Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 11 P 4/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 18/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Februar 2010 geändert und den Antragsgegnern vorläufig untersagt, den Text des Transparenzberichts in Bezug auf die Antragstellerin in der am 10. Dezember 2009 übermittelten Fassung bis zum Ablauf des 15. November 2010, längstens bis zur Entscheidung des Sozialgerichts in der Hauptsache oder bis zu einem anderen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter zu veröffentlichen.
Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für das Verfahren in beiden Instanzen auf jeweils 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Veröffentlichung eines Transparenzberichtes nach § 115 Abs. 1a Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI).
Die Antragstellerin betreibt einen Pflegedienst und erbrachte im Dezember 2009 ambulante Pflegeleistungen für 45 Personen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte bei der Antragstellerin am 3. Dezember 2009 eine Qualitätsprüfung durch. Es wurden dabei die Leistungen für 5 Pflegekunden überprüft. Am 10. Dezember 2009 wurde der Antragstellerin auf elektronischem Wege im Auftrag der Antragsgegner der auf Grundlage der MDK-Prüfung erstellte Transparenzbericht im Entwurf übermittelt.
Dabei erhielt die Antragstellerin folgende Bewertungen.
1.) Qualitätsbereich 1 pflegerische Leistungen Note 5,0 mangelhaft 2.) Qualitätsbereich 2 ärztlich verordnete Leistungen Note 4,6 mangelhaft 3.) Qualitätsbereich 3 Dienstleistung und Organisation Note 1,8 gut 4.) Gesamtergebnis Note 4,4 ausreichend 5.) Befragung der Bewohner Note 1,0 sehr gut.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die bereits erfolgte Veröffentlichung des Transparenzberichtes in der vorliegenden Form. Insbesondere die Bewertungen für die Qualitätsbereiche 1 und 2, aber auch die Gesamtnote seien unzutreffend. Dies liege einerseits an der objektiven Falschbeantwortung von Einzelfragen und andererseits an der Fehlinterpretation der Ausfüllanleitung durch die Prüfer. So hätten Unzulänglichkeiten in der Dokumentation fehlerhaft zu einer negativen Bewertung der korrekt erbrachten Leistung geführt. Auch verzerre die bei diversen Kriterien nur geringe Zahl einbezogener Patienten die Bewertung derart, dass ein repräsentatives Ergebnis nicht erzielt worden sei. Durch die Veröffentlichung des fehlerhaften Transparenzberichts sei zumindest eine erhebliche Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Antragstellerin zu befürchten und werde in die Berufsausübungsfreiheit unzulässig eingegriffen.
Das Sozialgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 27. Februar 2010 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es seien weder offensichtliche Fehler bei der Prüfung durch den MDK noch eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung gegeben. Insbesondere sei die Berücksichtigung mangelhafter Dokumentation der Leistungserbringung sachgerecht, da nur so die Erbringung der geschuldeten Leistung in der Vergangenheit nachvollzogen werden könne.
Die Antragstellerin vertieft zur Begründung ihrer Beschwerde vom 25. März 2010 das erstinstanzliche Vorbringen und trägt vor, das Recht auf rechtsfehlerfreie Bewertung und das Gebot inhaltlicher Richtigkeit bei wettbewerbserheblichen Informationen seien verletzt. Zudem seien die Einzelbewertungen teilweise auf zu geringer Datenbasis erfolgt, so dass kein objektives Bild im Sinne einer Regelhaftigkeit der bewerteten Umstände wiedergegeben werde. Schließlich sei überhaupt fraglich, ob im Hinblick auf den Zweck der Transparenzberichte, Bewertungen der Ergebnis- und Lebensqualität zu veröffentlichen, die erfolgten Prüfungen verwertbar seien. Entsprechende Bewertungskriterien lägen nicht vor und würden bei der erfolgten Bewertung auch nicht berücksichtigt. Die kritisierten Dokumentationsmängel rechtfertigten entgegen der tatsächlich erfolgten Leistungserbringung keine schlechten Bewertungen und deren Veröffentlichung.
