Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 4125/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5036/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. September 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Form einer Kraftfahrzeughilfe.
Die 1969 geborene Klägerin ist seit 1993 als Übersetzerin und Bürovorsteherin in einer Anwaltskanzlei tätig. Diese Beschäftigung war wegen der Geburt ihrer dritten Tochter am 25.01.2005 und einer sich anschließenden Elternzeit unterbrochen. Seit dem 1.02.2008 ist sie in der Kanzlei der Rechtsanwälte B.-von L. & Kollegen in einem zeitlichen Umfang von vier bis fünf Stunden pro Tag beschäftigt. Im Dezember 2002 erkrankte sie an multipler Sklerose. Sie verfügt über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 50, in den auch das Merkzeichen "G" ("erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr") eingetragen ist. Die Wohnung der Klägerin befindet sich im selben Gebäudekomplex, in dem auch die Kanzlei ihren Sitz hat. Der Fußweg beträgt nach Angaben der Klägerin nicht einmal eine Minute.
Mit einem am 20.05.2008 bei der Beklagten eingegangenen Antrag begehrte die Klägerin einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs. Sie benötige den Pkw, weil ihre dreijährige Tochter am Vormittag in einen Kindergarten gebracht werden müsse. Sie könne am sozialen Leben mit ihrer Familie nur teilnehmen, wenn sie mobil sei. Sie wohne am Hang und könne zu Fuß das Haus nicht bzw. nur mit Mühe verlassen. Ihre Tochter werde noch wenigstens drei Jahre den Kindergarten besuchen. Von der Wohnung zum Kindergarten und zurück seien es etwa sechs Kilometer, die von ihr nicht mehr zu Fuß zurückgelegt werden könnten. Sie wohnten am Hang und es gebe keine nahe Bus- oder Straßenbahnverbindung. Bevor die Erkrankung aufgetreten sei, sei sie mit ihren ersten beiden Töchtern 50 bis 60 Minuten zu Fuß unterwegs gewesen. Dies sei ihr seit ihrer Erkrankung unmöglich geworden. Sie verlasse die Wohnung nur noch mit dem Pkw, weil sie ansonsten nur mit so großer Mühe nach Hause kommen könne, dass sie sich danach hinlegen müsse. Ihr Ehemann sei bereits ab 06:30 Uhr bei der Arbeit, ihre beiden weiteren Töchter gingen bereits nach 07:00 Uhr aus dem Haus und zur Schule. Sie benötige als Zusatzausstattung ein Automatikgetriebe ggf. einen Steuerknüppel bzw. eine Lenkhilfe, eine Standheizung und eine Klimaanlange. Sie nutze derzeit leihweise das Fahrzeug ihres ebenfalls schwerbehinderten Bruders. Der Bruder brauche seinen Wagen aber auch selbst.
Im ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag der Gemeinschaftpraxis Dres. Sch. und E., Heidelberg, vom 22.04.2008, werden als Diagnosen eine multiple Sklerose und eine reaktive Depression angegeben. Die Klägerin leide an einer Schwäche und einer Gefühlsminderung an beiden Beinen, am linken Arm sowie an der linken Hand. Die Beweglichkeit sei eingeschränkt, beim Zurücklegen von mehr als 100m brauche sie eine Pause. Sie leide außerdem an Depressionen, Angst- und Schlafstörungen.
Mit Bescheid vom 1.07.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Zur Begründung führte sie aus, der Klägerin sei trotz der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar, ihren Arbeitsort zu Fuß zu erreichen. Die Voraussetzungen für eine Kraftfahrzeughilfe lägen damit nicht vor. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihren Arbeitsplatz lediglich über den Umweg über den Kindergarten erreichen zu können. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008 zurück und führte ergänzend sie aus, es komme allein auf die Art und Schwere der Behinderung an, welche die Erforderlichkeit eines eigenen Kraftfahrzeugs für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsort begründen könnten. Andere Umstände, wie z. B. ein weiter Anfahrtsweg oder ungünstige öffentliche Verkehrsverbindungen, seien kein Grund, eine Kraftfahrzeughilfe zu gewähren. Die Tatsache, dass die Klägerin ihre Tochter zum Kindergarten bringen und wieder abholen müsse, könne den Rentenversicherungsträger nicht zur Leistung verpflichten.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.12.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht, jeden Morgen ihre Tochter um 08:00 Uhr in den Kindergarten bringen zu müssen. Für Hin- und Rückweg benötige sie etwa eine Stunde Fußweg. Wegen der Behinderung habe sie diesen Weg auch nicht mehr zu Fuß zurückgelegt. Mute man ihr die Gehstrecke von etwa 1,5 km einfache Strecke zu, werde eine Arbeitsfähigkeit auf Dauer nicht vorhanden sein. Sie werde ohne eigenes Kfz mit Automatikschaltung ihre berufliche Tätigkeit in der Kanzlei aufgeben müssen. Die Auffassung der Beklagten berücksichtige den Gesetzeszweck nicht. Das Gesetz, welches behinderte Frauen sogar besonders schütze, habe zum Ziel, Kfz-Beihilfen zu gewähren, wenn ohne Kfz eine Arbeitstätigkeit nicht möglich wäre. So liege es auch hier im vorliegenden Fall, denn die Klägerin könne, und zwar einzig auf Grund ihrer Behinderung, die Versorgung ihrer Tochter und das Arbeitsleben nicht ohne Kfz vereinbaren. Dem Wortlaut der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung (KfzHV) sei auch nicht zu entnehmen, dass die Beihilfe nur dann gewährt werde, wenn diese zwingend für das Zurücklegen der Strecke von der Wohnstätte zur Arbeitsstätte benötigt werde. Das Gesetz schweige sich aus, von welchem Ort aus der Arbeitsort zu erreichen sei. Hilfsweise berufe sie sich auf die Härtefallregelung der KfzHV.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hält daran fest, dass persönliche Gründe, wie die Unterbringung des Kindes im Kindergarten, die die Benutzung eines Kraftfahrzeuges erst erforderlich mache, sie (die Beklagte) nicht zur Leistungsgewährung verpflichten könne. Auch ein Anspruch über die Härtefallregelung sei nicht gegeben.
