L 2 U 5185/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 2500/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 5185/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Ziffer 2108 Berufskrankheitenverordnung.

Der am 2. Dezember 1951 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung als Radio- und Fernsehtechniker vom 2. September 1968 bis 30. September 1971 bei der Fa. L ... Danach leistete er bis 1973 seinen Wehrdienst und war dann als Radio- und Fernsehtechniker bei der Fa. K. (S./Schweiz) bis zum 1. Mai 1994 beschäftigt. Anschließend war er bis zum 31. Dezember 2000 als selbständiger Radio- und Fernsehtechniker tätig und als Unternehmer freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. In den Jahren 2001 bis 2002 arbeitete er noch wenige Stunden am Tag als Fernsehtechniker in der Firma seiner Ehefrau. Sowohl während der Ausbildung, der abhängigen Beschäftigung als auch während seiner nachfolgenden selbständigen Tätigkeit musste er u.a. Fernsehgeräte transportieren.

Am 6. Oktober 2000 beantragte er die Anerkennung einer Berufskrankheit wegen Wirbelsäulenbeschwerden. Die Nachforschungen des Technischen Aufsichtsdienstes führten zu einer Gesamtbelastungsdosis, die den Richtwert für Männer überschritt. Im Auftrag der Beklagen erstattete Dr. K. ein fachorthopädisches Gutachten. In dem Gutachten vom 23. Februar 2001 verneinte er die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108. Diesem Gutachten stimmte der Gewerbearzt Dr. K. am 30. März 2001 zu.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 wurde der Antrag des Klägers auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK 2108 abgelehnt. Es wurde zum einen darauf hingewiesen, dass der größte Teil der belastenden Tätigkeit nicht im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, sondern in der Schweiz geleistet worden sei. Ferner wurde auf den medizinischen Befund von Dr. K. verwiesen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2001 zurückgewiesen. Es wurde nochmals darauf hingewiesen, dass die in der Schweiz ausgeübte Tätigkeit nicht berücksichtigt werden könne.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt und am 14. Dezember 2001 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er ist der Auffassung, dass seine Berufstätigkeit in der Schweiz über entsprechende Abkommen berücksichtigt werden müsse.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. B ... In seinem Gutachten vom 19. November 2002 hat dieser dargelegt, dass Veränderungen im Bereich der BWS sowie der Wurzelbogenschlussdefekt an L5 die belastungsabhängigen Beschwerden erklären. Mit diesen seien auch die pseudoradikulären und radikulären Schmerzerscheinungen verbunden. Auf Antrag des Klägers wurde weiterhin ein Gutachten bei PD Dr. K., Chefarzt der Orthopädischen Klinik am E. eingeholt. Im Gutachten vom 3. Juli 2003 verneinte der Sachverständige einen berufsbedingten Einfluss auf die vorhandenen Wirbelsäulenbeschwerden. In der ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 2004 ist PD Dr. K. bei dieser Auffassung geblieben.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2004 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten Berufskrankheit lägen nicht vor. Dies ergebe sich eindeutig aus den eingeholten Gutachten, die übereinstimmend anlagebedingte bzw. degenerative Prozesse für die beim Kläger vorhandenen Wirbelsäulenbeschwerden verantwortlich machten. Dies habe insbesondere der Gutachter nach § 109 SGG, PD Dr. K., herausgearbeitet. Beim Kläger lägen neben den beruflichen Belastungen drei konkurrierende Erkrankungen der Bandscheiben vor, von denen zwei von wesentlicher Relevanz seien. Berufsbedingte Überlastungserscheinungen mit entsprechenden bandscheibenbedingten Erkrankungen seien am ehesten in den unteren Lumbalsegmenten, also L4/5 und L5/6 zu erwarten. In diesem Abschnitt der LWS träten die größten Belastungen beim Heben, Tragen und Bücken auf. Dementsprechend fänden sich hier die meisten degenerativen Veränderungen bei bandscheibenbedingten Erkrankungen mit Bandscheibenprotusionen bzw. Prolaps. Zwar beträfen die Bandscheibenveränderungen beim Kläger diese Segmente, doch würde man bei durch langjährige berufliche Belastung hervorgerufenen Schäden adaptive knöcherne Veränderungen wie Osteochondrosen und Spondylosen in diesen Segmenten erwarten. Solche Veränderungen fehlten. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass ein stärkeres Betroffensein der oberen LWS-Abschnitte sowie der BWS eher typisch für anlagebedingte Faktoren als Ursache dieser Veränderungen sei. Die Verteilung der degenerativen Veränderungen beim Kläger ließen auf eine dahingehende Genese schließen.

