Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 1724/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG) verpflichtet ist, für den Zeitraum der Zugehörigkeit der Klägerin wegen Zahlung von Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte festzustellen.
Die am.1942 geborene Klägerin studierte von 1962 bis 1968 an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in W und hat von dort mit Urkunde vom 08.03.1968 den Ingenieurstitel zuerkannt bekommen. Von 1968 bis über den 30.06.1990 hinaus war sie bei der BauakademieB als Bauingenieurin, wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Problemanalytikerin beschäftigt.
Mit Bescheid vom 15.03.2001 stellte die Beklagte die Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 22.04.1968 bis 30.06.1990 sowie die während dieser Zeiten erzielten tatsächlichen Entgelte fest.
Mit Antrag vom 26.09.2007 begehrte die Klägerin die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte von der Beklagten. Sie machte geltend, dass sie während ihrer Berufstätigkeit bei der Bauakademie von 1968 bis 1989 jährlich eine Jahresendprämie etwa in der Höhe eines Monatsgehaltes bezogen habe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte sie mit, dass sie Nachweise über gezahlte Jahresendprämien nicht besitze. Die Prämien seien ohne Anschreiben in geschlossenen Umschlägen überreicht worden. Auf Anforderung der Beklagten übersandte das Landesverwaltungsamt Berlin nochmals eine Aufstellung der Entgelte der Klägerin ab 1980 und teilte mit, dass aus den dort vorliegenden Gehaltsunterlagen keine Prämienzahlungen ersichtlich seien. Da die nun ermittelten Entgelte zum Teil von den früher festgestellten Entgelten abwichen, erließ die Beklagte unter dem 20.11.2008 einen weiteren Feststellungsbescheid, in dem die höheren Entgelte für die Jahre 1980, 1984, 1987 und 1988 festgestellt, die nun mitgeteilten geringeren Entgelte für die Jahre 1981 bis 1983, 1985 und 1989 bis 1990 jedoch nicht berücksichtigt wurden. Insofern verblieb es bei der bisherigen Feststellung aus dem Bescheid vom 15.03.2001, da die Frist zur Rücknahme gemäß § 45 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bereits abgelaufen war. Für die Zeiten 1968 bis 1979 und 1986 wurde die Anerkennung höherer Arbeitsverdienste abgelehnt, da deren Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht sei. Der bisherige Bescheid wurde aufgehoben, soweit er dem Bescheid vom 20.11.2008 entgegenstand.
Mit ihrem Widerspruch vom 10.12.2008 begehrte die Klägerin weiter die Berücksichtigung von Jahresendprämien als Verdienst. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2008 mit, dass weitere Beträge nur berücksichtigt werden könnten, wenn etwa auch durch Zeugenerklärungen glaubhaft gemacht werden kann, welche konkreten Beträge in welchem Jahr geflossen sind. Pauschalangaben darüber, dass in einem bestimmten Betrieb regulär Prämien zu bestimmten Prozentsätzen vom Monatsgehalt gezahlt wurden, würden nicht ausreichen. Die Klägerin reichte sodann eine schriftliche Zeugenerklärung von Frau Dr. F. vom 08.01.2009 ein. Diese gab an, dass sie mit der Klägerin von 1968 bis 1990 in der gleichen Abteilung in vergleichbarer Position gearbeitet habe. Die Jahresendprämie habe bei ihnen immer über 100 % eines Monatsbruttogehaltes, jährlich zwischen 130 und 150 %, je nach Qualität der Aufgabenerfüllung betragen. Diese sei jeweils bar in einem geschlossenen Umschlag überreicht worden, eine Liste mit den Quittierungen der Summen habe im Sekretariat der Abteilung gelegen. Weitere Unterlage kenne sie nicht und seien auch nicht archiviert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zeugenerklärung sei nicht geeignet, den tatsächlichen Zufluss der Prämien glaubhaft zu machen. Sie enthalte einen Verweis auf eine vergleichbare Beschäftigung im gleichen Beschäftigungszeitraum, daraus werde ein Anspruch auf die übliche Prämienzahlung gefolgert, es werde eine Spanne von 130 – 150 % genannt und gleichzeitig darauf verwiesen, dass die Zahlung an Qualitätsmerkmale der Aufgabenerfüllung gebunden war. Demzufolge seien keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Erfüllung dieser Kriterien möglich und somit auch nicht auf eine bestimmte Höhe der Prämien. Zudem sei schon der Beginn der Zahlung der Jahresendprämie nicht bestimmbar. Die Umsetzung der 1966 im Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB-DDR) eingeführten Jahresendprämie sei in den einzelnen Betrieben sehr unterschiedlich erfolgt. Ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Betrieb tatsächlich die Jahresendprämien eingeführt hat, sei nicht mehr nachvollziehbar. Zudem lägen die Zeiträume schon weit zurück, so dass es unwahrscheinlich sei, dass ehemalige Kollegen überwiegend verlässliche Angaben zur Höhe der Prämie und den einzelnen Anspruchszeiträumen machen könnten.
Mit ihrer am 30.03.2009 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie verweist darauf, dass in der Bauakademie die Jahresendprämien am Jahresende an die Mitarbeiter in bar ausgezahlt und in einer Auszahlungsliste quittiert wurden. In ihrer Abteilung habe dies immer im Rahmen einer Abteilungsversammlung stattgefunden, in der der Abteilungsleiter jeweils die Planerfüllungsquoten für die einzelnen Themen verkündet habe. Daran habe sich dann die Höhe der Prämie orientiert. Die Planerfüllung habe in ihrer Abteilung immer mindestens 1 und bis 1,5 betragen, so dass 100 – 150 % des letzten Brutto-Monatsgehalts des jeweiligen Jahres als Prämie gezahlt worden seien. Unter 100 % hätte es gar keine Prämien gegeben. Der Abteilungsleiter habe jedem persönlich einen geschlossenen Umschlag überreicht, die Quittierung sei im Sekretariat einzeln und unter Abdeckung der Beträge der anderen erfolgt. Es gebe somit viele Zeugen, die die Vorgehensweise aus eigener Erfahrung bestätigen können. Die Höhe der an sie gezahlten Prämie sei der Zeugin zwar nicht bekannt gewesen, da nur der Erfüllungsgrad des Themas offiziell bekannt gegeben wurde. Die Kollegen hätten sich aber durchaus untereinander über die Prämien unterhalten, so dass festzustellen gewesen sei, dass sich die Höhe der Prämie immer an der Erfüllungsquote orientiert habe. Nach der Zeugenaussage müssten also mindestens 100 % eines Bruttogehaltes anerkannt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 20.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2009 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, für die Beschäftigungszeit der Klägerin vom 22.04.1968 bis 30.06.1990 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung jährlicher Jahresendprämien in Höhe von mindestens 100 % des Bruttomonatsgehaltes des laufenden Jahres festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Jahresendprämien zwar einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seien und damit Entgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG, jedoch habe hier weder die tatsächliche Zahlung von Jahresendprämien noch deren Höhe nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden können. Der Anspruch wie auch die Höhe der Jahresendprämie sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen. Ob und welche Faktoren insbesondere des § 117 Abs. 1 AGB-DDR nun tatsächlich erfüllt waren, könne heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden. Eine pauschale Berücksichtigung von Jahresendprämien könne nicht erfolgen. Die Klägerin verfüge nicht über Nachweise, die Ermittlungen seien ohne Erfolg geblieben. Die Zeugenerklärung könne einen konkreten Anspruch und die Höhe der Prämie nicht nachweisen und auch nicht glaubhaft machen, da es nicht ausreiche, dass die Bauakademie grundsätzlich Jahresendprämien gezahlt hat, es müsse glaubhaft sein, dass gerade der Klägerin die Prämie tatsächlich Jahr für Jahr in einer bestimmten Höhe zugeflossen ist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die genannten Akten haben der Kammer vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.1998, Az.: B 4 RA 33/97 R). Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung weiterer Arbeitsverdienste gemäß § 44 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Beklagte hat die von der Klägerin erzielten Arbeitsentgelte im Bescheid vom 20.11.2008 korrekt festgestellt.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 SGB VI) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hatte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 15.03.2001 den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG (§ 1 Abs. 1 AAÜG) bejaht und die Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 22.04.1968 bis 30.06.1990 (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 S. 2 AAÜG). Mit Bescheid vom 20.11.2008, der als Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X erging, hat sie weitere Entgelte entsprechend der aktuellen Verdienstbescheinigung des Landesverwaltungsamtes aufgenommen. Jahresendprämien hat die Beklagte jedoch zu Recht nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit seiner Entscheidung vom 23.08.2007 (Az.: B 4 RS 4/06 R) festgestellt, dass auch die in der DDR an Arbeitnehmer damals rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und damit des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG darstellen, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte.
Das BSG führte in der o. g. Entscheidung unter anderem aus: "Der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. ( ) In der DDR konnten die Werktätigen (= Arbeitnehmer iS des bundesdeutschen Rechts) unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (siehe hierzu: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S 193). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag (nachfolgend: BKV; vergleichbar mit dem Firmentarifvertrag des bundesdeutschen Rechts) vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 AGB-DDR) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war deshalb auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie (Arbeitsrecht - Lehrbuch, aaO, S 194). Nach § 117 Abs 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im BKV vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. ( ) Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hängt davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast."
Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Die Klägerin hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihr ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist. Dies ist der Klägerin nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht gelungen.
Gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach Auffassung der Kammer ist vorliegend neben dem Vollbeweis, d. h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 128 Rn. 3b), auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Nachweise – wie etwa Begleitschreiben oder Quittungen – für an sie geflossene Prämienzahlungen konnte die Klägerin nicht vorlegen. Auch in den beim Landesverwaltungsamt noch vorliegenden Gehaltsunterlagen sind keine Prämienzahlungen dokumentiert.
Gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel sind unbeachtlich (vgl. u. a. von Wulffen, SGB X, § 23 Rn. 2).
Das Gericht erachtet es nach den Angaben der Klägerin und der Zeugin durchaus für glaubhaft, dass es in der Bauakademie Berlin Zahlungen von Jahresendprämien an die Mitarbeiter gab. Der Klägerin ist jedoch nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die in § 117 AGB-DDR aufgestellten Voraussetzungen auch in ihrer Person in jedem Jahr des maßgeblichen Zeitraums tatsächlich erfüllt gewesen sind bzw. dass sie jeweils einen bestimmten Betrag auch tatsächlich erhalten hat.
Gegen eine Prämienzahlung im Jahr 1968 (in voller Höhe) spricht schon, dass die Klägerin nicht im gesamten Jahr im Betrieb beschäftigt gewesen war. Zudem konnte die Klägerin selbst nicht darlegen, welchen konkreten Betrag sie in welchem Jahr als Jahresendprämie erhalten hat. In ihrem Antragsschreiben an die Beklagte vom 26.09.2007 hatte sie angegeben, dass sie jährlich Jahresendprämien in etwa der Höhe eines Monatsgehaltes bezogen habe. Im gerichtlichen Verfahren legte sie dar, dass in ihrer Abteilung entsprechend des Erfüllungsgrades der Aufgaben von 1,0 bis 1,5 an die Mitarbeiter 100 – 150 % des letzten Bruttogehaltes gezahlt worden seien. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ging sie sodann davon aus, dass die Planerfüllung zwischen 1,3 und 1,5 gelegen habe. Letztlich kann sie und kann die Zeugin zur Überzeugung des Gerichts nur mit Sicherheit sagen, dass sich die Höhe der an die Mitarbeiter gezahlten Jahresendprämie grundsätzlich an der Planerfüllung orientiert hat und diese in der entsprechenden Abteilung stets mindestens 100 % betrug. Sie können jedoch nicht mehr angeben, in welchem Jahr welche konkrete Erfüllungsquote erreicht worden war und wie hoch die Zahlungen damit grundsätzlich waren. Schon dies schließt die Glaubhaftmachung der jeweiligen Jahresendprämie als weiteres Arbeitsentgelt aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das AAÜG die Möglichkeit der Feststellung eines (jedenfalls erhaltenen) Mindestbetrages eines Verdienstes nicht vorsieht. Aus § 6 Abs. 1 S. 1 und Abs. 6 AAÜG wird ersichtlich, dass nur der Verdienst, der tatsächlich erzielt wurde, also in konkreter Höhe feststellbar ist.
Darüber hinaus spricht auch die konkrete Praxis der Zahlung der Jahresendprämie im Betrieb bzw. in der Abteilung der Klägerin dagegen, den tatsächlichen Zufluss der Prämie in einer bestimmten Höhe als überwiegend wahrscheinlich anzusehen. Bei der Auszahlung in der geschilderten Art und Weise, nämlich in verschlossenen Umschlägen und Quittierung unter Abdeckung der Beträge der anderen, besteht immer die Möglichkeit, dass tatsächlich Unterschiede in den übergebenen Beträgen gemacht wurden, die unter diesen Umständen nicht öffentlich wurden. Auch wenn die Klägerin geltend macht, die Kollegen der Abteilung hätten sich über die Höhe der Beträge ausgetauscht, so ist doch nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall Abweichungen bestanden, die gegebenenfalls vom betroffenen Mitarbeiter nicht kundgetan wurden. Jedenfalls sollte diese Methode der Übergabe und Quittierung – aus jetzt nicht mehr im Einzelnen nachzuvollziehenden Gründen – wohl gerade den Zweck haben zu verhindern, dass die Kollegen Kenntnis von den konkreten Beträgen der anderen erhielten. Demgegenüber hat es offenbar auch andere Vorgehensweisen zur Auszahlung der Prämien gegeben, etwa in Verbindung mit einem Anschreiben oder durch offene Listen. Sofern wie im vorliegenden Fall ein Kollege als Zeuge letztlich nur den generellen Berechnungsmodus und die Übergabe der Umschläge bestätigen kann, ist damit nicht der Zufluss eines konkreten Geldbetrages bestätigt.
Die Klägerin hat zwar angegeben, dass sie weitere Zeugen benennen könne, die die Vorgehensweise der Prämienzahlung bestätigen könnten. Das Gericht hält weitere Ermittlungen jedoch für entbehrlich, da auch diese Zeugen letztlich nur ähnlich pauschale Angaben wie Frau Dr. F. machen könnten. Etwas anderes hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Unabhängig davon wäre aber auch die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, der einen bestimmten Betrag einer Prämie für ein bestimmtes Jahr angeben würde, genauer zu prüfen. Denn ohne weitere (aber durchaus denkbare) Anknüpfungstatsachen erscheint es unwahrscheinlich, dass man sich derartige Fakten über einen so langen Zeitraum sicher merken kann. Damit ist der Klägerin zuzugeben, dass Zeugenaussagen in Fällen wie dem vorliegenden nur ein bedingt brauchbares Mittel der Glaubhaftmachung darstellen. Dieses für die Klägerin wenig befriedigende Ergebnis liegt jedoch letztlich in den konkreten Umständen der Gewährung der Jahresendprämien selbst begründet.
Die Klägerin hat nach allem keinen Anspruch auf Feststellung weiterer tatsächlich erzielter Arbeitsentgelte. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG) verpflichtet ist, für den Zeitraum der Zugehörigkeit der Klägerin wegen Zahlung von Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte festzustellen.
