als problematisch und im Sinne eines aggravie-renden Verhaltens bewertet würden. Insbesondere sei das Ausmaß der geschil-derten Beschwerden und Funktionsstörungen mit bloßen Nervenirritationen, die sich elektrophysiologisch nicht zwingend darstellen müssten, nicht mehr zu erklä-ren. Auch wäre in Anbetracht der Dauer der vom Kläger geschilderten Beschwer-den und funktionellen Beeinträchtigungen mit einem deutlichen Rückgang der Muskulatur der linken unteren Extremität zu rechnen. Da entsprechende objekti-vierbare Befunde nicht vorlägen und die Beschwerdeangaben des Klägers zumin-dest unzuverlässig seien, halte die Kammer eine zwischenzeitliche oder länger anhaltende Irritation des Nervus iliohypogastricus und/oder ilioinguinalis auch nicht wie der gerichtliche Sachverständige Dr. B für wahrscheinlich, sondern allen-falls für möglich. Auf keinen Fall könne eine derartige Gesundheitsstörung als nachgewiesen bewertet und der MdE-Bewertung zugrunde gelegt werden. Zu-sammenfassend sei festzuhalten, dass chirurgisch-orthopädisch durchaus erheb-liche Unfallfolgen bestünden mit einer MdE von 20 v. H. Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung hat der Kläger geltend ge-macht, entscheidend für die Beurteilung der Höhe der MdE sei vorliegend insbe-sondere eine Irritation der Nervus iliohypogastricus sowie die durch die Nervenirri-tation verursachte Schmerzsymptomatik und die diesbezügliche Einordnung als schwergradiges chronisches Schmerzsyndrom nach Gerbershagen. Dr. B habe in seinem Gutachten und in seiner Erläuterung des Gutachtens in dem Termin am 30. Juni 2006 ausgeführt, dass eine Nervenirritation nicht unbedingt messbar sein müsse. Aufgrund des Befunds der Reha-Klinik über eine Überempfindlichkeit betreffend das Dermatom L 1 und die spätere Konzentration des Schmerzbildes auf die Leisten- und Hodengegend deute dies auf den Nervus iliohypogastricus und Nervus ilioinguinalis infolge der Spongiosaentnahme hin. Solche Schmerzirri-tationssyndrome kämen vor, ohne dass sich diese elektrophysiologisch nachwei-sen ließen. Diese wesentliche Äußerung des Dr. B habe das Sozialgericht in sei-nem Urteil nicht erwähnt. Dr. A habe infolge der Nervenirritation eine MdE von 100 v. H. angenommen. Dr. A und Dr. H hätten definitiv aufgrund der Symptomatik im Zusammenhang mit der Spongiosaentnahme und den weiteren Befunden die Di-agnose einer Nervenirritation getroffen. Auch Dr. B habe eine solche Diagnose getroffen, indem er die Symptomatik mit den weiteren Befunden und der Spongio-saentnahme diagnostisch in Verbindung gebracht und zu diesem Schluss gelangt sei. Er habe darüber hinaus erklärt, dass ein negativer physiologischer Befund ein Schmerzsyndrom infolge einer Nervenirritation nicht ausschließe. Der Kläger weist zudem darauf hin, dass Dr. W-R irrtümlich von einer LWK-1-Fraktur ausgegangen sei, während sich bei ihm eine LWK-2-Fraktur ereignet ha-be. Insoweit bezieht er sich auf einen Arztbrief der Klinik für Orthopädie der C vom 06. Februar 2007. Außerdem seien bei ihm zwischenzeitlich weitere gesundheitli-che Beschwerden aufgetreten. Er leide unter einer Gesichtsfeldeinschränkung, außerdem sei ein Tinnitus diagnostiziert worden und der Verlust der Fähigkeit, tie-fe Töne wahrzunehmen. Dies seien Spätfolgen des Unfallereignisses. Der Kläger hat sich vom 14. bis zum 23. November 2007 in stationärer Behand-lung der Klinik für Neurologie der Charité befunden. Dort ist ein Zustand nach frontalem Sturz im Kindesalter sowie ein Sturz auf den Hinterkopf im Jahr 2000, ein Zustand nach hämorrhagischem transformierten ischämischem Hirninfarkt im posterioren Stromgebiet rechts mit residualer Hemianopsie links diagnostiziert worden (Entlassungsbericht vom 19. Dezember 2007).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2006 aufzuheben und den Bescheid vom 28. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2001 sowie den Bescheid vom 23. Mai 2003 abzuän-dern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsun-falls vom 19. Juni 2000 eine Verletztenrente ab dem 30. April 2001 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 40 v. H. zu gewäh-ren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Ausführungen des Klägers krankten daran, dass er im Rahmen seiner Argumentation ständig vom Vorliegen von Nervenirrita-tionen und eines Schmerzsyndroms ausgehe, welche jedoch nicht voll beweislich nachgewiesen seien. Das mögliche Vorliegen von Nervenirritationen und eines Schmerzsyndroms sei jedoch in keinem Fall ausreichend, vielmehr müsse Ge-wissheit über deren Vorliegen bestehen. Das im Rentenverfahren eingeholte Gut-achten von Dr. H sei für die Entscheidungsfindung im vorliegenden Verfahren schon deshalb nur am Rande zu beachten, weil die Rentenversicherung anderen Maßstäben und Kriterien unterliege als die Unfallversicherung.
Der Senat hat die gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. H vom 12. Mai 2005 und 26. August 2005 in dem Rentenverfahren S 20 RJ 2119/02 (Berufungsverfah-ren L 30 R 1428/06) in den Rechtsstreit eingeführt. Hierin hat Dr. H ausgeführt, in dem Gutachten des Dr. W-R werde die dauerhafte MdE infolge der Wirbelkörper-fraktur bemessen, hierbei entfielen natürlicherweise Leistungseinschränkungen aufgrund der von ihm als erheblich beschriebenen degenerativen Veränderungen. Die Diagnose einer Plexus-lumbosacralis-Läsion postoperativ halte er nach dem Gutachten des Dr. B nicht mehr aufrecht.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Ner-venarzt Dr. B am 07. Juni 2008 unter Berücksichtigung einer Psychometrie als Zusatzuntersuchung durch Dipl.-Psych. K festgestellt, der Kläger leide an einer Halbseitenlähmung links, beinbetont, einer Polyneuropathie, einer schweren Myo-pathie, einer schweren Hörminderung, einer erheblichen Leistungsminderung in der Psychometrie und einer chronischen Gelenkentzündung mit ständiger Schmerzhaftigkeit bei zwei bekannten Ursachen: einer langjährigen toxischen Be-lastung in den Berufen als Maler und LKW-Fahrer und einem Sturz von der Leiter aus vier Meter Höhe am 19. Juni 2000 mit Wirbelsäulen- und Rückenmarksverlet-zung. Alle diese beschriebenen Schäden seien wahrscheinlich durch den Unfall und seine Folgen verstärkt worden. Als konkurrierende Faktoren hat der Sachverständige die ca. 15-jährige Arbeit als Maler mit Lösungsmitteln, Farben und Stäuben, eine Kopfverletzung mit Schädel-bruch mit ca. fünf Jahren und den Sturz von der Leiter mit Bewusstlosigkeit von ca. einer Stunde, also auch bei Hirnbeteiligung, aufgeführt. Diese seien die we-sentliche Ursache für die jetzige Erkrankung, aber nicht die einzige. Seit dem Un-fall liege eine MdE von 100 v. H. vor. Die unfallbedingten Schäden seien nicht ge-nau abzugrenzen von den anderen, vor allem toxisch bedingten, Schäden, aber seines Erachtens sei eine Einordnung zwischen 40 und 50 % am Gesamtschaden gerechtfertigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die beigezogene Gerichtsakte in dem Verfahren S 69 U 747/05 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber un-begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mehr als 20 v. H. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 28. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2001, mit dem dem Klä-ger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. ab dem 30. April 2001 gewährt worden ist. Der Bescheid vom 23. Mai 2003, mit dem die Beklagte dann ab dem 01. Juni 2003 statt der vorläufigen Rente eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H. gewährt hat, ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn der Bescheid ändert den Ursprungsbescheid teilweise ab.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf eine höhe-re Verletztenrente ist § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Nach Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens er-gebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Er-werbslebens. Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversi-cherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Um-fang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der MdE jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden (§ 62 Abs. 1 SGB VII). Spätes-tens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Wegen § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII besteht bei der erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach der vorläufigen Entschädigung keine Bindung an die Höhe der MdE, die der Gewährung der vorläufigen Entschädigung zugrun-de gelegen hat. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Es kommt damit auf eine Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht an, auch bei einem unveränderten Zustand der Folgen des Versicherungsfalls kann die MdE anders bewertet werden (vgl. Kasseler Kommentar – Ricke § 62 SGB VII RN 11).