Gegen diesen ihm am 27. November 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. Dezember 2004 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er eine medizingutachterliche Stellungnahme von Dr. V. vom 22. Juli 2005 vorgelegt, der das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 2108 bejaht, nachdem er konkurrierende Ursachen für die von PD Dr. K. zugrundegelegten Bandscheibenschäden verneint.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2001 aufzuheben, und festzustellen, dass beim Kläger eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verneint das Vorliegen einer Berufungskrankheit, auch wenn sie mit einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Schmid-Weber vom 28. November 2005 der Bewertung von Konkurrenzursachen durch Dr. V.zum Teil zugestimmt hat.

Nachdem das Verfahren zunächst geruht hatte, hat der Kläger eine weitere medizingutachterliche Stellungnahme von Dr. V. vom 30. April 2007 vorgelegt, in dem dieser seine Auffassung in Auseinandersetzung mit der Stellungnahme von Dr. Schmid-Weber bekräftigt und vertieft hat. Nach erneutem Ruhen ist die medizingutachterliche Stellungnahme von Dr. V.vom 16. Oktober 2008 vorgelegt worden. Die Beklagte hat eine Neuberechnung zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen vom 12. Dezember 2008 zu den Akten gereicht. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Arztes für Orthopädie, Rheumatologie, Physikalische Therapie Prof. Dr. Dr. H., Fachklinik H ... Dieser ist in seinem Gutachten vom 27. August 2009 zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Wirbelsäulenschaden des Klägers nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit um eine Berufskrankheit Nr. 2108 handele. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. Dezember 2009 hat er an dieser Auffassung festgehalten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakte des SG und die Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.

Streitgegenstand ist die Feststellung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108, die die Beklagte in ihrem Bescheid abgelehnt hat. Auf diesen zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG; dazu BSG vom 15. Februar 2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 RdNr. 5) geltend gemachten Anspruch finden die ab 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) und die BKV vom 31. Oktober 1997 Anwendung, weil die Aufgabe der belastenden Tätigkeit nach Angaben des Klägers frühestens im Dezember 2000 erfolgte und deshalb der Versicherungsfall nicht vor diesem Zeitpunkt eingetreten sein kann.

Die nach § 7 Abs. 1 SGB VII als Versicherungsfälle definierten BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO) Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII (§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) genannten Tätigkeiten erleidet. Als BKen kommen solche Krankheiten in Betracht, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII; § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO).

Die Feststellung einer BK setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3 - 5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2), d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 7. September 2004 a.a.O.).

Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Feststellungslast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSGE 6, 70, 72).

Der Kläger hat nach diesen Grundsätzen keinen Anspruch auf die Anerkennung seiner Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit. Zwischen den Beteiligten ist inzwischen allerdings zu Recht unumstritten, dass der Kläger als Radio- und Fernsehtechniker versicherte Tätigkeiten ausgeübt hat, wobei nach dem bilateralen Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland vom 25. Februar 1964 in den jeweils geltenden Fassungen auch Beschäftigungen zu berücksichtigen waren, die in der Schweiz ausgeübt worden sind und die - wie hier die Tätigkeit als Radio- und Fernsehtechniker bei der Fa. Keiser - ihrer Art nach geeignet waren, eine Berufskrankheit zu verursachen. Hieran hat das zum 1. Juni 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz, wonach nun auch im Verhältnis der Schweiz zur Bundesrepublik Deutschland die Regeln der Koordinierungsverordnung EWGV Nr. 1408/71 und der Durchführungsverordnung EWGV Nr. 574/72 gelten, in der Sache nichts geändert. Auch die selbständige Tätigkeit des Klägers stand aufgrund der freiwilligen Versicherung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit ist auch nicht rechtlich ausgeschlossen. In der Anlage 1 der BKVO waren seit In-Kraft-Treten der Zweiten Änderungsverordnung (2. ÄndVO) vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I 2343) bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (Nr. 2108) sowie durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen (Nr. 2110) als BKen erfasst, jeweils unter der Voraussetzung, dass die Erkrankung zum Unterlassen aller Tätigkeiten gezwungen hatte, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein konnten. Beide BK-Tatbestände sind wortlautgleich mit denselben Ordnungsnummern in die Anlage der die BKVO ablösenden neuen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S 2623) übernommen worden. Die Übergangsregelung des § 6 Abs. 3 BKV (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 der 2. ÄndVO) steht der Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als BK nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV nicht entgegen. Sie bestimmt, dass bei einem Versicherten, der am 1. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten hat, die erst auf Grund der 2. ÄndVO als BK anerkannt werden kann, die Krankheit auf Antrag als BK anzuerkennen ist, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. März 1988 eingetreten ist. Ein möglicher Versicherungsfall konnte hier, wie dargelegt, schon deshalb erst nach diesem Zeitpunkt eintreten, weil die tatbestandlich erforderliche Tätigkeitsaufgabe (vgl. BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2) erst 2000 erfolgt ist.

Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr. 2108 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Der Versicherte muss infolge seiner versicherten Tätigkeit langjährig schwere Lasten gehoben oder getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Bei ihm muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliegen, die aufgrund dieser versicherten Tätigkeit entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben und der Versicherte darf tatsächlich keine solche Tätigkeit mehr ausüben.