Das SG hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift (Bl. 28 ff. der Akten) vom 19.05.2009 wird insoweit verwiesen.
Mit Urteil vom 29.09.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation ausschließlich darauf abstelle, ob ein behinderter Mensch seinen Arbeitsplatz von seinem Wohnort aus noch ohne ein Fahrzeug erreichen könne. Dies sei vorliegend der Fall, weil sich das Haus der Klägerin direkt neben dem Gebäude befinde, in welchem sie arbeite. Demgegenüber könnten privaten Anliegen keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Denn die gesetzliche Regelung verlange, dass jemand auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sei, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Eine derartige Gesetzesauslegung verstoße auch weder gegen Art. 3 noch gegen Art. 6 Grundgesetz (GG).
Gegen das der Klägerin am 13.10.2009 zugestellte Urteil hat sie am 30.10.2009 Berufung eingelegt.
Sie weist daraufhin, der KfzHV könne nicht entnommen werden, dass der Ausgangspunkt für das Erreichen des Arbeitsplatzes der Wohnort sein müsse. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz aufgeben müsse, wenn sie ein Kfz nicht zur Verfügung gestellt bekomme, mit dem sie auch ihre Kinder transportieren könne. Die kausale Verknüpfung von privaten Belagen mit der Eingliederung der Klägerin in das Arbeitsleben sei in der Weise gegeben, dass die privaten Belange einen unmittelbaren, abträglichen Einfluss auf die Eingliederung in das Arbeitsleben hätten. Es seien im vorliegenden Fall die zwingenden und nicht änderbaren privaten Interessen der Klägerin, die die Eingliederung der Klägerin in das Arbeitsleben gefährdeten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. September 2009 sowie den Bescheid vom 1. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten, über ihren Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Kfz-Hilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil sowie auf ihr schriftsätzliches Vorbringen in erster Instanz.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Rentenversicherung erbringt die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben einzugliedern (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch- SGB VI). Gemäß § 9 Absatz 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und die versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 13 Absatz 1 Satz 1 SGB VI werden die Leistungen vom Träger der Rentenversicherung nach pflichtgemäßem Ermessen erbracht.
Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zählt gemäß § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch die Kraftfahrzeughilfe nach der KfzHV. Nach § 2 der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats verordneten und am 1. Oktober 1987 in Kraft getretenen KfzHV vom 28. September 1987, zuletzt geändert durch Art. 117 Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, umfasst die Kraftfahrzeughilfe auch Leistungen zur Beschaffung eines Kfz und für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung. Gemäß § 2 Abs. 2 KfzHV werden die Leistungen als Zuschüsse und nach Maßgabe des § 9 (Leistungen in besonderen Härtefällen) als Darlehen erbracht.
Zusätzlich zu den in den §§ 10-12 SGB VI genannten Voraussetzungen müssen die in der KfzHV genannten persönlichen Voraussetzungen vorliegen. § 3 Abs. 1 KfzHV setzt voraus, dass - neben der Fähigkeit der Führung eines Kfz oder Sicherstellung des Führens durch einen Dritten - der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Hilfe zur Beschaffung eines Kfz nach der KfzHV nicht vor.
An der Erfüllung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß §§ 10 und 11 SGB VI für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehen angesichts der Erkrankung der Klägerin an multipler Sklerose mit erheblicher Gehbehinderung und der im Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen 180 Monate Beitragszeiten keine Zweifel. Ausschlussgründe nach § 12 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor.
