Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 R 157/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1750/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1956 geborene Kläger absolvierte nach eigenen Angaben vom 01. September 1971 bis zum 31. August 1974 erfolgreich eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel. Anschließend war er ebenfalls nach eigenen Angaben als Expedient, Postarbeiter bzw. –beamter, Versicherungsangestellter und zuletzt als Leiter eines Callcenters oder einer Versicherungsagentur bis 1997 beschäftigt. Später war er als selbstständiger Kaufmann tätig, wegen Unrentabilität wurde die Firma 2003 ge-schlossen. Seither geht er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.
Vom 19. Februar bis zum 12. März 2002 befand er sich wegen einer koronaren Herz-krankheit mit Zustand nach Bypass-Operation zur Anschlussheilbehandlung in den H-Kliniken. Am 01. September 2003 stellte er einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Hinblick auf Beschwerden des Skelettsystems, die Fol-gen der Bypass-Operation vom 30. Januar 2002 sowie Angstzustände.
Die Beklagte zog den ausführlichen Entlassungsbericht der H-Kliniken vom 12. März 2002 sowie den vorläufigen Arztbrief des Kkrankenhauses P vom 24. März 2004 und zahlreiche Untersuchungsbefunde dieses Krankenhauses (u. a. ambulanter orthopädischer Untersuchungsbefund vom 18. Mai 2004) bei. Anschließend erstellte der Orthopäde Dr. M am 02. Juni 2004 im Auftrag der Beklagten nach einer Untersuchung des Klägers am 27. Mai 2004 ein Gutachten, in dem er zu dem Schluss kam, bei dem Kläger bestünden ein rezidivierendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine initiale Coxarthrose beidseits, eine Periarthropathie der rechten Schulter bei Tendinosis calcarea sowie eine beginnende Heberdenarthrose D II und V rechtsseitig. Unter Berücksichtigung der objektivierbaren orthopädischen Befunde könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung täglich sechs Stunden und länger verrichten. Außerdem fertigte der Internist und Kardiologe Dr. Z am 07. Juni 2004 ein weiteres Gutachten, in welchem er eine koronare Herzerkrankung – Zustand nach aortokoronarer Vierfachbypassoperation 2002, eine Verarbeitungsproblematik – kardiophobische Tendenz und vaskuläre Risikofaktoren fest-stellte. Er hielt den Kläger noch für in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne außergewöhnliche Stressbelastung, ohne Akkord- und Nachtschicht sowie ohne häufiges Bücken täglich sechs Stunden und länger auszuüben. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Überkopfarbeiten seien ebenfalls zu vermeiden. Im Hinblick auf diese Gutachten lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 05. Juli 2004 ab. Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte einen Befundbericht von dem Chefarzt der Neurologischen Klinik des Kkrankenhauses P, Dr. J, vom 04. November 2004 ein. Unter dem 20. Dezember 2004 wies die Beklagte den Widerspruch schließlich mit der Begründung zurück, der Bericht des Dr. J, der weder eine psychotherapeutische noch eine medikamentöse Therapie durchgeführt habe, enthalte keine neuen medizinischen Fakten, sondern lediglich die schon bisher geltend gemachten Diagnosen. Diese hätten jedoch in den Gutachten überwiegend nicht bestätigt werden können.
Hiergegen hat der Kläger unter Bezugnahme auf Atteste des Dr. J vom 14. Mai 2004 sowie des Orthopäden Dr. R vom 16. März 2006 Klage bei dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Das SG hat zunächst Befundberichte von Dr. J vom 07. Juli 2005 und der Fachärztin für Psychiatrie W vom 28. Juli 2005 eingeholt. Anschließend hat das SG den Facharzt für innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. R mit der Untersuchung des Klägers und Erstellung eines Gutachtens betraut. In seinem nach einer Untersuchung des Klägers am 05. Dezember 2005 fertig gestellten Gutachten vom 13. Dezember 2005 hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Leichtgradige Depressivität mit mittelgradiger Angstbesetzung im Rahmen einer neurotischen Störung ursprünglich i. S. e. Anpassungsstörung, jetzt chronifiziert 2. Ausschluss einer Halbseitenlähmung rechts 3. Ausschluss neurologischer Ausfälle oder objektivierbarer radikulärer Symptome im Bereich der Arme und Beine, die Rückschlüsse auf Nervenwurzelläsionen zuließen 4. Leichtgradige Leistungsdefizite in Form von Konzentrationsstörungen nicht auszu schließen 5. Auswärts gesichertes Schlafapnoe-Syndrom (unbehandelt) 6. Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom.
Der Kläger könne körperlich mittelschwere und geistige Tätigkeiten, die seinem Ausbildungsstand entsprächen, in Tagschicht vollschichtig verrichten. Nicht durchgeführt werden könnten Tätigkeiten mit sehr hohen Anforderungen an Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit, d. h. Führungstätigkeiten. Das Reaktionsvermögen sei eingeschränkt. Ohne großen Zeitdruck seien weder Auffassungsgabe noch Lern- und Merk-fähigkeit sowie Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit relevant beeinträchtigt.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 27. September 2006 abgewiesen. Zur Begrün-dung hat es ausgeführt, der Kläger habe weder Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung – bei Berufsunfähigkeit. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung könne der Kläger noch als Einzelhandelskaufmann bzw. selbstständiger Kaufmann tätig sein. Sowohl die leichtgradige Depressivität mit Angstbesetzung als auch das Schlafapnoe-Syndrom und das Restless-Legs-Syndrom seien therapierbar und deren Auswirkungen somit besserungsfähig. Soweit der behandelnde Arzt Dr. J davon ausgehe, dass der Kläger nur noch täglich drei Stunden lang körperlich leichte Arbeiten verrichten könne, sei dies nicht nachvollziehbar. Gravierende Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Gebiet seien nicht erkennbar. Könne der Kläger aber seinen erlernten Beruf als Einzelhandelskaufmann noch vollschichtig ausüben, komme auch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht in Betracht.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren unter Vorlage eines Arztbriefs des Klinikums M vom 13. April 2007, eines Herzkatheterbefundes vom 03. Januar 2005 nebst Ergänzung vom 10. Juli 2007 sowie eines Arztbriefs des Mkrankenhauses St. W vom 14. Februar 2008 (stationärer Aufenthalt vom 14. bis zum 16. Januar 2008) fort.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfs-weise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und reicht einen Versicherungsverlauf des Klägers vom 11. November 2009 zur Akte.
Der Senat hat zunächst Befundberichte von der Ärztin für Anästhesie – Psychothera-pie – Dr. W vom 13. Februar 2007, dem Facharzt für Innere Medizin Dr. W vom 15. Februar 2007, der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 16. Februar 2007 und dem ärztlichen Direktor der Medizinischen Klinik – Innere - des Klinikums M, Prof. Dr. S vom 27. Februar 2007 eingeholt.
Anschließend hat der Senat den Internisten und Kardiologen Dr. J mit der Untersu-chung des Klägers und der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem am 02. April 2008 nach einer Untersuchung des Klägers am 15. November 2007 fertig gestellten Gutachten hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Koronare Dreigefäßerkrankung bei Zustand nach vierfachem ACVB 01/2002 2. Hypertensive Herzerkrankung mit diastolischer Ventrikelfunktionsstörung und geringer Hypertrophie 3. Chronische Bronchitis 4. Nicht stenosierende Plaquebildung der Carotiden 5. Refluxkrankheit 6. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom 7. Coxarthrose, rechts ausgeprägter als links 8. Schulter-Arm-Syndrom beidseits 9. Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom 10. Anpassungsstörung mit Angstsymptomatik und Panikattacken 11. Kardiovaskuläre Risikofaktoren: schwere Hyperlipoproteinämie, Hypertonie, früherer Nikotinabusus, Adipositas.
Der Kläger könne nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechseln der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen mindestens sechs Stunden lang täglich ausüben. Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Wechsel- und/oder Nachtschicht, in Zwangshaltung oder überwiegend einseitiger Körperhaltung, auf Leitern und Gerüs-ten, an laufenden Maschinen mit Verletzungsgefahr, unter Einfluss von Kälte, Hitze, Zugluft, Nässe, Lärm, Hautreizstoffen sowie starken Temperaturschwankungen könnten nicht mehr durchgeführt werden. Das zeitweilige Besteigen von Regalleitern sei möglich. Tätigkeiten mit häufigem Publikumsverkehr seien nur in solchen Berufsfeldern möglich, die eine Stressbelastung vermieden. Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit seien nicht zumutbar. Die We-gefähigkeit sei erhalten, zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Dem Gutachten sind Arztbriefe des Klinikums M vom 13. März 2007, des Krankenhauses der B B vom 31. Juli 2007 und 01. August 2007 nebst Herzkatheterbefund vom 31. Juli 2007 beige-fügt worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 09. Mai 2008 beantragt, Prof. Dr. S mit der Erstel-lung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beauftragen. Nach-dem dieser den Auftrag wegen Überlastung ablehnen musste, hat er den Internisten Dr. L benannt. Mit Schreiben vom 12. August 2008 hat der Senat einen Kostenvor-schuss i. H. v. 1.000,00 Euro vom Kläger angefordert, den dieser trotz Bewilligung von Ratenzahlung am 19. Mai 2009 nicht geleistet hat. Am 02. November 2009 hat der Kläger um Rücküberweisung der bis dahin gezahlten einzigen Rate i. H. v. 200 Euro gebeten.
Mit Schreiben des Senats vom 14. Dezember 2009 ist der Kläger aufgefordert worden, Nachweise zu seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung vorzulegen. Hierzu hat er mitgeteilt, über keine Unterlagen mehr zu verfügen.
Mit Schreiben vom 03. März 2010 ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG gegeben worden. Mit Schreiben vom 07. April 2010 sind die Beteiligten erneut auf die Absicht des Gerichts, durch Beschluss zu entscheiden, hingewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber unbegründet. Ihm steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.
Der geltend gemachte Rentenanspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des all-gemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstä-tig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben auch die Versicherten Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Nach Auswertung der im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, insbesondere von Dr. R vom 06. Dezember 2005 und Dr. J vom 02. April 2008, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger weder voll noch teilweise er-werbsgemindert ist.
Der Kläger leidet nach den gutachterlichen Feststellungen auf internistischem Fach-gebiet an einer koronaren Herzerkrankung mit vierfachem Bypass ohne hämodynamisch relevante Stenosen, einer Refluxsymptomatik, einem arteriellen Hypertonus, einer chronischen Bronchitis ohne Obstruktion. Außerdem besteht der Verdacht auf ein Restless-Legs-Syndrom. Eine Einschränkung der Lungenfunktion liegt nicht vor (vgl. den Arztbrief des Krankenhauses der B B vom 31. Juli 2007 sowie Untersuchung durch den Gutachter am 15. November 2007). Ein behandlungsbedürftiges obstrukti-ves Schlafapnoe-Syndrom ist inzwischen ausgeschlossen worden (vgl. den Arztbrief des Klinikums M vom 13. März 2007). Aus genannten Leiden folgen lediglich qualitati-ve Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers durch Beschränkung auf kör-perlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne Nachtschicht, ohne Wechselschicht, ohne Zeitdruck, ohne Zwangshaltungen und ohne Einfluss von Stressfaktoren wie Hitze, Kälte, Nässe, Staub, Lärm, Zugluft und Temperaturschwankungen.
Auch die orthopädischen Leiden sind nicht so schwerwiegend, dass sie ein zeitlich aufgehobenes Leistungsvermögen rechtfertigen könnten. Ausreichend sind vielmehr qualitative Leistungseinschränkungen, wie sie einer körperlich leichten Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten entsprechen. So fand sich zuletzt bei der Untersuchung durch Dr. J keine wesentliche Fehlstellung der Wirbelsäule, jedoch muskuläre Verspannungen im Bereich des Schultergürtels, eine Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des Schultergürtels, über den Hüftgelenken sowie entlang der Wirbelsäule. Neurologische Störungen i. S. v. Sensibilitätsstörungen oder Reflexausfällen fanden sich nicht. Die großen Gelenke waren frei (vgl. hierzu auch den Befund im Arztbrief des Mkran-kenhauses St. W vom 14. Februar 2008, im Arztbrief des Krankenhauses der B B vom 01. August 2007 sowie das Gutachten des Dr. R vom 13. Dezember 2005).
Der psychische Befund bedingt ebenso wenig eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Nach dem Gutachten des Dr. R vom 13. Dezember 2005 besteht bei dem Kläger eine leichtgradige Depressivität mit mittelgradiger Angstbesetzung im Rahmen einer neurotischen Störung. Eine regelmäßige Therapie findet weder in Form einer psychotherapeutischen Betreuung noch in Form einer medikamentösen Therapie statt. In der Vergangenheit hat eine unregelmäßige Behandlung bei der Fachärztin für Psychiatrie W (zwei Termine im Jahr 2005), der Psychotherapeutin Dr. W (zwei Termine im Jahr 2007) und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S (zwei Termine Dezember 2006 und Januar 2007) stattgefunden. Außerdem hat sich der Kläger im Februar 2008 für zwei Tage in stationäre Behandlung des Mkrankenhauses St. W begeben, die Behandlung dort selber jedoch nach zwei Tagen abgebrochen. Die dort beobachtete depressive Stimmungslage war auflockerbar bei bestimmten Themen. Kognitivmnestische Defizite wurden nicht beobachtet. Bei der Untersuchung durch Dr. J hat der Kläger keine Einnahme von Antidepressiva, Beruhigungsmitteln oder anderen psychisch wirksamen Medikamenten angegeben. Die vom Sachver-ständigen festgestellte leichtgradige Depressivität mit mittelgradiger Angstbesetzung im Rahmen einer neurotischen Störung führt – wie schon der internistische Erkran-kungskomplex – zu einem Ausschluss stressbelasteter Tätigkeiten wie z. B. im Akkord oder in Nachtschicht. Über eine Beschränkung auf leichte körperliche Arbeiten hinaus resultiert aus dem im Übrigen behandelbaren psychischen Leiden ein Ausschluss von Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an Selbstständigkeit, Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit. Die Kontaktfähigkeit und das Reaktionsvermögen sind durch die Depressivität leicht beeinträchtigt.
Eine Hemiparese oder eine vaskuläre Encephalopathie – wie von Dr. J vormals diagnostiziert - konnte von keinem Sachverständigen bestätigt werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI, denn er ist, wie das SG Berlin zutreffend ausgeführt hat, nicht berufsunfähig. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfä-higkeit steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Angestellten mit hoher beruflicher Qualifikation, die regelmäßig eine akademische oder vergleichbare Qualifikation voraussetzt und mit einem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, des Angestellten mit Tätigkeiten, die ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule bzw. Fachhochschule voraussetzen, des Angestellten mit Vorgesetztenfunktion bzw. spezifisch qualifizierte Angestellte, des Angestellten mit einer längeren als zweijährigen (regelmäßig dreijährigen) Ausbildung, des angelernten Angestellten (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des Angestellten ohne Ausbildung bzw. mit einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 6-7 m.w.N.).
Ausgangspunkt für die Einstufung in das Mehrstufenschema ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früher ausgeübten höherwertigen Tätigkeit gelöst hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 126, 130, 164). Danach ist nicht auf die selbstständige Tätigkeit des Klä-gers als Kaufmann abzustellen. Im Übrigen ist der berufliche Weg des Klägers nach wie vor unklar. Der Kläger behauptet, den Beruf des Groß- und Einzelhandelskaufmanns erlernt zu haben, Nachweise hierzu liegen jedoch nicht vor. Davon unabhängig hat der Kläger trotz ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts auch keine näheren Angaben zu seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung machen können. Hierzu finden sich in den Akten unterschiedliche Angaben. Bei Rentenantragstellung erklärte er, von 1990 bis 1999 "Versicherungsangestellter und Leiter Callcenter" gewesen zu sein (Anlage zum Rentenantrag vom 01. September 2003). Im Rahmen der Kontenklärung gab er am 26. November 2003 an, von März 1995 bis Dezember 1997 im Bereich "Telefondienst mit Leitung Callcenter" tätig gewesen zu sein. Beim SG teil-te er mit, von 1994 bis 2000 Versicherungsfachmann und Leiter einer Versicherungs-agentur gewesen zu sein. Bei Dr. R gab er an, als Versicherungsagent mit eigener Agentur gearbeitet zu haben. Gegenüber dem Senat hat er zuletzt unter dem 30. Ja-nuar 2010 mitgeteilt, er habe ein Callcenter aufgebaut und ein Jahr lang geführt. An-gesichts der fehlenden Nachweise kann hier höchstens auf eine Bürotätigkeit im kaufmännischen Bereich mit dem Leitberuf des angelernten Angestellten (unterer Bereich) abgestellt werden. Die Gruppe der Angelernten umfasst Versicherte, deren Qualifikation durch eine betriebliche Ausbildung von nur drei Monaten gekennzeichnet ist (unterer Bereich), aber auch Versicherte, die einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit bis zu zwei Jahren ausüben (BSGE 59, 201 ff.). Dem oberen Bereich der Angelernten sind diejenigen mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats in den Bereich der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen. Gegen die Einstufung des Klägers in die Gruppe der Angelernten im oberen Bereich oder der Angestellten mit einer längeren als zweijährigen Ausbildung spricht nicht nur, dass der Kläger hier für seine wechselnden Angaben keinerlei Nachweise vorgelegt hat, sondern auch, dass er nach den Angaben im Rentenverfahren zuletzt unter anderem im "Telefondienst" tätig ge-wesen sein will.
Als Angelernter im unteren Bereich ist der Kläger auf Tätigkeiten seiner Stufe sowie auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar, ohne dass ihm eine bestimmte Verweisungstätigkeit zu benennen wäre. Der Kläger ist also nicht be-rufsunfähig.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1956 geborene Kläger absolvierte nach eigenen Angaben vom 01. September 1971 bis zum 31. August 1974 erfolgreich eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel. Anschließend war er ebenfalls nach eigenen Angaben als Expedient, Postarbeiter bzw. –beamter, Versicherungsangestellter und zuletzt als Leiter eines Callcenters oder einer Versicherungsagentur bis 1997 beschäftigt. Später war er als selbstständiger Kaufmann tätig, wegen Unrentabilität wurde die Firma 2003 ge-schlossen. Seither geht er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.
Vom 19. Februar bis zum 12. März 2002 befand er sich wegen einer koronaren Herz-krankheit mit Zustand nach Bypass-Operation zur Anschlussheilbehandlung in den H-Kliniken. Am 01. September 2003 stellte er einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Hinblick auf Beschwerden des Skelettsystems, die Fol-gen der Bypass-Operation vom 30. Januar 2002 sowie Angstzustände.
Die Beklagte zog den ausführlichen Entlassungsbericht der H-Kliniken vom 12. März 2002 sowie den vorläufigen Arztbrief des Kkrankenhauses P vom 24. März 2004 und zahlreiche Untersuchungsbefunde dieses Krankenhauses (u. a. ambulanter orthopädischer Untersuchungsbefund vom 18. Mai 2004) bei. Anschließend erstellte der Orthopäde Dr. M am 02. Juni 2004 im Auftrag der Beklagten nach einer Untersuchung des Klägers am 27. Mai 2004 ein Gutachten, in dem er zu dem Schluss kam, bei dem Kläger bestünden ein rezidivierendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine initiale Coxarthrose beidseits, eine Periarthropathie der rechten Schulter bei Tendinosis calcarea sowie eine beginnende Heberdenarthrose D II und V rechtsseitig. Unter Berücksichtigung der objektivierbaren orthopädischen Befunde könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung täglich sechs Stunden und länger verrichten. Außerdem fertigte der Internist und Kardiologe Dr. Z am 07. Juni 2004 ein weiteres Gutachten, in welchem er eine koronare Herzerkrankung – Zustand nach aortokoronarer Vierfachbypassoperation 2002, eine Verarbeitungsproblematik – kardiophobische Tendenz und vaskuläre Risikofaktoren fest-stellte. Er hielt den Kläger noch für in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne außergewöhnliche Stressbelastung, ohne Akkord- und Nachtschicht sowie ohne häufiges Bücken täglich sechs Stunden und länger auszuüben. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Überkopfarbeiten seien ebenfalls zu vermeiden. Im Hinblick auf diese Gutachten lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 05. Juli 2004 ab. Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte einen Befundbericht von dem Chefarzt der Neurologischen Klinik des Kkrankenhauses P, Dr. J, vom 04. November 2004 ein. Unter dem 20. Dezember 2004 wies die Beklagte den Widerspruch schließlich mit der Begründung zurück, der Bericht des Dr. J, der weder eine psychotherapeutische noch eine medikamentöse Therapie durchgeführt habe, enthalte keine neuen medizinischen Fakten, sondern lediglich die schon bisher geltend gemachten Diagnosen. Diese hätten jedoch in den Gutachten überwiegend nicht bestätigt werden können.
Hiergegen hat der Kläger unter Bezugnahme auf Atteste des Dr. J vom 14. Mai 2004 sowie des Orthopäden Dr. R vom 16. März 2006 Klage bei dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Das SG hat zunächst Befundberichte von Dr. J vom 07. Juli 2005 und der Fachärztin für Psychiatrie W vom 28. Juli 2005 eingeholt. Anschließend hat das SG den Facharzt für innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. R mit der Untersuchung des Klägers und Erstellung eines Gutachtens betraut. In seinem nach einer Untersuchung des Klägers am 05. Dezember 2005 fertig gestellten Gutachten vom 13. Dezember 2005 hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Leichtgradige Depressivität mit mittelgradiger Angstbesetzung im Rahmen einer neurotischen Störung ursprünglich i. S. e. Anpassungsstörung, jetzt chronifiziert 2. Ausschluss einer Halbseitenlähmung rechts 3. Ausschluss neurologischer Ausfälle oder objektivierbarer radikulärer Symptome im Bereich der Arme und Beine, die Rückschlüsse auf Nervenwurzelläsionen zuließen 4. Leichtgradige Leistungsdefizite in Form von Konzentrationsstörungen nicht auszu schließen 5. Auswärts gesichertes Schlafapnoe-Syndrom (unbehandelt) 6. Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom.
Der Kläger könne körperlich mittelschwere und geistige Tätigkeiten, die seinem Ausbildungsstand entsprächen, in Tagschicht vollschichtig verrichten. Nicht durchgeführt werden könnten Tätigkeiten mit sehr hohen Anforderungen an Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit, d. h. Führungstätigkeiten. Das Reaktionsvermögen sei eingeschränkt. Ohne großen Zeitdruck seien weder Auffassungsgabe noch Lern- und Merk-fähigkeit sowie Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit relevant beeinträchtigt.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 27. September 2006 abgewiesen. Zur Begrün-dung hat es ausgeführt, der Kläger habe weder Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung – bei Berufsunfähigkeit. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung könne der Kläger noch als Einzelhandelskaufmann bzw. selbstständiger Kaufmann tätig sein. Sowohl die leichtgradige Depressivität mit Angstbesetzung als auch das Schlafapnoe-Syndrom und das Restless-Legs-Syndrom seien therapierbar und deren Auswirkungen somit besserungsfähig. Soweit der behandelnde Arzt Dr. J davon ausgehe, dass der Kläger nur noch täglich drei Stunden lang körperlich leichte Arbeiten verrichten könne, sei dies nicht nachvollziehbar. Gravierende Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Gebiet seien nicht erkennbar. Könne der Kläger aber seinen erlernten Beruf als Einzelhandelskaufmann noch vollschichtig ausüben, komme auch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht in Betracht.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren unter Vorlage eines Arztbriefs des Klinikums M vom 13. April 2007, eines Herzkatheterbefundes vom 03. Januar 2005 nebst Ergänzung vom 10. Juli 2007 sowie eines Arztbriefs des Mkrankenhauses St. W vom 14. Februar 2008 (stationärer Aufenthalt vom 14. bis zum 16. Januar 2008) fort.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfs-weise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und reicht einen Versicherungsverlauf des Klägers vom 11. November 2009 zur Akte.
Der Senat hat zunächst Befundberichte von der Ärztin für Anästhesie – Psychothera-pie – Dr. W vom 13. Februar 2007, dem Facharzt für Innere Medizin Dr. W vom 15. Februar 2007, der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 16. Februar 2007 und dem ärztlichen Direktor der Medizinischen Klinik – Innere - des Klinikums M, Prof. Dr. S vom 27. Februar 2007 eingeholt.
Anschließend hat der Senat den Internisten und Kardiologen Dr. J mit der Untersu-chung des Klägers und der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem am 02. April 2008 nach einer Untersuchung des Klägers am 15. November 2007 fertig gestellten Gutachten hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Koronare Dreigefäßerkrankung bei Zustand nach vierfachem ACVB 01/2002 2. Hypertensive Herzerkrankung mit diastolischer Ventrikelfunktionsstörung und geringer Hypertrophie 3. Chronische Bronchitis 4. Nicht stenosierende Plaquebildung der Carotiden 5. Refluxkrankheit 6. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom 7. Coxarthrose, rechts ausgeprägter als links 8. Schulter-Arm-Syndrom beidseits 9. Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom 10. Anpassungsstörung mit Angstsymptomatik und Panikattacken 11. Kardiovaskuläre Risikofaktoren: schwere Hyperlipoproteinämie, Hypertonie, früherer Nikotinabusus, Adipositas.
Der Kläger könne nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechseln der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen mindestens sechs Stunden lang täglich ausüben. Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Wechsel- und/oder Nachtschicht, in Zwangshaltung oder überwiegend einseitiger Körperhaltung, auf Leitern und Gerüs-ten, an laufenden Maschinen mit Verletzungsgefahr, unter Einfluss von Kälte, Hitze, Zugluft, Nässe, Lärm, Hautreizstoffen sowie starken Temperaturschwankungen könnten nicht mehr durchgeführt werden. Das zeitweilige Besteigen von Regalleitern sei möglich. Tätigkeiten mit häufigem Publikumsverkehr seien nur in solchen Berufsfeldern möglich, die eine Stressbelastung vermieden. Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit seien nicht zumutbar. Die We-gefähigkeit sei erhalten, zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Dem Gutachten sind Arztbriefe des Klinikums M vom 13. März 2007, des Krankenhauses der B B vom 31. Juli 2007 und 01. August 2007 nebst Herzkatheterbefund vom 31. Juli 2007 beige-fügt worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 09. Mai 2008 beantragt, Prof. Dr. S mit der Erstel-lung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beauftragen. Nach-dem dieser den Auftrag wegen Überlastung ablehnen musste, hat er den Internisten Dr. L benannt. Mit Schreiben vom 12. August 2008 hat der Senat einen Kostenvor-schuss i. H. v. 1.000,00 Euro vom Kläger angefordert, den dieser trotz Bewilligung von Ratenzahlung am 19. Mai 2009 nicht geleistet hat. Am 02. November 2009 hat der Kläger um Rücküberweisung der bis dahin gezahlten einzigen Rate i. H. v. 200 Euro gebeten.
Mit Schreiben des Senats vom 14. Dezember 2009 ist der Kläger aufgefordert worden, Nachweise zu seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung vorzulegen. Hierzu hat er mitgeteilt, über keine Unterlagen mehr zu verfügen.
Mit Schreiben vom 03. März 2010 ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG gegeben worden. Mit Schreiben vom 07. April 2010 sind die Beteiligten erneut auf die Absicht des Gerichts, durch Beschluss zu entscheiden, hingewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber unbegründet. Ihm steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.
Der geltend gemachte Rentenanspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des all-gemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstä-tig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben auch die Versicherten Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Nach Auswertung der im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, insbesondere von Dr. R vom 06. Dezember 2005 und Dr. J vom 02. April 2008, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger weder voll noch teilweise er-werbsgemindert ist.
Der Kläger leidet nach den gutachterlichen Feststellungen auf internistischem Fach-gebiet an einer koronaren Herzerkrankung mit vierfachem Bypass ohne hämodynamisch relevante Stenosen, einer Refluxsymptomatik, einem arteriellen Hypertonus, einer chronischen Bronchitis ohne Obstruktion. Außerdem besteht der Verdacht auf ein Restless-Legs-Syndrom. Eine Einschränkung der Lungenfunktion liegt nicht vor (vgl. den Arztbrief des Krankenhauses der B B vom 31. Juli 2007 sowie Untersuchung durch den Gutachter am 15. November 2007). Ein behandlungsbedürftiges obstrukti-ves Schlafapnoe-Syndrom ist inzwischen ausgeschlossen worden (vgl. den Arztbrief des Klinikums M vom 13. März 2007). Aus genannten Leiden folgen lediglich qualitati-ve Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers durch Beschränkung auf kör-perlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne Nachtschicht, ohne Wechselschicht, ohne Zeitdruck, ohne Zwangshaltungen und ohne Einfluss von Stressfaktoren wie Hitze, Kälte, Nässe, Staub, Lärm, Zugluft und Temperaturschwankungen.
Auch die orthopädischen Leiden sind nicht so schwerwiegend, dass sie ein zeitlich aufgehobenes Leistungsvermögen rechtfertigen könnten. Ausreichend sind vielmehr qualitative Leistungseinschränkungen, wie sie einer körperlich leichten Tätigkeit im Wechsel der Haltungsarten entsprechen. So fand sich zuletzt bei der Untersuchung durch Dr. J keine wesentliche Fehlstellung der Wirbelsäule, jedoch muskuläre Verspannungen im Bereich des Schultergürtels, eine Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des Schultergürtels, über den Hüftgelenken sowie entlang der Wirbelsäule. Neurologische Störungen i. S. v. Sensibilitätsstörungen oder Reflexausfällen fanden sich nicht. Die großen Gelenke waren frei (vgl. hierzu auch den Befund im Arztbrief des Mkran-kenhauses St. W vom 14. Februar 2008, im Arztbrief des Krankenhauses der B B vom 01. August 2007 sowie das Gutachten des Dr. R vom 13. Dezember 2005).
Der psychische Befund bedingt ebenso wenig eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Nach dem Gutachten des Dr. R vom 13. Dezember 2005 besteht bei dem Kläger eine leichtgradige Depressivität mit mittelgradiger Angstbesetzung im Rahmen einer neurotischen Störung. Eine regelmäßige Therapie findet weder in Form einer psychotherapeutischen Betreuung noch in Form einer medikamentösen Therapie statt. In der Vergangenheit hat eine unregelmäßige Behandlung bei der Fachärztin für Psychiatrie W (zwei Termine im Jahr 2005), der Psychotherapeutin Dr. W (zwei Termine im Jahr 2007) und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S (zwei Termine Dezember 2006 und Januar 2007) stattgefunden. Außerdem hat sich der Kläger im Februar 2008 für zwei Tage in stationäre Behandlung des Mkrankenhauses St. W begeben, die Behandlung dort selber jedoch nach zwei Tagen abgebrochen. Die dort beobachtete depressive Stimmungslage war auflockerbar bei bestimmten Themen. Kognitivmnestische Defizite wurden nicht beobachtet. Bei der Untersuchung durch Dr. J hat der Kläger keine Einnahme von Antidepressiva, Beruhigungsmitteln oder anderen psychisch wirksamen Medikamenten angegeben. Die vom Sachver-ständigen festgestellte leichtgradige Depressivität mit mittelgradiger Angstbesetzung im Rahmen einer neurotischen Störung führt – wie schon der internistische Erkran-kungskomplex – zu einem Ausschluss stressbelasteter Tätigkeiten wie z. B. im Akkord oder in Nachtschicht. Über eine Beschränkung auf leichte körperliche Arbeiten hinaus resultiert aus dem im Übrigen behandelbaren psychischen Leiden ein Ausschluss von Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an Selbstständigkeit, Verantwortung und Entscheidungsfähigkeit. Die Kontaktfähigkeit und das Reaktionsvermögen sind durch die Depressivität leicht beeinträchtigt.
Eine Hemiparese oder eine vaskuläre Encephalopathie – wie von Dr. J vormals diagnostiziert - konnte von keinem Sachverständigen bestätigt werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI, denn er ist, wie das SG Berlin zutreffend ausgeführt hat, nicht berufsunfähig. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfä-higkeit steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Angestelltenberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Angestellten mit hoher beruflicher Qualifikation, die regelmäßig eine akademische oder vergleichbare Qualifikation voraussetzt und mit einem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, des Angestellten mit Tätigkeiten, die ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule bzw. Fachhochschule voraussetzen, des Angestellten mit Vorgesetztenfunktion bzw. spezifisch qualifizierte Angestellte, des Angestellten mit einer längeren als zweijährigen (regelmäßig dreijährigen) Ausbildung, des angelernten Angestellten (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des Angestellten ohne Ausbildung bzw. mit einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 6-7 m.w.N.).
Ausgangspunkt für die Einstufung in das Mehrstufenschema ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früher ausgeübten höherwertigen Tätigkeit gelöst hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 126, 130, 164). Danach ist nicht auf die selbstständige Tätigkeit des Klä-gers als Kaufmann abzustellen. Im Übrigen ist der berufliche Weg des Klägers nach wie vor unklar. Der Kläger behauptet, den Beruf des Groß- und Einzelhandelskaufmanns erlernt zu haben, Nachweise hierzu liegen jedoch nicht vor. Davon unabhängig hat der Kläger trotz ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts auch keine näheren Angaben zu seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung machen können. Hierzu finden sich in den Akten unterschiedliche Angaben. Bei Rentenantragstellung erklärte er, von 1990 bis 1999 "Versicherungsangestellter und Leiter Callcenter" gewesen zu sein (Anlage zum Rentenantrag vom 01. September 2003). Im Rahmen der Kontenklärung gab er am 26. November 2003 an, von März 1995 bis Dezember 1997 im Bereich "Telefondienst mit Leitung Callcenter" tätig gewesen zu sein. Beim SG teil-te er mit, von 1994 bis 2000 Versicherungsfachmann und Leiter einer Versicherungs-agentur gewesen zu sein. Bei Dr. R gab er an, als Versicherungsagent mit eigener Agentur gearbeitet zu haben. Gegenüber dem Senat hat er zuletzt unter dem 30. Ja-nuar 2010 mitgeteilt, er habe ein Callcenter aufgebaut und ein Jahr lang geführt. An-gesichts der fehlenden Nachweise kann hier höchstens auf eine Bürotätigkeit im kaufmännischen Bereich mit dem Leitberuf des angelernten Angestellten (unterer Bereich) abgestellt werden. Die Gruppe der Angelernten umfasst Versicherte, deren Qualifikation durch eine betriebliche Ausbildung von nur drei Monaten gekennzeichnet ist (unterer Bereich), aber auch Versicherte, die einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit bis zu zwei Jahren ausüben (BSGE 59, 201 ff.). Dem oberen Bereich der Angelernten sind diejenigen mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats in den Bereich der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen. Gegen die Einstufung des Klägers in die Gruppe der Angelernten im oberen Bereich oder der Angestellten mit einer längeren als zweijährigen Ausbildung spricht nicht nur, dass der Kläger hier für seine wechselnden Angaben keinerlei Nachweise vorgelegt hat, sondern auch, dass er nach den Angaben im Rentenverfahren zuletzt unter anderem im "Telefondienst" tätig ge-wesen sein will.
Als Angelernter im unteren Bereich ist der Kläger auf Tätigkeiten seiner Stufe sowie auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar, ohne dass ihm eine bestimmte Verweisungstätigkeit zu benennen wäre. Der Kläger ist also nicht be-rufsunfähig.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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