Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 2296/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4990/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 25. September 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 sowie die Erstattung überzahlten Alg II in Höhe von 2.977,60 EUR.
Die 1946 geborene Klägerin verzog am 7. Dezember 2005 in den Einzugsbereich des Beklagten. Sie beantragte am 14. Dezember 2005 die Gewährung von Alg II. Im Antrag gab sie an, sie beziehe täglich Arbeitslosengeld I in Höhe von 4,12 EUR. Entsprechende Eintragungen fanden sich im Zusatzblatt 2.1 (Einkommenserklärung/Selbsteinschätzung) auch in Grünstift durch den Antragsannehmer der Beklagten. Vorgelegt wurde des Weiteren der Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit H. vom 25. November 2005 für die Zeit ab 1. Dezember 2005. Danach stehe der Klägerin ein täglicher Leistungssatz von 8,25 EUR zu; ausbezahlt würden allerdings nur 4,12 EUR wegen einer Minderung nach § 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Bis zum Beginn ihrer Arbeitslosigkeit war die Klägerin bei ihrem Ehemann (von dem sie ebenfalls ab 7. Dezember 2005 dauernd getrennt lebte) im Handwerksbetrieb als kaufmännische Angestellte mit Büroarbeiten beschäftigt.
Mit Bescheid vom 12. Januar 2006 bewilligte die Beklagte Leistungen vom 13. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 und legte der Leistungsberechnung im Berechnungsbogen als "Arbeitsagentur Einkommen" für Dezember 2005 einen Leistungsbetrag von 74,34 EUR und für den darauffolgenden Zeitraum von monatlich 123,90 EUR zugrunde.
Im Fortzahlungsantrag vom 19. Juni 2006 gab die Klägerin an, es habe sich nichts geändert; sie beantragte zusätzlich die Bewilligung von Mehrbedarfsleistungen bei kostenaufwändiger Ernährung wegen Diabetes mellitus. Mit Bescheid vom 7. Juli 2006 bewilligte die Beklagte vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 302,23 EUR (345,- EUR Regelleistung, 51,13 EUR Mehrbedarf abzüglich 93,90 EUR "Arbeitsagentur Einkommen" [123,90 EUR abzüglich 30,- EUR]). Im Fortzahlungsantrag vom 4. Dezember 2006 (Bewilligungsbescheid vom 7. Dezember 2006 - monatlich 302,23 EUR) und vom 22. Mai 2007 (Bewilligungsbescheide vom 31. Mai 2007 für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2007, monatliche Leistungen 304,23 EUR [347,- EUR Regelleistung, ansonsten Berechnung unverändert], und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2008) gab die Klägerin an, es hätten sich keine Änderungen ergeben.
Einen weiteren Fortzahlungsantrag stellte sie am 28. Mai 2008. Im Antrag gab sie u.a. in Anlage "EK" an, sie erhalte täglich 8,25 EUR Arbeitslosengeld, das sei bei der BA bekannt. Sie legte den Änderungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit R., vom 27. April 2006 vor, wonach sie seit 1. Mai 2006 wieder den ungekürzten Leistungssatz von 8,25 EUR täglich erhalte.
Mit Bescheiden vom 23. Juni 2008 änderte die Beklagte daraufhin die Leistungsbewilligungen für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 ab. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juni 2008 hob die Beklagte die Entscheidungen vom 26. Juni 2006, 17. Juli 2006, 14. Dezember 2006 und 31. Mai 2007 für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 teilweise in Höhe von 2.977,60 EUR auf und machte diese Summe als Erstattungsforderung geltend. Die Klägerin habe im Antrag vom 4. Dezember 2006 zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht; ihr hätte auch bekannt sein müssen, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, sie habe sich immer auf die Richtigkeit der Berechnungen des Fachpersonals der Agentur für Arbeit verlassen. Sie habe keine falschen Angaben gemacht; ebenso habe sie es nicht unterlassen, Änderungen mitzuteilen, da es solche gar nicht gegeben habe. Das Arbeitslosengeld I sei doch immer angerechnet worden. Sie sei zwar kaufmännische Angestellte gewesen, doch habe dies nichts mit einer Leistungsberechnung nach dem SGB II zu tun.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 1. August 2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe die Angabe im Erstantrag, wonach sie 4,13 EUR täglich Arbeitslosengeld I erhalte, nicht selbst gemacht. Dies habe vielmehr der Sachbearbeiter der Beklagten gemacht. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte über die Höhe des Arbeitslosengeld I Bescheid wisse, wenn sie auch zugleich das Alg II bearbeite und bewillige. Die Berechnung des Leistungsanspruchs sei nicht ihre Sache, sie sei auch nicht in der Lage, die Berechnungen nachzuvollziehen. Es ergebe sich aus den Bescheiden nicht, wie das "Einkommen Arbeitsagentur" berechnet werde. Sie müsse daher davon ausgehen, dass die Beklagte das Einkommen richtig wisse. Sie habe wahrheitsgemäße und vollständige Angaben gemacht. Der Sachbearbeiter der Beklagten habe vielmehr im Nachhinein, also nach ihrer Unterschrift unter dem Antrag, falsche Daten eingetragen. Das könne nicht zu ihren Lasten gehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 25. September 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn die Bewilligungen beruhten auf Angaben, die die Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig gemacht habe. Darüber hinaus sei sie zumindest grob fahrlässig im Hinblick auf die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligung gewesen.
Gegen den am 29. September 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28. Oktober 2009 Berufung eingelegt.
Sie beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 25. September 2009 sowie den Bescheid vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2008 aufzuheben.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen in erster Instanz.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 14. April 2010 erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift wird inhaltlich Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 teilweise aufgehoben und die überzahlten Leistungen erstattet verlangt.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
In diesen Fällen ist der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch [SGB II] und § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Die Beklagte hat zu Recht die Bescheide vom 26. Juni 2006, 17. Juli 2006, 14. Dezember 2006 und 31. Mai 2007 teilweise aufgehoben und insgesamt 2.977,60 EUR erstattet verlangt, da die Klägerin jedenfalls grob fahrlässig im Fortzahlungsantrag vom 19. Juni 2006 sowie den Folgeanträgen in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht hat. Jedenfalls aber hätte die Klägerin erkennen können, dass ihr Anspruch auf Alg II mit der Erhöhung des Alg I jedenfalls teilweise weggefallen ist und die Bewilligungsbescheide vom 26. Juni 2006, 17. Juli 2006, 14. Dezember 2006 und 31. Mai 2007damit insoweit rechtswidrig waren. Ihr Vertrauen in den Bestand der Verwaltungsakte ist deshalb nicht schutzwürdig. Es ist folglich auch ohne Belang, dass sie die bewilligten Leistungen für ihren Lebensunterhalt verbraucht hat.
Die formelle Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids lässt dabei der Umstand unberührt, dass die Klägerin vor dessen Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs. 1 SGB X), da dieser Mangel durch die Nachholung der Anhörung der Klägerin im Widerspruchsverfahren geheilt worden ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).
Die Klägerin hat jedenfalls bei der Stellung des ersten Fortzahlungsantrags am 19. Juni 2006 in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht. Denn sie hat im Antrag nur angegeben, es seien keine Änderungen eingetreten, insbesondere nicht in ihren Einkommensverhältnissen. Dies war jedoch unzutreffend, da sie ab 1. Mai 2006 nicht nur 4,12 EUR täglich Arbeitslosengeld I erhielt, sondern die ungekürzte Leistung von täglich 8,25 EUR. Da es sich beim Arbeitslosengeld I um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handelt, das für die Berechnung der einkommensabhängigen Leistung Arbeitslosengeld II maßgeblich ist, weil sich dadurch die Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II reduzierte, war diese Änderung wesentlich und für die Klägerin nachteilig. Denn dadurch hätte sich der Auszahlungsbetrag des Alg II verringert.