Die Klägerin erfüllt jedoch nicht die in § 3 Abs. 1 KfzHV genannten persönlichen Voraussetzungen. Die Klägerin ist nicht infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kfz angewiesen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, denn sie kann ihren Arbeitsplatz regelmäßig ohne Kfz erreichen, da er sich im selben Gebäudekomplex befindet, in dem die Klägerin auch ihre Wohnung hat.
Zwar ist es richtig, dass der Formulierung des § 3 Abs. 1 KfzHV nicht wörtlich zu entnehmen ist, dass die Wohnung der Ausgangspunkt für die Zurücklegung des Weges zum Arbeitsplatz und somit der in jedem Einzelfall erforderlichen Prüfung der Notwendigkeit für die Gewährung einer Leistung für die Anschaffung eines Kfz zugrunde zu legen ist. In ähnlicher Weise wird auch im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit als versicherte Tätigkeit angesehen, ohne dass die Wohnung ausdrücklich als Ausgangs- oder Endort dieses Weges bestimmt ist (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII). Jedoch ist die Wohnung üblicherweise der Ausgangspunkt für die Zurücklegung des Weges zum Arbeitsplatz (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 178). So wird auch in der Begründung der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Bundesrat Drs 266/87 - S.14 zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV) ausgeführt, dass ein Anspruch des behinderten Menschen auch dann besteht, wenn die "Fußwege von seiner Wohnung zur Haltestelle und von der Haltestelle zu seinem Arbeitsplatz " nicht mehr zurückgelegt werden können. In gleicher Weise verlangt auch das BSG (vgl. Urteil des BSG vom 21.03.2001 - B 5 RJ 8/00 R - in Juris) die Prüfung, ob es öffentliche Verkehrsverbindungen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz oder Beförderungsdienste des Arbeitgebers oder sonstige Transportmöglichkeiten gibt, die trotz der Behinderung benutzt werden können. Eine andere Auslegung ist auch im Falle der Klägerin im Hinblick auf die oben beschriebene rentenrechtliche Zwecksetzung nicht geboten, zumal sie auf die Nutzung eines Kfz zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes von ihrer Wohnung gerade nicht angewiesen ist.
Vielmehr ist die Klägerin auf ein Kfz ausschließlich wegen des Bringens und Holens ihrer Tochter zu und von dem Kindergarten angewiesen. Wie die Klägerin selbst angegeben hat, fühlt sie sich seit Beginn ihrer Erkrankung körperlich nicht in der Lage, die Strecke zu Fuß zu bewältigen. Wegen der Behinderung hat sie diesen Weg seither auch nicht mehr zu Fuß zurückgelegt, sondern nutzt seitdem das Fahrzeug ihres ebenfalls schwerbehinderten Bruders. Für den Senat steht nach diesen Einlassungen, den Äußerungen der behandelnden Ärztinnen und der Feststellung des Merkzeichens "G" durch das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis fest, dass die Klägerin diese Strecke auch dann nicht mehr zurücklegen könnte, wenn sie nicht erwerbstätig wäre. Steht ihr ein Kfz nicht zur Verfügung, ist - durch die Auswirkungen ihrer Krankheit - nicht die Erwerbsfähigkeit der Klägerin gefährdet, sondern die Betreuung der Tochter während der Zeit ihrer Berufstätigkeit. Die Klägerin kann nämlich wegen ihrer Behinderung nicht ihre Arbeitsstelle, sondern den Ort der Betreuung ihrer Tochter nicht mehr ohne Kfz erreichen. Die Arbeitsstelle müsste in diesem Fall nur deshalb aufgegeben werden, weil die Klägerin ihre minderjährige Tochter dann selbst zu versorgen hätte. Diese nur mittelbare Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit wird aber von den Voraussetzungen der KfzHV nicht erfasst. Sie ist insbesondere nicht wesentlich in der behinderungsbedingten Erschwernis, die Arbeitsstelle erreichen zu können, begründet, sondern durch im Wesentlichen private Belange. Damit ist die Situation nicht anders zu beurteilen, als die nicht behinderter berufstätiger Frauen und Männer, die für den Transport ihrer Kinder zu einer Betreuungseinrichtung auf die Nutzung eines privaten Kfz angewiesen sind, weil auch diese ansonsten an der Ausübung der Erwerbstätigkeit gehindert wären.
Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die Sicherstellung der Betreuung der Kinder eine wesentliche und in der Regel unvermeidbare Voraussetzung für die Berufstätigkeit der Eltern ist. Dennoch ist der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber nicht gehalten, Verrichtungen im Zusammenhang mit der erforderlichen Betreuung der Kinder der Erwerbstätigkeit gleichzusetzen. So sieht § 8 Abs. 2 Nr. 2 a) SGB VII - über die Zurücklegung des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit hinaus - als versicherte Tätigkeit zwar auch das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges an, um Kinder von Versicherten, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen. Aber auch diese Regelung erfasst nur Abweichungen von bereits versicherten Wegen. Muss - wie im Falle der Klägerin - zum Erreichen eines Arbeitsplatzes kein versicherter Weg mit einem Kfz zurückgelegt werden, besteht für die Wege, die allein zur Unterbringung der Kinder zurückgelegt werden, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Ricke aaO RdNr. 223).
