S 165 SF 1929/09 E

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
165
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 165 SF 1929/09 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2009 wird zurückgewiesen. Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Erinnerung ist im Ergebnis nicht begründet.

Bezüglich der abgelehnten Erledigungsgebühr und der statt deren im Wege des insoweit zulässigen Gebührentausches festgesetzten Terminsgebühr wird von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen. Das Gericht verweist zur Begründung insoweit in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach eigener Prüfung auf die nach Ansicht der Kammer zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 142 Randziffern 5, 5 a, 5 b, 5d m. w. N.).

Bezüglich der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG kommt das Gericht im Ergebnis ebenfalls zu der in Höhe von 250,00 EUR festgesetzten Mittelgebühr, wenn auch unter - von den Erwägungen der Urkundsbeamtin - abweichender Gewichtung der einzelnen Billigkeitskriterien des § 14 RVG.

So war die Bedeutung der Angelegenheit für den Erinnerungsführer nicht durchschnittlich, sondern überdurchschnittlich, da mit dem begehrten Merkzeichen "aG" (= außergewöhnliche Gehbehinderung) ein für ihn erheblicher Nachteilsausgleich verbunden war, nämlich der Zugang zu Behindertenparkplätzen sowie mit dem zusätzlich geltend gemachten Merkzeichen "T" die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes im Land Berlin (Telebusberechtigung) und diese Merkzeichen (jedenfalls in Kombination) im Vergleich zu regelmäßig in Verfahren nach dem SGB IX geltend gemachten Streitgegenstände (Grad der Behinderung, insbesondere die Erlangung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50; Merkzeichen "G" (= erhebliche Gehbehinderung mit der Folge vergünstigter Beförderung in öffentlichen Personennahverkehrsmitteln)) hinsichtlich der im Erfolgsfalle zustehenden Vergünstigungen und damit an Bedeutung für die Erinnerungsführer/Kläger über den Durchschnitt hinausgehen, zumal deren Zuerkennung dem Ausgleich schwerster Behinderungen dient.

Diese Überdurchschnittlichkeit wird hier allerdings ausgeglichen durch den vorliegend unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und deren Schwierigkeit.

Von einem insoweit durchschnittlichen Gerichtsverfahren im Schwerbehindertenrecht ist erst dann auszugehen, wenn der Prozessbevollmächtigte Klage einlegt, die Verwaltungsvorgänge zur Akteneinsicht anfordert, diese auswertet und sich mit den Befundberichten der behandelnden Ärzte und mindestens einem Sachverständigengutachten inhaltlich auseinandersetzt, die anlässlich des laufenden Klageverfahrens eingeholt werden (SG Lüneburg vom 1. Juli 2006 - S 19 SF 25/06; Sozialgericht Berlin vom 23. August 2007 - S 40 SB 1342/06 -). Der von dem Erinnerungsführer vorgebrachte Vergleich mit durchschnittlichen Verfahren im Recht der Grundsicherung nach dem SGB II ist insoweit nicht zwingend. Auch wenn diese Fälle zur Zeit einen enormen Anteil an den sozialgerichtlichen Verfahren insgesamt einnehmen, stellen diese gerade keinen brauchbaren Vergleichsmaßstab zu den hier zu beurteilenden und nach wie vor regelmäßig und häufig vorkommenden Verfahren mit stark medizinischem Einschlag im Bereich des Schwerbehindertenrechts, des sozialen Entschädigungsrechts, der Unfallversicherung, der Pflegeversicherung und des Rentenrechts wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dar. Der von der Bevollmächtigten des Erinnerungsführers behauptete erhebliche bzw. "weit" überdurchschnittliche Arbeitsaufwand wird von der Kammer nicht geteilt. Die von der Bevollmächtigten zu sichtende Verwaltungsakte liegt mit einem Umfang von 105 Seiten im Vergleich zu anderen Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes nach langjähriger Erfahrung des Vorsitzenden als Vorsitzender einer Kammer für soziales Entschädigungsrecht und Angelegenheiten nach dem SGB IX rein quantitativ im Durchschnitt. Qualitativ besteht diese naturgemäß "im wesentlichen aus ärztlichen Befundberichten und Stellungnahmen". Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Klageschrift vom 23. November 2007 und der Klagebegründungsschrift vom 3. März 2008 lagen im Durchschnitt vergleichbarer Verfahren. Das von dem Beklagten angebotene und veranlasste nervenärztliche Gutachten vom 1. Oktober 2008 führte unmittelbar zur Klaglosstellung, nämlich dem Anerkenntnisbescheid vom 10. November 2008, ohne dass es zu dessen Auswertung objektiv nennenswerten weiteren anwaltlichen Aufwandes bedurft hätte, wie etwa im Falle einer Auseinandersetzung mit einem für den Erinnerungsführer im Ergebnis negativen gerichtlichen Sachverständigengutachten. Der Erinnerungsführer brauchte vielmehr "nur noch" durch seine Bevollmächtigte die Annahme des Anerkenntnisses zu erklären, wobei die diesbezüglich vorgreiflichen anwaltlichen Erwägungen durch die festgesetzte Terminsgebühr abgegolten sind. Da vorliegend im Hauptsacheverfahren kein auszuwertendes gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden musste und noch nicht einmal Befundberichte der behandelnden Ärzte, ist nach Auffassung der Kammer und entgegen der Auffassung der Urkundsbeamtin (und des Erinnerungsführers) insoweit der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und deren Schwierigkeit als weit unterdurchschnittlich, insgesamt (unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Klage- und Klagebegründungsschrift) als unterdurchschnittlich einzustufen.

Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG.

Die Kammer hält im Einklang mit der Rechtsprechung der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin eine gesonderte Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren für erforderlich, und zwar aus den (z.B.) in den Beschlüssen der der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin – S 164 SF 118/09 E vom 6. März 2009 - und der 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009 (in juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de sowie http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/page/sammlung.psml/bs/10) – grundsätzlich dargelegten Gründen.

Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG)
Rechtskraft
Aus
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