L 24 KA 1018/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 36/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 1018/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Besonderheiten für die Berechnung der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung nach dem Honorarverteilungsmaßstab 2002 (HVM), konkret einen Korrekturfaktor von 1,0 statt 0,75.

Er ist seit August 1992 als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in Potsdam zugelassen. Im Jahr 1999 gingen seine Behandlungsfälle vom Quartal I/1999 mit 920 über II/1999 mit 1157 Behandlungen auf 761 in III/1999 sowie 818 Behandlungsfälle in IV/1999 zurück. Danach stiegen die Behandlungsfälle wieder an (Quartal I/2000 916, Quartal II/2000 1108 und Quartal III/2000 1083 Behandlungsfälle). Grund für den Rückgang war ein Wasserschaden in den Praxisräumen Anfang Juli 1999. Zunächst versuchte der Kläger noch ca. drei Wochen, seine Praxis in den alten Räumen zu betreiben. Am 21. oder 22. Juli 1999 räumte er die Räume vollständig. Die neue Praxis war erst am 07.09.1999 einsatzbereit.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2003 beantragte er bei der Beklagten, ab dem Quartal I/2003 seinen angepassten Fallzahlkorrekturfaktor auf 1,0 zu erhöhen. Aufgrund seines Praxisausfalles und Praxisumzuges 1999 habe er lange gebraucht, um seine Patientenzahlen wieder zu erreichen.

Die Beklagte legte dies als Antrag auf Berücksichtigung von Besonderheiten für die Ausgangsbasis der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung nach dem Honorarverteilungsmaßstab 2002 (HVM) ab dem Quartal I/2003 aus und lehnte diesen mit Bescheid vom 28.07.2003 ab. Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 6 HVM sei einem Antrag auf Anpassung des Korrekturfaktors nach Prüfung der letzten vier der aktuellen Abrechnung vorangegangenen Quartale zu entsprechen, sofern eine tatsächliche Überschreitung des bisherigen Faktors vorliege und weitere in die Ermessensentscheidung einzubeziehende Kriterien dem nicht entgegenstünden. Hier sei bereits eine tatsächliche Überschreitung des Korrekturfaktors 1,0 bei Zugrundelegung der Fallzahl der Quartale I/2002 bis IV/2002 nicht gegeben. Das Verhältnis der durchschnittlichen Fallzahlen des Klägers in den Quartalen I/2002 bis IV/2002 zur durchschnittlichen Fallzahl (DFZ) der Arztgruppe der Gynäkologen insgesamt betrage nur 0,693 (rechnerischer Korrekturfaktor). Der daraus resultierende Korrekturfaktor von 0,75 sei deshalb gemäß § 9 Abs. 3 HVM festgesetzt worden. Eine Überschreitung des Korrekturfaktors sei damit nicht gegeben. Weiter hätten keine Kriterien festgestellt werden können, die im Verfahren zur Berücksichtigung von Besonderheiten bei der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung zu einer anderen Bewertung führen könnten.

Mit Honorarbescheid vom 30.07.2003 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal I/2003 auf 37.837,34 EUR fest.

Der Kläger erhob am 29.08.2003 Widerspruch. Er habe in diesem Quartal 1244 Patienten behandelt und abgerechnet. Dies entspreche 78,2 % des Fachgruppendurchschnittes. Er bittet deshalb um Anwendung des Fallzahlkorrekturfaktors 1,0. Der Anteil von Primär- und Ersatzkassenpatientinnen habe sich seit 2000 bundesweit und auch in seiner Praxis geändert. Im Jahre 2000 habe der Anteil der Primärkassenpatientinnen ca. 35 % betragen, er liege heute bei ca. 45 %. Die starre Festlegung des HVM spiegele nicht die Patientenentwicklung seiner Praxis wieder. Er widerspreche der starren Trennung der Primär- und Ersatzkassenpatienten nach dem HVM.

Die Beklagte erließ am 30.10.2003 den Honorar-Bescheid für das Quartal II/2003 und setzte das Honorar auf 39.110,49 EUR fest.

Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 28.11.2003 Widerspruch. Er bitte erneut um Anwendung des Fallzahlenkorrekturfaktors 1,0 sowie um Nachberechnung. Er habe im zweiten Quartal 2003 1252 Patientinnen behandelt und abgerechnet. Dies entspreche 78,7 % des Fachgruppendurchschnittes.

Mit Schreiben vom 12.01.2004 beantragte er ferner erneut eine Änderung des Fallzahlkorrekturfaktors von 0,75 auf 1,0. Er habe in den Quartalen IV/2002 bis III/2003 77,14 % der durchschnittlichen Fallzahl seiner Arztgruppe behandelt. Im Zeitraum 1/2003 bis 4/2003 liege der Anteil bei 82,18 %.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/2003 "und gegen den Bescheid bzgl. Ihres Antrages auf Berücksichtigung von Besonderheiten für die Ausgangsbasis der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung HVM 2002" mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2004 zurück. Der Honorarabrechnung läge der HVM in der Fassung vom 30.11.2001 zugrunde. Die Berechnung der Fallzahlen sei ordnungsgemäß auf der Grundlage der durchschnittlichen regionalen Anzahl der budgetrelevanten Behandlungsfälle des Jahres 1995 nach den allgemeinen Bestimmungen A I B 3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) errechnet. Die budgetrelevanten Fälle betrügen danach im Durchschnitt bei den Gynäkologen 1470 pro Quartal, die Punktzahlen je budgetrelevanten Fall nach den Versichertengruppen 358 M/F und 399 R. Circa 70 % aller Leistungen der Fachgruppe Gynäkologie seien praxisbudgetierte Leistungen und unterlägen der fallzahlabhängigen Abstaffelung. Der Kläger habe Fallpunktzahlen von 364,91 für M/F und 406,70 für R abgerechnet. Von insgesamt 729.150 angeforderten Punkten seien im Budget 537.741,6 anerkannt worden, 73,75 % (Bezugnahme auf Liste Z der Honorarabrechnung) (davon Praxisbudget: von 622.100 sind 455.197,6 Punkte, Quote 73,17 %, anerkannt worden; der Rest sind Zusatzbudgets).

Das kassenartenspezifische Punktzahlgrenzvolumen einer Arztpraxis ergäbe sich gemäß § 9 Abs. 2 HVM aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen Grenzfallpunktzahl (GFPZ) mit der kassenarten- und arztgruppenspezifischen Grenzfallzahl (EFZ) und dem praxisindividuellen Anteil der ambulant kurativen Behandlungsfälle gemäß § 9 Abs. 1 HVM einer Kassenart an der Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen Korrekturfaktors gemäß § 9 Abs. 3 HVM. Die angeforderten Punktzahlen, die der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung unterlägen, würden maximal bis zu diesem individuellen Punktzahlgrenzvolumen gemäß § 8 Abs. 7 HVM mit einem Punktwert von 4,1 Cent vergütet. Die Punkte aus dem Restpunktzahlvolumen, der Differenz zwischen abgerechnetem und anerkanntem Punkzahlvolumen und kassenarten- und arztgruppenspezifischen Punktzahlgrenzvolumen würden gem. § 10 Abs. 2 HVM mit dem sich als Quotient aus noch zur Verfügung stehenden Mitteln und dem Restpunktzahlvolumen ergebenden floatenden Punktwert vergütet. Insgesamt habe der Kläger unter Einbeziehung der Leistungen nach Anlage 3 zum HVM 1.001.182 Punkte angefordert. Der abgerechnete HVM-relevante Leistungsbedarf habe dabei 250.670,4 Punkte im Primärkassenbereich und 309.087,9 im Ersatzkassenbereich betragen. Darüber hinaus seien 441.423,7 Punkte abgerechnet worden, die nicht durch die Regelungen des HVM begrenzt seien. Unter Abzug des so ermittelten HVM-relevanten Leistungsbedarfes ergäbe sich ein Restpunktzahlvolumen von 103.790,4 (Tabelle 1 zum Widerspruchsbescheid) bei den Primärkassen bzw. 24.507,9 bei den Ersatzkassen. Der fallzahlabhängige Abstaffelungsfaktor betrage im Primärkassenbereich 58,59 und im Ersatzkassenbereich 92,07. Deshalb sei gem. § 9 Abs. 3 HVN ein Korrekturfaktor von 0,75 zuzuordnen aufgrund des rechnerischen Faktors auf Basis der Fallzahlen 2000 von 0,58.

Ferner sei der Bescheid vom 28.07.2003 zur Ablehnung des Antrages auf Berücksichtigung von Besonderheiten bei der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung gem. § 9 Abs. 8 HVM rechtmäßig. Eine Erhöhung des Korrekturfaktors sei nicht möglich. Es liege unter Zugrundelegung der Fallzahlen der Quartale I/2002 bis IV/2002 keine Überschreitung des bisherigen Korrekturfaktors von 0,75 vor. Sofern Überschreitungen vorlägen, die auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen seien, könne der Vorstand gem. § 9 Abs. 10 HVM auf Antrag Abweichungen bzgl. dieser Honorarbegrenzung festlegen. Der Vorstand habe aber keine Besonderheiten der Praxis gegenüber der Arztgruppe festgestellt. Auch überschreite der Fallzahlquotient von 0,718 im Durchschnitt der Quartale II/2002 bis I/2003 den festgesetzten Korrekturfaktor von 0,75 nicht. Somit scheide § 9 Abs. 3 Satz 6 HVM aus.

Hiergegen hat der Kläger am 30.03.2004 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2004 den Widerspruch des Klägers gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/2003 und den Antrag auf Berücksichtigung von Besonderheiten für die Ausgangsbasis der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung nach HVM 2002 zurückgewiesen. Die Begründung ist weitgehend identisch mit der des vorangegangenen Widerspruchsbescheides. Die Beklagte habe ein Restpunktzahlvolumen für die Primärkassen von 94.057,7 Punkte bzw. Ersatzkassen 28.441,5 ermittelt. Damit sei ein Korrekturfaktor nach § 9 Abs. 3 HVM von 0,75 zuzuordnen. Auch hier habe der Vorstand keine Besonderheiten der Praxis gegenüber der Arztgruppe festgestellt, um gem. § 9 Abs. 10 HVM Abweichungen festlegen zu können. Die Fallpunktzahl von 443 im Quartal II/2003 sowie die durchschnittliche Fallpunktzahl der vier Quartale III/2002 bis II/2003 von 448 liege unter der Grenzfallpunktzahl der Arztgruppe von 540.

Auch hiergegen hat der Kläger am 14.05.2004 geklagt.

Das SG hat die Verfahren mit Beschluss vom 09.07.2004 verbunden.

Zur Begründung seiner Klagen hat der Kläger vorgebracht, die Behandlungsfälle seien im Sommer 1999 als Folge des Wasserschadens mit Pilzbefall deutlich zurückgegangen. Aus § 9 Abs. 3 und Abs. 2 HVM folge, dass Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen seien. § 9 Abs. 3 HVM sei zwar direkt nicht einschlägig. Es liege keine Praxisneugründung vor. Der Kläger habe seinen Praxissitz lediglich verlegt. Jedoch folge aus der gefestigten Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes (BSG), dass dem Vertragsarzt immer die Möglichkeit gegeben werden müsse, seine Praxis unbegrenzt bis zum Fachgruppendurchschnitt zu entwickeln. Diese Möglichkeit sei dem Kläger hier genommen worden. Der Beklagte dürfe zur Anpassung des Fallzahlkorrekturfaktors nicht nur den Durchschnitt aus vier aufeinander folgenden Quartalen berücksichtigten. Dies sei unverhältnismäßig. Auch habe der Vorstand bei seiner Ermessensausübung nach § 9 Abs. 10 HVM nicht hinreichend die Besonderheiten beachtet.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Grenzfallpunktzahl ab dem Quartal I/2002 bereits um zwei Punkte auf 822 Punkte angehoben worden sei. Ferner sei dem Kläger für die Quartale III/2003 und IV/2003 ein Korrekturfaktor von 1,0 gewährt worden. Der Korrekturfaktor sei aus dem Durchschnitt der Fallzahlen der vier Quartale im Jahr 2000 von 328 gebildet. Der Kläger habe in diesem Jahr 58 % der durchschnittlichen Fälle der Arztgruppe abgerechnet. Sie hat ferner in einer Tabelle die Entwicklung des realen Korrekturfaktors beim Kläger dargestellt, auf die verwiesen wird (Seite 3 des Schriftsatzes vom 17.12.2004. Der Kläger habe 1999 keine Anfängerpraxis betrieben. Die kurzfristige Unterbrechung des Praxisbetriebs habe "wohl nicht" zu einer wesentlichen Verringerung des Patientenstammes geführt. Auch wäre der Zeitraum von acht Abrechnungsquartalen bereits mit dem Quartal III/2001 abgelaufen gewesen. Der Umstand des Ausfalles des Quartals III/1999 und des Praxisumzuges könne auch nicht als Praxisbesonderheit nach § 9 Abs. 10 HVM berücksichtigt werden. Mittlerweile seien 14 Abrechnungsquartale vergangen, in denen der Kläger seine Fallzahlen kontinuierlich habe wieder steigern können. Der Rechtssprechung des BSG (Urteil vom 10.03.2004 -B 6 KA 3/03- SozR 4-2500 § 85 Nr. 9) sei gerade durch § 9 Abs. 3 HVM Rechnung getragen.

Mit Urteil vom 20.04.2005 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die in § 9 HVM getroffenen Bestimmungen zur fallzahlabhängigen Leistungssteuerung überschritten nicht die gesetzlichen Ermächtigungen in § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung. Die hier angewendeten Bestimmungen des § 8 Abs. 7, 9 und 10 HVM verletzten nicht den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, insbesondere auch nicht die verfassungsrechtlich gebotene Differenzierung in Bezug auf die Staffelung der Grenzfallzahl in Schritten von 0,25. Diese Schritte seien kleiner als in den drei Fallzahlbereichen des Praxisbudgets für die Berechnung der Fallpunktzahl in A I Teil B 2 EBM, welche von der Rechtssprechung nicht als genügend differenziert bewertet worden sei. Die Beklagte habe diese Bestimmungen auch richtig angewendet. § 9 Abs. 3 Satz 3 HVM sei nicht einschlägig. Die Praxis des Klägers sei keine, deren erstes Abrechnungsquartal nach dem 31.03.1999 liege. Selbst dann, wenn man den Umzug der Praxis als Praxisneugründung werte, lägen die Quartale I und II/2003 nicht mehr im Zeitraum der ersten acht Abrechnungsquartale. Auch § 9 Abs. 3 letzter Satz HVM sei nicht einschlägig. Weder im Quartal I/2000 noch im Quartal I/2003 seien die Voraussetzungen für eine Anhebung des Korrekturfaktors um 0,25 gegeben gewesen. In beiden relevanten Vergleichszeiträumen habe das reale Verhältnis unter 0,75 gelegen. Ermessen habe die Beklagte damit nicht ausüben müssen.

Gegen dieses Urteil, das am 03.08.2005 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers vom 05.09.2005 (Montag). Zur Begründung hat er unter Einreichung einer Tabelle aller Fallzahlen (Seite 2 des Berufungsbegründungsschriftsatzes, GA Bl. 77) auf den Rückgang der Behandlungsfälle durch den Wasserschaden hingewiesen. Ferner verstoße die zeitliche Begrenzung der Gewährung des Korrekturfaktors von 1,0 für Anfängerpraxen auf acht Quartale gegen § 85 Abs. 4 SGB V. Die Schädigung im Quartal III/1999 sei als ein Abbruch und Neubeginn der Fallzahlentwicklung zu werten. Auf den ersten Blick scheine der Kläger nur leicht unterhalb des Fachgruppendurchschnittes angesiedelt zu sein. Die Fachgruppe habe durchschnittlich 39.344,00 EUR bzw. 38.958,00 EUR verdient. Diese Angleichung beruhe allerdings lediglich auf Praxisbesonderheiten. Zum einen habe der Kläger ambulante Operationen durchgeführt bzw. bei solchen assistiert. Daraus resultiere eine Erhöhung der Gebührenansätze 46 und 50 EBM. Der Kläger überschreite hier die Fachgruppe um 331,43 % bzw. 309,84 %. Außerdem weise die Praxis des Klägers eine überdurchschnittliche Anzahl von Mutterschaftsvorsorgepatientinnen auf. Hinsichtlich der Mutterschaftsvorsorge überschreite der Kläger die Fachgruppe um 23,42 % (Bezugnahme auf Liste A 2a für das Quartal I/2003: 80 Fälle gegenüber 65 der Fallgruppe). Lasse man diese Besonderheiten unberücksichtigt, betrage das Honorar des Klägers nur 30.464,38 EUR (Quartal I/2003) bzw. 30.540,09 EUR (Quartal II/2003) und damit lediglich 77,43 % bzw. 78,39 % des Fachgruppenhonorars.

Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Potsdam vom 20. April 2005 die Honorarbescheide der Beklagten vom 30.07.2003 und vom 30.10.2003 für die Quartale I und II/2003 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 3. April 2004 bzw. 22. April 2004 abzuändern und die Beklagte zur verpflichten, über den Honoraranspruch des Klägers für die genannten Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass selbst unter der hypothetischen Annahme einer Neugründung sich nur ein tatsächlicher Korrekturfaktor von 0,718 errechne. Dieser läge also immer noch unter dem angenommenen Korrekturfaktor von 0,75. Der Wert für das Quartal III/2003 betrüge 0,733. Der Kläger habe auch innerhalb von fünf Jahren nach September 1999 den Anschluss an den Fachgruppendurchschnitt geschafft. Die Rechtssprechung des BSG sei deshalb nicht einschlägig. Die Argumentation des Klägers, die Höhe des Honorars beruhe auf der Existenz von Praxisbesonderheiten, sei rechtsunerheblich. Das BSG habe in seinen Entscheidungen zur notwendigen Entwicklungsmöglichkeit einer Praxis bis zum durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu keinem Zeitpunkt die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten für erforderlich gehalten. Solche Praxisbesonderheiten seien nur im Rahmen der Prüfung von Ausnahmeregelungen zur fallzahlabhängigen Leistungssteuerung zu berücksichtigen. Diese Prüfung habe beim Kläger stattgefunden.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

Die Beklagte hat den streitgegenständlichen HVM, der rechtmäßig ist, richtig angewendet. Die einschlägigen Vorschriften lauten: § 8 Honorarfonds "Fachärzte" (1) Der Honorarfonds "Fachärzte" ergibt sich aus dem gem. § 6 auf diesen Honorarfonds entfallenden Anteil an der Gesamtvergütung.

(2) Das veranlasserbezogene Budget "Großgeräte" ergibt sich aus der auf Großgeräteleistungen / Leistungen der Strahlentherapie im Jahr 2000 entfallenden Vergütung bereichseigene Beteiligter, differenziert nach von Haus- bzw., Fachärzten im Jahr 2000 veranlassten Leistungen. Der Leistungsbedarf Großgeräteleistungen / Leistungen der Strahlentherapie für bereichseigene Beteiligte wird mit dem Punktwert vergütet, der sich aus dem Verhältnis der im Jahr 2000 hierfür gezahlten Vergütung zur Budgetbasis errechnet. Ein Mehr- oder Minderbedarf wird nach Veranlassern differenziert aus dem jeweiligen Honorarfonds "Hausärzte" bzw. "Fachärzte" ausgeglichen. (3) Das veranlasserbezogene Budget "Radiologie" ergibt sich aus der auf sonstige radiologische und nuklearmedizinische Leistungen im Jahr 2000 entfallenen Vergütung bereichseigener Beteiligter, differenziert nach von Haus- bzw. Fachärzten in 2000 veranlassten Leistungen. Der Leistungsbedarf sonstige radiologische / nuklearmedizinische Leistungen für bereichseigene Beteiligte wird mit dem Punktwert vergütet, der sich aus dem Verhältnis der im Jahr 2000 gezahltem Vergütung zur Budgetbasis errechnet. Ein Mehr- oder Minderbedarf wird nach Veranlassern differenziert aus dem jeweiligen Honorarfonds "Hausärzte" bzw. "Fachärzte" ausgeglichen. (4) Das veranlasserbezogene Budget "Pathologie" ergibt sich aus der auf histologische, zytologische, zyto- und molekulargenetische Leistungen im Jahr 2000 entfallenen Vergütung bereichseigener Beteiligter, differenziert nach von Haus- bzw. Fachärzten im Jahr 2000 veranlassten Leistungen. Der Leistungsbedarf histologischer, zytologischer, zyto- und molekulargenetischer Leistungen für bereichseigene Beteiligte wird mit dem Punktwert vergütet, der sich aus dem Verhältnis der im Jahr 2000 gezahlten Vergütung zur Budgetbasis errechnet. Ein Mehr- oder Minderbedarf wird nach Veranlassern differenziert aus dem jeweiligen Honorarfonds "Hausärzte" bzw. "Fachärzte" ausgeglichen. (5) Der Leistungsbedarf antrags- und genehmigungspflichtiger Leistungen des Abschnittes G IV EBM von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Beteiligten (Teilbereich "Psychotherapie") wird mit dem Punktwert gem. Beschluss des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und. -therapeuten bis zu einer dem PZGV dieser Arztgruppe entsprechenden Punktmenge vergütet. Sonstige Leistungen von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Beteiligten werden mit dem Punktwert vergütet der sich aus dem Verhältnis von Vergütung und Listungsbedarf dieser Leistungen im Jahr 2000, abgestaffelt um die ggf. über den allgemeinen Steigerungssatz der Gesamtvergütung hinausgehende Leistungsbedarfssteigerung bei diesen Leistungen im Vergleich zum Basiszeitraum, ergibt. (6) Leistungen, die nicht der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung gem. § 9 unterliegen, werden mit einem Punktwert von 3,3 EUR-Cent vergütet. (7) Leistungen die der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung gem. § 9 unterliegen, werden unter Berücksichtigung von § 10 mit einem Punktwert von 4,1 EUR-Cent vergütet. § 9 Fallzahlabhängige Leistungssteuerung (1) Die fallzahlabhängige Leistungssteuerung gilt für alle bereichseigenen Beteiligten der in Anlage 2 aufgeführten Arztgruppen, einschließlich ermächtigten Arzte und Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 SGB V. Leistungen und Leistungsbereiche gem. Anlage 3 bleiben unberücksichtigt. Zur Fallzählung werden die Behandlungsfälle gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bundesmantelvertrag / Ärzte bzw. § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag herangezogen, mit Ausnahm der Behandlungsfälle zur belegärztlichen Behandlung und Behandlungsfälle, auf denen ausschließlich präventive Leistungen abgerechnet werden (Gesamtfallzahl). (2) Die Höhe des kassenartenspezifischen PZGV einer Arztpraxis ergibt sich aus der Multiplikation der kassenartenübergreifenden und arztgruppenspezifischen Grenzfallpunktzahl (GFPZ) mit der kassenarten- und arztgruppenspezifischen Grenzfallzahl (GFZ) und dem praxisindividuellen Anteil an ambulant kurativen Behandlungsfällen gem. Abs. 1 einer Kassenart zur Gesamtfallzahl unter Berücksichtigung des praxisindividuellen Korrekturfaktors gem. Abs. 3. (3) Der praxisindividuelle Fallzahlkorrekturfaktor ergibt sich aus dem Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle gem. Abs. 1 zur durchschnittlichen Fallzahl (DFZ) der Arztgruppe gem. Anlage 2im Jahr 2000. Hierbei gilt: - bis 25%: Faktor 0,25 - mehr als 25% bis 50%: Faktor 0,5 - mehr als 50% bis 75%: Faktor 0,75 - mehr als 75% bis 100%: Faktor 1 - mehr als 100% bis 125%: Faktor 1,25 - mehr als 125% Faktor 1,5 Für Praxen, deren erstes Abrechnungsquartal nach dem 31.03.1999 liegt, wird der praxisindividuelle Fallzahlkorrekturfaktor wie folgt ermittelt: Sind seit dem ersten Abrechnungsquartal noch keine acht Abrechnungsquartale vergangen, wird der Faktor mit 1 festgelegt. Im neunten Abrechnungsquartal gilt der Faktor, der aus dem Verhältnis der individuellen Zahl der Behandlungsfälle gem. Abs. 1 in den davor liegenden letzten vier Quartalen zur DFZ der Arztgruppe gem. Anlage 2 resultiert. Für Beteiligte, mit Schwerpunkt Nephrologie und Beteiligte mit Genehmigung Psychotherapie wird der Faktor mit 1 festgelegt, sofern der sich ergebene individuelle Fallzahlkorrekturfaktor kleiner als 1 ist. Liegt in mindestens, vier aufeinander folgenden Quartalen die individuelle Zahl der Behandlungsfälle gem. Abs. 1 über oder unter der für die Ermittlung des Korrekturfaktors berücksichtigten individuellen Fallzahl, so kann der Vorstand auf Antrag des Arztes oder der KVBB den Faktor für nachfolgende Abrechnungen um jeweils 0,25 nach oben (jedoch max. 1,5) bzw. unten individuell anpassen. (4) Die für eine Arztpraxis zutreffende GFPZ und GFZ ergibt sich aus der Zugehörigkeit zu einer der in Anlage 2 aufgeführten Arztgruppen (Identifikation über Zulassung, Schwerpunkte und erteilte Genehmigungen). Für Gemeinschaftspraxen, Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 SGB V und Praxen mit angestellten Ärzten gem. § 95 Abs. 9 SGB V, die nicht der Leistungsbegrenzung gern. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V unterliegen, sowie Ärzten, die ihre vertragsärztliche Tätigkeit unter mehreren Gebietsbezeichnungen ausüben, wird das zutreffende Produkt aus Grenzfallzahl und Grenzfallpunktzahl als gewichteter Mittelwert der arztgruppenbezogenen Durchschnittswerte der vertretenen Arztgruppen errechnet. Nicht aufgeführte Arztgruppen sowie auf der Basis von § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V zugelassene Vertragsärzte bzw. auf der Basis von § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V angestellte Ärzte bleiben bei der Berechnung der zutreffenden Durchschnittswerte unberücksichtigt. Bei fachgleichen Beteiligten innerhalb von Gemeinschaftspraxen, Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 SGB V, in denen ein oder mehrere der in Anlage 2 genannten Teilgebiete, Schwerpunkte, Zusatzbezeichnungen oder Genehmigungen vertreten sind, erfolgt die Bildung gewichteter Mittelwerte ausschließlich auf Basis der in Anlage 2 vertretenen Schwerpunkte und Genehmigungen. (5) Die Regelungen zur Bildung der PZGV einer Arztpraxis gelten für Gemeinschaftspraxen, Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 SGB V und Praxen mit: angestellten Ärzten gern. § 95 Abs. 9 SGB V, die nicht der Leistungsbegrenzung gern. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V unterliegen, je Arzt. (6) Die kassenarten- und arztgruppenspezifische Grenzfallzahl basiert auf der Anzahl der Behandlungsfälle gem. Abs. 1 der Arztgruppe im Jahr 2000 sowie der kassenartenspezifisch auf die im PZGV enthaltenden Leistungen entfallende Vergütung des Jahres 2000. (7) Die kassenartenübergreifende und arztgruppenspezifische Grenzfellpunktzahl basiert auf dem abgerechneten und anerkannten Leistungsbedarf der Arztgruppe des Jahres 2000, ohne Berücksichtigung der Kürzung nach den Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B des EBM und der Mengenbegrenzung des HVM. Leistungen und Leistungsbereiche gem. Anlage 3 bleiben unberücksichtigt. (8) Das je Kassenart im aktuellen Abrechnungsquartal abgerechnete und anerkannte Punktzahlvolumen (PZVEBM) einer Arztpraxis wird bis zur Höhe des kassenarten- und arztgruppenspezifischen PZGV der Arztpraxis, jedoch maximal bis zu einer dem 1‚5fachen der GFPZ der Arztgruppe entsprechenden praxisindividuellen Fallpunktzahl mit dem in § 7 Abs. 4 bzw. § 8 Abs. 7 festgelegten Punktwert vergütet. Diese Fallpunktzahlobergrenze gilt nicht für Beteiligte mit Schwerpunkt Nephrologie und Beteiligte mit Genehmigung Psychotherapie.

(9) Für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten wird das PZGV gem. § 8 Abs. 5 kassenartenübergreifend mit 561.150 Punkten je Beteiligtem festgesetzt. (10) Sofern Überschreitungen vorliegen, die auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen sind, kann der Vorstand auf Antrag Abweichungen bezüglich dieser Honorarbegrenzung festlegen. (11) Sofern Überschreitungen vorliegen, die nicht auf anerkannte Praxisbesonderheiten gem. § 9 Abs. 10 zurückzuführen sind, erhöht sich das nach den Regelungen des 9 Abs. 1 - 9 anzuerkennende Punktzahlvolumen nicht.

Zutreffend hat das SG einen der Ausnahmefälle des § 9 Abs. 3 HVM (Anfängerregelung und Korrekturmöglichkeit aufgrund Abweichung im Schnitt der vier vorangegangenen Quartale) verneint. Auf seine Ausführungen wird gem. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.

Der HVM ist insoweit mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Kläger kann sich insbesondere nicht auf die ständige Rechtssprechung des BSG berufen, wonach umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben müssen, zumindest den Durchschnitt der Arztgruppe zu erreichen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28.01.2009 -B 6 KA 5/08 R- SozR 4-2500 § 85 Nr. 45 Rn 24 mit weiteren Nachweisen). Zwar muss allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen -und nicht nur Anfängerpraxen- eingeräumt sein, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen, jedoch müssen nur neu gegründete Praxen, solange sich diese noch in der Aufbauphase befinden, von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont bleiben (BSG, a. a. O. Rdnr. 28). Ob die Aufbauphase für Anfängerpraxen länger als acht Quartale angesetzt werden muss, ist deshalb hier nicht entscheidungserheblich. Der Kläger hat keine Anfängerpraxis betrieben. Seine Praxisumsätze sind aus anderen Gründen unter seinen Erwartungen geblieben.

Die Beklagte musste ferner nicht die Möglichkeit vorsehen, statt dem Schnitt der vier vorangegangenen Quartale bereits einen kürzeren Betrachtungszeitraum als Anlass zu einer Abweichung vom Regelkorrekturfaktor nach dem letzten Satz des § 9 Abs. 3 HVM zu nehmen. Es ist sachgerecht, die kurzfristigen Schwankungen von Quartal zu Quartal unberücksichtigt zu lassen, und nur den deutlichen Trend, der sich aus dem Schnitt eines Jahres ergibt, als besonderen Fall anzuerkennen. Der Kläger kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass er in einzelnen Quartalen mit dem rechnerischen(=sich aus den tatsächlichen Fallzahlen ergebenden) Korrekturfaktor bereits über 0,75 gelegen hat.

Der Gesichtspunkt der Möglichkeit, zum Durchschnitt aufschließen können zu müssen, gab der Beklagten ferner keinen Anlass, hier gemäß § 9 Abs. 10 HVM eine Abweichung der Honorarbegrenzung festzulegen. Der Senat teilt deren Auffassung, dass im Jahr 2003 nicht mehr von einer Praxisbesonderheit ausgegangen werden kann, weil vier Jahre zuvor aus den bekannten Gründen der Umsatz kurzfristig eingebrochen war. Ermessen hatte der Vorstand der Beklagten demnach gar nicht auszuüben.

Dass der HVM zwischen Primär- und Ersatzkassen differenziert, hat der Kläger hinzunehmen. Die Kassenärztliche Vereinigung ist nicht verpflichtet, Punktwertdifferenzen zwischen Primär- und Ersatzkassenbereich durch Maßnahmen der Honorarverteilung zugunsten solcher Praxen auszugleichen, in denen weniger Versicherte von Ersatzkassen behandelt werden als im Durchschnitt der jeweiligen Arztgruppe (BSG, U. 25.08.1999 –B 6 KA 58/98 R- NZS 2000, 368-369).

Es gibt schließlich keinerlei Anhaltspunkte, dass der Kläger in der Entwicklung der Praxisausrichtung aufgrund des HVM behindert worden sein könnte. Dass die Praxisbesonderheiten auf dem Gebiet des ambulanten Operierens und der Mutterschaftsvorsorge fehlerhaft in die Berechnung der fallzahlabhängigen Leistungssteuerung eingeflossen sein könnte, trägt auch der Kläger nicht vor und ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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