Das BSG hat die Beschränkung des Versicherungsschutzes beim Transport von Kindern in fremde Obhut auf Wege, die mit der Zurücklegung des versicherten Weges der Erziehungsperson nach und von dem Ort ihrer versicherten Tätigkeit verknüpft sind, als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet (BSG Urteil vom 20.03.2007 - B 2 U 19/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 23). Seine in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen zu Art. 3 und Art. 6 GG lassen sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Danach ist auch die beruflich veranlasste Unterbringung von Kindern grundsätzlich nicht der Erwerbstätigkeit von Versicherten sondern ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen. Unter dieser Prämisse würde die Erstreckung der Leistungen der KfzHV auf den Fall der Klägerin zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung nicht behinderter Menschen führen, die zur berufsbedingten Unterbringung ihrer Kinder auch auf die Nutzung eines Kfz angewiesen wären.
Auch die in Art. 6 GG normierte Pflicht des Staates, Ehe und Familie zu fördern und vor Beeinträchtigungen zu bewahren, gebietet keine Erstreckung der Leistungen der KfzHV auf den ausschließlichen berufsbedingten Transport von Kindern zu einer Betreuungseinrichtung. Der Gesetzgeber bestimmt im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz der Ehe und Familie verwirklichen will. Konkrete Ansprüche auf bestimmte Rechte oder Leistungen lassen sich aus dem Förderungsgebot des Art. 6 GG auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts nicht herleiten (BSG aaO m.w.N). Dementsprechend können dem Grundgesetz auch keine verbindlichen Vorgaben für die Gestaltung von beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen in Verbindung mit beruflich veranlasster Unterbringung von Kindern entnommen werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin herangezogenen Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.08.1992 (9b RAr 1/92). Im Gegensatz zu dem hier zu entscheidenden Fall hatte der Kläger dort die persönlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV erfüllt und war unstreitig auf die Nutzung eines Kfz angewiesen, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Sein mit der Begründung, mit dem von ihm bislang genutzten Fahrzeug könne er seine Kinder nicht befördern, erhobener Anspruch auf Beschaffung eines Ersatzkraftfahrzeugs blieb im Übrigen ohne Erfolg. Das BSG hat insoweit lediglich festgestellt, dass der behinderte Mensch bei der Auswahl seines Fahrzeuges grundsätzlich frei ist und dabei durchaus auch private Belange einfließen können. Vorausgesetzt hat es hierbei aber ausdrücklich, dass die Voraussetzungen für die Kraftfahrzeughilfe erfüllt sind.
Ein Anspruch auf zumindest ermessensfehlerfreie Entscheidung ergibt sich auch nicht aus § 9 KfzHV. Danach können zwar Leistungen zur Vermeidung besonderer Härten auch abweichend von § 2 Abs. 1, §§ 6 und 8 Abs. 1 erbracht werden. Dies jedoch nur dann, soweit dies notwendig ist, um Leistungen der Kraftfahrzeughilfe von Seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden zu lassen (Nr. 1) oder dies zur Aufnahme oder Forstsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist (Nr. 2). Letzteres aber nur unter den Voraussetzungen des § 3 KfzHV, d.h. unter den Voraussetzungen, die hier nach den oben gemachten Ausführungen gerade nicht vorliegen. Da auch die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vorliegen, besteht auch kein zu berücksichtigender besonderer Härtefall.
Da die Voraussetzungen des § 3 KfzHV nicht gegeben sind, kann dahinstehen, ob eine Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs nach der KfzHV auch deshalb nicht erforderlich wäre, weil die Klägerin seit 2008 das behinderungsgerecht ausgestattete Fahrzeug ihres Bruders nutzen kann und nicht vorgetragen ist, welche Gründe konkret einer weiteren Nutzung entgegenstehen (§ 4 Abs. 1 KfzHV). Darüber hinaus musste ebenfalls nicht abschließend geklärt werden, ob -ausgehend vom Zeitpunkt des Termins der mündlichen Verhandlung - noch ein nicht nur vorübergehender Bedarf besteht, da die Klägerin die Beschaffung des Kfz mit dem Aufenthalt der Tochter im Kindergarten verknüpft hat. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Schulgesetz Baden-Württemberg dürfte eine Einschulung der Tochter bereits für das kommende Schuljahr in Betracht kommen.
Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden und die Berufung deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Form einer Kraftfahrzeughilfe.