Die am.1942 geborene Klägerin studierte von 1962 bis 1968 an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in W und hat von dort mit Urkunde vom 08.03.1968 den Ingenieurstitel zuerkannt bekommen. Von 1968 bis über den 30.06.1990 hinaus war sie bei der BauakademieB als Bauingenieurin, wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Problemanalytikerin beschäftigt.
Mit Bescheid vom 15.03.2001 stellte die Beklagte die Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 22.04.1968 bis 30.06.1990 sowie die während dieser Zeiten erzielten tatsächlichen Entgelte fest.
Mit Antrag vom 26.09.2007 begehrte die Klägerin die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte von der Beklagten. Sie machte geltend, dass sie während ihrer Berufstätigkeit bei der Bauakademie von 1968 bis 1989 jährlich eine Jahresendprämie etwa in der Höhe eines Monatsgehaltes bezogen habe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte sie mit, dass sie Nachweise über gezahlte Jahresendprämien nicht besitze. Die Prämien seien ohne Anschreiben in geschlossenen Umschlägen überreicht worden. Auf Anforderung der Beklagten übersandte das Landesverwaltungsamt Berlin nochmals eine Aufstellung der Entgelte der Klägerin ab 1980 und teilte mit, dass aus den dort vorliegenden Gehaltsunterlagen keine Prämienzahlungen ersichtlich seien. Da die nun ermittelten Entgelte zum Teil von den früher festgestellten Entgelten abwichen, erließ die Beklagte unter dem 20.11.2008 einen weiteren Feststellungsbescheid, in dem die höheren Entgelte für die Jahre 1980, 1984, 1987 und 1988 festgestellt, die nun mitgeteilten geringeren Entgelte für die Jahre 1981 bis 1983, 1985 und 1989 bis 1990 jedoch nicht berücksichtigt wurden. Insofern verblieb es bei der bisherigen Feststellung aus dem Bescheid vom 15.03.2001, da die Frist zur Rücknahme gemäß § 45 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bereits abgelaufen war. Für die Zeiten 1968 bis 1979 und 1986 wurde die Anerkennung höherer Arbeitsverdienste abgelehnt, da deren Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht sei. Der bisherige Bescheid wurde aufgehoben, soweit er dem Bescheid vom 20.11.2008 entgegenstand.
Mit ihrem Widerspruch vom 10.12.2008 begehrte die Klägerin weiter die Berücksichtigung von Jahresendprämien als Verdienst. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2008 mit, dass weitere Beträge nur berücksichtigt werden könnten, wenn etwa auch durch Zeugenerklärungen glaubhaft gemacht werden kann, welche konkreten Beträge in welchem Jahr geflossen sind. Pauschalangaben darüber, dass in einem bestimmten Betrieb regulär Prämien zu bestimmten Prozentsätzen vom Monatsgehalt gezahlt wurden, würden nicht ausreichen. Die Klägerin reichte sodann eine schriftliche Zeugenerklärung von Frau Dr. F. vom 08.01.2009 ein. Diese gab an, dass sie mit der Klägerin von 1968 bis 1990 in der gleichen Abteilung in vergleichbarer Position gearbeitet habe. Die Jahresendprämie habe bei ihnen immer über 100 % eines Monatsbruttogehaltes, jährlich zwischen 130 und 150 %, je nach Qualität der Aufgabenerfüllung betragen. Diese sei jeweils bar in einem geschlossenen Umschlag überreicht worden, eine Liste mit den Quittierungen der Summen habe im Sekretariat der Abteilung gelegen. Weitere Unterlage kenne sie nicht und seien auch nicht archiviert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zeugenerklärung sei nicht geeignet, den tatsächlichen Zufluss der Prämien glaubhaft zu machen. Sie enthalte einen Verweis auf eine vergleichbare Beschäftigung im gleichen Beschäftigungszeitraum, daraus werde ein Anspruch auf die übliche Prämienzahlung gefolgert, es werde eine Spanne von 130 – 150 % genannt und gleichzeitig darauf verwiesen, dass die Zahlung an Qualitätsmerkmale der Aufgabenerfüllung gebunden war. Demzufolge seien keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Erfüllung dieser Kriterien möglich und somit auch nicht auf eine bestimmte Höhe der Prämien. Zudem sei schon der Beginn der Zahlung der Jahresendprämie nicht bestimmbar. Die Umsetzung der 1966 im Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB-DDR) eingeführten Jahresendprämie sei in den einzelnen Betrieben sehr unterschiedlich erfolgt. Ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Betrieb tatsächlich die Jahresendprämien eingeführt hat, sei nicht mehr nachvollziehbar. Zudem lägen die Zeiträume schon weit zurück, so dass es unwahrscheinlich sei, dass ehemalige Kollegen überwiegend verlässliche Angaben zur Höhe der Prämie und den einzelnen Anspruchszeiträumen machen könnten.
Mit ihrer am 30.03.2009 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie verweist darauf, dass in der Bauakademie die Jahresendprämien am Jahresende an die Mitarbeiter in bar ausgezahlt und in einer Auszahlungsliste quittiert wurden. In ihrer Abteilung habe dies immer im Rahmen einer Abteilungsversammlung stattgefunden, in der der Abteilungsleiter jeweils die Planerfüllungsquoten für die einzelnen Themen verkündet habe. Daran habe sich dann die Höhe der Prämie orientiert. Die Planerfüllung habe in ihrer Abteilung immer mindestens 1 und bis 1,5 betragen, so dass 100 – 150 % des letzten Brutto-Monatsgehalts des jeweiligen Jahres als Prämie gezahlt worden seien. Unter 100 % hätte es gar keine Prämien gegeben. Der Abteilungsleiter habe jedem persönlich einen geschlossenen Umschlag überreicht, die Quittierung sei im Sekretariat einzeln und unter Abdeckung der Beträge der anderen erfolgt. Es gebe somit viele Zeugen, die die Vorgehensweise aus eigener Erfahrung bestätigen können. Die Höhe der an sie gezahlten Prämie sei der Zeugin zwar nicht bekannt gewesen, da nur der Erfüllungsgrad des Themas offiziell bekannt gegeben wurde. Die Kollegen hätten sich aber durchaus untereinander über die Prämien unterhalten, so dass festzustellen gewesen sei, dass sich die Höhe der Prämie immer an der Erfüllungsquote orientiert habe. Nach der Zeugenaussage müssten also mindestens 100 % eines Bruttogehaltes anerkannt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 20.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2009 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, für die Beschäftigungszeit der Klägerin vom 22.04.1968 bis 30.06.1990 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung jährlicher Jahresendprämien in Höhe von mindestens 100 % des Bruttomonatsgehaltes des laufenden Jahres festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Jahresendprämien zwar einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seien und damit Entgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG, jedoch habe hier weder die tatsächliche Zahlung von Jahresendprämien noch deren Höhe nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden können. Der Anspruch wie auch die Höhe der Jahresendprämie sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen. Ob und welche Faktoren insbesondere des § 117 Abs. 1 AGB-DDR nun tatsächlich erfüllt waren, könne heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden. Eine pauschale Berücksichtigung von Jahresendprämien könne nicht erfolgen. Die Klägerin verfüge nicht über Nachweise, die Ermittlungen seien ohne Erfolg geblieben. Die Zeugenerklärung könne einen konkreten Anspruch und die Höhe der Prämie nicht nachweisen und auch nicht glaubhaft machen, da es nicht ausreiche, dass die Bauakademie grundsätzlich Jahresendprämien gezahlt hat, es müsse glaubhaft sein, dass gerade der Klägerin die Prämie tatsächlich Jahr für Jahr in einer bestimmten Höhe zugeflossen ist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die genannten Akten haben der Kammer vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (vgl. BSG, Urt. v. 23.06.1998, Az.: B 4 RA 33/97 R). Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung weiterer Arbeitsverdienste gemäß § 44 Abs. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Beklagte hat die von der Klägerin erzielten Arbeitsentgelte im Bescheid vom 20.11.2008 korrekt festgestellt.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 SGB VI) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hatte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 15.03.2001 den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG (§ 1 Abs. 1 AAÜG) bejaht und die Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 22.04.1968 bis 30.06.1990 (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 S. 2 AAÜG). Mit Bescheid vom 20.11.2008, der als Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X erging, hat sie weitere Entgelte entsprechend der aktuellen Verdienstbescheinigung des Landesverwaltungsamtes aufgenommen. Jahresendprämien hat die Beklagte jedoch zu Recht nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit seiner Entscheidung vom 23.08.2007 (Az.: B 4 RS 4/06 R) festgestellt, dass auch die in der DDR an Arbeitnehmer damals rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und damit des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG darstellen, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte.
Das BSG führte in der o. g. Entscheidung unter anderem aus: "Der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. ( ) In der DDR konnten die Werktätigen (= Arbeitnehmer iS des bundesdeutschen Rechts) unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (siehe hierzu: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S 193). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag (nachfolgend: BKV; vergleichbar mit dem Firmentarifvertrag des bundesdeutschen Rechts) vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 AGB-DDR) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war deshalb auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie (Arbeitsrecht - Lehrbuch, aaO, S 194). Nach § 117 Abs 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im BKV vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. ( ) Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hängt davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast."
Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Die Klägerin hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihr ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist. Dies ist der Klägerin nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht gelungen.
Gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach Auffassung der Kammer ist vorliegend neben dem Vollbeweis, d. h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 128 Rn. 3b), auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Nachweise – wie etwa Begleitschreiben oder Quittungen – für an sie geflossene Prämienzahlungen konnte die Klägerin nicht vorlegen. Auch in den beim Landesverwaltungsamt noch vorliegenden Gehaltsunterlagen sind keine Prämienzahlungen dokumentiert.
Gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel sind unbeachtlich (vgl. u. a. von Wulffen, SGB X, § 23 Rn. 2).
Das Gericht erachtet es nach den Angaben der Klägerin und der Zeugin durchaus für glaubhaft, dass es in der Bauakademie Berlin Zahlungen von Jahresendprämien an die Mitarbeiter gab. Der Klägerin ist jedoch nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die in § 117 AGB-DDR aufgestellten Voraussetzungen auch in ihrer Person in jedem Jahr des maßgeblichen Zeitraums tatsächlich erfüllt gewesen sind bzw. dass sie jeweils einen bestimmten Betrag auch tatsächlich erhalten hat.
Gegen eine Prämienzahlung im Jahr 1968 (in voller Höhe) spricht schon, dass die Klägerin nicht im gesamten Jahr im Betrieb beschäftigt gewesen war. Zudem konnte die Klägerin selbst nicht darlegen, welchen konkreten Betrag sie in welchem Jahr als Jahresendprämie erhalten hat. In ihrem Antragsschreiben an die Beklagte vom 26.09.2007 hatte sie angegeben, dass sie jährlich Jahresendprämien in etwa der Höhe eines Monatsgehaltes bezogen habe. Im gerichtlichen Verfahren legte sie dar, dass in ihrer Abteilung entsprechend des Erfüllungsgrades der Aufgaben von 1,0 bis 1,5 an die Mitarbeiter 100 – 150 % des letzten Bruttogehaltes gezahlt worden seien. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ging sie sodann davon aus, dass die Planerfüllung zwischen 1,3 und 1,5 gelegen habe. Letztlich kann sie und kann die Zeugin zur Überzeugung des Gerichts nur mit Sicherheit sagen, dass sich die Höhe der an die Mitarbeiter gezahlten Jahresendprämie grundsätzlich an der Planerfüllung orientiert hat und diese in der entsprechenden Abteilung stets mindestens 100 % betrug. Sie können jedoch nicht mehr angeben, in welchem Jahr welche konkrete Erfüllungsquote erreicht worden war und wie hoch die Zahlungen damit grundsätzlich waren. Schon dies schließt die Glaubhaftmachung der jeweiligen Jahresendprämie als weiteres Arbeitsentgelt aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das AAÜG die Möglichkeit der Feststellung eines (jedenfalls erhaltenen) Mindestbetrages eines Verdienstes nicht vorsieht. Aus § 6 Abs. 1 S. 1 und Abs. 6 AAÜG wird ersichtlich, dass nur der Verdienst, der tatsächlich erzielt wurde, also in konkreter Höhe feststellbar ist.
Darüber hinaus spricht auch die konkrete Praxis der Zahlung der Jahresendprämie im Betrieb bzw. in der Abteilung der Klägerin dagegen, den tatsächlichen Zufluss der Prämie in einer bestimmten Höhe als überwiegend wahrscheinlich anzusehen. Bei der Auszahlung in der geschilderten Art und Weise, nämlich in verschlossenen Umschlägen und Quittierung unter Abdeckung der Beträge der anderen, besteht immer die Möglichkeit, dass tatsächlich Unterschiede in den übergebenen Beträgen gemacht wurden, die unter diesen Umständen nicht öffentlich wurden. Auch wenn die Klägerin geltend macht, die Kollegen der Abteilung hätten sich über die Höhe der Beträge ausgetauscht, so ist doch nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall Abweichungen bestanden, die gegebenenfalls vom betroffenen Mitarbeiter nicht kundgetan wurden. Jedenfalls sollte diese Methode der Übergabe und Quittierung – aus jetzt nicht mehr im Einzelnen nachzuvollziehenden Gründen – wohl gerade den Zweck haben zu verhindern, dass die Kollegen Kenntnis von den konkreten Beträgen der anderen erhielten. Demgegenüber hat es offenbar auch andere Vorgehensweisen zur Auszahlung der Prämien gegeben, etwa in Verbindung mit einem Anschreiben oder durch offene Listen. Sofern wie im vorliegenden Fall ein Kollege als Zeuge letztlich nur den generellen Berechnungsmodus und die Übergabe der Umschläge bestätigen kann, ist damit nicht der Zufluss eines konkreten Geldbetrages bestätigt.
Die Klägerin hat zwar angegeben, dass sie weitere Zeugen benennen könne, die die Vorgehensweise der Prämienzahlung bestätigen könnten. Das Gericht hält weitere Ermittlungen jedoch für entbehrlich, da auch diese Zeugen letztlich nur ähnlich pauschale Angaben wie Frau Dr. F. machen könnten. Etwas anderes hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Unabhängig davon wäre aber auch die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, der einen bestimmten Betrag einer Prämie für ein bestimmtes Jahr angeben würde, genauer zu prüfen. Denn ohne weitere (aber durchaus denkbare) Anknüpfungstatsachen erscheint es unwahrscheinlich, dass man sich derartige Fakten über einen so langen Zeitraum sicher merken kann. Damit ist der Klägerin zuzugeben, dass Zeugenaussagen in Fällen wie dem vorliegenden nur ein bedingt brauchbares Mittel der Glaubhaftmachung darstellen. Dieses für die Klägerin wenig befriedigende Ergebnis liegt jedoch letztlich in den konkreten Umständen der Gewährung der Jahresendprämien selbst begründet.
Die Klägerin hat nach allem keinen Anspruch auf Feststellung weiterer tatsächlich erzielter Arbeitsentgelte. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
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