Die arbeitstechnischen Voraussetzungen sind ausweislich der MDD-Berechnung der Beklagten vom 12. Dezember 2008 eindeutig erfüllt. Die Gesamtbelastungsdosis überschreitet den Richtwert von 25.000 kN ganz erheblich.

Das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankung ist jedoch nicht mit Gewissheit feststellbar. Zu der Frage, was unter einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS zu verstehen ist, hat der Verordnungsgeber in der Begründung zur 2. ÄndVO, durch welche die BK 2108 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden ist, eingehende Ausführungen gemacht (BR-Drucks. 773/92 S. 8). Danach sind unter bandscheibenbedingten Erkrankungen zu verstehen: Bandscheibendegeneration (Diskose), Instabilität im Bewegungssegment, Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule. Aus dem Wortlaut des Verordnungstextes und diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass zunächst ein objektivierter Bandscheibenschaden vorliegen muss, der in einer kausalen Beziehung zu einer Erkrankung der LWS i.S. der in der Begründung genannten Krankheitsbilder steht (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 - B 2 U 12/04 R -, veröffentlicht in Juris).

Auszugehen ist bei dieser Beurteilung von den Befunden, die zeitlich zu der beruflichen Tätigkeit am nächsten liegen. Insoweit sind hier bildgebende Befunde ab 2000 vorhanden. Eine Kernspintomographie der LWS liegt vom 26. Mai 2000 vor. Der Kläger war damals über 48 Jahre alt. Dres. Z./C. beschreiben eine beginnende Bandscheibendegeneration mit medianer Protusion L5/S1 und rechts mediolateraler Bandscheibenprotrusion L4/5 ohne Wurzelkompression. Allerdings sind diese Aufnahmen von nachfolgenden Gutachtern anders interpretiert worden. Sie haben bei L5/S1 bereits einen Bandscheibenvorfall angenommen. So fassen Dres. Sch./K. die Ergebnisse ihrer Röntgenuntersuchung der LWS vom 26. Februar 2003 unter Auswertung der kernspintomagraphischen Voraufnahmen (26. Mai 2000) wie folgt zusammen: "Spondylolyse L5/S1 am hinteren Wirbelbogen des LWK5 beiderseits ohne Nachweis einer signifikanten Instabilität oder Spondylistesis. Auf kernspintomagraphischen Voraufnahmen in diesem Segment leichter breitbasiger Bandscheibenvorfall ohne signifikante spinale Einengung. Leichte linkskonvexe Torsionsskoliose der LWS. Im Bereich BWS/LWS-Übergangsbereich nachweisbare degenerative Veränderungen im Rahmen einer Sponylosis deformans mit z.T. recht deutlichen, lateral ausladenden Spangenanbauten. Wohl ältere Grundplatteninfraktion des BWK8". Diese Beurteilung wurde von dem Sachverständigen PD Dr. K. in seinem Gutachten vom 3. Juli 2003 zugrundegelegt. PD Dr. Z. beschreibt das Ergebnis einer Kernspintomographie der Wirbelsäule vom 16. Mai 2003 wie folgt: Mäßiggradig ausgeprägt degenerative Veränderungen im unteren HWS-Bereich, regelrechte Darstellung der BWS mit mediolateralem Bandscheibenvorfall L3/L4 rechts. Discopathie L4/L5 und L5/S1, keine sichere Wurzelkompression. Nachweis eines medio rechts lateral gelegenen Bandscheibenvorfalls L3/L4 und Nachweis eines kleinen medianen beginnend nach caudal sequestrierten Bandscheibenvorfalls L4/L5, ferner noch kleiner medianer Bandscheibenprolaps L5/S1. PD Dr. K. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 2004 aufgrund dieses Befundes von einen progredienten Befund im Segment L3/4 und einem diskret progredienten Befund im Segment L4/5 bei unveränderten Befund im Segment L5/S1 ausgegangen.

Damit sind Bandscheibenschäden von den Sachverständigen, die den jeweiligen Schweregrad teilweise unterschiedlich beurteilen, übereinstimmend für die Segmente L3/4, L4/5 und L5/S1 festgestellt worden. Neben diesen objektivierten Schäden müssen hierdurch bedingte chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sein (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 a.a.O.). Einem radiologischen Befund ohne hierauf zurückzuführende Beschwerden kommt auch im Recht der Unfallversicherung kein Krankheitswert zu.