Die Antragstellerin beantragt wörtlich, den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Februar 2010 aufzuheben und den Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Entwurf des Transparenzberichts zur MDK-Prüfung vom 3. Dezember 2009 im Internet oder auf anderem Wege zukünftig zu veröffentlichen, zu verbreiten oder Dritten hierfür zur Verfügung zu stellen. Die Antragsgegner beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dem Antrag fehlt es auch nicht im Hinblick auf die bereits erfolgte Veröffentlichung des beanstandeten Transparenzberichts am Rechtsschutzbedürfnis, denn eine fortwährende Veröffentlichung ist geeignet, die geltend gemachte Verletzung des Grundrechts auf Gewerbefreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG fortzusetzen und damit im Ergebnis zu vertiefen. Allerdings erstrebt die Antragstellerin – anders als vom Sozialgericht angenommen – nicht eine sog. Sicherungsanordnung auf der Grundlage von § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG, sondern eine Regelungsanordnung gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift. Mit der im Verlauf des Verfahrens erfolgten Veröffentlichung des Transparenzberichts hat das Anliegen der Antragstellerin eine gemäß § 123 SGG auch ohne Klarstellung zu berücksichtigende Veränderung dahingehend erfahren, dass nun nicht mehr der ehedem bestehende Zustand vor Veränderung geschützt, sondern wieder herbeigeführt werden soll. Auch ist der Antrag insoweit auslegungsbedürftig, als nicht allein die künftige Veröffentlichung des Berichtsentwurfs verhindert, sondern die bestehende Veröffentlichung rückgängig untersagt werden soll.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Rechtsgrundlage für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Die Voraussetzungen für die begehrte Anordnung liegen vor. Nach ständiger Rechtsprechung erscheint die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig, wenn die Rechtsverfolgung in der Sache erhebliche Erfolgsaussicht hat (Anordnungsanspruch) und bei Abwägung der Interessen der Beteiligten die Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Regelung diejenigen der anderen Beteiligten überwiegen und für ihre Realisierung ohne die Regelung erhebliche Gefahren, wesentliche Nachteile für die Ausübung/Realisierung/ Bewahrung von Rechten, drohen (Anordnungsgrund). Dabei sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund umso höher, je geringer die Erfolgsaussicht ist; sie sind umso niedriger, je größer die Erfolgsaussichten sind. Ist unklar, ob ein Anordnungsanspruch besteht, hat eine Folgenabwägung zu erfolgen. Eine solche verlangt, die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegen würde, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren indes keinen Erfolg hätte. Dabei sind insbesondere die möglichen Folgen für die Grundrechte des jeweiligen Antragstellers zu bedenken. Dies ist auch im vorliegenden Fall zu beachten, weil die Antragstellerin sich hier gegen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wendet, der durch eine unzutreffende öffentliche Bewertung von Marktangeboten der Antragstellerin durch Hoheitsträger und entsprechende staatliche Marktsteuerung bewirkt werden kann. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG kann nicht nur berührt sein, wenn eine berufliche Tätigkeit unterbunden wird, sondern auch, wenn der Markterfolg behindert wird. Obwohl unrichtige oder unsachliche Informationen den Wettbewerber nicht grundsätzlich daran hindern, seinen Beruf auszuüben, können sie doch den Erfolg der Berufsausübung beeinflussen. Dementsprechend schützt Art. 12 Abs. 1 GG Unternehmen in ihrer beruflichen Betätigung vor inhaltlich unzutreffenden Informationen oder vor Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, wenn der Wettbewerb in seiner Funktionsweise durch sie gestört wird und sie in der Folge den betroffenen Wettbewerber in der Freiheit seiner beruflichen Tätigkeit beeinträchtigen (BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2004, 1 BvR 2566/95, Juris, Rdnr. 27).
