Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 SB 5430/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5748/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.11.2008 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 03.12.2008 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50.
Der im Jahre 1943 geborene Kläger ist g. Staatsangehöriger und lebt seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Bundesgebiet. Er leidet im Wesentlichen an Kniegelenks- und Wirbelsäulenbeschwerden, einer depressiven Verstimmung mit Somatisierungsneigung (chronisches Schmerzsyndrom) und einer Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen.
Am 23.02.2005 beantragte der Kläger beim Landratsamt B. erstmals die Feststellung seiner Behinderung und seines GdB. Mit Bescheid vom 01.03.2005 stellte das Landratsamt daraufhin beim Kläger einen GdB von 20 seit Antragstellung fest.
Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch holte das Landratsamt Befundberichte behandelnder Ärzte, des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. B. (Behandlung bis 1996; keine Klagen über Hörminderung), der Allgemeinärztin Dr. G. (Hypertonie, grenzwertig kontrollbedürftiger Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, rezidivierende Durchfälle, chronische Bronchitis, Aortensklerose mit Linksherzvergrößerung, rezidivierender Schwindel, Gonarthrose rechts mit Kniegelenkserguss bei Zustand nach Meniskusteilresektion; starke Schmerzen im rechten Knie) und des Neurochirurgen Dr. K. (einmalige Untersuchung des Klägers im Juni 2003; keine die Beschwerden des Klägers erklärende auffällige Feststellungen, mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehende larvierte Depression mit Somatisierung) ein. Unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 02.05.2005 stellte das Landratsamt B. mit Teilabhilfebescheid vom 15.06.2005 beim Kläger einen GdB von 30 seit Antragstellung fest. Es liege eine Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks sowie eine Arthrose vor. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen Bandscheibenschaden und Ohrgeräusche (Tinnitus) bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2005 zurück. Die Kniebeschwerden seien bereits sehr hoch bewertet; die geltend gemachten Beschwerden auf HNO-fachärztlichem Gebiet, die Depressionen sowie die Kopfschmerzen des Klägers bedingten keinen GdB von wenigstens 10.
Am 25.08.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage.
Das Sozialgericht holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. M.-B. vom 27.01.2006 (Behandlung bis August 2005; schwere medial betonte Kniearthrose rechts [Teil-GdB 30], geringe Kniearthrose links sowie Lendenwirbelsäulenbeschwerden [jeweils kein GdB]), der Allgemeinmedizinerin Dr. G. vom 30.01.2006 (Bronchitis, chronische Sinusitis, Gonarthrose rechts [schwer], Hyperlipidämie, Hypertonie, rezidivierender Durchfall, Zustand nach Darmpolyp, Tinnitus [schwer], Verdacht auf Schlafapnoe, Schlafstörung, allein diätisch ohne blutzuckerregulierende Medikation eingestellter Diabetes mellitus ohne Folgeerkrankungen; keine Angaben zur Höhe des GdB) des Orthopäden Prof. Dr. T. vom 13.02.2006 (letzte Untersuchung im Juni 2005; schwere medialseitige und beginnende retropatellare Gonarthrose rechts mit geringer Bewegungseinschränkung [Teil-GdB 30]), des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. P. vom 17.08.2006 (mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits [Teil-GdB 30], geringgradiger Tinnitus aurium beidseits [Teil-GdB unter 10], geringgradige hyperreflektorische Rhinopathie [Teil-GdB unter 10]; Einstufung des Hörverlustes unter Zugrundelegung nur eines einzigen vorliegenden, nicht unter gutachterlichen Gesichtspunkten angefertigten Audiogramms bei weitaus besser ausgefallenem Voraudiogramm), des Orthopäden Dr. H. vom 23.08.2006 und vom 04.07.2007 (Behandlung ab April 2006; zunächst mittelschwere, später schwere Varusgonarthrose beidseits bei Druck- und Bewegungsschmerz in beiden Kniegelenken, Achsenfehlstellung, endgradiger Bewegungseinschränkung und Einschränkung der Gehstrecke [Teil-GdB 40]) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. J. L. vom 15.01.2008 und vom 14.04.2008 (schwere Depression bis hin zur Aufhebung der Erlebnis- und Initiativfähigkeit mit körperlichem Krankheitsgefühl, Schlafstörungen, chronischem Kopfschmerz, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, erschwerter Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit, drastisch reduziertem Durchhaltevermögen und fast vollständigem sozialem Rückzug [Teil-GdB 60]) ein.
Ferner erstattete der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Sch. das schriftliche Sachverständigengutachten vom 11.04.2007 (geringgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits [Teil-GdB unter 10] und subjektiv als teilweise störend eingestufte Ohrgeräusche beidseits [Teil-GdB 10]; Gesamt-GdB auf hals-nasen-ohren-fachärztlichem Gebiet 10).
Im Verlaufe der vom Sozialgericht durchgeführten Ermittlungen legte der Kläger ärztliche Stellungnahmen des Orthopäden Dr. H. vom 23.05.2007 (nach behördlicher Bewertung des rechten Knies mit einem Teil-GdB von 30 Beurteilung des linken Knies in gleicher Höhe) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 12.06.2007 (erhebliche Veränderungen der Wirbelsäule mit genauer beschriebenen, von der Hals- und Lendenwirbelsäule ausgehenden neurologischen Folgeerscheinungen insbesondere an der rechten Hand und den Beinen sowie Spannungskopfschmerz und chronifizierte Depression im Sinne einer Dysthymie) vor.
Ein vom Beklagten daraufhin unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Götz vom 07.05.2008 (Funktionsbehinderung des Kniegelenks, Arthrose [Teil-GdB 30], depressive Verstimmung, chronisches Schmerzsyndrom [Teil-GdB 20 ab 06/06], Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen [Teil-GdB 10] und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule [Teil-GdB 10]; Gesamt-GdB 40 ab Juni 2006) abgegebenes Vergleichsangebot lehnte der Kläger unter Hinweis auf die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. H. vom 10.07.2008 (schwere Kniegelenksarthrose beidseits mit Beweglichkeit jeweils 0/10/110 Grad und Einschränkung der Gehstrecke auf unter 100 Meter) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 11.07.2008 (ohne Weiteres bestehende Schwerbehinderung) ab.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.11.2008 änderte das Sozialgericht den Bescheid vom 01.03.2005 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 15.06.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2005 ab und verpflichtete den Beklagten, beim Kläger einen GdB von 40 ab dem 01.06.2006 festzustellen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die von den degenerativen Wirbelsäulenveränderungen ausgehenden Beschwerden des Klägers seien auf Grund des von Dr. L. beschriebenen Wurzelkompressionssyndroms C6/7 beidseits mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Darüber hinausgehende Einschränkungen seien nicht nachvollziehbar und von den behandelnden Orthopäden nicht beschrieben worden. Die Kniegelenksbeschwerden seien mit einem Teil-GdB von 30 in die Bewertung einzustellen. Dies entspreche auch der Einschätzung der Orthopäden Dr. M.-B. und Prof. Dr. T. für das rechte Kniegelenk. Der abweichenden Einschätzung des Orthopäden Dr. H. vermöge sich die Kammer nicht anzuschließen. Eine Bewegungseinschränkung an beiden Kniegelenken sei nicht nachgewiesen. Knorpelschäden und röntgenologisch dokumentierte degenerative Veränderungen an den Kniegelenken rechtfertigten für sich allein noch nicht die Annahme eines GdB. Die leichtgradige Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sei entsprechend der Einstufung durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. mit einem Teil-GdB von 10 zu berücksichtigen. Anders als von Seiten des behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. P. angenommen, habe die Untersuchung durch den Sachverständigen einen Hörverlust von lediglich 30 % rechts und von 35 % links ergeben. Schließlich seien das Schmerzsyndrom und die seelische Verstimmung mit einem Teil-GdB von insgesamt 20 ab Juni 2006 in Ansatz zu bringen. Eine höhere Bewertung lasse sich aus den vom behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. L. mitgeteilten Befunden nicht ableiten; auch werde Entsprechendes von den übrigen behandelnden Ärzten nicht erwähnt. Der Teil-GdB von 30 für die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks werde ab Juni 2006 durch den Teil-GdB von 20 für die depressive Verstimmung und das chronische Schmerzsyndrom auf 40 erhöht. Die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Teil-GdB von 10 wirkten sich nicht GdB-erhöhend aus. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 26.11.2008 zugestellt und vom Landratsamt B. mit Bescheid vom 03.12.2008 ausgeführt.
Am 10.12.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die bei ihm vorliegenden Behinderungen insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet seien nicht ausreichend bewertet. Darüber hinaus habe sich sein Hörvermögen zwischenzeitlich verschlechtert. Zur Begründung seines Vorbringens legt er einen Arztbrief des Facharztes für Chirurgie/Gefäßchirurgie Dr. M. vom 23.06.2009 (aktivierte Gonarthrosen beidseits, Baker-Zyste links, Ausschluss einer höhergradigen venösen Gefäßerkrankung) sowie ein vom Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. P. am 21.12.2009 gefertigtes Tonaudiogramm (Hörverlust rechts 45 %, links 35 %) vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Stuttgart vom 20.11.2008 sowie den Bescheid vom 01.03.2005 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 15.06.2005, des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2005 und des Bescheides vom 03.12.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von mindestens 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angegriffenen Gerichtsbescheid,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das vom Kläger im Wege der verbundenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG weiterverfolgte Begehren auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von mindestens 50 für die Zeit ab dem 23.02.2005; über den Bescheid vom 03.12.2008 entscheidet der Senat auf Klage.
Die Berufung und die Klage sind zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger die behördliche Feststellung eines GdB von mehr als 30 für die Zeit vom 23.02.2005 bis zum 31.05.2006 und von mehr als 40 für die Zeit ab dem 01.06.2006 erstrebt. Denn dem Kläger steht ein solcher Anspruch nicht zu. Die angegriffenen Bescheide verletzen ihn daher nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest.
Menschen sind im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind als GdB nach Zehnergraden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Hierfür gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 SGB IX). Liegen mehrere sich gegenseitig beeinflussende Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX).
Der GdB als Ausmaß der Behinderung ist in freier richterlicher Würdigung aller Umstände, wie sie dem Verfahren des § 287 Zivilprozeßordnung (ZPO) entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1979 - 9 RVs 16/78 - SozR 3870 § 3 Nr. 5), gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX unter Zugrundelegung der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" - VG (Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG [Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 BGBl. I, S. 2412]) - mit denen eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP), von wenigen hier im Ergebnis nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, nicht einhergeht - festzustellen.
Die Gesamtbehinderung eines Menschen lässt sich rechnerisch nicht ermitteln. Daher ist für die Bildung des Gesamt-GdB eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig. Auch andere Rechenmethoden sind ungeeignet (BSG, Urteil vom 15.03.1979 a. a. O.). In der Regel wird von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB ausgegangen und sodann geprüft, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen dabei in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. c und d der VG, Nr. 19 Absätze 3 und 4 der AHP).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur das Vorliegen einer (unbenannten) Behinderung und den Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R - SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar.
In Anwendung dieser Grundsätze liegt beim Kläger bezogen auf den Zeitraum vom 23.02.2005 bis zum 31.05.2006 kein GdB von mehr als 30 und hinsichtlich der Zeit ab dem 01.06.2006 kein GdB von mehr als 40 vor.
Die Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke des Klägers sind mit einem Teil-GdB von 30 ausreichend bewertet.
Während ausweislich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Orthopäden Dr. M.-B. vom 27.01.2006 - bis auf zwei Behandlungen wegen einer geringen Kniearthrose links im hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum bis zum Sommer 2005 - Schmerzen und eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks im Vordergrund standen, zeigten sich ab Beginn der Behandlung durch den Orthopäden Dr. H. im April 2006 entsprechende Beeinträchtigungen auch am linken Knie (vgl. hierzu die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des genannten Arztes vom 23.06.2006 sowie das vom Kläger beim Sozialgericht vorgelegte Schreiben vom 23.05.2007). Dabei nahm die Bewegungseinschränkung im Laufe der Zeit zu (vgl. die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. H. vom 23.08.2006 ["endgradig"] sowie dessen schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 04.07.2007 ["mittelgradig"]) und wurde von Dr. H. schließlich mit jeweils mit 0/10/110 Grad angegeben (vgl. hierzu das vom Kläger beim Sozialgericht vorgelegte ärztliche Attest vom 10.07.2008).
Diese geringen Bewegungseinschränkungen der Kniegelenke ließen für sich allein einen Teil-GdB von allenfalls 20 zu (vgl. Teil B Nr. 18.14 Seite 100 der VG), rechtfertigen aber unter Berücksichtigung der bestehenden Knorpelschäden (vgl. zum rechten Knie den von Dr. M.-B. vorgelegten Operationsbericht des Orthopäden Rühmkorf vom 27.07.2004 sowie in Bezug auf beide Kniegelenke die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. H. vom 04.07.2007) und schließlich aufgetretenen dauerhaften Schmerzen (vgl. das Attest von Dr. H. vom 10.07.2008) einen Teil-GdB von 30. Zwar sieht Teil B Nr. 18.14 Seite 100 a. E. der VG für ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen und Bewegungseinschränkung einseitig einen GdB zwischen 20 und 40 vor. Indes ist vorliegend angesichts der - wie oben ausgeführt - geringen Bewegungseinschränkungen von jeweils im unteren Bereich dieses Rahmens anzusiedelnden Funktionsbehinderungen auszugehen, so dass bei integrierender Betrachtung entgegen der Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. H. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.07.2007 (Teil-GdB 40) ein Teil-GdB von 30 für beide Kniegelenke zusammen genommen angemessen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die vom genannten Arzt in den vorgelegten Unterlagen angeführte Verringerung der Gehstrecke nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. T. vom 13.02.2006 nicht als durchgängige Einschränkung (beispielsweise auf 100 m; vgl. das Attest von Dr. H. vom 10.07.2008) darstellt, sondern wechselnde Beschränkungen vorliegen. Dass der Beklagte den angegriffenen Bescheiden einen Teil-GdB von 30 allein für die Funktionsbeeinträchtigungen des rechten Kniegelenks zu Grunde gelegt hat, ist - wie oben ausgeführt - unerheblich; zu Recht hat allerdings das Regierungspräsidium im Widerspruchsbescheid vom 29.07.2005 darauf hingewiesen, dass die Bewertung des Teil-GdB für das rechte Kniegelenk als sehr hoch anzusehen ist und bereits einer totalendoprothetischen Versorgung entspricht (vgl. Teil B Nr. 18.12 Seite 92 der VG).
Die von der Wirbelsäule des Klägers ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem Teil-GdB von (allenfalls) 10 zu bewerten. Dies hat das Sozialgericht im Gerichtsbescheid vom 24.11.2008 zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vom Neurologen und Psychiater Dr. L. in dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief vom 12.06.2007 darüber hinaus mitgeteilten erheblichen neurologischen Beeinträchtigungen nicht nur von den behandelnden Orthopäden Dr. M.-B. und Dr. H., sondern auch von der den Kläger seit dem Jahre 2003 behandelnden Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin Dr. G., nicht berichtet wurden. In deren schriftlicher sachverständiger Zeugenaussage vom 30.01.2006 und in den Schreiben des den Kläger seit April 2006 behandelnden Orthopäden Dr. H. vom 23.08.2006, 23.05.2007, 04.07.2007 und 10.07.2008 fanden derartige Beschwerden - im Gegenteil - keinerlei und in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M.-B. zuletzt bezogen auf das Jahr 2000 Erwähnung.
Die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen rechtfertigt bezogen auf den Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers durch den erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen Dr. Sch. am 11.04.2007 einen Teil-GdB von 10. Auch dies hat das Sozialgericht zutreffend und unter Zugrundelegung des Gutachtens des genannten Sachverständigen ausgeführt; insoweit wird daher ebenfalls auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheids verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Das vom Kläger zuletzt vorgelegte, am 21.12.2009 vom behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. P. gefertigte Tonaudiogramm lässt angesichts des ermittelten Hörverlusts von 45 % rechts und 35 % links (nach Roeser [1980]) nach Teil B Nr. 5.2.4 Seite 35 der VG allenfalls die Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 ab dem Untersuchungszeitpunkt zu.
Eine hier erhebliche depressive Symptomatik mit chronischem Schmerzsyndrom lässt sich frühestens ab Aufnahme der Behandlung durch den Neurologen und Psychiater Dr. L. im Juni 2006 objektivieren. Aus der vorangegangenen Zeit findet sich insoweit lediglich eine fachfremde Einschätzung des Neurochirurgen Dr. K. auf Grund einer Untersuchung vom 13.06.2003 (vgl. hierzu den der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des genannten Arztes vom 09.02.2006 beigefügten Bericht vom 18.06.2003), die in Ermangelung genauerer und zudem hinterfragter Befunde keine GdB-Einschätzung zulässt. Bezogen auf die Zeit ab dem 01.06.2006 ist der Teil-GdB für die genannten Funktionsbeeinträchtigungen mit 20 zutreffend eingeschätzt. Auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 24.11.2008 an (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen, dass der von Dr. L. im vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 12.06.2007 und in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 14.04.2008 mitgeteilten psychischen Auffälligkeiten wie anhaltende affektive Herabstimmung bis zur Aufhebung jeglicher emotionaler Erlebnisfähigkeit nebst fast vollständigem sozialem Rückzug mit Meidung von Kontakten in der Familie, der Verwandtschaft und im Freundeskreis, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sowie erschwerter Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit keinem weiteren Arzt aufgefallen sind. Dies wäre allerdings zu erwarten gewesen, wenn die behaupteten schweren Störungen tatsächlich vorlägen. Dem behaupteten extremen mangelnden Antrieb und sozialen Rückzugsverhalten steht schließlich auch entgegen, dass der Kläger in der Lage ist, das vorliegende Verfahren weiter zu betreiben und Arzttermine in erheblicher Zahl wahrzunehmen.
Die weiteren Erkrankungen des Klägers rechtfertigen keinen GdB. Dies gilt insbesondere für den allein diätetisch eingestellten Diabetes mellitus (vgl. hierzu die schriftliche sachverständige Zeugenaussage der Allgemeinärztin Dr. G. vom 30.01.2006 sowie Teil B Nr. 15.1 Seite 73 der VG und die damit übereinstimmende - zuvor anzuwendende - Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" zur Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus im Anschluss an das Urteil des BSG vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - [Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 22.09.2008 - IVc 3 - 48064 - 3]).
Der für die Gesamtbeurteilung der Behinderung des Klägers zunächst maßgebliche Teil-GdB von 30 für die Kniebeschwerden ist durch den Teil-GdB von 20 für die depressive Störung mit chronischem Schmerzsyndrom ab dem 01.06.2006 auf 40 zu erhöhen. Die weiteren (leichten) Funktionsbehinderungen mit jeweils einem Teil-GdB von 10 führen weder bezogen auf den Zeitraum bis zum 31.05.2006 zu einer Erhöhung auf mehr als 30 noch für die Zeit ab dem 01.06.2006 zu einer Erhöhung auf mehr als 40. Dies gilt auch mit Blick auf das ab Dezember 2009 verschlechterte Hörvermögen des Klägers mit Ohrgeräuschen und einem Teil-GdB von 20. Denn die Gesamtbehinderung des Klägers rechtfertigt bei vergleichender Betrachtung mit Funktionsbeeinträchtigungen, für den im Teil B der VG feste Werte angegeben sind (vgl. hierzu Teil A Nr. 3 Buchst. b der VG) nicht die Annahme einer Schwerbehinderung. Die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen ist nämlich nicht so erheblich, wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung oder bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung (vgl. hierzu noch ausdrücklich Nr. 19 Abs. 2 Seite 25 der AHP 2008).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage gegen den Bescheid vom 03.12.2008 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50.
Der im Jahre 1943 geborene Kläger ist g. Staatsangehöriger und lebt seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Bundesgebiet. Er leidet im Wesentlichen an Kniegelenks- und Wirbelsäulenbeschwerden, einer depressiven Verstimmung mit Somatisierungsneigung (chronisches Schmerzsyndrom) und einer Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen.
Am 23.02.2005 beantragte der Kläger beim Landratsamt B. erstmals die Feststellung seiner Behinderung und seines GdB. Mit Bescheid vom 01.03.2005 stellte das Landratsamt daraufhin beim Kläger einen GdB von 20 seit Antragstellung fest.
Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch holte das Landratsamt Befundberichte behandelnder Ärzte, des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. B. (Behandlung bis 1996; keine Klagen über Hörminderung), der Allgemeinärztin Dr. G. (Hypertonie, grenzwertig kontrollbedürftiger Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, rezidivierende Durchfälle, chronische Bronchitis, Aortensklerose mit Linksherzvergrößerung, rezidivierender Schwindel, Gonarthrose rechts mit Kniegelenkserguss bei Zustand nach Meniskusteilresektion; starke Schmerzen im rechten Knie) und des Neurochirurgen Dr. K. (einmalige Untersuchung des Klägers im Juni 2003; keine die Beschwerden des Klägers erklärende auffällige Feststellungen, mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehende larvierte Depression mit Somatisierung) ein. Unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 02.05.2005 stellte das Landratsamt B. mit Teilabhilfebescheid vom 15.06.2005 beim Kläger einen GdB von 30 seit Antragstellung fest. Es liege eine Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks sowie eine Arthrose vor. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen Bandscheibenschaden und Ohrgeräusche (Tinnitus) bedingten keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2005 zurück. Die Kniebeschwerden seien bereits sehr hoch bewertet; die geltend gemachten Beschwerden auf HNO-fachärztlichem Gebiet, die Depressionen sowie die Kopfschmerzen des Klägers bedingten keinen GdB von wenigstens 10.
Am 25.08.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage.
Das Sozialgericht holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. M.-B. vom 27.01.2006 (Behandlung bis August 2005; schwere medial betonte Kniearthrose rechts [Teil-GdB 30], geringe Kniearthrose links sowie Lendenwirbelsäulenbeschwerden [jeweils kein GdB]), der Allgemeinmedizinerin Dr. G. vom 30.01.2006 (Bronchitis, chronische Sinusitis, Gonarthrose rechts [schwer], Hyperlipidämie, Hypertonie, rezidivierender Durchfall, Zustand nach Darmpolyp, Tinnitus [schwer], Verdacht auf Schlafapnoe, Schlafstörung, allein diätisch ohne blutzuckerregulierende Medikation eingestellter Diabetes mellitus ohne Folgeerkrankungen; keine Angaben zur Höhe des GdB) des Orthopäden Prof. Dr. T. vom 13.02.2006 (letzte Untersuchung im Juni 2005; schwere medialseitige und beginnende retropatellare Gonarthrose rechts mit geringer Bewegungseinschränkung [Teil-GdB 30]), des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. P. vom 17.08.2006 (mittel- bis hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits [Teil-GdB 30], geringgradiger Tinnitus aurium beidseits [Teil-GdB unter 10], geringgradige hyperreflektorische Rhinopathie [Teil-GdB unter 10]; Einstufung des Hörverlustes unter Zugrundelegung nur eines einzigen vorliegenden, nicht unter gutachterlichen Gesichtspunkten angefertigten Audiogramms bei weitaus besser ausgefallenem Voraudiogramm), des Orthopäden Dr. H. vom 23.08.2006 und vom 04.07.2007 (Behandlung ab April 2006; zunächst mittelschwere, später schwere Varusgonarthrose beidseits bei Druck- und Bewegungsschmerz in beiden Kniegelenken, Achsenfehlstellung, endgradiger Bewegungseinschränkung und Einschränkung der Gehstrecke [Teil-GdB 40]) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. J. L. vom 15.01.2008 und vom 14.04.2008 (schwere Depression bis hin zur Aufhebung der Erlebnis- und Initiativfähigkeit mit körperlichem Krankheitsgefühl, Schlafstörungen, chronischem Kopfschmerz, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, erschwerter Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit, drastisch reduziertem Durchhaltevermögen und fast vollständigem sozialem Rückzug [Teil-GdB 60]) ein.
Ferner erstattete der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Sch. das schriftliche Sachverständigengutachten vom 11.04.2007 (geringgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits [Teil-GdB unter 10] und subjektiv als teilweise störend eingestufte Ohrgeräusche beidseits [Teil-GdB 10]; Gesamt-GdB auf hals-nasen-ohren-fachärztlichem Gebiet 10).
Im Verlaufe der vom Sozialgericht durchgeführten Ermittlungen legte der Kläger ärztliche Stellungnahmen des Orthopäden Dr. H. vom 23.05.2007 (nach behördlicher Bewertung des rechten Knies mit einem Teil-GdB von 30 Beurteilung des linken Knies in gleicher Höhe) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 12.06.2007 (erhebliche Veränderungen der Wirbelsäule mit genauer beschriebenen, von der Hals- und Lendenwirbelsäule ausgehenden neurologischen Folgeerscheinungen insbesondere an der rechten Hand und den Beinen sowie Spannungskopfschmerz und chronifizierte Depression im Sinne einer Dysthymie) vor.
Ein vom Beklagten daraufhin unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Götz vom 07.05.2008 (Funktionsbehinderung des Kniegelenks, Arthrose [Teil-GdB 30], depressive Verstimmung, chronisches Schmerzsyndrom [Teil-GdB 20 ab 06/06], Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen [Teil-GdB 10] und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule [Teil-GdB 10]; Gesamt-GdB 40 ab Juni 2006) abgegebenes Vergleichsangebot lehnte der Kläger unter Hinweis auf die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. H. vom 10.07.2008 (schwere Kniegelenksarthrose beidseits mit Beweglichkeit jeweils 0/10/110 Grad und Einschränkung der Gehstrecke auf unter 100 Meter) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 11.07.2008 (ohne Weiteres bestehende Schwerbehinderung) ab.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.11.2008 änderte das Sozialgericht den Bescheid vom 01.03.2005 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 15.06.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2005 ab und verpflichtete den Beklagten, beim Kläger einen GdB von 40 ab dem 01.06.2006 festzustellen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die von den degenerativen Wirbelsäulenveränderungen ausgehenden Beschwerden des Klägers seien auf Grund des von Dr. L. beschriebenen Wurzelkompressionssyndroms C6/7 beidseits mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Darüber hinausgehende Einschränkungen seien nicht nachvollziehbar und von den behandelnden Orthopäden nicht beschrieben worden. Die Kniegelenksbeschwerden seien mit einem Teil-GdB von 30 in die Bewertung einzustellen. Dies entspreche auch der Einschätzung der Orthopäden Dr. M.-B. und Prof. Dr. T. für das rechte Kniegelenk. Der abweichenden Einschätzung des Orthopäden Dr. H. vermöge sich die Kammer nicht anzuschließen. Eine Bewegungseinschränkung an beiden Kniegelenken sei nicht nachgewiesen. Knorpelschäden und röntgenologisch dokumentierte degenerative Veränderungen an den Kniegelenken rechtfertigten für sich allein noch nicht die Annahme eines GdB. Die leichtgradige Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sei entsprechend der Einstufung durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. mit einem Teil-GdB von 10 zu berücksichtigen. Anders als von Seiten des behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. P. angenommen, habe die Untersuchung durch den Sachverständigen einen Hörverlust von lediglich 30 % rechts und von 35 % links ergeben. Schließlich seien das Schmerzsyndrom und die seelische Verstimmung mit einem Teil-GdB von insgesamt 20 ab Juni 2006 in Ansatz zu bringen. Eine höhere Bewertung lasse sich aus den vom behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. L. mitgeteilten Befunden nicht ableiten; auch werde Entsprechendes von den übrigen behandelnden Ärzten nicht erwähnt. Der Teil-GdB von 30 für die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks werde ab Juni 2006 durch den Teil-GdB von 20 für die depressive Verstimmung und das chronische Schmerzsyndrom auf 40 erhöht. Die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Teil-GdB von 10 wirkten sich nicht GdB-erhöhend aus. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 26.11.2008 zugestellt und vom Landratsamt B. mit Bescheid vom 03.12.2008 ausgeführt.
Am 10.12.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die bei ihm vorliegenden Behinderungen insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet seien nicht ausreichend bewertet. Darüber hinaus habe sich sein Hörvermögen zwischenzeitlich verschlechtert. Zur Begründung seines Vorbringens legt er einen Arztbrief des Facharztes für Chirurgie/Gefäßchirurgie Dr. M. vom 23.06.2009 (aktivierte Gonarthrosen beidseits, Baker-Zyste links, Ausschluss einer höhergradigen venösen Gefäßerkrankung) sowie ein vom Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. P. am 21.12.2009 gefertigtes Tonaudiogramm (Hörverlust rechts 45 %, links 35 %) vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Stuttgart vom 20.11.2008 sowie den Bescheid vom 01.03.2005 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 15.06.2005, des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2005 und des Bescheides vom 03.12.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von mindestens 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angegriffenen Gerichtsbescheid,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das vom Kläger im Wege der verbundenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG weiterverfolgte Begehren auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von mindestens 50 für die Zeit ab dem 23.02.2005; über den Bescheid vom 03.12.2008 entscheidet der Senat auf Klage.
Die Berufung und die Klage sind zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger die behördliche Feststellung eines GdB von mehr als 30 für die Zeit vom 23.02.2005 bis zum 31.05.2006 und von mehr als 40 für die Zeit ab dem 01.06.2006 erstrebt. Denn dem Kläger steht ein solcher Anspruch nicht zu. Die angegriffenen Bescheide verletzen ihn daher nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest.
Menschen sind im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind als GdB nach Zehnergraden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Hierfür gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 SGB IX). Liegen mehrere sich gegenseitig beeinflussende Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX).
Der GdB als Ausmaß der Behinderung ist in freier richterlicher Würdigung aller Umstände, wie sie dem Verfahren des § 287 Zivilprozeßordnung (ZPO) entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1979 - 9 RVs 16/78 - SozR 3870 § 3 Nr. 5), gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX unter Zugrundelegung der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" - VG (Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG [Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10.12.2008 BGBl. I, S. 2412]) - mit denen eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP), von wenigen hier im Ergebnis nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, nicht einhergeht - festzustellen.
Die Gesamtbehinderung eines Menschen lässt sich rechnerisch nicht ermitteln. Daher ist für die Bildung des Gesamt-GdB eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig. Auch andere Rechenmethoden sind ungeeignet (BSG, Urteil vom 15.03.1979 a. a. O.). In der Regel wird von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB ausgegangen und sodann geprüft, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, führen dabei in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. c und d der VG, Nr. 19 Absätze 3 und 4 der AHP).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur das Vorliegen einer (unbenannten) Behinderung und den Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R - SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Einzel-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar.
In Anwendung dieser Grundsätze liegt beim Kläger bezogen auf den Zeitraum vom 23.02.2005 bis zum 31.05.2006 kein GdB von mehr als 30 und hinsichtlich der Zeit ab dem 01.06.2006 kein GdB von mehr als 40 vor.
Die Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke des Klägers sind mit einem Teil-GdB von 30 ausreichend bewertet.
Während ausweislich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Orthopäden Dr. M.-B. vom 27.01.2006 - bis auf zwei Behandlungen wegen einer geringen Kniearthrose links im hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum bis zum Sommer 2005 - Schmerzen und eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks im Vordergrund standen, zeigten sich ab Beginn der Behandlung durch den Orthopäden Dr. H. im April 2006 entsprechende Beeinträchtigungen auch am linken Knie (vgl. hierzu die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des genannten Arztes vom 23.06.2006 sowie das vom Kläger beim Sozialgericht vorgelegte Schreiben vom 23.05.2007). Dabei nahm die Bewegungseinschränkung im Laufe der Zeit zu (vgl. die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. H. vom 23.08.2006 ["endgradig"] sowie dessen schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 04.07.2007 ["mittelgradig"]) und wurde von Dr. H. schließlich mit jeweils mit 0/10/110 Grad angegeben (vgl. hierzu das vom Kläger beim Sozialgericht vorgelegte ärztliche Attest vom 10.07.2008).
Diese geringen Bewegungseinschränkungen der Kniegelenke ließen für sich allein einen Teil-GdB von allenfalls 20 zu (vgl. Teil B Nr. 18.14 Seite 100 der VG), rechtfertigen aber unter Berücksichtigung der bestehenden Knorpelschäden (vgl. zum rechten Knie den von Dr. M.-B. vorgelegten Operationsbericht des Orthopäden Rühmkorf vom 27.07.2004 sowie in Bezug auf beide Kniegelenke die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. H. vom 04.07.2007) und schließlich aufgetretenen dauerhaften Schmerzen (vgl. das Attest von Dr. H. vom 10.07.2008) einen Teil-GdB von 30. Zwar sieht Teil B Nr. 18.14 Seite 100 a. E. der VG für ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen und Bewegungseinschränkung einseitig einen GdB zwischen 20 und 40 vor. Indes ist vorliegend angesichts der - wie oben ausgeführt - geringen Bewegungseinschränkungen von jeweils im unteren Bereich dieses Rahmens anzusiedelnden Funktionsbehinderungen auszugehen, so dass bei integrierender Betrachtung entgegen der Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. H. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 04.07.2007 (Teil-GdB 40) ein Teil-GdB von 30 für beide Kniegelenke zusammen genommen angemessen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die vom genannten Arzt in den vorgelegten Unterlagen angeführte Verringerung der Gehstrecke nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. T. vom 13.02.2006 nicht als durchgängige Einschränkung (beispielsweise auf 100 m; vgl. das Attest von Dr. H. vom 10.07.2008) darstellt, sondern wechselnde Beschränkungen vorliegen. Dass der Beklagte den angegriffenen Bescheiden einen Teil-GdB von 30 allein für die Funktionsbeeinträchtigungen des rechten Kniegelenks zu Grunde gelegt hat, ist - wie oben ausgeführt - unerheblich; zu Recht hat allerdings das Regierungspräsidium im Widerspruchsbescheid vom 29.07.2005 darauf hingewiesen, dass die Bewertung des Teil-GdB für das rechte Kniegelenk als sehr hoch anzusehen ist und bereits einer totalendoprothetischen Versorgung entspricht (vgl. Teil B Nr. 18.12 Seite 92 der VG).
Die von der Wirbelsäule des Klägers ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit einem Teil-GdB von (allenfalls) 10 zu bewerten. Dies hat das Sozialgericht im Gerichtsbescheid vom 24.11.2008 zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vom Neurologen und Psychiater Dr. L. in dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief vom 12.06.2007 darüber hinaus mitgeteilten erheblichen neurologischen Beeinträchtigungen nicht nur von den behandelnden Orthopäden Dr. M.-B. und Dr. H., sondern auch von der den Kläger seit dem Jahre 2003 behandelnden Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin Dr. G., nicht berichtet wurden. In deren schriftlicher sachverständiger Zeugenaussage vom 30.01.2006 und in den Schreiben des den Kläger seit April 2006 behandelnden Orthopäden Dr. H. vom 23.08.2006, 23.05.2007, 04.07.2007 und 10.07.2008 fanden derartige Beschwerden - im Gegenteil - keinerlei und in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. M.-B. zuletzt bezogen auf das Jahr 2000 Erwähnung.
Die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen rechtfertigt bezogen auf den Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers durch den erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen Dr. Sch. am 11.04.2007 einen Teil-GdB von 10. Auch dies hat das Sozialgericht zutreffend und unter Zugrundelegung des Gutachtens des genannten Sachverständigen ausgeführt; insoweit wird daher ebenfalls auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheids verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Das vom Kläger zuletzt vorgelegte, am 21.12.2009 vom behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. P. gefertigte Tonaudiogramm lässt angesichts des ermittelten Hörverlusts von 45 % rechts und 35 % links (nach Roeser [1980]) nach Teil B Nr. 5.2.4 Seite 35 der VG allenfalls die Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 ab dem Untersuchungszeitpunkt zu.
Eine hier erhebliche depressive Symptomatik mit chronischem Schmerzsyndrom lässt sich frühestens ab Aufnahme der Behandlung durch den Neurologen und Psychiater Dr. L. im Juni 2006 objektivieren. Aus der vorangegangenen Zeit findet sich insoweit lediglich eine fachfremde Einschätzung des Neurochirurgen Dr. K. auf Grund einer Untersuchung vom 13.06.2003 (vgl. hierzu den der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des genannten Arztes vom 09.02.2006 beigefügten Bericht vom 18.06.2003), die in Ermangelung genauerer und zudem hinterfragter Befunde keine GdB-Einschätzung zulässt. Bezogen auf die Zeit ab dem 01.06.2006 ist der Teil-GdB für die genannten Funktionsbeeinträchtigungen mit 20 zutreffend eingeschätzt. Auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 24.11.2008 an (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen, dass der von Dr. L. im vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 12.06.2007 und in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 14.04.2008 mitgeteilten psychischen Auffälligkeiten wie anhaltende affektive Herabstimmung bis zur Aufhebung jeglicher emotionaler Erlebnisfähigkeit nebst fast vollständigem sozialem Rückzug mit Meidung von Kontakten in der Familie, der Verwandtschaft und im Freundeskreis, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sowie erschwerter Auffassungs- und Umstellungsfähigkeit keinem weiteren Arzt aufgefallen sind. Dies wäre allerdings zu erwarten gewesen, wenn die behaupteten schweren Störungen tatsächlich vorlägen. Dem behaupteten extremen mangelnden Antrieb und sozialen Rückzugsverhalten steht schließlich auch entgegen, dass der Kläger in der Lage ist, das vorliegende Verfahren weiter zu betreiben und Arzttermine in erheblicher Zahl wahrzunehmen.
Die weiteren Erkrankungen des Klägers rechtfertigen keinen GdB. Dies gilt insbesondere für den allein diätetisch eingestellten Diabetes mellitus (vgl. hierzu die schriftliche sachverständige Zeugenaussage der Allgemeinärztin Dr. G. vom 30.01.2006 sowie Teil B Nr. 15.1 Seite 73 der VG und die damit übereinstimmende - zuvor anzuwendende - Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" zur Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus im Anschluss an das Urteil des BSG vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - [Erlass des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 22.09.2008 - IVc 3 - 48064 - 3]).
Der für die Gesamtbeurteilung der Behinderung des Klägers zunächst maßgebliche Teil-GdB von 30 für die Kniebeschwerden ist durch den Teil-GdB von 20 für die depressive Störung mit chronischem Schmerzsyndrom ab dem 01.06.2006 auf 40 zu erhöhen. Die weiteren (leichten) Funktionsbehinderungen mit jeweils einem Teil-GdB von 10 führen weder bezogen auf den Zeitraum bis zum 31.05.2006 zu einer Erhöhung auf mehr als 30 noch für die Zeit ab dem 01.06.2006 zu einer Erhöhung auf mehr als 40. Dies gilt auch mit Blick auf das ab Dezember 2009 verschlechterte Hörvermögen des Klägers mit Ohrgeräuschen und einem Teil-GdB von 20. Denn die Gesamtbehinderung des Klägers rechtfertigt bei vergleichender Betrachtung mit Funktionsbeeinträchtigungen, für den im Teil B der VG feste Werte angegeben sind (vgl. hierzu Teil A Nr. 3 Buchst. b der VG) nicht die Annahme einer Schwerbehinderung. Die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen ist nämlich nicht so erheblich, wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung oder bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung (vgl. hierzu noch ausdrücklich Nr. 19 Abs. 2 Seite 25 der AHP 2008).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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