Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 28 KA 2038/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 65/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.675,34 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um sachlich-rechnerische Berichtigungen betreffend die Quartale III/98 bis II/03, soweit die Beklagte die von der Klägerin während Sprechstundenzeiten an Samstagen nach Abschnitt B I. 3. (Nacht-, Wochendend-, Feiertagsgebühren) Nr. 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Leistungen als Leistungen nach Nr. 6 EBM-Ä richtig gestellt hat.
Die Mitglieder der Klägerin, einer Gemeinschaftspraxis mit Sitz in A-Stadt, sind als Fachärzte für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheiden vom 5. März 1999, 21. Mai 1999, 2. September 1999, 18. November 1999, 24. Februar 2000, 23. Mai 2000, 11. August 2000, 14. Dezember 2000, 6. März 2001, 19. Juni 2001, 9. August 2001, 1. November 2001, 5. Februar 2002, 7. Mai 2002, 27. August 2002, 11. November 2002, 29. Januar 2003, 24. Juni 2003, 31. Juli 2003 und 5. Februar 2004 berichtigte die Beklagte die Abrechnungen der Klägerin für die Quartale III/98 bis II/03 dahingehend, als sie die von der Klägerin während Sprechstundenzeiten an Samstagen nach Nr. 5 EBM-Ä abgerechneten Leistungen als Leistungen nach Nr. 6 EBM-Ä richtig gestellt hat. "Umwandlungen" der Nr. 5 EBM-Ä in Nr. 6 EBM-Ä fanden in den jeweiligen Quartalen mit folgender Häufigkeit statt: III/98: 83, IV/98: 44, I/99: 29, II/99: 48, III/99: 51, IV/99: 27, I/00: 44, II/00: 18, III/00: 79, IV/00: 94, I/01: 125, II/01: 19, III/01: 41, IV/01: 46, I/02: 66, II/02: 36, III/02: 46, IV/02: 42, I/03: 69, II/03: 53.
Zur Begründung der gegen die vorgenannten Bescheide eingelegten Widersprüche führte die Klägerin aus, dass während der angegebenen und laufenden Sprechstunden nicht grundsätzlich die Nr. 5 EBM-Ä angesetzt worden sei, sondern nur bei Notfallpatienten. Dies sei auch aus der Anzahl der angesetzten Nr. 5 EBM-Ä deutlich zu erkennen, wenn man davon ausgehe, dass in der Praxis an Samstagen insgesamt zwischen 50 und 70 Patienten zu behandeln seien. Bei notwendigen Hausbesuchen an Samstagen und Sonntagen sei eine Umsetzung der Nr. 5 EBM-Ä in Nr. 6 EBM-Ä gar nicht möglich. Würden Hausbesuche, die nicht zwingend notwendig sind, aus praxisorganisatorischen Gründen am Wochenende gefahren, so könne weder die Nr. 5 noch die Nr. 6 EBM-Ä angesetzt werden. Hausbesuche an den Wochenenden seien nicht grundsätzlich Notfallhausbesuche, sondern seien durch die ländliche Struktur auch zwingend notwendig. In diesem Fall sei das Ansetzen der Nr. 5 EBM-Ä laut Gebührenordnung berechtigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2004 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin als unbegründet zurück. Die Klägerin halte an Samstagen von 7:00 Uhr bis 11:00 Uhr Sprechstunde (gemeldete Sprechstunde) und habe ab dem 1. Juli 2000 eine zeitlich eingeschränkte Notfallsprechstunde von 8:00 Uhr bis 9:00 Uhr. Soweit eine Abrechnung der Nr. 5 EBM-Ä an Samstagen zu den Sprechstundenzeiten erfolgt sei, sei eine "Umwandlung" in Nr. 6 EBM-Ä vorgenommen worden. Mit Nr. 6 EBM-Ä werde die Sprechstundenbehandlung an Samstagen, Sonn- und Feiertagen abgegolten. Zwar habe die Klägerin ihre Widersprüche damit begründet, dass nicht grundsätzlich bei Behandlungen während der Sprechstundenzeiten an Samstagen die Nr. 5 EBM-Ä angesetzt werde, sondern nur bei Notfallpatienten. Jedoch lasse es sich bei der Vielzahl der Fälle nicht nachvollziehen, dass es sich tatsächlich um Notfälle handele: Im Quartal III/98 habe die Klägerin an Samstagen im Juli Nr. 5 EBM-Ä 34mal, im August 30mal und im September 34mal während der Sprechstundenzeiten abgerechnet. Die Bezirksstelle ZZ. habe beispielhaft ermittelt, dass im Quartal III/98 zu anderen Uhrzeiten an Samstagen die Nr. 5 EBM-Ä im Juli 15 Mal, im August 20mal, und im September 10mal abgerechnet worden sei. Hieraus werde deutlich, dass die Nr. 5 EBM-Ä zu Sprechstundenzeiten um ein Doppeltes mehr angesetzt worden sei als außerhalb der laufenden Sprechstundenzeiten. Zwar habe die Klägerin seit dem 1. Juli 2000 eine zeitlich eingeschränkte offizielle Notfallsprechstunde, jedoch müsse davon ausgegangen werden, dass es sich überwiegend um die Behandlung von eigenen Patienten handele und damit der Ansatz der Nr. 5 EBM-Ä nicht gerechtfertigt sei. Die Nr. 5 EBM-Ä könne jedoch bei Notfallbehandlungen am Samstag während laufender Sprechstunde nicht zum Ansatz gebracht werden. Daher seien in den beanstandeten Fällen die Nr. 5 EBM-Ä gestrichen und hierfür die Nr. 6 EBM-Ä angesetzt worden.
