Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 223/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 75/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. April 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, ihren Bescheid vom 10. Mai 2001 abzuändern, festzustellen, dass auch der Außenmeniskushinterhornriss und die Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes sowie die Muskelminderung des rechten Beines Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Mai 2000 sind, und dem Kläger vom 1. November 2004 an eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vorverfahren sowie in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, welche Folgen ein Arbeitsunfall vom 23. Mai 2000 bei dem Kläger hinterlassen hat und ob ihm deshalb eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (vH) zu gewähren ist.
Der am 1956 geborene Kläger verunfallte am 23. Mai 2000 um 11.45 Uhr bei versicherter Tätigkeit, als beim Freilegen einer Gas- und Wasserleitung der Randbereich des Rohrgrabens nachgab und seitlich gegen sein rechtes Kniegelenk rutschte. Bei seiner klinischen und röntgenologischen Untersuchung um 14.12 Uhr hatte Prof. Dr. O. von den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. eine Schwellung des rechten Kniegelenkes und eine Bewegungseinschränkung von 0-5-100° gefunden. Ein Erguss, eine Bandinstabilität, Meniskuszeichen und knöcherne Verletzungen seien nicht zu erkennen. Im Ergebnis sei von einer Kniegelenksdistorsion auszugehen (D-Arztbericht vom 23. Mai 2000).
In seinem Zwischenbericht vom 27. Juni 2000 hatte der Facharzt für Chirurgie Dr. W. der Bau-Berufsgenossenschaft H. (Rechtsvorgängerin der Beklagten; nachfolgend einheitlich als die Beklagte bezeichnet) mitgeteilt, dass sich der Kläger seit dem 24. Mai 2000 in seiner Behandlung befinde. Seither habe sich ein zwischenzeitlich entstandener massiver Kniegelenkerguss zurückgebildet und sei das Gelenk bei verbesserter Beweglichkeit (0-0-120°) zunehmend belastbar. Unter dem 7. Juli 2000 hatte Dr. W. eine bei Anlage einer Kniegelenksorthese weiter rückläufige Beschwerdesymptomatik angegeben. Da jedoch eine Seitenband- bzw. Meniskusläsion nicht habe ausgeschlossen werden können, sei für den 10. Juli 2000 die Erstellung eines Magnetresonanztomogramms (MRT) veranlasst worden. Aus diesem war nach der Auswertung des Radiologen Rohde eine komplette Ruptur des vorderen Kreuzbandes, ein Kontusionsödem im Knochenmark des lateralen Tibiakopfes, ein knöchernes Fragment dorsal des medialen Tibiakopfes ohne angrenzendes Ödem im Sinne einer älteren Abrissfraktur, eine flaue Signalveränderung im Hinterhorn des Innenmeniskus und eine zarte lineare und angedeutet ventral verlaufende Signalsteigerung im Hinterhorn des Außenmeniskus hervorgegangen. Die Knorpeloberflächen seien glatt begrenzt und der übrige Bandapparat durchgängig; ein Erguss sei nicht (mehr) zu erkennen.
Nach Erstvorstellung am 12. Juli 2000 war der Kläger vom 17. bis zum 28. Juli 2000 im Ambulanten Reha-Centrum H. behandelt worden. Aus dem darüber erstellten Bericht des Facharztes für Chirurgie Dipl.-Med. B. vom 7. August 2000 waren eine Steigerung der anfänglich gemessenen Beweglichkeit von 0-0-110° auf 0-0-120°, eine Rückläufigkeit der zunächst gefundenen Knieschwellung von 2 cm, ein mittlerweile gleichmäßiges und flüssiges Gangbild sowie eine einfach positive vordere Schublade bei festem seitlichen Bandapparat zu entnehmen. Im Verhältnis zum linken Bein sei 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes nach wie vor eine Umfangdifferenz von 4 cm (15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspaltes 3 cm) vorhanden.
Laut Bericht Dr. W.s vom 10. August 2000 hatte sich bei der letzten Vorstellung des Klägers am 2. August 2000 ein stabiles rechtes Kniegelenk ohne Ergussbildung gezeigt. Der Kläger habe das Knie als belastungsfähig eingeschätzt. Arbeitsfähigkeit habe er ab dem 6. August 2000 bestätigt.
Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen hatte die Beklagte den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. das Gutachten vom 2. Oktober 2000 nach ambulanter und röntgenologischer Untersuchung am 20. September 2000 erstatten lassen. Gegenüber dem Sachverständigen hatte der Kläger angegeben, seit dem 7. August 2000 wieder als Rohrleger zu arbeiten und daneben eine im Jahr 1979 erlittene Prellung des rechten Kniegelenkes mit Ergusspunktion und zweiwöchiger Ruhigstellung erwähnt. Bei röntgenologisch im Wesentlichen unauffälligen Befunden hatte Dr. S. seitengleich frei bewegliche Kniegelenke ohne Ergussbildungen und Meniskuszeichen sowie eine leichte Kapsel-Bandlockerung in vorderer Richtung, die bei Anspannung der Muskulatur vollständig kompensiert sei, dokumentiert. Die rechte Kniescheibe sei eingeschränkt und schmerzhaft verschieblich; die rechte Oberschenkelmuskulatur sei gegenüber links um 1 cm und der Wadenumfang um 3 cm gemindert. Für eine frische Gelenkbinnenschädigung am 23. Mai 2000 sprächen die Entwicklung eines kräftigen Gelenkergusses bis zum Unfallfolgetag sowie die im MRT beschriebene knöcherne Absprengung an der Hinterkante des inneren Schienbeinkopfplateaus. Demgegenüber sei nicht sicher zu beurteilen, ob es sich bei der Kreuzbandschädigung um eine frische Verletzung handele. Die MdE betrage unter 20 vH.
Am 20. November 2000 hatte der Kläger der Beklagten den Bescheid vom 31. Oktober 1979 über die Anerkennung des Arbeitsunfalls vom 8. Oktober 1979 (Prellung des rechten Kniegelenkes) übermittelt und hierzu angegeben, die Erstbehandlung sei im Krankenhaus Saalfeld und die Weiterbehandlung im Kreiskrankenhaus B. erfolgt, wo keine Unterlagen mehr auffindbar waren.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2000 war von Dr. S. dargelegt worden, dass der vordere Kreuzbandschaden rechts Folge des Unfalls vom 23. Mai 2000 sein könne. Mangels Durchführung einer zeitnahen Punktion bzw. Arthroskopie sei eine definitive Kausalitätsbewertung jedoch nicht möglich. Auf telefonische Rückfrage habe der Radiologe Rohde die Absprengung an der Hinterkante des inneren Schienbeinkopfplateaus eher älter als sieben Wochen eingeschätzt, ohne sich jedoch festlegen zu wollen. Eine Nachbefundung des MRTs sei ratsam.
In seiner dazu von der Beklagten veranlassten Stellungnahme vom 7. Februar 2001 hatte der Radiologe Dr. D. die Veränderungen und das begleitende Ödem im lateral-dorsalen Umfang des Tibiaplateaus sowie eine Grad III-Läsion mit vertikaler Rissbildung des Außenmeniskushinterhorns als unfallbedingt gewertet. Eine kontusionsbedingte Signalerhebung sei auch im frontalen medianen Umfang der Eminentia intercondylaris (Knochenhügel zwischen den Schienbeinkopfknorren) zu erkennen. Das vordere Kreuzband sei nur noch rudimentär abzugrenzen, so dass in Verbindung mit dem abgerundeten knöchernen Fragment am femoralen Ansatz (des Oberschenkelknochens) und dem Trauma von 1979 eine alte Ruptur angenommen werden müsse. Eine weitere ältere Absprengung mit geglättetem knöchernen Fragment befinde sich am inneren dorsalen Umfang des medialen Tibiaplateaus. Die Seitenbänder und der Innenmeniskus seien intakt; ein geringer Gelenkerguss sei sichtbar.
Von dem von der Beklagten hinzugezogenen Facharzt für Orthopädie Dr. O. war unter dem 9. April 2001 eingeschätzt worden, dass der Unfallhergang mit relativer Fixierung des Fußes und Unterschenkels geeignet gewesen sei, Verletzungen von Kniebändern und Menisken hervorzurufen. Hierfür sprächen auch die gefundene Schwellung und der Erguss sowie das im MRT beschriebene ödematöse Knochenmarksignal im lateralen Tibiakopf. Der Erstbefund sei allerdings unzureichend dokumentiert. Erst im Verlauf hätten sich eine vordere Schublade sowie ein Druckschmerz am lateralen Gelenkspalt gezeigt. Im Hinblick auf die im MRT belegte Abrissfraktur an der Hinterkante des medialen Schienbeinkopfes fehle ein begleitendes Ödem. Darüber hinaus sei das Fragment abgerundet, was ebenfalls gegen eine Verbindung mit dem Unfall vom 23. Mai 2000 spreche. Entsprechendes gelte für den Schaden am vorderen Kreuzband. Ein unfallbedingter Außenmeniskusschaden sei denkbar, bei fehlender Begleitverletzung der übrigen Bandstrukturen jedoch nicht als isolierte Verletzung wahrscheinlich zu machen.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2001 hatte die Beklagte den Unfall mit einer Zerrung des rechten Kniegelenkes und einer Prellung des inneren Schienbeinkopfes als Arbeitsunfall anerkannt und mangels rentenberechtigender MdE einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt. Keine Unfallfolgen seien die knöcherne Absprengung am inneren hinteren Umfang des Schienbeinkopfplateaus, ein alter Kreuzbandriss sowie der Außenmeniskushinterhornriss im rechten Kniegelenk. Den hiergegen am 7. Juni 2001 erhobenen Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2001 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 5. Februar 2002 beantragte der Kläger die Überprüfung dieser Entscheidung, was die Beklagte mit Bescheid vom 11. Februar 2002, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, ablehnte.
Im weiteren Verfahren zog die Beklagte medizinische Unterlagen zum Arbeitsunfall des Klägers vom 25. April 2002 bei, bei dem er sich das rechte Kniegelenk verdreht und Dr. W. bei der Erstuntersuchung am 2. Mai 2002 einen festen Bandapparat ohne Erguss sowie eine beginnende Arthrose im Bereich der lateralen Tibiakonsole gefunden hatte: Aus dem Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. vom 24. Juni 2002 über die stationäre Behandlung vom 11. bis 14. Juni 2002 waren anlässlich der Aufnahmeuntersuchung eine Beweglichkeit der Kniegelenke von 0-0-130°, kein Erguss und feste Seitenbänder hervorgegangen sowie eingeschätzt worden, dass der Unfall vom 25. April 2002 zu keiner Schädigung der Kniebinnenstrukturen geführt habe. Intraoperativ hatte sich im Rahmen der am 12. Juni 2002 durchgeführten Arthroskopie kein Erguss entleert und Knorpelschäden II. und III. Grades im medialen Gelenkspalt zwischen Tibiaplateau und Femurcondyle (Oberschenkelrolle) sowie an der Patellarückfläche gezeigt. Der Innenmeniskus sei im Übergang vom Pars intermedia (Zwischenstück) zum Hinterhorn degenerativ zerfasert und eingerissen. Im Bereich des lateralen Gelenkspaltes finde sich ein älterer Lappenriss des Außenmeniskushinterhorns. Das vordere Kreuzband sei bis auf wenige Fasern am femoralen Anteil nicht mehr nachweisbar, das hintere Kreuzband sei bei Tasthakenprüfung fest. Die histologische Befundung der vom vorderen Kreuzband und den Menisken entnommenen Gewebeproben durch den Pathologen Dr. H. hatte bezüglich des Innenmeniskus geringe degenerative Veränderungen, im Hinblick auf den Außenmeniskus diskrete degenerative Veränderungen und Einreißungen der Grundsubstanz sowie bezogen auf das vordere Kreuzband Anzeichen einer älteren Bandruptur ergeben. Schließlich war aus Einträgen einer Behandlungskarte vom 6. November 1979 ein Kniegelenkerguss rechts bei einer Umfangvermehrung gegenüber links von 3 cm hervorgegangen. Bei der am 17. November 1979 durchgeführten Punktion hatten sich 15 ml Serum entleert. Am 17. März 1980 war vom Kläger geschildert worden, dass er das Knie nicht richtig durchstrecken könne. Der Umfang hatte beidseitig 37 cm betragen; ein Anhalt für einen Innen- oder Seitenbandschaden hatte sich nicht gefunden.
Die Beklagte wertete ein vom Kläger am 29. Dezember 2002 verfasstes Schreiben, welches bei ihr im Verfahren zum Arbeitsunfall vom 25. April 2002 einging, als Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Februar 2002 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2003 als unbegründet zurück. Die zum Unfall vom 25. April 2002 beigezogenen Unterlagen bestätigten, dass im rechten Kniegelenk ausschließlich ältere Schäden vorlägen. Auch nach diesen Befunden ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, welche bei der Entscheidung vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001 nicht bereits berücksichtigt worden seien. Nach nochmaliger Überprüfung sei damit weder eine unrichtige Rechtsanwendung noch ein Ausgehen von einem fehlerhaften Sachverhalt festzustellen.
Hiergegen hat der Kläger am 11. November 2003 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhoben. In nichtöffentlicher Sitzung des SG am 20. April 2004 hat er ergänzend zum Unfallhergang angegeben, dass beim Abrutschen des Grabenbereichs mit Kopfsteinpflaster versetzte Erdmassen bis zu seinem Unterleib gerutscht seien und er hierin festgesteckt habe.
Dr. W. hat dem SG die Auswertungen des Radiologen R zu den am 2. Mai 2002 und 20. März 2003 gefertigten MRTen vorgelegt. Danach habe sich eine komplexe Läsion von Pars intermedia und Hinterhorn des Innenmeniskus gezeigt, die am 10. Juli 2000 noch nicht bestanden habe. Außerdem liege eine schräg verlaufende lineare Läsion im Hinterhorn des Außenmeniskus mit Kontakt zur femoralen und tibialen Oberfläche sowie im Bereich der Basis des Hinterhorns und zusätzlich eine zarte horizontal verlaufende Schädigung des Zwischenstücks vor. Ferner zeige sich ein Zustand nach älterer knöcherner Läsion im dorsalen Anteil des Tibiakopfes mit Inkongruenz der Gelenkflächen (ca. 1 cm) und unverändert ein ca. 4 mm kleiner freier Gelenkkörper als Zustand nach alter Abrissfraktur im Bereich des dorsalen Tibiakopfes. Im lateralen Anteil des Tibiakopfes sei auch noch ein geringes Knochenmarködem als Zustand nach altem Trauma zu erkennen. Im Bereich des lateralen Femurkondylus finde sich ein großer Knorpeldefekt im Sinne einer Chondropathie Grad III, der am 10. Juli 2000 noch nicht vorgelegen habe. Die Aufnahme vom 20. März 2003 belege eine fortgeschrittene Chondropathie und Arthrosis deformans sowie einen maximal 17 mm großen freien Gelenkkörper im dorsalen Gelenkraum. Die knöcherne Läsion im lateralen Tibiakopf mit begleitendem Kontusionsödem sei nunmehr nicht mehr abgrenzbar.
Ferner hat das SG den (ehemaligen) Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin H. Prof. Dr. H. mit der Erstellung des Gutachtens vom 28. Januar 2005 nach ambulanter Untersuchung am 25. Oktober 2004 beauftragt. Gegenüber dem Sachverständigen hat der Kläger zum Unfallhergang weiter erklärt, der Graben sei ca. 1,5 m tief gewesen. Die eingerutschte Grabenwand habe ihn am Knie getroffen und seine Beine verschüttet. Er habe sich selbst befreit und versucht weiter zu arbeiten, was nach ca. 30 Min. jedoch schmerzbedingt gescheitert sei. Prof. Dr. H. hat ein rechtsseitig hinkendes Gangbild bei nicht durchgedrücktem Bein und Verschmächtigung der Ober- (4,5 cm) und Unterschenkelmuskulatur (3 cm) dokumentiert. Am medialen und lateralen Gelenkspalt des rechten Kniegelenkes hat er einen Druckschmerz sowie eine Beweglichkeit von 0-10-120° gefunden. Radiologisch seien den Aufnahmen des rechten Knies vom 12. August 2002 (links im Wesentlichen regelrecht) eine deutliche Verschmälerung des medialen und lateralen Gelenkspaltes sowie klare arthrotische Randwülste an der Tibia- und Femurkonsole im Sinne einer Arthrosis deformans zu entnehmen, die nach dem Befund der Aufnahmen vom 18. Mai und 25. Oktober 2004 weiter fortgeschritten seien. Im Ergebnis hat Prof. Dr. H. die Ansicht vertreten, der Arbeitsunfall habe das am rechten Bein bestehende muskuläre Defizit sowie die Arthrose im rechten Kniegelenk wesentlich mit verursacht. Hierfür spreche der Verlauf der bildgebenden Diagnostik. Hätten im Bereich des rechten Kniegelenkes bis zum Jahre 2000 nur unerhebliche degenerative Veränderungen bestanden, seien diese nach dem Unfall innerhalb von drei Jahren hochgradig fortgeschritten. Im Gegensatz zum Unfall von 1979 sei der Arbeitsunfall vom 23. Mai 2000, der einen massiven Gelenkerguss hervorgerufen habe, auch geeignet gewesen, einen relevanten Kniebinnenschaden zu verursachen, wenngleich das vordere Kreuzband von ihm nicht betroffen worden sei. Die MdE sei (derzeit) um 20 vH einzuschätzen.
Auf Grundlage der von ihr veranlassten Stellungnahme der Ärzte für Orthopädie Dres. S. und T vom 6. August 2005 hat sich die Beklagte gegen die Beurteilung Prof. Dr. H.s gewandt. Die Dres. haben die Ansicht vertreten, dass der erforderliche Beleg eines strukturellen Primärschadens fehle. Aus der Existenz eines Ergusses könne nicht auf eine relevante Verletzung geschlossen werden, zumal ein solcher bei der Erstuntersuchung ausgeschlossen worden sei. Da im Hinblick auf die Verformungen am hinteren Anteil des inneren Schienbeinkopfes kein Ödem beschrieben sei, könne auch insoweit kein Traumabezug hergestellt werden. Der Kreuzbanddefekt sei älteren Datums. Das am äußeren Schienbeinkopf gefundene Knochenmarködem beweise ebenfalls keine frische Verletzung. Denn es sei auch noch auf dem MRT vom 2. Mai 2002 erkennbar gewesen, wohingegen ein traumatisches Ödem in der Regel innerhalb von etwa sechs Monaten verschwinde. Schließlich sei der Unfall, dessen genauer Ablauf unklar sei, zur Verursachung einer Meniskusverletzung ungeeignet gewesen. Erforderlich sei insoweit ein so genannter Drehsturzmechanismus, der hier nicht abgelaufen sei. Der Unfall vom 25. April 2002 komme als Ursache der Arthrose nicht in Betracht, da er keine erkennbaren strukturellen Verletzungen bewirkt habe und zu diesem Zeitpunkt bereits degenerative Veränderungen belegt seien.
Mit Urteil vom 27. April 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Darlegungen der Dres. S. und T gestützt, deren Bewertungen im Gegensatz zu denjenigen von Prof. Dr. H. überzeugten.
Gegen das ihm am 8. Juni 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Juni 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt. Sowohl Dr. W. als auch Prof. Dr. H. hätten einen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und den Schäden im rechten Kniegelenk bejaht, was das SG zu wenig berücksichtigt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 10. Mai 2001 festzustellen, dass auch der Riss des vorderen Kreuzbandes, der Außenmeniskushinterhornriss und die Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes sowie die Muskelminderung des rechten Beines Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Mai 2000 sind, und ihm vom 1. November 2004 an eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des SG an.
Der Senat hat von Dr. W. den Befundbericht vom 22. November 2006 eingeholt und den Sozialversicherungsausweis des Klägers beigezogen. Hierin waren wegen einer Prellung der unteren Extremitäten (ICD 9 Diagnosenummer 924) eine Arbeitsunfähigkeit vom 9. Oktober bis zum 2. November 1978 und unter dem 9. Oktober 1979 eine Verstauchung und Zerrung des Knies und des Beines (ICD 9 Nr. 844) vermerkt worden. Außerdem ist als Grundwehrdienstzeit des Klägers der Zeitraum vom 2. November 1979 bis zum 30. April 1981 festgehalten.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 hat die Thüringer Kliniken S. gGmbH mitgeteilt, dass Unterlagen zum Unfall vom 8. Oktober 1979 nicht mehr vorhanden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung hat ganz überwiegend Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 beschwert den Kläger im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zu Unrecht die (teilweise) Rücknahme ihres Bescheides vom 10. Mai 2001 abgelehnt hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die Beklagte ist beim Erlass des Bescheides vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und hat daraufhin das Recht unzutreffend angewandt. Der Kläger hat – mit Ausnahme des vorderen Kreuzbandrisses rechts – sowohl Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Mai 2000 (nachfolgend unter 1.) als auch auf die Gewährung einer Verletztenrente (hierzu unter 2.).
1. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) besteht. Dabei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophi-schen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosine-quanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern die wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Oktober 2009, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). "Wesentlich" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen dem Arbeitsunfall vom 23. Mai 2000 und dem Außenmeniskushinterhornriss und der Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes sowie der Muskelminderung des rechten Beines ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang besteht. Denn es sprechen mehr Tatsachen für als gegen eine solche Beziehung. Demgegenüber lässt sich der Riss des vorderen Kreuzbandes nicht als zusätzliche Unfallfolge wahrscheinlich machen.
Hinsichtlich der Kreuzbandschädigung folgt der Senat den übereinstimmenden Ausführungen der Dres. D, O, S, T und Prof. H ... Deren Darlegungen überzeugen, weil das vordere Kreuzband nicht nur nach dem intraoperativen Befund vom 12. Juni 2002 und der nachfolgenden feingeweblichen Untersuchung, sondern entsprechend der Nachauswertung des MRT vom 10. Juli 2000 durch Dr. D. schon zu diesem Zeitpunkt nur noch rudimentär vorhanden war. Diese Tatsache belegt einen länger zurückliegenden Schädigungszeitpunkt, da sich das Band nicht innerhalb von nur sieben Wochen nach dem Unfall vom 23. Mai 2000 nahezu vollständig aufgelöst haben kann.
Im Hinblick auf den Außenmeniskushinterhornriss wird die Ursachenbeziehung zunächst dadurch unterstützt, dass der Unfallhergang geeignet erscheint, eine Meniskusverletzung hervorzurufen, wie dies auch Dr. S., Dr. O. sowie Prof. Dr. H. eingeschätzt haben. Nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen wird zwar für eine isolierte Meniskusverletzung durch einen indirekten Verletzungsmechanismus ein Drehsturzgeschehen mit passiver Rotation des gebeugten Kniegelenkes oder plötzlicher passiver Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels bei gleichzeitiger Verhinderung der physiologischen Schlussrotation gefordert (siehe Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.10.5.3.2.2, S. 618). Da hier der Kreuzbandschaden aber schon zum Unfallzeitpunkt bestand, geht es um keine isolierte Meniskusverletzung. Überdies gilt die angenommene Voraussetzung eines Drehsturzes nicht gleichermaßen bei direkten Krafteinwirkungen, was die Dres. S. und T ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt haben. Denn insoweit wird etwa auch das gewaltsame seitliche Abbiegen des gestreckten Kniegelenkes bei fixiertem Unterschenkel bzw. Fuß (z.B. durch Verschüttungen, umstürzende oder herab fallende Lasten) als gefährdend angesehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.10.5.3.2.1, S. 617). Übertragen auf den vorliegenden Unfall leuchtet damit eine seitliche Krafteinwirkung auf das infolge des Kreuzbandschadens ohnehin anfälligere rechte Knie bei gestrecktem Gelenk und im Graben feststeckendem Fuß bzw. Unterschenkel durch die mit Kopfsteinpflaster versetzten Erdmassen ohne Weiteres ein.
Daneben wird die kausale Verknüpfung zwischen dem Unfall und der Außenmeniskusverletzung mit nachfolgender Muskelminderung und Arthrose auch durch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall, die erhobenen (Erst-)Befunde und den weiteren Verlauf wahrscheinlich gemacht. Seinen Versuch, nach dem Unfallgeschehen die Arbeit fortzusetzen, musste der Kläger nach kurzer Zeit aufgeben und sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Durch die unmittelbar eingeleitete ambulante Therapie einschließlich der verordneten Orthese konnte innerhalb von gut zwei Monaten bis zum 6. August 2000 ein Abklingen der Beschwerden erreicht und wieder Arbeitsfähigkeit hergestellt werden. Sowohl die sofortige Arbeitsniederlegung als auch der einphasige Beschwerdeverlauf mit Schmerzmaximum nach dem Unfallereignis und allmählicher Besserung anstatt stetigen Fortschreitens der Beschwerden mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Trauma sind unfalltypische Charakteristika. Auch die von den eingeschalteten Ärzten festgehaltenen Befunde untermauern den Unfallzusammenhang, wenngleich Prof. Dr. O. zweieinhalb Stunden nach dem Unfallgeschehen noch keinen Erguss erkennen konnte. Immerhin fand er neben einer erheblichen Bewegungseinschränkung von 0-5-100° bereits eine Schwellung. Schon für den Unfallfolgetag ist durch Dr. W. ein massiver Erguss gesichert, für den Dr. D. bei seiner Nachauswertung des MRTs vom 10. Juli 2000 auch ein bildgebendes Restsubstrat erkannt hat. Gerade dieses MRT belegt den Primärschaden, was die Dres. S. und Tändler im Hinblick auf den Außenmeniskusdefekt letztlich auch nicht in Abrede stellen. Dass die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs insoweit nicht an der von ihnen unterstellten Ungeeignetheit des Unfallhergangs scheitert, wurde bereits zuvor erläutert (s.o.). Entsprechendes gilt für die von Dr. O. geforderte begleitende Verletzung von Bandstrukturen, die nach der zitierten Literatur ebenfalls nicht zwingend vorausgesetzt wird. Eine strukturelle Schädigung der Kniebinnenstrukturen lässt sich jedoch nicht nur an dem von den Radiologen beschriebenen Außenmeniskusbild ablesen. Vielmehr haben Herr R. sowie Dr. D. auch am äußeren Tibiakopf ein Knochenmarködem festgestellt und Dr. D. darüber hinaus weitere Kontusionszeichen im vorderen seitlichen Bereich der Eminentia intercondylaris erkannt (so genannte bone bruise). Insbesondere die Lokalisation des Kontusionsödems in der seitlichen Zone des Schienbeinkopfes und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Außenmeniskus spricht für die ursächliche Verknüpfung mit dem Arbeitsunfall. Entgegen der Ansicht der Dres. S. und T wird die Qualität des Knochenmarködems als frisches Verletzungszeichen auch nicht dadurch entkräftet, dass es – teilweise – auch noch auf dem MRT vom 2. Mai 2002 erkennbar war. Denn zum einen haben die Dres. selbst dargelegt, dass sich ein traumatisches Ödem keineswegs immer innerhalb von sechs Monaten auflöst. Zum anderen hat der Radiologe das Ödem im MRT vom 2. Mai 2002 ausdrücklich als lediglich gering beschrieben und es am 20. März 2003 nicht mehr gefunden. Gerade der Beleg des Ödems sieben Wochen nach dem Unfall, sein langsames Abklingen zwei Jahre später und seine vollständige Resorption nach weiteren zehn Monaten lassen die traumatische Ursache als plausibel erscheinen.
Dafür, dass auch die Muskelminderung und die nachfolgende Arthrose zumindest im Wesentlichen durch den Arbeitsunfall mit verursacht worden sind, spricht neben dem zeitlichen Aspekt vor allem das Fehlen unfallunabhängiger Erklärungen im Sinne konkurrierender Ursachen, was ebenso für die Meniskusverletzung gilt. Schon für den 17. Juli 2000 ist im Verhältnis zum linken Bein im Bereich des rechten Oberschenkels eine Muskelminderung von 4 cm und in der Unterschenkelzone eine solche von 3 cm belegt, was zwanglos durch die wochenlange eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit bei orthetischer Versorgung erklärt werden kann. Von dem von Dr. S. am 20. September 2000 gemessenen teilweisen Muskelaufbau war allein der Oberschenkelbereich betroffen und dies auch nur vorübergehend, wie die von Prof. Dr. H. am 25. Oktober 2004 festgestellten Werte beweisen. Dass die Muskelminderung in Verbindung zum Arbeitsunfall vom 25. April 2002 zu sehen wäre, der nach den für den 2. Mai sowie den 11. und 12. Juni 2002 dokumentierten Untersuchungsergebnissen keine eigenständigen Folgen von Bedeutung hinterlassen hat, haben auch die Dres. S. und Tändler nicht behauptet. Daneben hat zum Zeitpunkt des Unfalls vom 25. April 2002 allerdings nicht nur der Außenmeniskusdefekt und die Muskelminderung, sondern auch schon die Arthrose vorgelegen. Es ist ausgeschlossen, dass sich diese Arthrose, für die es weder auf den Röntgenbildern vom 23. Mai 2000 noch im MRT vom 10. Juli 2000 einen Anhalt gibt, die aber bereits im Röntgenbild vom 2. Mai 2002 zu sichern ist, innerhalb von nur sieben Tagen entwickelt. Im Hinblick auf den im Oktober 1979 geschehenen Sturz auf eine Maschine liegt schon kein geeigneter Hergang zur Verursachung einer Meniskusverletzung nahe und bieten auch die gut fünf Monate später erhobenen Befunde keinen Hinweis für eine relevante Kniebinnenschädigung. Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen von Dr. W. vor zwei Jahren geäußerten Verdacht auf das Vorliegen einer Polyarthrose mitgeteilt hat, kann hieraus von vornherein keine alleinige Bedingung für die Herausbildung der Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenks abgeleitet werden, zumal es sich insoweit allenfalls um eine Verdachtsdiagnose, nicht aber um eine vollbeweislich gesicherte Konkurrenzursache handelt. Denn Anhaltspunkte für eine solche Gesundheitsstörung lagen ausweislich der von Prof. Dr. H. dokumentierten Befunde jedenfalls bis zum 25. Oktober 2004 noch nicht vor, so dass die bereits Anfang Mai 2002 erkennbaren arthrotischen Knieveränderungen rechts hierdurch nicht erklärt werden können.
Schließlich wird die wesentliche Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Unfall und der Arthrose auch durch ihre Lokalisation plausibel. Denn nach den bildgebenden Befunden vom 2. Mai 2002 und 12. August 2002 sowie 20. März 2003 und 25. Oktober 2004 ist von den arthrotischen Veränderungen vor allem der laterale Bereich zwischen Tibia- und Femurkonsole betroffen, also gerade das Areal, auf das die Unfallkraft eingewirkt hat.
2. Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die Höhe der MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Verletzten durch die Folgen des Versicherungsfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf medizinisch-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind jedoch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum bei einer Vielzahl von Unfallfolgen für die Schätzung der MdE herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die in Form von Tabellenwerten oder Empfehlungen zusammengefasst sind (siehe etwa bei Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand Februar 2009, Anhang 12). Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und sind die Basis für den Vorschlag, den der medizinische Sachverständige dem Gericht zur Höhe der MdE unterbreitet (siehe nur BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 – B 2 U 24/00 R – SozR 3-2200 § 581 RVO Nr. 8; Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – Breithaupt 2003, 565 ff.; Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Dies zugrunde gelegt lassen die Unfallfolgen eine Bemessung mit einer MdE um 20 vH zu. Die insoweit von Prof. Dr. H. auf Grundlage der von ihm erhobenen Befunde (rechtsseitig hinkendes Gangbild, Verschmächtigung der Ober- und Unterschenkelmuskulatur um 4,5 bzw. 3 cm, Beweglichkeit von 0-10-120° sowie fortgeschrittene Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenks) gegebene Empfehlung bewegt sich in der Bandbreite der etablierten Erfahrungswerte. Dabei erscheint dem Senat eine näherungsweise Orientierung an einer Bewegungseinschränkung von 0-10-90°, einer muskulär nicht kompensierten Lockerung des Kniebandapparates mit Gangunsicherheit bzw. einer Arthrose, die jeweils eine MdE um 20 vH bedingen (siehe nur Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.10.11, S. 654 f.; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl. 2005, S. 169; KassKomm-Ricke, a.a.O., § 56 SGB VII, Rn. 75; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand November 2009, K § 56, S. 60), angemessen. Bei dem Kläger fällt die Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes bei dem zuletzt von Prof. Dr. H. gemessenen Wert von 0-10-120° zwar geringfügiger aus. Auch hatte sich die Muskelatrophie im Bereich des rechten Oberschenkels teilweise gebessert, wie aus dem am 20. September 2000 von Dr. S. festgehaltenen Befund hervorgeht. Abgesehen davon, dass sich diese Verbesserung nicht dauerhaft stabilisierte, ist durchgehend seit Mitte Juli 2000 eine Verschmächtigung der rechten Unterschenkelmuskulatur um 3 cm nachgewiesen. Schließlich kommt die Zunahme der Anfang Mai 2002 gefundenen Arthrose im rechten Kniegelenk hinzu, von deren deutlicher Manifestation jedenfalls seit dem MRT vom 20. März 2003 ausgegangen werden kann. Angesichts der Kombination dieser Funktionseinschränkungen ist unter Berücksichtigung der zitierten Tabellenwerte eine Bemessung mit einer MdE um 20 vH vertretbar, wobei als Zeitpunkt (und davon abgeleitet der Rentenbeginn) die Anknüpfung an den Untersuchungstermin bei Prof. Dr. H. gerechtfertigt erscheint.
Nach alledem war der Berufung im Wesentlichen stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Kläger mit seinem Hauptanliegen, nämlich der Feststellung zusätzlicher Unfallfolgen, aus denen ein Rentenanspruch folgt, obsiegt und sich damit sein Teilunterliegen bezüglich des Kreuzbandrisses weder weiter ausgewirkt noch zu einem abgrenzbaren Mehraufwand geführt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, welche Folgen ein Arbeitsunfall vom 23. Mai 2000 bei dem Kläger hinterlassen hat und ob ihm deshalb eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (vH) zu gewähren ist.
Der am 1956 geborene Kläger verunfallte am 23. Mai 2000 um 11.45 Uhr bei versicherter Tätigkeit, als beim Freilegen einer Gas- und Wasserleitung der Randbereich des Rohrgrabens nachgab und seitlich gegen sein rechtes Kniegelenk rutschte. Bei seiner klinischen und röntgenologischen Untersuchung um 14.12 Uhr hatte Prof. Dr. O. von den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. eine Schwellung des rechten Kniegelenkes und eine Bewegungseinschränkung von 0-5-100° gefunden. Ein Erguss, eine Bandinstabilität, Meniskuszeichen und knöcherne Verletzungen seien nicht zu erkennen. Im Ergebnis sei von einer Kniegelenksdistorsion auszugehen (D-Arztbericht vom 23. Mai 2000).
In seinem Zwischenbericht vom 27. Juni 2000 hatte der Facharzt für Chirurgie Dr. W. der Bau-Berufsgenossenschaft H. (Rechtsvorgängerin der Beklagten; nachfolgend einheitlich als die Beklagte bezeichnet) mitgeteilt, dass sich der Kläger seit dem 24. Mai 2000 in seiner Behandlung befinde. Seither habe sich ein zwischenzeitlich entstandener massiver Kniegelenkerguss zurückgebildet und sei das Gelenk bei verbesserter Beweglichkeit (0-0-120°) zunehmend belastbar. Unter dem 7. Juli 2000 hatte Dr. W. eine bei Anlage einer Kniegelenksorthese weiter rückläufige Beschwerdesymptomatik angegeben. Da jedoch eine Seitenband- bzw. Meniskusläsion nicht habe ausgeschlossen werden können, sei für den 10. Juli 2000 die Erstellung eines Magnetresonanztomogramms (MRT) veranlasst worden. Aus diesem war nach der Auswertung des Radiologen Rohde eine komplette Ruptur des vorderen Kreuzbandes, ein Kontusionsödem im Knochenmark des lateralen Tibiakopfes, ein knöchernes Fragment dorsal des medialen Tibiakopfes ohne angrenzendes Ödem im Sinne einer älteren Abrissfraktur, eine flaue Signalveränderung im Hinterhorn des Innenmeniskus und eine zarte lineare und angedeutet ventral verlaufende Signalsteigerung im Hinterhorn des Außenmeniskus hervorgegangen. Die Knorpeloberflächen seien glatt begrenzt und der übrige Bandapparat durchgängig; ein Erguss sei nicht (mehr) zu erkennen.
Nach Erstvorstellung am 12. Juli 2000 war der Kläger vom 17. bis zum 28. Juli 2000 im Ambulanten Reha-Centrum H. behandelt worden. Aus dem darüber erstellten Bericht des Facharztes für Chirurgie Dipl.-Med. B. vom 7. August 2000 waren eine Steigerung der anfänglich gemessenen Beweglichkeit von 0-0-110° auf 0-0-120°, eine Rückläufigkeit der zunächst gefundenen Knieschwellung von 2 cm, ein mittlerweile gleichmäßiges und flüssiges Gangbild sowie eine einfach positive vordere Schublade bei festem seitlichen Bandapparat zu entnehmen. Im Verhältnis zum linken Bein sei 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes nach wie vor eine Umfangdifferenz von 4 cm (15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspaltes 3 cm) vorhanden.
Laut Bericht Dr. W.s vom 10. August 2000 hatte sich bei der letzten Vorstellung des Klägers am 2. August 2000 ein stabiles rechtes Kniegelenk ohne Ergussbildung gezeigt. Der Kläger habe das Knie als belastungsfähig eingeschätzt. Arbeitsfähigkeit habe er ab dem 6. August 2000 bestätigt.
Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen hatte die Beklagte den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. das Gutachten vom 2. Oktober 2000 nach ambulanter und röntgenologischer Untersuchung am 20. September 2000 erstatten lassen. Gegenüber dem Sachverständigen hatte der Kläger angegeben, seit dem 7. August 2000 wieder als Rohrleger zu arbeiten und daneben eine im Jahr 1979 erlittene Prellung des rechten Kniegelenkes mit Ergusspunktion und zweiwöchiger Ruhigstellung erwähnt. Bei röntgenologisch im Wesentlichen unauffälligen Befunden hatte Dr. S. seitengleich frei bewegliche Kniegelenke ohne Ergussbildungen und Meniskuszeichen sowie eine leichte Kapsel-Bandlockerung in vorderer Richtung, die bei Anspannung der Muskulatur vollständig kompensiert sei, dokumentiert. Die rechte Kniescheibe sei eingeschränkt und schmerzhaft verschieblich; die rechte Oberschenkelmuskulatur sei gegenüber links um 1 cm und der Wadenumfang um 3 cm gemindert. Für eine frische Gelenkbinnenschädigung am 23. Mai 2000 sprächen die Entwicklung eines kräftigen Gelenkergusses bis zum Unfallfolgetag sowie die im MRT beschriebene knöcherne Absprengung an der Hinterkante des inneren Schienbeinkopfplateaus. Demgegenüber sei nicht sicher zu beurteilen, ob es sich bei der Kreuzbandschädigung um eine frische Verletzung handele. Die MdE betrage unter 20 vH.
Am 20. November 2000 hatte der Kläger der Beklagten den Bescheid vom 31. Oktober 1979 über die Anerkennung des Arbeitsunfalls vom 8. Oktober 1979 (Prellung des rechten Kniegelenkes) übermittelt und hierzu angegeben, die Erstbehandlung sei im Krankenhaus Saalfeld und die Weiterbehandlung im Kreiskrankenhaus B. erfolgt, wo keine Unterlagen mehr auffindbar waren.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2000 war von Dr. S. dargelegt worden, dass der vordere Kreuzbandschaden rechts Folge des Unfalls vom 23. Mai 2000 sein könne. Mangels Durchführung einer zeitnahen Punktion bzw. Arthroskopie sei eine definitive Kausalitätsbewertung jedoch nicht möglich. Auf telefonische Rückfrage habe der Radiologe Rohde die Absprengung an der Hinterkante des inneren Schienbeinkopfplateaus eher älter als sieben Wochen eingeschätzt, ohne sich jedoch festlegen zu wollen. Eine Nachbefundung des MRTs sei ratsam.
In seiner dazu von der Beklagten veranlassten Stellungnahme vom 7. Februar 2001 hatte der Radiologe Dr. D. die Veränderungen und das begleitende Ödem im lateral-dorsalen Umfang des Tibiaplateaus sowie eine Grad III-Läsion mit vertikaler Rissbildung des Außenmeniskushinterhorns als unfallbedingt gewertet. Eine kontusionsbedingte Signalerhebung sei auch im frontalen medianen Umfang der Eminentia intercondylaris (Knochenhügel zwischen den Schienbeinkopfknorren) zu erkennen. Das vordere Kreuzband sei nur noch rudimentär abzugrenzen, so dass in Verbindung mit dem abgerundeten knöchernen Fragment am femoralen Ansatz (des Oberschenkelknochens) und dem Trauma von 1979 eine alte Ruptur angenommen werden müsse. Eine weitere ältere Absprengung mit geglättetem knöchernen Fragment befinde sich am inneren dorsalen Umfang des medialen Tibiaplateaus. Die Seitenbänder und der Innenmeniskus seien intakt; ein geringer Gelenkerguss sei sichtbar.
Von dem von der Beklagten hinzugezogenen Facharzt für Orthopädie Dr. O. war unter dem 9. April 2001 eingeschätzt worden, dass der Unfallhergang mit relativer Fixierung des Fußes und Unterschenkels geeignet gewesen sei, Verletzungen von Kniebändern und Menisken hervorzurufen. Hierfür sprächen auch die gefundene Schwellung und der Erguss sowie das im MRT beschriebene ödematöse Knochenmarksignal im lateralen Tibiakopf. Der Erstbefund sei allerdings unzureichend dokumentiert. Erst im Verlauf hätten sich eine vordere Schublade sowie ein Druckschmerz am lateralen Gelenkspalt gezeigt. Im Hinblick auf die im MRT belegte Abrissfraktur an der Hinterkante des medialen Schienbeinkopfes fehle ein begleitendes Ödem. Darüber hinaus sei das Fragment abgerundet, was ebenfalls gegen eine Verbindung mit dem Unfall vom 23. Mai 2000 spreche. Entsprechendes gelte für den Schaden am vorderen Kreuzband. Ein unfallbedingter Außenmeniskusschaden sei denkbar, bei fehlender Begleitverletzung der übrigen Bandstrukturen jedoch nicht als isolierte Verletzung wahrscheinlich zu machen.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2001 hatte die Beklagte den Unfall mit einer Zerrung des rechten Kniegelenkes und einer Prellung des inneren Schienbeinkopfes als Arbeitsunfall anerkannt und mangels rentenberechtigender MdE einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt. Keine Unfallfolgen seien die knöcherne Absprengung am inneren hinteren Umfang des Schienbeinkopfplateaus, ein alter Kreuzbandriss sowie der Außenmeniskushinterhornriss im rechten Kniegelenk. Den hiergegen am 7. Juni 2001 erhobenen Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2001 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 5. Februar 2002 beantragte der Kläger die Überprüfung dieser Entscheidung, was die Beklagte mit Bescheid vom 11. Februar 2002, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, ablehnte.
Im weiteren Verfahren zog die Beklagte medizinische Unterlagen zum Arbeitsunfall des Klägers vom 25. April 2002 bei, bei dem er sich das rechte Kniegelenk verdreht und Dr. W. bei der Erstuntersuchung am 2. Mai 2002 einen festen Bandapparat ohne Erguss sowie eine beginnende Arthrose im Bereich der lateralen Tibiakonsole gefunden hatte: Aus dem Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H. vom 24. Juni 2002 über die stationäre Behandlung vom 11. bis 14. Juni 2002 waren anlässlich der Aufnahmeuntersuchung eine Beweglichkeit der Kniegelenke von 0-0-130°, kein Erguss und feste Seitenbänder hervorgegangen sowie eingeschätzt worden, dass der Unfall vom 25. April 2002 zu keiner Schädigung der Kniebinnenstrukturen geführt habe. Intraoperativ hatte sich im Rahmen der am 12. Juni 2002 durchgeführten Arthroskopie kein Erguss entleert und Knorpelschäden II. und III. Grades im medialen Gelenkspalt zwischen Tibiaplateau und Femurcondyle (Oberschenkelrolle) sowie an der Patellarückfläche gezeigt. Der Innenmeniskus sei im Übergang vom Pars intermedia (Zwischenstück) zum Hinterhorn degenerativ zerfasert und eingerissen. Im Bereich des lateralen Gelenkspaltes finde sich ein älterer Lappenriss des Außenmeniskushinterhorns. Das vordere Kreuzband sei bis auf wenige Fasern am femoralen Anteil nicht mehr nachweisbar, das hintere Kreuzband sei bei Tasthakenprüfung fest. Die histologische Befundung der vom vorderen Kreuzband und den Menisken entnommenen Gewebeproben durch den Pathologen Dr. H. hatte bezüglich des Innenmeniskus geringe degenerative Veränderungen, im Hinblick auf den Außenmeniskus diskrete degenerative Veränderungen und Einreißungen der Grundsubstanz sowie bezogen auf das vordere Kreuzband Anzeichen einer älteren Bandruptur ergeben. Schließlich war aus Einträgen einer Behandlungskarte vom 6. November 1979 ein Kniegelenkerguss rechts bei einer Umfangvermehrung gegenüber links von 3 cm hervorgegangen. Bei der am 17. November 1979 durchgeführten Punktion hatten sich 15 ml Serum entleert. Am 17. März 1980 war vom Kläger geschildert worden, dass er das Knie nicht richtig durchstrecken könne. Der Umfang hatte beidseitig 37 cm betragen; ein Anhalt für einen Innen- oder Seitenbandschaden hatte sich nicht gefunden.
Die Beklagte wertete ein vom Kläger am 29. Dezember 2002 verfasstes Schreiben, welches bei ihr im Verfahren zum Arbeitsunfall vom 25. April 2002 einging, als Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Februar 2002 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2003 als unbegründet zurück. Die zum Unfall vom 25. April 2002 beigezogenen Unterlagen bestätigten, dass im rechten Kniegelenk ausschließlich ältere Schäden vorlägen. Auch nach diesen Befunden ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, welche bei der Entscheidung vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001 nicht bereits berücksichtigt worden seien. Nach nochmaliger Überprüfung sei damit weder eine unrichtige Rechtsanwendung noch ein Ausgehen von einem fehlerhaften Sachverhalt festzustellen.
Hiergegen hat der Kläger am 11. November 2003 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhoben. In nichtöffentlicher Sitzung des SG am 20. April 2004 hat er ergänzend zum Unfallhergang angegeben, dass beim Abrutschen des Grabenbereichs mit Kopfsteinpflaster versetzte Erdmassen bis zu seinem Unterleib gerutscht seien und er hierin festgesteckt habe.
Dr. W. hat dem SG die Auswertungen des Radiologen R zu den am 2. Mai 2002 und 20. März 2003 gefertigten MRTen vorgelegt. Danach habe sich eine komplexe Läsion von Pars intermedia und Hinterhorn des Innenmeniskus gezeigt, die am 10. Juli 2000 noch nicht bestanden habe. Außerdem liege eine schräg verlaufende lineare Läsion im Hinterhorn des Außenmeniskus mit Kontakt zur femoralen und tibialen Oberfläche sowie im Bereich der Basis des Hinterhorns und zusätzlich eine zarte horizontal verlaufende Schädigung des Zwischenstücks vor. Ferner zeige sich ein Zustand nach älterer knöcherner Läsion im dorsalen Anteil des Tibiakopfes mit Inkongruenz der Gelenkflächen (ca. 1 cm) und unverändert ein ca. 4 mm kleiner freier Gelenkkörper als Zustand nach alter Abrissfraktur im Bereich des dorsalen Tibiakopfes. Im lateralen Anteil des Tibiakopfes sei auch noch ein geringes Knochenmarködem als Zustand nach altem Trauma zu erkennen. Im Bereich des lateralen Femurkondylus finde sich ein großer Knorpeldefekt im Sinne einer Chondropathie Grad III, der am 10. Juli 2000 noch nicht vorgelegen habe. Die Aufnahme vom 20. März 2003 belege eine fortgeschrittene Chondropathie und Arthrosis deformans sowie einen maximal 17 mm großen freien Gelenkkörper im dorsalen Gelenkraum. Die knöcherne Läsion im lateralen Tibiakopf mit begleitendem Kontusionsödem sei nunmehr nicht mehr abgrenzbar.
Ferner hat das SG den (ehemaligen) Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin H. Prof. Dr. H. mit der Erstellung des Gutachtens vom 28. Januar 2005 nach ambulanter Untersuchung am 25. Oktober 2004 beauftragt. Gegenüber dem Sachverständigen hat der Kläger zum Unfallhergang weiter erklärt, der Graben sei ca. 1,5 m tief gewesen. Die eingerutschte Grabenwand habe ihn am Knie getroffen und seine Beine verschüttet. Er habe sich selbst befreit und versucht weiter zu arbeiten, was nach ca. 30 Min. jedoch schmerzbedingt gescheitert sei. Prof. Dr. H. hat ein rechtsseitig hinkendes Gangbild bei nicht durchgedrücktem Bein und Verschmächtigung der Ober- (4,5 cm) und Unterschenkelmuskulatur (3 cm) dokumentiert. Am medialen und lateralen Gelenkspalt des rechten Kniegelenkes hat er einen Druckschmerz sowie eine Beweglichkeit von 0-10-120° gefunden. Radiologisch seien den Aufnahmen des rechten Knies vom 12. August 2002 (links im Wesentlichen regelrecht) eine deutliche Verschmälerung des medialen und lateralen Gelenkspaltes sowie klare arthrotische Randwülste an der Tibia- und Femurkonsole im Sinne einer Arthrosis deformans zu entnehmen, die nach dem Befund der Aufnahmen vom 18. Mai und 25. Oktober 2004 weiter fortgeschritten seien. Im Ergebnis hat Prof. Dr. H. die Ansicht vertreten, der Arbeitsunfall habe das am rechten Bein bestehende muskuläre Defizit sowie die Arthrose im rechten Kniegelenk wesentlich mit verursacht. Hierfür spreche der Verlauf der bildgebenden Diagnostik. Hätten im Bereich des rechten Kniegelenkes bis zum Jahre 2000 nur unerhebliche degenerative Veränderungen bestanden, seien diese nach dem Unfall innerhalb von drei Jahren hochgradig fortgeschritten. Im Gegensatz zum Unfall von 1979 sei der Arbeitsunfall vom 23. Mai 2000, der einen massiven Gelenkerguss hervorgerufen habe, auch geeignet gewesen, einen relevanten Kniebinnenschaden zu verursachen, wenngleich das vordere Kreuzband von ihm nicht betroffen worden sei. Die MdE sei (derzeit) um 20 vH einzuschätzen.
Auf Grundlage der von ihr veranlassten Stellungnahme der Ärzte für Orthopädie Dres. S. und T vom 6. August 2005 hat sich die Beklagte gegen die Beurteilung Prof. Dr. H.s gewandt. Die Dres. haben die Ansicht vertreten, dass der erforderliche Beleg eines strukturellen Primärschadens fehle. Aus der Existenz eines Ergusses könne nicht auf eine relevante Verletzung geschlossen werden, zumal ein solcher bei der Erstuntersuchung ausgeschlossen worden sei. Da im Hinblick auf die Verformungen am hinteren Anteil des inneren Schienbeinkopfes kein Ödem beschrieben sei, könne auch insoweit kein Traumabezug hergestellt werden. Der Kreuzbanddefekt sei älteren Datums. Das am äußeren Schienbeinkopf gefundene Knochenmarködem beweise ebenfalls keine frische Verletzung. Denn es sei auch noch auf dem MRT vom 2. Mai 2002 erkennbar gewesen, wohingegen ein traumatisches Ödem in der Regel innerhalb von etwa sechs Monaten verschwinde. Schließlich sei der Unfall, dessen genauer Ablauf unklar sei, zur Verursachung einer Meniskusverletzung ungeeignet gewesen. Erforderlich sei insoweit ein so genannter Drehsturzmechanismus, der hier nicht abgelaufen sei. Der Unfall vom 25. April 2002 komme als Ursache der Arthrose nicht in Betracht, da er keine erkennbaren strukturellen Verletzungen bewirkt habe und zu diesem Zeitpunkt bereits degenerative Veränderungen belegt seien.
Mit Urteil vom 27. April 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Darlegungen der Dres. S. und T gestützt, deren Bewertungen im Gegensatz zu denjenigen von Prof. Dr. H. überzeugten.
Gegen das ihm am 8. Juni 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Juni 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt. Sowohl Dr. W. als auch Prof. Dr. H. hätten einen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und den Schäden im rechten Kniegelenk bejaht, was das SG zu wenig berücksichtigt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 10. Mai 2001 festzustellen, dass auch der Riss des vorderen Kreuzbandes, der Außenmeniskushinterhornriss und die Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes sowie die Muskelminderung des rechten Beines Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Mai 2000 sind, und ihm vom 1. November 2004 an eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem Urteil des SG an.
Der Senat hat von Dr. W. den Befundbericht vom 22. November 2006 eingeholt und den Sozialversicherungsausweis des Klägers beigezogen. Hierin waren wegen einer Prellung der unteren Extremitäten (ICD 9 Diagnosenummer 924) eine Arbeitsunfähigkeit vom 9. Oktober bis zum 2. November 1978 und unter dem 9. Oktober 1979 eine Verstauchung und Zerrung des Knies und des Beines (ICD 9 Nr. 844) vermerkt worden. Außerdem ist als Grundwehrdienstzeit des Klägers der Zeitraum vom 2. November 1979 bis zum 30. April 1981 festgehalten.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 hat die Thüringer Kliniken S. gGmbH mitgeteilt, dass Unterlagen zum Unfall vom 8. Oktober 1979 nicht mehr vorhanden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung hat ganz überwiegend Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2003 beschwert den Kläger im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zu Unrecht die (teilweise) Rücknahme ihres Bescheides vom 10. Mai 2001 abgelehnt hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn die Beklagte ist beim Erlass des Bescheides vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2001 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und hat daraufhin das Recht unzutreffend angewandt. Der Kläger hat – mit Ausnahme des vorderen Kreuzbandrisses rechts – sowohl Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Mai 2000 (nachfolgend unter 1.) als auch auf die Gewährung einer Verletztenrente (hierzu unter 2.).
1. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) besteht. Dabei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophi-schen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosine-quanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern die wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Oktober 2009, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). "Wesentlich" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen dem Arbeitsunfall vom 23. Mai 2000 und dem Außenmeniskushinterhornriss und der Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes sowie der Muskelminderung des rechten Beines ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang besteht. Denn es sprechen mehr Tatsachen für als gegen eine solche Beziehung. Demgegenüber lässt sich der Riss des vorderen Kreuzbandes nicht als zusätzliche Unfallfolge wahrscheinlich machen.
Hinsichtlich der Kreuzbandschädigung folgt der Senat den übereinstimmenden Ausführungen der Dres. D, O, S, T und Prof. H ... Deren Darlegungen überzeugen, weil das vordere Kreuzband nicht nur nach dem intraoperativen Befund vom 12. Juni 2002 und der nachfolgenden feingeweblichen Untersuchung, sondern entsprechend der Nachauswertung des MRT vom 10. Juli 2000 durch Dr. D. schon zu diesem Zeitpunkt nur noch rudimentär vorhanden war. Diese Tatsache belegt einen länger zurückliegenden Schädigungszeitpunkt, da sich das Band nicht innerhalb von nur sieben Wochen nach dem Unfall vom 23. Mai 2000 nahezu vollständig aufgelöst haben kann.
Im Hinblick auf den Außenmeniskushinterhornriss wird die Ursachenbeziehung zunächst dadurch unterstützt, dass der Unfallhergang geeignet erscheint, eine Meniskusverletzung hervorzurufen, wie dies auch Dr. S., Dr. O. sowie Prof. Dr. H. eingeschätzt haben. Nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen wird zwar für eine isolierte Meniskusverletzung durch einen indirekten Verletzungsmechanismus ein Drehsturzgeschehen mit passiver Rotation des gebeugten Kniegelenkes oder plötzlicher passiver Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels bei gleichzeitiger Verhinderung der physiologischen Schlussrotation gefordert (siehe Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.10.5.3.2.2, S. 618). Da hier der Kreuzbandschaden aber schon zum Unfallzeitpunkt bestand, geht es um keine isolierte Meniskusverletzung. Überdies gilt die angenommene Voraussetzung eines Drehsturzes nicht gleichermaßen bei direkten Krafteinwirkungen, was die Dres. S. und T ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt haben. Denn insoweit wird etwa auch das gewaltsame seitliche Abbiegen des gestreckten Kniegelenkes bei fixiertem Unterschenkel bzw. Fuß (z.B. durch Verschüttungen, umstürzende oder herab fallende Lasten) als gefährdend angesehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.10.5.3.2.1, S. 617). Übertragen auf den vorliegenden Unfall leuchtet damit eine seitliche Krafteinwirkung auf das infolge des Kreuzbandschadens ohnehin anfälligere rechte Knie bei gestrecktem Gelenk und im Graben feststeckendem Fuß bzw. Unterschenkel durch die mit Kopfsteinpflaster versetzten Erdmassen ohne Weiteres ein.
Daneben wird die kausale Verknüpfung zwischen dem Unfall und der Außenmeniskusverletzung mit nachfolgender Muskelminderung und Arthrose auch durch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall, die erhobenen (Erst-)Befunde und den weiteren Verlauf wahrscheinlich gemacht. Seinen Versuch, nach dem Unfallgeschehen die Arbeit fortzusetzen, musste der Kläger nach kurzer Zeit aufgeben und sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Durch die unmittelbar eingeleitete ambulante Therapie einschließlich der verordneten Orthese konnte innerhalb von gut zwei Monaten bis zum 6. August 2000 ein Abklingen der Beschwerden erreicht und wieder Arbeitsfähigkeit hergestellt werden. Sowohl die sofortige Arbeitsniederlegung als auch der einphasige Beschwerdeverlauf mit Schmerzmaximum nach dem Unfallereignis und allmählicher Besserung anstatt stetigen Fortschreitens der Beschwerden mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Trauma sind unfalltypische Charakteristika. Auch die von den eingeschalteten Ärzten festgehaltenen Befunde untermauern den Unfallzusammenhang, wenngleich Prof. Dr. O. zweieinhalb Stunden nach dem Unfallgeschehen noch keinen Erguss erkennen konnte. Immerhin fand er neben einer erheblichen Bewegungseinschränkung von 0-5-100° bereits eine Schwellung. Schon für den Unfallfolgetag ist durch Dr. W. ein massiver Erguss gesichert, für den Dr. D. bei seiner Nachauswertung des MRTs vom 10. Juli 2000 auch ein bildgebendes Restsubstrat erkannt hat. Gerade dieses MRT belegt den Primärschaden, was die Dres. S. und Tändler im Hinblick auf den Außenmeniskusdefekt letztlich auch nicht in Abrede stellen. Dass die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs insoweit nicht an der von ihnen unterstellten Ungeeignetheit des Unfallhergangs scheitert, wurde bereits zuvor erläutert (s.o.). Entsprechendes gilt für die von Dr. O. geforderte begleitende Verletzung von Bandstrukturen, die nach der zitierten Literatur ebenfalls nicht zwingend vorausgesetzt wird. Eine strukturelle Schädigung der Kniebinnenstrukturen lässt sich jedoch nicht nur an dem von den Radiologen beschriebenen Außenmeniskusbild ablesen. Vielmehr haben Herr R. sowie Dr. D. auch am äußeren Tibiakopf ein Knochenmarködem festgestellt und Dr. D. darüber hinaus weitere Kontusionszeichen im vorderen seitlichen Bereich der Eminentia intercondylaris erkannt (so genannte bone bruise). Insbesondere die Lokalisation des Kontusionsödems in der seitlichen Zone des Schienbeinkopfes und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Außenmeniskus spricht für die ursächliche Verknüpfung mit dem Arbeitsunfall. Entgegen der Ansicht der Dres. S. und T wird die Qualität des Knochenmarködems als frisches Verletzungszeichen auch nicht dadurch entkräftet, dass es – teilweise – auch noch auf dem MRT vom 2. Mai 2002 erkennbar war. Denn zum einen haben die Dres. selbst dargelegt, dass sich ein traumatisches Ödem keineswegs immer innerhalb von sechs Monaten auflöst. Zum anderen hat der Radiologe das Ödem im MRT vom 2. Mai 2002 ausdrücklich als lediglich gering beschrieben und es am 20. März 2003 nicht mehr gefunden. Gerade der Beleg des Ödems sieben Wochen nach dem Unfall, sein langsames Abklingen zwei Jahre später und seine vollständige Resorption nach weiteren zehn Monaten lassen die traumatische Ursache als plausibel erscheinen.
Dafür, dass auch die Muskelminderung und die nachfolgende Arthrose zumindest im Wesentlichen durch den Arbeitsunfall mit verursacht worden sind, spricht neben dem zeitlichen Aspekt vor allem das Fehlen unfallunabhängiger Erklärungen im Sinne konkurrierender Ursachen, was ebenso für die Meniskusverletzung gilt. Schon für den 17. Juli 2000 ist im Verhältnis zum linken Bein im Bereich des rechten Oberschenkels eine Muskelminderung von 4 cm und in der Unterschenkelzone eine solche von 3 cm belegt, was zwanglos durch die wochenlange eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit bei orthetischer Versorgung erklärt werden kann. Von dem von Dr. S. am 20. September 2000 gemessenen teilweisen Muskelaufbau war allein der Oberschenkelbereich betroffen und dies auch nur vorübergehend, wie die von Prof. Dr. H. am 25. Oktober 2004 festgestellten Werte beweisen. Dass die Muskelminderung in Verbindung zum Arbeitsunfall vom 25. April 2002 zu sehen wäre, der nach den für den 2. Mai sowie den 11. und 12. Juni 2002 dokumentierten Untersuchungsergebnissen keine eigenständigen Folgen von Bedeutung hinterlassen hat, haben auch die Dres. S. und Tändler nicht behauptet. Daneben hat zum Zeitpunkt des Unfalls vom 25. April 2002 allerdings nicht nur der Außenmeniskusdefekt und die Muskelminderung, sondern auch schon die Arthrose vorgelegen. Es ist ausgeschlossen, dass sich diese Arthrose, für die es weder auf den Röntgenbildern vom 23. Mai 2000 noch im MRT vom 10. Juli 2000 einen Anhalt gibt, die aber bereits im Röntgenbild vom 2. Mai 2002 zu sichern ist, innerhalb von nur sieben Tagen entwickelt. Im Hinblick auf den im Oktober 1979 geschehenen Sturz auf eine Maschine liegt schon kein geeigneter Hergang zur Verursachung einer Meniskusverletzung nahe und bieten auch die gut fünf Monate später erhobenen Befunde keinen Hinweis für eine relevante Kniebinnenschädigung. Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen von Dr. W. vor zwei Jahren geäußerten Verdacht auf das Vorliegen einer Polyarthrose mitgeteilt hat, kann hieraus von vornherein keine alleinige Bedingung für die Herausbildung der Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenks abgeleitet werden, zumal es sich insoweit allenfalls um eine Verdachtsdiagnose, nicht aber um eine vollbeweislich gesicherte Konkurrenzursache handelt. Denn Anhaltspunkte für eine solche Gesundheitsstörung lagen ausweislich der von Prof. Dr. H. dokumentierten Befunde jedenfalls bis zum 25. Oktober 2004 noch nicht vor, so dass die bereits Anfang Mai 2002 erkennbaren arthrotischen Knieveränderungen rechts hierdurch nicht erklärt werden können.
Schließlich wird die wesentliche Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Unfall und der Arthrose auch durch ihre Lokalisation plausibel. Denn nach den bildgebenden Befunden vom 2. Mai 2002 und 12. August 2002 sowie 20. März 2003 und 25. Oktober 2004 ist von den arthrotischen Veränderungen vor allem der laterale Bereich zwischen Tibia- und Femurkonsole betroffen, also gerade das Areal, auf das die Unfallkraft eingewirkt hat.
2. Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die Höhe der MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Verletzten durch die Folgen des Versicherungsfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf medizinisch-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind jedoch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum bei einer Vielzahl von Unfallfolgen für die Schätzung der MdE herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die in Form von Tabellenwerten oder Empfehlungen zusammengefasst sind (siehe etwa bei Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand Februar 2009, Anhang 12). Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und sind die Basis für den Vorschlag, den der medizinische Sachverständige dem Gericht zur Höhe der MdE unterbreitet (siehe nur BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 – B 2 U 24/00 R – SozR 3-2200 § 581 RVO Nr. 8; Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – Breithaupt 2003, 565 ff.; Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Dies zugrunde gelegt lassen die Unfallfolgen eine Bemessung mit einer MdE um 20 vH zu. Die insoweit von Prof. Dr. H. auf Grundlage der von ihm erhobenen Befunde (rechtsseitig hinkendes Gangbild, Verschmächtigung der Ober- und Unterschenkelmuskulatur um 4,5 bzw. 3 cm, Beweglichkeit von 0-10-120° sowie fortgeschrittene Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenks) gegebene Empfehlung bewegt sich in der Bandbreite der etablierten Erfahrungswerte. Dabei erscheint dem Senat eine näherungsweise Orientierung an einer Bewegungseinschränkung von 0-10-90°, einer muskulär nicht kompensierten Lockerung des Kniebandapparates mit Gangunsicherheit bzw. einer Arthrose, die jeweils eine MdE um 20 vH bedingen (siehe nur Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.10.11, S. 654 f.; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl. 2005, S. 169; KassKomm-Ricke, a.a.O., § 56 SGB VII, Rn. 75; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand November 2009, K § 56, S. 60), angemessen. Bei dem Kläger fällt die Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes bei dem zuletzt von Prof. Dr. H. gemessenen Wert von 0-10-120° zwar geringfügiger aus. Auch hatte sich die Muskelatrophie im Bereich des rechten Oberschenkels teilweise gebessert, wie aus dem am 20. September 2000 von Dr. S. festgehaltenen Befund hervorgeht. Abgesehen davon, dass sich diese Verbesserung nicht dauerhaft stabilisierte, ist durchgehend seit Mitte Juli 2000 eine Verschmächtigung der rechten Unterschenkelmuskulatur um 3 cm nachgewiesen. Schließlich kommt die Zunahme der Anfang Mai 2002 gefundenen Arthrose im rechten Kniegelenk hinzu, von deren deutlicher Manifestation jedenfalls seit dem MRT vom 20. März 2003 ausgegangen werden kann. Angesichts der Kombination dieser Funktionseinschränkungen ist unter Berücksichtigung der zitierten Tabellenwerte eine Bemessung mit einer MdE um 20 vH vertretbar, wobei als Zeitpunkt (und davon abgeleitet der Rentenbeginn) die Anknüpfung an den Untersuchungstermin bei Prof. Dr. H. gerechtfertigt erscheint.
Nach alledem war der Berufung im Wesentlichen stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Kläger mit seinem Hauptanliegen, nämlich der Feststellung zusätzlicher Unfallfolgen, aus denen ein Rentenanspruch folgt, obsiegt und sich damit sein Teilunterliegen bezüglich des Kreuzbandrisses weder weiter ausgewirkt noch zu einem abgrenzbaren Mehraufwand geführt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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