L 9 AL 399/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 1777/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 399/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 191/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Arbeitsloser ist zur Vermeidung des Eintritts einer Sperrzeit vor endgültiger Ablehnung eines Arbeitsangebots grundsätzlich verpflichtet, alle zumutbaren arbeitsrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Beseitigung der störenden Umstände herbeizuführen. Anderenfalls fehlt es insoweit an einem wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 S.1 SGB III.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 14. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind eine Sperrzeit von drei Wochen (vom 21. Februar bis 12. März 2004), die Rückforderung des Arbeitslosengeldes in Höhe von 238,32 Euro und die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 21 Tage.

Der am 21.Juli 1950 in Äthiopien geborene Kläger war von Dezember 1996 bis Januar 2001 als Taxifahrer, von April 2001 bis November 2002 als Lagerarbeiter und zuletzt von Juli 2003 bis September 2003 für die B. AG in B-Stadt als Gabelstaplerfahrer tätig. Seit 22. September 2003 übte er nach seinen eigenen Angaben noch eine Nebentätigkeit mit weniger als 15 Stunden wöchentlich bei der Firma D. GmbH als gewerbliche Aushilfe aus. Er meldete sich zum 16. September 2003 arbeitslos und bezog ab diesem Tag Arbeitslosengeld.

Die Beklagte unterbreitete ihm am 20. Januar 2004 ein mit Rechtsfolgenbelehrung versehenes Stellenangebot der Firma I. Personalleasing GmbH für die Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer mit langjähriger Berufserfahrung. Nach Angaben dieser Firma hatte der Kläger zuletzt einen Vorstellungstermin am 21. Januar 2004 wegen Kopfwehs abgesagt und war dann auf Druck dieser Firma am Nachmittag erschienen. Ein Arbeitsvertrag kam nicht zu Stande, weil er angab, er müsse noch mit dem Arbeitsamt klären, ob er die Arbeit überhaupt machen dürfe. Bei einer weiteren persönlichen Vorsprache beim Arbeitsamt lehnte der Kläger die angebotene Arbeit endgültig mit der Begründung ab, er müsse hier bis 10 Stunden täglich arbeiten. Der Kläger teilte der Firma I. Personalleasing GmbH gleichfalls mit, dass er sich weigere, die bei der Firma F. vorgesehene Arbeit für einen Einsatz in der Messe R. vom 26. Januar 2004 bis 5. Februar 2004 aufzunehmen.

Die Beklagte stellte die Zahlung des Arbeitslosengeldes mit dem 29. Februar 2004 ein. Mit Bescheid vom 28. April 2004 stellte sie fest, dass wegen Vereitelung des Zu-Stande-Kommens eines Beschäftigungsverhältnisses eine Sperrzeit vom 21. Februar bis 12. März 2004 eingetreten sei; sie mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 21 Tage, und der Kläger sei zur Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengelds vom 21. Februar bis 29. Februar 2004 in Höhe von 238,32 Euro verpflichtet. Der Betrag werde gegen seine Ansprüche auf Geldleistungen in voller Höhe aufgerechnet.

Der Kläger ließ hiergegen am 25. Mai 2004 zur Fristwahrung durch den DGB Widerspruch einlegen. Der neue Bevollmächtigte des Klägers machte geltend, dass der Kläger nicht bereit sei, regelmäßig über 10 Stunden täglich hinaus zu arbeiten. Die Firma I. Personalleasing GmbH teilte der Beklagten am 7. Oktober 2004 telefonisch mit, dass der Kläger nur gelegentlich bis 10 Stunden täglich hätte arbeiten müssen; nach dem einschlägigen Tarifvertrag des Bayerischen Speditions-Logistikgewerbes betrage die regelmäßige Arbeitszeit 38,5 Stunden wöchentlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe durch sein Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber das Zu-Stande-Kommen eines Arbeitsverhältnisses vereitelt, obwohl er mit Schreiben vom 20. Januar 2004 über die Rechtsfolgen belehrt worden ist. Die angebotene Tätigkeit habe seiner Qualifikation entsprochen und die Entlohnung den tariflichen Bedingungen. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund für sein Verhalten gehabt, da lediglich gelegentlich eine Arbeitszeit von 10 Stunden täglich vorgesehen gewesen ist. Das zu Unrecht bezogene Arbeitslosengeld sei zurückzuerstatten, und die Dauer des Leistungsanspruchs mindere sich um die Anzahl der Tage der Sperrzeit (21 Tage).

Hiergegen hat der Kläger am 18. November 2004 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben. Die rückwirkende Aufhebung der Leistungen sei rechtswidrig, die angebotene Tätigkeit sei wegen der üblichen Arbeitszeit von 07.30 bis 20:00 Uhr nicht zumutbar gewesen. Gegen den zuständigen Mitarbeiter des Arbeitsamtes solle ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz eingeleitet werden.

Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 3. Januar 2005 noch einmal darauf hingewiesen, dass nach Angaben des Arbeitgebers nur gelegentlich eine Arbeitszeit von 10 Stunden verlangt würde.

Das SG hat mit Urteil vom 14. September 2005 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht in der Zeit vom 21. Februar 2004 bis 19. März 2004 den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit festgestellt. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund gehabt, die ihm von der Firma I. Personalleasing GmbH angebotene Arbeit als Gabelstaplerfahrer bei einem Unternehmen bei einer Messe in B-Stadt R. abzulehnen. Nach den glaubwürdigen Auskünften des vorgeschlagenen Arbeitgebers sei vom Kläger keine ungesetzliche Arbeit verlangt worden, sondern eine gelegentliche Arbeitszeit von täglich bis zu 10 Stunden. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten gewesen, dass er seit Februar 2004 eine Nebenbeschäftigung ausübte. Diese Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 12 bis 13 Stunden wäre ihm neben der vorgeschlagenen Arbeitsstelle nicht mehr möglich gewesen. Im Übrigen hat das SG sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheides bezogen.

Mit der dagegen eingelegten Berufung vom 21. Oktober 2005 macht der Kläger wieder geltend, die Zeitarbeitsfirma habe ihm mitgeteilt, dass eine Arbeitszeit von 07.30 bis 20:00 Uhr in den Zeiten vor der Messeeröffnung nicht unüblich sei. Das Arbeitsangebot sei ihm wegen Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz - die tägliche übliche Arbeitszeit betrage danach acht Stunden - nicht zumutbar gewesen. Ferner habe der vorgesehene Arbeitsvertrag eine Klausel über eine Vertragsstrafe für den Fall der Nichteinhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist enthalten. Die Ausführungen des SG zu seiner Nebentätigkeit seien nicht nachvollziehbar.

Hierauf hat die Beklagte entgegnet (Schriftsatz vom 2. März 2006), dass gelegentliche Überschreitungen der üblichen Arbeitszeit von acht Stunden nicht gegen das Arbeitszeitgesetz verstießen. Der Kläger habe allein auf den bloßen Verdacht hin, es könne zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz kommen, die Aufnahme der Beschäftigung vereitelt. Es wäre ihm nach der Rechtsprechung zuzumuten gewesen, die Stelle anzunehmen und, sofern es tatsächlich zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz gekommen wäre, ein Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen, um eventuelle Missstände abzustellen. Auch die Klausel einer Vertragsstrafe bei Verstößen gegen die Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag stehe der Aufnahme der Tätigkeit nicht entgegen. Sofern sich die behauptete Klausel im Rahmen des gesetzlich Zulässigen befindet, sei die angebotene Tätigkeit nicht als unzumutbar zu betrachten.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt, den Mitarbeiter der I.-Personalleasing GmbH (H.) als Zeugen zu hören. Ferner beantragt er, das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. September 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 Euro. Auch wenn die Rückforderung des Arbeitslosengeldes lediglich 238,32 Euro beträgt, ist zu berücksichtigen, dass durch die zusätzliche Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um drei Wochen (wöchentlich 131,11 Euro) der Grenzwert überschritten wird. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 31. Januar 2006 NZS 2006, 550; siehe auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144, Rdnr. 15) bemisst sich bei einer Sperrzeit der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG ausschließlich nach der Höhe des streitigen Geldbetrages. Bezüglich der Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (§ 128 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch III - SGB III) stützt sich der Senat bei der Wertermittlung auf diesen Betrag, da es sich hier um eine vertretbare, von den Prozessbeteiligten akzeptierte Größe handelt, die den wirtschaftlichen Wert der Anspruchsminderung repräsentiert. Der Betrag des ruhenden Arbeitslosengeldes wird durch die gleichzeitige Kürzung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nicht erhöht (§ 128 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch III - SGB III). Der Minderungstatbestand wurde vom Gesetzgeber zum Schutz der Solidargemeinschaft der Beitragszahler zusätzlich eingeführt, weil ansonsten die Sperrzeit nur eine zeitliche Verschiebung des Leistungsbeginns bewirkt. Die Minderung bezieht sich auf den Zeitraum, für den Leistungen zu erbringen wären. Es gilt der Grundsatz, dass sich die Dauer des Leistungsanspruchs um die Dauer der Sperrzeit verkürzt, es sei denn, es liegt zwischen dem die Sperrzeit begründendem Ereignis und der Entstehung des Anspruchs mehr als ein Jahr (§ 128 Abs. 2 Satz 2 SGB III).

Das BSG (a.a.O). und das LSG Saarland (Urteil vom 24.01.2006, L 6 AL 22/04) haben entschieden, dass es bei einer auf eine Sperrzeit gestützten Rückforderung für die Berechnung des Beschwerdewertes auf eine mögliche, nicht streitgegenständliche Minderung der Anspruchsdauer nicht ankommt. Dies bedeutet, dass im hier anders gelagerten Fall die Minderung der Anspruchsdauer einzubeziehen ist, weil die Beklagte diese Minderung in den angefochtenen Bescheiden festgestellt hat, wobei es irrelevant ist , ob diese Minderung während der Dauer der Sperrzeit oder am Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld eingreift. Für den Senat ist hier wesentlich, dass die beiden Rechtsfolgen der Sperrzeit (Ruhen des Leistungsanspruchs und Minderung der Anspruchsdauer) Inhalt der angefochtenen Bescheide sind (vgl. Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 144, Rdnr. 181).

Die Berufung ist unbegründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für die Dauer der Sperrzeit aufgehoben und das zu Unrecht geleistete Arbeitslosengeld zurückgefordert. Denn gemäß § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X) sind die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

Die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes gemäß § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen ist oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 S. 2 SGB X). § 48 Abs. 4 SGB X verweist unter anderem auf die Handlungsfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X, wonach die Behörde den Änderungsbescheid innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erlassen muss, die die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Unter Abweichung der in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X enthaltene Ermessensregelung (" soll") schreibt § 330 Abs. 3 SGB III vor, dass der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist, wenn die in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorliegen. Dies bedeutet, dass die Beklagte bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ab diesem Zeitpunkt (auch bei sog. atypischen Fällen) die Bewilligung aufzuheben, also eine gebundene Entscheidung zu treffen hat (Niesel, a.a.O., § 330, Rdnr. 50).

Die Beklagte stützt sich bei der Aufhebung zu Recht auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X, denn der Kläger war durch den Vermittlungsvorschlag mit der unstreitig erteilten Rechtsfolgenbelehrung durch die Beklagte ausreichend darüber informiert, dass der Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsvereitelung zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führt (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Bei der Arbeitsvereitelung handelt es sich um eine wesentliche Änderung, da die Beklagte aufgrund der Ruhensfolge wegen einer Sperrzeit das Arbeitslosengeld nicht hätte auszahlen dürfen. Der Kläger hätte bereits bei Erhalt des Vermittlungsvorschlags aufgrund einfachster und nahe liegender Überlegungen erkennen können, dass die Ablehnung des Vermittlungsvorschlags für ihn finanziell nachteilige Folgen hat.

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung erfüllt. Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt z.B. nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III vor, wenn der bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldete Arbeitnehmer (§ 37b) oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Ablehnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zu-Stande-Kommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung). Gemäß § 144 Abs. 4 SGB III beträgt die Sperrzeit bei Arbeitsablehnung mindestens drei Wochen. Der Arbeitslose hat nach § 144 Abs. 1 S. 4 SGB III die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen.

Das Vermittlungsangebot der Beklagten war für den Kläger zumutbar, und er hatte keinen Grund für die Ablehnung dieses Arbeitsangebotes. Der Eintritt einer Sperrzeit wegen Ablehnung einer Beschäftigung setzt voraus, dass das Angebot ausreichend bestimmt ist, es nicht gegen die Grundsätze sachgerechter Arbeitsvermittlung verstößt, dem Arbeitslosen zumutbar ist und außerdem mit einer zureichenden Rechtsfolgenbelehrung verbunden ist bzw. mit ihr im Zusammenhang steht. Die Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung erfordert ein vorwerfbares, jedoch kein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Arbeitslosen (BSG vom 14. Juli 2004 SozR4-4300 § 144 Nr. 8; Curkovic in Mutschler u.a., SGB III, 3. Aufl., § 144, Rdnr. 52, 53 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hatte es sich um ein hinreichend bestimmtes und nicht gegen die Grundsätze sachgerechter Arbeitsvermittlung verstoßendes Arbeitsangebot gehandelt. Es ist ausreichend konkretisiert gewesen hinsichtlich der Art der Tätigkeit und auch des Arbeitgebers. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem Zweck der Konkretisierungspflicht schon dann genügt wird, wenn der Arbeitslose, wie hier, aufgrund der Angaben im Vermittlungsvorschlag über die in Frage stehende Tätigkeit in Kenntnis gesetzt ist und in die Lage versetzt wird, ein Vorstellungsgespräch mit dem künftigen Arbeitgeber zu vereinbaren. Der Arbeitgeber kann hier auch ein Verleiher sein (BSG vom 8. November 2001 SozR3-4300 § 144 Nr. 7).