Der Klägerin ist der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens zu machen, denn sie hat die ihr obliegende Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt. Für die Beurteilung grober Fahrlässigkeit ist maßgeblich, ob die Klägerin bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, dass sie den Zufluss höheren Arbeitslosengeld I anzugeben hat. Eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich dieses Einkommenszuflusses war von ihr nicht gefordert (vgl. BSG zuletzt vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R). Nach dem persönlichen Eindruck von der Klägerin, den sich die Berichterstatterin des Verfahrens im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage verschafft hatte, ist auch der Senat der Überzeugung, dass es der Klägerin im Rahmen der ihr zumutbaren Parallelwertung in der Laiensphäre möglich war, die Bedeutung der Höhe des Arbeitslosengeld I für die Höhe des Arbeitslosengeld II zu erkennen. So ist den jeweiligen Bewilligungsbescheiden unschwer zu entnehmen, dass "Einkommen Arbeitsagentur" auf das Alg II angerechnet wird. Dabei war der Betrag, der zur Anrechnung kam, im ersten Bewilligungsabschnitt deckungsgleich mit dem Betrag, der der Klägerin von der Bundesagentur überwiesen worden ist. Damit war schon aus dem Bewilligungsbescheid, dessen Verständnis für die mit kaufmännischen Arbeiten vertraute Klägerin jedenfalls keine unüberwindbare Hürde darstellte, erkennbar, dass die Höhe der einen Leistung Einfluss auf die der anderen besitzt. Sie hätte daher erkennen können, dass eine Änderung ihres Einkommens bei der Antragstellung am 19. Juni 2006 anzugeben ist.
Deshalb ist es im Ergebnis ohne Bedeutung, wer im Erstantrag eingetragen hat, dass sie 4,12 EUR täglich Arbeitslosengeld I erhält (wobei im Erörterungstermin nach Einsicht in die Verwaltungsakten auch von der Klägerin zugestanden worden ist, dass im Erstantrag selbst der Eintrag von ihr stammt und zusätzlich in der Anlage in Grünstift vom Antragsannehmer vermerkt worden ist). Denn daran knüpft der Sorgfaltsvorwurf gerade nicht an. Im Zeitpunkt der Stellung des Erstantrags lag der Änderungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2006 darüber, dass sie ab 1. Mai 2006 wieder ungekürztes Arbeitslosengeld I erhalte, noch nicht vor.
Die von der Klägerin erhobenen Einwände führen zu keiner abweichenden Beurteilung.
Wenn sie sinngemäß ausführt, sie sei davon ausgegangen, dass die Beklagte, soweit sie SGB II-Träger sei, davon wisse, wenn die Agentur für Arbeit ihr höheres Arbeitslosengeld I bewillige, kann offen bleiben, ob insoweit überhaupt von einer Organisationseinheit auszugehen ist, innerhalb derer möglicherweise eine Wissenszurechnung in Betracht gezogen werden könnte. Denn auch dies würde die Klägerin nicht von ihren Mitteilungspflichten entheben.
