Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3398/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2809/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Es verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entscheidet, ohne sichergestellt zu haben, dass die Beteiligten hierzu zuvor angehört worden sind. Ein derartiger Verfahrensfehler rechtfertigt die Aufhebung des Gerichtsbescheides und die Zurückverweisung der Sache.
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15.05.2009 aufgehoben.
Die Sache wird an das Sozialgericht Konstanz zurückverwiesen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK 5101).
Mit Bescheid vom 08.05.2006 und Widerspruchsbescheid vom 07.11.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 insbesondere mit der Begründung ab, die bestehenden Hautbeschwerden hätten nicht zur Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma B. I. GmbH gezwungen.
Hiergegen hat der Kläger am 05.12.2006 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben. Nachdem eine Klagebegründung nicht vorgelegt worden war, hat der Vorsitzende am 06.07.2007 verfügt: "GB ankündigen - Frist: 10.08.2007". Nach der Verfügung findet sich der Vermerk "ausgefertigt/abgesandt am: 06.07.2007", wobei ein Abdruck der ausgefertigten Verfügung nicht in der Akte des Sozialgerichts enthalten ist und weder eine Zustellung mittels Postzustellungsurkunde noch mittels Empfangsbekenntnis vorgenommen worden ist. Den Schriftsatz der Beklagten vom 23.07.2007, in welchem diese ausgeführt hat, dass keine Bedenken bestünden, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hat das Sozialgericht mit Schreiben vom 25.07.2007 zur Kenntnis an den Klägerbevollmächtigten übersandt, gleichfalls einen von der Beklagten am 09.05.2008 übersandten Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dr. K. /Dr. W. , Hautärzte, mit Schreiben vom 16.05.2008.
Mit dem Klägerbevollmächtigten am 26.05.2009 zugestelltem Gerichtsbescheid vom 15.05.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 22.06.2009 Berufung mit dem vorrangigen Ziel einer Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht eingelegt und einerseits geltend gemacht, bei ihm liege eine beruflich bedingte Hauterkrankung vor, derentwegen er seine Tätigkeit bei der Firma B. I. tatsächlich habe aufgeben müssen. Andererseits hat der Kläger vorgetragen, das Sozialgericht hätte, bevor es ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden habe, eine Anhörung durchführen müssen, was nicht geschehen sei. Deshalb liege ein Verfahrensfehler vor, der zu einer Rückgabe der Sache zur erneuten Entscheidung durch das Sozialgericht führen müsse.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15.05.2009 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat dem Senat das bei ihr am 12.07.2007 eingegangene Schreiben des Sozialgerichts Konstanz vom 06.07.2007 vorgelegt. Darin ist ausgeführt:
"Das Gericht beabsichtigt gemäß § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Sie können sich bis ask(Datum einsetzen) hierzu äußern."
Der Klägerbevollmächtigte hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, er habe am 10.05.2007 ein Schreiben des Sozialgerichts vom 07.05.2007 erhalten, in dem nochmals um Abgabe einer Klagebegründung gebeten worden sei. Am 31.07.2007 habe er eine Mitteilung des Sozialgerichts vom 25.07.2007 erhalten. Beigefügt gewesen sei ein Schreiben der Beklagten vom 23.07.2007, in dem mitgeteilt worden sei, dass keine Bedenken bestünden, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Als nächstes habe er ca. zehn Monate später den Bericht der Gemeinschaftspraxis K. /W. zur Kenntnis und dann mehr als ein Jahr später, nämlich am 26.05.2009 den Gerichtsbescheid vom 15.5.2009 erhalten. Aus allen diesen Schreiben sei kein Hinweis des Sozialgerichts zu entnehmen, dass durch Gerichtsbescheid entschieden werden solle.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das Sozialgericht begründet. Diese Möglichkeit eröffnet § 159 Abs. 1 SGG u.a. dann, wenn (Nr. 2) das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist gegeben, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts darauf beruhen kann (Meyer-Ladewig, Kommentar SGG, 9. Auflage, § 159 Rdnr. 3, 3a).