Der Kläger war vor seiner endgültigen Ablehnung des Arbeitsangebots auch über die wesentlich prägenden Merkmale der Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer informiert, insbesondere über die gelegentlich anfallenden längeren Arbeitszeiten. Die hierzu vom Arbeitgeber gemachten Angaben, dass ab und zu eine Arbeitszeit von 10 Stunden anfällt, sind nach der Überzeugung des Senats glaubwürdig, da der Arbeitgeber sich auch auf den einschlägigen Tarifvertrag mit einer wirklichen Arbeitszeit von 38, 5 Stunden bezogen hat. Unabhängig davon gilt, dass der Arbeitslose Unklarheiten bezüglich der Arbeitsbedingungen entweder über die Arbeitsagentur oder dem künftigen Arbeitgeber zu klären hat. Er kann sich nicht im Nachhinein darauf berufen, dass das Arbeitsangebot unzureichend konkretisiert war, wenn er von dem Recht zur Ablehnung eines seiner Ansicht nach fehlerhaften Angebots zunächst keinen Gebrauch gemacht hat, sondern aufgrund des ihm unterbreiteten Angebots Kontakt mit dem künftigen Arbeitgeber aufnimmt und sich dadurch selbst die Gelegenheit verschafft, bisher fehlende Informationen über das Arbeitsangebot zu erhalten (z.B. BSG vom 21.07.1981 BSGE 52, 63, 90 ff.). Das von der Beklagten unterbreitete Arbeitsangebot hat den Grundsätzen der sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen und war für den Kläger zumutbar. Die Arbeitsvermittlung durch die Arbeitsagentur umfasst alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Arbeitssuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Die Agentur für Arbeit darf aber nicht vermitteln, wenn ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt (§ 36 Abs. 1 SGB III). Welche Beschäftigungen dem Arbeitslosen zumutbar sind, ist in § 121 SGB III geregelt. Danach muss der Arbeitslose grundsätzlich jede Arbeit annehmen und ausüben, die er annehmen und ausüben kann und darf, die ihn objektiv nicht überfordert (Mutschler, a.a.O., § 144, Rn. 60). Eine Beschäftigung ist nicht zumutbar, wenn sie u.a. gegen gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen über Arbeitsbedingungen verstößt (§ 121 Abs. 2 SGB III). Irrelevant ist somit die Ansicht des Klägers, dass er mit Aufnahme der angebotenen Vollzeitbeschäftigung die Teilzeittätigkeit hätte aufgeben müssen. Denn die Vermittlung in eine Tätigkeit zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit hat Vorrang (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Entgeltleistungen sind nur nachrangig zu erbringen (§ 4 Abs. 1 SGB III; siehe auch LSG NRW, Urteil vom 25.03.2003, L 1 AL 43/02).

Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit nicht ein, wenn der Arbeitslose für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt hat. Eine Sperrzeit soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nur eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft bzw. der Allgemeinheit ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der Arbeitnehmer erfolglos einen zumutbaren Versuch unternommen hat, diesen Grund zu beseitigen, oder wenn von vornherein feststeht, dass ein solcher Versuch erfolglos geblieben wäre. Ein Abhilfeversuch ist nur dann nicht erforderlich, wenn er von vornherein aussichtslos ist. Unzumutbar ist der Versuch, wenn die individuellen Umstände, insbesondere das Verhalten des Arbeitgebers, die Annahme rechtfertigen, dass eine Vorsprache keinerlei Aussicht auf Erfolg hat (BSG vom 08.02.2003, Breithaupt 2003, 520 ff.)

Dies ist entgegen dem Kläger bezüglich der Dauer der Arbeitszeit hier nicht der Fall. Auch wenn nach § 3 Arbeitszeitgesetz die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf, sieht diese gesetzliche Regelung jedoch vor, dass sie auf bis zu 10 Stunden verlängert werden kann, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Damit enthält die gesetzliche Regelung die Möglichkeit der Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit, wenn ein Ausgleich geschaffen wird, der den durchschnittlichen Achtstundentag aufrecht erhält. Dasselbe gilt auch für eine zulässige Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 11 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz. Diese Verlängerung der täglichen Arbeitszeit ist an keine Voraussetzungen gebunden. Sie kann ohne Weiteres in Anspruch genommen werden und führt dazu, dass die Überschreitung der Höchstarbeitszeit von acht Stunden weder ordnungswidrig noch strafbewehrt ist. Diese Regelung ist das Kernstück der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Danach sind ohne Weiteres alle Möglichkeiten zur Gleitzeit, Überarbeit, Vor- und Nacharbeit und Nebenarbeit möglich, solange am jeweiligen Tag die Arbeitszeit ohne Pausen sich in der Grenze von 10 Stunden hält. Über 10 Stunden hinaus kann nur nach § 7 Arbeitszeitgesetz aufgrund tariflicher Regelung bei Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst oder in den Fällen des § 14 Arbeitszeitgesetz (außergewöhnliche Fälle), außerdem nach Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 15 Arbeitszeitgesetz (Bewilligung, Ermächtigung, z.B. für Bau- und Montagestellen) gearbeitet werden (Neumann/Biebl, Arbeitszeitgesetz, 15. Aufl., § 3 Rdnrn. 5 ff).

Damit war der Kläger nicht von vornherein berechtigt, wegen seiner Befürchtung, der künftige Arbeitgeber würde gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen, die angebotene Arbeit als Gabelstaplerfahrer bei Tätigkeiten für die Messe in R. abzulehnen. Er hätte vielmehr, worauf die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.01.2004 (L 9 AL 45/03) zu Recht hinweist, diese Frage der Arbeitszeit und Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes vor Ablehnung mit der Beklagten bzw. dem künftigen Arbeitgeber abklären müssen.

Der Senat kann dem Kläger auch insoweit nicht folgen, als er sich auf eine angebliche Klausel einer Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung einer Kündigungsfrist bezieht. Diesen Grund hat der Kläger erst nach Kenntnis der Bescheide und des angefochtenen Urteils nachgeschoben. Insofern hat der Senat schon Bedenken, dass dies der maßgebende Grund für die Arbeitsablehnung gewesen ist. Vielmehr ergibt sich aus den Aufzeichnungen der Beklagten aus Anlass der persönlichen Vorsprache des Klägers, dass er die angebotene Arbeit wegen der seiner Ansicht nach zu langen Arbeitszeit abgelehnt hatte. Wenn der Senat die Richtigkeit der angeblichen Vertragsklausel einer Vertragsstrafe als wahr unterstellt, wäre ein derartiges unselbstständiges Strafversprechen (§§ 339 ff. Bürgerliches Gesetzbuch) grundsätzlich wirksam. Bei dem unselbstständigen Strafversprechen handelt es sich um ein Leistungsversprechen, das unter der aufschiebenden Bedingung der Nichterfüllung oder nicht gehörigen Erfüllung der dem Schuldner obliegenden Verpflichtungen steht. Es setzt eine Verpflichtung zur Leistung, d.h. eine wirksame Hauptverpflichtung voraus. Diese Vertragsstrafe ist vom Gesetzgeber mit einer doppelten Zielrichtung geschaffen worden. Sie soll zum einen als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten. Zum anderen soll sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis eröffnen. Sie kann im Einzelvertrag, aber auch in einem Tarifvertrag enthalten sein (Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 12. Aufl., § 60, Rdnr. 1). Auch hier gilt, dass der Kläger die Frage der Wirksamkeit sowie der Folgen einer derartigen Vertragsklausel vor Ablehnung des Arbeitsangebots mit der Beklagten hätte besprechen müssen.

Bezüglich beider Gründe wäre der Kläger also verpflichtet gewesen vor endgültiger Ablehnung der angebotenen Arbeit alle zumutbaren und arbeitsrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Beseitigung der störenden Umstände herbeizuführen, z.B. durch ein Gespräch mit dem Arbeitgeber (Curkovic in Mutschler, a.a.O., § 144, Rn. 116 m.w.N.; Niesel, a.a.O.,§ 144, Rn. 123, 124 m.w.N.).

Zu Recht hat die Beklagte auch festgestellt, dass die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sich um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit bei Arbeitsablehnung mindert (§ 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III).

Es bestand kein Anlass, einen Mitarbeiter der Personalleasingfirma als Zeugen zu vernehmen, weil die Beklagte durch dessen Auskunft den Sachverhalt insoweit ausreichend ermittelt hat (§ 103 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 2, 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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