Mit der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs steht in solchen Fällen auch die Rechtswidrigkeit fest, da eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2002, 1 BvR 558/91 und 1 BvR 1428/91, Juris, Rdnr. 63). Es ist daher für die Zulässigkeit öffentlicher Bewertungen nicht ausreichend, dass keine groben Fehler oder Bewertungsmängel bzw. keine schwerwiegenden Verstöße gegen die rechtlichen Vorgaben vorliegen (a.A. LSG Sachsen, Beschluss vom 24. Februar 2010, L 1 P 1/10 B ER, Juris, Rdnr. 54). Zum einen hat die Öffentlichkeit grundsätzlich Anspruch auf zutreffende Information. Dies gilt auch wegen des öffentlichen Interesses an einer fairen Marktsituation. Zum anderen verlangt der Schutz des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit, dass die veröffentlichten Daten und Bewertungen in einem dem Grundrecht angemessenen Verfahren und auf zutreffender Tatsachengrundlage zustande kommen. Die Bewertungen selbst müssen aus den zugrunde liegenden Daten richtig abgeleitet werden. Dabei sind die gesetzgeberischen Zwecke und Aspekte der Gleichbehandlung zwingend zu berücksichtigen. § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI sieht die Veröffentlichung der von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität vor, sog Transparenzberichte. Ziel ist daher, die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen insbesondere über das tatsächlich realisierte Leistungsangebot und dessen Qualität hinsichtlich der Pflegeergebnisse und der Lebensqualität zu informieren.
Bei der im einstweiligen Verfahren allein möglichen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Transparenzberichts.
Der Umfang der Gültigkeit der Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant vom 29. Januar 2009 (PTVA) muss in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Dies gilt auch für die Frage, inwieweit den Antragsgegnern bzw. dem MDK im Rahmen der nach § 115 Abs 1a SGB XI vorzunehmenden Bewertungen Beurteilungsspielräume eröffnet sind. Es ist bereits zweifelhaft, ob die PTVA als untergesetzliche Normsetzungsvereinbarung den genannten gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. Eine Bindung auch der einzelnen Pflegeeinrichtung an diese Vereinbarung kann nur eintreten, soweit die Vereinbarung der gesetzlichen Ermächtigung und Zweckbestimmung entspricht. Zweifel ergeben sich insbesondere deswegen, weil die PTVA selbst einräumt, dass derzeit keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität vorliegen, und weil die unterschiedslose äquivalente Gewichtung der verschiedenen Bewertungskriterien massive Verzerrungen der Bewertungsergebnisse insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisqualität erlaubt. Gerade im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz der Transparenzberichte nach § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI müssen bis zur Anerkennung entsprechender Indikatoren strenge Maßstäbe an das Bewertungsverfahren gestellt werden. Aus § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI ergibt sich, dass dem Gesetzgeber in besonderer Weise an der Vergleichbarkeit der zu veröffentlichenden Leistungen und Qualität gelegen ist. Allerdings setzt ein sachgerechter Vergleich die hinreichende Aussagekraft der heranzuziehenden Daten voraus. Dementsprechend bestimmt § 2 PTVA zwar, dass die auszuwertende Patientengruppe eine bestimmte Mindestgröße haben muss, doch enthält die gem. § 3 Abs. 2 PTVA in Verbindung mit Ziffer 2.1. der Anlage 2 anzuwendende Bewertungssystematik zugleich eine Bestimmung, wonach ein Kriterium, das für einen pflegebedürftigen Menschen nicht zutrifft, nicht in die Bewertung und Mittelwertberechnung einzubeziehen sei. Dies ermöglicht eine Bewertung von Kriterien auch bei Unterschreitung der in § 2 PTVA vorgesehenen Mindestanzahl auszuwertender Fälle und vergrößert so die Wahrscheinlichkeit nicht repräsentativer Zufallsergebnisse. Die bereits bei abstrakter Betrachtung der Regelung bestehenden Bedenken werden im konkreten Fall bestätigt. So hat von den 17 Kriterien des Qualitätsbereichs 1 nur ein einziges unter Heranziehung aller fünf ausgewählten Patientenfälle bewertet werden können. In vier Kriterien basiert die Bewertung hingegen auf nur jeweils einem Fall.