Die Bemessung des Grades der MdE, also die auf Grund des § 56 Abs. 2 SGB VII durch eine Schätzung vorzunehmende Festlegung des konkreten Umfangs der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermö-gens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, ist nach der ständigen Rechtssprechung des Bundessozialge-richts (BSG) eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewon-nenen Überzeugung trifft (vgl. u. a. BSG in SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer oder sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkennt-nis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an. Die Beur-teilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Ver-letzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind aber auch die zumeist in jahr-zehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungs-rechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten all-gemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen.
Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert als tatsächliche Feststellung stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG. Beachtet das Tatsachenge-richt einen bestehenden Erfahrungssatz nicht oder wendet einen nicht existieren-den Erfahrungssatz an, überschreitet es die Grenzen der freien richterlichen Be-weiswürdigung (vgl. BSG vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R – zitiert nach juris).
Die MdE-Festsetzung ist also eine rechtliche Wertung in Form einer Schätzung, weshalb die tatsächliche Feststellung dem Unfallversicherungsträger bzw. Sozial-gericht obliegt. Die der Schätzung zugrunde liegende Rentenbegutachtung ist im Kern Funktionsbegutachtung unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirt-schaftlichen Gesichtspunkten (so Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 3.6.1 m. w. N.). Schmerzen, die mit den Unfallfolgen einhergehen, werden nicht gesondert bei der MdE-Schätzung berücksichtigt, da die MdE- Richtwerte die üblicherweise vorhan-denen Schmerzen mitberücksichtigen. Etwas anderes gilt nur bei einer weit über das Übliche hinaus gehenden Schmerzempfindlichkeit mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O. Kap. 5.5.10). Die prozentuale Einschätzung der MdE durch Schmerzzustände aller Art ist na-turgemäß außerordentlich schwierig. Denn es kommt nicht auf den Schmerz sel-ber an, sondern nur seine Wirkung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten fließt in die MdE-Bewertung ein. Da in der gesetzlichen Unfallversicherung die MdE auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entschädigt wird, können allgemeine, dif-fuse und unqualifizierte Störungen des körperlichen Wohlbefindens nicht berück-sichtigt werden. Das gilt auch für leichtere Schmerzen. Entscheidend ist nur, ob sich subjektive Behinderungen solcher Art tatsächlich und zur Überzeugung des Gutachters nachhaltig auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Nur dort, wo nach Sitz und Ausmaß pathologischer Veränderungen eine über das übliche Maß hinaus-gehende Schmerzhaftigkeit – mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit – wahr-scheinlich ist, muss von diesen Sätzen abgewichen werden. Die erhöhte Ein-schränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegt vor, wenn der Betroffene nur unter besonderem Energieaufwand und unter Hinnahme außergewöhnlicher Schmerzen arbeiten kann. Dass setzt einen dauernden Schmerzzustand voraus; Schmerzen allein bei häuslicher Ruhe beeinflussen die Bewertung der MdE in der Regel nicht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Kap. 5.5.10)
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die von der Beklagten in den Bescheiden vom 28. August 2001 und 23. Mai 2003 anerkannten Arbeitsunfallfolgen eine höhere MdE als 20 v. H. seit dem 30. April 2001 auf Dauer rechtfertigen. Dies ergibt sich aus den Sachverständi-gengutachten des Orthopäden Dr. W-R vom 13. März 2003 und des Neurologen und Psychiaters Dr. B vom 09. Juni 2004, der sein Gutachten in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2006 außerdem erläutert hat. Die Gutachten sind nachvollziehbar und berücksichtigen die unfallmedizinische Fachliteratur. Beide Sachverständigen haben sich mit der diskrepanten Abweichung in der MdE-Einschätzung durch den im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Chirurgen Dr. A auseinandergesetzt und überzeugend begründet, aus welchen Gründen diesem nicht gefolgt werden kann. Gleiches gilt für die Bewertungen durch den Orthopä-den Dr. H in seinem für die gesetzliche Rentenversicherung erstatteten Gutach-ten. Das Sozialgericht hat die Gutachten sorgfältig ausgewertet und seine Ent-scheidung detailliert begründet. Es hat dabei die Einwendungen des Klägers be-rücksichtigt. Seine Schlussfolgerung, dass eine höhere MdE als 20 v. H. nicht ge-rechtfertigt ist – auch nicht für die Zeit vom April 2001 bis April 2002 eine MdE in Höhe von 30 v. H. – ist überzeugend begründet. Der Senat hat keine Bedenken, dem Urteil zu folgen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Kläger hat keine Einwendungen vorgebracht, die der Berufung zum Erfolg verhelfen könnten.
Eine Irritation des Nervus iliohypogastricus wird von Dr. B mit einer MdE von unter 10 v. H. gewertet. Dies ist nachvollziehbar, denn nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten wird sogar eine Teilschädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis (Inguinaltunnelsyndrom), die hier ja gerade nicht nachgewiesen ist, mit einer MdE von nur 0 bis 10 v. H. bewertet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O. Kap. 5.6). Damit hat diese Gesundheitsschädigung keinen Krankheitswert, der zur Erhöhung der MdE wegen der LWK-Fraktur und der dadurch bedingten Funk-tionseinschränkungen führen könnte. Das Gutachten des Dr. H vom 21. Mai 2003 kann ebenfalls nicht für das Begehren, eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v. H. zu erhalten, herangezogen werden, da es nicht, und das war auch nicht die Aufgabe des Gutachters, nach den unfallversicherungsrechtlichen Kausalitätskriterien erstattet worden ist. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) kommt es auf den Gesundheitszustand und die Funktionsbeeinträchtigungen im Ganzen an, unabhängig von der Ursache. Dies hat Dr. H, der in dem Verfahren S 20 RJ 2119/02 mit den Gutachten von Dr. W-R und Dr. B konfrontiert worden ist, in sei-ner Stellungnahme vom 12. Mai 2005 auch eingeräumt und die unterschiedlichen Bewertungen mit den erheblichen degenerativen – und damit unfallfremden - Ver-änderungen begründet. Dr. H hat im Hinblick auf die Begutachtung durch Dr. B auch die Diagnose einer Plexus-lumbosacralis-Läsion postoperativ fallen lassen. Der in dem Bericht der C vom 06. Februar 2007 beschriebene Segment¬aufbrauch bei L4 bis S1 ist nicht unfallbedingt, denn wie sich aus dem Gutachten des Dr. W-R ergibt, befanden sich bereits bei seiner Untersuchung am 12. März 2003 erheb-liche Einengungen durch anlagebedingte Veränderungen in den genannten Seg-menten, die auch durch Röntgenaufnahmen vom 12. März 2002 belegt sind. Die Aussagekraft seines Gutachtens wird auch nicht dadurch entwertet, dass er unter Nennung von Gründen von einer LWK-1-Fraktur ausgeht. Selbst das Ukranken-haus B hat die Fraktur an dem LWK 1 in dem Durchgangsarztbericht vom 20. Juni 2000 genannt. Warum davon im Entlassungsbericht vom 10. Juli 2000 abgewi-chen wird oder ob nur eine Verwechslung (Übertragungsfehler) vorliegt, lässt sich nicht nachvollziehen und muss der Senat auch nicht entscheiden. Denn letztlich entscheidend sind ohnehin die aus der mittelbar unfallbedingten Versteifung der Segmente L1 bis L3 resultierenden Funktionsstörungen. Letztlich vermag auch das nach § 109 SGG erstattete Gutachten des Nervenarz-tes Dr. B vom 07. Juni 2008 nicht zu überzeugen. Das Gutachten entspricht in keiner Weise den Anforderungen an eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Beweisthema und beachtet auch nicht die unfallmedizinischen Kausali-tätskriterien. Der neurologische Befund besteht aus einer Vermischung selbst er-hobener Befunde mit der Beschwerdeschilderung des Klägers. Angesichts des äußerst knappen Befunds (eine Seite) und der nicht durch eigene Untersuchun-gen verifizierten Feststellungen z. B. zum Hör- und Sehvermögen, sind die zum Teil gravierenden Diagnosen wie Halbseitenlähmung links, schwere Myopathie, schwere Hörminderung nicht nachvollziehbar. Dr. B geht von einer schweren Hirn-verletzung nach dem Sturz von der Leiter aus und begründet diese Annahme mit einer einstündigen Bewusstlosigkeit des Klägers. Eine Bewusstlosigkeit wird aber an keiner Stelle in der Vielzahl der Berichte des Ukrankenhauses B bzw. der P-Klinik W erwähnt. Nicht einmal eine Schädelbeteiligung durch den Sturz mit ent-sprechenden Verletzungszeichen (Hämatom, Prellmarke, Hautabschürfung) ist dokumentiert. Soweit in dem Entlassungsbericht der C vom 19. Dezember 2007 ein Sturz auf den Hinterkopf 2000 diagnostiziert worden ist, kann diese Feststel-lung nur auf den in der Vorgeschichte vom Kläger aufgestellten Behauptungen be-ruhen. Eigene Befunde sind in der C diesbezüglich nicht erhoben worden. Außer-dem hat die C, wie sich aus der zusammenfassenden Beurteilung des Entlas-sungsberichts ergibt, keine Schlussfolgerungen aus dem vermeintlichen Sturz auf den Hinterkopf im Hinblick auf den diagnostizierten Hirninfarkt gezogen. Sie hat vielmehr die occipital rechts liegende Läsion am ehesten als Ausdruck einer hä-morrhagischen transformierten Ischämie bei bekannten Risikofaktoren wie Adipo-sitas und Dyslipoproteinämie bewertet und als Konsequenz daraus eine Sekun-därprophylaxe mittels ASS 100 begonnen. Eine Kausalitätsdiskussion findet bei Dr. B ebenfalls nicht statt. Der Gutachter selbst erklärt, eine genaue Trennung der Unfallfolgen von den vorausgehenden Leistungsschäden und Persönlichkeitsveränderungen sei nicht möglich. Er ist der irrigen Auffassung, dass dieser Umstand von geringer Bedeutung sei, da ja alle Schäden berufsbedingt seien. Zusammenfassend ist das Gutachten, wie die Be-klagte zutreffend erklärt hat, nicht verwertbar.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der 1949 geborene Kläger erlitt in Ausübung seiner Tätigkeit als Maler einen Arbeitsunfall, als er am 19. Juni 2000 um 7.45 Uhr beim Verspachteln einer Decke seitlich von der Leiter kippte und mit dem Rücken auf die Verstrebungen der Leiter fiel. Er wurde bereits um 8.10 Uhr in die P-Klinik W eingeliefert, wo eine LWK-1-Fraktur festgestellt wurde. Als Befund wurden Schmerzen im LWS-Bereich angegeben. Kopf, Thorax, Abdomen und Becken sind unauffällig und die Extremitäten frei gewesen, neurologische Ausfälle bestanden nicht (Durchgangsarztbericht von Dr. A, P-Klinik W, vom 20. Juni 2000). Der Kläger wurde dann in das Ukranken-haus B verlegt. Die bildgebenden Befunde ergaben einen Berstungsbruch mit Knochenfragmenten im Spinalkanal des LWK 1, der insgesamt als instabile Frak-tur gewertet wurde. Es fanden sich keine peripheren neurologischen Defizite oder Sensibilitätsausfälle und keine offenen Verletzungen am Rücken. Die Diagnose lautete: instabile LWK-1-Fraktur. (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. E, Ukran-kenhaus B, vom 20. Juni 2000). Aufgrund der Diagnose einer LWK-2-Kompressionsfraktur mit Hinterkantenbeteiligung und Dislokation eines 3 mm gro-ßen Fragments in den Spinalkanal wurde die Fraktur am 23. Juni 2000 operativ versorgt mittels eines Fixateurs interne von L 1 auf L 3. Am 28. Juni 2000 erfolgte eine ventrale Gegenstabilisierung mit Wirbelkörper- und Bandscheibenausräu-mung sowie Implantation eines spongiosagefüllten Titankörbchens und lateraler Implantation einer Stangenkonstruktion am. Am 11. Juli 2000 wurde der Kläger nach einem komplikationslosen postoperativen Verlauf und krankengymnastischer Mobilisierung bei subjektiver Beschwerdearmut, reizlosen Wundverhältnissen und ohne neurologische Ausfallerscheinungen entlassen (Zwischenbericht des Ukran-kenhauses B vom 10. Juli 2000). Es folgte zunächst eine stationäre Rehabilitation in der M-Klinik H (vom 11. Juli bis zum 15. August 2000) und anschließend eine ambulante Behandlung in Form einer intensiven Krankengymnastik bei dem Chi-rurgen T in dem Reha-Zentrum im Forum P. Ausweislich des weiteren Zwischen-berichts des Ukrankenhauses B vom 04. Oktober 2000 klagte der Kläger jedoch über ständige Schmerzen im Rücken. Die Auswertung der Röntgenbilder vom 30. August 2000 ergab eine gute Lage des Osteosynthesematerials und der Fraktur. An der Hinterkante bestand keine Stufenbildung, auch eine Gibbusbildung war nicht zu verzeichnen. Lediglich im Bereich der Vorderkante war der 2. LWK etwas ausladend. Daraufhin wurde im Ukrankenhaus eine neurophysiologische Therapie nach Vojta durchgeführt. In dem Zwischenbericht vom 10. Januar 2001 berichtete das Ukrankenhaus von einem schleppenden Heilverlauf. Die neurologische Konsi-liaruntersuchung habe eine Neuralgie des Nervus iliohypogastricus und ilioingui-nalis erbracht. Die erfolgte ambulante Behandlung sei bisher nicht in der Lage gewesen, die angegebene Schmerzproblematik zu lindern. Die Röntgenuntersu-chung am 12. Oktober 2000 habe eine beginnende ventrale Abstützreaktion bei L 1/L 2 gezeigt, die Materiallage sei reizlos ohne Zeichen einer Lockerung, das Wirbelkörperinterponat habe eine mittelständige Lage. Da die angegebene Be-schwerdesymptomatik bei guter operativer Versorgung und regelrechter Metallla-ge ohne Fehlstellung nicht hinreichend zu erklären sei, sei eine nochmalige neuro-logische und ggf. auch psychosomatische Vorstellung im Rahmen eines stationä-ren Aufenthaltes geplant. Der Kläger befand sich daraufhin vom 23. Januar bis zum 05. Februar 2001 in stationärer Behandlung des Ukrankenhauses B. Aus-weislich des Zwischenberichts vom 05. Februar 2001 war die LWK-2-Kompressionsfraktur mittlerweile knöchern konsolidiert, wie die nochmals gefertig-ten Röntgenaufnahmen gezeigt hätten. Die weitere Röntgendiagnostik habe unfal-lunabhängige deutliche degenerative Veränderungen im Bereich der übrigen LWS wie auch degenerative Veränderungen in beiden Iliosakralgelenken gezeigt. Nachdem sich unter intensiven krankengymnastischen Übungsbehandlungen so-wie begleitender physikalischer Therapie auch unter stationären Bedingungen keine wesentliche Beschwerdelinderung habe erzielen lassen, sei eine CT-gestützte Infiltration beider Iliosakralgelenke vorgenommen worden, in denen sich unfallunabhängige degenerative Veränderungen manifestierten. Danach sei es zu einer deutlichen Beschwerdelinderung gekommen, so dass der Kläger zum jetzi-gen Zeitpunkt praktisch beschwerdefrei sei. Es bestehe Arbeitsfähigkeit ab dem 19. Februar 2001. Die ab dem 19. Februar 2001 begonnene berufliche Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell brach der Kläger am 09. März 2001 ab. Nach dem Zwi-schenbericht des Ukrankenhauses B vom 09. März 2001 fand sich ein deutlicher Druckschmerz im Bereich beider Iliosakralgelenke, weniger im unteren Bereich der LWS. Eine wettbewerbsfähige Wiedereingliederung in seinen Beruf als Maler erscheine aussichtslos. Die Heilbehandlung wurde zum 30. April 2001 abge-schlossen (Zwischenbericht des Ukrankenhauses B vom 23. März 2001)
Mit Bescheid vom 27. April 2001 stellte die Beklagte die Verletztengeldgewährung mit Ablauf des 29. April 2001 ein. Den Antrag auf Überprüfung dieses Bescheids lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Mai 2005 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 09. September 2005 ab. Die dagegen bei dem Sozialge-richt Berlin erhobene Klage, die unter dem Aktenzeichen S 69 U 747/05 geführt wurde, nahm der Kläger am 30. Juni 2006 zurück. In einem Nachschaubericht vom 28. Mai 2001 berichtete der Chirurg Dr. H, C-Kliniken P, von starken Sensibilitätsstörungen im Bereich der Bauchdeckennerven von der Spongiosa-Entnahmestelle am linken Beckenkamm bis hin zur Symphy-se. Es würden Steh-Geh-Beschwerden, Belastungsbeschwerden, Sitzbeschwer-den sowie Durchschlafstörungen wegen der Beschwerden lumbal geklagt. Der Kläger bedürfe weiterer physiotherapeutischer Behandlung. In dem Arztbrief des Facharztes für Neurologie Dr. J vom 31. Mai 2001 berichtete der Arzt, neben Rückschmerzen und neuropathischen L-1-Schmerzen falle eine Störung der Tie-fensensibilität im linken Bein auf und eine subjektive Überempfindlichkeit der Fin-gerspitzen. Hier wäre als eine plausible Ursache eine Contusio spinalis anzuneh-men, die aber mittels SEP nicht habe verifiziert werden können.
Zur ersten Rentenfeststellung beauftragte die Beklagte den Chirurgen Dr. A mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Dieser kam in seinem Gutach-ten vom 02. August 2001 unter Mitarbeit des Stationsarztes Dr. A zu dem Ergeb-nis, als Unfallfolge bestehe objektiv eine deutlich eingeschränkte schmerzhafte Bewegungseinschränkung der gesamten Wirbelsäule, insbesondere jedoch des thorakolumbalen Übergangs. Zum jetzigen Zeitpunkt stünden neuralgieforme Schmerzen und Parästhesien im Bereich der linken Leiste im Vordergrund, die anscheinend durch eine Irritation von Nerven bei der Spongiosaentnahme aus dem linken Beckenkamm bei der zweiten Operation verursacht worden seien. Die MdE durch die Verletzungsfolgen betrage für die Zeit vom 30. April 2001 bis zum 16. August 2001, dem Tag vor der Untersuchung, 100 v. H. und vom 19. Juni 2001 bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Beschwerden in der linken Leiste erfolg-reich therapiert sein würden, betrage sie ebenfalls 100 v. H. Wenn das Ilioinguina-lis-Syndrom beseitigt werde, verbleibe nur die durch die Folgen der Lendenwirbel-körperfraktur bedingte MdE, die voraussichtlich 20 v. H. betrage.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme erkannte die Beklagte in dem Bescheid vom 28. August 2001 über eine Rente als vorläufige Entschädi-gung den Unfall vom 19. Juni 2000 als Arbeitsunfall an. Wegen der Folgen des Versicherungsfalls bestehe Anspruch auf eine Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 30. April 2001 bis auf weiteres nach einer MdE von 20 v. H. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: Neuralgieforme Schmerzen und Pa-rästhesien im Bereich der linken Leiste nach Spongiosaentnahme, Bewegungs-einschränkung im Bereich der Wirbelsäule mit leichter linkskonvexer Schiefhal-tung nach Kompressionsbruch des 2. Lendenwirbelkörpers mit Hinterkantenbetei-ligung. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden nicht anerkannt: Diskrete Psori-asis an beiden Ellenbogen, geringe degenerative Randkantenappositionen an der Brustwirbelsäule in mehreren Höhen und Bandscheibendegeneration an der Len-denwirbelsäule. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, an-gesichts der im Bescheid anerkannten Unfallfolgen und der Tatsache, dass er insbesondere im Bereich der Wirbelsäule unter anhaltenden starken Schmerzen leide, erscheine die anerkannte MdE mit 20 v. H. als zu gering, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2001 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er die Zahlung einer Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H., mindestens aber von 60 v. H. begehrt hat. Er leide bis heute massiv unter den Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Juni 2000. Im Bereich des Oberkörpers sei er in seiner Bewegungsfrei-heit fast gänzlich eingeschränkt. Die eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit sei zurückzuführen auf die ergriffenen operativen Maßnahmen infolge des Unfalls. Vereinfacht ausgedrückt sei der zerstörte Lendenwirbel entfernt und überbrückt und die Wirbelsäule in diesem Bereich mit zwei Schienen stabilisiert worden. Durch die Stabilisierung der Wirbelsäule verliere diese in diesem Bereich jegliche Elastizität, was dazu führe, dass er sich weder drehen noch bücken noch beugen könne. Er klage bis heute darüber, weder sitzen, liegen, noch stehen zu können und alle fünf bis zehn Minuten die Position wechseln zu müssen, da er es ansons-ten vor Schmerzen nicht aushalte. Hinzu kämen ständige Schmerzen im Bereich des linken Beckenkamms, welche eine Folge der Operation zur ventralen Stabili-sation mit Spongiosaentnahme aus dem linken Beckenkamm seien. Es stehe fest, dass bei dieser unfallbedingt notwendig gewordenen Operation die Nervenstränge durchtrennt und dadurch die Schmerzen ausgelöst worden seien.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht ein Vorerkrankungsver-zeichnis der AOK Berlin mit Vorerkrankungen ab dem 19. Juli 1993 bis zum 18. Juli 1997, ein Arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 17. Oktober 2001 sowie Befundberichte der Ärztin Dr. N vom 15. Juni 2002, des Chirurgen T vom 16. Juni 2002, des Dr. H vom 24. Juni 2002 und des Facharztes für Neurologie und Psy-chiatrie Dr. S vom 01. Juli 2002 über eine einmalige Behandlung am 21. Septem-ber 2000 eingeholt. Außerdem hat das Sozialgericht den Bericht der Klinik für Neurochirurgie der C vom 29. November 2001 über die konsiliarische Betreuung des Klägers beigezogen.
Anschließend hat das Sozialgericht den Orthopäden Dr. Wr mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 13. März 2003, ergänzt durch die Stellungnahme vom 22. April 2003, zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach opera-tiv stabilisierter LWK-1-Fraktur durch Spondylodese mit Hilfe eines Fixateur inter-ne, eine hochgradige Recessusenge LWK 5/S 1 und LWK 4/5 bds. mit Claudicatio spinalis, ein schweres, degeneratives LWS-Syndrom durch Osteochondrose und Spondylarthrose LWK 4 – S 1 und neuropatische Beschwerden linke Leiste (Ver-dacht auf L-1-Syndrom, differenzialdiagnostisch Irritation Nervus iliohypogastri-cus/ilioinguinalis). Im Sinne der erstmaligen Entstehung sei die LWK-1-Fraktur mit nachfolgender operativer Versorgung auf den Unfall vom 19. Juni 2000 zurückzu-führen. Die daraus resultierenden morphologischen Veränderungen mit leichter Steilstellung des Segments und dezenter konvexer Verkippung seien ebenfalls Folge des Unfalls. Ebenfalls könnten hieraus regionale Beschwerden mit reaktiven Myogelosen und Schmerzhaftigkeiten bei schweren körperlichen Belastungen o-der Körperzwangshaltungen abgeleitet werden. Die darüber hinaus beschriebe-nen Veränderungen an der LWS seien jedoch unfallunabhängig. Auch für das kli-nisch im Vordergrund stehende Beschwerdebild einer Claudicatio spinalis und der tiefen lumbalen Beschwerden sei die Erkrankung aus innerer Ursache heraus verantwortlich. Strittig und nicht eindeutig zu klären seien die Beschwerden im Be-reich der linken Leiste. Aus seiner Sicht liege eine Verdeutlichungstendenz vor. Eine neurologische Zusatzuntersuchung erscheine erforderlich. Die Degeneration der unteren LWS sei nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung durch den Unfall vom 19. Juni 2000 zu erklären. Eine entsprechende Brückensympto-matik sei nicht zu konstruieren, eine entsprechende auf die untere LWS einwir-kende statische Fehlposition nicht erkennbar. Er halte eine MdE von 30 v. H. für den Zeitraum von April 2001 bis April 2002 für gerechtfertigt. Auf Dauer werde die MdE auf 20 v. H. unter Würdigung auch der regionalen Schmerzsyndrome der lin-ken Leiste geschätzt.
Zunächst hat die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2003 dem Kläger ab dem 01. Juni 2003 statt der Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbe-stimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H. gewährt. Als Folge des Versicherungs-falls hat sie anerkannt: Geringe segmentale Steilstellung bzw. dezente rechtkon-vexe Verkippung der Wirbelsäule im Bereich des 12. Brustwirbelkörpers bis zum 2. Lendenwirbelkörper mit daraus resultierenden belastungs- und haltungsbeding-ten Schmerzsyndromen und Neuropathien nach Spongiosaentnahme im Bereich der linken Leiste nach stabil in achsengerechter Position ausgeheiltem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers. Als Folgen des Versicherungsfalls sind nicht aner-kannt worden: schwere degenerative Veränderungen der Wirbelsäule im Bereich LWK 4 bis S 1 durch Osteochondrose und Spondylarthrose, hochgradige Reces-susenge in den Segmenten L 4/5 und L 5/S 1 mit Claudicatio spinalis. Der Kläger hat sich daraufhin auf ein für das Sozialgericht Berlin in dem Verfahren wegen der Gewährung einer Rente wegen voller statt teilweiser Erwerbsminde-rung (Az.: S 20 RJ 2119/02) erstattetes Gutachten des Orthopäden Dr. H vom 21. Mai 2003 berufen, in dem dieser u. a. ein chronisches Schmerzsyndrom post-traumatisch, Stadium III nach Gerbershagen, sowie eine Läsion des Nervus ilio-hypogastricus postoperativ diagnostiziert hat. Der Empfehlung des Sachverständigen Dr. W-R folgend hat das Sozialgericht dann ein neurologisches Gutachten eingeholt, das am 09. Juni 2004 von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B erstattet worden ist. Dr. B hat bei dem Kläger ein nichtobjektivierbares Schmerzsyndrom diagnostiziert, das dem Nervus iliohy-pogastricus links zugeordnet werden könne. Darüber hinaus hätten sich aus der Divergenz der objektivierbaren Befunde und der subjektiven Beschwerde- und Symptomschilderung des Klägers Hinweise auf eine dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung (F44.6) ergeben. Eine Schädigung des Nervus iliohypo-gastricus (Th 12 und L 1) und ilioinguinalis (L 1) linksseitig habe durch die elekt-roneurographischen und –myographischen Untersuchungen nicht nachgewiesen werden können. Auch eine Stimulation mittels Nadelelektroden habe keinen Nachweis einer Schädigung der somato-sensiblen Leitungsbahnen des Nervus tibialis und Nervus iliohypogastricus linksseitig erbracht. Die Reizung des Nervus iliohypogastricus links sei ursächlich auf das Unfallgeschehen bzw. auf die unfall-spezifische Behandlung (Knochenspanentnahme) zurückzuführen. Die Beschwer-den seien als so genanntes Postfusionssyndrom durch Reaktivierung der Nozi-zeptoren und traumatisierter Nervenstümpfe aufzufassen, mit der Symptomatik tiefer Rückenschmerzen und Hypersensibilität der Haut. Die dissoziative Sensibili-täts- und Empfindungsstörung im Bereich des gesamten linken Beins sei als unfal-lunabhängige Beschwerdeausweitung aufzufassen. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet werde das Schmerzsyndrom der linken Leiste als un-ter 10 v. H. eingeschätzt. Da motorische Ausfälle überhaupt nicht vorlägen und die Allodynie sich eher vage und überlagert darstelle, werde der Nervenschaden auf unter 10 v. H. beschränkt. Unter Einbeziehung der chirurgischen Traumafolge nach instabiler LWK-1-Fraktur, die mit einer MdE von 20 v. H. bemessen worden sei, ergebe sich unter Berücksichtigung des eigenen Fachgebiets eine MdE von 20 v. H. auf Dauer.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2006 hat das Sozialgericht den Sachverständigen Dr. B zur Erläuterung seines Gutachtens gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Juni 2006 verwiesen. Anschließend hat es die Klage durch Urteil vom 30. Juni 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe wegen der Folgen des Arbeitsun-falls vom 19. Juni 2000 eine höhere Rente als nach einer MdE von 20 v. H. nicht zu. Die Folgen der Fraktur des 1. LWK, die er bei dem Unfall am 19. Juni 2000 erlitten habe, nämlich die Ausräumung des frakturierten LWK 1 und der angren-zenden Bandscheiben sowie die Versteifungs-Operation mit nachfolgender Steil-stellung des thorakolumbalen Übergangs von Th 12 bis LWK 2 sei mit einer MdE von 20 v. H. ausreichend bewertet. Dies folge sowohl aus dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. A vom 27. Juni 2001, der eine höhere MdE lediglich mit der Annahme weiterer erheblicher Unfallfolgen auf neurologi-schem Fachgebiet begründe, als auch aus dem Sachverständigengutachten von Dr. W-R. Dieser habe ausführlich dargelegt, dass es trotz der Schwere der nach der LWK-Fraktur erforderlichen operativen Intervention zu keinen wesentlichen Folgeschäden gekommen sei, die eine höhere MdE als 20 v. H. begründen könn-ten. Insbesondere sei es zu keinen nennenswerten Achsabweichungen/-verkippungen und zu keinen degenerativen Schäden und Sekundärinstabilitäten der den Frakturbereich umgebenden LWS-Segmente gekommen. Soweit Dr. H in seinem zeitnah zu der Begutachtung durch Dr. W-R erstellten Gutachten vom 21. Mai 2003 ausführe, röntgenologisch zeige sich eine Progredienz der Schäden im Sinne einer Segmentinstabilität bei L 1/2, sei dies für die Kammer weder aus sich heraus noch unter Beachtung der sonstigen aktenkundigen medizinischen Unter-lagen und der insoweit stets unauffälligen klinisch-funktionellen Befunde nachvoll-ziehbar. Allerdings habe Dr. H in seinem Gutachten auch ein chronisches Schmerzsyndrom schwersten Grades diagnostiziert, ohne dass es hierfür aus-weislich der Darlegungen des neurologischen Sachverständigen Dr. B auch nur ansatzweise eine tragfähige Grundlage geben würde. Seine Ausführungen seien auch nicht geeignet, die gegenteiligen Feststellungen und Bewertungen des sich um eine objektive Darstellung und Bewertung der Unfallfolgen und auch eine kriti-sche Bewertung der Beschwerdeangaben des Klägers bemühenden Sachver-ständigen Dr. W-R zu erschüttern. Nicht gefolgt werden könne der MdE-Bewertung von Dr. W-R allerdings insoweit, als er für das erste Jahr nach Wie-dererlangung der Arbeitsfähigkeit ab dem 30. April 2001 eine höhere unfallbeding-te MdE von 30 v. H. annehme. Dass es sich um einen schweren operativen Ein-griff im Bereich des fakturierten LWK handele, stehe außer Zweifel, begründe für sich genommen jedoch keine klinisch funktionellen relevanten Unfallfolgen, die eine vorübergehende Höherbewertung der MdE über die unstreitig bestehenden 20 v. H. hinaus hinreichend begründen könnten. Soweit sich Dr. W-R auf eine zumindest einzuräumende vorübergehende Irritation des Nervus iliohypogastricus und/oder ilioinguinalis beziehe, könne diese nach dem Ergebnis der Ermittlungen allenfalls als möglich, jedoch nicht als nachgewiesen bewertet werden. Die bloße Möglichkeit des Bestehens weiterer Unfallfolgen genüge aber nicht, um sie zur Grundlage der MdE-Bewertung zu machen, die sich nur auf im Vollbeweis nach-gewiesene gesundheitliche Störungen, die hinreichend wahrscheinlich durch den fraglichen Versicherungsfall verursacht würden, stützen könne. Unabhängig da-von, dass die von Dr. W-R unterstellte Nervenirritation infolge der Spongiosaent-nahme bei den unfallbedingt erforderlich gewordenen Operationen nach den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. B ledig-lich eine MdE von unter 10 v. H. begründen und an der Gesamtbewertung der Un-fallfolgen mit 20 v. H. nichts ändern würde, sei sie nicht nachgewiesen. Elektro-physiologische Untersuchungen hätten keinen Nachweis einer Nervenschädigung erbracht. Dies schließe zwar eine Nervenirritation auch schmerzhafter Art nicht aus, eine hinreichend sichere Schlussfolgerung aus der vom Kläger angegebenen klinischen Beschwerdesymptomatik verbiete sich jedoch in Anbetracht dessen, dass seine Beschwerdeschilderungen sowohl von Dr. W-R als auch von Dr. B mit guten Gründen und überzeugend als problematisch und im Sinne eines aggravie-renden Verhaltens bewertet würden. Insbesondere sei das Ausmaß der geschil-derten Beschwerden und Funktionsstörungen mit bloßen Nervenirritationen, die sich elektrophysiologisch nicht zwingend darstellen müssten, nicht mehr zu erklä-ren. Auch wäre in Anbetracht der Dauer der vom Kläger geschilderten Beschwer-den und funktionellen Beeinträchtigungen mit einem deutlichen Rückgang der Muskulatur der linken unteren Extremität zu rechnen. Da entsprechende objekti-vierbare Befunde nicht vorlägen und die Beschwerdeangaben des Klägers zumin-dest unzuverlässig seien, halte die Kammer eine zwischenzeitliche oder länger anhaltende Irritation des Nervus iliohypogastricus und/oder ilioinguinalis auch nicht wie der gerichtliche Sachverständige Dr. B für wahrscheinlich, sondern allen-falls für möglich. Auf keinen Fall könne eine derartige Gesundheitsstörung als nachgewiesen bewertet und der MdE-Bewertung zugrunde gelegt werden. Zu-sammenfassend sei festzuhalten, dass chirurgisch-orthopädisch durchaus erheb-liche Unfallfolgen bestünden mit einer MdE von 20 v. H. Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung hat der Kläger geltend ge-macht, entscheidend für die Beurteilung der Höhe der MdE sei vorliegend insbe-sondere eine Irritation der Nervus iliohypogastricus sowie die durch die Nervenirri-tation verursachte Schmerzsymptomatik und die diesbezügliche Einordnung als schwergradiges chronisches Schmerzsyndrom nach Gerbershagen. Dr. B habe in seinem Gutachten und in seiner Erläuterung des Gutachtens in dem Termin am 30. Juni 2006 ausgeführt, dass eine Nervenirritation nicht unbedingt messbar sein müsse. Aufgrund des Befunds der Reha-Klinik über eine Überempfindlichkeit betreffend das Dermatom L 1 und die spätere Konzentration des Schmerzbildes auf die Leisten- und Hodengegend deute dies auf den Nervus iliohypogastricus und Nervus ilioinguinalis infolge der Spongiosaentnahme hin. Solche Schmerzirri-tationssyndrome kämen vor, ohne dass sich diese elektrophysiologisch nachwei-sen ließen. Diese wesentliche Äußerung des Dr. B habe das Sozialgericht in sei-nem Urteil nicht erwähnt. Dr. A habe infolge der Nervenirritation eine MdE von 100 v. H. angenommen. Dr. A und Dr. H hätten definitiv aufgrund der Symptomatik im Zusammenhang mit der Spongiosaentnahme und den weiteren Befunden die Di-agnose einer Nervenirritation getroffen. Auch Dr. B habe eine solche Diagnose getroffen, indem er die Symptomatik mit den weiteren Befunden und der Spongio-saentnahme diagnostisch in Verbindung gebracht und zu diesem Schluss gelangt sei. Er habe darüber hinaus erklärt, dass ein negativer physiologischer Befund ein Schmerzsyndrom infolge einer Nervenirritation nicht ausschließe. Der Kläger weist zudem darauf hin, dass Dr. W-R irrtümlich von einer LWK-1-Fraktur ausgegangen sei, während sich bei ihm eine LWK-2-Fraktur ereignet ha-be. Insoweit bezieht er sich auf einen Arztbrief der Klinik für Orthopädie der C vom 06. Februar 2007. Außerdem seien bei ihm zwischenzeitlich weitere gesundheitli-che Beschwerden aufgetreten. Er leide unter einer Gesichtsfeldeinschränkung, außerdem sei ein Tinnitus diagnostiziert worden und der Verlust der Fähigkeit, tie-fe Töne wahrzunehmen. Dies seien Spätfolgen des Unfallereignisses. Der Kläger hat sich vom 14. bis zum 23. November 2007 in stationärer Behand-lung der Klinik für Neurologie der Charité befunden. Dort ist ein Zustand nach frontalem Sturz im Kindesalter sowie ein Sturz auf den Hinterkopf im Jahr 2000, ein Zustand nach hämorrhagischem transformierten ischämischem Hirninfarkt im posterioren Stromgebiet rechts mit residualer Hemianopsie links diagnostiziert worden (Entlassungsbericht vom 19. Dezember 2007).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2006 aufzuheben und den Bescheid vom 28. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2001 sowie den Bescheid vom 23. Mai 2003 abzuän-dern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsun-falls vom 19. Juni 2000 eine Verletztenrente ab dem 30. April 2001 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 40 v. H. zu gewäh-ren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Ausführungen des Klägers krankten daran, dass er im Rahmen seiner Argumentation ständig vom Vorliegen von Nervenirrita-tionen und eines Schmerzsyndroms ausgehe, welche jedoch nicht voll beweislich nachgewiesen seien. Das mögliche Vorliegen von Nervenirritationen und eines Schmerzsyndroms sei jedoch in keinem Fall ausreichend, vielmehr müsse Ge-wissheit über deren Vorliegen bestehen. Das im Rentenverfahren eingeholte Gut-achten von Dr. H sei für die Entscheidungsfindung im vorliegenden Verfahren schon deshalb nur am Rande zu beachten, weil die Rentenversicherung anderen Maßstäben und Kriterien unterliege als die Unfallversicherung.
Der Senat hat die gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. H vom 12. Mai 2005 und 26. August 2005 in dem Rentenverfahren S 20 RJ 2119/02 (Berufungsverfah-ren L 30 R 1428/06) in den Rechtsstreit eingeführt. Hierin hat Dr. H ausgeführt, in dem Gutachten des Dr. W-R werde die dauerhafte MdE infolge der Wirbelkörper-fraktur bemessen, hierbei entfielen natürlicherweise Leistungseinschränkungen aufgrund der von ihm als erheblich beschriebenen degenerativen Veränderungen. Die Diagnose einer Plexus-lumbosacralis-Läsion postoperativ halte er nach dem Gutachten des Dr. B nicht mehr aufrecht.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Ner-venarzt Dr. B am 07. Juni 2008 unter Berücksichtigung einer Psychometrie als Zusatzuntersuchung durch Dipl.-Psych. K festgestellt, der Kläger leide an einer Halbseitenlähmung links, beinbetont, einer Polyneuropathie, einer schweren Myo-pathie, einer schweren Hörminderung, einer erheblichen Leistungsminderung in der Psychometrie und einer chronischen Gelenkentzündung mit ständiger Schmerzhaftigkeit bei zwei bekannten Ursachen: einer langjährigen toxischen Be-lastung in den Berufen als Maler und LKW-Fahrer und einem Sturz von der Leiter aus vier Meter Höhe am 19. Juni 2000 mit Wirbelsäulen- und Rückenmarksverlet-zung. Alle diese beschriebenen Schäden seien wahrscheinlich durch den Unfall und seine Folgen verstärkt worden. Als konkurrierende Faktoren hat der Sachverständige die ca. 15-jährige Arbeit als Maler mit Lösungsmitteln, Farben und Stäuben, eine Kopfverletzung mit Schädel-bruch mit ca. fünf Jahren und den Sturz von der Leiter mit Bewusstlosigkeit von ca. einer Stunde, also auch bei Hirnbeteiligung, aufgeführt. Diese seien die we-sentliche Ursache für die jetzige Erkrankung, aber nicht die einzige. Seit dem Un-fall liege eine MdE von 100 v. H. vor. Die unfallbedingten Schäden seien nicht ge-nau abzugrenzen von den anderen, vor allem toxisch bedingten, Schäden, aber seines Erachtens sei eine Einordnung zwischen 40 und 50 % am Gesamtschaden gerechtfertigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die beigezogene Gerichtsakte in dem Verfahren S 69 U 747/05 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber un-begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mehr als 20 v. H. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 28. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2001, mit dem dem Klä-ger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. ab dem 30. April 2001 gewährt worden ist. Der Bescheid vom 23. Mai 2003, mit dem die Beklagte dann ab dem 01. Juni 2003 statt der vorläufigen Rente eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H. gewährt hat, ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn der Bescheid ändert den Ursprungsbescheid teilweise ab.
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf eine höhe-re Verletztenrente ist § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Nach Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens er-gebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Er-werbslebens. Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversi-cherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Um-fang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der MdE jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden (§ 62 Abs. 1 SGB VII). Spätes-tens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Wegen § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII besteht bei der erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach der vorläufigen Entschädigung keine Bindung an die Höhe der MdE, die der Gewährung der vorläufigen Entschädigung zugrun-de gelegen hat. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Es kommt damit auf eine Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht an, auch bei einem unveränderten Zustand der Folgen des Versicherungsfalls kann die MdE anders bewertet werden (vgl. Kasseler Kommentar – Ricke § 62 SGB VII RN 11).
Die Bemessung des Grades der MdE, also die auf Grund des § 56 Abs. 2 SGB VII durch eine Schätzung vorzunehmende Festlegung des konkreten Umfangs der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermö-gens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, ist nach der ständigen Rechtssprechung des Bundessozialge-richts (BSG) eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewon-nenen Überzeugung trifft (vgl. u. a. BSG in SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer oder sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkennt-nis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an. Die Beur-teilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Ver-letzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind aber auch die zumeist in jahr-zehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungs-rechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten all-gemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen.
Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert als tatsächliche Feststellung stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG. Beachtet das Tatsachenge-richt einen bestehenden Erfahrungssatz nicht oder wendet einen nicht existieren-den Erfahrungssatz an, überschreitet es die Grenzen der freien richterlichen Be-weiswürdigung (vgl. BSG vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R – zitiert nach juris).
