Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1289/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 355/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 6. November 1948 in Serbien geborene Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt hat, siedelte im Jahr 1966 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie war zunächst als Spinnerin und Näherin sowie zuletzt als Küchenhilfe/Spülerin in einer Werkskantine bis November 2008 (als geringfügig Beschäftigte) versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Dezember 2008 bezieht die Klägerin eine Altersrente. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 8. April 2004 festgestellt (Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes R. vom 20. August 2004).
Am 10. Dezember 2004 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide seit 2004 an Bluthochdruck, Arthrose, Nerven- und Lungenleiden sowie an einem schlecht verheilten Oberschenkelbruch. Die Beklagte ließ die Klägerin fachärztlich begutachten. Facharzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. P. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 30. März 2005 ein Asthma Bronchiale, das medikamentös behandelt werde, sowie Bluthochdruck bei Übergewicht. Die Klägerin könne deshalb weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten - auch die Tätigkeit einer Küchengehilfin - vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen, Tätigkeiten im ständigen Knien und Hocken sowie Tätigkeiten in Nachtschicht. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2005 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, sondern könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei aufgrund ihres Oberschenkelhalsbruches nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Sie verfüge über kein verwertbares Restleistungsvermögen. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische Begutachtung nach ambulanter Untersuchung. Arzt für Orthopädie Dr. K. gelangte in seinem Gutachten vom 1. Februar 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Funktionsminderung linkes Hüftgelenk mit deutlicher Bewegungseinschränkung bei mittelgradigen degenerativen Veränderungen bei stattgehabter konservativer Therapie einer Schenkelhalsfraktur links 1997, mittelgradige Degenerose mittlere Brust- und untere Lendenwirbelsäule, statische Wirbelsäulenfehlhaltung, Rumpfmuskeldysbalance (keine Nervenwurzelreizzeichen), beginnende geringe degenerative Veränderungen beider Kniegelenke (der Altersnorm entsprechend und ohne Funktionsminderung), beginnende leichtgradige degenerative Veränderungen, stattgehabter handgelenksnaher Speichenbruch rechts 2001 (ohne Funktionsminderung) und Senk-Spreizfüße beidseits. Linksseitig sei die Hüfte in der Beweglichkeit end- bis mittelgradig eingeschränkt und es habe sich auch eine Knochendichteminderung gezeigt. Die Tätigkeit als Küchenhilfe könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden verrichten. Leichte Tätigkeiten könne sie jedoch noch vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufiger Zwangshaltung, häufigem Bücken und häufigem Kien oder Hocken sowie Tätigkeiten mit Klettern und Steigen. Auch Tätigkeiten mit häufigem Stehen sollten vermieden werden. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, sodass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, zumal sie auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne (Widerspruchsbescheid vom 22. März 2006).
Mit ihrer dagegen am 5. April 2006 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie leide an einer Hüftgelenksarthrose links nach einem Schenkelhalsbruch 1997 mit Bewegungseinschränkung, an einem statischen Haltungsfehler und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne Nervenwurzelreizzeichen, an Adipositas sowie an einem leichten Bronchialasthma. Sie könne deshalb nicht mehr sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. hat mitgeteilt (Auskunft vom 17. November 2006), er betreue die Klägerin hausärztlich. Die Klägerin leide an einem Wirbelsäulensyndrom, an Asthma Bronchiale, an arterieller Hypertonie, an Gastritis sowie an einer Inkontinenz nach Hysterektomie. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden scheine es zu einer Verbesserung gekommen zu sein. Die übrigen Erkrankungen hätten sich nicht verändert. Facharzt für Neurochirurgie Dr. H. (Auskunft vom 18. November 2006) hat angegeben, er habe die Klägerin lediglich im November 2005 chiropraktisch behandelt. Das maßgebliche Leiden läge auf orthopädischem/neurologischem Fachgebiet. Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat ausgeführt (Auskunft vom 30. Mai 2007), die Klägerin befinde sich in seiner regelmäßigen Behandlung. Sie sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Klägerin leide zwar an polytopen Beschwerden im gesamten Bereich des Bewegungsapparates. Eine zusammenhängende Schmerzgenese im Sinne von Rheuma oder Fibromyalgie habe jedoch weitgehend ausgeschlossen werden können. Leichte Wechseltätigkeiten seien unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen bis zu sechs Stunden täglich zumutbar. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. hat mitgeteilt (Auskunft vom 12. Juni 2007), er habe die Klägerin lediglich in den Jahren 2003 und 2004 behandelt. Nach seiner Einschätzung sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Gutachten des Dr. H. vom 23. November 2007 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen bestehe eine ausgeprägte chronifizierte Schmerzsituation bei erheblich degenerativen Veränderungen des Skelettsystems. Die Summe der Einzelbefunde (die im Gutachten jedoch nicht angegeben sind) führten zu einer erheblichen beruflichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auch eine Tätigkeit an fünf Tagen in der Woche für drei Stunden würde die Belastbarkeit der Klägerin überschreiten. An ihrer derzeitigen Arbeitsstätte als Küchenhilfe sei die Klägerin an drei Tagen zu jeweils vier Stunden beschäftigt. Hinterher komme es immer wieder zu einer erheblichen Verschlimmerung der Beschwerden. Die Versuche, eine Arbeit mit leichterer körperlicher Belastung sowie der Möglichkeit zwischen stehender, gehender und sitzender Tätigkeit auszuüben, seien bisher fehlgeschlagen. Auch eine Erhöhung der Arbeitspausen führe zu keiner Verbesserung der Arbeitsfähigkeit.
Für die Beklagte hat Facharzt für Chirurgie Dr. S. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten des Dr. H. keine gravierenden Untersuchungsbefunde genannt worden seien. Dieser habe lediglich sämtliche Diagnosen nochmals wiederholt. Eine Beschreibung der körperlichen Untersuchungsbefunde lasse sich dem Gutachten jedoch nicht entnehmen.
Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie B. vom 14. Januar 2009, der die Klägerin im Juni und Juli 2008 ambulant untersucht hatte, eingeholt. Er stimme der Beurteilung des Dr. H. zu, dass aufgrund der Polymorbidität der Klägerin mit zum Teil schwerwiegenden Krankheitsbildern die Klägerin nicht mehr über drei Stunden täglich arbeiten könne. Die Hauptproblematik liege im gesamten Wirbelsäulen- und Rückenbereich. Auch leide die Klägerin an einer fortgeschrittenen Osteoporose mit einem spontanen Wirbeleinbruch des Brustwirbelkörpers 6 und Verformung des Brustwirbelkörpers 7 und 8. Des Weiteren sei die Klägerin bei jeglicher Tätigkeit auf längere Pausen angewiesen, die nur im Liegen absolviert werden könnten. Die Knochendichtemessung habe im Übrigen einen T-Score-Wert von minus 2,15 ergeben. Der Gutachter hat zudem den Befundbericht des Radiologen Dr. C. vom 19. Juni 2008 beigefügt, wonach eine Kernspintomographie der Hüftgelenke im Juni 2008 ergeben habe, dass ein Zustand nach petrochantärer Femurfraktur links und eine mäßige linksbetonte Coxarthrose vorliege bei ansonsten altersentsprechender unauffälliger Darstellung beider Hüftgelenke.
Für die Beklagte hat Dr. S. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die von dem Gutachter B. erwähnte fortgeschrittene Osteoporose sich bislang - insbesondere im Hinblick auf die Auskunft des Dr. C. - nicht nachweisen lasse. Die objektiven Untersuchungsbefunde sprächen lediglich für eine Osteopenie, da erst bei einem T-Score-Wert von minus 2,5 eine Osteoporose definitionsgemäß vorhanden sei. Mit dem Gutachten lasse sich eine quantitative Leistungseinschränkung nicht begründen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 11. Mai 2009 eingeholt, der die Klägerin am 14. April 2009 persönlich untersucht hat. Danach leide die Klägerin an einem chronischen diffusen Schmerzsyndrom in der gesamten Wirbelsäule und in den oberen und unteren Gliedmaßen bei altersüblichen Verschleißerscheinungen in der Wirbelsäule sowie zusätzlich an einer mäßiggradigen Verformung des 6. Brustwirbels (offenbar nach Stauchungsbruch). Des Weiteren bestünden Anzeichen einer beginnenden bis mäßiggradigen Hüftarthrose (links mehr als rechts). Der Klägerin seien daher lediglich leichte bis gelegentlich kurzfristige mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Rumpfvor- oder Seitneigungen mit Lasten über 6 kg sowie längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule. Ein stündlicher Wechsel der Körperhaltung sei hinreichend. Das Besteigen von Leitern und Gerüsten sei ihr nicht mehr zumutbar. Gelegentliches Treppensteigen sei jedoch noch möglich. Nicht mehr leidensgerecht seien Arbeiten unter Akkord- oder Fließbandbedingungen. Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen seien im Hinblick auf die Asthmaerkrankung ungünstig. Die Klägerin könne auch noch viermal täglich 500 m in zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurücklegen. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin daher noch leidensgerechte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit als Küchenhilfe zumindest mittelschwer sei. Wenn die Klägerin an drei Tagen in der Woche vier Stunden lang eine solche körperlich belastende Tätigkeit ausüben könne, erschließe sich für ihn nicht, wie Dr. H. zu der Einschätzung gelangen könne, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden täglich eine körperlich wesentlich weniger belastende Arbeit zu verrichten. Die von dem Gutachter B. attestierte fortgeschrittene Osteoporose habe dieser durch seine eigene Knochendichtemessung widerlegt. Laut internationaler Definition bestehe bei den genannten Messergebnissen keine Osteoporose.
Nachdem der Kammervorsitzende am 9. September 2009 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 1. Oktober 2009 bestimmt hatte, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 29. Oktober 2009 dem SG telefonisch mitgeteilt, dass die Ladung vom Postzusteller versehentlich in den Briefkasten des Nachbarn gelegt worden sei und er die Ladung erst gestern bekommen habe. Am 1. Oktober 2009 habe er jedoch bereits einen anderen Gerichtstermin, sodass er um Terminsverlegung bitte. Dem ist das SG nachgekommen und hat den Termin am 30. September 2009 aufgehoben und am 19. November 2009 einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 15. Dezember 2009, 9.00 Uhr, bestimmt. Am 3. Dezember 2009 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem SG schriftlich mitgeteilt, dass er am Verhandlungstag bereits um 8.00 Uhr im Rathaus zu W. einen dringenden, nicht aufschiebbaren Notartermin in einer umfangreichen Kaufrechtsangelegenheit wahrzunehmen habe. Er hat deshalb angefragt, ob der Rechtsstreit statt um 9.00 Uhr, auch um 10.00 Uhr oder um 11.00 Uhr terminiert werden könne. Anderenfalls hat er um Verlegung des Termins gebeten.
Nachdem das SG dem Verlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Hinweis darauf, dass "der Verhandlungstag durchterminiert" sei, mithin keine freien Termine mehr vorhanden seien, und auch eine Verlegung "angesichts der Verfahrensdauer" sowie dem Umstand, dass der Termin bereits einmal verlegt worden sei, nicht stattgegeben hat, hat das SG nach mündlicher Verhandlung, bei der weder die Klägerin noch ihr Prozessbevollmächtigter anwesend waren, die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2009 (dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 13. Januar 2010) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche verrichten. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. H., dessen Leistungseinschätzung sich mit den Aussagen der sachverständigen Zeugen Dr. S. und Dr. E. deckten. Den Leistungseinschätzungen des Dr. H. und des Herrn B. könne nicht gefolgt werden. Zum einen sei Dr. H. der behandelnde Hausarzt, was bei Würdigung seines Gutachtens nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Zum anderen sei sein Gutachten sehr kurz, subjektive Angaben der Klägerin und körperliche Untersuchungsbefunde seien nicht aufgeführt worden. Seine Schlussfolgerung könne daher nicht überzeugen. Auch das Gutachten des Herrn B. sei sehr kurz gefasst und auch hier fehlten subjektive Angaben der Klägerin. Die Leistungseinschätzung überzeuge schon deshalb nicht, weil diese im Wesentlichen auf die fortgeschrittene Osteoporose gestützt werde. Nach den überzeugenden Darlegungen des Dr. H. sei jedoch eine fortgeschrittene Osteoporose durch die Knochendichtemessung widerlegt. Die Leistungseinschätzung des Herrn B. habe daher keine tragfähige Grundlage.
Mit ihrer dagegen am 22. Januar 2010 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das SG habe ihren Rechtsanspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da dem Terminsverlegungsantrag ihres Prozessbevollmächtigten nicht stattgegeben worden sei. Ihr Prozessbevollmächtigter habe seine Terminskollision nicht durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft machen müssen. Zudem sei er hierzu vom SG nicht aufgefordert worden. Des Weiteren habe das SG das Gutachten des Herrn B. ignoriert. Aufgrund dieses Gutachtens stehe fest, dass sie Arbeiten auch keine drei Stunden täglich verrichten könne.
Die Klägerin beantragt - teilweise sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23. April 2010 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt. Insofern wird auf die Niederschrift verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 1. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2006 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat weder ab dem 1. Dezember 2004 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Soweit die Klägerin ihre Berufung auf einen Verfahrensmangel, der Verletzung rechtlichen Gehörs, stützt, führt dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Aufhebung des Urteils des SG und zu einer Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs 1 SGG. Danach kann das LSG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 159 Abs 1 Nr 2 SGG). Vorliegend hat das SG zwar das Grundrecht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 Grundgesetz [GG], §§ 62, 124 Abs 1 SGG) dadurch verletzt, dass es ein Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung verkündet hat, obwohl die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten einen begründeten Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 202 SGG iVm § 227 Zivilprozessordnung [ZPO]) gestellt hatte. Denn wird einem Beteiligten das rechtliche Gehör dadurch versagt, dass es ihm nicht ermöglicht wird, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, so ist davon auszugehen, dass dies für eine aufgrund dieser Verhandlung ergangene Entscheidung ursächlich geworden ist; insoweit erübrigen sich zur Kennzeichnung des Verfahrensmangels Ausführungen darüber, dass das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann (vgl hierzu ausführlich BSG, Beschluss vom 26. Juni 2007 - B 2 U 55/07 B = SozR 4-1750 § 227 Nr 1). Der Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt darin, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, nachdem er die Ladung für den Gerichtstermin zur mündlichen Verhandlung für den 15. Dezember 2009 am 27. November 2009 erhalten hatte, bereits am 3. Dezember 2009 - und damit rechtzeitig (vgl BSGE 17, 44, 46) - eine Terminsverlegung beantragt hatte. Dabei hatte der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass er am 15. Dezember 2009 um 08.00 Uhr im Rathaus zu W. einen dringenden, nicht aufschiebbaren Notartermin in einer umfangreichen Kaufrechtsangelegenheit wahrzunehmen habe. Er hat deshalb das SG gebeten, die Angelegenheit statt um 09.00 Uhr, um 10.00 Uhr oder um 11.00 Uhr zu terminieren bzw anderenfalls den Termin zu verlegen. Dies hat das SG mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 mit der Begründung abgelehnt, dass der Verhandlungstag durchterminiert sei und somit keine freien Termine vorhanden seien. Eine Verlegung auf einen anderen Tag hat das SG ebenfalls abgelehnt und hierbei auf die Verfahrensdauer und den Umstand, dass der Termin zur Verhandlung bereits einmal verlegt worden sei, hingewiesen. Mit seinem Antrag und dem Hinweis auf eine Terminskollision hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 ZPO geltend gemacht (vgl hierzu BSG, Urteil vom 21. August 2002 - B 9 VJ 1/02 R - veröffentlicht in Juris; Urteil vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1; s auch Hennig, Kommentar zum SGG, § 110 Rdnr 22, Stand August 2005). Bei Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben oder nicht, Gelegenheit gegeben werden, sich zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung selbst zu äußern. Das Vorliegen eines erheblichen Grundes für die Terminsverlegung begründet die Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung; ein Ermessensspielraum besteht nicht (BSG, Beschluss vom 30. Oktober 2001 - B 4 RA 49/01 R - veröffentlicht in Juris). Auch wenn ein Beteiligter im selben Rechtszug bereits mehrfach mit Terminsverlegungsanträgen wegen Verhinderung des Prozessbevollmächtigten erfolgreich war, kann ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung vorliegen (BSG, Beschluss vom 26. Juni 2007, B 2 U 55/07 B, aaO). Der Hinweis des SG, wonach bereits einmal dem Verlegungsantrag nachgegeben worden sei und eine weitere Terminsverlegung deshalb nicht in Betracht komme, geht daher fehl, zumal vorliegend keine Hinweise für eine Prozessverschleppungsabsicht bestehen (vgl hierzu Roller in Lütdke, Kommentar zum SGG, 3. Aufl 2009, § 11 Rdnr 14).
Der Senat hat aber von einer Zurückverweisung nach § 159 Abs 1 SGG abgesehen, da das Berufungsgericht in vollem Umfang als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und vorliegend Präklusionsvorschriften nicht eingreifen. Das BSG hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass im Zweifel die Entscheidung des LSG, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig ist (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009, B 14 AS 91/08 B, veröffentlicht in Juris mwN). Die Klägerin hat sich zudem im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit einer Entscheidung des Senats in der Sache einverstanden erklärt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin zwar nicht mehr in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe zu verrichten. Sie ist aber weder voll noch teilweise erwerbsmindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts und unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Belastbarkeit der Klägerin ist im Wesentlichen aufgrund von Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet eingeschränkt. Die Klägerin leidet insbesondere an einem chronisch diffusen Schmerzsyndrom in der gesamten Wirbelsäule und in den oberen und unteren Gliedmaßen bei altersüblichen Verschleißerscheinungen in der Wirbelsäule sowie zusätzlich an einer mäßiggradigen Verformung des 6. Brustwirbels (offenbar nach Stauchungsbruch). Des Weiteren bestehen Anzeichen einer beginnenden bis mäßiggradigen Hüftarthrose links mehr als rechts. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H ... Dieser konnte auch - im Gegensatz zu Herrn B. - bei seiner ausführlichen Untersuchung keine funktionell bedeutsame Wirbelsäulenskoliose erkennen. Er hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Beinlängendifferenz, wie von Herrn B. angegeben, von 1 cm für die Leistungsbeurteilung irrelevant ist. Auch konnte Dr. H. eine Instabilität der Wirbelsäule weder klinisch noch radiologisch erkennen. Gleiches gilt für die von Herrn B. gestellte Diagnose einer "Retropatellarpathie". Schließlich konnte Dr. H. auch keine Fingerpolyarthrose erkennen. In diesem Zusammenhang weist der Senat auch auf die Auskunft des Dr. S. vom 30. Mai 2007 hin, der dargelegt hat, dass eine zusammenhängende Schmerzgenese im Sinne von Rheuma oder Fibromyalgie weitgehend ausgeschlossen werden kann.
Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nur noch in der Lage, leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Zu vermeiden sind Heben und Tragen von Lasten in aufrechter Rumpfhaltung sowie Arbeiten in Rumpfvor- oder Seitneigung mit Lasten von über 7 kg. Ein längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule ist nicht mehr leidensgerecht. Gelegentliches kurzfristiges Bücken oder Überstrecken des Rumpfes oder Seitneigung des Rumpfes ist dagegen noch zumutbar. Langes Verharren in ein und derselben Körperhaltung ist ebenfalls nicht mehr leidensgerecht. Ein stündlicher Wechsel der Körperhaltung ist jedoch hinreichend. Das Besteigen von Leitern und Gerüsten muss vermieden werden, wobei ein gelegentliches Treppensteigen von zwei bis drei Stockwerken noch möglich ist. Zu vermeiden sind darüber hinaus Arbeiten unter Akkord- oder Fließbandbedingungen. Gleiches gilt für einen ständigen Wechsel zwischen Kälte- und Hitzezonen. Aufgrund der bereits durch Dr. P. diagnostizierten Asthmaerkrankung sind Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen ebenfalls nicht mehr leidensgerecht. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H., die aufgrund der geschilderten Gesundheitsstörungen auch nachvollziehbar und schlüssig sind.
Der Senat schließt sich der Leistungseinschätzung des Dr. H. an. Danach ist die Klägerin noch in der Lage, die oben beschriebenen Tätigkeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Der Senat geht mit Dr. H. davon aus, dass eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit, wie von Dr. H. und Herrn B. angenommen, sich insbesondere damit nicht in Einklang bringen lässt, dass die Klägerin auch während des Klageverfahrens noch drei Tage in der Woche an vier Stunden als Küchenaushilfe tätig war. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat die Klägerin diesbezüglich bestätigt, dass es sich um eine mittelschwere bis schwere Tätigkeit gehandelt hat. Es erschließt sich daher für den Senat nicht, dass die Klägerin nicht in der Lage sein soll, an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden täglich eine körperlich wesentlich weniger belastende Arbeit zu verrichten. Allein vor diesem Hintergrund sind die Leistungseinschätzungen des Dr. H. und des Herrn B. nicht überzeugend.
Deren Leistungseinschätzung überzeugt aber auch deshalb nicht, weil weder Dr. H. noch Herr B. gravierende Untersuchungsbefunde in ihren Gutachten mitgeteilt haben. Schließlich fehlen in beiden Gutachten auch Angaben zum Tagesablauf der Klägerin. Soweit Herr B. seine Leistungseinschätzung auf die von ihm angenommene fortgeschrittene Osteoporose stützt, hat Dr. H. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Knochendichtemessung mit einem T-Score-Wert von minus 2,15 diese Einschätzung nicht stützt. Danach liegt bei der Klägerin lediglich eine Osteopenie vor. Im Übrigen kann eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht allein auf eine bestimmte Diagnose gestützt werden. Es kommt vielmehr darauf an, ob daraus körperliche oder geistige Leistungseinschränkungen resultieren. Solche Einschränkungen, die durch objektive Untersuchungsbefunde zu belegen sind, haben jedoch weder Dr. H. noch Herr B. in ihren Gutachten mitgeteilt. Aus dem Bericht des Dr. C. vom 19. Juni 2008 folgt zudem, dass beide Hüftgelenke - bei mäßiger linksbetonter Coxarthrose - altersentsprechend unauffällig darstellbar waren.
Schließlich wird die Leistungseinschätzung des Dr. H. auch durch die Gutachter Dr. P. und Dr. K., deren Ergebnisse im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten, sowie durch die Auskünfte der sachverständigen Zeugen Dr. S. und Dr. E. bestätigt.
Weitere Ermittlungen im Berufungsverfahren waren nicht erforderlich, da die Klägerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 6. November 1948 in Serbien geborene Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt hat, siedelte im Jahr 1966 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie war zunächst als Spinnerin und Näherin sowie zuletzt als Küchenhilfe/Spülerin in einer Werkskantine bis November 2008 (als geringfügig Beschäftigte) versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Dezember 2008 bezieht die Klägerin eine Altersrente. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 8. April 2004 festgestellt (Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes R. vom 20. August 2004).
Am 10. Dezember 2004 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide seit 2004 an Bluthochdruck, Arthrose, Nerven- und Lungenleiden sowie an einem schlecht verheilten Oberschenkelbruch. Die Beklagte ließ die Klägerin fachärztlich begutachten. Facharzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. P. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 30. März 2005 ein Asthma Bronchiale, das medikamentös behandelt werde, sowie Bluthochdruck bei Übergewicht. Die Klägerin könne deshalb weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten - auch die Tätigkeit einer Küchengehilfin - vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen, Tätigkeiten im ständigen Knien und Hocken sowie Tätigkeiten in Nachtschicht. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2005 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, sondern könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei aufgrund ihres Oberschenkelhalsbruches nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Sie verfüge über kein verwertbares Restleistungsvermögen. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische Begutachtung nach ambulanter Untersuchung. Arzt für Orthopädie Dr. K. gelangte in seinem Gutachten vom 1. Februar 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Funktionsminderung linkes Hüftgelenk mit deutlicher Bewegungseinschränkung bei mittelgradigen degenerativen Veränderungen bei stattgehabter konservativer Therapie einer Schenkelhalsfraktur links 1997, mittelgradige Degenerose mittlere Brust- und untere Lendenwirbelsäule, statische Wirbelsäulenfehlhaltung, Rumpfmuskeldysbalance (keine Nervenwurzelreizzeichen), beginnende geringe degenerative Veränderungen beider Kniegelenke (der Altersnorm entsprechend und ohne Funktionsminderung), beginnende leichtgradige degenerative Veränderungen, stattgehabter handgelenksnaher Speichenbruch rechts 2001 (ohne Funktionsminderung) und Senk-Spreizfüße beidseits. Linksseitig sei die Hüfte in der Beweglichkeit end- bis mittelgradig eingeschränkt und es habe sich auch eine Knochendichteminderung gezeigt. Die Tätigkeit als Küchenhilfe könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden verrichten. Leichte Tätigkeiten könne sie jedoch noch vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufiger Zwangshaltung, häufigem Bücken und häufigem Kien oder Hocken sowie Tätigkeiten mit Klettern und Steigen. Auch Tätigkeiten mit häufigem Stehen sollten vermieden werden. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, sodass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, zumal sie auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne (Widerspruchsbescheid vom 22. März 2006).
Mit ihrer dagegen am 5. April 2006 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie leide an einer Hüftgelenksarthrose links nach einem Schenkelhalsbruch 1997 mit Bewegungseinschränkung, an einem statischen Haltungsfehler und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne Nervenwurzelreizzeichen, an Adipositas sowie an einem leichten Bronchialasthma. Sie könne deshalb nicht mehr sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. hat mitgeteilt (Auskunft vom 17. November 2006), er betreue die Klägerin hausärztlich. Die Klägerin leide an einem Wirbelsäulensyndrom, an Asthma Bronchiale, an arterieller Hypertonie, an Gastritis sowie an einer Inkontinenz nach Hysterektomie. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden scheine es zu einer Verbesserung gekommen zu sein. Die übrigen Erkrankungen hätten sich nicht verändert. Facharzt für Neurochirurgie Dr. H. (Auskunft vom 18. November 2006) hat angegeben, er habe die Klägerin lediglich im November 2005 chiropraktisch behandelt. Das maßgebliche Leiden läge auf orthopädischem/neurologischem Fachgebiet. Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat ausgeführt (Auskunft vom 30. Mai 2007), die Klägerin befinde sich in seiner regelmäßigen Behandlung. Sie sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Klägerin leide zwar an polytopen Beschwerden im gesamten Bereich des Bewegungsapparates. Eine zusammenhängende Schmerzgenese im Sinne von Rheuma oder Fibromyalgie habe jedoch weitgehend ausgeschlossen werden können. Leichte Wechseltätigkeiten seien unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen bis zu sechs Stunden täglich zumutbar. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. hat mitgeteilt (Auskunft vom 12. Juni 2007), er habe die Klägerin lediglich in den Jahren 2003 und 2004 behandelt. Nach seiner Einschätzung sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Gutachten des Dr. H. vom 23. November 2007 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen bestehe eine ausgeprägte chronifizierte Schmerzsituation bei erheblich degenerativen Veränderungen des Skelettsystems. Die Summe der Einzelbefunde (die im Gutachten jedoch nicht angegeben sind) führten zu einer erheblichen beruflichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auch eine Tätigkeit an fünf Tagen in der Woche für drei Stunden würde die Belastbarkeit der Klägerin überschreiten. An ihrer derzeitigen Arbeitsstätte als Küchenhilfe sei die Klägerin an drei Tagen zu jeweils vier Stunden beschäftigt. Hinterher komme es immer wieder zu einer erheblichen Verschlimmerung der Beschwerden. Die Versuche, eine Arbeit mit leichterer körperlicher Belastung sowie der Möglichkeit zwischen stehender, gehender und sitzender Tätigkeit auszuüben, seien bisher fehlgeschlagen. Auch eine Erhöhung der Arbeitspausen führe zu keiner Verbesserung der Arbeitsfähigkeit.
Für die Beklagte hat Facharzt für Chirurgie Dr. S. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten des Dr. H. keine gravierenden Untersuchungsbefunde genannt worden seien. Dieser habe lediglich sämtliche Diagnosen nochmals wiederholt. Eine Beschreibung der körperlichen Untersuchungsbefunde lasse sich dem Gutachten jedoch nicht entnehmen.
Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie B. vom 14. Januar 2009, der die Klägerin im Juni und Juli 2008 ambulant untersucht hatte, eingeholt. Er stimme der Beurteilung des Dr. H. zu, dass aufgrund der Polymorbidität der Klägerin mit zum Teil schwerwiegenden Krankheitsbildern die Klägerin nicht mehr über drei Stunden täglich arbeiten könne. Die Hauptproblematik liege im gesamten Wirbelsäulen- und Rückenbereich. Auch leide die Klägerin an einer fortgeschrittenen Osteoporose mit einem spontanen Wirbeleinbruch des Brustwirbelkörpers 6 und Verformung des Brustwirbelkörpers 7 und 8. Des Weiteren sei die Klägerin bei jeglicher Tätigkeit auf längere Pausen angewiesen, die nur im Liegen absolviert werden könnten. Die Knochendichtemessung habe im Übrigen einen T-Score-Wert von minus 2,15 ergeben. Der Gutachter hat zudem den Befundbericht des Radiologen Dr. C. vom 19. Juni 2008 beigefügt, wonach eine Kernspintomographie der Hüftgelenke im Juni 2008 ergeben habe, dass ein Zustand nach petrochantärer Femurfraktur links und eine mäßige linksbetonte Coxarthrose vorliege bei ansonsten altersentsprechender unauffälliger Darstellung beider Hüftgelenke.
Für die Beklagte hat Dr. S. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die von dem Gutachter B. erwähnte fortgeschrittene Osteoporose sich bislang - insbesondere im Hinblick auf die Auskunft des Dr. C. - nicht nachweisen lasse. Die objektiven Untersuchungsbefunde sprächen lediglich für eine Osteopenie, da erst bei einem T-Score-Wert von minus 2,5 eine Osteoporose definitionsgemäß vorhanden sei. Mit dem Gutachten lasse sich eine quantitative Leistungseinschränkung nicht begründen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 11. Mai 2009 eingeholt, der die Klägerin am 14. April 2009 persönlich untersucht hat. Danach leide die Klägerin an einem chronischen diffusen Schmerzsyndrom in der gesamten Wirbelsäule und in den oberen und unteren Gliedmaßen bei altersüblichen Verschleißerscheinungen in der Wirbelsäule sowie zusätzlich an einer mäßiggradigen Verformung des 6. Brustwirbels (offenbar nach Stauchungsbruch). Des Weiteren bestünden Anzeichen einer beginnenden bis mäßiggradigen Hüftarthrose (links mehr als rechts). Der Klägerin seien daher lediglich leichte bis gelegentlich kurzfristige mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, Rumpfvor- oder Seitneigungen mit Lasten über 6 kg sowie längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule. Ein stündlicher Wechsel der Körperhaltung sei hinreichend. Das Besteigen von Leitern und Gerüsten sei ihr nicht mehr zumutbar. Gelegentliches Treppensteigen sei jedoch noch möglich. Nicht mehr leidensgerecht seien Arbeiten unter Akkord- oder Fließbandbedingungen. Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen seien im Hinblick auf die Asthmaerkrankung ungünstig. Die Klägerin könne auch noch viermal täglich 500 m in zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurücklegen. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin daher noch leidensgerechte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit als Küchenhilfe zumindest mittelschwer sei. Wenn die Klägerin an drei Tagen in der Woche vier Stunden lang eine solche körperlich belastende Tätigkeit ausüben könne, erschließe sich für ihn nicht, wie Dr. H. zu der Einschätzung gelangen könne, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden täglich eine körperlich wesentlich weniger belastende Arbeit zu verrichten. Die von dem Gutachter B. attestierte fortgeschrittene Osteoporose habe dieser durch seine eigene Knochendichtemessung widerlegt. Laut internationaler Definition bestehe bei den genannten Messergebnissen keine Osteoporose.
Nachdem der Kammervorsitzende am 9. September 2009 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 1. Oktober 2009 bestimmt hatte, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 29. Oktober 2009 dem SG telefonisch mitgeteilt, dass die Ladung vom Postzusteller versehentlich in den Briefkasten des Nachbarn gelegt worden sei und er die Ladung erst gestern bekommen habe. Am 1. Oktober 2009 habe er jedoch bereits einen anderen Gerichtstermin, sodass er um Terminsverlegung bitte. Dem ist das SG nachgekommen und hat den Termin am 30. September 2009 aufgehoben und am 19. November 2009 einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 15. Dezember 2009, 9.00 Uhr, bestimmt. Am 3. Dezember 2009 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem SG schriftlich mitgeteilt, dass er am Verhandlungstag bereits um 8.00 Uhr im Rathaus zu W. einen dringenden, nicht aufschiebbaren Notartermin in einer umfangreichen Kaufrechtsangelegenheit wahrzunehmen habe. Er hat deshalb angefragt, ob der Rechtsstreit statt um 9.00 Uhr, auch um 10.00 Uhr oder um 11.00 Uhr terminiert werden könne. Anderenfalls hat er um Verlegung des Termins gebeten.
Nachdem das SG dem Verlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Hinweis darauf, dass "der Verhandlungstag durchterminiert" sei, mithin keine freien Termine mehr vorhanden seien, und auch eine Verlegung "angesichts der Verfahrensdauer" sowie dem Umstand, dass der Termin bereits einmal verlegt worden sei, nicht stattgegeben hat, hat das SG nach mündlicher Verhandlung, bei der weder die Klägerin noch ihr Prozessbevollmächtigter anwesend waren, die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2009 (dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 13. Januar 2010) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche verrichten. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. H., dessen Leistungseinschätzung sich mit den Aussagen der sachverständigen Zeugen Dr. S. und Dr. E. deckten. Den Leistungseinschätzungen des Dr. H. und des Herrn B. könne nicht gefolgt werden. Zum einen sei Dr. H. der behandelnde Hausarzt, was bei Würdigung seines Gutachtens nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Zum anderen sei sein Gutachten sehr kurz, subjektive Angaben der Klägerin und körperliche Untersuchungsbefunde seien nicht aufgeführt worden. Seine Schlussfolgerung könne daher nicht überzeugen. Auch das Gutachten des Herrn B. sei sehr kurz gefasst und auch hier fehlten subjektive Angaben der Klägerin. Die Leistungseinschätzung überzeuge schon deshalb nicht, weil diese im Wesentlichen auf die fortgeschrittene Osteoporose gestützt werde. Nach den überzeugenden Darlegungen des Dr. H. sei jedoch eine fortgeschrittene Osteoporose durch die Knochendichtemessung widerlegt. Die Leistungseinschätzung des Herrn B. habe daher keine tragfähige Grundlage.
Mit ihrer dagegen am 22. Januar 2010 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das SG habe ihren Rechtsanspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da dem Terminsverlegungsantrag ihres Prozessbevollmächtigten nicht stattgegeben worden sei. Ihr Prozessbevollmächtigter habe seine Terminskollision nicht durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft machen müssen. Zudem sei er hierzu vom SG nicht aufgefordert worden. Des Weiteren habe das SG das Gutachten des Herrn B. ignoriert. Aufgrund dieses Gutachtens stehe fest, dass sie Arbeiten auch keine drei Stunden täglich verrichten könne.
Die Klägerin beantragt - teilweise sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23. April 2010 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt. Insofern wird auf die Niederschrift verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 1. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2006 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat weder ab dem 1. Dezember 2004 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Soweit die Klägerin ihre Berufung auf einen Verfahrensmangel, der Verletzung rechtlichen Gehörs, stützt, führt dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Aufhebung des Urteils des SG und zu einer Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs 1 SGG. Danach kann das LSG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 159 Abs 1 Nr 2 SGG). Vorliegend hat das SG zwar das Grundrecht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 Grundgesetz [GG], §§ 62, 124 Abs 1 SGG) dadurch verletzt, dass es ein Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung verkündet hat, obwohl die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten einen begründeten Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 202 SGG iVm § 227 Zivilprozessordnung [ZPO]) gestellt hatte. Denn wird einem Beteiligten das rechtliche Gehör dadurch versagt, dass es ihm nicht ermöglicht wird, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, so ist davon auszugehen, dass dies für eine aufgrund dieser Verhandlung ergangene Entscheidung ursächlich geworden ist; insoweit erübrigen sich zur Kennzeichnung des Verfahrensmangels Ausführungen darüber, dass das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann (vgl hierzu ausführlich BSG, Beschluss vom 26. Juni 2007 - B 2 U 55/07 B = SozR 4-1750 § 227 Nr 1). Der Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt darin, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, nachdem er die Ladung für den Gerichtstermin zur mündlichen Verhandlung für den 15. Dezember 2009 am 27. November 2009 erhalten hatte, bereits am 3. Dezember 2009 - und damit rechtzeitig (vgl BSGE 17, 44, 46) - eine Terminsverlegung beantragt hatte. Dabei hatte der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass er am 15. Dezember 2009 um 08.00 Uhr im Rathaus zu W. einen dringenden, nicht aufschiebbaren Notartermin in einer umfangreichen Kaufrechtsangelegenheit wahrzunehmen habe. Er hat deshalb das SG gebeten, die Angelegenheit statt um 09.00 Uhr, um 10.00 Uhr oder um 11.00 Uhr zu terminieren bzw anderenfalls den Termin zu verlegen. Dies hat das SG mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 mit der Begründung abgelehnt, dass der Verhandlungstag durchterminiert sei und somit keine freien Termine vorhanden seien. Eine Verlegung auf einen anderen Tag hat das SG ebenfalls abgelehnt und hierbei auf die Verfahrensdauer und den Umstand, dass der Termin zur Verhandlung bereits einmal verlegt worden sei, hingewiesen. Mit seinem Antrag und dem Hinweis auf eine Terminskollision hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 ZPO geltend gemacht (vgl hierzu BSG, Urteil vom 21. August 2002 - B 9 VJ 1/02 R - veröffentlicht in Juris; Urteil vom 10. August 1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1; s auch Hennig, Kommentar zum SGG, § 110 Rdnr 22, Stand August 2005). Bei Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben oder nicht, Gelegenheit gegeben werden, sich zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung selbst zu äußern. Das Vorliegen eines erheblichen Grundes für die Terminsverlegung begründet die Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung; ein Ermessensspielraum besteht nicht (BSG, Beschluss vom 30. Oktober 2001 - B 4 RA 49/01 R - veröffentlicht in Juris). Auch wenn ein Beteiligter im selben Rechtszug bereits mehrfach mit Terminsverlegungsanträgen wegen Verhinderung des Prozessbevollmächtigten erfolgreich war, kann ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung vorliegen (BSG, Beschluss vom 26. Juni 2007, B 2 U 55/07 B, aaO). Der Hinweis des SG, wonach bereits einmal dem Verlegungsantrag nachgegeben worden sei und eine weitere Terminsverlegung deshalb nicht in Betracht komme, geht daher fehl, zumal vorliegend keine Hinweise für eine Prozessverschleppungsabsicht bestehen (vgl hierzu Roller in Lütdke, Kommentar zum SGG, 3. Aufl 2009, § 11 Rdnr 14).
Der Senat hat aber von einer Zurückverweisung nach § 159 Abs 1 SGG abgesehen, da das Berufungsgericht in vollem Umfang als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und vorliegend Präklusionsvorschriften nicht eingreifen. Das BSG hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass im Zweifel die Entscheidung des LSG, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig ist (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009, B 14 AS 91/08 B, veröffentlicht in Juris mwN). Die Klägerin hat sich zudem im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts mit einer Entscheidung des Senats in der Sache einverstanden erklärt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin zwar nicht mehr in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe zu verrichten. Sie ist aber weder voll noch teilweise erwerbsmindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts und unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Belastbarkeit der Klägerin ist im Wesentlichen aufgrund von Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet eingeschränkt. Die Klägerin leidet insbesondere an einem chronisch diffusen Schmerzsyndrom in der gesamten Wirbelsäule und in den oberen und unteren Gliedmaßen bei altersüblichen Verschleißerscheinungen in der Wirbelsäule sowie zusätzlich an einer mäßiggradigen Verformung des 6. Brustwirbels (offenbar nach Stauchungsbruch). Des Weiteren bestehen Anzeichen einer beginnenden bis mäßiggradigen Hüftarthrose links mehr als rechts. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H ... Dieser konnte auch - im Gegensatz zu Herrn B. - bei seiner ausführlichen Untersuchung keine funktionell bedeutsame Wirbelsäulenskoliose erkennen. Er hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Beinlängendifferenz, wie von Herrn B. angegeben, von 1 cm für die Leistungsbeurteilung irrelevant ist. Auch konnte Dr. H. eine Instabilität der Wirbelsäule weder klinisch noch radiologisch erkennen. Gleiches gilt für die von Herrn B. gestellte Diagnose einer "Retropatellarpathie". Schließlich konnte Dr. H. auch keine Fingerpolyarthrose erkennen. In diesem Zusammenhang weist der Senat auch auf die Auskunft des Dr. S. vom 30. Mai 2007 hin, der dargelegt hat, dass eine zusammenhängende Schmerzgenese im Sinne von Rheuma oder Fibromyalgie weitgehend ausgeschlossen werden kann.
Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nur noch in der Lage, leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Zu vermeiden sind Heben und Tragen von Lasten in aufrechter Rumpfhaltung sowie Arbeiten in Rumpfvor- oder Seitneigung mit Lasten von über 7 kg. Ein längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule ist nicht mehr leidensgerecht. Gelegentliches kurzfristiges Bücken oder Überstrecken des Rumpfes oder Seitneigung des Rumpfes ist dagegen noch zumutbar. Langes Verharren in ein und derselben Körperhaltung ist ebenfalls nicht mehr leidensgerecht. Ein stündlicher Wechsel der Körperhaltung ist jedoch hinreichend. Das Besteigen von Leitern und Gerüsten muss vermieden werden, wobei ein gelegentliches Treppensteigen von zwei bis drei Stockwerken noch möglich ist. Zu vermeiden sind darüber hinaus Arbeiten unter Akkord- oder Fließbandbedingungen. Gleiches gilt für einen ständigen Wechsel zwischen Kälte- und Hitzezonen. Aufgrund der bereits durch Dr. P. diagnostizierten Asthmaerkrankung sind Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen ebenfalls nicht mehr leidensgerecht. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H., die aufgrund der geschilderten Gesundheitsstörungen auch nachvollziehbar und schlüssig sind.
Der Senat schließt sich der Leistungseinschätzung des Dr. H. an. Danach ist die Klägerin noch in der Lage, die oben beschriebenen Tätigkeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Der Senat geht mit Dr. H. davon aus, dass eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit, wie von Dr. H. und Herrn B. angenommen, sich insbesondere damit nicht in Einklang bringen lässt, dass die Klägerin auch während des Klageverfahrens noch drei Tage in der Woche an vier Stunden als Küchenaushilfe tätig war. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat die Klägerin diesbezüglich bestätigt, dass es sich um eine mittelschwere bis schwere Tätigkeit gehandelt hat. Es erschließt sich daher für den Senat nicht, dass die Klägerin nicht in der Lage sein soll, an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden täglich eine körperlich wesentlich weniger belastende Arbeit zu verrichten. Allein vor diesem Hintergrund sind die Leistungseinschätzungen des Dr. H. und des Herrn B. nicht überzeugend.
Deren Leistungseinschätzung überzeugt aber auch deshalb nicht, weil weder Dr. H. noch Herr B. gravierende Untersuchungsbefunde in ihren Gutachten mitgeteilt haben. Schließlich fehlen in beiden Gutachten auch Angaben zum Tagesablauf der Klägerin. Soweit Herr B. seine Leistungseinschätzung auf die von ihm angenommene fortgeschrittene Osteoporose stützt, hat Dr. H. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Knochendichtemessung mit einem T-Score-Wert von minus 2,15 diese Einschätzung nicht stützt. Danach liegt bei der Klägerin lediglich eine Osteopenie vor. Im Übrigen kann eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht allein auf eine bestimmte Diagnose gestützt werden. Es kommt vielmehr darauf an, ob daraus körperliche oder geistige Leistungseinschränkungen resultieren. Solche Einschränkungen, die durch objektive Untersuchungsbefunde zu belegen sind, haben jedoch weder Dr. H. noch Herr B. in ihren Gutachten mitgeteilt. Aus dem Bericht des Dr. C. vom 19. Juni 2008 folgt zudem, dass beide Hüftgelenke - bei mäßiger linksbetonter Coxarthrose - altersentsprechend unauffällig darstellbar waren.
Schließlich wird die Leistungseinschätzung des Dr. H. auch durch die Gutachter Dr. P. und Dr. K., deren Ergebnisse im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten, sowie durch die Auskünfte der sachverständigen Zeugen Dr. S. und Dr. E. bestätigt.
Weitere Ermittlungen im Berufungsverfahren waren nicht erforderlich, da die Klägerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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