Am 28. April 2004 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben und sich zur Begründung darauf berufen, dass sich aus der Systematik der Nrn. 5 und 6 EBM-Ä entnehmen lasse, dass Notfallbehandlungen am Samstag - ob innerhalb oder außerhalb einer Sprechstunde - unter Nr. 5 EBM-Ä einzuordnen seien, während "normale Behandlungen" während einer Samstags- Sprechstunde gemäß Nr. 6 EBM-Ä abzurechnen seien. Ob es sich um eine Notfallbehandlung am Samstag gehandelt habe, sei aus dem jeweiligen Behandlungsschein ersichtlich. Zum Beispiel habe es sich in einem Behandlungsfall mit akuter Bronchitis um einen Notfall gehandelt. Ein Notfall liege nicht nur - wie die Beklagte offenbar meine - im Falle einer akuten Lebensgefährdung vor, sondern immer dann, wenn eine ärztliche Behandlung sich aus Gründen der Beseitigung oder Linderung von Beschwerden als unaufschiebbar notwendig erweise, was vorliegend dann der Fall gewesen sei, wenn mit der Behandlung nicht bis nach dem Wochenende hätte gewartet werden können. Notfallscheine seien bei eigenen Patienten nicht auszufüllen.
Die während des Klageverfahrens im "2. Widerspruchsbescheid" vom 1. Juni 2004 vorgenommene teilweise Abhilfe durch die Beklagte betreffend die Quartale III/98 bis III/00 bezog sich nicht auf die hier noch streitgegenständliche Problematik der "Umwandlung" der Nr. 5-EBM-Ä in Nr. 6 EBM-Ä. Insoweit hat die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 23. März 2004 aufrechterhalten.
Mit Urteil vom 6. Juni 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass eine Abrechnung nach Nr. 5 EBM-Ä nach dem Wortlaut der betroffenen Ziffern und Sinn und Zweck nur dann zulässig sei, wenn an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und am 24. und 31. Dezember keine Sprechzeit sei. Die Klägerin habe aber in der streitigen Zeit Sprechstunden abgehalten. Sie habe an Samstagen offiziell die Praxis von 7:00 Uhr bis 11:00 Uhr offen gehabt und Sprechstunden angeboten. Ab dem 1. Juli 2000 sei die Praxis von 8.00 Uhr bis 9:00 Uhr offen gewesen. Dass zu diesen Zeiten nahe liegender Weise auch akut kranke Patienten die Praxis aufgesucht hätten, führe noch nicht dazu, von Notfallbehandlungen im Sinne der Nr. 5 EBM-Ä auszugehen. Die behandelten Patienten seien nicht außerhalb der Sprechstunde versorgt worden, sondern innerhalb der offiziell angegebenen Sprechzeiten. Behandlungen im Rahmen einer Sprechstunde - auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und am 24. und 31. Dezember - würden nach Nr. 6 EBM-Ä vergütet. Darüber hinaus sei die Beklagte auch zutreffend davon ausgegangen, dass echte Notfälle nicht vorgelegen hätten können. Die Beklagte habe dies an der Häufigkeit der abgerechneten Leistungen nach Nr. 5 EBM-Ä an Samstagen festgemacht. Die Nr. 5 EBM-Ä sei an Samstagen doppelt so hoch angesetzt worden wie an normalen Wochentagen außerhalb der Sprechstunden. Die Dokumentation auf den Behandlungsscheinen sei nicht ausreichend gewesen. Auch der erwähnte Fall der Behandlung einer Bronchitis sei nicht als akut bezeichnet worden. Außerdem seien keine Notfallscheine ausgestellt worden. Schließlich führe die Bezeichnung "Notfallsprechstunde" nicht zur Anwendung der Nr. 5 EBM-Ä. Die Sicherstellung der Behandlung der Notfälle sei durch die Einrichtung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gewährleistet. Werde offiziell Sprechstunde gehalten, entfalle das Recht zur Abrechnung im Sinne der Nr. 5 EBM-Ä. Sinn und Zweck der Nr. 5 EBM-Ä sei gerade, dass die Notfallbehandlungen an Samstagen, Sonntagen usw. außerhalb der angesetzten Sprechzeiten gesondert vergütet werden sollen. Nr. 5 EBM-Ä regle die außergewöhnlichen Einsätze, wie sich auch aus dem dritten Spiegelstrich ergebe, der die Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit voraussetze. Gegen das ihr am 6. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Oktober 2007 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, Nr. 5 EBM-Ä sei als Spezialregelung für die Behandlung von Notfällen an Samstagen anzusehen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Notfallbehandlung außerhalb oder während einer Sprechstunde, an eigenen oder fremden Patienten vorgenommen werde. Währenddessen meine Nr. 6 EBM-Ä die normale Behandlung z. B. während einer Samstags-Sprechstunde. Bestätigt werde dies dadurch, dass in Nr. 5 EBM-Ä ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass diese Gebühr nicht berechnungsfähig sei, wenn Sprechstunden montags bis freitags vor 8:00 Uhr oder nach 20:00 Uhr stattfinden würden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt würden. Jedoch finde sich eine entsprechende Einschränkung im Hinblick auf Notfallbehandlungen an Samstagen und Sonntagen gerade nicht. Dies zeige, dass z. B. an Samstagen Notfallbehandlungen auch während einer Sprechstunde unter Nr. 5 EBM Ä fallen würden. Eine andere Auslegung würde auch Sinn und Zweck der Nrn. 5 und 6 EBM-Ä nicht gerecht: Die Notfallbehandlung an Samstagen und Sonntagen solle höher vergütet werden. Hierbei mache es keinen Unterschied, ob diese Notfallbehandlung während oder außerhalb einer Sprechstunde stattfinde. Ebenso wenig sei relevant, ob eigene