Auch die Anwendung der PTVA im konkreten Fall begegnet Bedenken. Gem. § 2 PTVA hat die Auswahl der zu prüfenden Fälle entsprechend der Verteilung nach Pflegestufen und innerhalb dieser zufällig zu erfolgen. Es spricht viel dafür, dass danach der Anteil der den jeweiligen Pflegestufen zugeordneten Kunden des Pflegedienstes an dessen Gesamtkundenstamm in der Probandengruppe widergespiegelt werden soll. Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ist indes nicht ersichtlich, ob die Verteilung der von der Antragstellerin betreuten Patienten auf die Pflegestufen ermittelt wurde und nach welchen Kriterien die in die Prüfung einbezogenen pflegebedürftigen Menschen ausgewählt wurden.
Im Qualitätsbereich 1 hat sich die fehlende oder unzureichende Dokumentation der individuellen Wünsche zur Körperpflege (Kriterium 1) und zum Essen und Trinken (Kriterium 2) in einer Bewertung jeweils mit der Note 5 niedergeschlagen, ohne dass eine Aufklärung dahingehend ersichtlich ist, ob und inwieweit sich der Dokumentationsmangel auf die tatsächliche Berücksichtigung der Patientenwünsche ausgewirkt hat. Insofern hat die Antragstellerin durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen in Bezug auf vier Patienten glaubhaft gemacht, dass die jeweiligen Wünsche berücksichtigt worden seien. Im Hinblick auf das ausdrücklich erklärte gesetzgeberische Ziel einer Mitteilung der tatsächlichen Leistungserbringung und deren Ergebnisqualität, die Grundrechtsrelevanz und die kritische pflegewissenschaftliche Situation erscheint es bedenklich, eine derart massive Schlechtbenotung vorrangig auf fehlende oder unzureichende Dokumentation zu stützen. Hier haben die Antragsgegner im Rahmen der ihnen obliegenden Amtsermittlung den Sachverhalt aufzuklären. Unterbleibt die Aufklärung, kann die Bewertung nicht als verfahrensgerecht und inhaltlich hinreichend gesichert bewertet werden. Inwieweit Dokumentationsmängel als solche trotz der gesetzgeberischen Zweckbestimmung in die Bewertung inhaltlich (etwa durch Abwertung) oder separat einfließen können, kann für die vorliegende Entscheidung offen und muss ggf. einer Hauptsacheentscheidung vorbehalten bleiben. Ebenfalls ungeklärt kann hier bleiben, inwieweit bei der Bewertung die eigentlichen pflegerischen Aktivitäten stärker als Versäumnisse bei Beratungs- und Kontrollaufgaben zu gewichten sind. Auch dies müsste im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens bei der Prüfung der Wirksamkeit der Bewertungsvorgaben der PTVA geklärt werden.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Dabei berücksichtigt der Senat insbesondere die schwer zu korrigierenden Folgen einer Veröffentlichung der fehlerhaften Bewertungen für die Berufsausübung der Antragstellerin im Rahmen des Wettbewerbs der Pflegeeinrichtungen. Wesentliche Nachteile würden auch dann drohen, wenn eigene Kommentare der Antragstellerin zur Bewertung durch die Antragsgegner in die Veröffentlichung aufgenommen würden, weil solche gegen die hoheitliche Bewertung nur begrenzt Marktwirksamkeit erlangen können. Wie bereits ausgeführt, liegen korrekte Veröffentlichungen auch im öffentlichen Interesse. Auch das Informationsinteresse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ist hier nicht von Gewicht, weil im Falle der Antragstellerin offensichtlich keine relevanten Gefahren für die Rechtsgüter der Pflegekunden, insbesondere deren Gesundheit, bestehen. Insofern käme auch eine Folgenabwägung zur hier vorzunehmenden Anordnung.
Bei der für die Anordnung der Unterlassung der Veröffentlichung festzusetzenden Frist geht der Senat davon aus, dass das Hauptsacheverfahren besonders zügig zu entscheiden ist und auch entschieden werden kann. Sollte das Verfahren in der Hauptsache bis zu dem hier gesetzten Termin noch nicht abgeschlossen sein, wäre ggf. auf entsprechenden Antrag durch das dann zuständige Gericht der Hauptsache über die weitere Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO. Sie berücksichtigt den Erfolg der Rechtsverfolgung. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 197a SGG, 63, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 GKG. Sie berücksichtigt den ausdrücklichen Verweis des § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG für das sozialgerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf § 52 Abs. 2 GKG, weshalb eine Reduzierung des Auffangstreitwertes für derartige Verfahren ausgeschlossen erscheint.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für das Verfahren in beiden Instanzen auf jeweils 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Veröffentlichung eines Transparenzberichtes nach § 115 Abs. 1a Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI).
Die Antragstellerin betreibt einen Pflegedienst und erbrachte im Dezember 2009 ambulante Pflegeleistungen für 45 Personen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte bei der Antragstellerin am 3. Dezember 2009 eine Qualitätsprüfung durch. Es wurden dabei die Leistungen für 5 Pflegekunden überprüft. Am 10. Dezember 2009 wurde der Antragstellerin auf elektronischem Wege im Auftrag der Antragsgegner der auf Grundlage der MDK-Prüfung erstellte Transparenzbericht im Entwurf übermittelt.
Dabei erhielt die Antragstellerin folgende Bewertungen.
1.) Qualitätsbereich 1 pflegerische Leistungen Note 5,0 mangelhaft 2.) Qualitätsbereich 2 ärztlich verordnete Leistungen Note 4,6 mangelhaft 3.) Qualitätsbereich 3 Dienstleistung und Organisation Note 1,8 gut 4.) Gesamtergebnis Note 4,4 ausreichend 5.) Befragung der Bewohner Note 1,0 sehr gut.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die bereits erfolgte Veröffentlichung des Transparenzberichtes in der vorliegenden Form. Insbesondere die Bewertungen für die Qualitätsbereiche 1 und 2, aber auch die Gesamtnote seien unzutreffend. Dies liege einerseits an der objektiven Falschbeantwortung von Einzelfragen und andererseits an der Fehlinterpretation der Ausfüllanleitung durch die Prüfer. So hätten Unzulänglichkeiten in der Dokumentation fehlerhaft zu einer negativen Bewertung der korrekt erbrachten Leistung geführt. Auch verzerre die bei diversen Kriterien nur geringe Zahl einbezogener Patienten die Bewertung derart, dass ein repräsentatives Ergebnis nicht erzielt worden sei. Durch die Veröffentlichung des fehlerhaften Transparenzberichts sei zumindest eine erhebliche Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Antragstellerin zu befürchten und werde in die Berufsausübungsfreiheit unzulässig eingegriffen.
Das Sozialgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 27. Februar 2010 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es seien weder offensichtliche Fehler bei der Prüfung durch den MDK noch eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung gegeben. Insbesondere sei die Berücksichtigung mangelhafter Dokumentation der Leistungserbringung sachgerecht, da nur so die Erbringung der geschuldeten Leistung in der Vergangenheit nachvollzogen werden könne.
Die Antragstellerin vertieft zur Begründung ihrer Beschwerde vom 25. März 2010 das erstinstanzliche Vorbringen und trägt vor, das Recht auf rechtsfehlerfreie Bewertung und das Gebot inhaltlicher Richtigkeit bei wettbewerbserheblichen Informationen seien verletzt. Zudem seien die Einzelbewertungen teilweise auf zu geringer Datenbasis erfolgt, so dass kein objektives Bild im Sinne einer Regelhaftigkeit der bewerteten Umstände wiedergegeben werde. Schließlich sei überhaupt fraglich, ob im Hinblick auf den Zweck der Transparenzberichte, Bewertungen der Ergebnis- und Lebensqualität zu veröffentlichen, die erfolgten Prüfungen verwertbar seien. Entsprechende Bewertungskriterien lägen nicht vor und würden bei der erfolgten Bewertung auch nicht berücksichtigt. Die kritisierten Dokumentationsmängel rechtfertigten entgegen der tatsächlich erfolgten Leistungserbringung keine schlechten Bewertungen und deren Veröffentlichung.
Die Antragstellerin beantragt wörtlich, den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Februar 2010 aufzuheben und den Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Entwurf des Transparenzberichts zur MDK-Prüfung vom 3. Dezember 2009 im Internet oder auf anderem Wege zukünftig zu veröffentlichen, zu verbreiten oder Dritten hierfür zur Verfügung zu stellen. Die Antragsgegner beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dem Antrag fehlt es auch nicht im Hinblick auf die bereits erfolgte Veröffentlichung des beanstandeten Transparenzberichts am Rechtsschutzbedürfnis, denn eine fortwährende Veröffentlichung ist geeignet, die geltend gemachte Verletzung des Grundrechts auf Gewerbefreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG fortzusetzen und damit im Ergebnis zu vertiefen. Allerdings erstrebt die Antragstellerin – anders als vom Sozialgericht angenommen – nicht eine sog. Sicherungsanordnung auf der Grundlage von § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG, sondern eine Regelungsanordnung gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift. Mit der im Verlauf des Verfahrens erfolgten Veröffentlichung des Transparenzberichts hat das Anliegen der Antragstellerin eine gemäß § 123 SGG auch ohne Klarstellung zu berücksichtigende Veränderung dahingehend erfahren, dass nun nicht mehr der ehedem bestehende Zustand vor Veränderung geschützt, sondern wieder herbeigeführt werden soll. Auch ist der Antrag insoweit auslegungsbedürftig, als nicht allein die künftige Veröffentlichung des Berichtsentwurfs verhindert, sondern die bestehende Veröffentlichung rückgängig untersagt werden soll.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Rechtsgrundlage für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Die Voraussetzungen für die begehrte Anordnung liegen vor. Nach ständiger Rechtsprechung erscheint die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig, wenn die Rechtsverfolgung in der Sache erhebliche Erfolgsaussicht hat (Anordnungsanspruch) und bei Abwägung der Interessen der Beteiligten die Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Regelung diejenigen der anderen Beteiligten überwiegen und für ihre Realisierung ohne die Regelung erhebliche Gefahren, wesentliche Nachteile für die Ausübung/Realisierung/ Bewahrung von Rechten, drohen (Anordnungsgrund). Dabei sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund umso höher, je geringer die Erfolgsaussicht ist; sie sind umso niedriger, je größer die Erfolgsaussichten sind. Ist unklar, ob ein Anordnungsanspruch besteht, hat eine Folgenabwägung zu erfolgen. Eine solche verlangt, die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegen würde, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren indes keinen Erfolg hätte. Dabei sind insbesondere die möglichen Folgen für die Grundrechte des jeweiligen Antragstellers zu bedenken. Dies ist auch im vorliegenden Fall zu beachten, weil die Antragstellerin sich hier gegen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wendet, der durch eine unzutreffende öffentliche Bewertung von Marktangeboten der Antragstellerin durch Hoheitsträger und entsprechende staatliche Marktsteuerung bewirkt werden kann. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG kann nicht nur berührt sein, wenn eine berufliche Tätigkeit unterbunden wird, sondern auch, wenn der Markterfolg behindert wird. Obwohl unrichtige oder unsachliche Informationen den Wettbewerber nicht grundsätzlich daran hindern, seinen Beruf auszuüben, können sie doch den Erfolg der Berufsausübung beeinflussen. Dementsprechend schützt Art. 12 Abs. 1 GG Unternehmen in ihrer beruflichen Betätigung vor inhaltlich unzutreffenden Informationen oder vor Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, wenn der Wettbewerb in seiner Funktionsweise durch sie gestört wird und sie in der Folge den betroffenen Wettbewerber in der Freiheit seiner beruflichen Tätigkeit beeinträchtigen (BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2004, 1 BvR 2566/95, Juris, Rdnr. 27).