Die MdE-Festsetzung ist also eine rechtliche Wertung in Form einer Schätzung, weshalb die tatsächliche Feststellung dem Unfallversicherungsträger bzw. Sozial-gericht obliegt. Die der Schätzung zugrunde liegende Rentenbegutachtung ist im Kern Funktionsbegutachtung unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirt-schaftlichen Gesichtspunkten (so Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 3.6.1 m. w. N.). Schmerzen, die mit den Unfallfolgen einhergehen, werden nicht gesondert bei der MdE-Schätzung berücksichtigt, da die MdE- Richtwerte die üblicherweise vorhan-denen Schmerzen mitberücksichtigen. Etwas anderes gilt nur bei einer weit über das Übliche hinaus gehenden Schmerzempfindlichkeit mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O. Kap. 5.5.10). Die prozentuale Einschätzung der MdE durch Schmerzzustände aller Art ist na-turgemäß außerordentlich schwierig. Denn es kommt nicht auf den Schmerz sel-ber an, sondern nur seine Wirkung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten fließt in die MdE-Bewertung ein. Da in der gesetzlichen Unfallversicherung die MdE auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entschädigt wird, können allgemeine, dif-fuse und unqualifizierte Störungen des körperlichen Wohlbefindens nicht berück-sichtigt werden. Das gilt auch für leichtere Schmerzen. Entscheidend ist nur, ob sich subjektive Behinderungen solcher Art tatsächlich und zur Überzeugung des Gutachters nachhaltig auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Nur dort, wo nach Sitz und Ausmaß pathologischer Veränderungen eine über das übliche Maß hinaus-gehende Schmerzhaftigkeit – mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit – wahr-scheinlich ist, muss von diesen Sätzen abgewichen werden. Die erhöhte Ein-schränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegt vor, wenn der Betroffene nur unter besonderem Energieaufwand und unter Hinnahme außergewöhnlicher Schmerzen arbeiten kann. Dass setzt einen dauernden Schmerzzustand voraus; Schmerzen allein bei häuslicher Ruhe beeinflussen die Bewertung der MdE in der Regel nicht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Kap. 5.5.10)
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die von der Beklagten in den Bescheiden vom 28. August 2001 und 23. Mai 2003 anerkannten Arbeitsunfallfolgen eine höhere MdE als 20 v. H. seit dem 30. April 2001 auf Dauer rechtfertigen. Dies ergibt sich aus den Sachverständi-gengutachten des Orthopäden Dr. W-R vom 13. März 2003 und des Neurologen und Psychiaters Dr. B vom 09. Juni 2004, der sein Gutachten in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2006 außerdem erläutert hat. Die Gutachten sind nachvollziehbar und berücksichtigen die unfallmedizinische Fachliteratur. Beide Sachverständigen haben sich mit der diskrepanten Abweichung in der MdE-Einschätzung durch den im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Chirurgen Dr. A auseinandergesetzt und überzeugend begründet, aus welchen Gründen diesem nicht gefolgt werden kann. Gleiches gilt für die Bewertungen durch den Orthopä-den Dr. H in seinem für die gesetzliche Rentenversicherung erstatteten Gutach-ten. Das Sozialgericht hat die Gutachten sorgfältig ausgewertet und seine Ent-scheidung detailliert begründet. Es hat dabei die Einwendungen des Klägers be-rücksichtigt. Seine Schlussfolgerung, dass eine höhere MdE als 20 v. H. nicht ge-rechtfertigt ist – auch nicht für die Zeit vom April 2001 bis April 2002 eine MdE in Höhe von 30 v. H. – ist überzeugend begründet. Der Senat hat keine Bedenken, dem Urteil zu folgen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Kläger hat keine Einwendungen vorgebracht, die der Berufung zum Erfolg verhelfen könnten.
Eine Irritation des Nervus iliohypogastricus wird von Dr. B mit einer MdE von unter 10 v. H. gewertet. Dies ist nachvollziehbar, denn nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten wird sogar eine Teilschädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis (Inguinaltunnelsyndrom), die hier ja gerade nicht nachgewiesen ist, mit einer MdE von nur 0 bis 10 v. H. bewertet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O. Kap. 5.6). Damit hat diese Gesundheitsschädigung keinen Krankheitswert, der zur Erhöhung der MdE wegen der LWK-Fraktur und der dadurch bedingten Funk-tionseinschränkungen führen könnte. Das Gutachten des Dr. H vom 21. Mai 2003 kann ebenfalls nicht für das Begehren, eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v. H. zu erhalten, herangezogen werden, da es nicht, und das war auch nicht die Aufgabe des Gutachters, nach den unfallversicherungsrechtlichen Kausalitätskriterien erstattet worden ist. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) kommt es auf den Gesundheitszustand und die Funktionsbeeinträchtigungen im Ganzen an, unabhängig von der Ursache. Dies hat Dr. H, der in dem Verfahren S 20 RJ 2119/02 mit den Gutachten von Dr. W-R und Dr. B konfrontiert worden ist, in sei-ner Stellungnahme vom 12. Mai 2005 auch eingeräumt und die unterschiedlichen Bewertungen mit den erheblichen degenerativen – und damit unfallfremden - Ver-änderungen begründet. Dr. H hat im Hinblick auf die Begutachtung durch Dr. B auch die Diagnose einer Plexus-lumbosacralis-Läsion postoperativ fallen lassen. Der in dem Bericht der C vom 06. Februar 2007 beschriebene Segment¬aufbrauch bei L4 bis S1 ist nicht unfallbedingt, denn wie sich aus dem Gutachten des Dr. W-R ergibt, befanden sich bereits bei seiner Untersuchung am 12. März 2003 erheb-liche Einengungen durch anlagebedingte Veränderungen in den genannten Seg-menten, die auch durch Röntgenaufnahmen vom 12. März 2002 belegt sind. Die Aussagekraft seines Gutachtens wird auch nicht dadurch entwertet, dass er unter Nennung von Gründen von einer LWK-1-Fraktur ausgeht. Selbst das Ukranken-haus B hat die Fraktur an dem LWK 1 in dem Durchgangsarztbericht vom 20. Juni 2000 genannt. Warum davon im Entlassungsbericht vom 10. Juli 2000 abgewi-chen wird oder ob nur eine Verwechslung (Übertragungsfehler) vorliegt, lässt sich nicht nachvollziehen und muss der Senat auch nicht entscheiden. Denn letztlich entscheidend sind ohnehin die aus der mittelbar unfallbedingten Versteifung der Segmente L1 bis L3 resultierenden Funktionsstörungen. Letztlich vermag auch das nach § 109 SGG erstattete Gutachten des Nervenarz-tes Dr. B vom 07. Juni 2008 nicht zu überzeugen. Das Gutachten entspricht in keiner Weise den Anforderungen an eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Beweisthema und beachtet auch nicht die unfallmedizinischen Kausali-tätskriterien. Der neurologische Befund besteht aus einer Vermischung selbst er-hobener Befunde mit der Beschwerdeschilderung des Klägers. Angesichts des äußerst knappen Befunds (eine Seite) und der nicht durch eigene Untersuchun-gen verifizierten Feststellungen z. B. zum Hör- und Sehvermögen, sind die zum Teil gravierenden Diagnosen wie Halbseitenlähmung links, schwere Myopathie, schwere Hörminderung nicht nachvollziehbar. Dr. B geht von einer schweren Hirn-verletzung nach dem Sturz von der Leiter aus und begründet diese Annahme mit einer einstündigen Bewusstlosigkeit des Klägers. Eine Bewusstlosigkeit wird aber an keiner Stelle in der Vielzahl der Berichte des Ukrankenhauses B bzw. der P-Klinik W erwähnt. Nicht einmal eine Schädelbeteiligung durch den Sturz mit ent-sprechenden Verletzungszeichen (Hämatom, Prellmarke, Hautabschürfung) ist dokumentiert. Soweit in dem Entlassungsbericht der C vom 19. Dezember 2007 ein Sturz auf den Hinterkopf 2000 diagnostiziert worden ist, kann diese Feststel-lung nur auf den in der Vorgeschichte vom Kläger aufgestellten Behauptungen be-ruhen. Eigene Befunde sind in der C diesbezüglich nicht erhoben worden. Außer-dem hat die C, wie sich aus der zusammenfassenden Beurteilung des Entlas-sungsberichts ergibt, keine Schlussfolgerungen aus dem vermeintlichen Sturz auf den Hinterkopf im Hinblick auf den diagnostizierten Hirninfarkt gezogen. Sie hat vielmehr die occipital rechts liegende Läsion am ehesten als Ausdruck einer hä-morrhagischen transformierten Ischämie bei bekannten Risikofaktoren wie Adipo-sitas und Dyslipoproteinämie bewertet und als Konsequenz daraus eine Sekun-därprophylaxe mittels ASS 100 begonnen. Eine Kausalitätsdiskussion findet bei Dr. B ebenfalls nicht statt. Der Gutachter selbst erklärt, eine genaue Trennung der Unfallfolgen von den vorausgehenden Leistungsschäden und Persönlichkeitsveränderungen sei nicht möglich. Er ist der irrigen Auffassung, dass dieser Umstand von geringer Bedeutung sei, da ja alle Schäden berufsbedingt seien. Zusammenfassend ist das Gutachten, wie die Be-klagte zutreffend erklärt hat, nicht verwertbar.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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