Bei den dementsprechend zu ermittelnden klinischen Krankheitsbildern sind nach den Konsensempfehlungen (Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe, in Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 216) zu unterscheiden: Typ 1: Lokales Lumbalsyndrom Folgende Kriterien sollen erfüllt sein: – Radiologie: altersuntypische Höhenminderung einer oder mehrerer Bandscheiben – Symptom: Schmerz durch Bewegung – Klinik: Segmentbefund mit provozierbarem Schmerz – Funktionell: Entfaltungsstörung der LWS – Muskulatur: erhöhter Tonus – Ggf. pseudoradikuläre Schmerzausstrahlung Typ 2: Lumbales Wurzelsyndrom Folgende Kriterien sollen erfüllt sein: – Radiologie: Vorfall oder Chondrose mit Bandscheibenverschmälerung mit Nervenwurzelbedrängung, ggf. in Verbindung mit Retrospondylose, Spondylarthrose, Foramenstenose, Recessusstenose und/oder Spinalkanalstenose, im Ausnahmefall bei engem Spinalkanal auch Protrusion – Neurologie: Zeichen der Reizung bzw. Schädigung der entsprechenden Nervenwurzel(n)

Eine radikuläre Symptomatik als Ausdruck einer degenerativen Bandscheibenerkrankung mit Wurzelkompression wurde von keinem der vorbefassten Gutachter diagnostiziert, was Prof. Dr. Dr. H. zutreffend festgestellt und aufgrund seiner Untersuchung bestätigt hat.

Offen bleiben kann, ob die von den Sachverständigen festgestellten Beschwerden für die Annahme eines lokalen Lumbalsyndroms mit Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule ausreichen. Im Wesentlichen wurden von den Gutachtern Dr. K., Dr. B., PD Dr. K. und Prof. Dr. Dr. H. hinsichtlich der Lendenwirbelsäule Klopfschmerzen, Muskelverspannungen sowie pseudoradikuläre Schmerzen beschrieben. Weiterhin wurden Bewegungsschmerzen von Prof. Dr. Dr. H. und Dr. B. im besonderen Maße bei der (Über )Lordosierung festgestellt. Fraglich ist allerdings bereits, ob auch Funktionseinschränkungen vorlagen. Dies wird zugunsten des Klägers angenommen.

Es ist aber nicht nachgewiesen, dass die vorliegenden Bandscheibenschäden zu einem klinischen Beschwerdebild mit Funktionseinschränkungen geführt haben. Vielmehr ist dies auf der Grundlage der insoweit überzeugenden Sachverständigengutachten von Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H. zu verneinen, mit dem das Sachverständigengutachten von PD Dr. K. im Ergebnis bestätigt wird. Zwar haben die Sachverständigen Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H. das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung bejaht und lediglich den Zusammenhang dieser Erkrankung und den angeschuldeten beruflichen Belastungen verneint. Dabei haben sie es, entgegen den oben genannten Voraussetzungen, aber ausreichen lassen, dass ein Bandscheibenschaden radiologisch nachweisbar ist. Der bildgebende Nachweis eines Bandscheibenschadens (Höhenminderung und/oder Vorfall) ist jedoch nur eine unabdingbare und keine hinreichende Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung. Entsprechendes gilt für sekundäre Folgen des Bandscheibenschadens, zu denen bildgebend darstellbare Veränderungen wie die Spondylose, die Sklerose der Wirbelkörperabschlussplatten, die Retrospondylose, die Spondylarthrose, die degenerative Spondylolisthesis und eine knöcherne Enge des Spinalkanals zählen. Hinzukommen muss auch insoweit eine hierauf zurückzuführende klinische Symptomatik. Weiterhin ist zu beachten, dass teilweise derartige Veränderungen auch unabhängig von einem Bandscheibenschaden vorkommen können. Dies ist vom Gutachter abzugrenzen (Konsensempfehlungen, S. 215). Ein durch das Vorliegen solcher, ohne ursächlichen Bezug zu einer Bandscheibendegeneration entstandener Veränderungen bedingtes klinisches Beschwerdebild reicht nicht aus (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 a.a.O.). Die insoweit erforderliche Abgrenzung haben Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H. hier überzeugend vorgenommen, auch wenn sie die Zuordnung der Schmerzsymptomatik ausschließlich bei der Beantwortung der Frage nach ihrem Zusammenhang mit den beruflichen Belastungen diskutieren. Beide Sachverständige haben für den Senat schlüssig und nachvollziehbar die von ihnen festgestellte Symptomatik der nicht degenerativen, aufgrund der Spondylolyse entstandenen Instabilität zugeschrieben. Der Senat folgt diesen überzeugenden Ausführungen. Insoweit hat Prof. Dr. Dr. H. ein rezidivierendes instabilitätsbedingtes unteres Lendenwirbelsyndrom bei Spondylolyse L5, Spondylolisthesis Meyerding I mit sekundärem Zermürbungsprozess der präsakralen Bandscheibe festgestellt. Auch Dr. B. hatte den Bogenschlussdefekt mit Instabilität für die im unteren LWS-Bereich geklagten Schmerzen verantwortlich gemacht und hierzu für den Senat überzeugend ausgeführt, dass diese Fehlbildung, die das Neuroforamen L5/S1 tangiere, und insbesondere die vermehrten Schmerzen bei der Lordosierung erklärten. Diese erkläre zusammen mit den Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule auch die belastungsabhängigen Beschwerden. Diesen schlüssigen und überzeugenden Ausführungen steht die Beurteilung von PD Dr. K. nicht entgegen.

PD Dr. K. hat zunächst den von ihm festgestellten Klopfschmerz über den Dornfortsätzen und den druckschmerzhaften lumbalen Muskelhartspann als mögliches klinisches Korrelat der festgestellten Bandscheibenschäden angesehen. Die vom Kläger geschilderten lumbalen Schmerzen könnten hierdurch erklärt werden. Die ausstrahlenden Schmerzen in beide Beine seien als Folge der genannten Veränderungen im Sinne einer pseudoradikulären Schmerzausstrahlung zu werten. Er hat aber ebenso überzeugend dargelegt, dass bezüglich der vorliegenden Beschwerdesymptomatik Konkurrenzursachen vorliegen, von denen die durch die Scheuermannsche Erkrankung bedingte Fehlstatik und die - nicht erworbene - Spondylolyse L5 im Vordergrund stünden. Er geht dabei davon aus, dass eine Spondylolisthesis und eine signifikante Instabilität zwar röntgenologisch nicht nachgewiesen worden seien, daraus aber nicht geschlossen werden könne, dass es aufgrund der Spondylolyse nicht zu zumindest geringgradigen Wirbelbewegungen komme und stimmt mit Dr. B. - abgesehen von der Beurteilung des radiologischen Befunds - weitgehend überein. Dem ist der Privatgutachter Dr. V.entgegengetreten und hat in der Stellungnahme vom 22. Juli 2005 dargelegt, dass eine Instabilität nicht nachgewiesen sei. Den entsprechenden Nachweis hat jedoch inzwischen Prof. Dr. Dr. H. erbracht (vgl. dazu im Folgenden). Soweit Dr. V.weiterhin ausgeführt hat, dass eine Spondylolyse selbst bei Vorliegen einer Spondylolisthesis meist asymptomatisch sei, führt dies nicht weiter. Denn auch radiologische Bandscheibenschäden und hierauf beruhende Veränderungen verursachen nicht grundsätzlich Beschwerden, weshalb eine diesen zuordenbare Symptomatik entsprechend dem Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2108 im Einzelnen festzustellen und anschließend differenzialdiagnostisch von konkurrierenden vertebralen und extravertebralen Ursachen abzugrenzen ist, wobei als vertebrale Konkurrenzursachen die nicht degenerative Spondylolisthesis ausdrücklich genannt wird (Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 2108, Bundesarbeitsblatt 10-2006, S. 30ff., 35f.).

Prof. Dr. Dr. H. führt die lumbale Beschwerdesymptomatik nun eindeutig auf die vorliegende Spondylolyse L5 mit - bei seiner Begutachtung - festgestellter Spondylolisthesis Typ Meyerding I - zurück. Bereits Dr. B. hatte im November 2002 den Wirbelbogenschlussdefekt mit Instabilität des Segments L5/S1 als angeborene Fehlbildung diagnostiziert und dargelegt, dass hierdurch auch die vermehrten Beschwerden bei der Lordosierung zu erklären seien. Prof. Dr. Dr. H. hat nun ausgeführt, dass das klinische Bild, wie es sich bei seiner Untersuchung dargestellt hat, eindeutig pathognomisch einer lumbalen Instabilität entspreche. Eine radikuläre Symptomatik als Ausdruck eines degenerativen Bandscheibenschadens mit Wurzelkompression habe bei seiner Untersuchung und seiner Ansicht nach auch früher nie in wesentlichem Umfang bestanden. Diese Beurteilung ist, insbesondere auch im Hinblick auf den bereits von Dr. B. erhobenen Befund schlüssig und überzeugend. Die Beurteilung lässt sich für den Senat auch anhand der Konsensempfehlungen nachvollziehen. Danach ist die Abgrenzung für die nicht radikulären bandscheibenbedingten Erkrankungen zunächst ohnehin nur mit begrenzter Wahrscheinlichkeit möglich (Konsensempfehlungen, S. 216). Weiterhin wird an anderer Stelle dargelegt, dass das klinische Bild einer Spondylolisthesis dem bei den Bandscheibenerkrankten gleiche. Es äußere sich als lokales LWS-Syndrom oder als lumbales Wurzelsyndrom mit und ohne Lockerungszeichen. Es wird im Ergebnis aber angenommen, dass bei Vorhandensein aller Voraussetzungen trotz bestehender Spondylolisthesis 1. Grades nach Meyerding die Anerkennung einer Berufskrankheit in Betracht komme, sofern bis zum 25. Lebensjahr keine Symptome bestanden hätten (Konsensempfehlungen, S. 230). Hiervon ausgehend ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger gegenüber Prof. Dr. Dr. H. geäußert hat, dass er praktisch schon immer und auch bereits in der Lehrzeit Rückenprobleme gehabt habe, die allerdings im Laufe der Jahre zugenommen hätten. Es kann offenbleiben, ob diese frühen Beschwerden bereits - auch - die Lendenwirbelsäule betrafen. Denn unabhängig hiervon ist nach Überzeugung des Senats der erforderliche Vollbeweis für eine bandscheibenbedingte Wirbelsäulenerkrankung nicht erbracht, da eine Zuordnung der Beschwerdesymptomatik zu den festgestellten Bandscheibenschäden zwar wohl möglich ist, aufgrund der dargelegten Konkurrenzursache aber nicht mit Gewissheit feststellbar ist, zumal die Schmerzbetonung bei der Lordosierung, wie dargelegt, für die Verursachung der Schmerzsymptomatik durch diese Konkurrenzursache spricht.

Damit ist bereits eine bandscheibendingte Wirbelsäulenerkrankung im Sinne der BK 2108 nicht feststellbar, da eine entsprechend ausgeprägte und mit dem Bandscheibenschaden in Beziehung stehende Symptomatik nicht nachweisbar ist.

Auch wenn man vom Vorliegen einer bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankung ausginge, könnte dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Der Anspruch des Klägers würde bei Vorliegen einer bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankung daran scheitern, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang zwischen der gefährdenden Einwirkung und der vorliegenden bandscheibenbedingten Erkrankung auch unter Berücksichtigung der medizinischen Beurteilungskriterien für bandscheibenbedingte Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule (Konsensempfehlungen, 2005, S. 211 ff.) nicht festgestellt werden kann. Angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen, der Dauer der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines eindeutig abgrenzbaren Krankheitsbildes, das für Belastungen durch Heben und Tragen oder Arbeit in Rumpfbeugehaltung typisch ist (vgl. Konsensempfehlungen, 211 f.), stellt sich letztlich entscheidend nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der LWS-Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen. Aus diesen Gründen ist auch § 9 Abs. 3 SGB VII bei der BK Nr. 2108 nach heutigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht anwendbar (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 13/05 - veröffentlicht in Juris; Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 48/96 - SGb 1999, 39 mit zustimmender Anmerkung von Ricke). Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 rechtfertigt keinen Anscheinsbeweis in dem Sinne, dass damit auch vom Vorliegen des Zusammenhangs zwischen Einwirkung und Erkrankung im Einzelfall auszugehen ist (BSG, Urteil vom 18. November 1997 a.a.O ...; Urteil vom 7. September 2004 a.a.O.). Dieser Zusammenhang ist hier nach Überzeugung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich.

Entscheidend für die Beurteilung des Zusammenhangs ist insbesondere, ob ein altersuntypischer Befund und ein belastungskonformes Schadensbild vorliegen, sowie eine zeitliche Korrelation zwischen den Einwirkungen und dem Erkrankungsverlauf und das Vorliegen von konkurrierenden Ursachen wie z.B. Schadensanlagen (Konsensempfehlungen, 211, 216 f., 228 ff.; Mehrtens/Perlebach, Berufskrankheiten-Verordnung, Loseblatt, M 2108 Anm. 6.2 und Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 500 ff.).

Die Frage, ob ein belastungskonformes Schadensbild vorliegt, aus dessen Vorhandensein auf die Mitursächlichkeit körperlicher Belastungen für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS und aus dessen Fehlen umgekehrt auf eine anderweitige Verursachung geschlossen werden kann, ebenso die weitere Frage, ob für die Annahme eines Ursachenzusammenhangs eine bestimmte zeitliche Korrelation zwischen den beruflichen Einwirkungen und dem Krankheitsverlauf zu fordern ist, zielen auf die Existenz entsprechender medizinischer Erfahrungssätze. Ob solche Erfahrungssätze existieren, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten (allgemein dazu: BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, veröffentlich in Juris; BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O.).

Nach dem oben Dargelegten sind radiologisch 2003 ein medio rechts lateral gelegener Bandscheibenvorfall L3/L4 und ein kleiner median beginnend nach caudal sequestrierter Bandscheibenvorfall L4/L5, ferner noch kleiner medianer Bandscheibenprolaps L5/S1 nachgewiesen worden. PD Dr. K. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 2004 aufgrund dieses Befundes von einen progredienten Befund im Segment L3/4 und einem diskret progredienten Befund im Segment L4/5 bei unverändertem Befund im Segment L5/S1 ausgegangen. Diese Beurteilung liegt auch der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Schmid-Weber zugrunde. Allerdings hat Prof. Dr. Dr. H. anhand aktueller Kernspintomographieaufnahmen vom 7. Januar 2009 und eigener Röntgenaufnahmen diesen Befund nicht bestätigt. Es bedarf jedoch keiner Klärung, ob die Schäden noch den Protusionen zuzuordnen sind oder bereits Bandscheibenvorfälle darstellen. Denn der Senat geht insofern zugunsten des Klägers davon aus, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule Bandscheibenvorfälle vorliegen.

Ein Bandscheibenvorfall stellt nach den Konsensempfehlungen bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs eine altersuntypische Schädigung vor. Weiter ist erforderlich für die Annahme einer BK 2108, dass eine Beschwerdesymptomatik vorliegt, die mit der altersuntypischen Schädigung korreliert. Bereits dies ist nach dem oben Dargelegten nicht hinreichend wahrscheinlich, weil die Symptomatik auf die festgestellte Konkurrenzursache hinweist und damit ernsthafte Zweifel am Zusammenhang mit dem hier im Vordergrund stehenden Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 begründen.

Aber auch wenn man dies unterstellen wollte, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Ein Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 entspricht - auch bei Vorliegen weiterer Bandscheibenvorfälle bzw. Protusionen im Bereich L4/5 und L3/4 - dem Schadensbild der Konstellation B der Konsensempfehlungen, bei dem ein Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der Erkrankung wahrscheinlich ist, wenn keine wesentliche konkurrierende Ursache vorliegt und eine Begleitspondylose feststellbar ist. Diese Voraussetzungen sind hier beide nicht erfüllt.

Für den Senat steht auf der Grundlage der Gutachten von Dr. K., PD Dr. K. und Prof. Dr. Dr. H. fest, dass die Hyperlordose mit Spondylolyse L5 ein wesentlicher konkurrierender Ursachenfaktor für die Entstehung des Bandscheibenvorfalls im Bereich L5/S1 im vorliegenden Fall ist. Demgegenüber wertet der Senat nicht als wesentliche konkurrierende Faktoren die Skoliose und das Übergewicht. Diese sind nach dem derzeitigen medizinischen Erkenntnisstand in der Regel nicht als wesentlich zu beurteilen (vgl. Konsensempfehlungen, S. 244, 252) und wurden auch im vorliegenden Fall von den Sachverständigen nicht als wesentlich erachtet. Sowohl Prof. Dr. Dr. H. als auch PD Dr. K. haben aber der Spondylolyse L5 eine wesentliche Bedeutung als konkurrierende Ursache zugemessen, während der Privatgutachter Dr. Verhasselt, dem sich Dr. Schmid-Weber für die Beklagte insoweit angeschlossen hat, hierin keinen wesentlichen konkurrierenden Faktor gesehen hat. Letzteren folgt der Senat insoweit als die von Prof. Dr. Dr. H. diagnostizierte Spondylolisthesis - bei seiner Begutachtung Typ Meyerding I - mit Spondylolyse L5 im vorliegenden Fall allein nicht als wesentliche Konkurrenzursache für den hier in erster Linie maßgeblichen Bandscheidenschaden L5/S1 anzusehen ist. Hinsichtlich dieser Schädigung fehlen nach den Konsensempfehlungen Erkenntnisse über eine prädispositionelle Wirkung für vorzeitige Bandscheibenschädigung. Hinsichtlich des Morbus Scheuermann wird in den Konsensempfehlungen festgehalten, dass die vorhandenen Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur nicht die Annahme zulassen, dass ein thorakaler Morbus Scheuermann gesichert zu lumbalen Bandscheibenschäden führen würde. Er könne somit nicht als Prädisposition und wesentliches Argument gegen eine BK 2108 herangezogen werden. Allenfalls könnte bei mehrsegmental fixierter Kyphose eine hyperlordotische Ausgleichs-/Fehlhaltung resultieren. Insoweit lässt sich zwar dem Gutachten von PD Dr. K. kein aus den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abzuleitender Zusammenhang zwischen dem dort als Konkurrenzursache beurteilten Morbus Scheuermann und den hier maßgeblichen Bandscheibenvorfällen im Bereich der Lendenwirbelsäule entnehmen. Vielmehr wird lediglich allgemein festgestellt, dass der z.N. Morbus Scheuermann eine prädiskotische Deformität darstelle, d.h. dass durch die Fehlstatik der Wirbelsäule eine frühzeitige degenerative Veränderung im Bandscheibengewebe mit daraus eventuell resultierenden Bandscheibenprotrusionen und -prolapsen entstehen könne. Allerdings hat Prof. Dr. Dr. H. hier konkret neben der Skoliose, der auch PD Dr. K. keine wesentliche Bedeutung als konkurrierende Ursache beigemessen hat, für den Senat überzeugend eine Scheuermann-bedingte Fehlstatik der Brust- und oberen Lendenwirbelsäule im Sinne einer Hyperkyphose sowie eine Hyperlordose festgestellt, die aufgrund der lumbalosakralen Übergangsstörung und auch als teilweise Kompensation einer verstärkten Kyphose der Brustwirbelsäule entstanden ist und im unteren Bereich ein leichtes Baastrup´sches Phänomen bedingt. Bereits Dr. K. hatte eine Hyperlordose festgestellt und als Konkurrenzursache gewertet. Auch Dr. B. hatte eine leichte Hyperlordose und M. Baastrup L4-S1 und in diesem Zusammenhang auch eine pathologische Lendenlordose diagnostiziert. Diese Hyperlordose ist nach Ansicht von Prof. Dr. Dr. H. im Wesentlichen zusammen mit der Instabilität für den Zermürbungsprozess der präsakralen Bandscheibe verantwortlich. Diesen insoweit überzeugenden Ausführungen folgt der Senat. Dagegen kann das Privatgutachten von Dr. V.nicht überzeugen. Dieser stellt zwar auch eine Hyperlordose der LWS fest, wertet sie allerdings belastungsbedingt und verneint einen Zusammenhang mit dem durchgemachten Morbus Scheuermann, weil er keine Kyphosierung der BWS annimmt. Bereits im Attest von Dr. Kaiser vom 19. Oktober 2000 wurde aber berichtet, dass der Kläger über starke Schmerzen im BWS- und LWS-Bereich bei einer verstärkten Kyphosierung im Bereich der unteren BWS geklagt habe. Zudem hat Prof. Dr. Dr. H. diese aufgrund eigener bildgebender Befunde eindeutig beschrieben. Unabhängig hiervon gibt es für die Hyperlordose weitere anlagebedingte Ursachen, von denen Prof. Dr. Dr. H. die Spondylolyse L5 überzeugend hervorhebt. In den Konsensempfehlungen wird zur hyperlordotischen Fehlhaltung als Konkurrenzursache angemerkt, dass gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse nicht vorliegen. Die Expertenmeinung halte es im Konsens aber für plausibel, dass bei Vorliegen der genannten Faktoren anlagebedingte biomechanische Überlastungen der unteren LWS an deren Bandscheiben wirksam würden. Typischerweise seien hier aber Spondylarthrosen zu erwarten, die nicht unmittelbar für eine bandscheibenbedingte Erkrankung sprächen. Eine individuelle Bewertung sei erforderlich. Vor diesem Hintergrund hält der Senat die Beurteilung von Prof. Dr. Dr. H. für schlüssig und überzeugend, der die Hyperlordose, die zwar nicht grundsätzlich als Konkurrenzursache anzusehen ist, in dem hier vorliegenden Zusammenhang mit der Instabilität S1 als Konkurrenzursache wertet.

Damit wäre weiter zu prüfen, ob eine Begleitspondylose vorliegt. Hierbei ist zu beachten, dass der reaktiven Spondylose keine Indizwirkung zukommt und der Begleitspondylose nur dann, wenn eine über das Altersmaß hinausgehende Begleitspondylose in mindestens zwei Segmenten vorliegt (Konsensempfehlung a.a.O., S. 216). Auf der Grundlage der letzten MRT vom 26. Mai 2003 wird, wie dargelegt, im Bereich L3/4 ein neuer Bandscheibenvorfall L3/4 mediolateral rechts sowie eine diskrete Progredienz der Vorwölbung/kleiner Bandscheibenvorfall L4/5, keine Begleitsponylose und nur eine gering ausgeprägte Chondrose beschrieben. Nach den Angaben von Dres. S./K. sind aber im BWS/LWS-Übergangsbereich nachweisbare degenerative Veränderungen im Rahmen einer Spondylosis deformans mit z.T. recht deutlichen, lateral ausladenden Spangenanbauten feststellbar. Hierzu haben Prof. Dr. Dr. H. und PD Dr. K. jedoch überzeugend dargelegt, dass die Spondylose der Brustwirbelsäule als Nachfolgeentwicklung eines abgelaufenen Morbus Scheuermann einzuordnen ist. Eine belastungsbedingte Begleitspondylose hat dagegen keiner der befassten Gutachter festgestellt.

Deshalb geht der Senat - eine bandscheibenbedingte Erkrankung unterstellt - im Ergebnis mit Prof. Dr. Dr. H. und PD Dr. K. übereinstimmend vom Vorliegen der Fallkonstellation "B10" aus. Vor dem Hintergrund der von den Sachverständigen, wie dargelegt, überzeugend zugrundegelegten Konkurrenzursache und dem Fehlen einer Begleitspondylose als für ein belastungsbedingtes Schadensbild sprechendes Indiz überzeugt das Ergebnis der von den Sachverständigen PD Dr. K. und Prof. Dr. Dr. H. unter Würdigung der Befunde im Bereich der HWS und BWS vorgenommenen Abwägung, aufgrund der sie einen Zusammenhang des radiologisch nachgewiesenen Bandscheibenschadens mit der beruflichen Belastung verneint haben. Auf dieser Grundlage kann der Senat eine hinreichende Wahrscheinlichkeit zwischen einer - unterstellten - bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankung und der beruflichen Belastung nicht feststellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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