Mit der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs steht in solchen Fällen auch die Rechtswidrigkeit fest, da eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2002, 1 BvR 558/91 und 1 BvR 1428/91, Juris, Rdnr. 63). Es ist daher für die Zulässigkeit öffentlicher Bewertungen nicht ausreichend, dass keine groben Fehler oder Bewertungsmängel bzw. keine schwerwiegenden Verstöße gegen die rechtlichen Vorgaben vorliegen (a.A. LSG Sachsen, Beschluss vom 24. Februar 2010, L 1 P 1/10 B ER, Juris, Rdnr. 54). Zum einen hat die Öffentlichkeit grundsätzlich Anspruch auf zutreffende Information. Dies gilt auch wegen des öffentlichen Interesses an einer fairen Marktsituation. Zum anderen verlangt der Schutz des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit, dass die veröffentlichten Daten und Bewertungen in einem dem Grundrecht angemessenen Verfahren und auf zutreffender Tatsachengrundlage zustande kommen. Die Bewertungen selbst müssen aus den zugrunde liegenden Daten richtig abgeleitet werden. Dabei sind die gesetzgeberischen Zwecke und Aspekte der Gleichbehandlung zwingend zu berücksichtigen. § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI sieht die Veröffentlichung der von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität vor, sog Transparenzberichte. Ziel ist daher, die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen insbesondere über das tatsächlich realisierte Leistungsangebot und dessen Qualität hinsichtlich der Pflegeergebnisse und der Lebensqualität zu informieren.
Bei der im einstweiligen Verfahren allein möglichen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des sog. Transparenzberichts.
Der Umfang der Gültigkeit der Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant vom 29. Januar 2009 (PTVA) muss in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Dies gilt auch für die Frage, inwieweit den Antragsgegnern bzw. dem MDK im Rahmen der nach § 115 Abs 1a SGB XI vorzunehmenden Bewertungen Beurteilungsspielräume eröffnet sind. Es ist bereits zweifelhaft, ob die PTVA als untergesetzliche Normsetzungsvereinbarung den genannten gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. Eine Bindung auch der einzelnen Pflegeeinrichtung an diese Vereinbarung kann nur eintreten, soweit die Vereinbarung der gesetzlichen Ermächtigung und Zweckbestimmung entspricht. Zweifel ergeben sich insbesondere deswegen, weil die PTVA selbst einräumt, dass derzeit keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität vorliegen, und weil die unterschiedslose äquivalente Gewichtung der verschiedenen Bewertungskriterien massive Verzerrungen der Bewertungsergebnisse insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisqualität erlaubt. Gerade im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz der Transparenzberichte nach § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI müssen bis zur Anerkennung entsprechender Indikatoren strenge Maßstäbe an das Bewertungsverfahren gestellt werden. Aus § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI ergibt sich, dass dem Gesetzgeber in besonderer Weise an der Vergleichbarkeit der zu veröffentlichenden Leistungen und Qualität gelegen ist. Allerdings setzt ein sachgerechter Vergleich die hinreichende Aussagekraft der heranzuziehenden Daten voraus. Dementsprechend bestimmt § 2 PTVA zwar, dass die auszuwertende Patientengruppe eine bestimmte Mindestgröße haben muss, doch enthält die gem. § 3 Abs. 2 PTVA in Verbindung mit Ziffer 2.1. der Anlage 2 anzuwendende Bewertungssystematik zugleich eine Bestimmung, wonach ein Kriterium, das für einen pflegebedürftigen Menschen nicht zutrifft, nicht in die Bewertung und Mittelwertberechnung einzubeziehen sei. Dies ermöglicht eine Bewertung von Kriterien auch bei Unterschreitung der in § 2 PTVA vorgesehenen Mindestanzahl auszuwertender Fälle und vergrößert so die Wahrscheinlichkeit nicht repräsentativer Zufallsergebnisse. Die bereits bei abstrakter Betrachtung der Regelung bestehenden Bedenken werden im konkreten Fall bestätigt. So hat von den 17 Kriterien des Qualitätsbereichs 1 nur ein einziges unter Heranziehung aller fünf ausgewählten Patientenfälle bewertet werden können. In vier Kriterien basiert die Bewertung hingegen auf nur jeweils einem Fall.
Auch die Anwendung der PTVA im konkreten Fall begegnet Bedenken. Gem. § 2 PTVA hat die Auswahl der zu prüfenden Fälle entsprechend der Verteilung nach Pflegestufen und innerhalb dieser zufällig zu erfolgen. Es spricht viel dafür, dass danach der Anteil der den jeweiligen Pflegestufen zugeordneten Kunden des Pflegedienstes an dessen Gesamtkundenstamm in der Probandengruppe widergespiegelt werden soll. Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ist indes nicht ersichtlich, ob die Verteilung der von der Antragstellerin betreuten Patienten auf die Pflegestufen ermittelt wurde und nach welchen Kriterien die in die Prüfung einbezogenen pflegebedürftigen Menschen ausgewählt wurden.
Im Qualitätsbereich 1 hat sich die fehlende oder unzureichende Dokumentation der individuellen Wünsche zur Körperpflege (Kriterium 1) und zum Essen und Trinken (Kriterium 2) in einer Bewertung jeweils mit der Note 5 niedergeschlagen, ohne dass eine Aufklärung dahingehend ersichtlich ist, ob und inwieweit sich der Dokumentationsmangel auf die tatsächliche Berücksichtigung der Patientenwünsche ausgewirkt hat. Insofern hat die Antragstellerin durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen in Bezug auf vier Patienten glaubhaft gemacht, dass die jeweiligen Wünsche berücksichtigt worden seien. Im Hinblick auf das ausdrücklich erklärte gesetzgeberische Ziel einer Mitteilung der tatsächlichen Leistungserbringung und deren Ergebnisqualität, die Grundrechtsrelevanz und die kritische pflegewissenschaftliche Situation erscheint es bedenklich, eine derart massive Schlechtbenotung vorrangig auf fehlende oder unzureichende Dokumentation zu stützen. Hier haben die Antragsgegner im Rahmen der ihnen obliegenden Amtsermittlung den Sachverhalt aufzuklären. Unterbleibt die Aufklärung, kann die Bewertung nicht als verfahrensgerecht und inhaltlich hinreichend gesichert bewertet werden. Inwieweit Dokumentationsmängel als solche trotz der gesetzgeberischen Zweckbestimmung in die Bewertung inhaltlich (etwa durch Abwertung) oder separat einfließen können, kann für die vorliegende Entscheidung offen und muss ggf. einer Hauptsacheentscheidung vorbehalten bleiben. Ebenfalls ungeklärt kann hier bleiben, inwieweit bei der Bewertung die eigentlichen pflegerischen Aktivitäten stärker als Versäumnisse bei Beratungs- und Kontrollaufgaben zu gewichten sind. Auch dies müsste im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens bei der Prüfung der Wirksamkeit der Bewertungsvorgaben der PTVA geklärt werden.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Dabei berücksichtigt der Senat insbesondere die schwer zu korrigierenden Folgen einer Veröffentlichung der fehlerhaften Bewertungen für die Berufsausübung der Antragstellerin im Rahmen des Wettbewerbs der Pflegeeinrichtungen. Wesentliche Nachteile würden auch dann drohen, wenn eigene Kommentare der Antragstellerin zur Bewertung durch die Antragsgegner in die Veröffentlichung aufgenommen würden, weil solche gegen die hoheitliche Bewertung nur begrenzt Marktwirksamkeit erlangen können. Wie bereits ausgeführt, liegen korrekte Veröffentlichungen auch im öffentlichen Interesse. Auch das Informationsinteresse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ist hier nicht von Gewicht, weil im Falle der Antragstellerin offensichtlich keine relevanten Gefahren für die Rechtsgüter der Pflegekunden, insbesondere deren Gesundheit, bestehen. Insofern käme auch eine Folgenabwägung zur hier vorzunehmenden Anordnung.
Bei der für die Anordnung der Unterlassung der Veröffentlichung festzusetzenden Frist geht der Senat davon aus, dass das Hauptsacheverfahren besonders zügig zu entscheiden ist und auch entschieden werden kann. Sollte das Verfahren in der Hauptsache bis zu dem hier gesetzten Termin noch nicht abgeschlossen sein, wäre ggf. auf entsprechenden Antrag durch das dann zuständige Gericht der Hauptsache über die weitere Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO. Sie berücksichtigt den Erfolg der Rechtsverfolgung. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 197a SGG, 63, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 GKG. Sie berücksichtigt den ausdrücklichen Verweis des § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG für das sozialgerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf § 52 Abs. 2 GKG, weshalb eine Reduzierung des Auffangstreitwertes für derartige Verfahren ausgeschlossen erscheint.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved