L 23 SO 66/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 49 SO 2533/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 66/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. März 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Stromschulden des Antragstellers bei der Fa. V AG in Höhe von 3.396,74 Euro zu verpflichten.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit in der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2,294 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch auf die begehrte Übernahme der rückständigen Stromkosten durch den Sozialhilfeträger noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Die Übernahme von Schulden aus Mitteln der Sozialhilfe ist grundsätzlich ausgeschlossen. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch SGB XII in Betracht. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Abs. 1 Satz 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit droht (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Entscheidung über die Bewilligung der Übernahme von Stromschulden - auch im Wege der Gewährung eines Darlehens - steht im pflichtgemäßen Ermessen des Antragsgegners. Das Ermessen ist im Rahmen der Sonderregelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für den Fall eingeschränkt, dass Wohnungslosigkeit droht. In diesem Fall sieht das Gesetz im Regelfall einen Anspruch auf Übernahme der Schulden vor. Im Rahmen des § 34 Abs. 1 SGB XII können zwar Schulden aus Stromrechnungen dann übernommen werden, wenn die Belieferung eines Haushaltes mit Energie in Frage gestellt ist, weil es sich dabei um eine vergleichbare Notlage im Hinblick auf die Sicherung der Unterkunft handelt (zu § 15a Bundessozialhilfegesetz - BSHG -: OVG Münster, Urteil vom 28. April 1999, 24 A 4785/97, FEVS 51, 89, 91; OVG Berlin, Beschluss vom 18. März 2003, 6 S 21.03, zitiert nach juris; Beschluss des Senats v. 16. Januar 2007, L 23 B 216/06 SO ER; LSG Berlin-Brandenburg v. 20. November 2007, L 20 B 1361/07 AS ER). Dies setzt aber voraus, dass die Übernahme der Schulden im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Übernahme von Schulden ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine der drohenden Obdachlosigkeit vergleichbare Notlage vom Leistungsberechtigten nicht selbst beseitigt werden kann (OVG Münster, a.a.O.). Dabei sind Selbsthilfemöglichkeiten des Leistungsberechtigten, seine wirtschaftliche Situation und seine Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen.

Danach ist die Übernahme der Stromschulden hier nicht gerechtfertigt. Der Antragsteller hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass er nicht in der Lage ist, durch Selbsthilfemöglichkeiten die von ihm vorgetragene Notlage, dass seine Unterkunft derzeit nicht mit dem notwendigen Strom versorgt ist, selbst zu beseitigen. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich bei allen an seinem Wohnort zur Verfügung stehenden Stromanbietern um den Abschluss eines Stromversorgungsvertrages bemüht hat, um die vorgebrachte Notlage abzuwenden. Dass der Abschluss eines Stromlieferungsvertrages mit einem anderen Stromversorger bei Übernahme (und Direktüberweisung) der laufenden Abschläge durch den Antragsgegner ausgeschlossen ist, hat der Antragsteller unter Hinweis darauf, dass er die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, zwar behauptet, jedoch nicht glaubhaft gemacht. Dies ist auch nicht ersichtlich (vgl. zum Kontrahierungszwang gem. § 2 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz - EnWG -: LG Saarbrücken, 11.05.2009, 5 T 236/09). Vielmehr ist gerichtsbekannt, dass die Fa. V AG den Stromanschluss für andere Stromanbieter auch dann freischaltet, wenn Stromschulden nicht beglichen sind und dass andere Stromanbieter zur Stromlieferung bereit sind, wenn die Abschläge direkt vom Sozialamt überwiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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