Soweit sie vorbringt, sie habe als "kaufmännische Angestellte" im Handwerksbetrieb ihres Ehemanns nur Rechnungen geschrieben oder z.B. die Buchhaltung für den Steuerberater vorbereitet, nicht aber behördliche Schreiben zu bearbeiten gehabt, ist dies für den anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab in eigenen Angelegenheiten ohne Belang. Die Bescheide sind jedenfalls in dem hier maßgeblichen Teil auch ohne kaufmännische Ausbildung verständlich und für eine Person, die Rechnungen ausstellen kann (und damit Summen addieren und subtrahieren) auch in der Berechnung ohne Weiteres nachvollziehbar. Wenn die Klägerin einwendet, sie habe die Bescheide nicht so genau angeschaut, weil sie davon ausgegangen sei, alles gehe in Ordnung, denn sie habe ja alles angegeben, schützt dies ebenfalls nicht vor dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Denn die Klägerin hat die geänderten Verhältnisse gerade nicht (rechtzeitig) mitgeteilt, sondern erst im Mai 2008 und damit zwei Jahre zu spät. Wenn die Klägerin weiter einwendet, in der damaligen Zeit in einer schwierigen privaten Situation und mit der Ordnung ihrer Belange beinahe überfordert gewesen zu sein, enthebt dies ebenfalls nicht von den ihr obliegenden Sorgfaltspflichten. Vor allem aber war die Klägerin durchaus in der Lage, im Rahmen des Fortzahlungsantrags vom Juni 2006 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend zu machen. Dies zeigt, dass es ihr durchaus möglich war, Vorteile für sich zu erkennen und daher allenfalls eine partielle Überforderungssituation gegeben war.
Der Senat verkennt nicht, dass der Klägerin damals wie jetzt wenig Geld zum Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Der dahingehend geäußerte Einwand, das Geld hätte nicht zum Lebensunterhalt gereicht, wenn das Arbeitslosengeld I in vollem Umfang angerechnet worden wäre, rechtfertigt es jedoch nicht, den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht zu erheben. Denn die Frage, ob und inwieweit Einkommen angerechnet wird, orientiert sich nicht an der subjektiven Einschätzung des individuellen Lebensbedarfs, ist darüber hinaus eine Rechtsfrage, auf deren Beurteilung durch die Klägerin es nicht ankommt, und nicht zuletzt durch das Gesetz vorgegeben.
Die Klägerin war auch grob fahrlässig im Hinblick auf die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Wegen der Begründung wird insoweit auf die Ausführungen des SG auf Seite 6 der Entscheidungsgründe verwiesen, denen sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 sowie die Erstattung überzahlten Alg II in Höhe von 2.977,60 EUR.
Die 1946 geborene Klägerin verzog am 7. Dezember 2005 in den Einzugsbereich des Beklagten. Sie beantragte am 14. Dezember 2005 die Gewährung von Alg II. Im Antrag gab sie an, sie beziehe täglich Arbeitslosengeld I in Höhe von 4,12 EUR. Entsprechende Eintragungen fanden sich im Zusatzblatt 2.1 (Einkommenserklärung/Selbsteinschätzung) auch in Grünstift durch den Antragsannehmer der Beklagten. Vorgelegt wurde des Weiteren der Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit H. vom 25. November 2005 für die Zeit ab 1. Dezember 2005. Danach stehe der Klägerin ein täglicher Leistungssatz von 8,25 EUR zu; ausbezahlt würden allerdings nur 4,12 EUR wegen einer Minderung nach § 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Bis zum Beginn ihrer Arbeitslosigkeit war die Klägerin bei ihrem Ehemann (von dem sie ebenfalls ab 7. Dezember 2005 dauernd getrennt lebte) im Handwerksbetrieb als kaufmännische Angestellte mit Büroarbeiten beschäftigt.
Mit Bescheid vom 12. Januar 2006 bewilligte die Beklagte Leistungen vom 13. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 und legte der Leistungsberechnung im Berechnungsbogen als "Arbeitsagentur Einkommen" für Dezember 2005 einen Leistungsbetrag von 74,34 EUR und für den darauffolgenden Zeitraum von monatlich 123,90 EUR zugrunde.
Im Fortzahlungsantrag vom 19. Juni 2006 gab die Klägerin an, es habe sich nichts geändert; sie beantragte zusätzlich die Bewilligung von Mehrbedarfsleistungen bei kostenaufwändiger Ernährung wegen Diabetes mellitus. Mit Bescheid vom 7. Juli 2006 bewilligte die Beklagte vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 302,23 EUR (345,- EUR Regelleistung, 51,13 EUR Mehrbedarf abzüglich 93,90 EUR "Arbeitsagentur Einkommen" [123,90 EUR abzüglich 30,- EUR]). Im Fortzahlungsantrag vom 4. Dezember 2006 (Bewilligungsbescheid vom 7. Dezember 2006 - monatlich 302,23 EUR) und vom 22. Mai 2007 (Bewilligungsbescheide vom 31. Mai 2007 für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2007, monatliche Leistungen 304,23 EUR [347,- EUR Regelleistung, ansonsten Berechnung unverändert], und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2008) gab die Klägerin an, es hätten sich keine Änderungen ergeben.
Einen weiteren Fortzahlungsantrag stellte sie am 28. Mai 2008. Im Antrag gab sie u.a. in Anlage "EK" an, sie erhalte täglich 8,25 EUR Arbeitslosengeld, das sei bei der BA bekannt. Sie legte den Änderungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit R., vom 27. April 2006 vor, wonach sie seit 1. Mai 2006 wieder den ungekürzten Leistungssatz von 8,25 EUR täglich erhalte.
Mit Bescheiden vom 23. Juni 2008 änderte die Beklagte daraufhin die Leistungsbewilligungen für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 ab. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juni 2008 hob die Beklagte die Entscheidungen vom 26. Juni 2006, 17. Juli 2006, 14. Dezember 2006 und 31. Mai 2007 für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 teilweise in Höhe von 2.977,60 EUR auf und machte diese Summe als Erstattungsforderung geltend. Die Klägerin habe im Antrag vom 4. Dezember 2006 zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht; ihr hätte auch bekannt sein müssen, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, sie habe sich immer auf die Richtigkeit der Berechnungen des Fachpersonals der Agentur für Arbeit verlassen. Sie habe keine falschen Angaben gemacht; ebenso habe sie es nicht unterlassen, Änderungen mitzuteilen, da es solche gar nicht gegeben habe. Das Arbeitslosengeld I sei doch immer angerechnet worden. Sie sei zwar kaufmännische Angestellte gewesen, doch habe dies nichts mit einer Leistungsberechnung nach dem SGB II zu tun.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 1. August 2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe die Angabe im Erstantrag, wonach sie 4,13 EUR täglich Arbeitslosengeld I erhalte, nicht selbst gemacht. Dies habe vielmehr der Sachbearbeiter der Beklagten gemacht. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte über die Höhe des Arbeitslosengeld I Bescheid wisse, wenn sie auch zugleich das Alg II bearbeite und bewillige. Die Berechnung des Leistungsanspruchs sei nicht ihre Sache, sie sei auch nicht in der Lage, die Berechnungen nachzuvollziehen. Es ergebe sich aus den Bescheiden nicht, wie das "Einkommen Arbeitsagentur" berechnet werde. Sie müsse daher davon ausgehen, dass die Beklagte das Einkommen richtig wisse. Sie habe wahrheitsgemäße und vollständige Angaben gemacht. Der Sachbearbeiter der Beklagten habe vielmehr im Nachhinein, also nach ihrer Unterschrift unter dem Antrag, falsche Daten eingetragen. Das könne nicht zu ihren Lasten gehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 25. September 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn die Bewilligungen beruhten auf Angaben, die die Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig gemacht habe. Darüber hinaus sei sie zumindest grob fahrlässig im Hinblick auf die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligung gewesen.
Gegen den am 29. September 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28. Oktober 2009 Berufung eingelegt.
Sie beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 25. September 2009 sowie den Bescheid vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2008 aufzuheben.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen in erster Instanz.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 14. April 2010 erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift wird inhaltlich Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2008 teilweise aufgehoben und die überzahlten Leistungen erstattet verlangt.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
In diesen Fällen ist der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch [SGB II] und § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Die Beklagte hat zu Recht die Bescheide vom 26. Juni 2006, 17. Juli 2006, 14. Dezember 2006 und 31. Mai 2007 teilweise aufgehoben und insgesamt 2.977,60 EUR erstattet verlangt, da die Klägerin jedenfalls grob fahrlässig im Fortzahlungsantrag vom 19. Juni 2006 sowie den Folgeanträgen in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht hat. Jedenfalls aber hätte die Klägerin erkennen können, dass ihr Anspruch auf Alg II mit der Erhöhung des Alg I jedenfalls teilweise weggefallen ist und die Bewilligungsbescheide vom 26. Juni 2006, 17. Juli 2006, 14. Dezember 2006 und 31. Mai 2007damit insoweit rechtswidrig waren. Ihr Vertrauen in den Bestand der Verwaltungsakte ist deshalb nicht schutzwürdig. Es ist folglich auch ohne Belang, dass sie die bewilligten Leistungen für ihren Lebensunterhalt verbraucht hat.
Die formelle Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids lässt dabei der Umstand unberührt, dass die Klägerin vor dessen Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs. 1 SGB X), da dieser Mangel durch die Nachholung der Anhörung der Klägerin im Widerspruchsverfahren geheilt worden ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).
Die Klägerin hat jedenfalls bei der Stellung des ersten Fortzahlungsantrags am 19. Juni 2006 in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht. Denn sie hat im Antrag nur angegeben, es seien keine Änderungen eingetreten, insbesondere nicht in ihren Einkommensverhältnissen. Dies war jedoch unzutreffend, da sie ab 1. Mai 2006 nicht nur 4,12 EUR täglich Arbeitslosengeld I erhielt, sondern die ungekürzte Leistung von täglich 8,25 EUR. Da es sich beim Arbeitslosengeld I um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handelt, das für die Berechnung der einkommensabhängigen Leistung Arbeitslosengeld II maßgeblich ist, weil sich dadurch die Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 SGB II reduzierte, war diese Änderung wesentlich und für die Klägerin nachteilig. Denn dadurch hätte sich der Auszahlungsbetrag des Alg II verringert.
Der Klägerin ist der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens zu machen, denn sie hat die ihr obliegende Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt. Für die Beurteilung grober Fahrlässigkeit ist maßgeblich, ob die Klägerin bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, dass sie den Zufluss höheren Arbeitslosengeld I anzugeben hat. Eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich dieses Einkommenszuflusses war von ihr nicht gefordert (vgl. BSG zuletzt vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 76/08 R). Nach dem persönlichen Eindruck von der Klägerin, den sich die Berichterstatterin des Verfahrens im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage verschafft hatte, ist auch der Senat der Überzeugung, dass es der Klägerin im Rahmen der ihr zumutbaren Parallelwertung in der Laiensphäre möglich war, die Bedeutung der Höhe des Arbeitslosengeld I für die Höhe des Arbeitslosengeld II zu erkennen. So ist den jeweiligen Bewilligungsbescheiden unschwer zu entnehmen, dass "Einkommen Arbeitsagentur" auf das Alg II angerechnet wird. Dabei war der Betrag, der zur Anrechnung kam, im ersten Bewilligungsabschnitt deckungsgleich mit dem Betrag, der der Klägerin von der Bundesagentur überwiesen worden ist. Damit war schon aus dem Bewilligungsbescheid, dessen Verständnis für die mit kaufmännischen Arbeiten vertraute Klägerin jedenfalls keine unüberwindbare Hürde darstellte, erkennbar, dass die Höhe der einen Leistung Einfluss auf die der anderen besitzt. Sie hätte daher erkennen können, dass eine Änderung ihres Einkommens bei der Antragstellung am 19. Juni 2006 anzugeben ist.
