L 10 U 5299/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 8030/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 5299/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.08.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente streitig.

Der am 1956 geborene Kläger erlitt am 21.11.2004 im Rahmen seiner Tätigkeit als Haustechniker der Firma M. P. D. Germany GmbH einen Arbeitsunfall, indem er nach dem Auslösen einer Sprinkleranlage auf dem Weg zur Störungsstelle in einen Abflusskanal stürzte, von dem zuvor die Platte entfernt worden war, um das Wasser abfließen zu lassen.

Im Rahmen der sich anschließenden Erstbehandlung in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Städtischen Kliniken E. fand Prof. Dr. D. ausweislich seines Durchgangsarztberichts am linken Unterschenkel eine ca. 3 cm lange oberflächliche Ablederungswunde am distalen Unterschenkel ventralseits, die durch eine chirurgische Naht versorgt wurde, sowie im Bereich des Thorax einen Druckschmerz über der 8. bis 10. Rippe ventro-lateral links. Im Hinblick auf das Röntgenergebnis des knöchernen Hemithorax links äußerte er den Verdacht auf eine nicht dislocierte Fraktur der 7. Rippe links. Nach erfolgter Wundversorgung wurde der Kläger zur ambulanten Weiterbehandlung arbeitsunfähig bis voraussichtlich 30.11.2004 entlassen.

Am 22.11.2004 stellte sich der Kläger bei dem Arzt für Chirurgie Dr. B. vor und klagte über Schmerzen im linken Thorax und der linken Schulter. In seinem Nachschaubericht beschrieb Dr. B. linksseitig eine Einschränkung der Abduktion mit schmerzhaftem Bogen; der Nacken- und Schürzengriff sei nicht vollständig durchführbar gewesen. Die veranlassten Röntgenaufnahmen der linken Schulter erbrachten keinen Hinweis für eine knöcherne Verletzung; die Sonographie der linken Schulter zeigte eine normalkalibrig intakte Rotatorenmanschette und Bizepssehne ohne Flüssigkeit subacromial. Diagnostisch ging Dr. B. von einer Schulterprellung links aus. Weitere Vorstellungen bei Dr. B. erfolgten am 26.11. und 03.12.2004. Zu dem vorgesehenen Weiterbehandlungstermin am 12.01.2005 erschien der Kläger nicht mehr, worauf Dr. B. der Beklagten die Entlassung aus der ambulanten Behandlung zum 03.12.2004 und das Vorliegen von Arbeitsfähigkeit ab 11.12.2004 mitteilte.

Nachdem beim Kläger vom 07.02. bis 09.03.2005 und ab 21.04.2005 wegen einem cervikalen Bandscheibenschaden Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden war, wandte er sich mit Schreiben vom 28.04.2005 an die Beklagte, legte den Unfallhergang dar und führte aus, er sei knapp drei Wochen nach dem Unfall trotz Schmerzen im Genick und nachfolgend auch im rechten Arm wieder arbeiten gegangen. Im Februar 2005 habe er sich wegen unerträglichen Genick- und Armbeschwerden wieder behandeln lassen müssen, wobei anlässlich der Untersuchungen ein Bandscheibendefekt C6/C7 festgestellt worden sei. Am 01.04.2005 sei er gekündigt worden und nunmehr ohne Beschäftigung. Es liege eine große Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vor, zumal er schon seit März 1996 eine Behinderung von 40% habe. Er legte den Befund der am 21.02.2005 durchgeführten MRT der HWS vor sowie u.a. den Bescheid des Versorgungsamts S. vom 10.05.1996, nach dem der Grad der Behinderung (GdB) beim Kläger 40 beträgt (Behinderungen: Bandscheibenoperation C5/6 mit ventraler Fusion und bei L4/5, Armschwäche rechts, Fuß- und Zehenheberschwäche links). Die Beklagte holte die Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Th. ein, der es nicht für wahrscheinlich erachtete, dass die vom Kläger angegebenen Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen seien. Dagegen spreche der Unfallhergang und der Erstbefund ohne Beschwerdeangaben im Nacken sowie der Umstand, dass im weiteren Verlauf bis zum Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit keine Nackenbeschwerden dokumentiert seien. Im Übrigen sei der Kläger bereits Mitte der 90er-Jahre wegen Bandscheibenprotrusionen operativ mit Versteifung der Segmente C5/6 sowie L4/5 versorgt worden. Zudem habe die MRT-Untersuchung vom 21.02.2005 multiple Bandscheibenzerrüttungen unterschiedlichen Ausmaßes gezeigt. Hierüber informiert machte der Kläger geltend, seine Nackenprobleme seien unfallbedingt, vorher sei er komplett beschwerdefrei gewesen. Nach Beiziehung des Vorerkrankungsverzeichnisses der A E. veranlasste die Beklagte das Gutachten des Prof. Dr. H. , Ärztlicher Direktor der Neurochirurgischen Klinik im K. Hospital S. , auf Grund Untersuchung vom 26.07.2005. Dieser beschrieb eine sich in zeitlichem Abstand von zwei Tagen zum Unfallereignis langsam progredient entwickelnde Zervikobrachialgie rechts mit sensiblen Ausfällen, die seither persistiere. Diese Beschwerden seien Folge eines Bandscheibenschadens und erheblicher degenerativer Veränderungen mit Retrospondylose und Forameneinengung in Höhe C6/7. Zusätzlich bestehe kernspintomographisch ein deutlicher Bandscheibenvorfall C4/5 rechtsbetont, der abgesehen von einer leichten Sensibilitätsstörung im Schulterbereich rechts als asymptomatisch zu bewerten sei. Bereits 1995 sei ein Bandscheibenschaden in Höhe C6/7 beschrieben worden. Gegen eine traumatische Genese des Bandscheibenvorfalls spreche die Latenz von ca. zwei Tagen bis zum Symptombeginn, ferner das Fehlen von Begleitverletzungen. Allerdings erscheine das vorliegende Trauma geeignet, ein vorbestehendes Wirbelsäulenleiden im Sinne einer nicht richtungsweisenden Verschlimmerung zu beeinflussen, wobei das Unfallereignis das Beschwerdebild zu maximal 25% und die degenerativen Veränderungen zu mindestens 75% ausmachten. Zur Frage der unfallbedingten MdE vermochte sich der Gutachter nicht zu äußern, da die therapeutischen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft waren. Zu diesem Gutachten holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Th. ein, der das Gutachten teilweise für widersprüchlich erachtete, daraus jedoch ableitete, dass es zu einer vorübergehenden unfallbedingten Verschlimmerung gekommen sei, wobei unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit für mehr als acht bis maximal zehn Wochen nicht wahrscheinlich gemacht werden könne. Die nach Angaben des Klägers im Februar 2005 eingetretene Arbeitsunfähigkeit sei im Zusammenhang mit dem unfallunabhängigen Vorschaden zu werten.

Mit Bescheid vom 04.10.2005 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls zu gewähren. Bei dem Ereignis vom 21.11.2004 sei es zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der umfangreichen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule gekommen, wodurch eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit von zehn Wochen wahrscheinlich sei. Unabhängig von dem Arbeitsunfall liege eine erheblich degenerativ vorgeschädigte Wirbelsäule vor. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.11.2005).

Am 15.12.2005 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, auf seine irreparablen Halswirbelsäulenschäden und die hierdurch bedingten Beschwerden (Genick- und Kopfschmerzen, Schulter- und Armschmerzen rechts, Taubheitsgefühle im rechten Daumen, Zeige- und Mittelfinger) verwiesen, durch die er sich tagsüber kaum selbständig bewegen könne, und geltend gemacht auf Grund dieser Schädigung seiner letzten Tätigkeit nicht mehr nachgehen zu können, weshalb die Gewährung von Rente geboten sei.

Das SG hat das Gutachten des Dr. G. , Facharzt für Neurochirurgie in der Universitätsklinik für Neurochirurgie T. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 29.08.2006 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Kläger liege insbesondere ein rechtsseitiges Wurzelkompressionssyndrom C7 mit begleitenden ausgeprägten Zervikobrachialgien und degenerative Veränderungen des Bandscheibenfaches HWK 6/7 rechts betont vor. Im Hinblick auf das klinische Bild nach dem Unfallereignis mit Auftreten der Symptomatik zwei bis drei Tage nach dem Vorfall und keinerlei Dokumentation einer zervikobrachialgieformen Symptomkonstellation durch die erstbehandelnden Ärzte erachte er eine direkte Traumafolge als unwahrscheinlich, zumal sich auch nach dem Unfall keine bildmorphologischen Korrelate (Frakturen, Bandverletzungen, Fehlstellungen), die für eine gravierende traumabedingte Verletzung der HWS sprächen, finden ließen. Die deutliche MdE stehe nicht in unmittelbarem und ursächlichem Zusammenhang mit den Unfallfolgen. Vielmehr hätten bereits zuvor ausgeprägte degenerative Veränderungen bestanden, die bereits Jahre vor dem Unfall eine operative Behandlung erforderlich gemacht hätten. Durch das Unfallereignis sei allenfalls eine Akzentuierung der vorbestehenden hochgradigen HWS-Degenerationen möglich. Ein wesentlicher und richtungsweisender Ursachenzusammenhang zwischen der aktuellen klinischen und bildmorphologischen Konstellation und dem Unfallereignis hat der Sachverständige nicht gesehen. Mit Urteil vom 06.08.2007 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. H. und insbesondere des Dr. G. mit der Begründung abgewiesen, ein wesentlicher Zusammenhang zwischen den HWS-Beschwerden des Klägers und dem Unfallereignis sei nicht hinreichend wahrscheinlich.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 11.10.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.11.2007 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, er sei bei seinem Sturz mit Wucht auf den Betonboden aufgeprallt. Es habe sich um einen schweren Unfall gehandelt, der geeignet sei, bleibende Schäden zu verursachen. Er habe zwar auch vor dem Unfallereignis bereits gesundheitliche Probleme gehabt, solche hätten allerdings zum Zeitpunkt des Unfalls und in der Zeit davor nicht bestanden. Erst nach dem Unfallereignis seien diese massiv aufgetreten und hätten sich seither verschlimmert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.08.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.11.2005 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Dr. R. , Facharzt für Neurochirurgie in der S Klinik E. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 30.04.2008 eingeholt. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, dass der Kläger bei dem Unfall eine HWS-Distorsion erlitt. Der erfolgte unkontrollierte Sturz in einen Schacht mit Thoraxprellung und Aufschlagen mit dem Gesicht sei ein geeigneter Unfallmechanismus, da hierbei erhebliche Kräfte auf die HWS eingewirkt hätten. Entsprechende Beschwerden könnten sich durchaus mit einer Verzögerung von ein bis zwei Tagen als Verspannung mit Bewegungseinschränkung aufbauen. Auf Grund der vorbestehenden degenerativen Veränderungen der HWS sei von einem verzögerten Heilverlauf von sechs bis zwölf Monaten oder länger auszugehen. Die MdE schätzte Dr. R. bis zum Ende des ersten Halbjahres auf 30 vom Hundert (v. H.), bis zum Ende des zweiten Jahres auf 20 v. H. und für unbestimmte Zeit auf 10 bis 20 v. H.

Die Beklagte hat hiergegen eingewandt, eine HWS-Distorsion sei nicht nachzuweisen; es sei nicht ausreichend, dass ein Unfallereignis geeignet sei, eine solche zu verursachen. Soweit der Sachverständige zu Grunde gelegt habe, dass Nackenschmerzen zwei bis drei Tage nach dem Unfall aufgetreten seien, sei dies nicht belegt. Der Kläger habe erstmals in seinem Schreiben vom 28.04.2005 von im Zusammenhang mit dem Unfall aufgetretenen Genickschmerzen berichtet. Auch die Ausführungen des Sachverständigen zur MdE seien nicht nachvollziehbar.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessen gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 04.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat wegen Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.11.2004 keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens auf Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Das SG hat vielmehr zutreffend ausgeführt, dass die beim Kläger vorliegenden, von der Halswirbelsäule ausgehenden Beeinträchtigungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 21.11.2004 zurückzuführen sind. Der Senat teilt die Auffassung des SG, schließt sich dessen Ausführungen an und verweist daher zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.

Der Senat weist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers, wonach er vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei und seiner Arbeit habe nachgehen können, darauf hin, dass zwar zuzugeben ist, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden besteht. Der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn kann jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen muss vielmehr positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.).

Grundlage des im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik des Klägers stehenden rechtsseitigen Wurzelkompressionssyndroms C7 mit begleitenden ausgeprägten Zervikobrachialgien sind degenerative Veränderungen des Bandscheibenfaches HWK 6/7 rechts betont. Darüber hinaus finden sich im Bereich der Halswirbelsäule ausgeprägte degenerative Veränderungen in Form von Osteochondrosen auch im Bereich HWK 3/4 und HWK 4/5, die in Höhe HWK 4/5 rechts betont und HWK 6/7 links ausgeprägter als rechts sind und von einer dorsalen Spondylose begleitet werden. In Höhe HWK 3/4 zeigt sich darüber hinaus ein medianer Bandscheibenprolaps, in Höhe HWK 4/5 ein mediolateraler rechtsseitiger Prolaps und in Höhe HWK 6/7 ein bereiter medianer Vorfall. Bei dem Krankheitsbild der Osteochondrose handelt es sich um chronisch fortschreitende Veränderungen im Bereich der Knochen, die sich im Sinne einer Skelettalterung entwickeln. Nachdem die Bandscheibenvorfälle C 4/5, C 5/6 und C 6/7 bereits im MRT-Befund vom Januar 1995 beschrieben sind und schon seinerzeit eine operative Versorgung im Bereich C 5/6 notwendig machten, ist beim Kläger auch von einer chronischen degenerativen Bandscheibenerkrankung auszugehen, die zum Unfallzeitpunkt bereits erheblich fortgeschritten war. Der Annahme einer erheblichen Vorschädigung der Halswirbelsäule steht nicht entgegen, dass der Kläger zeitlich vor dem Unfall von Seiten der Halswirbelsäule beschwerdefrei war und seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen konnte. Denn entsprechende, mit bildgebenden Verfahren dokumentierbare Veränderungen können durchaus stumm verlaufen; sie korrelieren nicht zwangsläufig mit erheblichen chronischen Schmerzsyndromen, wie sie beim Kläger zeitlich nach dem in Rede stehenden Unfallereignis aufgetreten sind. Da beim Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses somit eine erheblich vorgeschädigte Halswirbelsäule vorlag, hat das Unfallereignis den Gesundheitsschaden, von dem nunmehr die Beschwerden ausgehen, nicht hervorgerufen, sondern lediglich auf einen vorbestehenden Gesundheitsschaden eingewirkt und diesen möglicherweise verschlimmert.

Allerdings vermag sich der Senat ebenso wenig wie das SG von der Wahrscheinlichkeit einer unfallbedingten Verschlimmerung zu überzeugen. Gegen eine unfallbedingte Verschlimmerung spricht der Umstand, dass weder Prof. Dr. D. , der den Kläger noch am Unfalltag untersuchte, klinisch eine zervikobrachialgieforme Symptomkonstellation beschrieb noch Dr. B. , bei dem der Kläger sich am Folgetag vorstellte. Schilderungen des Klägers über das Vorliegen einer entsprechenden Beschwerdesituation sind auch weder im Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. D. dokumentiert noch im Nachschaubericht des Dr. B ... Prof. Dr. D. beschrieb neben der Beinverletzung lediglich Thoraxbeschwerden des Klägers, worauf eine entsprechende Röntgenuntersuchung durchgeführt wurde. Gegenüber Dr. B. gab der Kläger neben den Thoraxbeschwerden zusätzlich lediglich Schulterbeschwerden links an, worauf die linke Schulter röntgenologisch und sonographisch untersucht wurde. Hinweise darauf, dass beim Kläger am Unfall- oder Folgetag auch zervikobrachialgieforme Beschwerden aufgetreten sind, ergeben sich somit nicht. Auch die angesprochenen Röntgen- und. Sonographieuntersuchungen brachten keine Hinweise auf Frakturen, Bandverletzungen oder Fehlstellungen, die auf eine gravierende traumabedingte Verletzung der Halswirbelsäule hindeuten könnten. Eine zum Unfallereignis zeitnah bestehende Schmerzsymptomatik im Bereich der HWS ist somit nicht belegt. Schon deshalb ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den HWS-Beschwerden nicht als wahrscheinlich anzunehmen.

Soweit der Kläger im Juli 2005 anlässlich der gutachtlichen Untersuchung durch Prof. Dr. H. angab, zwei Wochen nach dem Unfall sei es zu einer massiven Beschwerdezunahme mit Zervikalgien, die in den rechten Arm ausgestrahlt hätten, gekommen, er allerdings schon am Tag nach dem Unfall leichte Nackenschmerzen verspürt habe, hat der Senat erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben. Denn die vom Kläger für einen Zeitpunkt zwei Wochen nach dem Unfall angegebene massive Beschwerdezunahme mit ausstrahlenden Zervikalgien - die dann Anfang Dezember 2004 aufgetreten sein müsste - lässt sich weder in Einklang bringen mit der Tatsache, dass er den nach dem 03.12.2004 bei Dr. B. vorgesehenen Weiterbehandlungstermin nicht wahrnahm noch mit der dann wenige Tage später erfolgten Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit als Haustechniker, die er, ohne dass Arbeitsunfähigkeitszeiten auftraten, dann ununterbrochen bis zur erneuten Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab 07.02.2005 fortführte. Für den Senat ist angesichts all dessen nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen, dass der vorbestehende Gesundheitsschaden des Klägers durch das Unfallereignis vom 21.11.2004 rechtlich wesentlich verschlimmert wurde.

Auch das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Dr. R. rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Dieses Gutachten leidet bereits deshalb an einem erheblichen Mangel, weil der Sachverständige seiner Beurteilung einen Gesundheits(erst)schaden, nämlich eine HWS-Distorsion zugrunde gelegt hat, obwohl keiner der den Kläger zeitnah behandelnden Ärzten eine entsprechende Diagnose stellte oder zumindest Befunde dokumentiert hat, die eine entsprechende diagnostische Zuordnung rechtfertigen könnten. Zutreffend hat die Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass zwar die Möglichkeit besteht, dass das Unfallereignis schwer genug war, um eine HWS-Distorsion zu verursachen, ob beim Kläger aber tatsächlich eine HWS-Distorsion verursacht wurde, hieraus nicht notwendiger Weise gefolgert werden kann. Denn auch bei einem Ereignis, das schwer genug ist, eine bestimmte Folge zu verursachen, ist nicht zwingend, dass diese Folge auch tatsächlich eintritt. Die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung muss - wie oben bereits dargelegt - aber erwiesen sein, was bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens den vollen Beweis für das Vorliegen der entsprechenden Tatsachen erfordert, wobei der Nachteil der Nichterweislichkeit dieser anspruchsbegründenden Tatsache nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers geht. Da der Eintritt einer HWS-Distorsion nach diesen Grundsätzen nicht festzustellen ist, kann der genaue Ablauf des Sturzes letztlich offen bleiben. Damit braucht auch der Frage nicht weiter nachgegangen werden, ob der Kläger - wie von Dr. R. zugrunde gelegt und vom Kläger behauptet - bei dem Sturz tatsächlich mit dem Gesicht auf den Boden aufschlug, wofür sich weder im Durchgangsartbericht des Prof. Dr. D. noch im Nachschaubericht des Dr. B. Anhaltspunkte finden lassen, sei es durch eine Beschreibung des Unfallhergangs oder entsprechende Beschwerdeangaben des Klägers oder klinisch feststellbare Verletzungen. Der vom Kläger für notwendig befundenen Ortsbesichtigung oder Befragung von Zeugen bedarf es daher gleichermaßen nicht.

Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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