Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 244/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2497/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.05.2009 wird zurückgewiesen.
Die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger erstrebt die Erhöhung des bei ihm bestandskräftig festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 40 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG).
Bei dem Kläger wurde zuletzt mit Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 10.08.2006 ein GdB von 40 seit dem 19.07.2006 festgestellt. Die nachfolgenden Erhöhungsanträge des Klägers wurden abgelehnt, zuletzt der Antrag vom 10.09.2007 mit Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 08.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums St. vom 15.01.2008 unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z. vom 09.12.2007 (Hyperreagibles Bronchialsystem, Kehlkopferkrankung, Schlafapnoe-Syndrom [Teil-GdB 20], seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden [Teil-GdB 20], Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen [Teil-GdB 20] Bluthochdruck [Teil-GdB 20], Hauterkrankung [Teil-GdB 10], Sehminderung [Teil-GdB 10]; Gesamt-GdB 40).
Am 17.01.2008 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Ulm.
Das Sozialgericht holte die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Allgemeinmediziners K. (ohne Datum - Schlafapnoesyndrom, Zustand nach lumbalem Bandscheibenvorfall [jeweils schwere Beeinträchtigung], medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, chronische Laryngitis mit Dysphonie, Parästhesien der unteren Extremitäten, Erektile Dysfunktion [jeweils mittlere Beeinträchtigung]; GdB 60) ein und zog u. a. die im parallelen Rentenverfahren des Klägers - S 2 KNR 1109/08 - erstattete schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. (ohne Datum - chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung mit gravierenden psycho-physischen Defiziten, zusätzlich pulmologische Problematik) bei.
Mit Urteil vom 29.05.2009 wies das Sozialgericht die auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 60 gerichtete Klage ab. Die Gesundheitsstörungen von Seiten der Lunge sowie die bestehende hypertensive Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck seien jeweils mit einem Teil-GdB von 20 angemessen bewertet. Hinsichtlich der seelischen Störung, der Hauterkrankung sowie der mit einem Teil-GdB von 20 festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden habe sich keine Verschlechterung eingestellt. Für die geringgradige Sehminderung könne kein GdB festgestellt werden.
Bereits am 02.06.2009 hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit am 29.07.2009 eingegangenem Schreiben vom 25.07.2009 hat er einen GdB von mindestens 70 sowie "Zuspruch auf Behinderten Parkplatz" begehrt.
Der Senat hat den Arztbrief der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 05.11.2009 (chronische Laryngitis, hyperfunktionelle Dysphonie, Zustände nach Inhalationstrauma Mai 2000, TE 01/01 und Mikrolaryngoskopie 06/01, aktuell positive B-Symtomatik mit Schluckbeschwerden bei unauffälligem HNO-ärztlichem Spiegelbefund sowie schmerzhafte Schwellung linke Unterlippe ohne Hinweis auf einen Tumor) beigezogen.
Der Kläger trägt zur Begründung vor, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich ständig. Hierzu hat er ärztliche Unterlagen des Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen Dr. M. vom 05.06.2009 (Wirbelsäulensyndrom, bekannte Vorerkrankungen; Behandlung mit Tens-Gerät und Schmerzpflaster; nach heutigem klinischem Befund und langjähriger Schmerzanamnese GdB bis 30) und vom 26.03.2010 (Wirbelsäulensyndrom, bekannte Vorerkrankungen; Behandlung mittels Akupunktur, manuelle Therapie, BWS Mobilisation, Analgetika und NSAR bei Bedarf; bezüglich Wirbelsäule GdB 30-40 bei langjähriger Schmerz-Anamnese), des Augenarztes Dr. Z. vom 08.07.2009 (Cataracta corticonuclearis [BG], Pupillotonie [LV] Hyperopie, Astigmatismus, Presbyopie; FV eB rechtes Auge 0,7-0,8, linkes Auge 0,6), des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. vom 20.07.2009 und vom 11.01.2010 (posttraumatische Belastungsstörung, chronisches Schmerzsyndrom, Polyneuropathie, Schlafstörungen, BWS-Beschwerden; Behandlung mit Zoloft; derzeit relative Stabilität der psychischen Befindlichkeit), der Allgemeinmediziner K. und W. vom 25.06.2009 (Medikamentenplan nebst Bemerkung: Muss jeden Tag je nach Witterung 16 Std. am Sauerstoffgerät angeschlossen sein) sowie verschiedene Heilmittelverordnungen insbesondere betreffend Wirbelsäulensyndrome vorgelegt. Darüber hinaus sei er im Besitz eines gastroskopischen Untersuchungsergebnisses.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.05.2009 sowie den Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 08.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums St. vom 15.01.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 10.08.2006 bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 70 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) festzustellen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) gerichtete Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der Kläger habe einen Antrag auf Feststellung des Merkzeichens aG erstmals im Berufungsverfahren gestellt, weshalb bislang weder eine Verwaltungsentscheidung noch eine gerichtliche Entscheidung vorliege. Dem Gesundheitszustand des Klägers sei mit einem GdB von 40 weiterhin angemessen Rechnung getragen. Die Sauerstofftherapie sei nach den ärztlichen Befunden objektiv nicht notwendig. Befunde, die einen Teil-GdB von mehr als 20 für die Wirbelsäule rechtfertigen könnten, seien dem Arztbrief von Dr. M. vom 05.06.2009 nicht zu entnehmen. Aus dem augenärztlichen Befund resultiere ein Teil-GdB von etwa 5-10. Den Angaben von Prof. Dr. Sch. sei eine derzeit relativ stabile psychische Befindlichkeit und eine eher ruhige und insgesamt optimistische Stimmung des Klägers zu entnehmen, was keine Erhöhung des Teil-GdB von 20 auf psychiatrischem Fachgebiet begründen könne. HNO-ärztlicherseits hätten sich lediglich mehrere verhärtete Raumforderungen mit Bezug zu den unteren Schneidezähnen ohne Hinweis auf einen Tumor gezeigt. Auch ergäben sich aus den übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
An dieser Verfahrensweise ist der Senat insbesondere nicht deshalb gehindert, weil der Kläger sein vor dem Sozialgericht allein auf Erhöhung des festgestellten GdB gerichtetes Begehren im Berufungsverfahren erweitert hat und nunmehr auch eine Verurteilung des Beklagten zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) erstrebt. Denn die damit erhobene Klage ist unzulässig (vgl. zur Entscheidungsbefugnis des Gerichts nach § 153 Abs. 4 SGG bei unzulässiger Einbeziehung weiterer Bescheide in das Berufungsverfahren LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 10.12.1990 - L 5 Ka 243/96 und vom 29.12.1997 - L 3 Ar 350/96 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 22.05.2007 - L 4 RA 47/03 und vom 19.03.2008 - L 3 R 1682/05 -; jew. veröffentlicht in juris). Es liegt nämlich keine zulässige Klageänderung vor, da weder der Beklagte in diese eingewilligt hat noch die Klageänderung - in Ermangelung eines vom Kläger zuvor gestellten Antrages und damit fehlender Verwaltungs-, Widerspruchs- und erstinstanzlicher Gerichtsentscheidung - sachdienlich ist (§ 99 Abs. 1 SGG). Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise gehört und auf die Unzulässigkeit der beim beschließenden Gericht erhobenen Klage hingewiesen worden.
Ist die Klage auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung danach unzulässig und abzuweisen, so ist die Berufung des Klägers zwar zulässig, jedoch nicht begründet und daher zurückzuweisen.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 08.01.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums St. vom 15.01.2008 verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Erhöhung des bei ihm mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.08.2006 festgestellten GdB von 40.
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Urteil vom 29.05.2009 die rechtlichen Voraussetzungen der vom Kläger auf der Grundlage des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. mit § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstrebten Höherbewertung des GdB ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Eine danach erforderliche wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes - um einen GdB von mindestens 10 - lässt sich hier nicht feststellen.
Dass und weshalb die hypertensive Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck sowie die Gesundheitsstörungen von Seiten der Lunge jeweils mit einem Teil-GdB von 20 angemessen bewertet sind, hat das Sozialgericht im Urteil vom 29.05.2009 zutreffend ausgeführt, so dass der Senat hierauf verweist (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Für die Bemerkung im Medikamentenplan der Allgemeinmediziner K. und W. vom 25.06.2009, der Kläger müsse jeden Tag je nach Witterung sechzehn Stunden an das Sauerstoffgerät angeschlossen sein, liegen keine objektiven Befunde vor; der bereits vom Sozialgericht angeführte (lediglich) subjektiv vermehrte Sauerstoffbedarf des Klägers (vgl. hierzu die erstinstanzlich eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Allgemeinmediziners K. ohne Datum) ist nicht GdB-relevant. Aus dem Arztbrief der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 05.11.2009 ergibt sich nichts anderes.
Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers lassen sich allenfalls mit einem Teil-GdB von 20 in die Gesamtbewertung einstellen. Aus den Arztbriefen des Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen Dr. M. vom 05.06.2009 und vom 26.03.2010 ergibt sich zwar jeweils die Diagnose eines Wirbelsäulensyndroms. Indes lässt der im erstgenannten Arztbrief mitgeteilte Röntgenbefund (keine signifikante Zwischenwirbelraumverschmälerung, normale Lordose, geringe Spondylose L5, geringe Skoliose linkskonvex unteres Drittel, Spondylarthrose L4/5 rechts, radiologisch Beckentiefstand links, Hüften altersentsprechend, ISG [Iliosakralgelenk] unauffällig) nicht den Schluss auf wesentliche somatische Beschwerden an der Lendenwirbelsäule zu. Dem entspricht der von Dr. M. in den genannten Arztbriefen mitgeteilte Normalbefund nach Schober von 10/15 cm bzw. 10/14,5 cm. Die in den Arztbriefen darüber hinaus angeführten Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule (bis 2/3) sind angesichts des beobachteten Gegenspannens des Klägers (vgl. hierzu den Arztbrief vom 05.06.2009) nicht aussagekräftig. Die nach den Arztbriefen des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. vom 11.01.2010 (Schmerzen) und von Dr. M. vom 05.06.2009 sowie vom 26.03.2010 (Zeichen nach Ott 30/31 cm, Schmerzen) bestehenden Beschwerden an der Brustwirbelsäule sind als allenfalls mittelgradige Einschränkungen mit einem Teil-GdB von 20 (vgl. Teil B Nr. 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze [VG]) zu bewerten.
Hinsichtlich der seelischen Störung wird in den Arztbriefen des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. vom 20.07.2009 und vom 11.01.2010 eine derzeit relativ stabile psychische Befindlichkeit und eine eher ruhige und insgesamt optimistische Stimmung des Klägers beschrieben. Eine Erhöhung der vom Sozialgericht zutreffend mit einem Teil-GdB von 20 in die Gesamtbeurteilung eingestellten Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet vermag dies nicht zu begründen.
Die ausweislich des vom Kläger vorgelegten Arztbriefes des Augenarztes Dr. Z. vom 08.07.2009 geringgradigen Auswirkungen der Augenveränderungen (Visus rechtes Auge 0,7-0,8, linkes Auge 0,6) ergeben nach Teil B Nr. 4.3 der VG einen Teil-GdB von 5 bis allenfalls 10.
Für weitere, im Rahmen der vorliegenden Beurteilung erhebliche Gesundheitsstörungen des Klägers besteht kein Anhalt. Insbesondere ergibt sich aus dem Arztbrief der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 05.11.2009 kein Hinweis auf einen Tumor und sind Magenprobleme des Klägers schon nicht behauptet.
Unter Zugrundelegung der Teil-GdB-Sätze für die hypertensive Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck (20), die Gesundheitsstörungen von Seiten der Lunge (20), die Wirbelsäulenbeschwerden (allenfalls 20) und die seelische Störung (20) ergibt sich aus den vom Sozialgericht zutreffend dargelegten Gründen, auf die der Senat wiederum verweist (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) zusammengenommen ein GdB von 40. Dieser wird durch die leichte Sehminderung mit einem Teil-GdB von 10 nicht erhöht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger erstrebt die Erhöhung des bei ihm bestandskräftig festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 40 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG).
Bei dem Kläger wurde zuletzt mit Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 10.08.2006 ein GdB von 40 seit dem 19.07.2006 festgestellt. Die nachfolgenden Erhöhungsanträge des Klägers wurden abgelehnt, zuletzt der Antrag vom 10.09.2007 mit Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 08.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums St. vom 15.01.2008 unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z. vom 09.12.2007 (Hyperreagibles Bronchialsystem, Kehlkopferkrankung, Schlafapnoe-Syndrom [Teil-GdB 20], seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden [Teil-GdB 20], Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen [Teil-GdB 20] Bluthochdruck [Teil-GdB 20], Hauterkrankung [Teil-GdB 10], Sehminderung [Teil-GdB 10]; Gesamt-GdB 40).
Am 17.01.2008 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Ulm.
Das Sozialgericht holte die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Allgemeinmediziners K. (ohne Datum - Schlafapnoesyndrom, Zustand nach lumbalem Bandscheibenvorfall [jeweils schwere Beeinträchtigung], medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, chronische Laryngitis mit Dysphonie, Parästhesien der unteren Extremitäten, Erektile Dysfunktion [jeweils mittlere Beeinträchtigung]; GdB 60) ein und zog u. a. die im parallelen Rentenverfahren des Klägers - S 2 KNR 1109/08 - erstattete schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. (ohne Datum - chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung mit gravierenden psycho-physischen Defiziten, zusätzlich pulmologische Problematik) bei.
Mit Urteil vom 29.05.2009 wies das Sozialgericht die auf Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 60 gerichtete Klage ab. Die Gesundheitsstörungen von Seiten der Lunge sowie die bestehende hypertensive Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck seien jeweils mit einem Teil-GdB von 20 angemessen bewertet. Hinsichtlich der seelischen Störung, der Hauterkrankung sowie der mit einem Teil-GdB von 20 festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden habe sich keine Verschlechterung eingestellt. Für die geringgradige Sehminderung könne kein GdB festgestellt werden.
Bereits am 02.06.2009 hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit am 29.07.2009 eingegangenem Schreiben vom 25.07.2009 hat er einen GdB von mindestens 70 sowie "Zuspruch auf Behinderten Parkplatz" begehrt.
Der Senat hat den Arztbrief der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 05.11.2009 (chronische Laryngitis, hyperfunktionelle Dysphonie, Zustände nach Inhalationstrauma Mai 2000, TE 01/01 und Mikrolaryngoskopie 06/01, aktuell positive B-Symtomatik mit Schluckbeschwerden bei unauffälligem HNO-ärztlichem Spiegelbefund sowie schmerzhafte Schwellung linke Unterlippe ohne Hinweis auf einen Tumor) beigezogen.
Der Kläger trägt zur Begründung vor, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich ständig. Hierzu hat er ärztliche Unterlagen des Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen Dr. M. vom 05.06.2009 (Wirbelsäulensyndrom, bekannte Vorerkrankungen; Behandlung mit Tens-Gerät und Schmerzpflaster; nach heutigem klinischem Befund und langjähriger Schmerzanamnese GdB bis 30) und vom 26.03.2010 (Wirbelsäulensyndrom, bekannte Vorerkrankungen; Behandlung mittels Akupunktur, manuelle Therapie, BWS Mobilisation, Analgetika und NSAR bei Bedarf; bezüglich Wirbelsäule GdB 30-40 bei langjähriger Schmerz-Anamnese), des Augenarztes Dr. Z. vom 08.07.2009 (Cataracta corticonuclearis [BG], Pupillotonie [LV] Hyperopie, Astigmatismus, Presbyopie; FV eB rechtes Auge 0,7-0,8, linkes Auge 0,6), des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. vom 20.07.2009 und vom 11.01.2010 (posttraumatische Belastungsstörung, chronisches Schmerzsyndrom, Polyneuropathie, Schlafstörungen, BWS-Beschwerden; Behandlung mit Zoloft; derzeit relative Stabilität der psychischen Befindlichkeit), der Allgemeinmediziner K. und W. vom 25.06.2009 (Medikamentenplan nebst Bemerkung: Muss jeden Tag je nach Witterung 16 Std. am Sauerstoffgerät angeschlossen sein) sowie verschiedene Heilmittelverordnungen insbesondere betreffend Wirbelsäulensyndrome vorgelegt. Darüber hinaus sei er im Besitz eines gastroskopischen Untersuchungsergebnisses.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.05.2009 sowie den Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 08.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums St. vom 15.01.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 10.08.2006 bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 70 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) festzustellen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) gerichtete Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der Kläger habe einen Antrag auf Feststellung des Merkzeichens aG erstmals im Berufungsverfahren gestellt, weshalb bislang weder eine Verwaltungsentscheidung noch eine gerichtliche Entscheidung vorliege. Dem Gesundheitszustand des Klägers sei mit einem GdB von 40 weiterhin angemessen Rechnung getragen. Die Sauerstofftherapie sei nach den ärztlichen Befunden objektiv nicht notwendig. Befunde, die einen Teil-GdB von mehr als 20 für die Wirbelsäule rechtfertigen könnten, seien dem Arztbrief von Dr. M. vom 05.06.2009 nicht zu entnehmen. Aus dem augenärztlichen Befund resultiere ein Teil-GdB von etwa 5-10. Den Angaben von Prof. Dr. Sch. sei eine derzeit relativ stabile psychische Befindlichkeit und eine eher ruhige und insgesamt optimistische Stimmung des Klägers zu entnehmen, was keine Erhöhung des Teil-GdB von 20 auf psychiatrischem Fachgebiet begründen könne. HNO-ärztlicherseits hätten sich lediglich mehrere verhärtete Raumforderungen mit Bezug zu den unteren Schneidezähnen ohne Hinweis auf einen Tumor gezeigt. Auch ergäben sich aus den übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
An dieser Verfahrensweise ist der Senat insbesondere nicht deshalb gehindert, weil der Kläger sein vor dem Sozialgericht allein auf Erhöhung des festgestellten GdB gerichtetes Begehren im Berufungsverfahren erweitert hat und nunmehr auch eine Verurteilung des Beklagten zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen aG) erstrebt. Denn die damit erhobene Klage ist unzulässig (vgl. zur Entscheidungsbefugnis des Gerichts nach § 153 Abs. 4 SGG bei unzulässiger Einbeziehung weiterer Bescheide in das Berufungsverfahren LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 10.12.1990 - L 5 Ka 243/96 und vom 29.12.1997 - L 3 Ar 350/96 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 22.05.2007 - L 4 RA 47/03 und vom 19.03.2008 - L 3 R 1682/05 -; jew. veröffentlicht in juris). Es liegt nämlich keine zulässige Klageänderung vor, da weder der Beklagte in diese eingewilligt hat noch die Klageänderung - in Ermangelung eines vom Kläger zuvor gestellten Antrages und damit fehlender Verwaltungs-, Widerspruchs- und erstinstanzlicher Gerichtsentscheidung - sachdienlich ist (§ 99 Abs. 1 SGG). Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise gehört und auf die Unzulässigkeit der beim beschließenden Gericht erhobenen Klage hingewiesen worden.
Ist die Klage auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung danach unzulässig und abzuweisen, so ist die Berufung des Klägers zwar zulässig, jedoch nicht begründet und daher zurückzuweisen.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts A.-D.-Kreis vom 08.01.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums St. vom 15.01.2008 verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Erhöhung des bei ihm mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.08.2006 festgestellten GdB von 40.
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Urteil vom 29.05.2009 die rechtlichen Voraussetzungen der vom Kläger auf der Grundlage des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. mit § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstrebten Höherbewertung des GdB ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Eine danach erforderliche wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes - um einen GdB von mindestens 10 - lässt sich hier nicht feststellen.
Dass und weshalb die hypertensive Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck sowie die Gesundheitsstörungen von Seiten der Lunge jeweils mit einem Teil-GdB von 20 angemessen bewertet sind, hat das Sozialgericht im Urteil vom 29.05.2009 zutreffend ausgeführt, so dass der Senat hierauf verweist (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Für die Bemerkung im Medikamentenplan der Allgemeinmediziner K. und W. vom 25.06.2009, der Kläger müsse jeden Tag je nach Witterung sechzehn Stunden an das Sauerstoffgerät angeschlossen sein, liegen keine objektiven Befunde vor; der bereits vom Sozialgericht angeführte (lediglich) subjektiv vermehrte Sauerstoffbedarf des Klägers (vgl. hierzu die erstinstanzlich eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Allgemeinmediziners K. ohne Datum) ist nicht GdB-relevant. Aus dem Arztbrief der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 05.11.2009 ergibt sich nichts anderes.
Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers lassen sich allenfalls mit einem Teil-GdB von 20 in die Gesamtbewertung einstellen. Aus den Arztbriefen des Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen Dr. M. vom 05.06.2009 und vom 26.03.2010 ergibt sich zwar jeweils die Diagnose eines Wirbelsäulensyndroms. Indes lässt der im erstgenannten Arztbrief mitgeteilte Röntgenbefund (keine signifikante Zwischenwirbelraumverschmälerung, normale Lordose, geringe Spondylose L5, geringe Skoliose linkskonvex unteres Drittel, Spondylarthrose L4/5 rechts, radiologisch Beckentiefstand links, Hüften altersentsprechend, ISG [Iliosakralgelenk] unauffällig) nicht den Schluss auf wesentliche somatische Beschwerden an der Lendenwirbelsäule zu. Dem entspricht der von Dr. M. in den genannten Arztbriefen mitgeteilte Normalbefund nach Schober von 10/15 cm bzw. 10/14,5 cm. Die in den Arztbriefen darüber hinaus angeführten Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule (bis 2/3) sind angesichts des beobachteten Gegenspannens des Klägers (vgl. hierzu den Arztbrief vom 05.06.2009) nicht aussagekräftig. Die nach den Arztbriefen des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. vom 11.01.2010 (Schmerzen) und von Dr. M. vom 05.06.2009 sowie vom 26.03.2010 (Zeichen nach Ott 30/31 cm, Schmerzen) bestehenden Beschwerden an der Brustwirbelsäule sind als allenfalls mittelgradige Einschränkungen mit einem Teil-GdB von 20 (vgl. Teil B Nr. 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze [VG]) zu bewerten.
Hinsichtlich der seelischen Störung wird in den Arztbriefen des Neurologen und Schmerztherapeuten Prof. Dr. Sch. vom 20.07.2009 und vom 11.01.2010 eine derzeit relativ stabile psychische Befindlichkeit und eine eher ruhige und insgesamt optimistische Stimmung des Klägers beschrieben. Eine Erhöhung der vom Sozialgericht zutreffend mit einem Teil-GdB von 20 in die Gesamtbeurteilung eingestellten Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet vermag dies nicht zu begründen.
Die ausweislich des vom Kläger vorgelegten Arztbriefes des Augenarztes Dr. Z. vom 08.07.2009 geringgradigen Auswirkungen der Augenveränderungen (Visus rechtes Auge 0,7-0,8, linkes Auge 0,6) ergeben nach Teil B Nr. 4.3 der VG einen Teil-GdB von 5 bis allenfalls 10.
Für weitere, im Rahmen der vorliegenden Beurteilung erhebliche Gesundheitsstörungen des Klägers besteht kein Anhalt. Insbesondere ergibt sich aus dem Arztbrief der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 05.11.2009 kein Hinweis auf einen Tumor und sind Magenprobleme des Klägers schon nicht behauptet.
Unter Zugrundelegung der Teil-GdB-Sätze für die hypertensive Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck (20), die Gesundheitsstörungen von Seiten der Lunge (20), die Wirbelsäulenbeschwerden (allenfalls 20) und die seelische Störung (20) ergibt sich aus den vom Sozialgericht zutreffend dargelegten Gründen, auf die der Senat wiederum verweist (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) zusammengenommen ein GdB von 40. Dieser wird durch die leichte Sehminderung mit einem Teil-GdB von 10 nicht erhöht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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