Deshalb ist es im Ergebnis ohne Bedeutung, wer im Erstantrag eingetragen hat, dass sie 4,12 EUR täglich Arbeitslosengeld I erhält (wobei im Erörterungstermin nach Einsicht in die Verwaltungsakten auch von der Klägerin zugestanden worden ist, dass im Erstantrag selbst der Eintrag von ihr stammt und zusätzlich in der Anlage in Grünstift vom Antragsannehmer vermerkt worden ist). Denn daran knüpft der Sorgfaltsvorwurf gerade nicht an. Im Zeitpunkt der Stellung des Erstantrags lag der Änderungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2006 darüber, dass sie ab 1. Mai 2006 wieder ungekürztes Arbeitslosengeld I erhalte, noch nicht vor.
Die von der Klägerin erhobenen Einwände führen zu keiner abweichenden Beurteilung.
Wenn sie sinngemäß ausführt, sie sei davon ausgegangen, dass die Beklagte, soweit sie SGB II-Träger sei, davon wisse, wenn die Agentur für Arbeit ihr höheres Arbeitslosengeld I bewillige, kann offen bleiben, ob insoweit überhaupt von einer Organisationseinheit auszugehen ist, innerhalb derer möglicherweise eine Wissenszurechnung in Betracht gezogen werden könnte. Denn auch dies würde die Klägerin nicht von ihren Mitteilungspflichten entheben.
Soweit sie vorbringt, sie habe als "kaufmännische Angestellte" im Handwerksbetrieb ihres Ehemanns nur Rechnungen geschrieben oder z.B. die Buchhaltung für den Steuerberater vorbereitet, nicht aber behördliche Schreiben zu bearbeiten gehabt, ist dies für den anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab in eigenen Angelegenheiten ohne Belang. Die Bescheide sind jedenfalls in dem hier maßgeblichen Teil auch ohne kaufmännische Ausbildung verständlich und für eine Person, die Rechnungen ausstellen kann (und damit Summen addieren und subtrahieren) auch in der Berechnung ohne Weiteres nachvollziehbar. Wenn die Klägerin einwendet, sie habe die Bescheide nicht so genau angeschaut, weil sie davon ausgegangen sei, alles gehe in Ordnung, denn sie habe ja alles angegeben, schützt dies ebenfalls nicht vor dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Denn die Klägerin hat die geänderten Verhältnisse gerade nicht (rechtzeitig) mitgeteilt, sondern erst im Mai 2008 und damit zwei Jahre zu spät. Wenn die Klägerin weiter einwendet, in der damaligen Zeit in einer schwierigen privaten Situation und mit der Ordnung ihrer Belange beinahe überfordert gewesen zu sein, enthebt dies ebenfalls nicht von den ihr obliegenden Sorgfaltspflichten. Vor allem aber war die Klägerin durchaus in der Lage, im Rahmen des Fortzahlungsantrags vom Juni 2006 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend zu machen. Dies zeigt, dass es ihr durchaus möglich war, Vorteile für sich zu erkennen und daher allenfalls eine partielle Überforderungssituation gegeben war.
Der Senat verkennt nicht, dass der Klägerin damals wie jetzt wenig Geld zum Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Der dahingehend geäußerte Einwand, das Geld hätte nicht zum Lebensunterhalt gereicht, wenn das Arbeitslosengeld I in vollem Umfang angerechnet worden wäre, rechtfertigt es jedoch nicht, den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht zu erheben. Denn die Frage, ob und inwieweit Einkommen angerechnet wird, orientiert sich nicht an der subjektiven Einschätzung des individuellen Lebensbedarfs, ist darüber hinaus eine Rechtsfrage, auf deren Beurteilung durch die Klägerin es nicht ankommt, und nicht zuletzt durch das Gesetz vorgegeben.
Die Klägerin war auch grob fahrlässig im Hinblick auf die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Wegen der Begründung wird insoweit auf die Ausführungen des SG auf Seite 6 der Entscheidungsgründe verwiesen, denen sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved