Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1886/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 219/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.10.2009 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Rotatorenmanschettenruptur als Folge des Arbeitsunfalles des Klägers vom 20.02.2006 im Streit.
Der am 17.12.1947 geborene Kläger arbeitet seit 1971 als Nebenerwerbslandwirt und hauptberuflich in einer Fensterfabrik. Am 20.02.2006 verletzte er sich im Kuhstall an der rechten Schulter. Nach seinen Angaben im Durchgangsarztbericht des Dr. F. vom 20.02.2006 ist er an diesem Tag während des Umstellens von Rindern beim Zerren an der Kette einer störrischen Kuh ausgerutscht und auf die rechte Schulter gefallen. Der Kläger hat seine Arbeit nach dem Unfall aufgrund einer stark schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes eingestellt. Das Röntgenergebnis ergab keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung. Als Erstdiagnose gab Dr. F. einen Verdacht auf Zerrung der Rotatorenmanschette rechts sowie ein Impingementsyndrom in der rechten Schulter an. Unfallunabhängig sei ein Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur links und offener Rekonstruktion festgestellt worden.
Am 27.02.2006 wurde eine Kernspintomografie des rechten Schultergelenks angefertigt. Der Radiologe Dr. T. beurteilte die Aufnahme als Nachweis einer frischen ausgedehnten Teilruptur der Supraspinatussehne und einer kräftigen Zerrung des M. supraspinatus mit Teilruptur und Hämatombildung. Es liege eine posttraumatisch bedingte, kräftige Bursitis supracromialis/supdeltoidea sowie eine mäßige Zerrung der Bizepssehnenscheide sowie der Bizepssehne vor. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Durchgangsarzt Dr. F. am 22.03.2006 mit, dass für ihn Vorschäden im Bereich der rechten Schulter nicht ersichtlich gewesen seien, weswegen er von der Zuständigkeit der Beklagten ausgehe.
Der Kläger war vom 23.05. bis 29.05.2006 stationär im Kreiskrankenhaus D.l aufgenommen. Am 23.05.2006 wurde dort aufgrund der Diagnosen Supraspinatussehnendefekt und Bizepssehnenluxation bei supracromialem Impingement der rechten Schulter eine Arthroskopie des Schultergelenks (rechts) und des supracromialen Raums durchgeführt, verbunden mit einem arthroskopischen Debridement, einer Bizepssehnentenotomie und -tenodese sowie einer offenen Refixation der Supraspinatussehne und Entnahme einer Biopsie. Der Kläger sei mit reizlosen Wundverhältnissen in die ambulante Weiterbehandlung entlassen worden.
Am 23.10.2006 führte Dr. T. eine erneute Computertomografie der rechten Schulter durch. Dr. T. wertete das Ergebnis als Nachweis einer Re-Ruptur der Supraspinatussehne bei Zustand nach Refixation. Hierbei sei auch eine relativ deutliche Degeneration der Supscapularissehne ohne eindeutigen Hinweis auf eine frische Teilruptur sowie eine gemäßigte Degeneration der Bizepssehne festgestellt worden.
Im Auftrag der Beklagten wurde am 04.11.2006 durch Prof. Dr. S. und Dr. V. ein unfallchirurgisches Zusammenhanggutachten erstellt. An der rechten Schulter des Klägers bestehe ein ansatznaher Defektschaden der Rotatorenmanschette betreffend den Anteil des Obergrätenmuskels (M. supraspinatus) und ein Defektschaden der Rotatorenmanschette betreffend den Untergrätenmuskel (M. infraspinatus) im Bereich der Übergangszone Muskel/Sehne. Die festgestellten (minimal ausgeprägten) degenerativen Veränderungen im Bereich des Schultergelenkes (Arthrose) seien zweifellos keine Folgen des Ereignisses vom 20.02.2006. Diese seien auch nicht geeignet gewesen, die festgestellte Schädigung der Rotatorenmanschette auszulösen. Dennoch sei auch das Unfallereignis nicht wesentlich ursächlich für den festgestellten Schaden der Rotatorenmanschette, da das von dem Kläger als Unfallereignis beschriebene direkte Trauma einer unmittelbaren Gewalteinwirkung auf die Schulter durch den Sturz auf den Boden von einem breiten ärztlich wissenschaftlichen Konsens als geeignete Unfallursache eines Rotatorenmanschettenschadens abgelehnt werde (mit Hinweisen auf die unfallmedizinische Literatur). Die Gutachter wiesen ferner darauf hin, dass die entnommene Gewebeprobe (feingeweblicher Befund von Mai 2006) nur bedingt verwertbar sei, da sie nach einem Zeitraum von ca. drei Monaten entnommen worden sei. Außerdem spreche das Wiederauftreten eines Defektschadens im Bereich der Sehne des Obergrätenmuskels in der Zeit vom 27.02. bis zum 23.10.2006, welches ohne ein weiteres unfallbedingtes Ereignis aufgetreten sei, ebenfalls für einen spontanen Defekt. Eine Schädigung der Rotatorenmanschette bedingt durch das angeschuldigte Ereignis sei nach der geltenden medizinischen Lehrmeinung und deren Kausalitätsverständnis nicht nachvollziehbar.
Mit Bescheid vom 11.12.2006 hat die Beklagte den Vorfall vom 20.02.2006 als Unfall nach § 7 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) im Sinne eines Arbeitsunfalls anerkannt. Die hierbei erlittene Verletzung sei eine Prellung der rechten Schulter gewesen. Als Arbeitsunfallfolge wurde eine Prellung der rechten Schulter, welche eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit von max. drei Wochen bedingte habe, anerkannt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in messbarem Grade liege nicht vor, weswegen die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt werde. Als Folgen des Arbeitsunfalls vom 20.02.2006 wurden nicht anerkannt: Degenerativ vorgeschädigte Rotatorenmanschette der rechten und linken Schulter, beginnende Arthrose im rechten Schultereckgelenk, eingeschränkte Drehfähigkeit des rechten Armes aus der Schulter heraus, Hochstand des Oberarmkopfes rechts, Kraftverlust des rechten Armes bei Bewegungen aus der Schulter heraus, chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom, Halswirbelsäulensyndrom mit Ausstrahlung in beide Oberarme, Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule.
Der Widerspruch vom 18.12.2006 wurde damit begründet, dass nach den Feststellungen des erstbehandelnden Dr. F. Vorschäden an der rechten Schulter nicht vorgelegen hätten. Erstmalig durch den Unfall sei eine erhebliche Funktionseinschränkung des freibeweglichen rechten Schultergelenks eingetreten. Die eingetretene Verletzung sei auch nicht mit einem schicksalsmäßigen, alterungsbedingten Befund vereinbar.
Die Gutachter Dr. S. und Dr. V. nahmen hierzu nach Aufforderung der Beklagten am 26.03.2007 ergänzend Stellung. Sie vertraten die Ansicht, dass der Klägerbevollmächtige die Begriffe Vorschaden und Schadenanlage nicht ausreichend unterscheide. Beim Fehlen eines Vorschadens seien nach den Ausführungen in dem Gutachten, auf welches verwiesen wurde, vom Vorliegen einer bereits vor dem Unfall bestehenden Schadenanlage auszugehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen und hierzu auf die Stellungnahme der Gutachter Bezug genommen.
Der Kläger hat über seine Bevollmächtigten am 15.05.2007 am Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers hat der Orthopäde und Sportmediziner Dr. S. am 28.09.2007 ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgelegt. An der rechten Schulter werden als Diagnose ein gut 2 cm breiter Defekt in der Rotatorenmanschette bei Zustand nach zweimaliger OP rechts, narbige fibrosierende Veränderungen im Rotatorenmanschettenbereich, ein ACG-Gelenk mit Defekten und OP-Artefakten sowie eine ventrale Kapselnarbe und ein hypertroper Supraspinatusmuskel angegeben. Eine konkurrierende Bedingung für den Eintritt dieser Schädigungsfolge sei aus den Unterlagen nicht erkennbar. Die zuvor minimal festgestellten degenerativen Veränderungen hätten sowohl im Kernspinbefund als auch im histologischen Befund im Hintergrund gestanden. Zwar sei die Sturzanamnese relativ fraglich für die gesamte Beweisführung. Wichtig sei jedoch, dass die Anhaltspunkte für ein traumatisches Geschehen überwögen. Nachdem es in der Literatur keine Übereinstimmung hinsichtlich der geeigneten Unfallereignisse ergebe, sei vorliegend aufgrund Fehlens eines vorbestehenden Schadens von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Verursachung der Verletzung der rechten Schulter durch den Unfall auszugehen. Arbeitsunfähigkeit habe vom 20.02.2006 bis zum 01.07.2006 vorgelegen, die Unfallfolgen hätten danach eine MdE um 10 v. H. bedingt.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme der Vorgutachter Prof. Dr. S. und Dr. V. vom 13.11.2007 vorgelegt, wonach weiterhin nicht von einer wesentlichen Verletzung der rechten Schulter durch den Unfall auszugehen sei. Dr. S. habe eingeräumt, dass in der deutschen Gutachterliteratur ein weitestgehender Konsens in der Frage des geeigneten Unfallhergangs bestehe; es sei davon auszugehen, dass sich dieser Konsens auch auf internationale Literatur stütze. Die von dem Gutachter Dr. S. zitierten Literaturnachweise seien teilweise älteren Datums, als sich erst allmählich ein Konsens in der Sache gebildet habe.
Auf Anforderung des SG ist daraufhin ein Gutachten von Amts wegen bei dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L. eingeholt worden, welches am 30.04.2008 erstellt worden ist. In dem Gutachten stimmt Dr. L. den Gutachtern aus dem Verwaltungsverfahren dahingehend zu, dass bei dem Kläger ursächlich für die verbliebene Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der rechten Schulter eine anlagebedingte Aufbraucherscheinung der Rotatorenmanschette rechts in Form einer Schadensanlage vorgelegen habe, welche sich anlässlich des Ereignisablaufes am 20.02.2006 erstmalig manifestiert habe. Es fehlten jedwede klinische, bildgebende oder intraoperativ beweisende Tatsachen dafür, dass eine traumatische Genese der Schultererkrankung rechts wahrscheinlich sei. Insbesondere sei den Vorgutachtern aus den Verwaltungsverfahren dahingehend zuzustimmen, dass ein geeigneter Unfallverlauf für die festgestellten Verletzungen nicht vorliege. Der Kläger habe auf Nachfrage ausdrücklich darauf bestanden, dass er direkt auf die rechte Schulter gefallen sei. Eine Verletzung der Rotatorenmanschette durch einen solchen Vorgang erfordere jedoch jedenfalls eine solche Gewalteinwirkung, dass auch äußere Verletzungszeichen hätten erkennbar sein müssen. Insbesondere bei der sieben Tage nach dem Unfall angefertigten hochauflösenden MRT-Aufnahme seien jedoch keine solchen äußeren Verletzungen des Weichteilmantels und der gelenkbildenden Skelettanteile der rechten Schulter erkennbar gewesen. Bei der festgestellten isolierten an der Supraspinatussehne vorliegenden Verletzung könne nicht einer von außen wirkenden ausreichend heftigen Gewalteinwirkung ausgegangen werden. Der Gutachter Dr. S. zitiere zwar umfangreiche Literatur, und argumentiere ebenso wie die Vorgutachter aus dem Verwaltungsverfahren auf einem hohen akademischen Niveau mit präziser Recherche der Vorgeschichte und des Verlaufs, er habe jedoch eine Bewertung der von ihm geschilderten wissenschaftlichen Lehrmeinung unter Anwendung auf den vorliegenden, konkret zu beurteilenden Einzelfall nicht vorgenommen. Letztlich komme Gutachter Dr. S. zu dem Schluss, dass, weil eindeutige degenerative Veränderungen am Schultergelenk selbst nicht nachweisbar seien, das angeschuldigte Ereignis vom 20.02.2006 ursächlich für die entstandene Schulterschädigung rechts sein müsse. Dem könne indes nach Berücksichtigung aller Kriterien nicht gefolgt werden. Im Übrigen habe auch Dr. S. der gesicherten Erkenntnis zugestimmt, das bei Veränderungen und funktionellen Beeinträchtigungen im Bereich der Rotatorenmanschette epidemiologisch die Degeneration die Regel und die traumatisch bedingte Ursächlichkeit der Veränderung die Ausnahme sei. Auch die Gutachter aus dem Verwaltungsverfahren hätten sich im Übrigen nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, dass bereits eine für die festgestellte Verletzung ausreichend heftige Gewalteinwirkung bei einem Sturz auf die rechte Schulter nicht vorgelegen habe.
Auf Anforderung des Gerichts nahm der Gutachter Dr. S. hierzu am 10.09.2008 ergänzend Stellung. Dieser verwies darauf, dass die Frage einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur auch noch im Jahre 2005 in der deutschen wissenschaftlichen Literatur kontrovers beurteilt worden sei. Aufgrund des Verlaufs der Ereignisse und der vorliegenden Anhaltspunkte für eine traumatische Schädigung verbleibe er bei seiner Einschätzung.
Hierzu wiederum hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dr. V. vom 18.11.2008 vorgelegt, der ebenfalls seine gutachtlich mitgeteilte Auffassung bekräftigte. Insbesondere sei nach der mehrfachen Befragung des Klägers auch durch Dr. S. davon auszugehen, dass ein Sturz auf die rechte Schulter ohne Auffangversuch durch den rechten Arm vorgelegen habe. Soweit Dr. S. dennoch einen Unfallhergang mit einem Auffangversuch durch den rechten Arm für möglich halte, seien seine Ausführungen allenfalls auf die entfernte Möglichkeit eines Unfallhergangs gestützt.
Die Klägerbevollmächtigten legten am 23.01.2009 einen aktuellen Kernspinbefund des Dr. T. vom 08.01.2009 vor.
Dem SG lag aus einem parallel geführten Klageverfahren des Klägers über die Anerkennung einer Berufskrankheit der Wirbelsäule die Akte mit dem Az. S 3 U 222/07 vor. Aus einem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Prof. Dr. C. vom 07.05.2008 geht unter anderem hervor, dass beim Kläger multisegmentale degenerative Veränderungen unteren Halswirbelsäule (mit operativer Versteifung des Bewegungssegmentes C5/C6), monosegmentale degenerative Veränderungen der Brustwirbelsäule sowie multisegmentale Veränderungen der Lendenwirbelsäule (mit sequestriertem Bandscheibenvorfall L1/2) vorliegen. Seit 1992 ist es durch diese Erkrankungen nahezu jährlich zu Arbeitsunfähigkeitszeiten gekommen. Bereits 2002 wurde von der Federseeklinik B. B. unter anderem ein HWS-Syndrom mit Schulter-Nacken-Tendomyalgien festgestellt. Das Klageverfahren mit dem Az. S 3 U 222/07 wurde nach Eingang des Gutachtens von Prof. Dr. C. durch Klagerücknahme beendet.
Das SG hat die Klage zu den Folgen des Unfalls vom 20.02.2006 mit Urteil vom 28.10.2009 als unbegründet abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte den Sturz des Klägers am 20.02.2006 als Arbeitsunfall anerkannt, die Anerkennung des Risses der Supraspinatussehne als Unfallfolge und die Gewährung von Verletztenrente jedoch abgelehnt. Nach den im Bereich der Unfallversicherung einschlägigen Kausalitätskriterien könne der wesentliche Zusammenhang zwischen der festgestellten Verletzung und dem Unfallereignis nicht festgestellt werden. Das Unfallereignis stelle nach Überzeugung der Kammer bereits keinen Mechanismus dar, der geeignet gewesen sei, eine Beschädigung der Supraspinatussehne herbeizuführen. Nach eigenen Angaben sei der Kläger mit angelegtem Arm auf die Schulter gestürzt und habe sich dabei verletzt; er habe nicht versucht, den Sturz mit seitlich abgespreiztem Arm aufzufangen. Mit den Ausführungen des Gutachtens von Dr. V. sei davon auszugehen, dass die unfallbedingte Zerreißung einer Sehne grundsätzlich nur dann nachvollziehbar sei, wenn eine der Sehnenzugrichtung gegenläufige Kraft im Moment der maximalen Muskelanspannung plötzlich, unerwartet und unkontrollierbar aufgezwungen werde. Außerdem sei ein erheblich destruierender Begleitschaden derjenigen Strukturen zu fordern, die quasi schützend der Rotatorenmanschette vorgelagert seien, wozu die Haut und der Deltamuskel gehörten. Wesentliche Begleitschäden seien bei dem Kläger jedoch weder bei der körperlichen und sonografischen Untersuchung vom 20.02.2006 noch bei der kernspintomografischen Untersuchung vom 27.02.2006 gefunden worden. Auch der Gutachter Dr. L. führe aus, dass aufgrund der fehlenden Begleitverletzungen ein Hinweis für eine von außen auf den Körper einwirkende Kraft fehle, welche die physiologische Belastbarkeit der betroffenen Struktur überstiegen und zu einem substanziellen Schaden habe führen können. Dies stehe in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur, nach der eine direkte Krafteinwirkung auf die Schulter nicht geeignet sei, eine Ruptur der Rotatorenmanschette hervorzurufen (mit Hinweis auf Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 507). In Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur seien die Gutachter Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. davon ausgegangen, dass ein Sturz auf die Schulter durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe und des Muskelmantels grundsätzlich nicht geeignet sei, eine - gesunde - Supraspinatussehne zu zerreißen. Auch eine Mitursächlichkeit des Unfalls für die Supraspinatussehnenruptur sei zu verneinen. Der Gutachter Dr. V. habe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der schicksalsmäßige, alterungsbedingte Umbauprozess der Rotatorensehnenmanschette vorliegend derart weit fortgeschritten und leicht ansprechbar gewesen sei, dass es zur Herbeiführung der Zusammenhangstrennung keiner besonderen, in ihrer Art außergewöhnlichen bzw. unersetzlichen Einwirkungen bedurft habe, sondern, dass der Schaden durch jede austauschbare Belastung des alltäglichen Lebens und innerhalb eines vergleichbaren Zeitrahmens eingetreten wäre. Die wesentlichen degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette seien vorliegend nachgewiesen. Es sei auch anerkannt, dass die Rotatorenmanschette nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung in hohem Maße der Degeneration unterliege, und dass es den isolierten ausschließlich traumatischen Supraspinatussehnenriss nicht gebe (Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 506). Zwar sei bei der ersten Bildgebung nach dem Unfall kein wesentlicher degenerativer Zustand festgestellt worden, jedoch ergäben sich nach den Gutachtern Dr. V. und Dr. L. aus der acht Monate nach dem Unfall durchgeführten Kernspintomografie deutliche degenerative Veränderungen. Für die im wesentlichen degenerative Verursachung im Sinne einer leicht ansprechbaren Schadenanlage spreche auch der kurzfristige Wiedereintritt der Zusammenhangstrennung, wie er im Oktober 2006 beschrieben worden sei, ohne dass ein neuerliches Ereignis mit den typischen Unfallmerkmalen bekannt geworden sei. Das Gutachten von Dr. S. sei demgegenüber nicht schlüssig, weil er selbst eine direkte Gewalteinwirkung auf die Schulter als geeigneten Unfallmechanismus für eine Rotatorenmanschettenschädigung ablehne, um anschließend dem entgegen auszuführen, dass bei einer nachgewiesenen Schädigung im Zusammenhang mit einem solchen Vorfall die Schädigung selbst als Nachweis der Schädigung durch den Vorfall/Kausalität anzunehmen sei. Der histologische Befund, auf den Dr. S. sich stütze, sei nur ein schwaches Indiz, da dieser nach mehr als drei Monaten entnommen worden sei (mit Hinweis auf Schönberger/Mertens/Valentin, a. a. O., S. 510). Das Urteil wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 16.12.2009 zugestellt.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 13.01.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung verweisen die Bevollmächtigten des Klägers auf das Gutachten von Dr. S., dem das SG in den wesentlichen Fragen zu Unrecht nicht gefolgt sei. Das SG habe zudem die ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Dr. S. vom 10.09.2008 rechtsfehlerhaft nicht ausreichend beachtet. Dr. S. habe ausführlich dargelegt, dass vorliegend die Voraussetzung für die Anerkennung der Verursachung gegeben seien. Außerdem habe das SG fehlerhaft darauf verzichtet, nach den nochmaligen Ausführungen des Dr. V. vom 18.11.2008 eine weitere Entgegnung durch Dr. S. einzuholen. Die Verursachungsfrage sei außerdem nach der von Dr. S. beschriebenen, offenen Diskussion in der medizinischen Literatur nicht ausreichend geklärt, weswegen die Einholung eines medizinischen Obergutachtens beantragt werde.
Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,
das Urteil des Sozialgericht Heilbronn vom 28.10.2009 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2007 festzustellen, dass seine Rotatorenmanschettenruptur rechts Folge des Unfalls vom 20.02.2006 ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, aufgrund der Folgen des Unfalls vom 20.02.2006 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig und verweist hierzu auf die dem Klagebegehren entgegenstehenden Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 SGG statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass seine Rotatorenmanschettenruptur rechts Folge des Unfalls vom 20.02.2006 ist. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen dieser Verletzung.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage zulässig, da die Feststellung der nach dem Unfall verbliebenen funktionellen Einschränkungen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG im Streit steht (Feststellungsklage) und der Kläger darüber hinaus durch den Bescheid der Beklagten insoweit beschwert ist, dass die Gewährung einer ausdrücklich Verletztenrente als konkrete Leistungsart der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R -). Insofern ist es unschädlich, dass der Klägerbevollmächtigte den Antrag des Klägers als einen Antrag auf "Entschädigung" des Arbeitsunfalls formuliert hat, da durch Auslegung ersichtlich ist, dass die Gewährung der abgelehnten Verletztenrente gemeint ist. Das besondere Feststellungsinteresse besteht neben der vorliegenden Leistungsklage, weil sich aus der begehrten Feststellung Ansprüche – etwa auf Heilbehandlung – ergeben können, welche über die Gewährung einer Verletztenrente hinausgehen.
Im Übrigen ist der Antrag des Klägers dahingehend auszulegen, dass der angegriffene Ausgangsbescheid lediglich abgeändert und nicht aufgehoben wird, weil er auch die dem Kläger günstige Anerkennung eines Arbeitsunfalles beinhaltet.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
Zu Recht hat die Beklagte den Vorfall vom 20.02.2006 als bei ihr versicherten Arbeitsunfall anerkannt. Jedoch ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und der geltend gemachten Verletzung an der rechten Schulter nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor. Das SG hat mit schlüssiger und überzeugender Begründung unter Berufung auf die Ausführungen von Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. sowie mit Hinweisen auf die einschlägige unfallmedizinische Literatur dargelegt, warum die begehrte Anerkennung als Unfallfolge nicht erfolgen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt, Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Das angeschuldigte Ereignis vom 20.02.2006 mit dem Charakteristikum einer direkten Krafteinwirkung auf die Schulter (durch Sturz, Prellung oder Schlag) war nicht geeignet, die vom Kläger erlittene Rotatorenmanschettenverletzung hervorzurufen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 412 f.; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Aufl. 2009, S. 229; Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl. 2007, S. 734). Dies geht neben der zitierten Literatur auch deutlich aus den Gutachten von Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. hervor.
Nach den wiederholt vom Kläger bekräftigten Ausführungen zum Unfallhergang ist dieser, als er an der Kette einer störrischen Kuh zog, ohne Auffang- oder Abstützbewegung auf seine rechte Schulter gefallen. Dieser Unfallhergang erscheint glaubhaft, zumal durch das Festhalten der Kette auch ein schlüssiger Grund dafür vorliegt, dass es zu keiner Auffangbewegung durch das Abspreizen eines Armes gekommen ist. Bereits der Gutachter Dr. S. weist darauf hin, dass bei einem solchen Unfallgeschehen eine Verursachung einer Rotatorenmanschettenverletzung unwahrscheinlich ist. Jedenfalls mit der Argumentation des Gutachters Dr. L., welche noch weiter geht als diejenige von Prof. Dr. S. und Dr. V., ist eine Kausalität mit dem Argument abzulehnen, dass hierfür die Einwirkung von Kräften zu fordern wäre, die wegen der bei dem Kläger im Bereich der rechten Schulter ansonsten unverletzten Haut, Muskeln und Schulterknochen nicht aufgetreten sein können.
Nach herrschender medizinischer Lehrmeinung unterliegt die Rotatorenmanschette zudem in hohem Maße der Degeneration. Diese beginnt ab dem dritten Lebensjahrzehnt. Zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen auf. Ursache der Entstehung ist eine lokale Minderdurchblutung im Bereich der Sehnenansätze am Oberarmkopf sowie ein zunehmender Verschleiß der Sehnen in der Enge des subacromialen Raumes. Dabei handelt es sich um eine Störung der Gleitbewegung zwischen Oberarmkopf einschließlich der Rotatorenmanschette und dem Schulterdach (Acromion). Jede Veränderung des Inhalts und der Begrenzung des subacromialen Raumes kann zu einem Engpass des Schultergelenkes führen: z.B. degenerative Erscheinungen der Rotatorenmanschette einschließlich Teilrupturen und vorzeitiger Verschleiß des Schultereckgelenkes (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010 S. 409 ff., 520 ff.).
Entsprechende degenerative Veränderungen sind bei dem Kläger bereits in zeitlicher Nähe zum Unfall nachgewiesen. Wenngleich diese zunächst als sehr gering ausgeprägt bezeichnet wurden, werden diese von den Gutachtern Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. mit überzeugenden Ausführungen als geeignete Schadenanlage für die später aufgetretene Verletzung beschrieben. Hierbei ist auch das Alter des Klägers zu berücksichtigen, bei dem nach den beiden oben genannten Fundstellen verstärkt – und epidemiologisch mit gegenüber einer unfallbedingten Verursachung auch mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit – mit einer degenerativen Beeinträchtigung der Rotatorenmanschettenruptur zu rechnen war. Im Übrigen wurden beim Kläger weitreichende degenerative Veränderungen der Wirbelsäule nachgewiesen, welche in der Akte des Klageverfahrens über die Anerkennung einer Berufskrankheit der Wirbelsäule (Az. S 3 U 222/07) dokumentiert sind. Die dort im Gutachten von Prof. Dr. C. vom 07.05.2008 mitgeteilten multisegmentalen degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule mit operativer Versteifung des Bewegungssegmentes C5/C6, sowie die monosegmentalen degenerativen Veränderungen der Brustwirbelsäule und die multisegmentalen Veränderungen der Lendenwirbelsäule (mit sequestriertem Bandscheibenvorfall L1/2) haben seit 1992 zu nahezu jährlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt. Bereits 2002 wurde zudem von der Federseeklinik Bad Buchau unter anderem ein HWS-Syndrom mit Schulter-Nacken-Tendomyalgien festgestellt.
In diese Richtung weist auch das Ergebnis der am 23.10.2006 durchgeführten zweiten Computertomografie der rechten Schulter durch Dr. T., bei der eine Re-Ruptur der Supraspinatussehne bei Zustand nach Refixation festgestellt wurde. Anlässlich dieser Untersuchung wurde sogar eine relativ deutliche Degeneration der Supscapularissehne ohne eindeutigen Hinweis auf eine frische Teilruptur sowie eine gemäßigte Degeneration der Bizepssehne festgestellt. Das erneute Auftreten einer ähnlichen Verletzung, diesmal ohne geeigneten Unfallmechanismus, stützt die Annahme, dass die degenerativen Veränderungen im beeinträchtigten Bereich des Klägers allein geeignet waren, auch bei einer üblichen alltäglichen Verrichtung eine entsprechende Verletzung zu erleiden.
Eine weitere Sachaufklärung auf medizinischem Gebiet war im Hinblick auf die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten nicht veranlasst, zumal ein für die geltend gemachte Verletzung nicht geeigneter Unfallhergang zugrundezulegen ist (vgl. zur Prüfungsreihenfolge Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren in MedSach 2009, 181, 185). Auch war es nicht erforderlich, von Amts wegen das zusätzlich beantragte weitere "Obergutachten" einzuholen, da der medizinische Sachverhalt nach Auffassung des Senats aufgeklärt ist und auch der Beurteilungsstreit zwischen Dr. S. und den anderen Gutachtern umfassend dokumentiert ist.
Schließlich bestand auch nicht das Erfordernis, eine zweite ergänzende gutachterliche Stellungnahme bei Dr. S. einzuholen, nachdem dieser sich am auf Anforderung des Gerichts am 10.09.2008 einerseits ergänzend zu den Erwiderungen der Gutachter Prof. Dr. S. und Dr. V. als auch zu dem neuen Gutachten von Dr. L. umfassend geäußert hat. Die weiteren Ausführungen des Dr. S. haben ergeben, dass dieser auf einer unterschiedlichen Bewertung des weitestgehend aufgeklärten und vom Sachverhalt im Übrigen nahezu unstrittigen Vorfalls vom 20.02.2006 mit den bereits in seinem Gutachten genannten Argumenten beharrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Rotatorenmanschettenruptur als Folge des Arbeitsunfalles des Klägers vom 20.02.2006 im Streit.
Der am 17.12.1947 geborene Kläger arbeitet seit 1971 als Nebenerwerbslandwirt und hauptberuflich in einer Fensterfabrik. Am 20.02.2006 verletzte er sich im Kuhstall an der rechten Schulter. Nach seinen Angaben im Durchgangsarztbericht des Dr. F. vom 20.02.2006 ist er an diesem Tag während des Umstellens von Rindern beim Zerren an der Kette einer störrischen Kuh ausgerutscht und auf die rechte Schulter gefallen. Der Kläger hat seine Arbeit nach dem Unfall aufgrund einer stark schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes eingestellt. Das Röntgenergebnis ergab keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung. Als Erstdiagnose gab Dr. F. einen Verdacht auf Zerrung der Rotatorenmanschette rechts sowie ein Impingementsyndrom in der rechten Schulter an. Unfallunabhängig sei ein Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur links und offener Rekonstruktion festgestellt worden.
Am 27.02.2006 wurde eine Kernspintomografie des rechten Schultergelenks angefertigt. Der Radiologe Dr. T. beurteilte die Aufnahme als Nachweis einer frischen ausgedehnten Teilruptur der Supraspinatussehne und einer kräftigen Zerrung des M. supraspinatus mit Teilruptur und Hämatombildung. Es liege eine posttraumatisch bedingte, kräftige Bursitis supracromialis/supdeltoidea sowie eine mäßige Zerrung der Bizepssehnenscheide sowie der Bizepssehne vor. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Durchgangsarzt Dr. F. am 22.03.2006 mit, dass für ihn Vorschäden im Bereich der rechten Schulter nicht ersichtlich gewesen seien, weswegen er von der Zuständigkeit der Beklagten ausgehe.
Der Kläger war vom 23.05. bis 29.05.2006 stationär im Kreiskrankenhaus D.l aufgenommen. Am 23.05.2006 wurde dort aufgrund der Diagnosen Supraspinatussehnendefekt und Bizepssehnenluxation bei supracromialem Impingement der rechten Schulter eine Arthroskopie des Schultergelenks (rechts) und des supracromialen Raums durchgeführt, verbunden mit einem arthroskopischen Debridement, einer Bizepssehnentenotomie und -tenodese sowie einer offenen Refixation der Supraspinatussehne und Entnahme einer Biopsie. Der Kläger sei mit reizlosen Wundverhältnissen in die ambulante Weiterbehandlung entlassen worden.
Am 23.10.2006 führte Dr. T. eine erneute Computertomografie der rechten Schulter durch. Dr. T. wertete das Ergebnis als Nachweis einer Re-Ruptur der Supraspinatussehne bei Zustand nach Refixation. Hierbei sei auch eine relativ deutliche Degeneration der Supscapularissehne ohne eindeutigen Hinweis auf eine frische Teilruptur sowie eine gemäßigte Degeneration der Bizepssehne festgestellt worden.
Im Auftrag der Beklagten wurde am 04.11.2006 durch Prof. Dr. S. und Dr. V. ein unfallchirurgisches Zusammenhanggutachten erstellt. An der rechten Schulter des Klägers bestehe ein ansatznaher Defektschaden der Rotatorenmanschette betreffend den Anteil des Obergrätenmuskels (M. supraspinatus) und ein Defektschaden der Rotatorenmanschette betreffend den Untergrätenmuskel (M. infraspinatus) im Bereich der Übergangszone Muskel/Sehne. Die festgestellten (minimal ausgeprägten) degenerativen Veränderungen im Bereich des Schultergelenkes (Arthrose) seien zweifellos keine Folgen des Ereignisses vom 20.02.2006. Diese seien auch nicht geeignet gewesen, die festgestellte Schädigung der Rotatorenmanschette auszulösen. Dennoch sei auch das Unfallereignis nicht wesentlich ursächlich für den festgestellten Schaden der Rotatorenmanschette, da das von dem Kläger als Unfallereignis beschriebene direkte Trauma einer unmittelbaren Gewalteinwirkung auf die Schulter durch den Sturz auf den Boden von einem breiten ärztlich wissenschaftlichen Konsens als geeignete Unfallursache eines Rotatorenmanschettenschadens abgelehnt werde (mit Hinweisen auf die unfallmedizinische Literatur). Die Gutachter wiesen ferner darauf hin, dass die entnommene Gewebeprobe (feingeweblicher Befund von Mai 2006) nur bedingt verwertbar sei, da sie nach einem Zeitraum von ca. drei Monaten entnommen worden sei. Außerdem spreche das Wiederauftreten eines Defektschadens im Bereich der Sehne des Obergrätenmuskels in der Zeit vom 27.02. bis zum 23.10.2006, welches ohne ein weiteres unfallbedingtes Ereignis aufgetreten sei, ebenfalls für einen spontanen Defekt. Eine Schädigung der Rotatorenmanschette bedingt durch das angeschuldigte Ereignis sei nach der geltenden medizinischen Lehrmeinung und deren Kausalitätsverständnis nicht nachvollziehbar.
Mit Bescheid vom 11.12.2006 hat die Beklagte den Vorfall vom 20.02.2006 als Unfall nach § 7 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) im Sinne eines Arbeitsunfalls anerkannt. Die hierbei erlittene Verletzung sei eine Prellung der rechten Schulter gewesen. Als Arbeitsunfallfolge wurde eine Prellung der rechten Schulter, welche eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit von max. drei Wochen bedingte habe, anerkannt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in messbarem Grade liege nicht vor, weswegen die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt werde. Als Folgen des Arbeitsunfalls vom 20.02.2006 wurden nicht anerkannt: Degenerativ vorgeschädigte Rotatorenmanschette der rechten und linken Schulter, beginnende Arthrose im rechten Schultereckgelenk, eingeschränkte Drehfähigkeit des rechten Armes aus der Schulter heraus, Hochstand des Oberarmkopfes rechts, Kraftverlust des rechten Armes bei Bewegungen aus der Schulter heraus, chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom, Halswirbelsäulensyndrom mit Ausstrahlung in beide Oberarme, Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule.
Der Widerspruch vom 18.12.2006 wurde damit begründet, dass nach den Feststellungen des erstbehandelnden Dr. F. Vorschäden an der rechten Schulter nicht vorgelegen hätten. Erstmalig durch den Unfall sei eine erhebliche Funktionseinschränkung des freibeweglichen rechten Schultergelenks eingetreten. Die eingetretene Verletzung sei auch nicht mit einem schicksalsmäßigen, alterungsbedingten Befund vereinbar.
Die Gutachter Dr. S. und Dr. V. nahmen hierzu nach Aufforderung der Beklagten am 26.03.2007 ergänzend Stellung. Sie vertraten die Ansicht, dass der Klägerbevollmächtige die Begriffe Vorschaden und Schadenanlage nicht ausreichend unterscheide. Beim Fehlen eines Vorschadens seien nach den Ausführungen in dem Gutachten, auf welches verwiesen wurde, vom Vorliegen einer bereits vor dem Unfall bestehenden Schadenanlage auszugehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen und hierzu auf die Stellungnahme der Gutachter Bezug genommen.
Der Kläger hat über seine Bevollmächtigten am 15.05.2007 am Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers hat der Orthopäde und Sportmediziner Dr. S. am 28.09.2007 ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgelegt. An der rechten Schulter werden als Diagnose ein gut 2 cm breiter Defekt in der Rotatorenmanschette bei Zustand nach zweimaliger OP rechts, narbige fibrosierende Veränderungen im Rotatorenmanschettenbereich, ein ACG-Gelenk mit Defekten und OP-Artefakten sowie eine ventrale Kapselnarbe und ein hypertroper Supraspinatusmuskel angegeben. Eine konkurrierende Bedingung für den Eintritt dieser Schädigungsfolge sei aus den Unterlagen nicht erkennbar. Die zuvor minimal festgestellten degenerativen Veränderungen hätten sowohl im Kernspinbefund als auch im histologischen Befund im Hintergrund gestanden. Zwar sei die Sturzanamnese relativ fraglich für die gesamte Beweisführung. Wichtig sei jedoch, dass die Anhaltspunkte für ein traumatisches Geschehen überwögen. Nachdem es in der Literatur keine Übereinstimmung hinsichtlich der geeigneten Unfallereignisse ergebe, sei vorliegend aufgrund Fehlens eines vorbestehenden Schadens von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Verursachung der Verletzung der rechten Schulter durch den Unfall auszugehen. Arbeitsunfähigkeit habe vom 20.02.2006 bis zum 01.07.2006 vorgelegen, die Unfallfolgen hätten danach eine MdE um 10 v. H. bedingt.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme der Vorgutachter Prof. Dr. S. und Dr. V. vom 13.11.2007 vorgelegt, wonach weiterhin nicht von einer wesentlichen Verletzung der rechten Schulter durch den Unfall auszugehen sei. Dr. S. habe eingeräumt, dass in der deutschen Gutachterliteratur ein weitestgehender Konsens in der Frage des geeigneten Unfallhergangs bestehe; es sei davon auszugehen, dass sich dieser Konsens auch auf internationale Literatur stütze. Die von dem Gutachter Dr. S. zitierten Literaturnachweise seien teilweise älteren Datums, als sich erst allmählich ein Konsens in der Sache gebildet habe.
Auf Anforderung des SG ist daraufhin ein Gutachten von Amts wegen bei dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L. eingeholt worden, welches am 30.04.2008 erstellt worden ist. In dem Gutachten stimmt Dr. L. den Gutachtern aus dem Verwaltungsverfahren dahingehend zu, dass bei dem Kläger ursächlich für die verbliebene Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der rechten Schulter eine anlagebedingte Aufbraucherscheinung der Rotatorenmanschette rechts in Form einer Schadensanlage vorgelegen habe, welche sich anlässlich des Ereignisablaufes am 20.02.2006 erstmalig manifestiert habe. Es fehlten jedwede klinische, bildgebende oder intraoperativ beweisende Tatsachen dafür, dass eine traumatische Genese der Schultererkrankung rechts wahrscheinlich sei. Insbesondere sei den Vorgutachtern aus den Verwaltungsverfahren dahingehend zuzustimmen, dass ein geeigneter Unfallverlauf für die festgestellten Verletzungen nicht vorliege. Der Kläger habe auf Nachfrage ausdrücklich darauf bestanden, dass er direkt auf die rechte Schulter gefallen sei. Eine Verletzung der Rotatorenmanschette durch einen solchen Vorgang erfordere jedoch jedenfalls eine solche Gewalteinwirkung, dass auch äußere Verletzungszeichen hätten erkennbar sein müssen. Insbesondere bei der sieben Tage nach dem Unfall angefertigten hochauflösenden MRT-Aufnahme seien jedoch keine solchen äußeren Verletzungen des Weichteilmantels und der gelenkbildenden Skelettanteile der rechten Schulter erkennbar gewesen. Bei der festgestellten isolierten an der Supraspinatussehne vorliegenden Verletzung könne nicht einer von außen wirkenden ausreichend heftigen Gewalteinwirkung ausgegangen werden. Der Gutachter Dr. S. zitiere zwar umfangreiche Literatur, und argumentiere ebenso wie die Vorgutachter aus dem Verwaltungsverfahren auf einem hohen akademischen Niveau mit präziser Recherche der Vorgeschichte und des Verlaufs, er habe jedoch eine Bewertung der von ihm geschilderten wissenschaftlichen Lehrmeinung unter Anwendung auf den vorliegenden, konkret zu beurteilenden Einzelfall nicht vorgenommen. Letztlich komme Gutachter Dr. S. zu dem Schluss, dass, weil eindeutige degenerative Veränderungen am Schultergelenk selbst nicht nachweisbar seien, das angeschuldigte Ereignis vom 20.02.2006 ursächlich für die entstandene Schulterschädigung rechts sein müsse. Dem könne indes nach Berücksichtigung aller Kriterien nicht gefolgt werden. Im Übrigen habe auch Dr. S. der gesicherten Erkenntnis zugestimmt, das bei Veränderungen und funktionellen Beeinträchtigungen im Bereich der Rotatorenmanschette epidemiologisch die Degeneration die Regel und die traumatisch bedingte Ursächlichkeit der Veränderung die Ausnahme sei. Auch die Gutachter aus dem Verwaltungsverfahren hätten sich im Übrigen nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, dass bereits eine für die festgestellte Verletzung ausreichend heftige Gewalteinwirkung bei einem Sturz auf die rechte Schulter nicht vorgelegen habe.
Auf Anforderung des Gerichts nahm der Gutachter Dr. S. hierzu am 10.09.2008 ergänzend Stellung. Dieser verwies darauf, dass die Frage einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur auch noch im Jahre 2005 in der deutschen wissenschaftlichen Literatur kontrovers beurteilt worden sei. Aufgrund des Verlaufs der Ereignisse und der vorliegenden Anhaltspunkte für eine traumatische Schädigung verbleibe er bei seiner Einschätzung.
Hierzu wiederum hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dr. V. vom 18.11.2008 vorgelegt, der ebenfalls seine gutachtlich mitgeteilte Auffassung bekräftigte. Insbesondere sei nach der mehrfachen Befragung des Klägers auch durch Dr. S. davon auszugehen, dass ein Sturz auf die rechte Schulter ohne Auffangversuch durch den rechten Arm vorgelegen habe. Soweit Dr. S. dennoch einen Unfallhergang mit einem Auffangversuch durch den rechten Arm für möglich halte, seien seine Ausführungen allenfalls auf die entfernte Möglichkeit eines Unfallhergangs gestützt.
Die Klägerbevollmächtigten legten am 23.01.2009 einen aktuellen Kernspinbefund des Dr. T. vom 08.01.2009 vor.
Dem SG lag aus einem parallel geführten Klageverfahren des Klägers über die Anerkennung einer Berufskrankheit der Wirbelsäule die Akte mit dem Az. S 3 U 222/07 vor. Aus einem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Prof. Dr. C. vom 07.05.2008 geht unter anderem hervor, dass beim Kläger multisegmentale degenerative Veränderungen unteren Halswirbelsäule (mit operativer Versteifung des Bewegungssegmentes C5/C6), monosegmentale degenerative Veränderungen der Brustwirbelsäule sowie multisegmentale Veränderungen der Lendenwirbelsäule (mit sequestriertem Bandscheibenvorfall L1/2) vorliegen. Seit 1992 ist es durch diese Erkrankungen nahezu jährlich zu Arbeitsunfähigkeitszeiten gekommen. Bereits 2002 wurde von der Federseeklinik B. B. unter anderem ein HWS-Syndrom mit Schulter-Nacken-Tendomyalgien festgestellt. Das Klageverfahren mit dem Az. S 3 U 222/07 wurde nach Eingang des Gutachtens von Prof. Dr. C. durch Klagerücknahme beendet.
Das SG hat die Klage zu den Folgen des Unfalls vom 20.02.2006 mit Urteil vom 28.10.2009 als unbegründet abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte den Sturz des Klägers am 20.02.2006 als Arbeitsunfall anerkannt, die Anerkennung des Risses der Supraspinatussehne als Unfallfolge und die Gewährung von Verletztenrente jedoch abgelehnt. Nach den im Bereich der Unfallversicherung einschlägigen Kausalitätskriterien könne der wesentliche Zusammenhang zwischen der festgestellten Verletzung und dem Unfallereignis nicht festgestellt werden. Das Unfallereignis stelle nach Überzeugung der Kammer bereits keinen Mechanismus dar, der geeignet gewesen sei, eine Beschädigung der Supraspinatussehne herbeizuführen. Nach eigenen Angaben sei der Kläger mit angelegtem Arm auf die Schulter gestürzt und habe sich dabei verletzt; er habe nicht versucht, den Sturz mit seitlich abgespreiztem Arm aufzufangen. Mit den Ausführungen des Gutachtens von Dr. V. sei davon auszugehen, dass die unfallbedingte Zerreißung einer Sehne grundsätzlich nur dann nachvollziehbar sei, wenn eine der Sehnenzugrichtung gegenläufige Kraft im Moment der maximalen Muskelanspannung plötzlich, unerwartet und unkontrollierbar aufgezwungen werde. Außerdem sei ein erheblich destruierender Begleitschaden derjenigen Strukturen zu fordern, die quasi schützend der Rotatorenmanschette vorgelagert seien, wozu die Haut und der Deltamuskel gehörten. Wesentliche Begleitschäden seien bei dem Kläger jedoch weder bei der körperlichen und sonografischen Untersuchung vom 20.02.2006 noch bei der kernspintomografischen Untersuchung vom 27.02.2006 gefunden worden. Auch der Gutachter Dr. L. führe aus, dass aufgrund der fehlenden Begleitverletzungen ein Hinweis für eine von außen auf den Körper einwirkende Kraft fehle, welche die physiologische Belastbarkeit der betroffenen Struktur überstiegen und zu einem substanziellen Schaden habe führen können. Dies stehe in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur, nach der eine direkte Krafteinwirkung auf die Schulter nicht geeignet sei, eine Ruptur der Rotatorenmanschette hervorzurufen (mit Hinweis auf Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 507). In Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur seien die Gutachter Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. davon ausgegangen, dass ein Sturz auf die Schulter durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe und des Muskelmantels grundsätzlich nicht geeignet sei, eine - gesunde - Supraspinatussehne zu zerreißen. Auch eine Mitursächlichkeit des Unfalls für die Supraspinatussehnenruptur sei zu verneinen. Der Gutachter Dr. V. habe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der schicksalsmäßige, alterungsbedingte Umbauprozess der Rotatorensehnenmanschette vorliegend derart weit fortgeschritten und leicht ansprechbar gewesen sei, dass es zur Herbeiführung der Zusammenhangstrennung keiner besonderen, in ihrer Art außergewöhnlichen bzw. unersetzlichen Einwirkungen bedurft habe, sondern, dass der Schaden durch jede austauschbare Belastung des alltäglichen Lebens und innerhalb eines vergleichbaren Zeitrahmens eingetreten wäre. Die wesentlichen degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette seien vorliegend nachgewiesen. Es sei auch anerkannt, dass die Rotatorenmanschette nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung in hohem Maße der Degeneration unterliege, und dass es den isolierten ausschließlich traumatischen Supraspinatussehnenriss nicht gebe (Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 506). Zwar sei bei der ersten Bildgebung nach dem Unfall kein wesentlicher degenerativer Zustand festgestellt worden, jedoch ergäben sich nach den Gutachtern Dr. V. und Dr. L. aus der acht Monate nach dem Unfall durchgeführten Kernspintomografie deutliche degenerative Veränderungen. Für die im wesentlichen degenerative Verursachung im Sinne einer leicht ansprechbaren Schadenanlage spreche auch der kurzfristige Wiedereintritt der Zusammenhangstrennung, wie er im Oktober 2006 beschrieben worden sei, ohne dass ein neuerliches Ereignis mit den typischen Unfallmerkmalen bekannt geworden sei. Das Gutachten von Dr. S. sei demgegenüber nicht schlüssig, weil er selbst eine direkte Gewalteinwirkung auf die Schulter als geeigneten Unfallmechanismus für eine Rotatorenmanschettenschädigung ablehne, um anschließend dem entgegen auszuführen, dass bei einer nachgewiesenen Schädigung im Zusammenhang mit einem solchen Vorfall die Schädigung selbst als Nachweis der Schädigung durch den Vorfall/Kausalität anzunehmen sei. Der histologische Befund, auf den Dr. S. sich stütze, sei nur ein schwaches Indiz, da dieser nach mehr als drei Monaten entnommen worden sei (mit Hinweis auf Schönberger/Mertens/Valentin, a. a. O., S. 510). Das Urteil wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 16.12.2009 zugestellt.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 13.01.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung verweisen die Bevollmächtigten des Klägers auf das Gutachten von Dr. S., dem das SG in den wesentlichen Fragen zu Unrecht nicht gefolgt sei. Das SG habe zudem die ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Dr. S. vom 10.09.2008 rechtsfehlerhaft nicht ausreichend beachtet. Dr. S. habe ausführlich dargelegt, dass vorliegend die Voraussetzung für die Anerkennung der Verursachung gegeben seien. Außerdem habe das SG fehlerhaft darauf verzichtet, nach den nochmaligen Ausführungen des Dr. V. vom 18.11.2008 eine weitere Entgegnung durch Dr. S. einzuholen. Die Verursachungsfrage sei außerdem nach der von Dr. S. beschriebenen, offenen Diskussion in der medizinischen Literatur nicht ausreichend geklärt, weswegen die Einholung eines medizinischen Obergutachtens beantragt werde.
Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,
das Urteil des Sozialgericht Heilbronn vom 28.10.2009 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2007 festzustellen, dass seine Rotatorenmanschettenruptur rechts Folge des Unfalls vom 20.02.2006 ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, aufgrund der Folgen des Unfalls vom 20.02.2006 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig und verweist hierzu auf die dem Klagebegehren entgegenstehenden Gutachten und gutachterlichen Stellungnahmen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 SGG statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass seine Rotatorenmanschettenruptur rechts Folge des Unfalls vom 20.02.2006 ist. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen dieser Verletzung.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage zulässig, da die Feststellung der nach dem Unfall verbliebenen funktionellen Einschränkungen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG im Streit steht (Feststellungsklage) und der Kläger darüber hinaus durch den Bescheid der Beklagten insoweit beschwert ist, dass die Gewährung einer ausdrücklich Verletztenrente als konkrete Leistungsart der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R -). Insofern ist es unschädlich, dass der Klägerbevollmächtigte den Antrag des Klägers als einen Antrag auf "Entschädigung" des Arbeitsunfalls formuliert hat, da durch Auslegung ersichtlich ist, dass die Gewährung der abgelehnten Verletztenrente gemeint ist. Das besondere Feststellungsinteresse besteht neben der vorliegenden Leistungsklage, weil sich aus der begehrten Feststellung Ansprüche – etwa auf Heilbehandlung – ergeben können, welche über die Gewährung einer Verletztenrente hinausgehen.
Im Übrigen ist der Antrag des Klägers dahingehend auszulegen, dass der angegriffene Ausgangsbescheid lediglich abgeändert und nicht aufgehoben wird, weil er auch die dem Kläger günstige Anerkennung eines Arbeitsunfalles beinhaltet.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
Zu Recht hat die Beklagte den Vorfall vom 20.02.2006 als bei ihr versicherten Arbeitsunfall anerkannt. Jedoch ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und der geltend gemachten Verletzung an der rechten Schulter nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor. Das SG hat mit schlüssiger und überzeugender Begründung unter Berufung auf die Ausführungen von Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. sowie mit Hinweisen auf die einschlägige unfallmedizinische Literatur dargelegt, warum die begehrte Anerkennung als Unfallfolge nicht erfolgen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt, Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Das angeschuldigte Ereignis vom 20.02.2006 mit dem Charakteristikum einer direkten Krafteinwirkung auf die Schulter (durch Sturz, Prellung oder Schlag) war nicht geeignet, die vom Kläger erlittene Rotatorenmanschettenverletzung hervorzurufen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 412 f.; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Aufl. 2009, S. 229; Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl. 2007, S. 734). Dies geht neben der zitierten Literatur auch deutlich aus den Gutachten von Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. hervor.
Nach den wiederholt vom Kläger bekräftigten Ausführungen zum Unfallhergang ist dieser, als er an der Kette einer störrischen Kuh zog, ohne Auffang- oder Abstützbewegung auf seine rechte Schulter gefallen. Dieser Unfallhergang erscheint glaubhaft, zumal durch das Festhalten der Kette auch ein schlüssiger Grund dafür vorliegt, dass es zu keiner Auffangbewegung durch das Abspreizen eines Armes gekommen ist. Bereits der Gutachter Dr. S. weist darauf hin, dass bei einem solchen Unfallgeschehen eine Verursachung einer Rotatorenmanschettenverletzung unwahrscheinlich ist. Jedenfalls mit der Argumentation des Gutachters Dr. L., welche noch weiter geht als diejenige von Prof. Dr. S. und Dr. V., ist eine Kausalität mit dem Argument abzulehnen, dass hierfür die Einwirkung von Kräften zu fordern wäre, die wegen der bei dem Kläger im Bereich der rechten Schulter ansonsten unverletzten Haut, Muskeln und Schulterknochen nicht aufgetreten sein können.
Nach herrschender medizinischer Lehrmeinung unterliegt die Rotatorenmanschette zudem in hohem Maße der Degeneration. Diese beginnt ab dem dritten Lebensjahrzehnt. Zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen auf. Ursache der Entstehung ist eine lokale Minderdurchblutung im Bereich der Sehnenansätze am Oberarmkopf sowie ein zunehmender Verschleiß der Sehnen in der Enge des subacromialen Raumes. Dabei handelt es sich um eine Störung der Gleitbewegung zwischen Oberarmkopf einschließlich der Rotatorenmanschette und dem Schulterdach (Acromion). Jede Veränderung des Inhalts und der Begrenzung des subacromialen Raumes kann zu einem Engpass des Schultergelenkes führen: z.B. degenerative Erscheinungen der Rotatorenmanschette einschließlich Teilrupturen und vorzeitiger Verschleiß des Schultereckgelenkes (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010 S. 409 ff., 520 ff.).
Entsprechende degenerative Veränderungen sind bei dem Kläger bereits in zeitlicher Nähe zum Unfall nachgewiesen. Wenngleich diese zunächst als sehr gering ausgeprägt bezeichnet wurden, werden diese von den Gutachtern Prof. Dr. S., Dr. V. und Dr. L. mit überzeugenden Ausführungen als geeignete Schadenanlage für die später aufgetretene Verletzung beschrieben. Hierbei ist auch das Alter des Klägers zu berücksichtigen, bei dem nach den beiden oben genannten Fundstellen verstärkt – und epidemiologisch mit gegenüber einer unfallbedingten Verursachung auch mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit – mit einer degenerativen Beeinträchtigung der Rotatorenmanschettenruptur zu rechnen war. Im Übrigen wurden beim Kläger weitreichende degenerative Veränderungen der Wirbelsäule nachgewiesen, welche in der Akte des Klageverfahrens über die Anerkennung einer Berufskrankheit der Wirbelsäule (Az. S 3 U 222/07) dokumentiert sind. Die dort im Gutachten von Prof. Dr. C. vom 07.05.2008 mitgeteilten multisegmentalen degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule mit operativer Versteifung des Bewegungssegmentes C5/C6, sowie die monosegmentalen degenerativen Veränderungen der Brustwirbelsäule und die multisegmentalen Veränderungen der Lendenwirbelsäule (mit sequestriertem Bandscheibenvorfall L1/2) haben seit 1992 zu nahezu jährlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt. Bereits 2002 wurde zudem von der Federseeklinik Bad Buchau unter anderem ein HWS-Syndrom mit Schulter-Nacken-Tendomyalgien festgestellt.
In diese Richtung weist auch das Ergebnis der am 23.10.2006 durchgeführten zweiten Computertomografie der rechten Schulter durch Dr. T., bei der eine Re-Ruptur der Supraspinatussehne bei Zustand nach Refixation festgestellt wurde. Anlässlich dieser Untersuchung wurde sogar eine relativ deutliche Degeneration der Supscapularissehne ohne eindeutigen Hinweis auf eine frische Teilruptur sowie eine gemäßigte Degeneration der Bizepssehne festgestellt. Das erneute Auftreten einer ähnlichen Verletzung, diesmal ohne geeigneten Unfallmechanismus, stützt die Annahme, dass die degenerativen Veränderungen im beeinträchtigten Bereich des Klägers allein geeignet waren, auch bei einer üblichen alltäglichen Verrichtung eine entsprechende Verletzung zu erleiden.
Eine weitere Sachaufklärung auf medizinischem Gebiet war im Hinblick auf die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten nicht veranlasst, zumal ein für die geltend gemachte Verletzung nicht geeigneter Unfallhergang zugrundezulegen ist (vgl. zur Prüfungsreihenfolge Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren in MedSach 2009, 181, 185). Auch war es nicht erforderlich, von Amts wegen das zusätzlich beantragte weitere "Obergutachten" einzuholen, da der medizinische Sachverhalt nach Auffassung des Senats aufgeklärt ist und auch der Beurteilungsstreit zwischen Dr. S. und den anderen Gutachtern umfassend dokumentiert ist.
Schließlich bestand auch nicht das Erfordernis, eine zweite ergänzende gutachterliche Stellungnahme bei Dr. S. einzuholen, nachdem dieser sich am auf Anforderung des Gerichts am 10.09.2008 einerseits ergänzend zu den Erwiderungen der Gutachter Prof. Dr. S. und Dr. V. als auch zu dem neuen Gutachten von Dr. L. umfassend geäußert hat. Die weiteren Ausführungen des Dr. S. haben ergeben, dass dieser auf einer unterschiedlichen Bewertung des weitestgehend aufgeklärten und vom Sachverhalt im Übrigen nahezu unstrittigen Vorfalls vom 20.02.2006 mit den bereits in seinem Gutachten genannten Argumenten beharrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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