Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
17
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 17 SB 146/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt einen Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Der derzeit 00 Jahre alte Kläger stellte erstmals am 15.10.2007 einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung wegen einer koronaren Herzkrankheit mit Zustand nach Bypass-OP, einem Diabetes Mellitus, einer arteriellen Hypertonie und einer Hyperlipidämie. Die Beklagte zog einen Reha-Bericht bei, bewertete die Funktionsstörung des Herz-Kreislaufsystems sowie den Diabetes mit einem GdB von jeweils 20 und stellte mit Bescheid vom 26.03.2008 einen GdB von 30 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 03.04.2008 Widerspruch ein. Sein behandelnder Arzt teilte mit, dass ein Hüftleiden und Wirbelsäulenbeschwerden bestünden und der Diabetes mit Insulin behandelt werde. Auch bestünden Schmerzen an der Narbe nach der Herzoperation (Schlüsselbein) wegen der hier aufgetretenen Wundheilungsstörungen. Die Beklagte erkannte hierauf als weitere Behinderung eine Funktionsstörung der oberen Gliedmaßen, der unteren Gliedmaßen und der Wirbelsäule mit einem GdB von 10 an, bewertete den Diabetes mit einem GdB von 30 und stellte mit Abhilfebescheid vom 13.05.2008 einen GdB von 40 fest. Der Kläger war hiermit nicht einverstanden und reichte einen Bericht der Augenärztin zur Akte, demzufolge bei ihm ein nicht insulinabhängiger Diabetes und außerdem ein Fundus Hypertonicus III bestünde. Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch mit Bescheid vom 02.09.2008 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11.09.2008 Klage erhoben. Der Kläger habe nach der Herz-Operation über ein Jahr mit einer offenen Brustwunde leben müssen. Auch aktuell laute der Befund Staphylokokken-Infektion, die laut Auskunft der behandelnden Ärztin nie ganz ausheilen werde. Der Kläger könne aufgrund seiner Herzerkrankung nicht einmal mehr 15 Minuten mittelschwere Arbeit verrichten. Auch sei der Diabetes allein mit 40 zu bewerten, da nach dem behandelnden Arzt die alleinige Behandlung mit Insulin richtig wäre. Auch das Wirbelsäulenleiden sei mit 10 unterbewertet.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 26.03.2008 und des Abhilfebescheids vom 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2008 zu verurteilen, beim Kläger ab Antragstellung einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte angefordert. Der behandelnde Kardiologe und spätere Sachverständige nach § 109 SGG, Dr. w.C., teilte mit, dass der Kläger bei der letzten Vorstellung im August 2008 weitestgehend subjektiv beschwerdefrei gewesen sei. Er habe zuletzt bis 150 Watt belastet werden können. Er bewertete die koronare Herzerkrankung mit einem GdB von 10, die Hypertonie mit einem GdB von 20 bis 40 und nahm einen Gesamt-GdB auf kardiologischem Gebiet von 40 an. Der behandelnde Orthopäde bewertete die Funktionsstörung der Wirbelsäule mit einem GdB von 10 bei einem Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule. Der behandelnde Internist teilte mit, dass der Diabetes mit Insulin behandelt werde. Die Beklagte blieb dabei, dass ein Gesamt-GdB von 40 zutreffend sei. Das Gericht hat hierauf den Facharzt für innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. Q. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass beim Kläger ein Gesamt-GdB von 40 anzuerkennen sei. Die Funktionsstörung im Bereich Herz-Kreislauf sei angesichts der fehlenden Leistungsbeeinträchtigung und der Besserung des Fundus Hypertonicus mit einem GdB von 30 zu bewerten und wegen der Wirbelsäulenbeschwerden, die mit einem GdB von 20 zu bewerten seien, könne der Gesamt-GdB auf 40 angehoben werden, wobei es sich jedoch um eine eher hohe Bewertung handele. Für den Diabetes sei nur ein GdB von 10 anzusetzen, da dieser nur anlässlich von Operationen mit Insulin behandelt worden sei und der Kläger ansonsten nur mit Biguaniden behandelt würde.
Der Kläger war hiermit nicht einverstanden. Es bestünden schwere funktionelle Auswirkungen in drei Wirbelsäulenabschnitten, wofür ein GdB von 30 bis 40 anzusetzen sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb Dr. Q. nicht den GdB von 40 für die Herz-Kreislauferkrankung von Dr. w. C. übernehme. Auf Antrag des Klägers hat das Gericht Dr. w.C. als Sachverständigen nach § 109 SGG beauftragt. Dieser hat den Gesamt-GdB mit 50 angesetzt. Die Bluthochdruckerkrankung sei - unter anderem wegen des festgestellten Fundus Hypertonicus III - mit einem GdB von 40 zu bewerten und neben der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 sei eine Wundheilungsstörung ebenfalls mit einem GdB von 20 zu bewerten, da die Operationsnarbe auch im Jahr 2009 wieder aufgebrochen sei. Dr. Q. hat hierzu ergänzend Stellung genommen und insbesondere darauf hingewiesen, dass sich der Augenbefund des Klägers nach dessen eigenen Angaben deutlich gebessert habe. Auch sei die Operationsnarbe bei seiner Untersuchung verschlossen gewesen und dies seit Juni 2008. Das Gericht hat hierauf einen Befundbericht der behandelnden Augenärztin Prof. Dr. S. eingeholt, die eine "deutliche Besserung" des Fundus Hypertonicus im Juni 2008 im Vergleich zum Mai 2008 beschrieb. Der Kläger hat hierauf unter Vorlage eines Messprotokolls vorgetragen, dass sich seine Blutdruckwerte verschlechtert hätten. Außerdem hat Dr. w.C. ergänzend Stellung genommen und seine Bewertung verteidigt. Dabei ging er davon aus, dass weiterhin ein Fundus Hypertonicus III befundet sei. Das Gericht hat von Prof. Dr. S. am 12.04.2010 auf telefonische Nachfrage die Mitteilung bekommen, dass bei der letzten Untersuchung beim Kläger ein Fundus Hypertonicus II vorgelegen habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen höheren GdB als 40.
Gemäß § 69 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 7 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) stellen auf Antrag des behinderten Menschen die nach Landesrecht zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Dabei kommt es nicht auf Diagnosen an, sondern darauf, ob die Gesundheitsstörungen zu Funktionsbeeinträchtigungen führen und diese die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei ist der GdB für die Zeit ab Antragstellung bis zum 31.12.2008 unter Heranziehung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht festzustellen (zur Anwendung der jeweils für einen Zeitraum geltenden Anhaltspunkte/Grundsätze: BSG, Urteil vom 30.09.2009, B 9 SB 4/08 R). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kam den Anhaltspunkten zwar keine Normqualität zu, es handelte sich aber um antizipierte Sachverständigengutachten, die aus Gründen der Gleichbehandlung normähnlichen Charakter hatten und von den Sozialgerichten wie untergesetzliche Normen anzuwenden waren (BSG, Urteil vom 18.09.2003, B 9 SB 6/02 R; BSG, Urteil vom 18.09.2003, B 9 SB 6/02 R, BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R). Für die Zeit ab 01.01.2009 ist die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 (VersMedV) Grundlage für die Feststellung des GdB. Aus diesem Wechsel ergeben sich hier keine Abweichungen, da der Wortlaut der maßgebenden Abschnitte der "Anhaltspunkte" sowie der Anlage zu § 2 VersMedV ("Versorgungsmedizinische Grundsätze") identisch ist. Nur bei der Bewertung des Diabetes ist für den gesamten Zeitraum auf die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen enthaltene Fassung abzustellen, da das BSG überzeugend festgestellt hat, dass die Bewertung in den Anhaltspunkten bezüglich des Diabetes nicht den nach § 69 SGB IX zu berücksichtigenden Vorgaben entsprach. Aus diesem Grund hat auch das BSG bei Fällen, in denen es um eine Diabetes-Erkrankung ging, auch für die Vergangenheit die Bewertung grundsätzlich (unter zusätzlicher Berücksichtigung eines besonderen Therapieaufwands) nach der "letzten Fassung" wie sie in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen enthalten ist, vorgenommenen (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008, B 9/9a SB 4/07 R).
Im Funktionsbereich "Herz-Kreislauf" (vgl. zu den einzelnen Funktionssystemen Teil A, Ziffer 2 e der Versorgungsmedizinischen Grundsätze) leidet der Kläger an einer koronaren 3-Gefäßerkrankung nach Anlage von 4 Bypässen im Juli 2007. Der Kläger konnte im Dezember 2008 und im Februar 2009 jeweils mit 150 Watt belastet werden, ohne ischämietypische Endstreckenveränderungen im EKG. Die Kammer folgt der Einschätzung von Dr. Q., dass somit nach Ziffer 9.1.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze eine Krankheit des Herzens ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung vorliegt, für die nur ein GdB von 10 angenommen werden kann. Ferner leidet der Kläger an einem Bluthochdruck, der mit zahlreichen Tabletten behandelt werden muss. Es besteht eine Linksherzhypertrophie, die nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Q. als "leicht" einzustufen ist, sowie eine diastolische Relaxationsstörung. Des Weiteren lag im Mai 2008 lag ein Fundus Hypertonicus III vor, der sich jedoch im Folgemonat bereits deutlich gebessert hatte. Nach Auskunft der behandelnden Augenärztin hatte der Kläger im Juni 2008 noch einen Fundus Hypertonicus II. Die Kammer folgt der Einschätzung von Dr. Q., dass aufgrund der vorstehenden Umstände ein Bluthochdruck mittelschwerer Form vorliegt, für den nach Ziffer 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze aufgrund der nachgewiesenen Organschäden, aber der fehlenden Leistungsbeeinträchtigung ein GdB von 30 angemessen ist. Soweit Dr. w.C. einen GdB von 40 für angemessen hält, folgt die Kammer dem nicht. Dr. w.C. ging bei seiner Bewertung, trotz der von Prof. Dr. S. angegebenen "deutlichen Besserung" bis zuletzt davon aus, dass der Kläger einen Fundus Hypertonicus III hat und daher ein Umstand vorliege, der zur Annahme einer schweren Form des Bluthochdrucks führe und dass es aus diesem Grund gerechtfertigt sei, den Rahmen von 20 bis 40 für die mittelschwere Form mit 40 voll auszuschöpfen. Dies überzeugt nicht, weil beim Kläger eben kein Fundus Hypertonicus III besteht. Dr. Q. hat bei seiner Bewertung mit einem GdB von 30 dem Umstand ausreichend Rechnung getragen, dass der Bluthochdruck des Klägers mit diversen Medikamenten behandelt werden muss und auch nennenswerte Organschäden bestehen. Eine noch höhere Bewertung ist bei der guten Belastbarkeit des Klägers nicht gerechtfertigt, da in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ausdrücklich geregelt ist, dass die Bewertung des GdB bei der Spanne von 20 bis 40 "je nach Leistungsbeeinträchtigung" vorzunehmen ist.
Im Funktionsbereich "Rumpf" leidet die Kläger nach den Feststellungen von Dr. Q. an einem Bandscheibenvorfall, Beschwerden zwischen den Schulterblättern und Sensibilitätsstörungen im Bereich der letzten 2 Finger rechts, bei einer recht guten Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Kammer hielt den von Dr. Q. angenommen GdB von 20 nach Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze gerade noch für vertretbar, obwohl selbst der behandelnde Orthopäde nur einen GdB von 10 angenommen hatte. Eine Bewertung mit einem GdB von 30 bis 40, wie der Kläger sie wünschte, war angesichts der vorliegenden Unterlagen fernliegend.
Im Funktionsbereich "Stoffwechsel" leidet der Kläger nach den Feststellungen von Dr. Q. an einem Diabetes Mellitus, der mit Biguaniden behandelt wird und hierunter eine gute Einstellung hat. Nach Ziffer 15.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist für eine Zuckerkrankheit, die mit Medikamenten eingestellt ist, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen ein GdB von 10 anzusetzen. Außerdem besteht eine Fettstoffwechselstörung, die allerdings medikamentös gut behandelbar ist und daher nicht zu einer Anhebung des GdB führt.
Im Funktionsbereich "Beine" leidet der Kläger an einer Patella-Deformität am linken Knie ohne wesentliche Retropatellararthrose. Der Kläger gibt Beschwerden beim Gehen an, ist jedoch in der Lage 3 x pro Woche 3,5 km zügig zu gehen. Eine Bewegungseinschränkung der Kniegelenke konnte Dr. Q. nicht feststellen. Die Kammer folgt der Einschätzung von Dr. Q., dass hierfür nach Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nur ein GdB von 10 angemessen ist.
Ob dem Kläger außerdem - wie von Dr. w.C. angenommen - ein GdB von 20 wegen der Wundheilungsstörung entsprechend einer chronischen Osteomyelitis zuzuerkennen ist, konnte die Kammer offen lassen, da dies den Gesamt-GdB jedenfalls nicht auf 50 erhöht hätte (vgl. hierzu die nachstehenden Ausführungen).
Der Gesamt-GdB ist mit 40 zu bewerten. Die Bildung des Gesamt-GdB bemisst sich nach Teil A, Ziffer 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB dürfen die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nach Ziffer 3a nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Für die Bildung des Gesamt-GdB ist insbesondere von Bedeutung, ob einzelne Funktionsbeeinträchtigungen voneinander unabhängig sind und damit verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, sich überschneiden, sich aufeinander nachteilig auswirken oder sich die Funktionsbeeinträchtigung eines Leidens durch das Hinzutreten eines anderen Leidens nicht verstärkt (Ziffer 3 d aa, bb, cc und dd). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hält die Kammer einen Gesamt-GdB von 40 für angemessen. Führendes Leiden ist die Funktionsstörung des Herz-Kreislaufsystems mit einem GdB von 30. Daneben besteht eine Funktionsstörung der Wirbelsäule mit einem GdB 20 und gegebenenfalls eine mit einem GdB von 20 zu bewertende Wundheilungsstörung. Die Kammer hielt den GdB von 20 für die Wirbelsäule für eher großzügig. Aus diesem Grund war es selbst bei einer weiteren Funktionsstörung in Form der Wundheilungsstörung nicht angezeigt, den bereits festgestellten GdB von 40 auf 50 zu erhöhen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der weiteren Beeinträchtigungen mit einem GdB von jeweils 10 (Diabetes, Knie). Bei der Frage, ob die Schwerbehinderteneigenschaft anzuerkennen ist, hält die Kammer es auch für die Zeit nach Geltung der Anhaltspunkte für erforderlich, eine Vergleichsbetrachtung mit Personen vorzunehmen, die aufgrund eines Leidens nach den Anhaltspunkten bzw. den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen einen GdB von 50 erhalten (vgl. Ziffer 19 Abs. 2 der Anhaltspunkte, Stand 2008; so auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.06.2009, L 10 SB 26/08). Im Fall des Klägers bieten sich Personen an, die wegen einer Herzerkrankung einen GdB von 50 bekämen. Solche Personen müssten nach Ziffer 9.1.1 eine Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung und somit Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt haben. Hiervon ist der Kläger weit entfernt. Personen mit einem GdB von 50 für eine Herzerkrankung hätten in der Regel auch Anspruch auf das Merkzeichen "G", weil davon ausgegangen würde, dass sie nicht mehr in der Lage sind, 2 km in etwa einer halben Stunde zurückzulegen (vgl. Teil D. Ziffer 1 d der Versorgungsmedizinischen Grundsätze). Der Kläger kann hingegen 3 x pro Woche 3,5 km zügig gehen. Auch dies zeigt, dass er nicht vergleichbar beeinträchtigt ist, wie Personen, die allein mit einer Herzerkrankung einen GdB von 50 bekämen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben. Da weder eine Dienst-, noch eine Sach- oder Geldleistung, sondern die Feststellung einer Behinderung Streitgegenstand ist, kommt es auf den Wert des Streitgegenstandes nicht an (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Der Kläger begehrt einen Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Der derzeit 00 Jahre alte Kläger stellte erstmals am 15.10.2007 einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung wegen einer koronaren Herzkrankheit mit Zustand nach Bypass-OP, einem Diabetes Mellitus, einer arteriellen Hypertonie und einer Hyperlipidämie. Die Beklagte zog einen Reha-Bericht bei, bewertete die Funktionsstörung des Herz-Kreislaufsystems sowie den Diabetes mit einem GdB von jeweils 20 und stellte mit Bescheid vom 26.03.2008 einen GdB von 30 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 03.04.2008 Widerspruch ein. Sein behandelnder Arzt teilte mit, dass ein Hüftleiden und Wirbelsäulenbeschwerden bestünden und der Diabetes mit Insulin behandelt werde. Auch bestünden Schmerzen an der Narbe nach der Herzoperation (Schlüsselbein) wegen der hier aufgetretenen Wundheilungsstörungen. Die Beklagte erkannte hierauf als weitere Behinderung eine Funktionsstörung der oberen Gliedmaßen, der unteren Gliedmaßen und der Wirbelsäule mit einem GdB von 10 an, bewertete den Diabetes mit einem GdB von 30 und stellte mit Abhilfebescheid vom 13.05.2008 einen GdB von 40 fest. Der Kläger war hiermit nicht einverstanden und reichte einen Bericht der Augenärztin zur Akte, demzufolge bei ihm ein nicht insulinabhängiger Diabetes und außerdem ein Fundus Hypertonicus III bestünde. Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch mit Bescheid vom 02.09.2008 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11.09.2008 Klage erhoben. Der Kläger habe nach der Herz-Operation über ein Jahr mit einer offenen Brustwunde leben müssen. Auch aktuell laute der Befund Staphylokokken-Infektion, die laut Auskunft der behandelnden Ärztin nie ganz ausheilen werde. Der Kläger könne aufgrund seiner Herzerkrankung nicht einmal mehr 15 Minuten mittelschwere Arbeit verrichten. Auch sei der Diabetes allein mit 40 zu bewerten, da nach dem behandelnden Arzt die alleinige Behandlung mit Insulin richtig wäre. Auch das Wirbelsäulenleiden sei mit 10 unterbewertet.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 26.03.2008 und des Abhilfebescheids vom 13.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2008 zu verurteilen, beim Kläger ab Antragstellung einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte angefordert. Der behandelnde Kardiologe und spätere Sachverständige nach § 109 SGG, Dr. w.C., teilte mit, dass der Kläger bei der letzten Vorstellung im August 2008 weitestgehend subjektiv beschwerdefrei gewesen sei. Er habe zuletzt bis 150 Watt belastet werden können. Er bewertete die koronare Herzerkrankung mit einem GdB von 10, die Hypertonie mit einem GdB von 20 bis 40 und nahm einen Gesamt-GdB auf kardiologischem Gebiet von 40 an. Der behandelnde Orthopäde bewertete die Funktionsstörung der Wirbelsäule mit einem GdB von 10 bei einem Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule. Der behandelnde Internist teilte mit, dass der Diabetes mit Insulin behandelt werde. Die Beklagte blieb dabei, dass ein Gesamt-GdB von 40 zutreffend sei. Das Gericht hat hierauf den Facharzt für innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. Q. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass beim Kläger ein Gesamt-GdB von 40 anzuerkennen sei. Die Funktionsstörung im Bereich Herz-Kreislauf sei angesichts der fehlenden Leistungsbeeinträchtigung und der Besserung des Fundus Hypertonicus mit einem GdB von 30 zu bewerten und wegen der Wirbelsäulenbeschwerden, die mit einem GdB von 20 zu bewerten seien, könne der Gesamt-GdB auf 40 angehoben werden, wobei es sich jedoch um eine eher hohe Bewertung handele. Für den Diabetes sei nur ein GdB von 10 anzusetzen, da dieser nur anlässlich von Operationen mit Insulin behandelt worden sei und der Kläger ansonsten nur mit Biguaniden behandelt würde.
Der Kläger war hiermit nicht einverstanden. Es bestünden schwere funktionelle Auswirkungen in drei Wirbelsäulenabschnitten, wofür ein GdB von 30 bis 40 anzusetzen sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb Dr. Q. nicht den GdB von 40 für die Herz-Kreislauferkrankung von Dr. w. C. übernehme. Auf Antrag des Klägers hat das Gericht Dr. w.C. als Sachverständigen nach § 109 SGG beauftragt. Dieser hat den Gesamt-GdB mit 50 angesetzt. Die Bluthochdruckerkrankung sei - unter anderem wegen des festgestellten Fundus Hypertonicus III - mit einem GdB von 40 zu bewerten und neben der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 sei eine Wundheilungsstörung ebenfalls mit einem GdB von 20 zu bewerten, da die Operationsnarbe auch im Jahr 2009 wieder aufgebrochen sei. Dr. Q. hat hierzu ergänzend Stellung genommen und insbesondere darauf hingewiesen, dass sich der Augenbefund des Klägers nach dessen eigenen Angaben deutlich gebessert habe. Auch sei die Operationsnarbe bei seiner Untersuchung verschlossen gewesen und dies seit Juni 2008. Das Gericht hat hierauf einen Befundbericht der behandelnden Augenärztin Prof. Dr. S. eingeholt, die eine "deutliche Besserung" des Fundus Hypertonicus im Juni 2008 im Vergleich zum Mai 2008 beschrieb. Der Kläger hat hierauf unter Vorlage eines Messprotokolls vorgetragen, dass sich seine Blutdruckwerte verschlechtert hätten. Außerdem hat Dr. w.C. ergänzend Stellung genommen und seine Bewertung verteidigt. Dabei ging er davon aus, dass weiterhin ein Fundus Hypertonicus III befundet sei. Das Gericht hat von Prof. Dr. S. am 12.04.2010 auf telefonische Nachfrage die Mitteilung bekommen, dass bei der letzten Untersuchung beim Kläger ein Fundus Hypertonicus II vorgelegen habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen höheren GdB als 40.
Gemäß § 69 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 7 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) stellen auf Antrag des behinderten Menschen die nach Landesrecht zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Dabei kommt es nicht auf Diagnosen an, sondern darauf, ob die Gesundheitsstörungen zu Funktionsbeeinträchtigungen führen und diese die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei ist der GdB für die Zeit ab Antragstellung bis zum 31.12.2008 unter Heranziehung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht festzustellen (zur Anwendung der jeweils für einen Zeitraum geltenden Anhaltspunkte/Grundsätze: BSG, Urteil vom 30.09.2009, B 9 SB 4/08 R). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kam den Anhaltspunkten zwar keine Normqualität zu, es handelte sich aber um antizipierte Sachverständigengutachten, die aus Gründen der Gleichbehandlung normähnlichen Charakter hatten und von den Sozialgerichten wie untergesetzliche Normen anzuwenden waren (BSG, Urteil vom 18.09.2003, B 9 SB 6/02 R; BSG, Urteil vom 18.09.2003, B 9 SB 6/02 R, BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R). Für die Zeit ab 01.01.2009 ist die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 (VersMedV) Grundlage für die Feststellung des GdB. Aus diesem Wechsel ergeben sich hier keine Abweichungen, da der Wortlaut der maßgebenden Abschnitte der "Anhaltspunkte" sowie der Anlage zu § 2 VersMedV ("Versorgungsmedizinische Grundsätze") identisch ist. Nur bei der Bewertung des Diabetes ist für den gesamten Zeitraum auf die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen enthaltene Fassung abzustellen, da das BSG überzeugend festgestellt hat, dass die Bewertung in den Anhaltspunkten bezüglich des Diabetes nicht den nach § 69 SGB IX zu berücksichtigenden Vorgaben entsprach. Aus diesem Grund hat auch das BSG bei Fällen, in denen es um eine Diabetes-Erkrankung ging, auch für die Vergangenheit die Bewertung grundsätzlich (unter zusätzlicher Berücksichtigung eines besonderen Therapieaufwands) nach der "letzten Fassung" wie sie in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen enthalten ist, vorgenommenen (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2008, B 9/9a SB 4/07 R).
Im Funktionsbereich "Herz-Kreislauf" (vgl. zu den einzelnen Funktionssystemen Teil A, Ziffer 2 e der Versorgungsmedizinischen Grundsätze) leidet der Kläger an einer koronaren 3-Gefäßerkrankung nach Anlage von 4 Bypässen im Juli 2007. Der Kläger konnte im Dezember 2008 und im Februar 2009 jeweils mit 150 Watt belastet werden, ohne ischämietypische Endstreckenveränderungen im EKG. Die Kammer folgt der Einschätzung von Dr. Q., dass somit nach Ziffer 9.1.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze eine Krankheit des Herzens ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung vorliegt, für die nur ein GdB von 10 angenommen werden kann. Ferner leidet der Kläger an einem Bluthochdruck, der mit zahlreichen Tabletten behandelt werden muss. Es besteht eine Linksherzhypertrophie, die nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Q. als "leicht" einzustufen ist, sowie eine diastolische Relaxationsstörung. Des Weiteren lag im Mai 2008 lag ein Fundus Hypertonicus III vor, der sich jedoch im Folgemonat bereits deutlich gebessert hatte. Nach Auskunft der behandelnden Augenärztin hatte der Kläger im Juni 2008 noch einen Fundus Hypertonicus II. Die Kammer folgt der Einschätzung von Dr. Q., dass aufgrund der vorstehenden Umstände ein Bluthochdruck mittelschwerer Form vorliegt, für den nach Ziffer 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze aufgrund der nachgewiesenen Organschäden, aber der fehlenden Leistungsbeeinträchtigung ein GdB von 30 angemessen ist. Soweit Dr. w.C. einen GdB von 40 für angemessen hält, folgt die Kammer dem nicht. Dr. w.C. ging bei seiner Bewertung, trotz der von Prof. Dr. S. angegebenen "deutlichen Besserung" bis zuletzt davon aus, dass der Kläger einen Fundus Hypertonicus III hat und daher ein Umstand vorliege, der zur Annahme einer schweren Form des Bluthochdrucks führe und dass es aus diesem Grund gerechtfertigt sei, den Rahmen von 20 bis 40 für die mittelschwere Form mit 40 voll auszuschöpfen. Dies überzeugt nicht, weil beim Kläger eben kein Fundus Hypertonicus III besteht. Dr. Q. hat bei seiner Bewertung mit einem GdB von 30 dem Umstand ausreichend Rechnung getragen, dass der Bluthochdruck des Klägers mit diversen Medikamenten behandelt werden muss und auch nennenswerte Organschäden bestehen. Eine noch höhere Bewertung ist bei der guten Belastbarkeit des Klägers nicht gerechtfertigt, da in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ausdrücklich geregelt ist, dass die Bewertung des GdB bei der Spanne von 20 bis 40 "je nach Leistungsbeeinträchtigung" vorzunehmen ist.
Im Funktionsbereich "Rumpf" leidet die Kläger nach den Feststellungen von Dr. Q. an einem Bandscheibenvorfall, Beschwerden zwischen den Schulterblättern und Sensibilitätsstörungen im Bereich der letzten 2 Finger rechts, bei einer recht guten Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Kammer hielt den von Dr. Q. angenommen GdB von 20 nach Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze gerade noch für vertretbar, obwohl selbst der behandelnde Orthopäde nur einen GdB von 10 angenommen hatte. Eine Bewertung mit einem GdB von 30 bis 40, wie der Kläger sie wünschte, war angesichts der vorliegenden Unterlagen fernliegend.
Im Funktionsbereich "Stoffwechsel" leidet der Kläger nach den Feststellungen von Dr. Q. an einem Diabetes Mellitus, der mit Biguaniden behandelt wird und hierunter eine gute Einstellung hat. Nach Ziffer 15.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist für eine Zuckerkrankheit, die mit Medikamenten eingestellt ist, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen ein GdB von 10 anzusetzen. Außerdem besteht eine Fettstoffwechselstörung, die allerdings medikamentös gut behandelbar ist und daher nicht zu einer Anhebung des GdB führt.
Im Funktionsbereich "Beine" leidet der Kläger an einer Patella-Deformität am linken Knie ohne wesentliche Retropatellararthrose. Der Kläger gibt Beschwerden beim Gehen an, ist jedoch in der Lage 3 x pro Woche 3,5 km zügig zu gehen. Eine Bewegungseinschränkung der Kniegelenke konnte Dr. Q. nicht feststellen. Die Kammer folgt der Einschätzung von Dr. Q., dass hierfür nach Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nur ein GdB von 10 angemessen ist.
Ob dem Kläger außerdem - wie von Dr. w.C. angenommen - ein GdB von 20 wegen der Wundheilungsstörung entsprechend einer chronischen Osteomyelitis zuzuerkennen ist, konnte die Kammer offen lassen, da dies den Gesamt-GdB jedenfalls nicht auf 50 erhöht hätte (vgl. hierzu die nachstehenden Ausführungen).
Der Gesamt-GdB ist mit 40 zu bewerten. Die Bildung des Gesamt-GdB bemisst sich nach Teil A, Ziffer 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB dürfen die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nach Ziffer 3a nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Für die Bildung des Gesamt-GdB ist insbesondere von Bedeutung, ob einzelne Funktionsbeeinträchtigungen voneinander unabhängig sind und damit verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, sich überschneiden, sich aufeinander nachteilig auswirken oder sich die Funktionsbeeinträchtigung eines Leidens durch das Hinzutreten eines anderen Leidens nicht verstärkt (Ziffer 3 d aa, bb, cc und dd). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hält die Kammer einen Gesamt-GdB von 40 für angemessen. Führendes Leiden ist die Funktionsstörung des Herz-Kreislaufsystems mit einem GdB von 30. Daneben besteht eine Funktionsstörung der Wirbelsäule mit einem GdB 20 und gegebenenfalls eine mit einem GdB von 20 zu bewertende Wundheilungsstörung. Die Kammer hielt den GdB von 20 für die Wirbelsäule für eher großzügig. Aus diesem Grund war es selbst bei einer weiteren Funktionsstörung in Form der Wundheilungsstörung nicht angezeigt, den bereits festgestellten GdB von 40 auf 50 zu erhöhen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der weiteren Beeinträchtigungen mit einem GdB von jeweils 10 (Diabetes, Knie). Bei der Frage, ob die Schwerbehinderteneigenschaft anzuerkennen ist, hält die Kammer es auch für die Zeit nach Geltung der Anhaltspunkte für erforderlich, eine Vergleichsbetrachtung mit Personen vorzunehmen, die aufgrund eines Leidens nach den Anhaltspunkten bzw. den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen einen GdB von 50 erhalten (vgl. Ziffer 19 Abs. 2 der Anhaltspunkte, Stand 2008; so auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.06.2009, L 10 SB 26/08). Im Fall des Klägers bieten sich Personen an, die wegen einer Herzerkrankung einen GdB von 50 bekämen. Solche Personen müssten nach Ziffer 9.1.1 eine Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung und somit Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt haben. Hiervon ist der Kläger weit entfernt. Personen mit einem GdB von 50 für eine Herzerkrankung hätten in der Regel auch Anspruch auf das Merkzeichen "G", weil davon ausgegangen würde, dass sie nicht mehr in der Lage sind, 2 km in etwa einer halben Stunde zurückzulegen (vgl. Teil D. Ziffer 1 d der Versorgungsmedizinischen Grundsätze). Der Kläger kann hingegen 3 x pro Woche 3,5 km zügig gehen. Auch dies zeigt, dass er nicht vergleichbar beeinträchtigt ist, wie Personen, die allein mit einer Herzerkrankung einen GdB von 50 bekämen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben. Da weder eine Dienst-, noch eine Sach- oder Geldleistung, sondern die Feststellung einer Behinderung Streitgegenstand ist, kommt es auf den Wert des Streitgegenstandes nicht an (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
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