Das Sozialgericht hat vorliegend verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden. Dies ist nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn die Beteiligten vorher hierzu angehört worden sind. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass das Sozialgericht die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Anhörung durchgeführt hat. In der Sozialgerichsakte befindet sich mit dem Datum vom 06.07.2007 lediglich die handschriftliche Verfügung: "GB ankündigen - Frist: 10.08.07". Hieraus ist bereits nicht ersichtlich, an wen (beide Beteiligte, nur Beklagte oder nur Klägerbevollmächtigter) die Verfügung gerichtet werden sollte, mangels eines Abdrucks der ausgeführten Verfügung in der Sozialgerichtsakte ist auch nicht ersichtlich, an wen das verfügte Schreiben tatsächlich abgesandt worden ist und ggf. mit welchem genauen Inhalt.
Zwar ist nachgewiesen, dass die Beklagte die Verfügung vom 06.07.2007 am 12.07.2007 erhalten hat. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Inhalt dieser Verfügung eine verfahrensfehlerfreie Anhörung gewährleistet. Denn das Sozialgericht hat damit lediglich angekündigt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt ist, es ist aber unterblieben, die in der handschriftlichen Verfügung des Vorsitzenden angegebene Frist in der an die Beklagte übersandten Verfügung umzusetzen. Damit ist bereits nicht erkennbar gewesen, bis zu welchem Zeitpunkt eine Äußerung zu der beabsichtigten Verfahrensweise möglich gewesen ist.
Dies kann allerdings letztlich dahingestellt bleiben, denn der Klägerbevollmächtigte hat glaubhaft vorgetragen, die Verfügung vom 06.07.2007 tatsächlich nicht erhalten zu haben. Ein Nachweis des Zugangs kann vorliegend, da das Sozialgericht die Verfügung nicht mittels Empfangsbekenntnis oder Postzustellungsurkunde übersandt hat, nicht erbracht werden.
Eine Anhörung des Klägers zu der Absicht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, kann auch nicht in der Übersendung des Schreibens der Beklagten vom 23.07.2007 zur Kenntnisnahme an den Klägerbevollmächtigten gesehen werden. Mit dem Schreiben vom 23.07.2007 hat die Beklagte mitgeteilt, dass keine Bedenken bestehen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Dass dieses Schreiben auf eine Anhörung des Sozialgerichts zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid hin ergangen ist, lässt sich diesem Schreiben nicht entnehmen, zumal die Beklagte darin keinerlei Bezug auf ein Schreiben des Sozialgerichts genommen hat. Da das Sozialgericht dieses Schreiben der Beklagten dem Klägerbevollmächtigten lediglich zur Kenntnisnahme übersandt hat, hat er daraus auch nicht schließen müssen, dass das Sozialgericht tatsächlich eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige.
Mangels nachweisbarer Anhörung des Klägerbevollmächtigten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegt ein Verfahrensfehler vor. Dieser Verfahrensfehler verletzt den Kläger in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Diese Vorschrift gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.03.2006, 2 BvR 1104/05). Ferner erwächst für das Gericht aus Art. 103 Abs. 1 GG die Pflicht, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör auch tatsächlich gewährt worden ist. Insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - dem Gebot des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Übersendung von Schriftsätzen genügt werden soll, hat das Gericht - etwa durch förmliche Zustellung oder Beifügen einer rückgabepflichtigen Empfangsbescheinigung - zu überwachen, ob die Verfahrensbeteiligten in ihren Besitz gelangt sind (vgl. BVerfG, a.a.O.). Hiergegen hat das Sozialgericht - wie dargelegt - verstoßen.
Bei diesem Verfahrensfehler handelt es sich auch um einen wesentlichen Mangel im Sinne von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Die Entscheidung des Sozialgerichts kann auf dem Verfahrensmangel der unterlassenen Anhörung beruhen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass es im Falle einer ordnungsgemäßen Anhörung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, insbesondere in dem der Klägerbevollmächtigte in Kenntnis der Verfügung des Sozialgerichts vom 06.07.2007 - wie nach Zustellung des Gerichtsbescheids mit Einlegung der Berufung auch tatsächlich geschehen - die Klage begründet hätte und das Sozialgericht gegebenenfalls nach Durchführung weiterer Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
In Ausübung seines von § 159 SGG eingeräumten Ermessens hält es der Senat angesichts der Bedeutung des dargelegten Verfahrensverstoßes für sachgerecht, wenn das Sozialgericht das erstinstanzliche Verfahren erneut und fehlerfrei durchführt.
Das Sozialgericht hat im Rahmen seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu befinden.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Sache wird an das Sozialgericht Konstanz zurückverwiesen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK 5101).
Mit Bescheid vom 08.05.2006 und Widerspruchsbescheid vom 07.11.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 insbesondere mit der Begründung ab, die bestehenden Hautbeschwerden hätten nicht zur Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma B. I. GmbH gezwungen.
Hiergegen hat der Kläger am 05.12.2006 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben. Nachdem eine Klagebegründung nicht vorgelegt worden war, hat der Vorsitzende am 06.07.2007 verfügt: "GB ankündigen - Frist: 10.08.2007". Nach der Verfügung findet sich der Vermerk "ausgefertigt/abgesandt am: 06.07.2007", wobei ein Abdruck der ausgefertigten Verfügung nicht in der Akte des Sozialgerichts enthalten ist und weder eine Zustellung mittels Postzustellungsurkunde noch mittels Empfangsbekenntnis vorgenommen worden ist. Den Schriftsatz der Beklagten vom 23.07.2007, in welchem diese ausgeführt hat, dass keine Bedenken bestünden, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hat das Sozialgericht mit Schreiben vom 25.07.2007 zur Kenntnis an den Klägerbevollmächtigten übersandt, gleichfalls einen von der Beklagten am 09.05.2008 übersandten Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dr. K. /Dr. W. , Hautärzte, mit Schreiben vom 16.05.2008.
Mit dem Klägerbevollmächtigten am 26.05.2009 zugestelltem Gerichtsbescheid vom 15.05.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 22.06.2009 Berufung mit dem vorrangigen Ziel einer Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht eingelegt und einerseits geltend gemacht, bei ihm liege eine beruflich bedingte Hauterkrankung vor, derentwegen er seine Tätigkeit bei der Firma B. I. tatsächlich habe aufgeben müssen. Andererseits hat der Kläger vorgetragen, das Sozialgericht hätte, bevor es ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden habe, eine Anhörung durchführen müssen, was nicht geschehen sei. Deshalb liege ein Verfahrensfehler vor, der zu einer Rückgabe der Sache zur erneuten Entscheidung durch das Sozialgericht führen müsse.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15.05.2009 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat dem Senat das bei ihr am 12.07.2007 eingegangene Schreiben des Sozialgerichts Konstanz vom 06.07.2007 vorgelegt. Darin ist ausgeführt:
"Das Gericht beabsichtigt gemäß § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Sie können sich bis ask(Datum einsetzen) hierzu äußern."
Der Klägerbevollmächtigte hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, er habe am 10.05.2007 ein Schreiben des Sozialgerichts vom 07.05.2007 erhalten, in dem nochmals um Abgabe einer Klagebegründung gebeten worden sei. Am 31.07.2007 habe er eine Mitteilung des Sozialgerichts vom 25.07.2007 erhalten. Beigefügt gewesen sei ein Schreiben der Beklagten vom 23.07.2007, in dem mitgeteilt worden sei, dass keine Bedenken bestünden, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Als nächstes habe er ca. zehn Monate später den Bericht der Gemeinschaftspraxis K. /W. zur Kenntnis und dann mehr als ein Jahr später, nämlich am 26.05.2009 den Gerichtsbescheid vom 15.5.2009 erhalten. Aus allen diesen Schreiben sei kein Hinweis des Sozialgerichts zu entnehmen, dass durch Gerichtsbescheid entschieden werden solle.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das Sozialgericht begründet. Diese Möglichkeit eröffnet § 159 Abs. 1 SGG u.a. dann, wenn (Nr. 2) das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist gegeben, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts darauf beruhen kann (Meyer-Ladewig, Kommentar SGG, 9. Auflage, § 159 Rdnr. 3, 3a).
Das Sozialgericht hat vorliegend verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden. Dies ist nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn die Beteiligten vorher hierzu angehört worden sind. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass das Sozialgericht die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Anhörung durchgeführt hat. In der Sozialgerichsakte befindet sich mit dem Datum vom 06.07.2007 lediglich die handschriftliche Verfügung: "GB ankündigen - Frist: 10.08.07". Hieraus ist bereits nicht ersichtlich, an wen (beide Beteiligte, nur Beklagte oder nur Klägerbevollmächtigter) die Verfügung gerichtet werden sollte, mangels eines Abdrucks der ausgeführten Verfügung in der Sozialgerichtsakte ist auch nicht ersichtlich, an wen das verfügte Schreiben tatsächlich abgesandt worden ist und ggf. mit welchem genauen Inhalt.
Zwar ist nachgewiesen, dass die Beklagte die Verfügung vom 06.07.2007 am 12.07.2007 erhalten hat. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Inhalt dieser Verfügung eine verfahrensfehlerfreie Anhörung gewährleistet. Denn das Sozialgericht hat damit lediglich angekündigt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt ist, es ist aber unterblieben, die in der handschriftlichen Verfügung des Vorsitzenden angegebene Frist in der an die Beklagte übersandten Verfügung umzusetzen. Damit ist bereits nicht erkennbar gewesen, bis zu welchem Zeitpunkt eine Äußerung zu der beabsichtigten Verfahrensweise möglich gewesen ist.
Dies kann allerdings letztlich dahingestellt bleiben, denn der Klägerbevollmächtigte hat glaubhaft vorgetragen, die Verfügung vom 06.07.2007 tatsächlich nicht erhalten zu haben. Ein Nachweis des Zugangs kann vorliegend, da das Sozialgericht die Verfügung nicht mittels Empfangsbekenntnis oder Postzustellungsurkunde übersandt hat, nicht erbracht werden.
Eine Anhörung des Klägers zu der Absicht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, kann auch nicht in der Übersendung des Schreibens der Beklagten vom 23.07.2007 zur Kenntnisnahme an den Klägerbevollmächtigten gesehen werden. Mit dem Schreiben vom 23.07.2007 hat die Beklagte mitgeteilt, dass keine Bedenken bestehen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Dass dieses Schreiben auf eine Anhörung des Sozialgerichts zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid hin ergangen ist, lässt sich diesem Schreiben nicht entnehmen, zumal die Beklagte darin keinerlei Bezug auf ein Schreiben des Sozialgerichts genommen hat. Da das Sozialgericht dieses Schreiben der Beklagten dem Klägerbevollmächtigten lediglich zur Kenntnisnahme übersandt hat, hat er daraus auch nicht schließen müssen, dass das Sozialgericht tatsächlich eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige.
Mangels nachweisbarer Anhörung des Klägerbevollmächtigten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegt ein Verfahrensfehler vor. Dieser Verfahrensfehler verletzt den Kläger in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Diese Vorschrift gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.03.2006, 2 BvR 1104/05). Ferner erwächst für das Gericht aus Art. 103 Abs. 1 GG die Pflicht, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör auch tatsächlich gewährt worden ist. Insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - dem Gebot des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Übersendung von Schriftsätzen genügt werden soll, hat das Gericht - etwa durch förmliche Zustellung oder Beifügen einer rückgabepflichtigen Empfangsbescheinigung - zu überwachen, ob die Verfahrensbeteiligten in ihren Besitz gelangt sind (vgl. BVerfG, a.a.O.). Hiergegen hat das Sozialgericht - wie dargelegt - verstoßen.
Bei diesem Verfahrensfehler handelt es sich auch um einen wesentlichen Mangel im Sinne von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Die Entscheidung des Sozialgerichts kann auf dem Verfahrensmangel der unterlassenen Anhörung beruhen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass es im Falle einer ordnungsgemäßen Anhörung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, insbesondere in dem der Klägerbevollmächtigte in Kenntnis der Verfügung des Sozialgerichts vom 06.07.2007 - wie nach Zustellung des Gerichtsbescheids mit Einlegung der Berufung auch tatsächlich geschehen - die Klage begründet hätte und das Sozialgericht gegebenenfalls nach Durchführung weiterer Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
In Ausübung seines von § 159 SGG eingeräumten Ermessens hält es der Senat angesichts der Bedeutung des dargelegten Verfahrensverstoßes für sachgerecht, wenn das Sozialgericht das erstinstanzliche Verfahren erneut und fehlerfrei durchführt.
Das Sozialgericht hat im Rahmen seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu befinden.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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