L 1 KR 108/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 920/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 108/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.223,95 EUR festgesetzt.

Gründe:

Zum Sachverhalt nimmt der Senat auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss Bezug (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Der Beschwerde muss Erfolg versagt bleiben:

Nach § 86a Abs.1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Hier handelt es sich um einen Prüfbescheid gemäß § 28 p Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV), mit dem die Antragsgegnerin Beiträge geltend macht. Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dabei entscheidet das Gericht aufgrund einer Interessenabwägung, wobei zu beachten ist, dass ein Regel- Ausnahmeverhältnis zugunsten des Vollzuges vorliegt, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist, wobei die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach dem Gesetz eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben soll. Zur Prüfung des Interesses der Beteiligten ist § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG heranzuziehen, wonach die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu prüfen, die dann bejaht werden müssen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies folgt daraus, dass das Vollzugsrisiko bei Abgabebescheiden bewusst auf den Adressaten verlagert worden ist, um die notwendigen Einnahmen der öffentlichen Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben sicherzustellen. Nach der vorherrschenden Rechtsprechung bestehen nur dann ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher sei als ein Misserfolg. Im Zweifel seien Beiträge zunächst zu erbringen. Das Risiko, im Ergebnis zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, treffe nach dieser Wertung den Zahlungspflichtigen (vgl. z. B. mit umfangreichen weiteren Nachweisen: LSG Essen, Beschluss vom 22. Juni 2006 - L 16 B 30/06 KR ER - veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de; Meyer-Ladewig, SGG § 86 b RdNr. 12f m.w.N.). Ob dem uneingeschränkt gefolgt werden kann erscheint zweifelhaft. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont, der aufgrund Art. 19 IV GG gebotene effektive Rechtsschutz gebiete eine Interessenabwägung, bei der es nicht entscheidend darauf ankomme, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringe (vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 10. April 2001 - 1 BvR 1577/00 - mit Bezug auf BVerfGE 69, 220, 228f).

In jedem Fall aber würde die gesetzliche Risikoverteilung unterlaufen, wenn bei summarischer Prüfung ein Obsiegen des Antragstellers unwahrscheinlich ist. So liegt der Fall hier:

Zur Begründung nimmt der Senat auf die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Bezug, deren Gründe er sich zur Vermeidung bloßer Wiederholungen zu Eigen macht (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen rechtlichen Bewertung keinen Anlass.

Bezweifelt wird in der Sache letztlich nur, dass die Arbeitnehmer tatsächlich in dem von der Antragsgegnerin angenommenen Umfang für die Antragstellerin tätig geworden seien. Die Prüfbehörde konnte sich dabei –worauf die Antragsstellerin vom Senat bereits hingewiesen wurde- allerdings auf die von den Arbeitnehmern ausgefüllten Tourenpläne stützen.

In rechtlicher Hinsicht ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass die Sozialversicherungsbeiträge nach dem tatsächlich geschuldeten und nicht nach dem gezahlten Arbeitsentgelt zu entrichten sind (Entstehungsprinzip statt Zuflussprinzip; vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 7/04 R - und - B 12 KR 1/04 R -; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 11. September 2008 - 1 BvR 1616/05 -). Der Senat folgt dem in ständiger Rechtsprechung. Es gibt schließlich keine Anhaltspunkte, dass die Zugrundelegung eines Stundenlohns von 6,12 EUR als ortsüblich fehlerhaft sein könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1GKG. Der Senat setzt in Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG regelmäßig die Hälfte des Hauptsachenstreitwertes an. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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