Die 1969 geborene Klägerin ist seit 1993 als Übersetzerin und Bürovorsteherin in einer Anwaltskanzlei tätig. Diese Beschäftigung war wegen der Geburt ihrer dritten Tochter am 25.01.2005 und einer sich anschließenden Elternzeit unterbrochen. Seit dem 1.02.2008 ist sie in der Kanzlei der Rechtsanwälte B.-von L. & Kollegen in einem zeitlichen Umfang von vier bis fünf Stunden pro Tag beschäftigt. Im Dezember 2002 erkrankte sie an multipler Sklerose. Sie verfügt über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 50, in den auch das Merkzeichen "G" ("erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr") eingetragen ist. Die Wohnung der Klägerin befindet sich im selben Gebäudekomplex, in dem auch die Kanzlei ihren Sitz hat. Der Fußweg beträgt nach Angaben der Klägerin nicht einmal eine Minute.
Mit einem am 20.05.2008 bei der Beklagten eingegangenen Antrag begehrte die Klägerin einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs. Sie benötige den Pkw, weil ihre dreijährige Tochter am Vormittag in einen Kindergarten gebracht werden müsse. Sie könne am sozialen Leben mit ihrer Familie nur teilnehmen, wenn sie mobil sei. Sie wohne am Hang und könne zu Fuß das Haus nicht bzw. nur mit Mühe verlassen. Ihre Tochter werde noch wenigstens drei Jahre den Kindergarten besuchen. Von der Wohnung zum Kindergarten und zurück seien es etwa sechs Kilometer, die von ihr nicht mehr zu Fuß zurückgelegt werden könnten. Sie wohnten am Hang und es gebe keine nahe Bus- oder Straßenbahnverbindung. Bevor die Erkrankung aufgetreten sei, sei sie mit ihren ersten beiden Töchtern 50 bis 60 Minuten zu Fuß unterwegs gewesen. Dies sei ihr seit ihrer Erkrankung unmöglich geworden. Sie verlasse die Wohnung nur noch mit dem Pkw, weil sie ansonsten nur mit so großer Mühe nach Hause kommen könne, dass sie sich danach hinlegen müsse. Ihr Ehemann sei bereits ab 06:30 Uhr bei der Arbeit, ihre beiden weiteren Töchter gingen bereits nach 07:00 Uhr aus dem Haus und zur Schule. Sie benötige als Zusatzausstattung ein Automatikgetriebe ggf. einen Steuerknüppel bzw. eine Lenkhilfe, eine Standheizung und eine Klimaanlange. Sie nutze derzeit leihweise das Fahrzeug ihres ebenfalls schwerbehinderten Bruders. Der Bruder brauche seinen Wagen aber auch selbst.
Im ärztlichen Befundbericht zum Rehabilitationsantrag der Gemeinschaftpraxis Dres. Sch. und E., Heidelberg, vom 22.04.2008, werden als Diagnosen eine multiple Sklerose und eine reaktive Depression angegeben. Die Klägerin leide an einer Schwäche und einer Gefühlsminderung an beiden Beinen, am linken Arm sowie an der linken Hand. Die Beweglichkeit sei eingeschränkt, beim Zurücklegen von mehr als 100m brauche sie eine Pause. Sie leide außerdem an Depressionen, Angst- und Schlafstörungen.
Mit Bescheid vom 1.07.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Zur Begründung führte sie aus, der Klägerin sei trotz der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar, ihren Arbeitsort zu Fuß zu erreichen. Die Voraussetzungen für eine Kraftfahrzeughilfe lägen damit nicht vor. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihren Arbeitsplatz lediglich über den Umweg über den Kindergarten erreichen zu können. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008 zurück und führte ergänzend sie aus, es komme allein auf die Art und Schwere der Behinderung an, welche die Erforderlichkeit eines eigenen Kraftfahrzeugs für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsort begründen könnten. Andere Umstände, wie z. B. ein weiter Anfahrtsweg oder ungünstige öffentliche Verkehrsverbindungen, seien kein Grund, eine Kraftfahrzeughilfe zu gewähren. Die Tatsache, dass die Klägerin ihre Tochter zum Kindergarten bringen und wieder abholen müsse, könne den Rentenversicherungsträger nicht zur Leistung verpflichten.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.12.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht, jeden Morgen ihre Tochter um 08:00 Uhr in den Kindergarten bringen zu müssen. Für Hin- und Rückweg benötige sie etwa eine Stunde Fußweg. Wegen der Behinderung habe sie diesen Weg auch nicht mehr zu Fuß zurückgelegt. Mute man ihr die Gehstrecke von etwa 1,5 km einfache Strecke zu, werde eine Arbeitsfähigkeit auf Dauer nicht vorhanden sein. Sie werde ohne eigenes Kfz mit Automatikschaltung ihre berufliche Tätigkeit in der Kanzlei aufgeben müssen. Die Auffassung der Beklagten berücksichtige den Gesetzeszweck nicht. Das Gesetz, welches behinderte Frauen sogar besonders schütze, habe zum Ziel, Kfz-Beihilfen zu gewähren, wenn ohne Kfz eine Arbeitstätigkeit nicht möglich wäre. So liege es auch hier im vorliegenden Fall, denn die Klägerin könne, und zwar einzig auf Grund ihrer Behinderung, die Versorgung ihrer Tochter und das Arbeitsleben nicht ohne Kfz vereinbaren. Dem Wortlaut der Kraftfahrzeug-Hilfeverordnung (KfzHV) sei auch nicht zu entnehmen, dass die Beihilfe nur dann gewährt werde, wenn diese zwingend für das Zurücklegen der Strecke von der Wohnstätte zur Arbeitsstätte benötigt werde. Das Gesetz schweige sich aus, von welchem Ort aus der Arbeitsort zu erreichen sei. Hilfsweise berufe sie sich auf die Härtefallregelung der KfzHV.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hält daran fest, dass persönliche Gründe, wie die Unterbringung des Kindes im Kindergarten, die die Benutzung eines Kraftfahrzeuges erst erforderlich mache, sie (die Beklagte) nicht zur Leistungsgewährung verpflichten könne. Auch ein Anspruch über die Härtefallregelung sei nicht gegeben.
Das SG hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift (Bl. 28 ff. der Akten) vom 19.05.2009 wird insoweit verwiesen.
Mit Urteil vom 29.09.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation ausschließlich darauf abstelle, ob ein behinderter Mensch seinen Arbeitsplatz von seinem Wohnort aus noch ohne ein Fahrzeug erreichen könne. Dies sei vorliegend der Fall, weil sich das Haus der Klägerin direkt neben dem Gebäude befinde, in welchem sie arbeite. Demgegenüber könnten privaten Anliegen keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Denn die gesetzliche Regelung verlange, dass jemand auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sei, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Eine derartige Gesetzesauslegung verstoße auch weder gegen Art. 3 noch gegen Art. 6 Grundgesetz (GG).
Gegen das der Klägerin am 13.10.2009 zugestellte Urteil hat sie am 30.10.2009 Berufung eingelegt.
Sie weist daraufhin, der KfzHV könne nicht entnommen werden, dass der Ausgangspunkt für das Erreichen des Arbeitsplatzes der Wohnort sein müsse. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz aufgeben müsse, wenn sie ein Kfz nicht zur Verfügung gestellt bekomme, mit dem sie auch ihre Kinder transportieren könne. Die kausale Verknüpfung von privaten Belagen mit der Eingliederung der Klägerin in das Arbeitsleben sei in der Weise gegeben, dass die privaten Belange einen unmittelbaren, abträglichen Einfluss auf die Eingliederung in das Arbeitsleben hätten. Es seien im vorliegenden Fall die zwingenden und nicht änderbaren privaten Interessen der Klägerin, die die Eingliederung der Klägerin in das Arbeitsleben gefährdeten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. September 2009 sowie den Bescheid vom 1. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten, über ihren Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Kfz-Hilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil sowie auf ihr schriftsätzliches Vorbringen in erster Instanz.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Rentenversicherung erbringt die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben einzugliedern (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch- SGB VI). Gemäß § 9 Absatz 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und die versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 13 Absatz 1 Satz 1 SGB VI werden die Leistungen vom Träger der Rentenversicherung nach pflichtgemäßem Ermessen erbracht.
Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zählt gemäß § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch die Kraftfahrzeughilfe nach der KfzHV. Nach § 2 der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats verordneten und am 1. Oktober 1987 in Kraft getretenen KfzHV vom 28. September 1987, zuletzt geändert durch Art. 117 Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, umfasst die Kraftfahrzeughilfe auch Leistungen zur Beschaffung eines Kfz und für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung. Gemäß § 2 Abs. 2 KfzHV werden die Leistungen als Zuschüsse und nach Maßgabe des § 9 (Leistungen in besonderen Härtefällen) als Darlehen erbracht.
Zusätzlich zu den in den §§ 10-12 SGB VI genannten Voraussetzungen müssen die in der KfzHV genannten persönlichen Voraussetzungen vorliegen. § 3 Abs. 1 KfzHV setzt voraus, dass - neben der Fähigkeit der Führung eines Kfz oder Sicherstellung des Führens durch einen Dritten - der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Hilfe zur Beschaffung eines Kfz nach der KfzHV nicht vor.
An der Erfüllung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß §§ 10 und 11 SGB VI für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bestehen angesichts der Erkrankung der Klägerin an multipler Sklerose mit erheblicher Gehbehinderung und der im Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen 180 Monate Beitragszeiten keine Zweifel. Ausschlussgründe nach § 12 SGB VI liegen ebenfalls nicht vor.
