Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VG 4517/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 299/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.12.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1964 geborene Kläger begehrt Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der Folgen einer im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung am 18.03.2006 erlittenen Verletzung.
Am 18.03.2006 gegen 23:30 Uhr machten sich der damals 20jährige, spätere Täter, dessen damals 23jähriger Bruder sowie zwei weitere damals 19- und 20jährige Personen auf, in der Nähe des im örtlichen Bereich der Wohnung des Klägers befindlichen Spielplatzes Silvesterraketen und Böller zu zünden. Nachdem sie einige Raketen und Böller losgelassen hatten, fühlte sich der Kläger erheblich belästigt. Er eilte aus dem Haus und begab sich zu der Gruppe, um sie zur Ruhe zu ermahnen. Als ihm der Bruder des Täters entgegen gekommen war, um mit ihm zu sprechen, schlug der Kläger diesen. Im Verlaufe des sich anschließenden Streitgesprächs packte der Kläger den eine halbgefüllte Bierflasche in der Hand haltenden Täter und dessen Bruder am Kragen oder am Hals. Sich hierdurch bedroht fühlend versetzte der Täter dem Kläger einen wuchtigen Schlag mit der Bierflasche auf den Kopf, um zu erreichen, dass der Kläger ihn loslasse. Die Bierflasche traf den Kläger im linken Scheitelbereich und splitterte durch die Wucht des Schlags in zahlreiche Einzelteile, wodurch der Kläger neben einer Schwellung am Kopf im Verlauf der Schlagbewegung durch einen Glassplitter eine tiefe Schnittverletzung vom linken Ohr bis zum linken Halsbereich und einen sehr hohen Blutverlust erlitt. Ihm gelang es noch, sich zu seinem Wohnhaus zu begeben, um seine Ehefrau zu verständigen, welche sofort den Notarzt rief. Daraufhin wurde der Kläger vom 19.03.2006 bis zum 22.03.2006 im Klinikum L. wegen einer ausgedehnten Schnittwunde präaurikulär an der linken Gesichtshälfte mit Beteiligung des Nervus facialis stationär behandelt.
Am 17.08.2006 beantragte der Kläger beim Landratsamt L. Beschädigtenversorgung. Das Landratsamt zog das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Baden-Württemberg und Hessen, den Entlassungsbericht des Klinikums L. vom 11.04.2006 und die strafrechtliche Ermittlungsakte bei. Mit Urteil des Amtsgericht L. vom 20.03.2007 wurde der Täter wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, die zur Bewährung ausgeseetzt wurde.
Mit Bescheid vom 17.07.2007 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Aus dem Tatverlauf ergebe sich, dass beim Täter eine Notwehrhandlung vorgelegen habe, da der Kläger diesen zuerst festgehalten habe. Nachdem der Bruder des Täters vorher vom Kläger bereits eine Ohrfeige erhalten habe, habe er offensichtlich mit einem ähnlichen tätlichen Angriff gerechnet und sich deshalb gewehrt. Somit liege kein entschädigungsfähiger Tatbestand im Sinne des OEG vor. Ferner seien Leistungen zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht habe. Hierbei gelte der versorgungsrechtliche Ursachenbegriff der wesentlichen Bedingung. Ein Verhalten des Geschädigten sei in der Regel dann als gleichwertige Ursache zu beurteilen, wenn es von der Rechtsordnung in ähnlicher Weise wie das des Angreifers missbilligt werde. Der Kläger habe gewusst, dass die Gruppe auf dem Spielplatz aus vier Personen bestanden habe, ihm also zahlenmäßig überlegen gewesen sei. Trotzdem habe er sich zu ihnen begeben und gleich dem Ersten, der auf ihn zugekommen sei, eine Ohrfeige gegeben. Dadurch habe er den Anfang für eine tätliche Auseinandersetzung gesetzt. Spätestens, als er den Täter und dessen Bruder am Kragen gepackt habe, habe er damit rechnen müssen, dass er sich selbst gefährde. Somit müssten Leistungen nach dem OEG versagt bleiben. Denn der Kläger hätte beispielsweise zu seiner Sicherheit von zu Hause aus die Polizei rufen können, die für Ruhestörungen zuständig sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er führte aus, hätte das Amtsgericht L. festgestellt, dass der Täter in Notwehr gehandelt habe, hätte zwangsläufig ein Freispruch erfolgen müssen, da dann ein rechtswidriger Angriff nicht vorgelegen hätte. Jedenfalls wäre aber der Schlag gegen den Kopf mit einer halbgefüllten Bierflasche zur Abwehr des Angriffs nicht erforderlich gewesen, so dass allenfalls eine schuldausschließende Notwehrüberschreitung in Betracht komme. Mithin liege grundsätzlich ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG vor. Auch seien die Voraussetzungen für eine Versagung von Leistungen nach dem OEG nicht gegeben. Denn vorliegend sei sein Tatbeitrag mit demjenigen des Täters nicht vergleichbar. Seine dem Bruder des Klägers versetzte Ohrfeige stelle eine einfache Körperverletzung dar, die mit einem Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sei. Das gleichzeitige Festhalten des Täters und dessen Bruders im Zuge der weiteren verbalen Auseinandersetzung erfülle überhaupt keinen strafrechtlichen Tatbestand, allenfalls aber ebenfalls nur eine einfache Körperverletzung. Demgegenüber sei für die vom Täter begangene gefährliche Körperverletzung ein Strafmaß von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen. Der Versagensgrund der Mitursächlichkeit liege mithin nicht vor. Auch liege der Versagungsgrund der Unbilligkeit nicht vor. Denn vorliegend hätte er nicht mit einer so schwerwiegenden Gewalttat rechnen müssen. Nachdem er zunächst wegen des von der Gruppe verursachten Lärms mitten in der Nacht aus dem Fenster gerufen habe, dass sie damit aufhören sollten, sei er zunächst von dem Bruder des Täters mit einem Stinkefinger und verbal provoziert und beleidigt worden. Richtig sei, dass er diesen dann zur Rede habe stellen wollen und ihm nach weiteren aus seiner Sicht provozierenden Äußerungen eine Ohrfeige verpasst habe. Hierauf habe keiner der Anwesenden mit einem Gegenschlag oder Ähnlichem reagiert. Vielmehr habe sich ein Streitgespräch angeschlossen, in dem wohl mehrfach von "Anzeige" und "Polizei" die Rede gewesen sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er damit gerechnet, dass die Situation eskalieren würde und von den Jugendlichen eine Gefahr für ihn ausgehen könne. Sowohl der Täter als auch die anderen Beteiligten hätten sich während des Streits zwischen ihm und dem Bruder des Täters zunächst defensiv verhalten. Zur Eskalation sei es erst gekommen, als sich der Täter und dessen Bruder auf ihn zubewegt hätten und er in der Annahme einer Bedrohung beide am Kragen gepackt habe, um sie sich auf Distanz zu halten. Ohne Vorwarnung und für ihn unvorhersehbar, habe er dann den Schlag mit der halbgefüllten Bierflasche erhalten. Mit einer solchen schweren Gewalttat habe er nicht rechnen können. Auch sei in seinem Verhalten kein bewusstes oder leichtfertiges Eingehen einer Gefahr, der er sich ohne Weiteres hätte entziehen können, zu sehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Zwar sei die gegen den Kläger begangene Gewalttat als schwere Körperverletzung zu bewerten und die Tathandlung des Täters auch nicht durch Notwehr gerechtfertigt. Auch sei die Körperverletzung durch den Kläger nicht mit der gefährlichen Körperverletzung durch den Täter gleichwertig. Aber es könne, auch ohne selbst eine Straftat begangen zu haben, aus sonstigen Gründen unbillig sein, eine Entschädigung zu gewähren. Unbilligkeit liege unter anderem dann vor, wenn sich das Opfer bewusst oder leichtfertig selbst gefährde. Bereits, nachdem der Kläger die Jugendlichen aufgefordert habe, die Ruhestörung zu unterlassen, sei eine gegen ihn gerichtete massive Gewaltandrohung erfolgt. Schon zu diesem Zeitpunkt sei für ihn durchaus ersichtlich gewesen, dass die Jugendlichen einer Klärung der Situation nicht zugänglich gewesen seien und keinerlei Einsichtsfähigkeit gehabt, sondern vielmehr ein äußerst aggressives Verhalten gezeigt hätten. Der Kläger habe daher damit rechnen müssen, sich durch sein Verhalten selbst zu gefährden. Er habe durch sein Verhalten keinesfalls die Situation mit den nächtlichen Ruhestörern abklären oder eine Entschuldigung für sich einfordern, sondern vielmehr diese Jugendlichen körperlich bestrafen wollen. Damit habe er selbst den Anfang für die Handgreiflichkeiten gesetzt und somit in dieser Situation zu einer Eskalation beigetragen, die für ihn ersichtlich gefährlich gewesen sei. Schließlich sei er gegenüber den gewaltandrohenden Jugendlichen, die deutlich erkennbar Alkohol konsumiert hätten, in der Unterzahl gewesen. Aus der Tatsache, dass auf seinen für die Jugendlichen doch unvermittelten, körperlichen Angriff aus der Gruppe heraus nicht sofort mit einem Gegenschlag reagiert worden sei, habe er angesichts der vorausgegangenen Drohungen auch nicht schließen können, dass ein Gegenschlag in Form eines körperlichen Angriffs gebannt sei. Auch das Ausmaß der Gewalttat sei für ihn vorhersehbar gewesen. Neben der massiven Gewaltandrohung habe er auch auf Grund des Alkoholkonsums der Jugendlichen davon ausgehen müssen, dass sich diese nicht mehr unter Kontrolle gehabt hätten und deshalb unberechenbar gewesen seien. Diese Gefährdungssituation sei für ihn auch nach seinen persönlichen Fähigkeiten vermeidbar gewesen. Schon nach den Beleidigungen und Drohungen wäre es geboten gewesen, die Polizei zu informieren, um die Ruhestörung zu unterbinden und eventuell gegen die Beleidigungen vorzugehen. Spätestens nach seinem ersten körperlichen Angriff gegen den Bruder des Täters hätte er im anschließend aufkommenden Streitgespräch zumindest versuchen müssen, die Situation wieder zu beruhigen beziehungsweise sich in Sicherheit zu bringen.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.12.2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn. Er wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, nachdem er aus dem Fenster gerufen habe, dass die Gruppe mit dem Lärm aufhören solle, habe der Bruder des Täters sinngemäß zu ihm gerufen, er solle doch herunterkommen, "dann würden sie ihn weghauen".
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.12.2009 ab. Es bestehe nicht der geringste Zweifel, dass sich der Kläger leichtfertig selbst gefährdet habe. Diese Selbstgefährdung wäre nur dann unbeachtlich, wenn mit ihr ein rechtlich gebilligter Zweck oder aus Notwehr gehandelt worden wäre. Dies lasse sich aber nicht feststellen. Es sei vielmehr von einer Mitverursachung auszugehen. Ein Opfer habe seine Schädigung dann mitverursacht, wenn es sich, ohne sozial nützlich oder von der Rechtsordnung erwünscht zu handeln, bewusst oder leichtfertig der Gefahr einer Schädigung ausgesetzt habe, wofür leichtfertiges Handeln durch einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit gekennzeichnet sei, wobei ein individueller, auf die persönlichen Fähigkeiten des Opfers abgestellter Sorgfaltsmaßstab ausschlaggebend sei. Der Kläger habe sich aus freien Stücken aus dem sicheren Bereich seiner Wohnung in den unsicheren Bereich der Straße in unmittelbare Konfrontation mit dem Täter und dessen Bruder begeben und dabei die Handgreiflichkeiten selbst eröffnet. Dazu sei er nicht berechtigt gewesen. Ob sich der Täter dabei in unmittelbarer Nähe oder etwas entfernt aufgehalten habe, sei unerheblich. Jedenfalls sei die Ohrfeige die wesentliche Bedingung dafür gewesen, dass es zu einem weiteren Wortwechsel gekommen sei, in dessen Verlauf der Kläger schließlich mit der Bierflasche verletzt worden sei. Es könne dabei dahinstehen, ob der Kläger den Täter und dessen Bruder an der Jacke gepackt habe, um deren Angriff zu verhindern, oder ob er seinerseits habe angreifen wollen. Die wesentliche Bedingung für die erlittene Schädigung sei nämlich bereits durch das Verlassen der Wohnung und das Austeilen der Ohrfeige gesetzt worden. In seinen geschützten Rechten sei der Kläger ursprünglich nur durch die Ruhestörung und die damit einhergehenden möglichen Beleidigungen verletzt gewesen. Deren hätte er sich jedoch ohne Weiteres durch Verständigung der Polizei erwehren können. Stattdessen habe er selbst für Ordnung sorgen wollen. Diese Selbsthilfe, insbesondere das vom Kläger eingeschlagene Vorgehen, sei von der Rechtsordnung nicht gebilligt. Statt deeskalierend zu wirken, habe er die ihm drohende Gefahr durch seine unerlaubte Tätigkeit erhöht. Wer sich selbst dermaßen in eine Gefahrenlage begebe, obwohl andere Möglichkeiten zur Beseitigung des Angriffs auf eigene geschützte Rechtsgüter gegeben gewesen wären, handele mindestens leichtfertig und müsse damit rechnen, selbst Opfer eines körperlichen Angriffs zu werden.
Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 18.12.2009 zugestellten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat der Kläger am 18.01.2010 Berufung eingelegt. Die Besonderheit im vorliegenden Fall liege darin, dass er nicht den späteren Täter, sondern eine andere Person einmalig geohrfeigt habe. Das gleichzeitige Festhalten des Täters und dessen Bruders im Zuge der weiteren verbalen Auseinandersetzung habe ausschließlich angriffsabwehrenden Charakter gehabt. Er habe den Täter nicht durch ein schwerwiegendes, vorwerfbares Verhalten provoziert. Selbst wenn eine solche Provokation anzunehmen wäre, so wäre der Angriff des Täters nach Art und Schwere gegenüber einer solchen Provokation jedenfalls objektiv unverhältnismäßig gewesen. Ferner habe er mit einem solchen gravierenden Angriff nicht rechnen müssen. Er habe weder aus seiner Wohnung heraus noch am späteren Tatort Feststellungen treffen können, dass die Gruppe unter erheblichem Alkoholkonsum gestanden habe. Auch während des Streitgesprächs mit dem Bruder des Täters habe es für ihn keine Anzeichen dafür gegeben, dass dieses etwa auf Grund übermäßigem Alkoholkonsum mit Gewalt enden würde. Ferner sei es nicht sozial verwerflich, dass er selbst versucht habe, die Ruhestörung zu unterbinden. Ihm sei daher ein bewusstes oder leichtfertiges Eingehen einer Gefahr, der er sich ohne Weiteres hätte entziehen können, nicht vorzuwerfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.12.2009 und den Bescheid des Landratsamts L. vom 17.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Grundrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe zumindest leichtfertig gehandelt und mit einer Gewalttat rechnen müssen. Ob der Kläger den Alkoholkonsum des Täters erkannt habe, sei nicht entscheidend, da nach den Feststellungen des Amtsgerichts L. Schuldunfähigkeit oder verminderte Schulfähigkeit nicht vorgelegen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgericht (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Grundrente. Zu Recht hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 17.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2007 die Gewährung von Grundrente abgelehnt.
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Es hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgebliche Rechtsvorschrift zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb im vorliegenden Verfahren gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 OEG Leistungen aufgrund des Ereignisses vom 18.03.2006 zu versagen sind. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Der Senat sieht entgegen der Ansicht des Klägers in dem Umstand, dass er nicht den späteren Täter, sondern dessen Bruder geohrfeigt hat, keinen gegen eine Leistungsversagung wegen Unbilligkeit sprechenden Grund. Zum einen liegt die leichtfertige Selbstgefährdung nicht nur darin begründet, dass er zuvor eine Ohrfeige ausgeteilt hat, sondern bereits darin, dass er sich überhaupt zu der Gruppe begeben hat, obwohl ihm mit dem Herbeirufen der Polizei eine andere Möglichkeit zur Beseitigung der Ruhestörung zur Verfügung gestanden hätte und obwohl ihm der Bruder des späteren Täters zuvor mit den Worten, er werde ihn weghauen, bedroht hat. Zum anderen hat der Kläger eben nicht nur irgend eine andere Person, sondern ein Mitglied der Gruppe, der auch der spätere Täter angehört hat, geohrfeigt. Dass dies Auswirkungen auf das Verhalten der anderen Gruppenmitglieder - wie hier des Täters - zur Folge haben würde, hätte der Kläger nach Ansicht des Senats in Anbetracht der Gesamtsituation erkennen müssen. Daher kommt es auch nicht maßgeblich darauf an, ob das spätere Festhalten des Täters und dessen Bruders im Zuge der weiteren verbalen Auseinandersetzung nach der Ohrfeige ausschließlich angriffsabwehrenden Charakter gehabt oder nicht. Ferner setzt eine Leistungsversagung wegen Unbilligkeit nicht voraus, dass der Kläger den Täter durch ein schwerwiegendes, vorwerfbares Verhalten provoziert hat oder nicht. Entscheidend ist, worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat, ob sich der Kläger leichtfertig der Gefahr einer Schädigung ausgesetzt hat. Dies ist in vielfältiger Weise, unabhängig von etwaigen vorausgegangenen Provokationen, möglich. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Angriff des Täters gegenüber einer etwaigen Provokation objektiv unverhältnismäßig gewesen ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kläger mit einem solchen gravierenden Angriff hätte rechnen müssen, was vorliegend der Fall ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger erkannt hat, dass die Gruppe unter Alkoholkonsum gestanden hat, sondern darauf, ob mit einem tätlichen Angriff zu rechnen war. Dies war vorliegend in Anbetracht des vorausgegangenen ungewöhnlichen Verhaltens der Gruppe, nachts mit Feuerwerkskörpern zu schießen, und der zuvor geäußerten Drohung des Bruders des Klägers, ihn wegzuhauen, aber der Fall. Ferner hält es der Senat entgegen der Ansicht des Klägers eben doch für sozial inadäquat, unter anderem durch das Verteilen einer Ohrfeige für Ruhe sorgen oder zuvor geäußerte Beleidigungen bestrafen zu wollen, zumal mit dem Herbeirufen der Polizei hierzu ein geeigneterer Weg zur Verfügung gestanden hat.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Grundrente.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1964 geborene Kläger begehrt Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der Folgen einer im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung am 18.03.2006 erlittenen Verletzung.
Am 18.03.2006 gegen 23:30 Uhr machten sich der damals 20jährige, spätere Täter, dessen damals 23jähriger Bruder sowie zwei weitere damals 19- und 20jährige Personen auf, in der Nähe des im örtlichen Bereich der Wohnung des Klägers befindlichen Spielplatzes Silvesterraketen und Böller zu zünden. Nachdem sie einige Raketen und Böller losgelassen hatten, fühlte sich der Kläger erheblich belästigt. Er eilte aus dem Haus und begab sich zu der Gruppe, um sie zur Ruhe zu ermahnen. Als ihm der Bruder des Täters entgegen gekommen war, um mit ihm zu sprechen, schlug der Kläger diesen. Im Verlaufe des sich anschließenden Streitgesprächs packte der Kläger den eine halbgefüllte Bierflasche in der Hand haltenden Täter und dessen Bruder am Kragen oder am Hals. Sich hierdurch bedroht fühlend versetzte der Täter dem Kläger einen wuchtigen Schlag mit der Bierflasche auf den Kopf, um zu erreichen, dass der Kläger ihn loslasse. Die Bierflasche traf den Kläger im linken Scheitelbereich und splitterte durch die Wucht des Schlags in zahlreiche Einzelteile, wodurch der Kläger neben einer Schwellung am Kopf im Verlauf der Schlagbewegung durch einen Glassplitter eine tiefe Schnittverletzung vom linken Ohr bis zum linken Halsbereich und einen sehr hohen Blutverlust erlitt. Ihm gelang es noch, sich zu seinem Wohnhaus zu begeben, um seine Ehefrau zu verständigen, welche sofort den Notarzt rief. Daraufhin wurde der Kläger vom 19.03.2006 bis zum 22.03.2006 im Klinikum L. wegen einer ausgedehnten Schnittwunde präaurikulär an der linken Gesichtshälfte mit Beteiligung des Nervus facialis stationär behandelt.
Am 17.08.2006 beantragte der Kläger beim Landratsamt L. Beschädigtenversorgung. Das Landratsamt zog das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Baden-Württemberg und Hessen, den Entlassungsbericht des Klinikums L. vom 11.04.2006 und die strafrechtliche Ermittlungsakte bei. Mit Urteil des Amtsgericht L. vom 20.03.2007 wurde der Täter wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, die zur Bewährung ausgeseetzt wurde.
Mit Bescheid vom 17.07.2007 lehnte das Landratsamt den Antrag ab. Aus dem Tatverlauf ergebe sich, dass beim Täter eine Notwehrhandlung vorgelegen habe, da der Kläger diesen zuerst festgehalten habe. Nachdem der Bruder des Täters vorher vom Kläger bereits eine Ohrfeige erhalten habe, habe er offensichtlich mit einem ähnlichen tätlichen Angriff gerechnet und sich deshalb gewehrt. Somit liege kein entschädigungsfähiger Tatbestand im Sinne des OEG vor. Ferner seien Leistungen zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht habe. Hierbei gelte der versorgungsrechtliche Ursachenbegriff der wesentlichen Bedingung. Ein Verhalten des Geschädigten sei in der Regel dann als gleichwertige Ursache zu beurteilen, wenn es von der Rechtsordnung in ähnlicher Weise wie das des Angreifers missbilligt werde. Der Kläger habe gewusst, dass die Gruppe auf dem Spielplatz aus vier Personen bestanden habe, ihm also zahlenmäßig überlegen gewesen sei. Trotzdem habe er sich zu ihnen begeben und gleich dem Ersten, der auf ihn zugekommen sei, eine Ohrfeige gegeben. Dadurch habe er den Anfang für eine tätliche Auseinandersetzung gesetzt. Spätestens, als er den Täter und dessen Bruder am Kragen gepackt habe, habe er damit rechnen müssen, dass er sich selbst gefährde. Somit müssten Leistungen nach dem OEG versagt bleiben. Denn der Kläger hätte beispielsweise zu seiner Sicherheit von zu Hause aus die Polizei rufen können, die für Ruhestörungen zuständig sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er führte aus, hätte das Amtsgericht L. festgestellt, dass der Täter in Notwehr gehandelt habe, hätte zwangsläufig ein Freispruch erfolgen müssen, da dann ein rechtswidriger Angriff nicht vorgelegen hätte. Jedenfalls wäre aber der Schlag gegen den Kopf mit einer halbgefüllten Bierflasche zur Abwehr des Angriffs nicht erforderlich gewesen, so dass allenfalls eine schuldausschließende Notwehrüberschreitung in Betracht komme. Mithin liege grundsätzlich ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG vor. Auch seien die Voraussetzungen für eine Versagung von Leistungen nach dem OEG nicht gegeben. Denn vorliegend sei sein Tatbeitrag mit demjenigen des Täters nicht vergleichbar. Seine dem Bruder des Klägers versetzte Ohrfeige stelle eine einfache Körperverletzung dar, die mit einem Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sei. Das gleichzeitige Festhalten des Täters und dessen Bruders im Zuge der weiteren verbalen Auseinandersetzung erfülle überhaupt keinen strafrechtlichen Tatbestand, allenfalls aber ebenfalls nur eine einfache Körperverletzung. Demgegenüber sei für die vom Täter begangene gefährliche Körperverletzung ein Strafmaß von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen. Der Versagensgrund der Mitursächlichkeit liege mithin nicht vor. Auch liege der Versagungsgrund der Unbilligkeit nicht vor. Denn vorliegend hätte er nicht mit einer so schwerwiegenden Gewalttat rechnen müssen. Nachdem er zunächst wegen des von der Gruppe verursachten Lärms mitten in der Nacht aus dem Fenster gerufen habe, dass sie damit aufhören sollten, sei er zunächst von dem Bruder des Täters mit einem Stinkefinger und verbal provoziert und beleidigt worden. Richtig sei, dass er diesen dann zur Rede habe stellen wollen und ihm nach weiteren aus seiner Sicht provozierenden Äußerungen eine Ohrfeige verpasst habe. Hierauf habe keiner der Anwesenden mit einem Gegenschlag oder Ähnlichem reagiert. Vielmehr habe sich ein Streitgespräch angeschlossen, in dem wohl mehrfach von "Anzeige" und "Polizei" die Rede gewesen sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er damit gerechnet, dass die Situation eskalieren würde und von den Jugendlichen eine Gefahr für ihn ausgehen könne. Sowohl der Täter als auch die anderen Beteiligten hätten sich während des Streits zwischen ihm und dem Bruder des Täters zunächst defensiv verhalten. Zur Eskalation sei es erst gekommen, als sich der Täter und dessen Bruder auf ihn zubewegt hätten und er in der Annahme einer Bedrohung beide am Kragen gepackt habe, um sie sich auf Distanz zu halten. Ohne Vorwarnung und für ihn unvorhersehbar, habe er dann den Schlag mit der halbgefüllten Bierflasche erhalten. Mit einer solchen schweren Gewalttat habe er nicht rechnen können. Auch sei in seinem Verhalten kein bewusstes oder leichtfertiges Eingehen einer Gefahr, der er sich ohne Weiteres hätte entziehen können, zu sehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Zwar sei die gegen den Kläger begangene Gewalttat als schwere Körperverletzung zu bewerten und die Tathandlung des Täters auch nicht durch Notwehr gerechtfertigt. Auch sei die Körperverletzung durch den Kläger nicht mit der gefährlichen Körperverletzung durch den Täter gleichwertig. Aber es könne, auch ohne selbst eine Straftat begangen zu haben, aus sonstigen Gründen unbillig sein, eine Entschädigung zu gewähren. Unbilligkeit liege unter anderem dann vor, wenn sich das Opfer bewusst oder leichtfertig selbst gefährde. Bereits, nachdem der Kläger die Jugendlichen aufgefordert habe, die Ruhestörung zu unterlassen, sei eine gegen ihn gerichtete massive Gewaltandrohung erfolgt. Schon zu diesem Zeitpunkt sei für ihn durchaus ersichtlich gewesen, dass die Jugendlichen einer Klärung der Situation nicht zugänglich gewesen seien und keinerlei Einsichtsfähigkeit gehabt, sondern vielmehr ein äußerst aggressives Verhalten gezeigt hätten. Der Kläger habe daher damit rechnen müssen, sich durch sein Verhalten selbst zu gefährden. Er habe durch sein Verhalten keinesfalls die Situation mit den nächtlichen Ruhestörern abklären oder eine Entschuldigung für sich einfordern, sondern vielmehr diese Jugendlichen körperlich bestrafen wollen. Damit habe er selbst den Anfang für die Handgreiflichkeiten gesetzt und somit in dieser Situation zu einer Eskalation beigetragen, die für ihn ersichtlich gefährlich gewesen sei. Schließlich sei er gegenüber den gewaltandrohenden Jugendlichen, die deutlich erkennbar Alkohol konsumiert hätten, in der Unterzahl gewesen. Aus der Tatsache, dass auf seinen für die Jugendlichen doch unvermittelten, körperlichen Angriff aus der Gruppe heraus nicht sofort mit einem Gegenschlag reagiert worden sei, habe er angesichts der vorausgegangenen Drohungen auch nicht schließen können, dass ein Gegenschlag in Form eines körperlichen Angriffs gebannt sei. Auch das Ausmaß der Gewalttat sei für ihn vorhersehbar gewesen. Neben der massiven Gewaltandrohung habe er auch auf Grund des Alkoholkonsums der Jugendlichen davon ausgehen müssen, dass sich diese nicht mehr unter Kontrolle gehabt hätten und deshalb unberechenbar gewesen seien. Diese Gefährdungssituation sei für ihn auch nach seinen persönlichen Fähigkeiten vermeidbar gewesen. Schon nach den Beleidigungen und Drohungen wäre es geboten gewesen, die Polizei zu informieren, um die Ruhestörung zu unterbinden und eventuell gegen die Beleidigungen vorzugehen. Spätestens nach seinem ersten körperlichen Angriff gegen den Bruder des Täters hätte er im anschließend aufkommenden Streitgespräch zumindest versuchen müssen, die Situation wieder zu beruhigen beziehungsweise sich in Sicherheit zu bringen.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.12.2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn. Er wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, nachdem er aus dem Fenster gerufen habe, dass die Gruppe mit dem Lärm aufhören solle, habe der Bruder des Täters sinngemäß zu ihm gerufen, er solle doch herunterkommen, "dann würden sie ihn weghauen".
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.12.2009 ab. Es bestehe nicht der geringste Zweifel, dass sich der Kläger leichtfertig selbst gefährdet habe. Diese Selbstgefährdung wäre nur dann unbeachtlich, wenn mit ihr ein rechtlich gebilligter Zweck oder aus Notwehr gehandelt worden wäre. Dies lasse sich aber nicht feststellen. Es sei vielmehr von einer Mitverursachung auszugehen. Ein Opfer habe seine Schädigung dann mitverursacht, wenn es sich, ohne sozial nützlich oder von der Rechtsordnung erwünscht zu handeln, bewusst oder leichtfertig der Gefahr einer Schädigung ausgesetzt habe, wofür leichtfertiges Handeln durch einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit gekennzeichnet sei, wobei ein individueller, auf die persönlichen Fähigkeiten des Opfers abgestellter Sorgfaltsmaßstab ausschlaggebend sei. Der Kläger habe sich aus freien Stücken aus dem sicheren Bereich seiner Wohnung in den unsicheren Bereich der Straße in unmittelbare Konfrontation mit dem Täter und dessen Bruder begeben und dabei die Handgreiflichkeiten selbst eröffnet. Dazu sei er nicht berechtigt gewesen. Ob sich der Täter dabei in unmittelbarer Nähe oder etwas entfernt aufgehalten habe, sei unerheblich. Jedenfalls sei die Ohrfeige die wesentliche Bedingung dafür gewesen, dass es zu einem weiteren Wortwechsel gekommen sei, in dessen Verlauf der Kläger schließlich mit der Bierflasche verletzt worden sei. Es könne dabei dahinstehen, ob der Kläger den Täter und dessen Bruder an der Jacke gepackt habe, um deren Angriff zu verhindern, oder ob er seinerseits habe angreifen wollen. Die wesentliche Bedingung für die erlittene Schädigung sei nämlich bereits durch das Verlassen der Wohnung und das Austeilen der Ohrfeige gesetzt worden. In seinen geschützten Rechten sei der Kläger ursprünglich nur durch die Ruhestörung und die damit einhergehenden möglichen Beleidigungen verletzt gewesen. Deren hätte er sich jedoch ohne Weiteres durch Verständigung der Polizei erwehren können. Stattdessen habe er selbst für Ordnung sorgen wollen. Diese Selbsthilfe, insbesondere das vom Kläger eingeschlagene Vorgehen, sei von der Rechtsordnung nicht gebilligt. Statt deeskalierend zu wirken, habe er die ihm drohende Gefahr durch seine unerlaubte Tätigkeit erhöht. Wer sich selbst dermaßen in eine Gefahrenlage begebe, obwohl andere Möglichkeiten zur Beseitigung des Angriffs auf eigene geschützte Rechtsgüter gegeben gewesen wären, handele mindestens leichtfertig und müsse damit rechnen, selbst Opfer eines körperlichen Angriffs zu werden.
Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 18.12.2009 zugestellten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat der Kläger am 18.01.2010 Berufung eingelegt. Die Besonderheit im vorliegenden Fall liege darin, dass er nicht den späteren Täter, sondern eine andere Person einmalig geohrfeigt habe. Das gleichzeitige Festhalten des Täters und dessen Bruders im Zuge der weiteren verbalen Auseinandersetzung habe ausschließlich angriffsabwehrenden Charakter gehabt. Er habe den Täter nicht durch ein schwerwiegendes, vorwerfbares Verhalten provoziert. Selbst wenn eine solche Provokation anzunehmen wäre, so wäre der Angriff des Täters nach Art und Schwere gegenüber einer solchen Provokation jedenfalls objektiv unverhältnismäßig gewesen. Ferner habe er mit einem solchen gravierenden Angriff nicht rechnen müssen. Er habe weder aus seiner Wohnung heraus noch am späteren Tatort Feststellungen treffen können, dass die Gruppe unter erheblichem Alkoholkonsum gestanden habe. Auch während des Streitgesprächs mit dem Bruder des Täters habe es für ihn keine Anzeichen dafür gegeben, dass dieses etwa auf Grund übermäßigem Alkoholkonsum mit Gewalt enden würde. Ferner sei es nicht sozial verwerflich, dass er selbst versucht habe, die Ruhestörung zu unterbinden. Ihm sei daher ein bewusstes oder leichtfertiges Eingehen einer Gefahr, der er sich ohne Weiteres hätte entziehen können, nicht vorzuwerfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.12.2009 und den Bescheid des Landratsamts L. vom 17.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Grundrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe zumindest leichtfertig gehandelt und mit einer Gewalttat rechnen müssen. Ob der Kläger den Alkoholkonsum des Täters erkannt habe, sei nicht entscheidend, da nach den Feststellungen des Amtsgerichts L. Schuldunfähigkeit oder verminderte Schulfähigkeit nicht vorgelegen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgericht (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Grundrente. Zu Recht hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 17.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2007 die Gewährung von Grundrente abgelehnt.
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Es hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgebliche Rechtsvorschrift zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb im vorliegenden Verfahren gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 OEG Leistungen aufgrund des Ereignisses vom 18.03.2006 zu versagen sind. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Der Senat sieht entgegen der Ansicht des Klägers in dem Umstand, dass er nicht den späteren Täter, sondern dessen Bruder geohrfeigt hat, keinen gegen eine Leistungsversagung wegen Unbilligkeit sprechenden Grund. Zum einen liegt die leichtfertige Selbstgefährdung nicht nur darin begründet, dass er zuvor eine Ohrfeige ausgeteilt hat, sondern bereits darin, dass er sich überhaupt zu der Gruppe begeben hat, obwohl ihm mit dem Herbeirufen der Polizei eine andere Möglichkeit zur Beseitigung der Ruhestörung zur Verfügung gestanden hätte und obwohl ihm der Bruder des späteren Täters zuvor mit den Worten, er werde ihn weghauen, bedroht hat. Zum anderen hat der Kläger eben nicht nur irgend eine andere Person, sondern ein Mitglied der Gruppe, der auch der spätere Täter angehört hat, geohrfeigt. Dass dies Auswirkungen auf das Verhalten der anderen Gruppenmitglieder - wie hier des Täters - zur Folge haben würde, hätte der Kläger nach Ansicht des Senats in Anbetracht der Gesamtsituation erkennen müssen. Daher kommt es auch nicht maßgeblich darauf an, ob das spätere Festhalten des Täters und dessen Bruders im Zuge der weiteren verbalen Auseinandersetzung nach der Ohrfeige ausschließlich angriffsabwehrenden Charakter gehabt oder nicht. Ferner setzt eine Leistungsversagung wegen Unbilligkeit nicht voraus, dass der Kläger den Täter durch ein schwerwiegendes, vorwerfbares Verhalten provoziert hat oder nicht. Entscheidend ist, worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat, ob sich der Kläger leichtfertig der Gefahr einer Schädigung ausgesetzt hat. Dies ist in vielfältiger Weise, unabhängig von etwaigen vorausgegangenen Provokationen, möglich. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Angriff des Täters gegenüber einer etwaigen Provokation objektiv unverhältnismäßig gewesen ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kläger mit einem solchen gravierenden Angriff hätte rechnen müssen, was vorliegend der Fall ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger erkannt hat, dass die Gruppe unter Alkoholkonsum gestanden hat, sondern darauf, ob mit einem tätlichen Angriff zu rechnen war. Dies war vorliegend in Anbetracht des vorausgegangenen ungewöhnlichen Verhaltens der Gruppe, nachts mit Feuerwerkskörpern zu schießen, und der zuvor geäußerten Drohung des Bruders des Klägers, ihn wegzuhauen, aber der Fall. Ferner hält es der Senat entgegen der Ansicht des Klägers eben doch für sozial inadäquat, unter anderem durch das Verteilen einer Ohrfeige für Ruhe sorgen oder zuvor geäußerte Beleidigungen bestrafen zu wollen, zumal mit dem Herbeirufen der Polizei hierzu ein geeigneterer Weg zur Verfügung gestanden hat.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Grundrente.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved