Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 2269/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4877/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juni 2009 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die hieran anknüpfende Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 59.982,96 EUR.
Der 1943 geborene Kläger türkischer Nationalität war vom 21.04.1981 bis zum 30.06.1994 als Spinnereiarbeiter bei der Fa. Du Pont de Nemours (Deutschland) GmbH in Ö. beschäftigt (Bl. 3f. d. Bekl.-Akten). Anlässlich seines Ausscheidens erhielt er eine Abfindung "gemäß Sozialplan" in Höhe von 57.131,73 DM (Bl. 6 d. Bekl.-Akten). In der Folgezeit erhielt er Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit Ablauf des 02.04.1997 (Zahlungsnachweis vom 10.04.1997 im vorderen Teil d. Bekl.-Akten).
Am 18.03.1997 beantragte der Kläger, ihm Alhi zu gewähren, und erklärte, abgesehen vom Alhi-Bezug seiner Ehefrau Hafize in Höhe von monatlich 472,00 DM verfügten weder er noch seine mit ihm zusammen lebende Frau über Einkommen oder Vermögen (Bl. 40 d. Bekl.-Akten).
Mit Schreiben vom 20.03.1997 (Bl. 43 d. Bekl.-Akten) wies die Beklagte den Kläger auf die erhaltene Abfindung hin und bat ihn, den Verbleib des Geldes nachzuweisen. Daraufhin legte der Kläger zwei Überweisungsaufträge an die Pamuk-Bank in Istanbul vom 28.09.1994 über je 10.000,00 DM, einen Überweisungsauftrag vom 04.07.1995 an selbige Bank in Höhe von 15.000,00 DM (jeweils zu Gunsten des Kontos 308008758), eine Quittung über eine Einzahlung von 8.000,00 DM wiederum an die Pamuk-Bank vom 08.04.1995 sowie zwei Aufträge an die Commerzbank Sinsheim vom 17.02.1997, der Türkischen Botschaft Köln jeweils 3.260,00 DM zu überweisen, vor (Bl. 45 - 47 d. Bekl.-Akten).
Mit Bescheid vom 02.04.1997 (Bl. 56 d. Bekl.-Akten) entschied die Beklagte, der Kläger könne keine Alhi erhalten. Sein Vermögen von 57.131,73 DM sei mit 47.131,73 DM zu berücksichtigen. Da das maßgebliche Arbeitsentgelt 1.000,00 DM betrage, könne der Kläger seinen Lebensunterhalt für 47 Wochen selbst bestreiten.
Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger damit begründete, das von der Beklagten genannte Vermögen sei nicht mehr vorhanden, da er "es zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes und meiner Frau sowie meiner bedürftigen Eltern verwendet habe" (Bl. 52f. d. Bekl.-Akten), bat die Beklagte den Kläger, anzugeben, welchen Zweck die Überweisungen in den Jahren 1994 und 1995 in die Türkei gehabt hätten und ob noch Beträge auf einem eigenen Konto des Klägers in der Türkei vorhanden seien (Bl. 54 d. Bekl.-Akten). Hierauf nahm der Kläger seinen Widerspruch zurück (Bl. 55 d. Bekl.-Akten).
Einen weiteren Alhi-Antrag des Klägers vom 05.05.1997 (Bl. 56 d. Bekl.-Akten), in welchem dieser angab, abgesehen von der bezogenen Alhi seiner Frau würden weder sie noch er über Vermögen oder Einkommen verfügen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.1997 (Bl. 59 d. Bekl.-Akten) mit - bezogen auf den Bescheid vom 02.04.1997 - gleichlautender Begründung ab.
Am 17.11.1997 (Bl. 62 d. Bekl.-Akten) beantragte der Kläger erneut, ihm Alhi zu bewilligen und gab an, weder er noch seine Ehefrau verfügten über Vermögen oder Einkommen.
Am folgenden Tag (18.11.1997) unterzeichnete er eine "wahrheitsgemäße Erklärung" (Bl. 65 Rs. d. Bekl.-Akten) mit folgendem Wortlaut:
"Die Abfindung in Höhe von DM 57.131,- habe ich in der Zwischenzeit restlos verbraucht. Nachweise habe dem AA Sinsheim bereits vorgelegt. Ich war 2mal in Mekka zur Pilgerreise mit meiner Ehefrau und hatte noch Schulden in der Türkei zu bezahlen."
Mit Bescheid vom 28.11.1997 (Bl. 67 d. Bekl.-Akten) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe zu berücksichtigendes Vermögen nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit vorsätzlich und ohne anerkennenswerten Grund vorzeitig verbraucht, um die Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi zu schaffen.
Am 03.04.1998 (Bl. 69 d. Bekl.-Akten) beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Alhi. Die im Antragsformular gestellten Fragen nach vorhandenem Vermögen verneinte er, bestätigte unterschriftlich die Richtigkeit seiner Angaben und dass er das Merkblatt für Arbeitslose ("Ihre Rechte - ihre Pflichten") erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen habe. Mit Bescheid vom 28.05.1998 bewilligte die Beklagte ihm Alhi von der Antragstellung bis 03.04.1999 und zahlte zunächst - bis 31.12.1998 - insgesamt 14.570,01 DM (7.449,53 EUR). Aufgrund Änderungs-bescheids vom 14.01.1999 zahlte sie ihm für die Zeit vom 01.01. bis zum 03.04.1999 Alhi in Höhe von insgesamt 5.039,67 DM (2.576,74 EUR) (vgl. Übersicht auf Bl. 27 d. LSG-Akten; Zahlungsnachweise in d. Bekl.-Akt.).
In der Folgezeit zahlte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 04.04.1999 bis 31.12.1999 Leistungen in Höhe von 12.395,04 DM (6.337,48 EUR) (Bewilligungsbescheid vom 29.04.1999), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2000 in Höhe von 4.350,32 DM (2.224,28 EUR) (Änderungsbescheid vom 13.01.2000), für die Zeit vom 04.04. bis 31.12.2000 Leistungen in Höhe von 12.468,48 DM (6.375,03 EUR) (Bewilligungsbescheid vom 28.03.2000), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2001 Leistungen in Höhe von 4.317,06 DM (2.207,28 EUR) (Änderungsbescheid vom 11.01.2001), für die Zeit vom 04.04. bis 31.12.2001 Leistungen in Höhe von 12.373,28 DM (6.326,36 EUR) (Bewilligungsbescheid vom 28.02.2001), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2002 Leistungen in Höhe von 2.168,76 EUR (Änderungsbescheid vom 11.01.2002), für die Zeit vom 04.04. bis 31.12.2002 Leistungen in Höhe von 6.217,92 EUR (Bewilligungsbescheid vom 04.04.2002), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2003 Leistungen in Höhe von 2.114,82 EUR (Änderungsbescheid vom 14.01.2003) sowie für die Zeit vom 04.04. bis 30.09.2003 Leistungen in Höhe von 3.990,60 EUR (Bewilligungsbescheid vom 25.03.2003). Seit dem 01.10.2003 bezieht der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Bl. 130 d. Bekl.-Akten).
Diesen Bewilligungen lagen vom Kläger unterschriebene schriftliche Anträge vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003 zugrunde. In diesen gab er jeweils an, weder über Einkommen noch über Vermögen zu verfügen. Zudem befinde sich seine Frau in der Türkei. Auf eine entsprechende Anfrage der Beklagten vom 25.03.1999 (Bl. 83 d. Bekl.-Akten) teilte der Kläger mit Antwortschreiben vom 12.04.1999 (Bl. 88 d. Bekl.-Akten) mit, der Volksbank Ittlingen Freistellungsaufträge erteilt zu haben. Eine dortige Nachfrage der Beklagten ergab, dass dort kein Sparguthaben des Klägers vorhanden war. Mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 20.03.2000 legte der Kläger eine Bescheinigung der Raiffeisenbank Kirchhardt eG vom 23.03.2000 vor, wonach er außer einem Girokonto keine weiteren Anlagen bei der Bank führe (Bl. 104 d. Bekl.-Akten). Am 20.11.2000 erklärte der Kläger, Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III beziehen zu wollen (Bl. 107 d. Bekl.-Akten). Im Zeitraum vom 04.11.2002 bis 02.03.2003 war der Kläger mit voriger Zustimmung der Beklagten ortsabwesend und bezog keine Alhi (Bl. 121 d. Bekl.-Akten).
Mithin zahlte die Beklagte dem Kläger im gesamten Bewilligungszeitraum vom 03.04.1998 bis 30.09.2003 insgesamt Leistungen in Höhe von 47.988,80 EUR (s. Übersicht auf Bl. 27 d. LSG-Akten), wobei hierin bereits berücksichtigt ist, dass die Beklagte mit Bescheid vom 05.05.1999 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 01.04. bis 30.04.1999 aufgrund Änderung der Lohnsteuerklasse teilweise (in Höhe von 227,34 DM (116,24 EUR)) aufhob und den überzahlten Betrag "aufrechnete" (Bl. 95 d. Bekl.-Akten).
Am 11.11.2004 erhielt die Beklagte vom Hauptzollamt Stuttgart, Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) in Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Leistungsbetrugs durch Bezieher von Alhi im Zusammenhang mit Geldanlagen bei der in der Türkei ansässigen T. C. Merkez Bankasi (TCMB) eine Mitteilung vom 09.11.2004, dass der Kläger Fragen zu Kapitalanlagen und Zinseinkünften zumindest bezüglich Anlagen bei der TCMB wahrheitswidrig verneint habe (Bl. 133 d. Bekl.-Akten). Als Beweismittel war die Kopie eines Auszahlungsbeleges der Dresdner Bank über 50.000,00 DM vom 05.12.1996 beigefügt (Bl. 138 d. Bekl.-Akten).
Mit Schreiben vom 29.09.2005 hörte die Beklagte den Kläger an und forderte ihn auf, seine Geldanlagen mit Stand vom 03.04.1998 aufzulisten, ihr Kontoauszüge der Pamuk Bank sowie der TCMB vorzulegen und, soweit das Bankvermögen bis zur Beantragung der Alhi verbraucht gewesen sein sollte, diese Ausgaben zu belegen (Bl. 141 d. Bekl.-Akten). Bei der Beklagten ging weder eine Äußerung des Klägers noch (nach Akteneinsicht) seines Bevollmächtigten ein.
Mit Bescheid vom 16.02.2006 (Bl. 160 d. Bekl.-Akten) nahm die Beklagte die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 03.04.1998 bis 30.09.2003 zurück und forderte die Erstattung zu Unrecht gezahlter Alhi von 47.988,80 EUR nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 10.879,68 EUR bzw. 1.114,48 EUR, mithin insgesamt 59.982,96 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe verschwiegen, über welche Anlagen er bei der TCMB verfügt habe.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, bei der Spareinlage bei der TCMB habe es sich im Wesentlichen um den Abfindungsbetrag gehandelt. Diesen habe er am 05.12.1996 von dem Konto bei der TCMB abgehoben, weil sein Vater an Alzheimer erkrankt gewesen sei und ständige medizinische Maßnahmen bzw. Operationen notwendig gewesen seien. Hierfür sei das komplette Geld Ende 1996/Anfang 1997 verbraucht worden (Bl. 168f. d. Bekl.-Akten). Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2006 (Bl. 171f. d. Bekl.-Akten) wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 17.07.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, Kontoauszüge der TCMB vom 09.02.2007 vorgelegt (Bl. 24f. d. SG-Akten) und sich darauf berufen, dass der Abfindungsbetrag bei Antragstellung am 03.04.1998 bereits verbraucht gewesen sei. Der Umstand, dass er am 05.12.1996 50.000,00 DM abgehoben habe, indiziere, dass er das Geld dringend benötigt habe. Aufgrund des Zeitablaufs von rund 10 Jahren sei es ihm nicht möglich, nachzuweisen, wofür er die Geldbeträge verwendet habe. Unterlagen seitens der Pamuk-Bank könne er schon deshalb nicht mehr vorlegen, da diese in der Türkei nicht mehr existiere, sondern von der Halk-Bank übernommen worden sei. Diese verfüge nicht über seine (ehemaligen) Kontodaten bei der Pamuk-Bank. Aus einer von ihm vorgelegten Bescheinigung der Halk-Bank vom 10.09.2007 (Bl. 34f. d. SG-Akten) ergebe sich, dass er dort nie über ein Guthaben verfügt habe. In der Türkei habe er lediglich dieses (eine) Konto bei der TCMB geführt. Er könne sich nicht mehr "ganz genau daran erinnern", für welchen Zweck er die 50.000,00 DM am 05.12.1996 vom Konto bei der TCMB abgehoben und verbraucht habe. Jedoch glaube er, "dass ich mit einem Betrag von ca. DM 35.000,00 ein Auto gekauft und bar bezahlt habe". Wie er den restlichen Betrag verwendet habe, wisse er nicht mehr, aber er "habe damals ja auch schon und immer noch seinen Vater unterstützen müssen" (Bl. 49 d. SG-Akten).
Mit Urteil vom 25.06.2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 16.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht bedürftig gewesen sei. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger nunmehr vorgelegten Kontoübersicht der TCMB sei die Vermögenslage nicht eindeutig zu beurteilen. Soweit sich hieraus Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 03.04.1998 ableiten ließen, habe die Beklagte außer Acht gelassen, dass es sich im Wesentlichen um aus der Abfindung stammendes Vermögen gehandelt habe, welches sie bereits bei der Bedürftigkeitsprüfung im Jahr 1997 berücksichtigt habe und nun nicht erneut heranziehen könne. Die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr lägen nicht vor, da Vermögen lediglich zu einem Zeitpunkt nachgewiesen sei, zu dem der Kläger weder Alhi beantragt noch bezogen habe. Dieser sei vielmehr sei seiner Mitwirkungspflicht aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Kontenübersicht und seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung nachgekommen.
Gegen das ihr am 01.10.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.10.2009 Berufung eingelegt, mit welcher sie geltend macht, entgegen den Ausführungen des SG lägen die Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Der Kläger sei durch die ausgehändigten Merkblätter, deren Erhalt und Kenntnisnahme er durch seine Unterschrift bestätigt habe, hinreichend über die Pflicht zur Mitteilung von Vermögen in Kenntnis gesetzt worden. Trotzdem habe er sowohl bei der Antragstellung am 03.04.1998 als auch bei den Fortzahlungsanträgen vorsätzlich, zumindest jedoch grob fahrlässig falsche Angaben gemacht bzw. Vermögen verheimlicht, obwohl ausdrücklich danach gefragt worden sei. Ausweislich der Kontoauszüge der türkischen TCMB habe der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 03.04.1998 über Geldanlagen in Höhe von 38.350,00 DM verfügt. Zinszuflüsse aus seinem Vermögen in Höhe von 4.327,50 DM, 4.820,50 DM, 2.257,48 DM und 2.761,20 DM habe er trotz gezielter Nachfrage in keinem der Folgeanträge mitgeteilt. Es sei mithin davon auszugehen, dass der Kläger daneben über weiteres Vermögen bei der Pamuk-Bank verfügt habe. Der Kläger habe dorthin nämlich in den Jahren 1994 und 1995 insgesamt 35.000,00 DM überwiesen. Hinsichtlich des Verbrauchs des am 05.12.1996 abgehobene Betrages in Höhe von 50.000,00 DM habe der Kläger widersprüchliche Angaben gemacht. Da aufgrund der Veränderungen seiner wirtschaftlichen Situation seine Aufmerksamkeit für seine wirtschaftliche Situation gefordert und geschärft gewesen sei, halte sie die Angaben des Klägers, nicht mehr zu wissen, wofür er das Geld verwendet habe, für nicht glaubwürdig und gehe davon aus, dass zum strittigen Zeitraum über die o.g. Beträge hinaus noch weiteres Vermögen vorhanden sei. Dass er aufgrund Zeitablaufs nicht nachweisen könne, inwieweit er die bei der Pamuk-Bank bzw. bei der TCMB abgehobenen Beträge verbraucht habe, gehe zu seinen Lasten, weil diese Vorgänge seiner Sphäre zuzuordnen seien. Aufgrund der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2009 - Az.: B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R - sei nun geklärt, dass der Kläger die überzahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Ausführungen des SG.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 16.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2006 aufgehoben. Die Beklagte hat zu Recht die Bescheide vom 28.05.1998, 14.01.1999, 29.04.1999, 13.01.2000, 28.03.2000, 11.01.2001, 28.02.2001, 11.01.2002, 04.04.2002, 14.01.2003 sowie 25.03.2003 zurückgenommen und die Erstattung zu Unrecht gezahlter Alhi nebst zu Unrecht gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 59.982,96 EUR geltend gemacht.
Die Voraussetzungen für die Rücknahme der zugunsten des Klägers erfolgten Bewilligungen von Alhi im streitigen Zeitraum nach § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind erfüllt. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ohne dass der Beklagten ein Ermessensspielraum zustünde, ist gemäß § 330 Abs. 2 SGB III der rechtswidrige begünstigte Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme vorliegen.
Im Rahmen der Beurteilung, ob ein Fall anfänglicher Rechtswidrigkeit der Bewilligung gem. § 45 Abs. 1 SGB X vorliegt oder nachträglich eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten ist, ist nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der genannten Anpassungs- bzw. Änderungsbescheide, sondern auf denjenigen des Erlasses der jeweiligen Bewilligungsbescheide abzustellen (vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2009, Rdnr. 5 zu § 48). In Ansehung dessen ist die Beklagte zutreffend von einer anfänglichen Rechtswidrigkeit der für die Zeit vom 03.04.1998 bis 30.09.2003 erlassenen (Weiter-)Bewilligungsbescheide im Sinne des § 45 SGB X ausgegangen.
Zunächst lässt sich - im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG - bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Bewilligungsbescheide im hier streitigen Zeitraum vom 03.04.1998 bis zum 30.09.2003 nicht feststellen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alhi vorlagen.
Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997 - BGBl. I S. 594) hat Anspruch auf Alhi, wer bedürftig ist. Gemäß § 193 Abs. 1 SGB III (idF des AFRG) ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III (idF des zum 01.01.2008 in Kraft getretenen 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 - BGBl. I S. 2970) bestimmt, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 Abs 2 SGB III wird konkretisiert durch die Regelungen der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV), die insoweit auf Grund der Verordnungsermächtigung in § 206 Nr. 1 SGB III (idF des AFRG) erlassen wurde. Das BSG hat bereits mehrmals entschieden, dass die Beklagte bei der Entscheidung über die Leistung für einen neuen Bewilligungsabschnitt gemäß § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III unabhängig von der bisherigen Bewilligung alle Voraussetzungen zu prüfen hat, mithin auch, ob vorhandenes Vermögen der künftigen Alhi-Gewährung entgegensteht. Maßstab für diese Prüfung ist allein das materielle Recht (BSG, Urteil vom 17.03.2005 - Az.: B 7a/7 AL 38/04 R -, Rdn. 12, m.w.N., zit. nach juris). Das materielle Recht sieht in § 9 der AlhiV vom 07.08.1974 (AlhiV 1974) (BGBl I 1929), die bis zum Inkrafttreten der AlhiV vom 13.12.2001 (AlhiV 2002) am 01.01.2002 geltendes Recht war, vor, dass die Bedürftigkeit nicht für die Anzahl voller Wochen besteht, die sich aus der Teilung des - nach Maßgabe des § 6 AlhiV 1974 - zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet. Hieraus hat das BSG - bezogen auf den Geltungszeitraum der AlhiV 1974 - abgeleitet, dass Vermögen bei anhaltender Arbeitslosigkeit nur einmal zu berücksichtigen ist. Bereits einmal bei der Bedürftigkeitsprüfung der Alhi zu Grunde gelegtes bzw. zu legendes Vermögen kann danach bei einem nachfolgenden Bewilligungszeitraum grundsätzlich nicht mehr Berücksichtigung finden, selbst wenn es weiterhin vorhanden ist (BSG, a.a.O., m.w.N.).
Das SG geht fehl in der Annahme, etwaiges Vermögen des Klägers bei der Antragstellung am 03.04.1998 (und bei den weiteren Alhi-Anträgen vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003) sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit im Sinne des § 193 SGB III deshalb nicht zu berücksichtigen, da dieses bereits in den Bescheiden vom 02.04. und 06.06.1997 berücksichtigt worden sei bzw. zu berücksichtigen gewesen wäre. Denn eine Berücksichtigung von Vermögen war auch während des Geltungszeitraums der AlhiV 1974 noch möglich, wenn die Beklagte im maßgeblichen Bewilligungsbescheid ausdrücklich nur die Berücksichtigung eines Teils des verwertbaren Vermögens verfügt hat (BSG, Urteil vom 17.03.2005 - Az.:B 7a/7 AL 38/04 R -, Rdn. 12 m.w.N., zit. nach juris). So ist es hier: Die Beklagte war sowohl bei Erlass ihrer Bescheide vom 02.04. und 06.06.1997 als auch im gesamten Rückforderungszeitraum davon ausgegangen, dass der Kläger lediglich über Vermögen in Höhe der bezogenen Abfindung verfügt, da sie erst im März 2007 (mit den vom SG weitergeleiteten Kontoauszügen der TCMB vom 09.02.2007) von den sich hieraus ergebenden weiteren Vermögenswerten des Klägers Kenntnis erlangt hat. Ob, wie das SG meint, zwischen dem am 05.12.1996 bei der TCMB abgehobenen Betrag von 50.000,- DM und der in den Bescheiden vom 02.04. und 06.06.1997 berücksichtigten Abfindung Vermögensidentität bestand, erscheint schon deshalb fraglich, weil der Kläger nach Erhalt der Abfindung bereits am 28.09.1994 bzw. 04.07.1995 insgesamt 35.000,- DM auf das Konto 308008758 bei der Pamuk-Bank überwiesen hat und das weitere Schicksal dieser Summe zur Überzeugung des Senats nicht mehr aufgeklärt werden kann. Denn die Pamuk-Bank ist spätestens im Jahre 2005 von der staatlichen Halk-Bank übernommen worden (Türkei, Fortschrittsbericht 2005 der Europäischen Kommission vom 09.11.2005, S. 64), welche nach den Angaben des Klägers nicht über dessen (vormalige) Kontodaten bei der Pamuk-Bank verfügt. Da der Kläger über die erhaltene Abfindung hinausgehende Vermögenswerte weder bis zum Erlass der Bescheide vom 02.04. und 06.06.1997 noch während des gesamten Rückforderungszeitraums angegeben hat, bestand für die Beklagte seinerzeit auch kein Anlass, den Verbleib des am 28.09.1994 bzw. 04.07.1995 überwiesenen Betrages in Höhe von insgesamt 35.000,- DM auf das Konto bei der Pamuk-Bank zu ermitteln. Es lag nach der seinerzeitigen Aktenlage nämlich - mangels weiterer vom Kläger angegebener Kontobewegungen, insbesondere derjenigen bei der TCMB - nahe, dass insoweit mit dem Abfindungsbetrag Vermögensidentität bestand.
Wie das SG zutreffend erkannt hat, lässt sich nicht mehr feststellen, über Vermögen in welchem Umfang der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 03.04.1998 (und bei den weiteren Alhi-Anträgen vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003) verfügt hat. So hat dieser am 03.04.1998 ausweislich des von ihm im Klageverfahren vorgelegten Kontoauszugs der TCMB vom 09.02.2007 mindestens noch über Geldeinlagen in Höhe von 38.350,00 DM verfügt, welche er gleichermaßen wie die jeweiligen zwischenzeitlichen Zinszuflüsse in den Folgejahren sowohl im Alhi-Antrag vom 03.04.1998 als auch in den Folgeanträgen verschwiegen hat. Darüber hinaus lässt sich nicht mehr feststellen, ob und ggfs. inwieweit er den am 05.12.1996 bei der TCMB abgehobenen Betrag von 50.000,00 DM verbraucht hat. Er hat sich nämlich insoweit mehrmals widersprüchlich eingelassen: Bereits in seiner Widerspruchsbegründung vom 06.05.1997 an die Beklagte (Bl. 53 d. Bekl.-Akten) hat er behauptet, über kein Vermögen mehr zu verfügen, weil er dieses zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes und seiner Frau sowie seiner bedürftigen Eltern verwendet habe. In seiner "wahrheitsgemäßen Erklärung" vom 18.11.1997 (Bl. 65 Rs. d. Bekl.-Akten) berief sich der Kläger darauf, die Abfindung in Höhe von 57.131,- DM in der Zwischenzeit restlos für eine zweimalige Pilgerreise nach Mekka sowie für Schuldentilgung in der Türkei verbraucht zu haben. Seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.02.2006 begründete er sodann damit, bei der Spareinlage bei der TCMB habe es sich im Wesentlichen um den Abfindungsbetrag gehandelt, welchen er am 05.12.1996 von jenem Konto abgehoben habe, weil sein Vater an Alzheimer erkrankt gewesen sei und ständige medizinische Maßnahmen bzw. Operationen notwendig gewesen seien; hierfür sei das komplette Geld Ende 1996/Anfang 1997 verbraucht worden (Bl. 168f. d. Bekl.-Akten). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25.06.2009 ließ er sich hingegen dahingehend ein, sich zwar nicht mehr erinnern zu können, wofür er den Betrag in Höhe von 50.000,00 DM verwendet habe, jedoch zu glauben, hierfür in Höhe von 35.000 DM ein Auto bar bezahlt zu haben.
Gleichfalls lässt sich nicht mehr aufklären, in welchem Umfang der Kläger noch am 03.04.1998 (und bei den weiteren Alhi-Anträgen vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003) über Vermögen bei der Pamuk-Bank verfügt hat, auf die der Kläger am 28.09.1994 zweimal einen Betrag in Höhe von 10.000,00 DM sowie am 14.07.1995 einen Betrag in Höhe von 15.000,00 DM, mithin insgesamt 35.000,00 DM überwiesen hat. Nachdem die Pamuk-Bank nicht mehr existiert, sondern von der Halk-Bank zwischenzeitlich übernommen wurde, sind weitere gerichtliche Ermittlungsmöglichkeiten nicht ersichtlich, nachdem der Kläger selbst vorgetragen hat, dass die Halk-Bank nicht über seine Kontodaten bei der Pamuk-Bank verfüge (Bl. 34 d. SG-Akten). Aufgrund dessen verbleiben nach Überzeugung des Senats auch unter Berücksichtigung der Bescheinigung der Halk-Bank vom 17.09.2007 (Bl. 36 der SG-Akten, Übersetzung des Prozessbevollmächtigten des Klägers Bl. 34/35 d. SG-Akten) Restzweifel, in welchem Umfang der Kläger bei der Pamuk-Bank Vermögen angelegt und am 03.04.1998 noch nicht verbraucht hatte.
Die sich nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ergebende Nichtaufklärbarkeit der Vermögenswerte des Klägers bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der (Weiter-)Bewilligungsbescheide vom 28.05.1998, 29.04.1999, 28.03.2000, 28.02.2001, 04.04.2002, sowie 25.03.2003 geht insoweit zu Lasten des Klägers. Nach allgemeinen Grundsätzen wäre zwar die Beklagte diejenige, die das Risiko der Nichterweislichkeit dieses Umstandes zu tragen hätte. Denn prinzipiell gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine bestimmte für ihn günstige Rechtsfolge herleitet (BSG, Urteil vom 24.10.1957 - Az.: 10 RV 945/55 -, zit. nach juris). Soweit die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides in Streit steht, trifft dementsprechend grundsätzlich die Behörde die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides (BSG, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 7/05 R, Rdnr. 32 m.w.N., zit. nach juris). Eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung kann jedoch dann gerechtfertigt sein, wenn in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Leistungsempfängers wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. eine besondere Beweisnähe zum Leistungsempfänger vorliegt (so BSG, a.a.O. m.w.N., Rdnr. 33). Ergibt sich demnach nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten, dass der Sphäre des Arbeitslosen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar sind, so geht dies zu dessen Lasten. Insbesondere kann sich dabei eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe daraus ergeben, dass er durch Unterlassung von Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hat (vgl. zu alledem BSG, Urteile vom 13.09.2006 - B 11a AL 19/06 R und B 11a AL 13/06 R -, zit. nach juris; Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R -, a.a.O.), oder dass ein Geldfluss nicht belegt wird mit der Folge der Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.2009 - L 12 AL 1661/08 -, zit. nach juris). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche Umkehr der Beweislast bestehen angesichts des genannten Erfordernisses der (besonderen) Beweisnähe des Arbeitslosen nicht. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist nämlich unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Versichertengemeinschaft einerseits und des Arbeitslosen andererseits ohne weiteres angemessen, die materielle Beweislast für die Nichterweislichkeit von Anspruchsvoraussetzungen nicht nur im Rahmen der Leistungsbewilligung, sondern gleichfalls im Rahmen der Aufhebung derselben der Sphäre des Arbeitslosen zuzuweisen, wenn dieser die Beweisnot selbst herbeigeführt hat. So ist es hier. Es liegt in der Verantwortungssphäre des Leistungsempfängers, bei Antragstellung vorhandenes Vermögen gegenüber der Beklagten anzugeben, selbst wenn seiner Auffassung nach dieses Vermögen bereits von der Beklagten berücksichtigt wurde. Denn ob vorhandenes Vermögen der künftigen Alhi-Gewährung entgegensteht, wäre nicht vom Kläger, sondern von der Beklagten bei der Entscheidung über die Leistung für einen neuen Bewilligungsabschnitt gemäß § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III unabhängig von der bisherigen Bewilligung auf der Grundlage des jeweils gültigen materiellen Rechts zu prüfen gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2005 - Az.:B 7a/7 AL 38/04 R -, Rdnr. 12 m.w.N., zit. nach juris).
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts dadurch unmöglich gemacht, dass er seiner nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch bestehenden Obliegenheit zur Mitteilung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht wahrheitsgemäß - wie bereits ausgeführt - nachgekommen ist. Das für die weitere Leistungserbringung ursächliche Verschweigen seiner Vermögenswerte beruht auch auf grober Fahrlässigkeit (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), da er durch das ihm am 03.04.1998 ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" (Stand: Januar 1998) hinreichend über seine Pflicht zur Mitteilung von Einkommen und Vermögen belehrt worden ist (vgl. S. 40 und S. 55 des Merkblatts vom Januar 1998). Sollte der Kläger die Hinweise im Merkblatt wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht verstanden haben, vermag ihn dies nicht zu entlasten. Nach § 19 Abs. 1 SGB X hat ein Ausländer nämlich keinen Anspruch darauf, dass ein an ihn gerichtetes Schreiben in einer anderen als der deutschen Sprache abgefasst ist. Er muss sich also, wenn er diese nicht hinreichend beherrscht, Klarheit über den Inhalt verschaffen, beispielsweise mit Hilfe eines Dolmetschers, Freunden und/oder Verwandten (BSG, Urteil vom 24.04.1997 - Az.: 11 RAr 89/96 -, Rdnr. 23, zit. nach juris).
Nach alledem war die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 03.04.1998 bis zum 30.09.2003 zwingend aufzuheben (vgl. § 330 Abs. 2 SGB III).
Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe nebst entrichteter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III (vgl. BSG, Urteile vom 07.10.2009 - Az.: B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 31/08 R -, zit. nach juris).
Liegen mithin die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vor, so ist die danach für die Aufhebung und für die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X geltende 10 Jahres Frist nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts offensichtlich ebenso wie die einjährige Handlungsfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die hieran anknüpfende Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 59.982,96 EUR.
Der 1943 geborene Kläger türkischer Nationalität war vom 21.04.1981 bis zum 30.06.1994 als Spinnereiarbeiter bei der Fa. Du Pont de Nemours (Deutschland) GmbH in Ö. beschäftigt (Bl. 3f. d. Bekl.-Akten). Anlässlich seines Ausscheidens erhielt er eine Abfindung "gemäß Sozialplan" in Höhe von 57.131,73 DM (Bl. 6 d. Bekl.-Akten). In der Folgezeit erhielt er Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit Ablauf des 02.04.1997 (Zahlungsnachweis vom 10.04.1997 im vorderen Teil d. Bekl.-Akten).
Am 18.03.1997 beantragte der Kläger, ihm Alhi zu gewähren, und erklärte, abgesehen vom Alhi-Bezug seiner Ehefrau Hafize in Höhe von monatlich 472,00 DM verfügten weder er noch seine mit ihm zusammen lebende Frau über Einkommen oder Vermögen (Bl. 40 d. Bekl.-Akten).
Mit Schreiben vom 20.03.1997 (Bl. 43 d. Bekl.-Akten) wies die Beklagte den Kläger auf die erhaltene Abfindung hin und bat ihn, den Verbleib des Geldes nachzuweisen. Daraufhin legte der Kläger zwei Überweisungsaufträge an die Pamuk-Bank in Istanbul vom 28.09.1994 über je 10.000,00 DM, einen Überweisungsauftrag vom 04.07.1995 an selbige Bank in Höhe von 15.000,00 DM (jeweils zu Gunsten des Kontos 308008758), eine Quittung über eine Einzahlung von 8.000,00 DM wiederum an die Pamuk-Bank vom 08.04.1995 sowie zwei Aufträge an die Commerzbank Sinsheim vom 17.02.1997, der Türkischen Botschaft Köln jeweils 3.260,00 DM zu überweisen, vor (Bl. 45 - 47 d. Bekl.-Akten).
Mit Bescheid vom 02.04.1997 (Bl. 56 d. Bekl.-Akten) entschied die Beklagte, der Kläger könne keine Alhi erhalten. Sein Vermögen von 57.131,73 DM sei mit 47.131,73 DM zu berücksichtigen. Da das maßgebliche Arbeitsentgelt 1.000,00 DM betrage, könne der Kläger seinen Lebensunterhalt für 47 Wochen selbst bestreiten.
Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger damit begründete, das von der Beklagten genannte Vermögen sei nicht mehr vorhanden, da er "es zur Bestreitung meines Lebensunterhaltes und meiner Frau sowie meiner bedürftigen Eltern verwendet habe" (Bl. 52f. d. Bekl.-Akten), bat die Beklagte den Kläger, anzugeben, welchen Zweck die Überweisungen in den Jahren 1994 und 1995 in die Türkei gehabt hätten und ob noch Beträge auf einem eigenen Konto des Klägers in der Türkei vorhanden seien (Bl. 54 d. Bekl.-Akten). Hierauf nahm der Kläger seinen Widerspruch zurück (Bl. 55 d. Bekl.-Akten).
Einen weiteren Alhi-Antrag des Klägers vom 05.05.1997 (Bl. 56 d. Bekl.-Akten), in welchem dieser angab, abgesehen von der bezogenen Alhi seiner Frau würden weder sie noch er über Vermögen oder Einkommen verfügen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.1997 (Bl. 59 d. Bekl.-Akten) mit - bezogen auf den Bescheid vom 02.04.1997 - gleichlautender Begründung ab.
Am 17.11.1997 (Bl. 62 d. Bekl.-Akten) beantragte der Kläger erneut, ihm Alhi zu bewilligen und gab an, weder er noch seine Ehefrau verfügten über Vermögen oder Einkommen.
Am folgenden Tag (18.11.1997) unterzeichnete er eine "wahrheitsgemäße Erklärung" (Bl. 65 Rs. d. Bekl.-Akten) mit folgendem Wortlaut:
"Die Abfindung in Höhe von DM 57.131,- habe ich in der Zwischenzeit restlos verbraucht. Nachweise habe dem AA Sinsheim bereits vorgelegt. Ich war 2mal in Mekka zur Pilgerreise mit meiner Ehefrau und hatte noch Schulden in der Türkei zu bezahlen."
Mit Bescheid vom 28.11.1997 (Bl. 67 d. Bekl.-Akten) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe zu berücksichtigendes Vermögen nach Eintritt seiner Arbeitslosigkeit vorsätzlich und ohne anerkennenswerten Grund vorzeitig verbraucht, um die Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi zu schaffen.
Am 03.04.1998 (Bl. 69 d. Bekl.-Akten) beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Alhi. Die im Antragsformular gestellten Fragen nach vorhandenem Vermögen verneinte er, bestätigte unterschriftlich die Richtigkeit seiner Angaben und dass er das Merkblatt für Arbeitslose ("Ihre Rechte - ihre Pflichten") erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen habe. Mit Bescheid vom 28.05.1998 bewilligte die Beklagte ihm Alhi von der Antragstellung bis 03.04.1999 und zahlte zunächst - bis 31.12.1998 - insgesamt 14.570,01 DM (7.449,53 EUR). Aufgrund Änderungs-bescheids vom 14.01.1999 zahlte sie ihm für die Zeit vom 01.01. bis zum 03.04.1999 Alhi in Höhe von insgesamt 5.039,67 DM (2.576,74 EUR) (vgl. Übersicht auf Bl. 27 d. LSG-Akten; Zahlungsnachweise in d. Bekl.-Akt.).
In der Folgezeit zahlte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 04.04.1999 bis 31.12.1999 Leistungen in Höhe von 12.395,04 DM (6.337,48 EUR) (Bewilligungsbescheid vom 29.04.1999), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2000 in Höhe von 4.350,32 DM (2.224,28 EUR) (Änderungsbescheid vom 13.01.2000), für die Zeit vom 04.04. bis 31.12.2000 Leistungen in Höhe von 12.468,48 DM (6.375,03 EUR) (Bewilligungsbescheid vom 28.03.2000), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2001 Leistungen in Höhe von 4.317,06 DM (2.207,28 EUR) (Änderungsbescheid vom 11.01.2001), für die Zeit vom 04.04. bis 31.12.2001 Leistungen in Höhe von 12.373,28 DM (6.326,36 EUR) (Bewilligungsbescheid vom 28.02.2001), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2002 Leistungen in Höhe von 2.168,76 EUR (Änderungsbescheid vom 11.01.2002), für die Zeit vom 04.04. bis 31.12.2002 Leistungen in Höhe von 6.217,92 EUR (Bewilligungsbescheid vom 04.04.2002), für die Zeit vom 01.01. bis 03.04.2003 Leistungen in Höhe von 2.114,82 EUR (Änderungsbescheid vom 14.01.2003) sowie für die Zeit vom 04.04. bis 30.09.2003 Leistungen in Höhe von 3.990,60 EUR (Bewilligungsbescheid vom 25.03.2003). Seit dem 01.10.2003 bezieht der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Bl. 130 d. Bekl.-Akten).
Diesen Bewilligungen lagen vom Kläger unterschriebene schriftliche Anträge vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003 zugrunde. In diesen gab er jeweils an, weder über Einkommen noch über Vermögen zu verfügen. Zudem befinde sich seine Frau in der Türkei. Auf eine entsprechende Anfrage der Beklagten vom 25.03.1999 (Bl. 83 d. Bekl.-Akten) teilte der Kläger mit Antwortschreiben vom 12.04.1999 (Bl. 88 d. Bekl.-Akten) mit, der Volksbank Ittlingen Freistellungsaufträge erteilt zu haben. Eine dortige Nachfrage der Beklagten ergab, dass dort kein Sparguthaben des Klägers vorhanden war. Mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 20.03.2000 legte der Kläger eine Bescheinigung der Raiffeisenbank Kirchhardt eG vom 23.03.2000 vor, wonach er außer einem Girokonto keine weiteren Anlagen bei der Bank führe (Bl. 104 d. Bekl.-Akten). Am 20.11.2000 erklärte der Kläger, Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III beziehen zu wollen (Bl. 107 d. Bekl.-Akten). Im Zeitraum vom 04.11.2002 bis 02.03.2003 war der Kläger mit voriger Zustimmung der Beklagten ortsabwesend und bezog keine Alhi (Bl. 121 d. Bekl.-Akten).
Mithin zahlte die Beklagte dem Kläger im gesamten Bewilligungszeitraum vom 03.04.1998 bis 30.09.2003 insgesamt Leistungen in Höhe von 47.988,80 EUR (s. Übersicht auf Bl. 27 d. LSG-Akten), wobei hierin bereits berücksichtigt ist, dass die Beklagte mit Bescheid vom 05.05.1999 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 01.04. bis 30.04.1999 aufgrund Änderung der Lohnsteuerklasse teilweise (in Höhe von 227,34 DM (116,24 EUR)) aufhob und den überzahlten Betrag "aufrechnete" (Bl. 95 d. Bekl.-Akten).
Am 11.11.2004 erhielt die Beklagte vom Hauptzollamt Stuttgart, Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) in Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Leistungsbetrugs durch Bezieher von Alhi im Zusammenhang mit Geldanlagen bei der in der Türkei ansässigen T. C. Merkez Bankasi (TCMB) eine Mitteilung vom 09.11.2004, dass der Kläger Fragen zu Kapitalanlagen und Zinseinkünften zumindest bezüglich Anlagen bei der TCMB wahrheitswidrig verneint habe (Bl. 133 d. Bekl.-Akten). Als Beweismittel war die Kopie eines Auszahlungsbeleges der Dresdner Bank über 50.000,00 DM vom 05.12.1996 beigefügt (Bl. 138 d. Bekl.-Akten).
Mit Schreiben vom 29.09.2005 hörte die Beklagte den Kläger an und forderte ihn auf, seine Geldanlagen mit Stand vom 03.04.1998 aufzulisten, ihr Kontoauszüge der Pamuk Bank sowie der TCMB vorzulegen und, soweit das Bankvermögen bis zur Beantragung der Alhi verbraucht gewesen sein sollte, diese Ausgaben zu belegen (Bl. 141 d. Bekl.-Akten). Bei der Beklagten ging weder eine Äußerung des Klägers noch (nach Akteneinsicht) seines Bevollmächtigten ein.
Mit Bescheid vom 16.02.2006 (Bl. 160 d. Bekl.-Akten) nahm die Beklagte die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 03.04.1998 bis 30.09.2003 zurück und forderte die Erstattung zu Unrecht gezahlter Alhi von 47.988,80 EUR nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 10.879,68 EUR bzw. 1.114,48 EUR, mithin insgesamt 59.982,96 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe verschwiegen, über welche Anlagen er bei der TCMB verfügt habe.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, bei der Spareinlage bei der TCMB habe es sich im Wesentlichen um den Abfindungsbetrag gehandelt. Diesen habe er am 05.12.1996 von dem Konto bei der TCMB abgehoben, weil sein Vater an Alzheimer erkrankt gewesen sei und ständige medizinische Maßnahmen bzw. Operationen notwendig gewesen seien. Hierfür sei das komplette Geld Ende 1996/Anfang 1997 verbraucht worden (Bl. 168f. d. Bekl.-Akten). Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2006 (Bl. 171f. d. Bekl.-Akten) wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 17.07.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, Kontoauszüge der TCMB vom 09.02.2007 vorgelegt (Bl. 24f. d. SG-Akten) und sich darauf berufen, dass der Abfindungsbetrag bei Antragstellung am 03.04.1998 bereits verbraucht gewesen sei. Der Umstand, dass er am 05.12.1996 50.000,00 DM abgehoben habe, indiziere, dass er das Geld dringend benötigt habe. Aufgrund des Zeitablaufs von rund 10 Jahren sei es ihm nicht möglich, nachzuweisen, wofür er die Geldbeträge verwendet habe. Unterlagen seitens der Pamuk-Bank könne er schon deshalb nicht mehr vorlegen, da diese in der Türkei nicht mehr existiere, sondern von der Halk-Bank übernommen worden sei. Diese verfüge nicht über seine (ehemaligen) Kontodaten bei der Pamuk-Bank. Aus einer von ihm vorgelegten Bescheinigung der Halk-Bank vom 10.09.2007 (Bl. 34f. d. SG-Akten) ergebe sich, dass er dort nie über ein Guthaben verfügt habe. In der Türkei habe er lediglich dieses (eine) Konto bei der TCMB geführt. Er könne sich nicht mehr "ganz genau daran erinnern", für welchen Zweck er die 50.000,00 DM am 05.12.1996 vom Konto bei der TCMB abgehoben und verbraucht habe. Jedoch glaube er, "dass ich mit einem Betrag von ca. DM 35.000,00 ein Auto gekauft und bar bezahlt habe". Wie er den restlichen Betrag verwendet habe, wisse er nicht mehr, aber er "habe damals ja auch schon und immer noch seinen Vater unterstützen müssen" (Bl. 49 d. SG-Akten).
Mit Urteil vom 25.06.2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 16.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum nicht bedürftig gewesen sei. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger nunmehr vorgelegten Kontoübersicht der TCMB sei die Vermögenslage nicht eindeutig zu beurteilen. Soweit sich hieraus Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 03.04.1998 ableiten ließen, habe die Beklagte außer Acht gelassen, dass es sich im Wesentlichen um aus der Abfindung stammendes Vermögen gehandelt habe, welches sie bereits bei der Bedürftigkeitsprüfung im Jahr 1997 berücksichtigt habe und nun nicht erneut heranziehen könne. Die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr lägen nicht vor, da Vermögen lediglich zu einem Zeitpunkt nachgewiesen sei, zu dem der Kläger weder Alhi beantragt noch bezogen habe. Dieser sei vielmehr sei seiner Mitwirkungspflicht aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Kontenübersicht und seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung nachgekommen.
Gegen das ihr am 01.10.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.10.2009 Berufung eingelegt, mit welcher sie geltend macht, entgegen den Ausführungen des SG lägen die Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Der Kläger sei durch die ausgehändigten Merkblätter, deren Erhalt und Kenntnisnahme er durch seine Unterschrift bestätigt habe, hinreichend über die Pflicht zur Mitteilung von Vermögen in Kenntnis gesetzt worden. Trotzdem habe er sowohl bei der Antragstellung am 03.04.1998 als auch bei den Fortzahlungsanträgen vorsätzlich, zumindest jedoch grob fahrlässig falsche Angaben gemacht bzw. Vermögen verheimlicht, obwohl ausdrücklich danach gefragt worden sei. Ausweislich der Kontoauszüge der türkischen TCMB habe der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 03.04.1998 über Geldanlagen in Höhe von 38.350,00 DM verfügt. Zinszuflüsse aus seinem Vermögen in Höhe von 4.327,50 DM, 4.820,50 DM, 2.257,48 DM und 2.761,20 DM habe er trotz gezielter Nachfrage in keinem der Folgeanträge mitgeteilt. Es sei mithin davon auszugehen, dass der Kläger daneben über weiteres Vermögen bei der Pamuk-Bank verfügt habe. Der Kläger habe dorthin nämlich in den Jahren 1994 und 1995 insgesamt 35.000,00 DM überwiesen. Hinsichtlich des Verbrauchs des am 05.12.1996 abgehobene Betrages in Höhe von 50.000,00 DM habe der Kläger widersprüchliche Angaben gemacht. Da aufgrund der Veränderungen seiner wirtschaftlichen Situation seine Aufmerksamkeit für seine wirtschaftliche Situation gefordert und geschärft gewesen sei, halte sie die Angaben des Klägers, nicht mehr zu wissen, wofür er das Geld verwendet habe, für nicht glaubwürdig und gehe davon aus, dass zum strittigen Zeitraum über die o.g. Beträge hinaus noch weiteres Vermögen vorhanden sei. Dass er aufgrund Zeitablaufs nicht nachweisen könne, inwieweit er die bei der Pamuk-Bank bzw. bei der TCMB abgehobenen Beträge verbraucht habe, gehe zu seinen Lasten, weil diese Vorgänge seiner Sphäre zuzuordnen seien. Aufgrund der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2009 - Az.: B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R - sei nun geklärt, dass der Kläger die überzahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Ausführungen des SG.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 16.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2006 aufgehoben. Die Beklagte hat zu Recht die Bescheide vom 28.05.1998, 14.01.1999, 29.04.1999, 13.01.2000, 28.03.2000, 11.01.2001, 28.02.2001, 11.01.2002, 04.04.2002, 14.01.2003 sowie 25.03.2003 zurückgenommen und die Erstattung zu Unrecht gezahlter Alhi nebst zu Unrecht gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 59.982,96 EUR geltend gemacht.
Die Voraussetzungen für die Rücknahme der zugunsten des Klägers erfolgten Bewilligungen von Alhi im streitigen Zeitraum nach § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind erfüllt. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Ohne dass der Beklagten ein Ermessensspielraum zustünde, ist gemäß § 330 Abs. 2 SGB III der rechtswidrige begünstigte Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme vorliegen.
Im Rahmen der Beurteilung, ob ein Fall anfänglicher Rechtswidrigkeit der Bewilligung gem. § 45 Abs. 1 SGB X vorliegt oder nachträglich eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten ist, ist nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der genannten Anpassungs- bzw. Änderungsbescheide, sondern auf denjenigen des Erlasses der jeweiligen Bewilligungsbescheide abzustellen (vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2009, Rdnr. 5 zu § 48). In Ansehung dessen ist die Beklagte zutreffend von einer anfänglichen Rechtswidrigkeit der für die Zeit vom 03.04.1998 bis 30.09.2003 erlassenen (Weiter-)Bewilligungsbescheide im Sinne des § 45 SGB X ausgegangen.
Zunächst lässt sich - im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG - bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Bewilligungsbescheide im hier streitigen Zeitraum vom 03.04.1998 bis zum 30.09.2003 nicht feststellen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alhi vorlagen.
Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997 - BGBl. I S. 594) hat Anspruch auf Alhi, wer bedürftig ist. Gemäß § 193 Abs. 1 SGB III (idF des AFRG) ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III (idF des zum 01.01.2008 in Kraft getretenen 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 - BGBl. I S. 2970) bestimmt, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 Abs 2 SGB III wird konkretisiert durch die Regelungen der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV), die insoweit auf Grund der Verordnungsermächtigung in § 206 Nr. 1 SGB III (idF des AFRG) erlassen wurde. Das BSG hat bereits mehrmals entschieden, dass die Beklagte bei der Entscheidung über die Leistung für einen neuen Bewilligungsabschnitt gemäß § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III unabhängig von der bisherigen Bewilligung alle Voraussetzungen zu prüfen hat, mithin auch, ob vorhandenes Vermögen der künftigen Alhi-Gewährung entgegensteht. Maßstab für diese Prüfung ist allein das materielle Recht (BSG, Urteil vom 17.03.2005 - Az.: B 7a/7 AL 38/04 R -, Rdn. 12, m.w.N., zit. nach juris). Das materielle Recht sieht in § 9 der AlhiV vom 07.08.1974 (AlhiV 1974) (BGBl I 1929), die bis zum Inkrafttreten der AlhiV vom 13.12.2001 (AlhiV 2002) am 01.01.2002 geltendes Recht war, vor, dass die Bedürftigkeit nicht für die Anzahl voller Wochen besteht, die sich aus der Teilung des - nach Maßgabe des § 6 AlhiV 1974 - zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet. Hieraus hat das BSG - bezogen auf den Geltungszeitraum der AlhiV 1974 - abgeleitet, dass Vermögen bei anhaltender Arbeitslosigkeit nur einmal zu berücksichtigen ist. Bereits einmal bei der Bedürftigkeitsprüfung der Alhi zu Grunde gelegtes bzw. zu legendes Vermögen kann danach bei einem nachfolgenden Bewilligungszeitraum grundsätzlich nicht mehr Berücksichtigung finden, selbst wenn es weiterhin vorhanden ist (BSG, a.a.O., m.w.N.).
Das SG geht fehl in der Annahme, etwaiges Vermögen des Klägers bei der Antragstellung am 03.04.1998 (und bei den weiteren Alhi-Anträgen vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003) sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit im Sinne des § 193 SGB III deshalb nicht zu berücksichtigen, da dieses bereits in den Bescheiden vom 02.04. und 06.06.1997 berücksichtigt worden sei bzw. zu berücksichtigen gewesen wäre. Denn eine Berücksichtigung von Vermögen war auch während des Geltungszeitraums der AlhiV 1974 noch möglich, wenn die Beklagte im maßgeblichen Bewilligungsbescheid ausdrücklich nur die Berücksichtigung eines Teils des verwertbaren Vermögens verfügt hat (BSG, Urteil vom 17.03.2005 - Az.:B 7a/7 AL 38/04 R -, Rdn. 12 m.w.N., zit. nach juris). So ist es hier: Die Beklagte war sowohl bei Erlass ihrer Bescheide vom 02.04. und 06.06.1997 als auch im gesamten Rückforderungszeitraum davon ausgegangen, dass der Kläger lediglich über Vermögen in Höhe der bezogenen Abfindung verfügt, da sie erst im März 2007 (mit den vom SG weitergeleiteten Kontoauszügen der TCMB vom 09.02.2007) von den sich hieraus ergebenden weiteren Vermögenswerten des Klägers Kenntnis erlangt hat. Ob, wie das SG meint, zwischen dem am 05.12.1996 bei der TCMB abgehobenen Betrag von 50.000,- DM und der in den Bescheiden vom 02.04. und 06.06.1997 berücksichtigten Abfindung Vermögensidentität bestand, erscheint schon deshalb fraglich, weil der Kläger nach Erhalt der Abfindung bereits am 28.09.1994 bzw. 04.07.1995 insgesamt 35.000,- DM auf das Konto 308008758 bei der Pamuk-Bank überwiesen hat und das weitere Schicksal dieser Summe zur Überzeugung des Senats nicht mehr aufgeklärt werden kann. Denn die Pamuk-Bank ist spätestens im Jahre 2005 von der staatlichen Halk-Bank übernommen worden (Türkei, Fortschrittsbericht 2005 der Europäischen Kommission vom 09.11.2005, S. 64), welche nach den Angaben des Klägers nicht über dessen (vormalige) Kontodaten bei der Pamuk-Bank verfügt. Da der Kläger über die erhaltene Abfindung hinausgehende Vermögenswerte weder bis zum Erlass der Bescheide vom 02.04. und 06.06.1997 noch während des gesamten Rückforderungszeitraums angegeben hat, bestand für die Beklagte seinerzeit auch kein Anlass, den Verbleib des am 28.09.1994 bzw. 04.07.1995 überwiesenen Betrages in Höhe von insgesamt 35.000,- DM auf das Konto bei der Pamuk-Bank zu ermitteln. Es lag nach der seinerzeitigen Aktenlage nämlich - mangels weiterer vom Kläger angegebener Kontobewegungen, insbesondere derjenigen bei der TCMB - nahe, dass insoweit mit dem Abfindungsbetrag Vermögensidentität bestand.
Wie das SG zutreffend erkannt hat, lässt sich nicht mehr feststellen, über Vermögen in welchem Umfang der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 03.04.1998 (und bei den weiteren Alhi-Anträgen vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003) verfügt hat. So hat dieser am 03.04.1998 ausweislich des von ihm im Klageverfahren vorgelegten Kontoauszugs der TCMB vom 09.02.2007 mindestens noch über Geldeinlagen in Höhe von 38.350,00 DM verfügt, welche er gleichermaßen wie die jeweiligen zwischenzeitlichen Zinszuflüsse in den Folgejahren sowohl im Alhi-Antrag vom 03.04.1998 als auch in den Folgeanträgen verschwiegen hat. Darüber hinaus lässt sich nicht mehr feststellen, ob und ggfs. inwieweit er den am 05.12.1996 bei der TCMB abgehobenen Betrag von 50.000,00 DM verbraucht hat. Er hat sich nämlich insoweit mehrmals widersprüchlich eingelassen: Bereits in seiner Widerspruchsbegründung vom 06.05.1997 an die Beklagte (Bl. 53 d. Bekl.-Akten) hat er behauptet, über kein Vermögen mehr zu verfügen, weil er dieses zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes und seiner Frau sowie seiner bedürftigen Eltern verwendet habe. In seiner "wahrheitsgemäßen Erklärung" vom 18.11.1997 (Bl. 65 Rs. d. Bekl.-Akten) berief sich der Kläger darauf, die Abfindung in Höhe von 57.131,- DM in der Zwischenzeit restlos für eine zweimalige Pilgerreise nach Mekka sowie für Schuldentilgung in der Türkei verbraucht zu haben. Seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.02.2006 begründete er sodann damit, bei der Spareinlage bei der TCMB habe es sich im Wesentlichen um den Abfindungsbetrag gehandelt, welchen er am 05.12.1996 von jenem Konto abgehoben habe, weil sein Vater an Alzheimer erkrankt gewesen sei und ständige medizinische Maßnahmen bzw. Operationen notwendig gewesen seien; hierfür sei das komplette Geld Ende 1996/Anfang 1997 verbraucht worden (Bl. 168f. d. Bekl.-Akten). In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25.06.2009 ließ er sich hingegen dahingehend ein, sich zwar nicht mehr erinnern zu können, wofür er den Betrag in Höhe von 50.000,00 DM verwendet habe, jedoch zu glauben, hierfür in Höhe von 35.000 DM ein Auto bar bezahlt zu haben.
Gleichfalls lässt sich nicht mehr aufklären, in welchem Umfang der Kläger noch am 03.04.1998 (und bei den weiteren Alhi-Anträgen vom 01.04.1999, 20.03.2000, 19.02.2001, 28.03.2002 und 14.03.2003) über Vermögen bei der Pamuk-Bank verfügt hat, auf die der Kläger am 28.09.1994 zweimal einen Betrag in Höhe von 10.000,00 DM sowie am 14.07.1995 einen Betrag in Höhe von 15.000,00 DM, mithin insgesamt 35.000,00 DM überwiesen hat. Nachdem die Pamuk-Bank nicht mehr existiert, sondern von der Halk-Bank zwischenzeitlich übernommen wurde, sind weitere gerichtliche Ermittlungsmöglichkeiten nicht ersichtlich, nachdem der Kläger selbst vorgetragen hat, dass die Halk-Bank nicht über seine Kontodaten bei der Pamuk-Bank verfüge (Bl. 34 d. SG-Akten). Aufgrund dessen verbleiben nach Überzeugung des Senats auch unter Berücksichtigung der Bescheinigung der Halk-Bank vom 17.09.2007 (Bl. 36 der SG-Akten, Übersetzung des Prozessbevollmächtigten des Klägers Bl. 34/35 d. SG-Akten) Restzweifel, in welchem Umfang der Kläger bei der Pamuk-Bank Vermögen angelegt und am 03.04.1998 noch nicht verbraucht hatte.
Die sich nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ergebende Nichtaufklärbarkeit der Vermögenswerte des Klägers bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der (Weiter-)Bewilligungsbescheide vom 28.05.1998, 29.04.1999, 28.03.2000, 28.02.2001, 04.04.2002, sowie 25.03.2003 geht insoweit zu Lasten des Klägers. Nach allgemeinen Grundsätzen wäre zwar die Beklagte diejenige, die das Risiko der Nichterweislichkeit dieses Umstandes zu tragen hätte. Denn prinzipiell gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine bestimmte für ihn günstige Rechtsfolge herleitet (BSG, Urteil vom 24.10.1957 - Az.: 10 RV 945/55 -, zit. nach juris). Soweit die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides in Streit steht, trifft dementsprechend grundsätzlich die Behörde die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides (BSG, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 7/05 R, Rdnr. 32 m.w.N., zit. nach juris). Eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung kann jedoch dann gerechtfertigt sein, wenn in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Leistungsempfängers wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. eine besondere Beweisnähe zum Leistungsempfänger vorliegt (so BSG, a.a.O. m.w.N., Rdnr. 33). Ergibt sich demnach nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten, dass der Sphäre des Arbeitslosen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar sind, so geht dies zu dessen Lasten. Insbesondere kann sich dabei eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe daraus ergeben, dass er durch Unterlassung von Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hat (vgl. zu alledem BSG, Urteile vom 13.09.2006 - B 11a AL 19/06 R und B 11a AL 13/06 R -, zit. nach juris; Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R -, a.a.O.), oder dass ein Geldfluss nicht belegt wird mit der Folge der Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.2009 - L 12 AL 1661/08 -, zit. nach juris). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche Umkehr der Beweislast bestehen angesichts des genannten Erfordernisses der (besonderen) Beweisnähe des Arbeitslosen nicht. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist nämlich unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Versichertengemeinschaft einerseits und des Arbeitslosen andererseits ohne weiteres angemessen, die materielle Beweislast für die Nichterweislichkeit von Anspruchsvoraussetzungen nicht nur im Rahmen der Leistungsbewilligung, sondern gleichfalls im Rahmen der Aufhebung derselben der Sphäre des Arbeitslosen zuzuweisen, wenn dieser die Beweisnot selbst herbeigeführt hat. So ist es hier. Es liegt in der Verantwortungssphäre des Leistungsempfängers, bei Antragstellung vorhandenes Vermögen gegenüber der Beklagten anzugeben, selbst wenn seiner Auffassung nach dieses Vermögen bereits von der Beklagten berücksichtigt wurde. Denn ob vorhandenes Vermögen der künftigen Alhi-Gewährung entgegensteht, wäre nicht vom Kläger, sondern von der Beklagten bei der Entscheidung über die Leistung für einen neuen Bewilligungsabschnitt gemäß § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III unabhängig von der bisherigen Bewilligung auf der Grundlage des jeweils gültigen materiellen Rechts zu prüfen gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2005 - Az.:B 7a/7 AL 38/04 R -, Rdnr. 12 m.w.N., zit. nach juris).
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts dadurch unmöglich gemacht, dass er seiner nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch bestehenden Obliegenheit zur Mitteilung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht wahrheitsgemäß - wie bereits ausgeführt - nachgekommen ist. Das für die weitere Leistungserbringung ursächliche Verschweigen seiner Vermögenswerte beruht auch auf grober Fahrlässigkeit (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), da er durch das ihm am 03.04.1998 ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" (Stand: Januar 1998) hinreichend über seine Pflicht zur Mitteilung von Einkommen und Vermögen belehrt worden ist (vgl. S. 40 und S. 55 des Merkblatts vom Januar 1998). Sollte der Kläger die Hinweise im Merkblatt wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht verstanden haben, vermag ihn dies nicht zu entlasten. Nach § 19 Abs. 1 SGB X hat ein Ausländer nämlich keinen Anspruch darauf, dass ein an ihn gerichtetes Schreiben in einer anderen als der deutschen Sprache abgefasst ist. Er muss sich also, wenn er diese nicht hinreichend beherrscht, Klarheit über den Inhalt verschaffen, beispielsweise mit Hilfe eines Dolmetschers, Freunden und/oder Verwandten (BSG, Urteil vom 24.04.1997 - Az.: 11 RAr 89/96 -, Rdnr. 23, zit. nach juris).
Nach alledem war die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 03.04.1998 bis zum 30.09.2003 zwingend aufzuheben (vgl. § 330 Abs. 2 SGB III).
Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe nebst entrichteter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III (vgl. BSG, Urteile vom 07.10.2009 - Az.: B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 31/08 R -, zit. nach juris).
Liegen mithin die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vor, so ist die danach für die Aufhebung und für die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X geltende 10 Jahres Frist nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts offensichtlich ebenso wie die einjährige Handlungsfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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