L 12 AL 5451/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1420/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5451/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. November 2009 wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von 225 EUR, zahlbar an die Staatskasse, auferlegt. Der Kläger hat der Beklagten die von ihr zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 EUR - zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

Tatbestand:

Der Kläger macht Untätigkeit der Beklagten geltend.

Der 1975 geborene Kläger beantragte am 23. September 2008 formlos bei der Beklagten die Übernahme von Kursgebühren, Fahrtkosten und Kosten für Verpflegung. Mit E-Mail vom 6. Oktober 2008 erhob er "Dienstaufsichtsbeschwerde und Widerspruch" und führte aus, der Antrag bedürfe keiner Form. Ein wirksamer Antrag sei mit E-Mail vom 23. September 2008 gestellt worden. Am 7. Oktober 2008 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf freie Förderung und beantragte wie zuvor die Übernahme von Prüfungsgebühren für einen Kurs zur Service Ausbildung Simatic S 7 (Siemens) in Höhe von 321,30 EUR, Fahrtkosten in Höhe von 12,80 EUR und Verpflegungskosten von 18 EUR unter Bezugnahme auf E-Mail Anträge vom 23. September und 6. Oktober 2008.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 bewilligte die Beklagte die Übernahme der Kursgebühren (321,30 EUR) und der Fahrtkosten i.H.v. 25,60 EUR; Kosten für Verpflegung seien nicht zu erbringen, da eine auswärtige Unterbringung nicht notwendig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2009 wies die Beklagte den hiergegen am 11. Oktober 2008 erhobenen Widerspruch zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit Urteil vom 9. November 2009 ab (S 11 AL 139/09).

Am 1. April 2009 hat der Kläger zum SG Untätigkeitsklage erhoben. Bis heute habe die Beklagte über seinen Widerspruch vom 6. Oktober 2008 nicht entschieden. Am 3. Juli 2009 hat der Kläger den Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 hat er hilfsweise die Anträge in einen "Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag", hilfsweise in einen "allgemeinen Feststellungsantrag", hilfsweise in einen "Fortsetzungsfeststellungsantrag" umgestellt.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Das gegen den Kammervorsitzenden gerichtete Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit sei offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Das Gesuch sei erfolgt, nachdem der Vorsitzende im Verfahren S 11 AL 2751/09 W-A die Auffassung geäußert habe, es handele sich um ein kostenpflichtiges Verfahren. Ablehnungsgründe seien nicht zu bejahen, wenn sich der Richter lediglich eine vorläufige Meinung zu einer Rechtsfrage gebildet habe. Durch die Befugnis, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen solle nicht die Möglichkeit eröffnet werden, sich den zuständigen Richter nach seiner Rechtsauffassung aussuchen zu können. Außer dem pauschalen Vorwurf, die Verfahren seien ausnahmslos von Willkür geprägt, habe der Kläger keinerlei substantiierte Tatsachen angeführt, die zu einer Besorgnis der Befangenheit unter irgendeinem Gesichtspunkt führen könnten.

Die Anträge seien nach dem gesamten Vorbringen des Klägers als auf Bescheidung ausgerichtet auszulegen. Vor diesem Hintergrund seien die hilfsweise gestellten Anträge nicht sachdienlich. Die Untätigkeitsklage sei nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig, weil die Beklagte über den Antrag vom 23. September 2008 mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 entschieden habe. Die als Widerspruch bezeichnete Eingabe vom 6. Oktober 2008 sei nicht als solcher zu werten, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung über den Antrag vom 23. September 2008 gegeben habe. Hierin sei vielmehr die erneute Aufforderung des Klägers zu sehen, über seinen Antrag zu entscheiden, was durch den Bewilligungsbescheid vom 8. Oktober 2008 erfolgt sei.

Am 24. November 2009 hat der Kläger Berufung eingelegt und beim SG Anträge auf mündliche Verhandlung und Urteilsergänzung gestellt. Das SG habe seine späteren Anträge nicht einfach übergehen dürfen, wie er bereits mit Antrag auf Urteilsergänzung geltend gemacht habe. Die Klage sei auch zulässig. Die Beklagte habe den Widerspruch vom 6. Oktober 2008, mit dem ein mündlicher oder telefonischer Verwaltungsakt angegriffen worden sei, bis heute nicht beschieden. Wenn die Beklagte dies zum Gegenstand anderer Widerspruchsverfahren hätte machen wollen, hätte sie hierauf im Widerspruchsbescheid hinweisen müssen. Entscheidungen, die trotz Antrag ohne mündliche Verhandlung ergingen, seien aufzuheben und zurück zu verweisen. Das Urteil sei nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen. Der Richter habe die Grenzen der Selbstentscheidung von Befangenheitsgesuchen verletzt. Die zuletzt gestellten Feststellungsanträge lösten zumindest den Regelstreitwert von 5.000 EUR aus. Mit Schreiben vom 3. April 2010 hat der Kläger den 12. Senat, hilfsweise Richter am Landessozialgericht (LSG) B., sowie die Richter V., B., S. und D. als befangen abgelehnt, mit weiterem Schreiben vom 23. April 2010 erneut die Richter D., B. und V ...

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Widerspruch vom 6. Oktober 2008 zu bescheiden, hilfsweise den Bescheid vom 8. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verpflegungskosten von 18 EUR zu gewähren, hilfsweise festzustellen, dass die Ablehnung der Gewährung rechtswidrig war, hilfsweise festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Die Ablehnungsgesuche gegen die Senatsmitglieder vom 3. April 2010 sind mit Beschluss vom 13. April 2010 ohne Beteiligung der abgelehnten Richter zurückgewiesen worden. Die neuerlichen Ablehnungsgesuche vom 23. April 2010 sind unzulässig, da sie rechtsmissbräuchlich sind. Sie hindern den Senat daher nicht, unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden (vgl. Bundesfinanzhof, NJW 2009, 3806 f.).

Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 54 Rdnr. 10 m.w.N.). Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 60 Rdnr. 10d m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Über die Ablehnung der Senatsmitglieder wurde mit unanfechtbarem Beschluss vom 13. April 2010 bereits entschieden, neue Gesichtspunkte bringt der Kläger insoweit nicht vor. Soweit er behauptet, der Senat habe mit den Beschlüssen zur Prozesskostenhilfe vom 20. April 2010 gegen das Tätigkeitsverbot des § 47 ZPO verstoßen, trifft dies nicht zu. Anhörungsrügen hemmen den Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung über die Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs nicht. Bei offenbarem Missbrauch - wie hier - ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht nötig (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 60 Nr. 4).

Der Senat kann auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da dieser in der Ladung ordnungsgemäß auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 126 Rdnr. 4). Dem Antrag des Klägers auf Terminverlegung im Hinblick auf einen kollidierenden Gerichtstermin beim Arbeitsgericht H. war nicht zu entsprechen, da auf Nachfrage vom dortigen Gericht die Aufhebung des Termins mitgeteilt worden war, so dass eine Kollision nicht mehr bestand. Andere Gründe für eine Verlegung des Termins liegen ebenfalls nicht vor.

Dem Verlegungsantrag war nicht im Hinblick auf die geforderte Akteneinsicht stattzugeben. Der Kläger hat bereits am 3. September 2009 Einsicht in die Verwaltungsakten und SG-Akten genommen. Auf seinen Antrag auf Akteneinsicht im jetzigen Verfahren wurden die gesamten Akten zur Akteneinsicht an das Bürgermeisteramt E. gesandt. Die von dort gebotene Möglichkeit zur Einsicht hat der Kläger nicht wahrgenommen, obgleich er auf seinen nochmaligen Antrag auf Akteneinsicht vom 3. April 2010 erneut darauf hingewiesen wurde, dass die Akten zur Einsicht in E. bereit liegen.

Ebenso wenig gibt die Terminierung von zehn Verfahren des Klägers auf 14 Uhr am Sitzungstag Anlass zur Verlegung. Es entspricht ständiger Übung des Senats wie auch des gesamten Gerichts, mehrere Verfahren zwischen denselben Beteiligten auf eine Uhrzeit zu laden und dann nacheinander zu verhandeln entsprechend dem Zeitbedarf im konkreten Einzelfall. Eine Verletzung von Verfahrensrechten des Klägers ist insoweit in keiner Weise ersichtlich.

Die Berufung ist unzulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder - wie hier - einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dabei kommt es für die Anwendung der Verfahrensvorschrift nicht auf die Klageart, sondern das sachliche Ziel des Klagebegehrens an (vgl. BSGE 63, 195; BSG SozR 1500 § 148 Nr. 1). Entsprechend gilt die Wertgrenze auch für eine Untätigkeitsklage, denn mit ihr wird zwar nicht direkt eine Leistung verlangt, aber die Klage zielt auf Erlass eines auf Geldleistung gerichteten Verwaltungsakts (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG letzte Alternative; vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. September 2008 - L 1 KR 13/08 NZB -; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - (beide juris)). Gleiches gilt für die hilfsweise erhobene Feststellungsklage, die hier der Sache nach auch die Leistung betrifft (vgl. Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 144 Rdnr. 35). Damit ist die Wertgrenze für die Berufung vorliegend nicht erreicht. Die unzulässige Berufung ist nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten (vgl. BSG SozR 3-1500 § 158 Nr. 1; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).

Im Übrigen hätte die Berufung selbst dann keinen Erfolg, wenn ihre Zulässigkeit unterstellt würde. Denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Soweit die ausdrücklich erhobene Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Widerspruchs vom 6. Oktober 2008 zielt, ist sie unzulässig. Das SG hat zutreffend die E-Mail vom 6. Oktober 2008 als Erinnerung an den Antrag vom 23. September 2008 ausgelegt, welche durch den Bescheid vom 8. Oktober 2008 erledigt wurde. Selbst wenn zuvor eine mündliche Ablehnung erfolgt wäre - wofür nichts spricht - läge keine Nichtbescheidung vor (§ 88 SGG), denn mit dem Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2009 wäre dann das Widerspruchsverfahren insgesamt erledigt worden. Durch den Bescheid vom 8. Oktober 2008 hätte die Beklagte jedenfalls einen (fiktiven) mündlichen Verwaltungsakt ersetzt, so dass der erneute Widerspruch des Klägers Gegenstand des bereits anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden wäre (§ 86 SGG). Dieses einheitliche Widerspruchsverfahren wäre mit dem Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2009 insgesamt abgeschlossen worden, so dass ein noch nicht beschiedener Widerspruch nicht vorläge. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 1. April 2009 ist daher unter keinem Gesichtspunkt eine Untätigkeitsklage zulässig.

Die hilfsweise gestellten Anträge sind ebenfalls unzulässig, wie das SG zutreffend entschieden hat, denn entsprechende Klageänderungen sind nicht sachdienlich (§ 99 Abs. 1 SGG). Eine Klageänderung in eine Verpflichtungsklage konnte nicht erfolgen, denn für eine derartige Klage lagen die Prozessvoraussetzungen schon nicht vor (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Oktober 2007 - L 7 SO 4334/06 - (juris)). Denn eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2009 (S 11 AL 139/09) war bereits rechtshängig (§ 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Inzwischen ist das in diesem Verfahren ergangene Urteil vom 9. November 2009 rechtskräftig (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Februar 2010 - L 12 AL 5453/09 NZB).

Ebenso ist die Änderung in eine Feststellungsklage oder Fortsetzungsfeststellungsklage nicht sachdienlich, da diese Anträge ebenfalls unzulässig sind. Das SG hat zwar keine Ausführungen dazu gemacht, warum eine Klageänderung in eine (Fortsetzungs-) Feststellungsklage nach seiner Auffassung nicht in Betracht kommt, es hat hierüber jedoch entschieden. Damit liegen keine Prozessreste beim SG mehr vor, die der Senat wegen des vom Kläger gestellten Antrags auf Urteilsergänzung nicht heraufholen und entsprechend hierüber nicht entscheiden dürfte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 140 Rdnr. 2a ff.; Pawlak in Hennig, SGG, Stand Februar 2009, § 140 Rdnr. 24 ff.). Der Senat sieht sich daher nicht gehindert, über die Hilfsanträge im Rahmen der - vorliegend nur fiktiv als zulässig betrachteten - Berufung zu entscheiden.

Bei Auslegung des gesamten Vorbringens des Klägers kann hier eine Feststellungsklage wohl nur auf die Feststellung gerichtet sein, dass die Ablehnung der Verpflegungskosten rechtswidrig gewesen ist. Ein derartiger Feststellungsantrag wäre indes unzulässig, denn Feststellungsklagen dienen nicht dazu, nach Ablauf der Klagefrist eine gerichtliche Überprüfung bestandskräftiger Bescheide zu ermöglichen (vgl. BSG, BSGE 70, 99) oder die Unzulässigkeit einer Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit zu umgehen. Der auf die Feststellung, dass der "Widerspruch vom 6. Oktober 2008" ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden wurde gerichtete Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) ist ebenfalls unzulässig, denn es lag schon keine Untätigkeit vor, die sich hätte erledigen können, wie bereits ausgeführt.

