L 6 VG 3713/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 VG 3167/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 3713/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht, ob die am 1931 geborene Klägerin Anspruch auf eine Grundrente hat.

Die Klägerin wurde 1986 von ihrem damaligen Ehegatten mit einem Brett geschlagen, eine Treppe herunter geworfen und erneut mit einem Brett auf ihr linkes Auge geschlagen (Antrag der Staatsanwaltschaft H. vom 02.12.1986). Es erfolgte in der Chirurgischen Klinik der Universitätsklinik H. eine Erstversorgung wegen einer Platzwunde (Arztbrief vom 01.05.1986). Nachdem sie in Begleitung von Polizeibeamten wieder in die Wohnung zurückgekehrt war, um ihre persönlichen Sachen abzuholen, stach ihr damaliger Ehegatte mit einem Messer in ihre linke Körperseite (Antrag der Staatsanwaltschaft H. vom 02.12.1986). Daraufhin wurde sie vom 01.05.1986 bis zum 15.05.1986 in der Chirurgischen Klinik des Klinikums der Universität H. stationär behandelt. Prof. Dr. H. diagnostizierte eine Messerstichverletzung im linken Unterbauch mit Perforation des Colon-transversum sowie eine Mesenterialwurzelverletzung (Arztbrief vom 27.05.1986).

Die Klägerin beantragte am 31.07.1986 beim damaligen Versorgungsamt H. (VA) unter Vorlage der Arztbriefe der Chirurgischen Klinik der Universitätsklinik H. vom 01.05.1986 und 27.05.1986 die Gewährung von Beschädigtenversorgung. Sodann zog das VA die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten bei. Daraus geht hervor, dass dem damaligen Ehegatten der Klägerin noch weitere gegen die Klägerin gerichtete körperliche Angriffe im September 1985, vom 31.12.1985 auf den 01.01.1986 sowie im März 1986 vorgeworfen wurden. Daraufhin holte das VA das versorgungsärztliche Gutachten der Ärztin für Chirurgie Dr. B.-B. vom 16.04.1987 ein. Sie schlug vor, reizlose Narben im linken Mittelbauch nach Messerstichverletzung und Laparotomie wegen Dickdarmverletzung als Schädigungsfolgen anzuerkennen und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 10 vom Hundert (v. H.) ein. Hierauf gestützt stellte das VA mit Bescheid vom 12.05.1987 als Schädigungsfolgen reizlose Narben im linken Mittelbauch nach Messerstichverletzung und Laparotomie wegen Dickdarmverletzung fest und lehnte die Gewährung von Rente ab.

Die Klägerin stellte am 15.03.2001 erneut einen Antrag auf Beschädigtenversorgung. Sie führte zur Begründung aus, die seit 1996 bestehenden schädigungsbedingten Gesichtsschmerzen und die Commotio hätten bisher bei der Bewertung keine Berücksichtigung gefunden. Es bestünden Narbenschmerzen im Kopfbereich nach multiplen Prellungen und einer Platzwunde am linken Auge. Ferner wies sie auf Leibschmerzen und eine Verdauungsproblematik hin. Das VA sah hierin einen Antrag auf Beschädigtenversorgung wegen des Angriffs mit dem Brett und einen Antrag auf Neufeststellung des Versorgungsanspruchs wegen des Angriffs mit dem Messer. Das VA zog die Arztbriefe der Frauenklinik des Universitätsklinikums H. vom 29.02.1996 (klimakterisches Syndrom, Osteoporose), des Nephrologen Dr. Z. vom 18.03.1996, 29.07.1996, 25.11.1996, 21.02.1997, 10.07.1997 und 19.03.1999 (Hypercholesterinämie), des Röntgenologen Dr. Sch. vom 06.07.1999, des Pathologen Prof. Dr. B. vom 26.01.2000, der Frauenklinik des Diakoniekrankenhauses M. vom 08.02.2000 (Totalprolaps, Adhäsionsbruch) und der Klinik für Urologie des Diakoniekrankenhauses M. vom 03.03.2000 (Harnstauungsniere links, Zustand nach gynäkologischer Operation) mit Operationsbericht vom 25.01.2000 bei. Dr. L. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 21.11.2001 aus, eine wesentliche Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen liege nicht vor. Die gynäkologische Operation mit Hysterektomie wegen Totalprolaps stehe nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen.

Mit Bescheid vom 11.03.2002 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen Verletzungen im Kopfbereich ab. Für den tätlichen Angriff mit dem Brett seien Leistungen wegen Unbilligkeit zu versagen, da sich die Klägerin der drohenden Gefahr nicht entzogen habe. Eventuell noch bestehende Gesundheitsstörungen im Kopfbereich, die aus diesem Vorfall resultierten, könnten nicht als Schädigungsfolgen anerkannt werden. Hinsichtlich der mit Bescheid vom 12.05.1987 getroffenen Feststellungen bezüglich der Verletzungsfolgen durch den Messerangriff verbleibe es bei der früheren Entscheidung. Mit Bescheid vom 12.03.2002 lehnte das VA den Antrag auf Neufeststellung des Versorgungsanspruchs ab. Die Prüfung habe ergeben, dass eine wesentliche Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen nicht eingetreten sei.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein. Eine Versagung von Leistungen sei grob unbillig und in keinster Weise rechtmäßig. Sie leide auf Grund des Angriffs mit dem Brett immer noch unter häufigen massiven Kopfschmerzen, Druckgefühlen im Gesichtsbereich und schmerzhaftem Anschwellen des Gesichts im Verletzungsbereich sowie unter den Narbenschmerzen im Gesicht. Darüber hinaus habe sich die anerkannte Bauchverletzung verschlimmert. Die Schmerzen im Unterleib hätten in erheblichem Maße zugenommen. Sie leide darüber hinaus unter häufiger Verstopfung, erheblichen Druckschmerzen und Narbenschmerzen im Bauchbereich. Ferner liege es nahe, dass die schmerzhaften Verwachsungen im Dickdarm und Uterusbereich, die Ostiumstenose sowie die Nieren- und Leberzyste ebenfalls von der Gewalttat herrührten. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.03.2003 wurde die Einschätzung vertreten, die schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörungen stünden eindeutig im Vordergrund.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003 anerkannte das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg (LVA) nach Einholung der weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.09.2003 reizlose Narben im linken Mittelbauch nach Messerstichverletzung und Laparotomie wegen Dickdarmverletzung sowie eine verheilte Narbe über der linken Augenbraue als Schädigungsfolgen und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Unbilligkeitsgründe lägen bezüglich des Angriffs mit dem Brett nicht vor. Gleichwohl lasse sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den geklagten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und den anerkannten Schädigungsfolgen nach nochmaliger Prüfung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht feststellen. Die vorliegenden Gesundheitsstörungen seien allesamt schädigungsunabhängiger Natur und beruhten mithin nicht auf der an der Klägerin verübten Gewalttat.

Hiergegen erhob die Klägerin am 05.11.2003 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG).

Das SG hörte zunächst den Facharzt für Orthopädie L. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete unter dem 16.04.2004 über die Krankengeschichte der Klägerin und führte aus, der Schlag mit dem Brett habe zu einer bleibenden Veränderung und Beschwerdesymptomatik im Bereich der linken Gesichtshälfte geführt. Die hierdurch bedingten chronischen Unfallfolgen gestalteten sich in einer chronischen Berührungsempfindlichkeit, einer erheblichen Wetterfühligkeit und Hautirritationen. Die Messerstichverletzung habe zu Verdauungsstörungen sowie erheblichen Verwachsungen und die schmerzhafte Veränderung im Unterleib habe zu einer entsprechenden Entlastungsschonhaltung der Lenden- und Brustwirbelsäule geführt. Beigefügt waren die Krankenblätter sowie die Arztbriefe des Dr. Z. vom 19.01.2000, 13.12.2000, 02.01.2002 und 11.07.2002 (Hypocholesterinämie, Zystozele, klimakterische Störung, Varicosis cruris), der Klinik für Urologie des Diakoniekrankenhauses M. vom 07.02.2000 (Harnstauungsniere links bei Ureterozele und Ostiumstenose links), der Frauenklinik des Diakoniekrankenhauses M. vom 02.03.2000 (Zustand nach Prolaps-Operation und vaginaler Uterusexstirpation, Adhäsiolyse, Kolporrhaphia anterior, Vaginaefixatio sacrospinalis bilateralis, Kolpoperineoplastik) sowie des Prof. Dr. B. vom 19.08.2002.

Dr. R. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 25.06.2004 aus, die im Jahr 1988 nachgewiesenen Deckplatteneinbrüche im Bereich der oberen und mittleren Brutwirbelsäule bei Osteoporose könnten nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als Schädigungsfolge anerkannt werden, da ein Treppensturz während der Gewalttat am 01.05.1986 durch die Klägerin bei der chirurgischen Erstversorgung nicht angegeben worden sei. Bereits im Gutachten vom 16.04.1987 sei ein seit acht Jahren behandlungsbedürftiges Bandscheibenleiden bei Beckenschiefstand und rechtsseitiger, durch Schuhzurichtung ausgeglichener Beinverkürzung berichtet worden. Die Kopfschmerzsymptomatik stehe weder mit dem Schlag ins Gesicht noch statischen Veränderungen der Wirbelsäule im ursächlichen Zusammenhang. Mit Wahrscheinlichkeit spiele hierbei unter anderem der vorbestehende Beckenschiefstand eine Rolle. Ob die ab Ende des Jahres 1992 vermehrt aufgetretenen Gesichtsschmerzen links auf der Grundlage der seit dem Jugendalter bekannten Migräne zu sehen oder aber schädigungsbedingt seien, sei von neurologischer Seite zu klären. Als Schädigungsfolgen seien reizlose Narben im linken Mittelbauch nach Messerstichverletzung nach Laparotomie wegen Dickdarmverletzung und Verwachsungsbeschwerden anzuerkennen.

Das hierauf beruhende Teilanerkenntnis des Beklagten vom 05.07.2004 nahm die Klägerin nicht an. Die Klägerin legte die Schreiben des Facharztes für Orthopädie L. vom 27.08.2004 und 29.11.2004 vor, in welchen dieser sich mit der Einschätzung von Dr. R. auseinander setzte.

Sodann hörte das SG Dr. H., Zentrum Nervenheilkunde Stadtmitte in M., schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser führte unter dem 21.01.2005 aus, er habe auf Grund der erst jetzt und einmalig erhobenen Anamnese den Eindruck gewonnen, dass durchaus noch funktionell relevante Einschränkungen in psychischer Hinsicht, die sich zwischenzeitlich durchaus auch als körperliche Fehlfunktionen äußern könnten, vorlägen.

Auf Anfrage des SG teilte die Deutsche Angestelltenkrankenkasse (DAK) unter dem 18.08.2005 mit, seit der ab 01.01.1992 bestehenden Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner würden Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht mehr nachgewiesen und für davor liegende Zeiten lägen keine Unterlagen mehr vor.

Sodann holte das SG von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. P. vom 16.08.2005 ein. Der Sachverständige gelangte zu der Einschätzung, aus orthopädisch/allgemeinmedizinischer Sicht seien auf die tätlichen Angriffe mit ausreichender Wahrscheinlichkeit lediglich noch die Narben an Stirn und Mittelbauch zurückzuführen. Die hieraus sich ergebende MdE betrage unter 10 v. H.

Ferner holte das SG von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. Sch., Zentrum Nervenheilkunde Stadtmitte in M., vom 12.12.2005 ein. Der Sachverständige gelangte zu der Einschätzung, die rezidivierenden Missempfindungen unterhalb des linken Auges seien auf das Delikt zurückzuführen, spielten aber im Leben der Klägerin eine untergeordnete Rolle. Ganz im Vordergrund stünden die abdominellen und lumbo-ischialgiformen Beschwerden, die - soweit sie Ausdruck einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung seien - neben den sonstigen Bedingungen, wie sie im orthopädischen Gutachten angeführt worden seien, zumindest als gleichwertig anzusehen seien. Bei der Klägerin handle es sich um eine Persönlichkeit, die eine ausgeprägte aggressive Gehemmtheit aufweise und für die das Ausleben fremdaggressiver Gefühle, auch das Ausleben von Ängsten und Gefühlen, die mit Schwäche assoziiert seien, weitgehend tabuisiert sei. Aufgrund dessen neige eine solche Persönlichkeit dazu, solche Gefühle, die im Zusammenhang mit Ereignissen aufträten, wie sie in ihrer Ehe vorgekommen seien, insbesondere dem tätlichen Angriff, zu verdrängen und solche verdrängten Gefühle in Form somatoformer Gefühle auszudrücken. Diese Zusammenhänge seien bislang in der Bewertung der MdE nicht berücksichtigt. Aus psychiatrischer Sicht betrage die MdE auf seinem Fachgebiet 30 v. H. Unter Berücksichtigung der schon bestehenden MdE um 10 v. H., die sich nicht auf die Schmerzerkrankung beziehe, betrage die Gesamt-MdE 30 v. H. ab Ende 2003.

Dr. G. schlug in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.03.2006 vor, das chronische Schmerzsyndrom als Schädigungsfolge anzuerkennen und eine Gesamt-MdE um 20 v. H. anzunehmen. Hierbei seien Überschneidungen zwischen den bereits anerkannten Verwachsungsbeschwerden und der Schmerzstörung zu beachten beziehungsweise eine Doppelbewertung der Bauchbeschwerden zu vermeiden.

Hierzu führte Dr. Sch. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 23.03.2006 aus, unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben der Klägerin gegenüber ihm und Dr. H. sei er im Gegensatz zu Dr. G. der Ansicht, dass sehr wohl eine stärkere Behinderung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit durch die Schmerzerkrankung gegeben sei.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23.08.2006 anerkannte der Beklagte, reizlose Narben im linken Mittelbauch nach Messerstichverletzung und Laparotomie wegen Dickdarmverletzung, Verwachsungsbeschwerden, ein chronisches Schmerzsyndrom sowie eine verheilte Narbe über der linken Augenbraue als Schädigungsfolgen festzustellen. Dieses Teilanerkenntnis nahm die Klägerin an.

Mit Urteil vom 23.08.2006 verurteilte das SG den Beklagten "unter Aufhebung beziehungsweise Abänderung der Bescheide vom 11.03.2002 und 12.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2003 sowie des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 23.08.2006, der Klägerin ab 11.09.2001 eine Dauerrente nach einer MdE um 30 v. H zu gewähren" und wies die Klage im Übrigen ab. Die migräneartigen Beschwerden der Klägerin seien nicht mit dem schädigenden Ereignis in Zusammenhang zu bringen. Allerdings hätten die Verwachsungsbeschwerden und das chronische Schmerzsyndrom zu so gravierenden Beeinträchtigungen geführt, dass hierfür eine schädigungsbedingte MdE um 30 v. H. angenommen werden könne. Die Verwachsungsbeschwerden bedingten eine Teil-MdE um 20 v. H. Bei diesen Beschwerden handle es sich um erhebliche Passagestörungen. Die erheblichen Beeinträchtigungen bei der Nahrungsaufnahme beziehungsweise -verwertung seien dadurch belegt, dass die Klägerin innerhalb der letzten Jahre 10 Kilogramm an Gewicht verloren habe. Die schädigungsbedingte somatoforme Störung bedinge eine gravierende Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, so dass unter Berücksichtigung der körperlichen Schädigungsfolgen durchaus eine Gesamt-MdE um mindestens 25 und mithin 30 v. H. vorliege.

Gegen das ihm am 12.09.2006 zugestellte Urteil des SG hat der Beklagte am 26.09.2006 Berufung eingelegt. Er hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 19.09.2006 vorgelegt, der darin ausführt, wenn in der Begründung des Urteils des SG allein für die Verwachsungsbeschwerden eine Teil-MdE um 20 v. H. angenommen werde, so erfolge diese Beurteilung allein auf Grund subjektiver Beschwerdeangaben. Ein entsprechender internistischer Befund, mit welchem eine entsprechende höhere MdE-Bewertung zu begründen wäre, liege der Urteilsbegründung nicht zu Grunde. Die in der Urteilsbegründung angegebene Gewichtsabnahme von 10 Kilogramm in den letzten Jahren sei insofern kein Kriterium für eine Höherbewertung der Verwachsungsbeschwerden, als zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. P. immer noch ein Körpergewicht von 59 Kilogramm bei einer Körpergröße von 153 Zentimetern bestanden habe. Ein durch Verwachsungsbeschwerden bedingtes Untergewicht liege somit keinesfalls vor. Was die psychischen Folgeerscheinungen von bestehenden Schmerzen anbelange, so sei allein die Tatsache, dass die Klägerin bisher keine psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen habe, nur schwerlich mit der Annahme einer stärker behindernden seelischen Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in Einklang zu bringen. Hiergegen spreche auch der im psychiatrischen Gutachten des Dr. Sch. beschriebene Tagesablauf. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass die bereits im Widerspruchsbescheid unter anderem anerkannte verheilte Narbe über der linken Augenbraue in den Schädigungstenor aufgenommen werden müsse. Auch wenn nach dem Gutachten des Dr. Sch. für das bestehende chronische Schmerzsyndrom nicht allein das schädigende Ereignis anzuschuldigen sei, sondern auch der Eheverlauf insgesamt sowie degenerative Wirbelsäulenveränderungen und mögliche Folgen der abdominellen Eingriffe eine Rolle spielten, so sei das Schmerzsyndrom dennoch mit Wahrscheinlichkeit zu wenigstens gleichen Teilen auf das traumatisierende schädigende Ereignis zurückzuführen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zunächst Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter dem 05.01.2007 ausgeführt, mittlerweile stelle sich die Klägerin mindestens einmal pro Quartal bei ihm vor. Der Schwerpunkt der Störung liege auf psychischem beziehungsweise psychosomatischem Gebiet. Er hat seine Arztbriefe vom 05.10.2005 und 02.11.2006 vorgelegt.

Hierzu hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.02.2007 ausgeführt, es müsse als fraglich erscheinen, ob die Zunahme der Schmerzen jetzt noch zu einem wesentlichen Teil auf schädigungsbedingte Faktoren zurückzuführen sei. Hier liege der Gedanke nahe, dass die jetzige Schmerzzunahme zu einem wesentlichen Teil im Zusammenhang mit der schädigungsunabhängigen Osteoporose stehe.

Sodann hat der Senat von Amts wegen das fachpsychosomatische Gutachten des Prof. Dr. L., Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in M., vom 11.05.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine somatoforme autonome Funktionsstörung des oberen und unteren Gastrointestinaltraktes, eine Angststörung, ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom und eine zwanghaft depressive Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert. Die somatoforme Schmerzstörung könne allerdings nicht ohne Weiteres als Schädigungsfolge angesehen werden. Selbst wenn man aber einige Anteile des chronischen Schmerzsyndroms als schädigungsbedingt betrachte, liege dieser Anteil nicht über 20 v. H. Da für die Verschlechterung der Symptomatik zusätzliche und andere Faktoren angenommen werden müssten, liege die schädigungsbedingte MdE auch ab 11.09.2001 nicht über 20 v. H.

Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.06.2007 ausgeführt, eine Zunahme der psychischen Symptomatik in Verbindung mit orthopädisch bedingten Schmerzen sei nicht mehr im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis zu sehen.

Die Klägerin hat vorgetragen, Prof. Dr. L. sei entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten davon ausgegangen, dass das Schmerzsyndrom nicht ohne Weiteres als Schädigungsfolge angesehen werden könne und sich die Bewertung der Teil-MdE mit 20 v. H. nur auf einige Teile des Schmerzsyndroms beziehe. Folgerichtig müsse dann aber bei der Bewertung des gesamten Schmerzsyndroms eine höhere MdE als 20 v. H. in Ansatz gebracht werden.

In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 19.07.2007 hat Prof. Dr. L. ausgeführt, eine internistische Begutachtung sei lediglich zur Vervollständigung der Diagnosen, nicht aber zur Klärung der Frage, wie hoch die MdE einzuschätzen sei, notwendig. Die als Schädigungsfolge anerkannten Verwachsungsbeschwerden seien in der von ihm vorgenommenen Schätzung der MdE mit nicht mehr als 20 v. H. bereits berücksichtigt.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychiatrische Gutachten des Dr. Sch., Chefarzt der Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums N., vom 22.05.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine Demenz bei Alzheimer-Krankheit diagnostiziert. Von der Klägerin sei im Rahmen der Begutachtung kein spezifisches Schmerzsyndrom angegeben worden. Unter Umständen könne die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zu einem früheren Zeitpunkt angemessen gewesen sein. Zum Zeitpunkt der jetzigen Untersuchung müsse die MdE für ein chronisches Schmerzsyndrom, da die Klägerin keine spezifischen Schmerzen geklagt habe, mit 0 v. H. eingeschätzt werden. Wenn man aber davon ausgehe, dass bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorgelegen habe, die im Rechtssinne ursächlich auf das Schädigungsereignis zurückzuführen gewesen wäre, so würde nach seiner Einschätzung die schädigungsbedingte MdE auf unter 10 v. H. einzuschätzen sein, wenn allein der linksseitige intermittierend auftretende Kopfschmerz als schädigungsbedingt anzuerkennen wäre. Würden zudem noch die abdominellen Beschwerden als Teilelement der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung anerkannt werden, so wäre die MdE entsprechend der Kategorie der leichten psychovegetativen oder psychischen Störungen auf 20 v. H. einzuschätzen. Eine solche MdE ab dem 11.09.2001 würde unter diesen Voraussetzungen maximal bis zum Zeitpunkt der jetzigen Begutachtung anzunehmen sein. Im Rahmen des aktuellen kognitiven Abbauprozesses sei das spezifische Schmerzsyndrom nicht mehr zu eruieren. Wahrscheinlich dürften die schmerzhaften Beschwerden schon seit längerer Zeit schrittweise von den in den Vordergrund drängenden Zeichen eines hirnorganischen Abbauprozesses überlagert sein. Der Sachverständige hat den Arztbrief der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Zentralinstituts Mannheim vom 15.10.2008 beigefügt.

Hiergegen wendet die Klägerin ein, sie sei bei Anamneseerhebung und Exploration unter Dauermedikation gestanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Grundrente.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Grundrente ist § 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit §§ 30 und 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG). Leistungen sind zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 OEG) oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 OEG).

Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).

Zur Beurteilung von Schädigungsfolgen und des Grades der Schädigung (GdS) ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) heranzuziehen.

Fest steht, dass die Klägerin am 01.05.1986 durch den Angriff mit dem Brett (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003) und den Angriff mit dem Messer (Bescheid vom 12.05.1987) Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden ist und einer Grundrente keine Versagungsgründe entgegenstehen (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003 und Bescheid vom 12.05.1987). Ferner stehen wegen des Angriffs mit dem Brett eine verheilte Narbe über der linken Augenbraue (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003) sowie wegen des Angriffs mit dem Messer reizlose Narben im linken Mittelbauch nach Messerstichverletzung und Laparotomie wegen Dickdarmverletzung (Bescheid vom 12.05.1987), Verwachsungsbeschwerden und ein chronisches Schmerzsyndrom (angenommenes Anerkenntnis vom 23.08.2006) als Schädigungsfolgen fest.

Diese Schädigungsfolgen bedingen keinen GdS von mindestens 25.

Die Narben über der linken Augenbraue und im linken Mittelbauch bedingen keine GdS-relevante Funktionsbehinderung. Der Senat stützt sich insoweit auf das überzeugende Gutachten des Dr. P. vom 16.08.2005. Der Sachverständige hat in sich widerspruchsfrei dargelegt, dass es sich dabei um reizlose Narben handelt. Ferner folgt der Senat den Ausführungen des Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 12.12.2005, wonach die rezidivierenden Missempfindungen unterhalb des linken Auges im Leben der Klägerin eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Verwachsungsbeschwerden und das unter anderem hiermit zusammenhängende chronische Schmerzsyndrom bedingen keinen höheren GdS als 20.

Nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.3, S. 56 beträgt bei Bauchfellverwachsungen ohne wesentliche Auswirkung der GdB 0 bis 10, mit erheblichen Passagestörungen der GdB 20 bis 30 und mit häufiger rezidivierenden Ileuserscheinungen 40 bis 50. Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7, S. 27 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100. Ferner sind nach den VG, Teil B, Nr. 18.14, S. 87 Somatisierungssyndrome entsprechend der funktionellen Auswirkungen zu beurteilen. Nach den VG, Teil A, Nr. 2 i, S. 9 gilt, dass bei der Beurteilung des GdS auch seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu beachten sind, die in der GdS-Tabelle niedergelegten Sätze bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen berücksichtigen und außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen von Gesundheitsschäden anzunehmen sind, wenn anhaltende psychovegetative Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - beispielsweise eine Psychotherapie - erforderlich ist.

Nach Ansicht des Senats können die Beschwerden beziehungsweise Schmerzen der Klägerin nicht dergestalt getrennt bewertet werden, dass etwa für Verwachsungsbeschwerden ein Teil-GdS von 20 anzunehmen und dieser wegen der Schmerzstörung auf 30 zu erhöhen ist. Vielmehr sind die aus der als "Verwachsungsbeschwerden" anerkannten Schädigungsfolge resultierenden Funktionsbehinderungen von denjenigen der als "chronisches Schmerzsyndrom" anerkannten Schädigungsfolge mitumfasst. Dies ergibt sich nach Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des Dr. Sch. vom 12.12.2005, wonach ganz im Vordergrund die abdominellen und lumboischialgiformen Beschwerden stehen, die Ausdruck einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sind. Hierauf hat auch Dr. G. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.03.2006 zutreffend hingewiesen, indem er ausgeführt hat, zwischen den Verwachsungsbeschwerden und der Schmerzstörung seien Überschneidungen zu beachten und es sei eine Doppelbewertung der Bauchbeschwerden zu vermeiden. Mithin legt der Senat vorliegend für die Beurteilung des GdS der Klägerin allein die in den VG, Teil B, Nr. 3.7, S. 27 für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen, niedergelegten Sätze zu Grunde.

Bei dem Leiden der Klägerin handelt es sich lediglich um leichtere psychovegetative oder psychische Störungen, die keinen höheren GdS als 20 bedingen. Aus den Gutachten des Dr. Sch. vom 12.12.2005 und des Prof. Dr. L. vom 11.05.2007 ergeben sich keine schädigungsbedingten Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Der Senat stützt sich im Wesentlichen auf die gegenüber den Sachverständigen gemachten biographischen Angaben der Klägerin und die von den Gutachtern aufgrund der Untersuchungen erhobenen Befunde. Die als Krankenschwester ausgebildete Klägerin ist nach dem schädigenden Ereignis in einem Krankenhaus als Krankenschwester und danach in einem Altenheim tätig gewesen, welches sie nach ihren Angaben "so richtig auf Vordermann gebracht" hat. Danach hat sie bis zum Jahr 2005 in der Arztpraxis ihres Schwiegersohnes gearbeitet. Seither verbringt sie ihre Zeit damit, ihre Wohnung in Ordnung zu bringen, ihren Papagei zu versorgen sowie mit Spazierengehen und der Durchführung von Therapien. Dabei handelt es sich nach Ansicht des Senats um einen völlig normalen Tagesablauf einer Rentnerin. Anhaltspunkte für einen schmerzbedingten Rückzug der Klägerin aus dem Alltag hat der Senat nicht, zumal die Klägerin angegeben hat, gelegentlich nach H. zum Einkaufen zu fahren. Dr. Sch. hat weder Symptome einer endogenen Depression oder einer depressiven Verstimmung noch formale oder inhaltliche Denkstörungen beschrieben. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Klägerin hat er als mindestens gut durchschnittlich angesehen. Ferner haben sich bei der Exploration und Untersuchung keine Hinweise für krankheitswertige Beeinträchtigungen der Merkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit sowie Ausdauer und mithin keine hirnorganischen Leistungsbeeinträchtigungen gezeigt. Prof. Dr. L. hat die Klägerin als bewusstseinsklar, in der Psychomotorik lebhaft und nicht wesentlich eingeschränkt beschrieben. Sie hat eine lebhafte gesprächsbegleitende Gestik und Mimik gezeigt und ihr Antrieb ist dem Sachverständigen nicht wesentlich beeinträchtigt erschienen. Ferner haben die Sachverständigen keine auf die von der Klägerin geklagten Kopfschmerzen zurückgehenden wesentliche Funktionseinschränkungen beschrieben. Wesentlich ist für den Senat auch, dass die Klägerin bis August 2004 keine psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen hat. Auch dieser Umstand spricht dafür, dass nicht von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen ist. Aus alldem folgt, dass der GdS mit Prof. Dr. L. nicht höher als mit 20 zu bewerten ist. Der höheren GdS-Bewertung des Dr. Sch. folgt der Senat nicht. Eine nachvollziehbare Begründung, warum bei der Klägerin eine stärkere Behinderung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit durch die Schmerzerkrankung gegeben sein soll, ist er auch in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 23.03.2006 schuldig geblieben. Soweit er darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin aufgrund der Schmerzen ihre Tätigkeit habe aufgeben müssen, gibt der Senat zu bedenken, dass es durchaus einer normalen Biographie entspricht, dass eine 74jährige Frau auch der körperlichen Gebrechen wegen keiner beruflichen Tätigkeit mehr nachgeht. Die GdS-Einschätzung des Prof. Dr. L. wurde auch durch das Gutachten des Dr. Sch. vom 22.05.2009 bestätigt. Er hat ausgeführt, wenn man davon ausgehe, dass bei der Klägerin eine anhaltende schädigungsbedingte somatoforme Schmerzstörung vorgelegen habe, so sei von leichten psychovegetativen oder psychischen Störungen auszugehen.

Sofern der Orthopäde L. in seiner Arztauskunft vom 16.04.2004 die Auffassung vertreten hat, der GdS der Klägerin sei insgesamt höher zu bewerten, weist der Senat abschließend darauf hin, dass bei der Klägerin nicht unerhebliche Funktionseinschränkungen mit Schmerzzuständen im Zusammenhang stehen, die ihrerseits auf die von Dr. P. in seinem Gutachten vom 16.08.2005 aufgelisteten schädigungsunabhängigen Diagnosen wie die degenerativen Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule bei Osteochondrose, der Zustand nach abgeheilter Kompressionsfraktur und Morbus Scheuermann in der Brustwirbelsäule, die Aufbrauchserscheinungen beider Hüftgelenke, die beidseitige Gonarthrose, der Beckenschiefstand, die Knick-Senk-Spreizfüße und die Subluxationsstellung des rechten Daumens zurückzuführen und damit bei der Beurteilung des GdS der Klägerin nicht zu berücksichtigen sind.

Nach alledem war das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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