oder fremde Patienten notfallmäßig behandelt würden. Daher leuchte auch ein, dass der Arzt nur dann auf Nr. 6 EBM-Ä verwiesen werden könne, wenn er eine Samstags-Sprechstunde anbiete und sich dort ein Patient einfinde, der ohne diese Sprechstunde erst in der kommenden Woche erschienen wäre. Die Beklagte habe keineswegs zutreffend festgestellt, dass echte Notfälle nicht vorgelegen haben könnten. Sofern sie dies an der angeblichen Häufigkeit der abgerechneten Nr. 5 EBM-Ä an Samstagen festmachen wolle, sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Vergleich mit Kollegen, die im fraglichen Zeitraum keine Samstags-Sprechstunde angekündigt hatten, zumeist unter dem Durchschnitt gelegen habe. Außerdem sei nicht zutreffend, dass die Dokumentation auf den Behandlungsscheinen nicht ausreichend sei. Die diesbezüglichen klägerischen Darlegungen im Schriftsatz vom 22. Dezember 2006 seien seitens des SG nicht gewürdigt worden. Auch die Ausführungen hinsichtlich der erwähnten Bronchitis seien nicht korrekt. Es sei dargelegt worden, dass es sich um eine akute oder eine akute exazerbierte chronische Bronchitis handele, wenn laut Behandlungsschein eine Bronchitis mit einem Antibiotikum behandelt werde. Dies sei keineswegs als Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht anzusehen. Schließlich habe das SG ungeprüft die Darlegung der Beklagten übernommen, wonach es bei anderen Behandlungsscheinen an einer ausreichenden Dokumentation hinsichtlich des Notfalls fehle, da die Klägerin keine Notfallscheine ausgefüllt habe, obwohl darauf hingewiesen worden sei, dass Notfallscheine bei den eigenen Patienten nicht auszufüllen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 5. März 1999, 21. Mai 1999, 2. September 1999, 18. November 1999, 24. Februar 2000, 23. Mai 2000, 11. August 2000, 14. Dezember 2000, 6. März 2001, 19. Juni 2001, 9. August 2001, 1. November 2001, 5. Februar 2002, 7. Mai 2002, 27. August 2002, 11. November 2002, 29. Januar 2003, 24. Juni 2003, 31. Juli 2003 und 5. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2004 und des Bescheids vom 1. Juni 2004 zu verurteilen, die von der Klägerin während Sprechstundenzeiten an Samstagen nach Nr. 5 EBM-Ä abgerechneten Leistungen als solche und nicht nach Nr. 6 EBM-Ä zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die Nr. 5 EBM-Ä vergüte den erhöhten Aufwand des Arztes infolge einer Inanspruchnahme zur Unzeit. Eine derartige Inanspruchnahme zur Unzeit scheide von vornherein aus, wenn der Arzt ohnehin bereits seine Sprechstundentätigkeit zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme ausübe. Einen erhöhten, vergütungsfähigen ärztlichen Aufwand im Sinne der Nr. 5 EBM-Ä könne es in einer derartigen Situation von vornherein nicht geben, wenn der Notfallpatient den Arzt im Rahmen einer ohnehin abgehaltenen Sprechstundentätigkeit aufsuche. Die Absetzungen im Falle der Klägerin hätten sich gerade auf die Konstellation bezogen, dass sie die Nr. 5 EBM-Ä im Rahmen von Notfallbehandlungen während der Sprechstundenzeiten an Samstagen abgerechnet habe. Sowohl Nr. 5, 1. Spiegelstrich EBM-Ä als auch Nr. 5, 2. Spiegelstrich EBM-Ä würden voraussetzen, dass die dort genannten Zeitkorridore üblicherweise sprechstundenfreien Zeiten seien. Bestätigt werde diese Annahme durch Nr. 5, 3. Spiegelstrich EBM-Ä, der gerade für die Abrechenbarkeit dieser Gebührenordnungsposition voraussetze, dass bei Besuchen und Visiten die Sprechstundentätigkeit unterbrochen sein müsse. Damit setze auch Nr. 5, 3. Spiegelstrich EBM-Ä voraus, dass infolge der Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit der Besuch bzw. die Visite außerhalb der Sprechstunde stattfinde. Der zu behandelnde Notfallpatient, der hingegen die Praxis selbst aufsuche, löse keinen Besuch oder keine Visite aus und führe demgemäß von vornherein nicht zu einer Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit, so dass es der Erwähnung der Notfallbehandlung im Rahmen von Nr. 5, 3. Spiegelstrich EBM-Ä - anders als der Nr. 5, 2. Spiegelstrich EBM-Ä - von vornherein nicht bedurft habe. Dass der Tatbestand der Nr. 5 EBM-Ä das Erfordernis einer sprechstundenfreien Zeit bzw. einer ununterbrochenen Sprechstundentätigkeit voraussetze, bestätige auch Nr. 6 EBM-Ä, da diese Gebührenposition die Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember vergüte, wobei als Form der Inanspruchnahme beispielhaft die Inanspruchnahme im Rahmen einer Sprechstunde erwähnt sei.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Urteil des SG vom 6. Juni 2007 sowie die Bescheide vom 5. März 1999, 21. Mai 1999, 2. September 1999, 18. November 1999, 24. Februar 2000, 23. Mai 2000, 11. August 2000, 14. Dezember 2000, 6. März 2001, 19. Juni 2001, 9. August 2001, 1. November 2001, 5. Februar 2002, 7. Mai 2002, 27. August 2002, 11. November 2002, 29. Januar 2003, 24. Juni 2003, 31. Juli 2003 und 5. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2004 und des Bescheids vom 1. Juni 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der während Sprechstundenzeiten an Samstagen abgerechneten Leistungen nach Nr. 5 EBM-Ä. Diese sind lediglich nach Nr. 6 EBM-Ä zu vergüten.
Für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung ist in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen, und es ist vorrangige Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, darin auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Soweit der Wortlaut einer Vergütungsregelung zweifelhaft ist und es einer Klarstellung dient, kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urteil vom 31. August 2005, Az.: B 6 KA 35/04 R; Urteil vom 8. September 2004, B 6 KA 37/03 R; Urteile vom 26. Januar 2000, Az.: B 6 KA 13/99 R und B 6 KA 5/98 R).
Aus der Zusammenschau der Gebührenvorschriften der Nr. 5 und 6 EBM-Ä ist zu entnehmen, dass die während Sprechstundenzeiten an Samstagen erbrachten Leistungen nicht unter Nr. 5 EBM-Ä abgerechnet und vergütet werden konnten, unabhängig davon, ob es sich um Notfallbehandlungen handelte oder nicht. Daher kann letztendlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei den von der Klägerin näher dargelegten Fällen tatsächlich um Notfallbehandlungen mit unaufschiebbarer Behandlungsbedürftigkeit gehandelt hat.
Die Leistungslegende der Nr. 5 EBM-Ä in der ab 1. Juli 1996 geltenden und in den streitgegenständlichen Quartalen noch maßgeblichen Fassung lautet: "Gebühr für eine Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten - zwischen 20 und 8 Uhr - zwischen 8 und 20 Uhr für Besuche, Visiten und Notfallbehandlungen an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember - für einen Besuch oder eine Visite mit Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit. Die Gebühr nach Nr. 5 ist nicht berechnungsfähig, wenn Sprechstunden vor 8 oder nach 20 Uhr stattfinden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt werden. Neben Besuchen nach Nr. 32 ist die Gebühr nach Nr. 5 nicht berechnungsfähig."
Die Leistungslegende der Nr. 6 EBM-Ä in der ab 1. Juli 1996 geltenden und in den streitgegenständlichen Quartalen noch maßgeblichen Fassung lautet: "Gebühr für andere als in der Leistung nach Nr. 5 aufgeführte Formen der Inanspruchnahme des Arztes (z. B. im Rahmen einer Sprechstunde) durch einen Patienten an Samstagen - außer bei telefonischer Inanspruchnahme von 8 bis 12 Uhr-, an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember. Im Rahmen derselben Inanspruchnahme des Arztes - auch bei Gruppenbehandlungen – sind die Gebühren nach den Nrn. 5 oder 6 nur einmal berechnungsfähig. Die Gebühren nach Nrn. 5 oder 6 sind nicht berechnungsfähig bei telefonischen Befundmitteilungen."
Dem Wortlaut der Nr. 5 EBM-Ä allein kann nicht entnommen werden, ob während der Sprechstunden an Samstagen erbrachte Leistungen zwischen 8 und 20 Uhr, sofern es sich z. B. um Notfallbehandlungen handelt, nach Nr. 5 EBM-Ä zu vergüten sind. Für die Klarstellung des Wortlauts der Nr. 5 EBM-Ä ist jedoch die mit dieser Gebührenposition in engem Zusammenhang stehende Gebührenposition der Nr. 6 EBM-Ä heranzuziehen, die ausdrücklich auf Nr. 5 EBM-Ä Bezug nimmt. Die Regelungen der Nr. 5 Satz 1 1. Spiegelschrift EBM-Ä (Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten zwischen 20 und 8 Uhr) und 3. Spiegelstrich (Inanspruchnahme des Arztes für einen Besuch oder eine Visite mit Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit) beziehen sich jeweils auf alle Wochentage, also auch auf Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage sowie den 24. und 31. Dezember. Entsprechendes gilt für die Einschränkung in Nr. 5 Abs. 2 EBM-Ä, wonach die Gebühr nach Nr. 5 EBM-Ä ist nicht berechnungsfähig ist, wenn Sprechstunden vor 8 oder nach 20 Uhr stattfinden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt werden. Auch diese Einschränkung bezieht sich auf alle Wochentage einschließlich von Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertage sowie dem 24. und 31. Dezember. Aus Nr. 5 Abs. 2 lässt sich jedoch nicht in einem Umkehrschluss entnehmen, dass während Sprechstunden zwischen 8 und 20 Uhr an Samstagen zumindest Notfallbehandlungen nach Nr. 5 EBM-Ä 1. Absatz 2. Spiegelstrich abgerechnet werden können.
Vielmehr wurde für die Abrechenbarkeit von Leistungen an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie dem 24. und 31. Dezember in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 20 Uhr in der Gebührenvorschrift der Nr. 5 Satz 1 2. Spiegelstrich und der darauf Bezug nehmenden Nr. 6 Satz 1 EBM-Ä eine Sonderregelung getroffen. Beide Vorschriften beziehen sich ausschließlich auf die Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember. Während Nr. 5 Satz 1 2. Spiegelstrich EBM-Ä eine Vergütung von Besuchen, Visiten und Notfallbehandlungen zwischen 8 und 20 Uhr an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember mit 300 Punkten vorsieht, sind "andere" als in der Leistung nach Nr. 5 aufgeführte Formen der Inanspruchnahme des Arztes (z.B. im Rahmen einer Sprechstunde) durch einen Patienten an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember "nur" mit 200 Punkten zu vergüten. Damit ist klar gestellt, dass es sich bei einer Behandlung im Rahmen einer Sprechstunde immer um eine andere Form der Inanspruchnahme als einen Besuch, eine Visite oder eine Notfallbehandlung handelt, dass also eine Behandlung im Rahmen einer Sprechstunde keine Notfallbehandlung im Sinne der Nr. 5 Satz 1 2. Spiegelstrich EBM-Ä sein kann. Offensichtlich sollten mit den Vorschriften der Nr. 5 und 6 EBM-Ä für in Samstagsprechstunden erbrachte Leistungen zwar Wochenendgebühren vorgesehen werden, aber in geringerer Höhe als bei Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten außerhalb der Sprechstundenzeiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 1 GKG.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.675,34 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um sachlich-rechnerische Berichtigungen betreffend die Quartale III/98 bis II/03, soweit die Beklagte die von der Klägerin während Sprechstundenzeiten an Samstagen nach Abschnitt B I. 3. (Nacht-, Wochendend-, Feiertagsgebühren) Nr. 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechneten Leistungen als Leistungen nach Nr. 6 EBM-Ä richtig gestellt hat.
Die Mitglieder der Klägerin, einer Gemeinschaftspraxis mit Sitz in A-Stadt, sind als Fachärzte für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheiden vom 5. März 1999, 21. Mai 1999, 2. September 1999, 18. November 1999, 24. Februar 2000, 23. Mai 2000, 11. August 2000, 14. Dezember 2000, 6. März 2001, 19. Juni 2001, 9. August 2001, 1. November 2001, 5. Februar 2002, 7. Mai 2002, 27. August 2002, 11. November 2002, 29. Januar 2003, 24. Juni 2003, 31. Juli 2003 und 5. Februar 2004 berichtigte die Beklagte die Abrechnungen der Klägerin für die Quartale III/98 bis II/03 dahingehend, als sie die von der Klägerin während Sprechstundenzeiten an Samstagen nach Nr. 5 EBM-Ä abgerechneten Leistungen als Leistungen nach Nr. 6 EBM-Ä richtig gestellt hat. "Umwandlungen" der Nr. 5 EBM-Ä in Nr. 6 EBM-Ä fanden in den jeweiligen Quartalen mit folgender Häufigkeit statt: III/98: 83, IV/98: 44, I/99: 29, II/99: 48, III/99: 51, IV/99: 27, I/00: 44, II/00: 18, III/00: 79, IV/00: 94, I/01: 125, II/01: 19, III/01: 41, IV/01: 46, I/02: 66, II/02: 36, III/02: 46, IV/02: 42, I/03: 69, II/03: 53.
Zur Begründung der gegen die vorgenannten Bescheide eingelegten Widersprüche führte die Klägerin aus, dass während der angegebenen und laufenden Sprechstunden nicht grundsätzlich die Nr. 5 EBM-Ä angesetzt worden sei, sondern nur bei Notfallpatienten. Dies sei auch aus der Anzahl der angesetzten Nr. 5 EBM-Ä deutlich zu erkennen, wenn man davon ausgehe, dass in der Praxis an Samstagen insgesamt zwischen 50 und 70 Patienten zu behandeln seien. Bei notwendigen Hausbesuchen an Samstagen und Sonntagen sei eine Umsetzung der Nr. 5 EBM-Ä in Nr. 6 EBM-Ä gar nicht möglich. Würden Hausbesuche, die nicht zwingend notwendig sind, aus praxisorganisatorischen Gründen am Wochenende gefahren, so könne weder die Nr. 5 noch die Nr. 6 EBM-Ä angesetzt werden. Hausbesuche an den Wochenenden seien nicht grundsätzlich Notfallhausbesuche, sondern seien durch die ländliche Struktur auch zwingend notwendig. In diesem Fall sei das Ansetzen der Nr. 5 EBM-Ä laut Gebührenordnung berechtigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2004 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin als unbegründet zurück. Die Klägerin halte an Samstagen von 7:00 Uhr bis 11:00 Uhr Sprechstunde (gemeldete Sprechstunde) und habe ab dem 1. Juli 2000 eine zeitlich eingeschränkte Notfallsprechstunde von 8:00 Uhr bis 9:00 Uhr. Soweit eine Abrechnung der Nr. 5 EBM-Ä an Samstagen zu den Sprechstundenzeiten erfolgt sei, sei eine "Umwandlung" in Nr. 6 EBM-Ä vorgenommen worden. Mit Nr. 6 EBM-Ä werde die Sprechstundenbehandlung an Samstagen, Sonn- und Feiertagen abgegolten. Zwar habe die Klägerin ihre Widersprüche damit begründet, dass nicht grundsätzlich bei Behandlungen während der Sprechstundenzeiten an Samstagen die Nr. 5 EBM-Ä angesetzt werde, sondern nur bei Notfallpatienten. Jedoch lasse es sich bei der Vielzahl der Fälle nicht nachvollziehen, dass es sich tatsächlich um Notfälle handele: Im Quartal III/98 habe die Klägerin an Samstagen im Juli Nr. 5 EBM-Ä 34mal, im August 30mal und im September 34mal während der Sprechstundenzeiten abgerechnet. Die Bezirksstelle ZZ. habe beispielhaft ermittelt, dass im Quartal III/98 zu anderen Uhrzeiten an Samstagen die Nr. 5 EBM-Ä im Juli 15 Mal, im August 20mal, und im September 10mal abgerechnet worden sei. Hieraus werde deutlich, dass die Nr. 5 EBM-Ä zu Sprechstundenzeiten um ein Doppeltes mehr angesetzt worden sei als außerhalb der laufenden Sprechstundenzeiten. Zwar habe die Klägerin seit dem 1. Juli 2000 eine zeitlich eingeschränkte offizielle Notfallsprechstunde, jedoch müsse davon ausgegangen werden, dass es sich überwiegend um die Behandlung von eigenen Patienten handele und damit der Ansatz der Nr. 5 EBM-Ä nicht gerechtfertigt sei. Die Nr. 5 EBM-Ä könne jedoch bei Notfallbehandlungen am Samstag während laufender Sprechstunde nicht zum Ansatz gebracht werden. Daher seien in den beanstandeten Fällen die Nr. 5 EBM-Ä gestrichen und hierfür die Nr. 6 EBM-Ä angesetzt worden.
Am 28. April 2004 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben und sich zur Begründung darauf berufen, dass sich aus der Systematik der Nrn. 5 und 6 EBM-Ä entnehmen lasse, dass Notfallbehandlungen am Samstag - ob innerhalb oder außerhalb einer Sprechstunde - unter Nr. 5 EBM-Ä einzuordnen seien, während "normale Behandlungen" während einer Samstags- Sprechstunde gemäß Nr. 6 EBM-Ä abzurechnen seien. Ob es sich um eine Notfallbehandlung am Samstag gehandelt habe, sei aus dem jeweiligen Behandlungsschein ersichtlich. Zum Beispiel habe es sich in einem Behandlungsfall mit akuter Bronchitis um einen Notfall gehandelt. Ein Notfall liege nicht nur - wie die Beklagte offenbar meine - im Falle einer akuten Lebensgefährdung vor, sondern immer dann, wenn eine ärztliche Behandlung sich aus Gründen der Beseitigung oder Linderung von Beschwerden als unaufschiebbar notwendig erweise, was vorliegend dann der Fall gewesen sei, wenn mit der Behandlung nicht bis nach dem Wochenende hätte gewartet werden können. Notfallscheine seien bei eigenen Patienten nicht auszufüllen.
Die während des Klageverfahrens im "2. Widerspruchsbescheid" vom 1. Juni 2004 vorgenommene teilweise Abhilfe durch die Beklagte betreffend die Quartale III/98 bis III/00 bezog sich nicht auf die hier noch streitgegenständliche Problematik der "Umwandlung" der Nr. 5-EBM-Ä in Nr. 6 EBM-Ä. Insoweit hat die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 23. März 2004 aufrechterhalten.
Mit Urteil vom 6. Juni 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass eine Abrechnung nach Nr. 5 EBM-Ä nach dem Wortlaut der betroffenen Ziffern und Sinn und Zweck nur dann zulässig sei, wenn an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und am 24. und 31. Dezember keine Sprechzeit sei. Die Klägerin habe aber in der streitigen Zeit Sprechstunden abgehalten. Sie habe an Samstagen offiziell die Praxis von 7:00 Uhr bis 11:00 Uhr offen gehabt und Sprechstunden angeboten. Ab dem 1. Juli 2000 sei die Praxis von 8.00 Uhr bis 9:00 Uhr offen gewesen. Dass zu diesen Zeiten nahe liegender Weise auch akut kranke Patienten die Praxis aufgesucht hätten, führe noch nicht dazu, von Notfallbehandlungen im Sinne der Nr. 5 EBM-Ä auszugehen. Die behandelten Patienten seien nicht außerhalb der Sprechstunde versorgt worden, sondern innerhalb der offiziell angegebenen Sprechzeiten. Behandlungen im Rahmen einer Sprechstunde - auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und am 24. und 31. Dezember - würden nach Nr. 6 EBM-Ä vergütet. Darüber hinaus sei die Beklagte auch zutreffend davon ausgegangen, dass echte Notfälle nicht vorgelegen hätten können. Die Beklagte habe dies an der Häufigkeit der abgerechneten Leistungen nach Nr. 5 EBM-Ä an Samstagen festgemacht. Die Nr. 5 EBM-Ä sei an Samstagen doppelt so hoch angesetzt worden wie an normalen Wochentagen außerhalb der Sprechstunden. Die Dokumentation auf den Behandlungsscheinen sei nicht ausreichend gewesen. Auch der erwähnte Fall der Behandlung einer Bronchitis sei nicht als akut bezeichnet worden. Außerdem seien keine Notfallscheine ausgestellt worden. Schließlich führe die Bezeichnung "Notfallsprechstunde" nicht zur Anwendung der Nr. 5 EBM-Ä. Die Sicherstellung der Behandlung der Notfälle sei durch die Einrichtung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gewährleistet. Werde offiziell Sprechstunde gehalten, entfalle das Recht zur Abrechnung im Sinne der Nr. 5 EBM-Ä. Sinn und Zweck der Nr. 5 EBM-Ä sei gerade, dass die Notfallbehandlungen an Samstagen, Sonntagen usw. außerhalb der angesetzten Sprechzeiten gesondert vergütet werden sollen. Nr. 5 EBM-Ä regle die außergewöhnlichen Einsätze, wie sich auch aus dem dritten Spiegelstrich ergebe, der die Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit voraussetze. Gegen das ihr am 6. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Oktober 2007 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, Nr. 5 EBM-Ä sei als Spezialregelung für die Behandlung von Notfällen an Samstagen anzusehen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Notfallbehandlung außerhalb oder während einer Sprechstunde, an eigenen oder fremden Patienten vorgenommen werde. Währenddessen meine Nr. 6 EBM-Ä die normale Behandlung z. B. während einer Samstags-Sprechstunde. Bestätigt werde dies dadurch, dass in Nr. 5 EBM-Ä ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass diese Gebühr nicht berechnungsfähig sei, wenn Sprechstunden montags bis freitags vor 8:00 Uhr oder nach 20:00 Uhr stattfinden würden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt würden. Jedoch finde sich eine entsprechende Einschränkung im Hinblick auf Notfallbehandlungen an Samstagen und Sonntagen gerade nicht. Dies zeige, dass z. B. an Samstagen Notfallbehandlungen auch während einer Sprechstunde unter Nr. 5 EBM Ä fallen würden. Eine andere Auslegung würde auch Sinn und Zweck der Nrn. 5 und 6 EBM-Ä nicht gerecht: Die Notfallbehandlung an Samstagen und Sonntagen solle höher vergütet werden. Hierbei mache es keinen Unterschied, ob diese Notfallbehandlung während oder außerhalb einer Sprechstunde stattfinde. Ebenso wenig sei relevant, ob eigene oder fremde Patienten notfallmäßig behandelt würden. Daher leuchte auch ein, dass der Arzt nur dann auf Nr. 6 EBM-Ä verwiesen werden könne, wenn er eine Samstags-Sprechstunde anbiete und sich dort ein Patient einfinde, der ohne diese Sprechstunde erst in der kommenden Woche erschienen wäre. Die Beklagte habe keineswegs zutreffend festgestellt, dass echte Notfälle nicht vorgelegen haben könnten. Sofern sie dies an der angeblichen Häufigkeit der abgerechneten Nr. 5 EBM-Ä an Samstagen festmachen wolle, sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Vergleich mit Kollegen, die im fraglichen Zeitraum keine Samstags-Sprechstunde angekündigt hatten, zumeist unter dem Durchschnitt gelegen habe. Außerdem sei nicht zutreffend, dass die Dokumentation auf den Behandlungsscheinen nicht ausreichend sei. Die diesbezüglichen klägerischen Darlegungen im Schriftsatz vom 22. Dezember 2006 seien seitens des SG nicht gewürdigt worden. Auch die Ausführungen hinsichtlich der erwähnten Bronchitis seien nicht korrekt. Es sei dargelegt worden, dass es sich um eine akute oder eine akute exazerbierte chronische Bronchitis handele, wenn laut Behandlungsschein eine Bronchitis mit einem Antibiotikum behandelt werde. Dies sei keineswegs als Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht anzusehen. Schließlich habe das SG ungeprüft die Darlegung der Beklagten übernommen, wonach es bei anderen Behandlungsscheinen an einer ausreichenden Dokumentation hinsichtlich des Notfalls fehle, da die Klägerin keine Notfallscheine ausgefüllt habe, obwohl darauf hingewiesen worden sei, dass Notfallscheine bei den eigenen Patienten nicht auszufüllen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 5. März 1999, 21. Mai 1999, 2. September 1999, 18. November 1999, 24. Februar 2000, 23. Mai 2000, 11. August 2000, 14. Dezember 2000, 6. März 2001, 19. Juni 2001, 9. August 2001, 1. November 2001, 5. Februar 2002, 7. Mai 2002, 27. August 2002, 11. November 2002, 29. Januar 2003, 24. Juni 2003, 31. Juli 2003 und 5. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2004 und des Bescheids vom 1. Juni 2004 zu verurteilen, die von der Klägerin während Sprechstundenzeiten an Samstagen nach Nr. 5 EBM-Ä abgerechneten Leistungen als solche und nicht nach Nr. 6 EBM-Ä zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die Nr. 5 EBM-Ä vergüte den erhöhten Aufwand des Arztes infolge einer Inanspruchnahme zur Unzeit. Eine derartige Inanspruchnahme zur Unzeit scheide von vornherein aus, wenn der Arzt ohnehin bereits seine Sprechstundentätigkeit zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme ausübe. Einen erhöhten, vergütungsfähigen ärztlichen Aufwand im Sinne der Nr. 5 EBM-Ä könne es in einer derartigen Situation von vornherein nicht geben, wenn der Notfallpatient den Arzt im Rahmen einer ohnehin abgehaltenen Sprechstundentätigkeit aufsuche. Die Absetzungen im Falle der Klägerin hätten sich gerade auf die Konstellation bezogen, dass sie die Nr. 5 EBM-Ä im Rahmen von Notfallbehandlungen während der Sprechstundenzeiten an Samstagen abgerechnet habe. Sowohl Nr. 5, 1. Spiegelstrich EBM-Ä als auch Nr. 5, 2. Spiegelstrich EBM-Ä würden voraussetzen, dass die dort genannten Zeitkorridore üblicherweise sprechstundenfreien Zeiten seien. Bestätigt werde diese Annahme durch Nr. 5, 3. Spiegelstrich EBM-Ä, der gerade für die Abrechenbarkeit dieser Gebührenordnungsposition voraussetze, dass bei Besuchen und Visiten die Sprechstundentätigkeit unterbrochen sein müsse. Damit setze auch Nr. 5, 3. Spiegelstrich EBM-Ä voraus, dass infolge der Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit der Besuch bzw. die Visite außerhalb der Sprechstunde stattfinde. Der zu behandelnde Notfallpatient, der hingegen die Praxis selbst aufsuche, löse keinen Besuch oder keine Visite aus und führe demgemäß von vornherein nicht zu einer Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit, so dass es der Erwähnung der Notfallbehandlung im Rahmen von Nr. 5, 3. Spiegelstrich EBM-Ä - anders als der Nr. 5, 2. Spiegelstrich EBM-Ä - von vornherein nicht bedurft habe. Dass der Tatbestand der Nr. 5 EBM-Ä das Erfordernis einer sprechstundenfreien Zeit bzw. einer ununterbrochenen Sprechstundentätigkeit voraussetze, bestätige auch Nr. 6 EBM-Ä, da diese Gebührenposition die Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember vergüte, wobei als Form der Inanspruchnahme beispielhaft die Inanspruchnahme im Rahmen einer Sprechstunde erwähnt sei.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Urteil des SG vom 6. Juni 2007 sowie die Bescheide vom 5. März 1999, 21. Mai 1999, 2. September 1999, 18. November 1999, 24. Februar 2000, 23. Mai 2000, 11. August 2000, 14. Dezember 2000, 6. März 2001, 19. Juni 2001, 9. August 2001, 1. November 2001, 5. Februar 2002, 7. Mai 2002, 27. August 2002, 11. November 2002, 29. Januar 2003, 24. Juni 2003, 31. Juli 2003 und 5. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2004 und des Bescheids vom 1. Juni 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der während Sprechstundenzeiten an Samstagen abgerechneten Leistungen nach Nr. 5 EBM-Ä. Diese sind lediglich nach Nr. 6 EBM-Ä zu vergüten.
Für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung ist in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen, und es ist vorrangige Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst, darin auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Soweit der Wortlaut einer Vergütungsregelung zweifelhaft ist und es einer Klarstellung dient, kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urteil vom 31. August 2005, Az.: B 6 KA 35/04 R; Urteil vom 8. September 2004, B 6 KA 37/03 R; Urteile vom 26. Januar 2000, Az.: B 6 KA 13/99 R und B 6 KA 5/98 R).
Aus der Zusammenschau der Gebührenvorschriften der Nr. 5 und 6 EBM-Ä ist zu entnehmen, dass die während Sprechstundenzeiten an Samstagen erbrachten Leistungen nicht unter Nr. 5 EBM-Ä abgerechnet und vergütet werden konnten, unabhängig davon, ob es sich um Notfallbehandlungen handelte oder nicht. Daher kann letztendlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei den von der Klägerin näher dargelegten Fällen tatsächlich um Notfallbehandlungen mit unaufschiebbarer Behandlungsbedürftigkeit gehandelt hat.
Die Leistungslegende der Nr. 5 EBM-Ä in der ab 1. Juli 1996 geltenden und in den streitgegenständlichen Quartalen noch maßgeblichen Fassung lautet: "Gebühr für eine Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten - zwischen 20 und 8 Uhr - zwischen 8 und 20 Uhr für Besuche, Visiten und Notfallbehandlungen an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember - für einen Besuch oder eine Visite mit Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit. Die Gebühr nach Nr. 5 ist nicht berechnungsfähig, wenn Sprechstunden vor 8 oder nach 20 Uhr stattfinden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt werden. Neben Besuchen nach Nr. 32 ist die Gebühr nach Nr. 5 nicht berechnungsfähig."
Die Leistungslegende der Nr. 6 EBM-Ä in der ab 1. Juli 1996 geltenden und in den streitgegenständlichen Quartalen noch maßgeblichen Fassung lautet: "Gebühr für andere als in der Leistung nach Nr. 5 aufgeführte Formen der Inanspruchnahme des Arztes (z. B. im Rahmen einer Sprechstunde) durch einen Patienten an Samstagen - außer bei telefonischer Inanspruchnahme von 8 bis 12 Uhr-, an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember. Im Rahmen derselben Inanspruchnahme des Arztes - auch bei Gruppenbehandlungen – sind die Gebühren nach den Nrn. 5 oder 6 nur einmal berechnungsfähig. Die Gebühren nach Nrn. 5 oder 6 sind nicht berechnungsfähig bei telefonischen Befundmitteilungen."
Dem Wortlaut der Nr. 5 EBM-Ä allein kann nicht entnommen werden, ob während der Sprechstunden an Samstagen erbrachte Leistungen zwischen 8 und 20 Uhr, sofern es sich z. B. um Notfallbehandlungen handelt, nach Nr. 5 EBM-Ä zu vergüten sind. Für die Klarstellung des Wortlauts der Nr. 5 EBM-Ä ist jedoch die mit dieser Gebührenposition in engem Zusammenhang stehende Gebührenposition der Nr. 6 EBM-Ä heranzuziehen, die ausdrücklich auf Nr. 5 EBM-Ä Bezug nimmt. Die Regelungen der Nr. 5 Satz 1 1. Spiegelschrift EBM-Ä (Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten zwischen 20 und 8 Uhr) und 3. Spiegelstrich (Inanspruchnahme des Arztes für einen Besuch oder eine Visite mit Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit) beziehen sich jeweils auf alle Wochentage, also auch auf Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage sowie den 24. und 31. Dezember. Entsprechendes gilt für die Einschränkung in Nr. 5 Abs. 2 EBM-Ä, wonach die Gebühr nach Nr. 5 EBM-Ä ist nicht berechnungsfähig ist, wenn Sprechstunden vor 8 oder nach 20 Uhr stattfinden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt werden. Auch diese Einschränkung bezieht sich auf alle Wochentage einschließlich von Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertage sowie dem 24. und 31. Dezember. Aus Nr. 5 Abs. 2 lässt sich jedoch nicht in einem Umkehrschluss entnehmen, dass während Sprechstunden zwischen 8 und 20 Uhr an Samstagen zumindest Notfallbehandlungen nach Nr. 5 EBM-Ä 1. Absatz 2. Spiegelstrich abgerechnet werden können.
Vielmehr wurde für die Abrechenbarkeit von Leistungen an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie dem 24. und 31. Dezember in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 20 Uhr in der Gebührenvorschrift der Nr. 5 Satz 1 2. Spiegelstrich und der darauf Bezug nehmenden Nr. 6 Satz 1 EBM-Ä eine Sonderregelung getroffen. Beide Vorschriften beziehen sich ausschließlich auf die Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember. Während Nr. 5 Satz 1 2. Spiegelstrich EBM-Ä eine Vergütung von Besuchen, Visiten und Notfallbehandlungen zwischen 8 und 20 Uhr an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember mit 300 Punkten vorsieht, sind "andere" als in der Leistung nach Nr. 5 aufgeführte Formen der Inanspruchnahme des Arztes (z.B. im Rahmen einer Sprechstunde) durch einen Patienten an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24. und 31. Dezember "nur" mit 200 Punkten zu vergüten. Damit ist klar gestellt, dass es sich bei einer Behandlung im Rahmen einer Sprechstunde immer um eine andere Form der Inanspruchnahme als einen Besuch, eine Visite oder eine Notfallbehandlung handelt, dass also eine Behandlung im Rahmen einer Sprechstunde keine Notfallbehandlung im Sinne der Nr. 5 Satz 1 2. Spiegelstrich EBM-Ä sein kann. Offensichtlich sollten mit den Vorschriften der Nr. 5 und 6 EBM-Ä für in Samstagsprechstunden erbrachte Leistungen zwar Wochenendgebühren vorgesehen werden, aber in geringerer Höhe als bei Inanspruchnahme des Arztes durch einen Patienten außerhalb der Sprechstundenzeiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 1 GKG.
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