Eine Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs. 1 SGG ist vorliegend nicht geboten. Der geltend gemachte Verfahrensmangel, das SG habe entgegen § 60 Abs. 1 Satz 2 SGG den Befangenheitsantrag nicht dem LSG vorgelegt, sondern selbst entschieden, stellt keinen wesentlichen Mangel i.S.v. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG dar, an dem das Verfahren leidet. Ein wesentlicher Mangel liegt dann vor, wenn das Urteil des SG auf ihm beruhen kann, was stets der Fall ist bei Verfahrensfehlern, die absolute Revisionsgründe (§ 202 SGG i.V.m. § 547 ZPO) sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 159 Rdnr. 3a). Dies wäre hier nur dann der Fall, wenn das Ablehnungsgesuch begründet wäre, denn dann wäre das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz verletzt. So liegt der Fall indes nicht, denn das Ablehnungsgesuch war rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig, was der Senat im Rahmen der Berufung aufgrund eigener Überprüfung feststellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Abgesehen davon zeigt auch das - nicht nur hinsichtlich der Stellung von Befangenheitsanträgen - auffällige prozessuale Verhalten des Klägers, dass es ihm allein um prozesstaktische Gründe geht und nicht tatsächlich eine Besorgnis besteht, der Richter könne ihm gegenüber voreingenommen sein. Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter liegt nach alledem nicht vor.

Das SG durfte auch durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG liegen vor, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Der Kläger ist zu dieser beabsichtigten Verfahrensweise gehört worden, sein Einverständnis hiermit ist nach der Verfahrensordnung nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Missbrauchskosten auf §§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3, 184 Abs. 2 SGG. Der Senat hat dem Kläger Verschuldenskosten auferlegt, weil der Kläger den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Verfahrens hingewiesen worden ist. Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1995 - 2 BvR 1379/95 - NJW 1996, 1273 f.). Die Aussichtslosigkeit der Berufung ist dem Kläger nicht zuletzt durch den ausführlichen PKH-Beschluss vom 20. April 2010 dargelegt worden, sie ist zur Überzeugung des Senats auch vom Kläger erkannt worden. Der Kläger überzieht das SG und den Senat seit Monaten mit einer Vielzahl von Verfahren, die häufig - wie auch hier - gar nicht (mehr) ein Leistungsbegehren verfolgen, sondern entweder von vornherein unzulässig sind oder trotz Erledigung fortgeführt werden. Dabei beweist der Kläger ein besonders hohes Maß an Uneinsichtigkeit. Der Senat hat dem Kläger insoweit Missbrauchskosten in Höhe des Mindestbetrags von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) auferlegt, wobei die tatsächlich durch das Verhalten des Klägers verursachten Kosten für den Senatstermin und die Absetzung des Urteils deutlich darüber liegen dürften. Daneben hat der Kläger der Beklagten die Hälfte der von dieser zu entrichtenden Pauschgebühr zu erstatten, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr im Falle einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln des Klägers wären diese Kosten daher vermeidbar gewesen, sie sind somit durch den Kläger zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 - 10 Rar 10/93 - (juris); Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 192 Rdnr. 13, 15).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Zwar ist angesichts der divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen die Frage der Zulässigkeit der Berufung bei Untätigkeitsklagen nicht geklärt. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Berufung auch im Falle ihrer Zulässigkeit keinen Erfolg hätte.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) vom 23. April 2010 hat keinen Erfolg. Da der Antrag erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, entscheidet der Senat hierüber im Rahmen der mündlichen Verhandlung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 73a Rdnr. 12a). Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1997, 2102, 2103).

Eine Bewilligung von PKH kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der zuvor gestellte PKH-Antrag bereits mit Beschluss vom 20. April 2010 abgelehnt worden ist. Für einen wiederholten PKH-Antrag besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn er - wie hier - auf denselben Lebenssachverhalt gestützt wird wie der vorausgegangene abschlägig beschiedene Antrag (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03 - NJW 2004, 1805 ff.). Davon abgesehen besteht auch keine hinreichende Erfolgsaussicht, wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt. Zudem ist die Rechtsverfolgung durch den Kläger mutwillig.
Rechtskraft
Aus
Saved