L 9 U 2964/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 186/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2964/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die BeR.ung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. April 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im BeR.ungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Verletztengeld (VG) über den 06. April 2005 hinaus wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 22. November 2004.

Der 1949 geborene Kläger, ein selbstständiger Kaufmann mit einem Modevertrieb, der bei der Beklagten für den Fall eines Unfalles (mit Anspruch auf VG) und bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), Beigeladene, freiwillig für den Fall der Krankheit (mit Krankengeld[KG]-Anspruch ab dem 22. Tag der ärztlichen Feststellung) versichert war, wollte am 22. November 2004 bei seiner beR.lichen Tätigkeit beim Aufhängen von Damenoberbekleidung die oben liegende Querstange, die plötzlich herunter brach, auffangen und wieder hoch drücken. Hierbei verspürte er plötzlich sehr starke Schmerzen im Bereich des Rückens, der Schulter und der Halswirbelsäule (HWS), die er auf eine starke Zerrung zurückführte.

Der Orthopäde Dr. R., den der Kläger am Folgetag aufsuchte, diagnostizierte eine Distorsion der HWS und Brustwirbelsäule (BWS) und hielt eine Plexuszerrung links für fraglich. Der Kläger sei voraussichtlich 14 Tage arbeitsunfähig. Eine Kernspintomographie der HWS ergab gemäß dem Bericht der Radiologin G. vom 16. Dezember 2004 eine Osteochondrose mit breitbasiger medialer Bandscheiben(BS)-Protrusion C4/5. Nervenkomprimierende Prozesse, insbesondere in Höhe C5/6 und C6/7, fanden sich nicht. In der Folgezeit bescheinigte Dr. R. bei fortdauernder Behandlung und Therapierestistenz wiederholt Arbeitsunfähigkeit, zunächst bis 23. Dezember 2004, dann auch darüber hinaus.

Die Beklagte beauftragte mit Schreiben vom 03. Januar 2005 die Beigeladene mit der Zahlung von VG ab 15. Dezember 2004 "für die Dauer der auf Grund des Versicherungsfalles bestehenden Arbeitsunfähigkeit". Die Arbeitsunfähigkeit müsse Dr. R. bescheinigen. Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit sei der 23. Dezember 2004. Mit mit Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 03. Januar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, vorbehaltlich der Zustimmung des Rentenausschusses gehe sie davon aus, dass ein Versicherungsfall vorliege. Das - beigefügte - Schreiben an die Beigeladene vom 03. Januar 2005 übersende sie zur Kenntnis. Der Kläger möge sich wegen der Auszahlung des VG mit der Beigeladenen in Verbindung setzen. Ferner wies sie darauf hin, dass VG bei ärztlich festgestellter, auf Grund des Versicherungsfalles bestehender Arbeitsunfähigkeit gezahlt werde. Nachdem sie von weiteren, der Beigeladenen vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (über den 23. Dezember 2004 hinaus) Kenntnis erlangte, teilte sie dieser am 11. Januar 2005 mit, VG könne, soweit von Dr. R. bescheinigt, über den 23. Dezember 2004 hinaus gezahlt werden.

Am 4. Februar 2005 berichtete Dr. R. über eine leichte Besserung der Beschwerden und am 17. März 2005 beschrieb er noch eine deutliche konzentrische Einschränkung in der Schulter, jeweils mit fortdauernder Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Beigeladenen bei und veranlasste eine Untersuchung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklink Ludwigshafen. Gemäß dem Bericht vom 06. April 2005 gelangten Prof. Dr. W. und OA Dr. K. nach einer Untersuchung, auch mit MRT am 6. April 2005, zum Ergebnis, im Vordergrund stehe jetzt noch eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei derzeit durchgeführter Physiotherapie. Es bestünden unfallunabhängige degenerative HWS-Veränderungen mit BS-Vorfällen auf mehreren Etagen und eine AC-Gelenksarthrose links. Im Vorerkrankungsverzeichnis seien auch unfallunabhängige Veränderungen an der Schulter dokumentiert. Es seien keinerlei Unfallfolgen mehr zu objektivieren. Man schlage vor, das Heilverfahren zu Lasten der Beklagten abzubrechen. Die degenerativen Veränderungen seien zu Lasten der Krankenkasse zu behandeln.

Mit Schreiben vom 04. Mai 2005 übersandte die Beklagte Dr. R. den Bericht des Prof. Dr. W. und entschied, die Behandlung zu ihren Lasten werde mit dem 06. April 2005 abgebrochen. Ferner teilte sie der Beigeladenen, die VG auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. R. zuletzt für die Zeiträume vom 6. bis zur 14. und 15. bis 26. April sowie 27. April bis 3. Mai 2005 in Höhe von kalendertäglich 155,56 EUR gezahlt hatte, mit Schreiben vom 18. Mai 2005 mit, die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit ende mit dem 06. April 2005. Die Beigeladene solle kein weiteres VG in ihrem Auftrag auszahlen. Vom 4. Mai bis 18. August 2005 zahlte die Beigeladene an den Kläger KG in Höhe von 81,38 EUR kalendertäglich. Der Beklagten erstattete sie das vom 7. April bis 3. Mai 2005 gezahlte VG bis zur Höhe des KG-Anspruches. VG-Zahlungen forderte sie vom Kläger nicht zurück.

Dr. R., der am 9. Mai 2005 über eine "Teilbesserung" berichtet und mitgeteilt hatte, die Arbeitsunfähigkeit werde verlängert, teilte der Beklagten auf deren Schreiben (vom 4. Mai 2005) unter dem 10. Juni 2005 dann mit, der Kläger sei mit Wirkung vom 06. April 2005 aus der ambulanten Behandlung entlassen worden und ab 06. April 2005 arbeitsfähig. Die ärztliche Behandlung sei "laut Ihres Briefes am 6.4.05 abgebrochen" worden. Mit Bescheid vom 09. Juni 2005 anerkannte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles und entschied weiter, nach dem Ergebnis der Ermittlungen habe unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 06. April 2005 bestanden. Die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit ab 07. April 2005 sei unfallunabhängig und auf Vorerkrankungen sowie degenerative Veränderungen zurückzuführen. Die Zahlung von VG ende mit dem 06. April 2005.

Dagegen erhob der Kläger am 20. Juni 2005 Widerspruch, mit welchem er die Gewährung von VG über den 06. April 2005 hinaus begehrte. Auch wenn vor dem Unfall Erkrankungen vorgelegen hätten, sei er durch diese in seiner Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen und habe er auch keine Schmerzen oder sonstige Beschwerden verspürt. Die vorhandenen Beschwerden und die damit verbundene Arbeitsunfähigkeit seien durch den Unfall ausgelöst worden.

Eine auf Aufforderung der Beigeladenen beantragte und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) angebotene Rehabilitations(Reha)-Maßnahme (Bescheid vom 5. Juli 2005) lehnte der Kläger ab, weil die Beschwerden unfallbedingt und Leistungen von der Beklagten zu gewähren seien, was zur Einstellung des von der Beigeladenen noch gewährten KG ab 18. August 2005 führte (Bescheid vom 15. August 2005, Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2006, Urteil des Sozialgerichts Mannheim [SG] vom 15. Mai 2007, S 9 KR 821/06, bestätigt durch den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2007, L 5 KR 3222/07 und die Nichtzulassungsbeschwerde zurückW.nder Beschluss des Bundessozialgerichts vom 03. März 2008, B 1 KR 3/08 B).

Die Beklagte holte ein von Prof. Dr. W. und Dr. Ateschrang erstattetes unfallchirurgisches Gutachten vom 30. November 2005 ein. Diese gelangten nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen und einer Untersuchung, bei der der Kläger eine Röntgenuntersuchung ablehnte, zum Ergebnis, vor dem Unfall habe eine Höhenminderung des BS-Faches C4/C5, weniger ausgeprägt C5/C6, vorgelegen. Es habe sich um einen im Wesentlichen altersentsprechenden Befund der HWS gehandelt. Durch den Unfall sei es zu einer Zerrung der HWS gekommen. Es ließen sich ab 06. April 2005 unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen und der eigenen Untersuchung keine Verletzungs- bzw. Unfallfolgen mehr objektivieren. Eine relevante unfallbedingte Verschlimmerung eines bestehenden Leidens sei nicht eingetreten, auch keine relevante strukturelle Schädigung der HWS. Der Kläger sei vom 22. November 2004 bis 05. April 2004 (gemeint: 2005) arbeitsunfähig gewesen. Danach sei Arbeitsfähigkeit eingetreten.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2005 zurück. Die Voraussetzung für die Gewährung von VG, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit, habe bis zum 06. April 2005 vorgelegen. Zu diesem Zeitpunkt sei wieder ein Zustand erreicht gewesen, wie er vor dem Unfall bestanden habe. Darüber hinaus bestehende Beschwerden mit weiterer Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit seien nach dem Ermittlungsergebnis auf die schon zuvor bestehenden Aufbraucherscheinungen der HWS zurückzuführen.

Wegen des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 17. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und die Weitergewährung von VG über den 06. April 2005 hinaus erstrebt. Er betreibe mit seiner Ehefrau als selbstständige Kaufleute einen Modevertrieb. Auch wenn er unter degenerativen Veränderungen leide, habe er vor dem Unfall mehrere Jahre keine Beschwerden verspürt. Die unfallunabhängigen Beschwerden seien auf Grund des Unfalles wieder hervorgetreten. Auf Grund der Beschwerden sei er nicht mehr in der Lage, wie vorher mit seinem Fahrzeug zu reisen und die schwere Ware dem Kunden anzubieten.

Das SG hat Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört, der am 05. April 2007 u. a. angegeben hat, nach der ersten Untersuchung, die erhebliche Funktionsstörungen im Bereich des cerviko-dorsalen Übergangs gezeigt habe, habe sich zunehmend eine konzentrische Einschränkung des linken Armes eingestellt, der geschont worden sei. Es hätten sich zunehmende Funktionseinschränkungen auch der HWS mit starken Gegenspannungen, eine Klopfempfindlichkeit im Bereich des cerviko-dorsalen Übergangs und vor allem ein Taubheitsgefühl der Finger II bis IV ergeben. Teilweise sei eine Funktionsprüfung der linken Schulter nicht mehr möglich gewesen, so am 10. Januar 2005. Am 14. Februar 2005 habe der Kläger zusätzlich Beschwerden im Bereich der BWS und LWS angegeben, wobei Röntgenaufnahmen nur geringe degenerative Veränderungen und keine Chrondose erbracht hätten. Erst Mitte bis Ende des Jahres 2005 habe sich eine leichte Besserung eingestellt. Die Verspannungen des Schultergürtels seien etwas besser geworden und auch die Funktion der Schulter habe gering zugenommen. Es habe aber weiterhin keine Belastbarkeit bestanden. Es gebe eine Diskrepanz zwischen den bei ihm und in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik angegebenen Beschwerden. Ferner hätten sich größere Funktionseinschränkungen der Schulter und Verspannungen der HWS als im Gutachten der Unfallklinik gezeigt, wobei sicherlich eine teilweise erhebliche Gegenspannung bestanden habe, die eine Objektivierung der Befunde erschwert habe. Die Diskrepanz in den Befunden bei seinen Untersuchungen gegenüber denen bei der Begutachtung sei größtenteils auf unfallfremde Folgen zurückzuführen, weswegen er bezüglich der festgestellten Unfallfolgen mit dem Gutachten übereinstimme. Es ergebe sich keine Diskrepanz in der Bewertung der Unfallfolgen gegenüber Prof. Dr. W ...

Die Beklagte hat geltend gemacht, durch den Unfall sei es zu einer Zerrung der HWS gekommen, die eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis einschließlich 05. April 2005 bedingt habe. Unabhängig von den Unfallfolgen habe eine BS-Höhenminderung und eine Verdickung des hinteren Längsbandes im Bereich des vierten und fünften Halswirbels, weniger ausgeprägt auch im Bereich des fünften und sechsten Halswirbels vorgelegen, die weder durch den Unfall verursacht, noch vorübergehend bzw. richtungsgebend verändert oder dauerhaft verschlimmert worden sei. Seit 06. April 2005 habe ein Zustand vorgelegen, wie vor dem Unfall.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10. April 2008 abgewiesen, da nach dem 06. April 2005 keine Unfallfolgen und keine dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen das am 30. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Juni 2008 BeR.ung eingelegt.

Der Senat hat die DAK mit Beschluss vom 24. Februar 2010 zum Rechtsstreit beigeladen.

Der Kläger macht unter Wiederholung früheren Vorbringens geltend, er sei auch über den 06. April 2005 hinaus bis jetzt unfallbedingt arbeitsunfähig. Hierzu hat er eine Bescheinigung des Dr. R. vom 15. Januar 2009 vorgelegt, wonach "weiterhin auf Grund eines Wirbelsäulensyndroms, musk. Kontrakturen, Enthesiopathien, Psychosomation, Schulter Hand Syndrom, cerv. Bandscheibenschaden, Überlastungssyndrom, Dysfunktion, Spondylarthrose" Arbeitsunfähigkeit bestehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2005 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. November 2004 über den 3. Mai 2005 hinaus Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die BeR.ung zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, auch das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten bestätige ihre Entscheidung. Mit Schreiben vom 3. Januar 2005 sei geregelt worden, dass VG für die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit gezahlt werde, die gegebenenfalls von Dr. R. zu bescheinigen sei. Es habe sich um eine vorläufige Regelung gehandelt, mit der sichergestellt worden sei, dass VG nur für die Dauer unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gewährt werde, wobei die Dauer offen gelassen worden sei. Die endgültige Entscheidung über die Dauer der Gewährung von VG sei am 9. Juni 2005 erfolgt, wonach Anspruch auf VG bis 6. April 2005 bestanden habe. Die Beigeladene habe dies akzeptiert und das vom 7. April bis 3. Mai 2005 geleistete VG in Höhe des KG (2.613,62 EUR) erstattet. Der nicht erstattete Betrag sei beim Kläger verblieben und die Überzahlung werde nicht zurückgefordert.

Die Beigeladene beantragt,

die BeR.ung zurückzuweisen.

Sie hat auf Anfrage erklärt, Dr. R. habe vom 23. November 2004 bis 18. August 2005 Arbeitsunfähigkeit mit den Diagnosen Distorsion HWS und BWS mit Plexusreizung sowie Verstauchung und Zerrung der HWS bescheinigt. Das bis 3. Mai 2005 gezahlte VG sei vom Kläger nicht zurückgefordert worden Die KG-Zahlung ab 4. Mai 2005 sei wegen mangelnder Mitwirkung des Klägers (Reha) zum 18. August 2005 eingestellt worden. Hierzu hat sie u. a. eine ärztliche Äußerung des Dr. R. vom 16. Juni 2005 (Diagnosen: Chronisches WS-Syndrom, Schulter-Hand-Syndrom, Plexusreizung und zusätzlich psychosomatisches Krankheitsbild, fixierter Rundrücken; bezüglich des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit sei noch keine Aussage möglich) vorgelegt.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten des Orthopäden Prof. Dr. B. vom 18. Juni 2009 eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, ab dem Unfall hätten beim Kläger ein HWS-Syndrom bei minimaler Minderung des Zwischenwirbelraums C4/C5 ohne BS-Vorfall und beginnende degenerative Veränderungen an den Wirbelgelenken zwischen C4 bis C6 mit beginnenden Vorkantenausziehungen C4 bis C6 im Sinne von Osteophyten vorgelegen. Ab 06. April 2005 hätten dann noch eine Schultersteife links bei unauffälligen knöchernen und Weichteilstrukturen des Schultergelenks bestanden. Ferner habe die Untersuchung vom 27. Mai 2009 jetzt noch einen Verdacht auf Morbus Parkinson bei deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit der HWS, des linken Schultergelenks, einer schweren Einschränkung der Beweglichkeit des linken Handgelenkes, Muskelschwund der kleinen Muskulatur in beiden Händen, einem konzentrischen muskulären Spasmus an beiden Oberschenkeln sowie einem ausgeprägten Tremor beider Hände ergeben. Der Kläger habe sich beim Unfall eine Distorsion der HWS zugezogen. Eine Progredienz der degenerativen Veränderungen im Bereich des Knochenskeletts seit dem 22. November 2004 sei nicht festzustellen. Bei der kernspintomographischen Untersuchung vom 16. Dezember 2004 sei eine Verletzung des Weichteilmantels im Bereich der HWS ausgeschlossen worden. Deshalb sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass die Bewegungseinschränkung im Bereich der HWS im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 22. November 2004 stehe. Am 06. April 2005 habe eine Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks im Vordergrund gestanden, die HWS sei zu diesem Zeitpunkt frei beweglich gewesen. Die durchgeführte Kernspintomographie habe damals eine leichte AC-Gelenksarthrose ergeben. Nach eingehender Durchsicht aller Unterlagen sei nicht festzustellen, seit wann die jetzt festgestellte schwere Einschränkung der Beweglichkeit im linken Handgelenk, der Tremor beider Hände, die Minderung der kleinen Handmuskulatur beidseits sowie der konzentrische Spasmus der Hüftgelenksmuskulatur verbunden mit einem links hinkenden Gangbild bestünden. Diese Befunde stünden aus medizinischer Sicht nicht im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Auf Grund der Unfallverletzung sei der Kläger ab 06. April 2005 wieder arbeitsfähig gewesen. Der Beurteilung von Prof. Dr. W. sei zuzustimmen, ebenso der des Prof. Dr. W ...

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige BeR.ung ist - nachdem das bis 3. Mai 2005 gezahlte VG beim Kläger verbleibt und nur noch die Gewährung von VG ab 4. Mai 2005 strittig ist - unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf VG über den 3. Mai 2005 hinaus.

VG wird gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII erbracht, wenn Versicherte 1. infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und 2. unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, VG, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch oder Mutterschaftsgeld hatten.

Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht dem in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte seine zuletzt vor dem Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit bzw. im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls nicht (weiter) verrichten kann. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt inne gehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Kranken- bzw. VGes eng zu ziehen ist (BSG SozR 4-2700 § 46 Nr. 3 m.w.N.). Für die tatsächliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, die zur Begründung eines Anspruchs auf VG durch die Folgen des Arbeitsunfalls hervorgerufen sein muss, ist die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein Beweismittel wie jedes andere. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind Krankenkassen bzw. Unfallversicherungsträger und Gerichte an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden. Der durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigte Inhalt kann durch andere Beweismittel widerlegt werden (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 7).

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls und ihrer Berücksichtigung für die Gewährung von Leistungen sowie bei der Bemessung der MdE ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und JURIS).

Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Dass Unfallfolgen, die eine Arbeitsunfähigkeit begründet haben, ab 06. April 2005 nicht mehr vorgelegen haben, ergibt sich zur Überzeugung des Senats schlüssig und nachvollziehbar aus dem Untersuchungsbericht des Prof. Dr. W. sowie dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W., die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar waren und auch aus der Aussage des behandelnden Orthopäden Dr. R. vor dem SG, der sich diesem Gutachten im Wesentlichen angeschlossen hat. Bestätigung gefunden hat diese Einschätzung auch in dem auf Antrag des Klägers eingeholten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B ... Danach bestanden ab 06. April 2005 noch eine Schultersteife links bei unauffälligen knöchernen und Weichteilstrukturen des Schultergelenks. Ferner ergab sich bei der Untersuchung vom 27. Mai 2009 noch ein Verdacht auf Morbus Parkinson, eine sogenannte Schüttellähmung mit deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit der HWS, des linken Schultergelenks, einer schweren Einschränkung der Beweglichkeit des linken Handgelenkes, Muskelschwund der kleinen Muskulatur in beiden Händen sowie einem konzentrischen muskulären Spasmus an beiden Oberschenkeln und einem ausgeprägten Tremor beider Hände.

Keine der ab 6. April 2005 vorliegenden Gesundheitsstörungen ist durch das Unfallereignis verursacht und es ist auch keines dieser Krankheitsbilder durch das Unfallereignis verschlimmert worden. Der Kläger hat sich beim Unfall eine Distorsion der HWS zugezogen. Eine Progredienz der degenerativen Veränderungen im Bereich des Knochenskeletts seit dem 22. November 2004 ist nicht festzustellen. Bei der kernspintomographischen Untersuchung vom 16. Dezember 2004 ist eine Verletzung des Weichteilmantels im Bereich der HWS ausgeschlossen worden. Deshalb ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass die Bewegungseinschränkung im Bereich der HWS im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 22. November 2004 stehen. Am 06. April 2005 hat eine Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks im Vordergrund gestanden, die HWS war zu diesem Zeitpunkt frei beweglich. Die durchgeführte Kernspintomographie hat damals eine leichte AC-Gelenksarthrose ergeben. Es bestand jedenfalls ab 06. April 2005 keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr. Begründete und überzeugende Einwendungen, die Zweifel an diesen gutachterlichen Einschätzungen rechtfertigen könnten, vermag der Senat weder ärztlichen Äußerungen, noch dem Berufungsvorbringen des Klägers zu entnehmen.

Der Kläger hat über den 3. Mai 2005 hinaus auch keinen Anspruch auf Gewährung von VG auf Grund des Bescheids vom 3. Januar 2005 in Verbindung mit von Dr. R. über den 3. Mai 2005 hinaus bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeiten, die - wie oben dargelegt - nicht unfallbedingt waren. Hierbei kann dahinstehen, ob Zahlungen von VG auf Grund von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. R. durch die Beigeladene als Verwaltungsakte zu qualifizieren wären, die rückwirkend nur eingeschränkt aufgehoben werden könnten, da die Beigeladene ab 4. Mai 2005 VG nicht mehr gezahlt hat.

Da der Kläger somit ab 4. Mai 2005 keinen Anspruch auf Gewährung von weiterem VG hat, weist der Senat die BeR.ung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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