L 1 SF 72/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 72/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Richer kann nicht unter Hinweis auf die Amtsermittlungspflicht als befangen abgelehnt werden, wenn der Richter den Antragsteller auf seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 92 Abs. 1 Satz 4 SGG hingewiesen hat.
Das Gesuch des Antragstellers, den Richter am Sozialgericht Genz wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Dies zugrunde gelegt hat der Antragsteller hier keinen Grund glaubhaft gemacht, der Anlass bieten könnte, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln. Der Antragsteller, der seit Anfang des Jahres 2009 ca. 250 Verfahren gegen SGB II- Träger vor dem Sozialgericht Berlin anhängig gemacht hat, beantragte im vorliegenden Verfahren, den Beklagten zu verurteilen, über seinen Antrag vom 16. Juli 2009 auf Löschung von bereits erhobenen, aber nicht erforderlichen Daten zu entscheiden.

Daraufhin hat ihm der abgelehnte Richter aufgegeben, den bezeichneten Antrag, ggf. nach Fertigung von Kopien aus den Verwaltungsakten des Beklagten vorzulegen und im Einzelnen darzulegen , welche Daten gelöscht werden sollten und aus welchen Gründen jeweils deren Speicherung nicht erforderlich sei. Nach dem derzeitigen Stand der Aktenlage werde er die Klage als nicht ausreichend bestimmt und damit als unzulässig abweisen. Der Antragsteller hat daraufhin geantwortet, die entsprechenden Angaben seien seinem Antrag vom 16. Juli 2009 zu entnehmen, der Vorsitzende möge die Verwaltungsakte des Beklagten beiziehen. Sollte er sich weiterhin weigern dies zu tun, werde die Klage zurück genommen und diesmal bei einer anderen Kammer anhängig gemacht. Im weiteren Verlauf hat der Antragsteller sein Befangenheitsgesuch auf das Verhalten des Richters gestützt sowie zusätzlich auf den Inhalt dessen dienstlicher Äußerung und schließlich die Tatsache, dass der Richter in weiteren Verfahren des Antragstellers mit Ladungen vom 23. März 2010 Erörterungstermine angesetzt habe. Ausweislich der dortigen Ladungen liege dem Vorsitzenden die Verwaltungsakte des Beklagten vor. Umso befremdlicher seien die in diesem Verfahren gestellten Auflagen.

Nach § 92 Abs. 1 S. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sollen bei der Erhebung der Klage die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden.

Nach Maßgabe dieser Vorschrift sind die Auflagen, die der abgelehnte Richter hier erteilt hat, nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei der genannten Vorschrift um eine sog. Sollvorschrift, bei Nichtbeachtung können sich jedoch unter Berücksichtigung der prozessualen Mitwirkungspflicht der Kläger, die in § 103 S. 1, 2. Halbsatz SGG geregelt ist, Folgerungen ergeben, auf die der abgelehnte Richter hier zu Recht hingewiesen hat (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer § 92 SGG Rdnr.14).

In der Regel werden sich die gewünschten Angaben unschwer den übersandten Verwaltungsakten des Beklagten entnehmen lassen. Allerdings nicht, wenn wie hier in solchem Umfang Gerichtsverfahren anhängig gemacht wurden, denen im dementsprechenden Umfang Verwaltungsverfahren voraus gegangen sein dürften. Darüber hinaus kann der Senat unterstellen, dass der Kläger, der die elektronischen Medien offensichtlich beherrscht, ohne weiteres in der Lage ist, seine eigenen Angaben und Anträge dem eigenen Computer zu entnehmen und ausgedruckt dem Gericht zu übersenden. Seine Einlassung, bei fehlender oder nicht gehöriger Reaktion des Vorsitzenden werde er die Klage zurück nehmen und bei einer anderen Kammer anhängig machen, deutet darauf hin, dass der Antragsteller auch vor einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Gerichte nicht zurück scheut. Ein Befangenheitsgrund liegt jedenfalls nicht vor. Dies gilt auch, wenn es zutrifft, dass dem abgelehnten Richter mittlerweile die Verwaltungsakten vorliegen, was der Senat nicht überprüfen kann. Auch in diesem Fall ist der Antragsteller nicht von seiner prozessualen Mitwirkungspflicht entbunden.

Schließlich ist auch die dienstliche Äußerung des Richters im vorliegenden Verfahren nicht zu beanstanden, denn die streitbefangenen Tatbestände ließen sich der nicht umfangreichen Gerichtsakte ohne weiteres entnehmen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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