Die Klägerin erfüllt jedoch nicht die in § 3 Abs. 1 KfzHV genannten persönlichen Voraussetzungen. Die Klägerin ist nicht infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kfz angewiesen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, denn sie kann ihren Arbeitsplatz regelmäßig ohne Kfz erreichen, da er sich im selben Gebäudekomplex befindet, in dem die Klägerin auch ihre Wohnung hat.
Zwar ist es richtig, dass der Formulierung des § 3 Abs. 1 KfzHV nicht wörtlich zu entnehmen ist, dass die Wohnung der Ausgangspunkt für die Zurücklegung des Weges zum Arbeitsplatz und somit der in jedem Einzelfall erforderlichen Prüfung der Notwendigkeit für die Gewährung einer Leistung für die Anschaffung eines Kfz zugrunde zu legen ist. In ähnlicher Weise wird auch im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit als versicherte Tätigkeit angesehen, ohne dass die Wohnung ausdrücklich als Ausgangs- oder Endort dieses Weges bestimmt ist (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII). Jedoch ist die Wohnung üblicherweise der Ausgangspunkt für die Zurücklegung des Weges zum Arbeitsplatz (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 178). So wird auch in der Begründung der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Bundesrat Drs 266/87 - S.14 zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV) ausgeführt, dass ein Anspruch des behinderten Menschen auch dann besteht, wenn die "Fußwege von seiner Wohnung zur Haltestelle und von der Haltestelle zu seinem Arbeitsplatz " nicht mehr zurückgelegt werden können. In gleicher Weise verlangt auch das BSG (vgl. Urteil des BSG vom 21.03.2001 - B 5 RJ 8/00 R - in Juris) die Prüfung, ob es öffentliche Verkehrsverbindungen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz oder Beförderungsdienste des Arbeitgebers oder sonstige Transportmöglichkeiten gibt, die trotz der Behinderung benutzt werden können. Eine andere Auslegung ist auch im Falle der Klägerin im Hinblick auf die oben beschriebene rentenrechtliche Zwecksetzung nicht geboten, zumal sie auf die Nutzung eines Kfz zum Erreichen ihres Arbeitsplatzes von ihrer Wohnung gerade nicht angewiesen ist.
Vielmehr ist die Klägerin auf ein Kfz ausschließlich wegen des Bringens und Holens ihrer Tochter zu und von dem Kindergarten angewiesen. Wie die Klägerin selbst angegeben hat, fühlt sie sich seit Beginn ihrer Erkrankung körperlich nicht in der Lage, die Strecke zu Fuß zu bewältigen. Wegen der Behinderung hat sie diesen Weg seither auch nicht mehr zu Fuß zurückgelegt, sondern nutzt seitdem das Fahrzeug ihres ebenfalls schwerbehinderten Bruders. Für den Senat steht nach diesen Einlassungen, den Äußerungen der behandelnden Ärztinnen und der Feststellung des Merkzeichens "G" durch das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis fest, dass die Klägerin diese Strecke auch dann nicht mehr zurücklegen könnte, wenn sie nicht erwerbstätig wäre. Steht ihr ein Kfz nicht zur Verfügung, ist - durch die Auswirkungen ihrer Krankheit - nicht die Erwerbsfähigkeit der Klägerin gefährdet, sondern die Betreuung der Tochter während der Zeit ihrer Berufstätigkeit. Die Klägerin kann nämlich wegen ihrer Behinderung nicht ihre Arbeitsstelle, sondern den Ort der Betreuung ihrer Tochter nicht mehr ohne Kfz erreichen. Die Arbeitsstelle müsste in diesem Fall nur deshalb aufgegeben werden, weil die Klägerin ihre minderjährige Tochter dann selbst zu versorgen hätte. Diese nur mittelbare Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit wird aber von den Voraussetzungen der KfzHV nicht erfasst. Sie ist insbesondere nicht wesentlich in der behinderungsbedingten Erschwernis, die Arbeitsstelle erreichen zu können, begründet, sondern durch im Wesentlichen private Belange. Damit ist die Situation nicht anders zu beurteilen, als die nicht behinderter berufstätiger Frauen und Männer, die für den Transport ihrer Kinder zu einer Betreuungseinrichtung auf die Nutzung eines privaten Kfz angewiesen sind, weil auch diese ansonsten an der Ausübung der Erwerbstätigkeit gehindert wären.
Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die Sicherstellung der Betreuung der Kinder eine wesentliche und in der Regel unvermeidbare Voraussetzung für die Berufstätigkeit der Eltern ist. Dennoch ist der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber nicht gehalten, Verrichtungen im Zusammenhang mit der erforderlichen Betreuung der Kinder der Erwerbstätigkeit gleichzusetzen. So sieht § 8 Abs. 2 Nr. 2 a) SGB VII - über die Zurücklegung des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit hinaus - als versicherte Tätigkeit zwar auch das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges an, um Kinder von Versicherten, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen. Aber auch diese Regelung erfasst nur Abweichungen von bereits versicherten Wegen. Muss - wie im Falle der Klägerin - zum Erreichen eines Arbeitsplatzes kein versicherter Weg mit einem Kfz zurückgelegt werden, besteht für die Wege, die allein zur Unterbringung der Kinder zurückgelegt werden, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Ricke aaO RdNr. 223).
Das BSG hat die Beschränkung des Versicherungsschutzes beim Transport von Kindern in fremde Obhut auf Wege, die mit der Zurücklegung des versicherten Weges der Erziehungsperson nach und von dem Ort ihrer versicherten Tätigkeit verknüpft sind, als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet (BSG Urteil vom 20.03.2007 - B 2 U 19/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 23). Seine in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen zu Art. 3 und Art. 6 GG lassen sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Danach ist auch die beruflich veranlasste Unterbringung von Kindern grundsätzlich nicht der Erwerbstätigkeit von Versicherten sondern ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen. Unter dieser Prämisse würde die Erstreckung der Leistungen der KfzHV auf den Fall der Klägerin zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung nicht behinderter Menschen führen, die zur berufsbedingten Unterbringung ihrer Kinder auch auf die Nutzung eines Kfz angewiesen wären.
Auch die in Art. 6 GG normierte Pflicht des Staates, Ehe und Familie zu fördern und vor Beeinträchtigungen zu bewahren, gebietet keine Erstreckung der Leistungen der KfzHV auf den ausschließlichen berufsbedingten Transport von Kindern zu einer Betreuungseinrichtung. Der Gesetzgeber bestimmt im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz der Ehe und Familie verwirklichen will. Konkrete Ansprüche auf bestimmte Rechte oder Leistungen lassen sich aus dem Förderungsgebot des Art. 6 GG auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts nicht herleiten (BSG aaO m.w.N). Dementsprechend können dem Grundgesetz auch keine verbindlichen Vorgaben für die Gestaltung von beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen in Verbindung mit beruflich veranlasster Unterbringung von Kindern entnommen werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin herangezogenen Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.08.1992 (9b RAr 1/92). Im Gegensatz zu dem hier zu entscheidenden Fall hatte der Kläger dort die persönlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV erfüllt und war unstreitig auf die Nutzung eines Kfz angewiesen, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Sein mit der Begründung, mit dem von ihm bislang genutzten Fahrzeug könne er seine Kinder nicht befördern, erhobener Anspruch auf Beschaffung eines Ersatzkraftfahrzeugs blieb im Übrigen ohne Erfolg. Das BSG hat insoweit lediglich festgestellt, dass der behinderte Mensch bei der Auswahl seines Fahrzeuges grundsätzlich frei ist und dabei durchaus auch private Belange einfließen können. Vorausgesetzt hat es hierbei aber ausdrücklich, dass die Voraussetzungen für die Kraftfahrzeughilfe erfüllt sind.
Ein Anspruch auf zumindest ermessensfehlerfreie Entscheidung ergibt sich auch nicht aus § 9 KfzHV. Danach können zwar Leistungen zur Vermeidung besonderer Härten auch abweichend von § 2 Abs. 1, §§ 6 und 8 Abs. 1 erbracht werden. Dies jedoch nur dann, soweit dies notwendig ist, um Leistungen der Kraftfahrzeughilfe von Seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden zu lassen (Nr. 1) oder dies zur Aufnahme oder Forstsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist (Nr. 2). Letzteres aber nur unter den Voraussetzungen des § 3 KfzHV, d.h. unter den Voraussetzungen, die hier nach den oben gemachten Ausführungen gerade nicht vorliegen. Da auch die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vorliegen, besteht auch kein zu berücksichtigender besonderer Härtefall.
Da die Voraussetzungen des § 3 KfzHV nicht gegeben sind, kann dahinstehen, ob eine Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs nach der KfzHV auch deshalb nicht erforderlich wäre, weil die Klägerin seit 2008 das behinderungsgerecht ausgestattete Fahrzeug ihres Bruders nutzen kann und nicht vorgetragen ist, welche Gründe konkret einer weiteren Nutzung entgegenstehen (§ 4 Abs. 1 KfzHV). Darüber hinaus musste ebenfalls nicht abschließend geklärt werden, ob -ausgehend vom Zeitpunkt des Termins der mündlichen Verhandlung - noch ein nicht nur vorübergehender Bedarf besteht, da die Klägerin die Beschaffung des Kfz mit dem Aufenthalt der Tochter im Kindergarten verknüpft hat. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Schulgesetz Baden-Württemberg dürfte eine Einschulung der Tochter bereits für das kommende Schuljahr in Betracht kommen.
Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden und die Berufung deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved